Die Häkelhelden und der Trend zur Handarbeit

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Die Häkelhelden und der Trend zur Handarbeit
Die Häkelhelden und der Trend zur Handarbeit - Praxisbeispiel
Da haben sich drei gefunden. Zwei Polizisten,
die Mützen häkeln und eine Autorin, die dem
Thema Do-it-Yourself nachgeht.
Martina Stöcker führt vom Besonderen zum
Allgemeinen und retour. Ihre Geschichte
macht Abstraktes konkret, lokal, und äußerst
unterhaltsam.
An Schluss wartet eine Pointe. Und man weiß
nicht recht, ob man jetzt eine Mütze bestellen
oder lieber zur Häkelnadel greifen soll.
Rheinische Post, 30.3.2013
Entspannung pur: Selbst Polizisten häkeln
Tim Pittelkow und Carsten Krämer arbeiten bei der Hubschrauber-Staffel der Polizei.
Nach Feierabend häkeln sie Mützen für ihr Label „Häkelhelden“. Bei vielen anderen
wächst ebenfalls die Sehnsucht nach Selbstgemachtem.
Von Martina Stöcker
DÜSSELDORF Am Anfang ernteten Tim Pittelkow (33) und Carsten Krämer (36) komische
Blicke *1, wenn sie von ihrer Masche redeten. Kettmaschen, Luftmaschen, halbe Stäbchen
und Doppelstäbchen – mit diesen Begriffen konnten die Kollegen nichts anfangen. „Sie sagten:
,Früher haben wir über Autos und Kinofilme geredet – jetzt sprechen wir hier übers Häkeln *2’“,
erzählt Tim Pittelkow. Mittlerweile haben sich aber die Männer der Polizeihubschrauber-Staffel
am Düsseldorfer Flughafen mit dem Hobby der Kollegen arrangiert *3. Und sie haben bei
ihnen schon die ersten Mützen bestellt *4. Die Polizisten Tim Pittelkow und Carsten Krämer
sind die „Häkelhelden“. Unter diesem Namen vertreiben sie selbst gehäkelte Mützen (zwischen
25 bis 35 Euro) aus feiner Merino-Wolle. Fünf Euro pro Verkauf gehen als Spende an den
„Weißen Ring“, der sich um Kriminalitätsopfer kümmert. Vier Häkelnadeln in Handschellen sind
das Logo *5 der handarbeitenden Helden.
Erste Versuche
Tim Pittelkow machte den Anfang, als er im April vergangenen Jahres eine Mütze im Internet
bestellt hatte, die ihm nicht gefiel *6. „So schwer kann das doch nicht sein“, dachte er sich und
brachte sich mit Videos aus dem Internet die Maschentechnik selbst bei. Nach mehreren
Versuchen, die eher an Sombreros und Klodeckel-Abdeckungen erinnerten, nahm das Werk
aus Wolle langsam, aber sicher eine mützenartige Form an. Kollege Carsten belächelte die
Häkelei erst, wollte aber dann auch solch eine coole Mütze haben *7. „Was der kann, kann ich
auch“, dachte er sich und legte ebenfalls los. Und so häkeln die beiden nach dem Dienst, bis
ihre Frauen von der Arbeit nach Hause kommen. Oder sie greifen abends beim Fernsehen zu
Nadel und Knäuel. Der Kopf schaltet ab, die Hände sind beschäftigt. „Das ist Entspannung
pur“, sagen sie. Und: „Unsere Mützen sind 100 Prozent Handarbeit.“
Trendsport Stricken
„Do it Yourself“ (DIY) *8 – mach es selbst – liegt derzeit voll im Trend *9. Besonders das
früher als piefig empfundene Handarbeiten hat sein Image total gewandelt *10. Mit Hippies
oder Ökos hat es nichts mehr zu tun: Kaum ein Hochglanzmagazin zu Wohnen und Lebensstil
kommt derzeit ohne gestrickte oder gehäkelte Accessoires aus – sei es zum Beispiel ein Pouf
oder ein Kissen. Läden für Stoffe und Nähbedarf eröffnen wieder, nachdem es lange Zeit kaum
möglich war, in einer Stadt einen Knopf zu kaufen. Verkaufsportale wie dawanda.de oder
etsy.de boomen und sind Plattform für Kreative, deren Freunde und Verwandte schon mit
selbst gestrickten Socken oder Handy-Täschchen überversorgt sind. In Städten wie Hamburg,
Berlin oder Düsseldorf treffen sich Strickclubs (meist Frauen) in Cafés oder Kneipen zum
gemeinsamen Stricken und Schnacken *11.
