Portrait - bureauexport Berlin

Transcrição

Portrait - bureauexport Berlin
lenkte, um das Wesentliche sichtbar zu machen.
Wenn andere über die Liebe, das Gute, das
Böse, die Hoffnung, den Schmerz sangen und
inhaltlich nicht selten das gesamte Universum
umarmten, dann beschränkte Stählin sich auf
kleine Dinge, sei es ein Blatt, ein bestimmter
Augenblick oder ein Fenster, denn er wusste: Im
Detail ist der Bauplan des Ganzen ohnehin enthalten. Das Selbstverständliche zog er in Zweifel (wobei er sich auf Karl Valentin berief), um
das Unerforschte kenntlich zu machen. Neben
seinen feinsinnigen, oft auch skurrilen eigenen
Liedern und Schriften beschäftigte Stählin sich
intensiv mit dem schlesischen Dichter Johann
Christian Günther (1695-1723), indem er dessen Gedichte vertonte und gemeinsam mit
dem US-amerikanischen Trompetenvirtuosen
Edward H. Tarr und dem Larynx-Mitbegründer Martin Bärenz auf zwei LPs veröffentlichte.
Als Christof Stählin 2010 den Ehrenpreis des
Preises der deutschen Schallplattenkritik zugesprochen bekam, bezeichnete ihn die Jury als
„präzisen Beobachter und Wortmetz, Tondichter und Sänger" sowie als „heimlichen Doyen
der Waldeck-Liedermacher'". „Manche deutschen Wellen sind vorübergeschwappt, während Stählins leise gezupften, unaufdringlichen
und dennoch schlagkräftigen Lieder unüberhörbar weiterklingen." Auf Burg Waldeck war
er mit seiner Vihuela, einer melancholisch
klingenden arabischen Gitarre, seit den ersten
Festivals in den Sechzigerjahren bis zuletzt ein
überaus gern gesehener Gast. Er orientierte sich
niemals an kurzlebigen musikalischen Moden,
vielmehr entsprang sein Denken und Handeln
als Künstler musikhistorischen und philosophischen Erkenntnissen. „Je schärfer die Klinge, desto sanfter der Schnitt", war ein griffiger
Aphorismus von ihm. Und über sich selbst
sagte er einmal: „Ich lebe in häufiger geistiger
Abwesenheit, zugunsten von Zeit und Raum
übergreifenden Denkfiguren." Gerne und überaus erfolgreich gab er sein Wissen an talentierte
junge Liedermacher und Kabarettisten wei-
ter. 1989 gründete Stählin die spätere Mainzer
Akademie für Poesie und Musik, SAGO, aus
der Künstlerpersönlichkeiten wie Judith Holofernes, Dota Kehr, Bodo Wartke, Danny Dziuk,
Annett Kuhr, Eckart von Hirschhausen und
viele weitere außergewöhnliche „Sagonauten",
wie sie genannt wurden, hervorgingen. Kürzlich dankten seine Schüler es ihm, indem sie ein
Album herausbrachten, auf der sie Stählins Lieder interpretierten. Für seine Verdienste wurde
Stählin mit viel Anerkennung bedacht: 1976
erhielt er den deutschen Kleinkunstpreis, 2000
wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet, und 2013 wurde ihm der Ehrenpreis
des Landes Rheinland-Pfalz zum deutschen
Kleinkunstpreis verliehen. Der Sprach- und
Liedkünstler Christof Stählin, der in einem
alten Stadtturm in Hechingen mit Blick auf die
Schwäbische Alb lebte, wird nicht nur in Liedermacherkreisen unvergessen bleiben.
Kai Engelke
GUYBEART_FOTO:C
GUY BEART
16.7.1930, Kairo, Ägypten,
bis 16.9.2015, Garches, Frankreich
In seinem Chanson „Les Temps Stranges"
beschrieb er, wie sich Menschen verändern,
die radioaktivem Staub ausgesetzt waren. In
„Alphabet" ließ er die Erde gleich ganz untergehen. Dass technischer Fortschritt zivilisatorischer Rückschritt sein kann, wusste er gut, hatte
er doch mehrere Jahre als Ingenieur gearbeitet, um nach dem Tod des Vaters Mutter und
Schwester zu unterstützen. Doch seine große
Leidenschaft gehörte seit seiner Kindheit im
Libanon der Musik. Guy Behart, wie er damals
noch hieß, lernte Violine und Mandoline, und
später schrieb er nach Feierabend erste Chansons. Nachdem ihn Jacques Canetti, der Förderer von Brei und Brassens, in sein Kleinkunsttheater geholt hatte, konnte er das Chanson
zum Beruf machen und gut von ihm leben.
Beart erfreute sich am Klang feiner Stereoanlagen wie am Anblick der braungebrannten Mädchen von Saint-Tropez. Die kamen natürlich in
seinen Liedern vor, doch öfter als viele Kollegen beschrieb er die Macht von Industrie und
Medien. Allerdings stets allgemein genug, um
Zensurprobleme zu vermeiden. Verboten wurde (zeitweilig) nur ein Beart-Chanson: jenes,
dessen Text aus den Vornamen aller bisherigen
Begleiter von Brigitte Bardot besteht. Dass sein
hierzulande bekanntestes Lied Juliette Grecos
Coverversion von „II N'Y A Plus DApres" ist,
ein harmlos-melancholischer Abgesang auf die
gute alte Zeit am Seineufer, gehört zu den Ungerechtigkeiten deutscher Chansonrezeption.
Stephan Göritz
„Großartig ist dieser Roman, bis in die Nuancen kundig und gut geschrieben ...
Vor allem anderen erzählt dieser Roman von der Leidenschaft und einem Leben für die Musik ... Er sei zum Lesen unbedingt
empfohlen, denn gerade im ,Zustand heiterer Melancholie' ist er ganz groß." (M. Starcke / lyrikwelt.de)
Lucy Murray versucht, als Musikerin ihren
Lebensunterhalt zu verdienen. Nach einer
längeren Durststrecke gelingt es ihr, einen
Manager zu finden, der ihr einen Deal mit
einem großen Plattenlabel vermittelt. Voller
Enthusiasmus nimmt sie ein Album nach
dem anderen auf, erkennt aber schon bald,
dass der große Musikzirkus mehr Schattenais Lichtseiten hat. Ihr Manager erweist sich
als unfähig, ihr einstiger Förderer bei der
Plattenfirma lässt sie schließlich fallen. Lucy
steht vor dem Nichts und versucht fortan, ihr
eigenes Ding zu machen ...
6.15
FOLKER
Markus Dehm / Bluestage
Roman
224 S., Klappenbroschur
Limitierte Druckausgabe.
JETZT NOCH FÜR
FOLKER LESERINNEN*
Zum Subskriptionspreis
13,50€
*bei Bestellung angeben
Direkt auf
www.frueher-vogel.de

Documentos relacionados