Abzockseiten im Internet (Online Betrug)

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Abzockseiten im Internet (Online Betrug)
Salzburg, 12.März 2008
Abzockseiten im Internet (Online Betrug)
Mit scheinbar kostenlosen Internetangeboten werden immer mehr ahnungslose
Internetuser (Menschen aller Schichten und Altersklassen) abgezockt. Die meisten
User bekommen gar nicht mit, dass sie beispielsweise mit einem falschen Klick ein
Abo abgeschlossen haben. Besonders betroffen sind Minderjährige und in Folge
deren Eltern, die mit Forderungen (Rechnungen) konfrontiert sind..
Mit vermeintlich kostenlosen Angeboten werden sie auf die Test- und
Verbraucherseiten gelockt und aufgefordert, ihre Anschrift, Telefonnummer oder EMail-Adresse in ein Formular einzutragen und dies mit einem Klick auf einem Button
zu bestätigen. In diesem Moment schnappt die Internetfalle zu – der Kunde hat ein
kostenpflichtiges Abo für zwölf oder mehr Monate abgeschlossen. Die, die reinfallen,
bekommen dann von den Anbietern – etwa für Tests mit Fragen für die
Führerscheinprüfung – eine Rechnung geschickt. Bei Rechnungen geht es
beispielsweise um SMS-Pakete, Ahnenforschung, Lebensalter-Prognosen, Musikoder Filmdownloads, Gewinnspiele oder auch Tauschbörsen. Andere User sollten für
eine einmalige Dienstleistung bezahlen (z.B. Ermittlung von Stammbäumen oder
Berechnung von Lebenserwartungen).
In Deutschland erreichten die Schäden 2007 bereits mehrstellige Millionensummen,
durchschnittlich sollten Betroffene 120 Euro zahlen (Umfrage vzbv in Deutschland),
aber es gab auch Rechnungen zwischen 200 und 500 Euro. Viele der Abgezockten
waren minderjährig. Weigerten sich Betroffene zu zahlen, schalteten diese dubiosen
Anbieter meist Inkassobüros und dann Rechtsanwälte ein, die Drohbriefe mit
Fristsetung und Klagsdrohung schreiben. Auch dies ist Teil dieses
„Geschäftsmodells“.
Aufgrund dieser zahllosen Vorfälle wurde von zahlreichen europäischen
Konsumentorganisationen u.ä. gefordert, dass online abgeschlossene Verträge
nur gültig werden dürfen, wenn diese von den Internetuser mit einer extra EMail bestätigt werden.
Aktuelle Prozesserfolge sollen nicht über die weiter bestehenden Probleme
und die europaweit organisierte Konsumententäuschung hinwegtäuschen.
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Webseiten mit versteckten Preisangaben sind unzulässig, weil sie irreführend
sind. Preis und Aufklärung über das Rücktrittsrecht müssen klar angegeben sein.
Das bestätigte im vorigen Dezember das Oberlandesgericht Wien der AK. Die
AK hatte Anfang 2007 eine Klage gegen IS Internet Service AG, vormals Xentria,
eingebracht. Der Anbieter war auf mehreren Webseiten, z.B. mit vermeintlich
kostenlosen SMS und Lebensprognosen. Aber: Die Seiten entpuppten sich als
Kostenfallen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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Nach einer Entscheidung des Landgerichts Hanau (Deutschland) stellt ein
Verstecken des Preises für die Inanspruchnahme eines Online-Angebots einen
Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und damit auch gegen das
Wettbewerbsrecht dar. Dies entschied das Gericht im Rahmen eines jetzt
veröffentlichten Urteils vom 7. Dezember 2007 (Az. 9 O 870/07).
In seinem Urteil findet das LG Hanau deutliche Worte gegen eine derartige
Darstellung des Preises. Diese verstoße gegen den Grundsatz der Preisklarheit
und Preiswahrheit des § 1 der Preisangabenverordnung (PreisangabenV).
Danach muss der Preis dem Angebot oder der Werbung eindeutig zugeordnet
sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder wahrnehmbar sein. Dem könne
im Internet zwar auch dadurch nachgekommen werden, dass ein
Sternchenhinweis gesetzt werde. Allerdings erfordere dies, dass der Nutzer klar
und unmissverständlich auf die Entgeltpflicht und die Höhe des Entgelts
hingewiesen wird. Diese Anforderungen erfüllten jedoch die Angebote der
Beklagten nicht (heise.de 03.03.2008).
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Soweit eine Zahlungspflicht bei einem Web-Angebot in den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen (AGB) versteckt ist, kann diese Klausel überraschend
und somit unwirksam sein. Dies hat das Amtsgericht München in einem jetzt
veröffentlichten Urteil (Az. 161 C 23695/06) entschieden.
Internetabzocke und Betrügereien im Internet (Internetfallen): World-Wide-Nepp
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Nun einige zusammengestellte Fallbeispiele über berüchtigte Kostenfallen im
Internet (Angebote, die nicht als kostenpflichtig erkennbar sind) und
Internetadressen. Natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
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Mit verschiedenen Online-Bezahlsystemen, etwa Dialern und Handy-Payment,
versuchen geschäftstüchtige Web-Unternehmer Internetnutzern das Geld aus der
Tasche zu ziehen (z.B. mit Gewinnspielen).
Oder: KonsumentInnen die glauben, ein kostenloses Angebot in Anspruch zu
nehmen, werden abgezockt, weil sich der angebliche „Gratis“-Zugang jedoch nach
Ablauf des Anmeldetages in einen kostenpflichtigen Abonnement-Vertrag mit einer
Laufzeit von 24 Monaten für sieben Euro monatlich bei jährlicher Vorauskasse
verwandelt.
Über diese kostspieligen Folgen der Anmeldung werden die Internet-Nutzer lediglich
im Kleingedruckten am Ende der Anmeldeseite und unter den sogenannten
„Teilnahmebedingungen“ informiert (vzbv). D.h. es gibt nur versteckte Hinweise, dass
diese Seite (Leistung) etwas kostet.
Allein die berüchtigten Schmidtlein GbR betreibt Dutzende Internetseiten mit
vermeintlich kostenlosen Serviceangeboten in Österreich, Deutschland und in der
Schweiz, und zwar mit verschiedenen Tricks. Alle Internetseiten sind recht ähnlich
aufgemacht. Der Preis steht auf der Startseite: Meist 7 Euro monatlich bei zwei
Jahren Laufzeit.
Teils sind deren Internetseiten auch keine echten Homepages (.de), sondern
Verlinkungen auf andere Seiten. Es gibt de-Domains, die zu Schmidtlein-Domains
weiterleiten. Beispiel ist suchmaschinen.de (leitet zu suchen-heute.com um). Wie
andere derartige Domains ist suchmaschine.de beim DeNIC auf die in Österreich
ansässige visions4tomorrow marketing GmbH registriert. Als administrativer
Ansprechpartner fungiert der Münchener Rechtsanwalt Bernhard Syndikus, der die
Brüder Schmidtlein des öfteren auch in Rechtsstreitigkeiten vertreten hatte.
Bedauerlicherweise hat die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft alle Strafverfahren
gegen Andreas und Manuel Schmidtlein eingestellt. Umfangreiche Ermittlungen einer
speziellen Eingreifreserve des Generalstaatsanwaltes haben den Betrugsvorwurf
gegen die Gebrüder Schmidtlein entkräftet. Insgesamt lagen mehr als 5.000
Strafanzeigen von geschädigten Nutzern bei der Staatsanwaltschaft Darmstadt vor.
1.500 wurden nach Frankfurt weiter geleitet. Leider ohne Erfolg.
Daneben gibt es natürlich auch eine Reihe anderer Anbieter wie ViaActive Ltd,
Netcontent Ltd., Genealogie Ltd., Internet Service AG. Die nun folgende
Auflistung kann sich natürlich jederzeit ändern.
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Bei der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sind zahlreiche andere
Internetseiten aufgefallen, bei denen Surfer ungewollt in kostenpflichtige
Verträge rutschen (Teure Internetseiten). Siehe Test 5/2007.
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„K-Tipp aus der Schweiz“ berichtet über nachstehende tückische Abo-Fallen
(K-Tipp Nr. 7, 11. April 2007 bzw. Nr. 15, 19. September 2007):
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Rechtliche Aktivitäten - Klagen (Deutschland):
Wegen irreführender Angebote im Internet erwirkte 2007 die Deutsche
Wettbewerbszentrale ein beispielgebendes Urteil – das Landgericht Darmstadt
verurteilte die Gebrüder Schmidtlein GbR zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe
von insgesamt 24.000,-- € (Urteil vom 08.05.2007, Az. 12 O 532/06 – nicht
rechtskräftig).
Gegen vier weitere Unternehmen hat die deutsche Wettbewerbszentrale aufgrund
ähnlicher Sachverhalte von intransparenter und irreführender Werbung Klage
eingereicht:
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Internet Service AG (Rotkreuz, Schweiz) (lebensprognose.com)
ViaActive Ltd., Großbritannien (lebenserwartung.de, iqfight.de)
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Genealogie Ltd., Großbritannien (genealogie.de)
NETContent Ltd., Großbritannien (routenplaner-server.com, kochrezepteserver.com, grafik-archiv.com etc.)
Auch bei diesen Anbietern war es für die NutzerInnen nicht ohne weiteres ersichtlich,
dass es sich um kostenpflichtige Leistungen handelt.
UWG-Unterlassungsklagen in Österreich
In Österreich hat der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des BMSK
Unterlassungsklagen nach § 14 UWG (Irreführung), § 28a KSchG (Verstoß gegen
Informationspflichten und Rücktrittsrechte im Fernabsatz) und § 28 KSchG
(Verwendung unzulässiger AGB) gegen mehrere weitere Internetfirmen eingebracht,
die mit „Gratis“-Angeboten warben, dann aber die Konsumenten mit Rechnungen für
kostenpflichtige Dienstleistungen überraschten (Quelle: Europakonsument online):
Geklagt wurden folgende Unternehmen:
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Schmidtlein GbR (diverse Webseiten): Verfahren des HG Wien, 39 Cg 61/06y
– die Verhandlung wurde geschlossen, das Urteil ergeht schriftlich.
Beanstandet wurde die Verwendung einer Reihe von gesetzwidrigen
Vertragsklauseln.
Verimount (simsen.de; firstload.de): die Firma hat eine
Unterlassungserklärung abgegeben und sich damit verpflichtet, die
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Verwendung unzulässiger AGB zu unterlassen. Aufgrund von weiteren
Verstößen wird die Vertragsstrafe nun eingeklagt.
Fuinquadrat GmbH (simsio.de): positives Urteil vom 7.12.2006, 24 Cg 124/06k
des LG Wr. Neustadt. Das Verfahren ist derzeit in der 2. Instanz anhängig.
Beanstandet wurde irreführende Preiswerbung und die Verwendung
gesetzwidriger Vertragsklauseln.
Opulentia EDV-Dienstleistungs GmbH, bzw. deren Geschäftsführer
(probenzauber.de, probenzauber.at): Beanstandet wurden irreführende
Werbung und die Verwendung unzulässiger AGB, in beiden Verfahren
verpflichtete sich die Beklagte zur Unterlassung, die Opulentia GmbH befindet
sich jedoch mittlerweile im Konkurs.
IS Internet Serive AG /vormals Xentria AG (testcars.de u.a.) – beanstandet
wurde irreführende Werbung, das HG Wien erließ am 9.3.2007 ein
Versäumnisurteil, gegen das die Beklagte allerdings Widerspruch erhob – das
Verfahren ist anhängig. In 2.Instanz (OLG Wien) wurde IS Internet Service AG
verurteilt.
Unlauterer Wettbewerb lohnt sich noch immer!
Rechtskräftige UWG-Urteile (Unterlassungsklagen) zeigen nämlich die eklatanten
Schwächen des europäischen Konsumentenschutzrechts auf. Denn es verpflichtet
zwar das betroffene Unternehmen, seine Internetseiten künftig zu verändern.
Konkrete Folgen für bereits geschädigte KonsumentInnen hat diese Entscheidung
allerdings nicht, es beinhaltet auch keine Rückzahlungsverpflichtung. Geschädigte
müssen sich gegen unberechtigte Forderungen individuell zur Wehr setzen. Ein
UWG-Urteil stellt auch keine Bestrafung rechtswidrigen Verhaltens dar, da es
lediglich beschreibt, wie das Unternehmen sich künftig zu verhalten hat. Das ist so
effektiv, wie wenn man einen Bankräuber laufen lässt und ein Gericht ihm hinterher
ruft: „Mach das nie wieder“ (Quelle vzbv).
Da es Strategie der Anbieter dieser Internetseiten ist, die Opfer u.a. auch durch
Inkassobüros oder Rechtsanwälte einzuschüchtern, gibt es Musterbriefe gegen
diese Abzocke (Rechnung, Mahnung, Inkassobüro Rechtsanwaltsschreiben
etc.) auf der Webseite der Arbeiterkammern (www.arbeiterkammer.at).
Niemand soll sich einschüchtern lassen, gleichgültig wie groß die Drohkulisse
ist. Man darf sich durch Mahnungen, dem Einschalten von Inkassobüros und
Rechtsanwälte sowie der Drohung Strafanzeige zu erstatten, nicht unter Druck
setzen lassen. Leider lassen sich immer noch zu viele einschüchtern und
zahlen.
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Weitere Informationen:–
Europakonsument: www.europakonsument.at
Internetombudsmann: www.ombudsmann.at
Eine Liste verhängnisvoller Homepages: www.members.aol.com/AbzockeForum
Verbraucherzentralen bieten in Deutschland Hilfe
Rat und Hilfe sowie konkrete Musterbriefe und individuelle Rechtsberatung bieten die
Verbraucherzentralen vor Ort: www.verbraucherzentrale.de. Die wichtigsten Tricks
und Tipps zu den Abzockmethoden sind in dem http://www.verbraucherzentralenrw.de/mediabig/30612A.pdf kostenlosen Faltblatt „Erst durchblicken – dann
anklicken“ nachzulesen, das die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in
Kooperation mit der Initiative „klicksafe“ erstellt hat.
Internationale Kampagne gegen „Kostenfallen im Internet“"
„Kostenfallen im Internet“ war auch Thema der letztjährigen „Fraud Prevention
Month“ des internationalen Verbrauchernetzwerks ICPEN (International Consumer
Protection and Enforcement Network). In Österreich war das BM für Soziales und
Konsumentenschutz, wie auch der UKI beteiligt. In Deutschland der vzbv. In dem
Netzwerk kooperieren Regierungsorganisationen aus 33 Ländern über Grenzen
hinweg und entwickeln neue Strategien, um unlautere und betrügerische Geschäfte
aufzuklären und abzustellen. Mit ihrer jährlich durchgeführten
Informationskampagne, dem so genannten „Fraud Prevention Month“, informiert das
Netzwerk weltweit zu einem bestimmten Verbraucherthema: www.icpen.org.
Ich hoffe, damit sehr deutlich diese Probleme dargestellt zu haben und kann
jedem Betroffenen nur den Rat geben, sich nicht unter Druck setzen zu lassen
und keinesfalls zu bezahlen.
Forderung:
Notwendig sind gesetzliche Regelungen zu mehr Transparenz im Internet.
KonsumentInnen sollen für einen Vertragsabschluss explizit bestätigen müssen,
dass sie die Kostenpflichtigkeit eines Angebots zur Kenntnis genommen haben. Der
Vertragsabschluss muss von KonsumentInnen mit einer extra E´-Mail bestätigt
werden (Button-Lösung). Damit könnte diesem auf Einschüchterung und Abzocke
aufgebauten Geschäftsmodell die Grundlage entzogen werden.
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Mit freundlichen Grüßen!
Mag. Johann Maier
Vorsitzender des Konsumentenschutzausschusses
Abgeordneter zum Nationalrat