Wachsende Umsätze
Auch Superstars wie Popsängerin Madonna oder die Schauspieler Sarah Jessica Parker und
Ryan Gosling bekennen sich zum Stricken. Der Gesamtmarkt für Handarbeitsbedarf ist im
vergangenen Jahr um 15 Prozent auf rund 1,2 Milliarden Euro Umsatz gewachsen. Besonders
groß waren die Zuwächse in den Bereichen Handstrickgarne und Nähen, teilt die „Initiative
Handarbeit“ mit, der Verband der führenden Anbieter dieser Branche. Mittlerweile geben 58
Prozent der Frauen in Deutschland Handarbeiten als Hobby an – rund ein Viertel dieser
Frauen ist jünger als 40 Jahre *12.
Schnelle Erfolge
Beate Löddenkötter strickt, seitdem sie 15 Jahre alt ist. In ihrem Laden „Vielfach“ in
Düsseldorf-Pempelfort *13 bietet sie Strickkurse an. Die sind sehr gefragt. „Es kommen viele
jüngere Frauen zu mir, die sagen: ,Meine Mutter kann mir Stricken nicht beibringen – sie kann
es selbst nicht’“, sagt die 49-Jährige. Die Industrie hat sich auf die Neu-Einsteiger eingestellt.
Mit dicken Nadeln und vielfarbiger dicker Wolle lassen sich etwa Loop-Schals im Nullkommanix selbst stricken. Das schnelle Erfolgserlebnis ist garantiert.
Schön anzufassen
Die moderne Arbeitswelt ist ein Grund für den Wunsch vieler Menschen, die Dinge wieder
selbst in die Hand zu nehmen. Denn diese zwei Exemplare à fünf Finger sind nicht nur dazu
da, über Displays zu wischen oder mit einer Computermaus zu klicken. Beim Stricken oder
Häkeln gleitet die weiche Wolle durch die Finger; solch eine Arbeit stiftet eine besondere
Beziehung zwischen dem Produkt und seinem Macher, die in einer industrialisierten Welt
kaum noch erfahrbar ist. Jedes handgearbeitete Stück ist ein Unikat, weit weg von
Massenware.
Socken fürs Leben
So gehören Handarbeit und Nachhaltigkeit fest zusammen. „Etwas Eigenes hat einen
besonderen Wert: Selbst gestrickte Socken würde ich immer stopfen und nicht wegwerfen“,
sagt Beate Löddenkötter. DIY ist auch ein Mittel zum Selbstmarketing: Man stellt sich als
Individuum dar und erfährt Anerkennung *14. So durchströmt jeden ein besonderes Gefühl,
wenn er angesichts eines selbst genähten Kleides sagen kann: „Das habe ich selbst gemacht.“
Die Baby-Kollektion
Ihre erste selbst gehäkelte Mütze halten Tim Pittelkow und Carsten Krämer in Ehren. „Sie wird
mit Stolz getragen“, sagen sie *15. Und Carsten Krämer hat schon das nächste Projekt im
Blick: Ende April wird er zum ersten Mal Vater *16. „Meine Tochter wird vermutlich alle zwei
Monate eine neue Mütze bekommen.“ Das erste selbst gehäkelte Exemplar hat ihm allerdings
schon ein Freund für sein Baby abgeschwatzt *17.
Wir danken Martina Stöcker und der Rheinischen Post für das kostenfreie Überlassen der
Rechte.
Die Häkelhelden und der Trend zur Handarbeit - Fußnoten
*1) Der Satz weckt eine Ahnung und Erwartungen.
*2) Hier entsteht Spannung: Droht ein Konflikt?
*3) Entspannung, doch kein Konflikt!
*4) Geschichte einer Bekehrung, die erste
*5) Hintergrundabsatz zum Business der Helden.
*6) Anfang der Handlung
*7) Geschichte einer Bekehrung, die zweite
*8) Das Sachthema, das den Anlass für die Geschichte liefert.
*9) These oder Behauptung
*10) Wandel ist der Kern von Storys schlechthin.
*11) Ein ganzer Absatz voller Argumente für die These.
*12) Der Absatz bildet den nachrichtlichen Kern des Textes.
*13) Lokale Anbindung – die Rheinische Post erscheint in Düsseldorf.
*14) Deutung des Entwicklung
*15) Rückblick
*16) Ausblick
*17) Pointe
Die Häkelhelden und der Trend zur Handarbeit - Kommentar
Lupenreines Feature
Der Text von Martina Stöcker ist ein klassisches Feature: eine allgemeingültige
Aussage (Handarbeiten ist in) wird an einem anschaulichen Beispiel (den beiden
Polizisten) illustriert. Er lebt vom Charme seiner Protagonisten, vom lokalen Bezug und
nicht zuletzt von den erzählerischen Elementen.
Vom Besonderen ins Allgemeine
Die Illustration von Brigitte Seibold zeigt, wie der Text gebaut ist: Er beginnt mit den lokalen
Helden in Nahaufnahme, führt über den Strickclub ins Allgemeine der Daten und Fakten und
belegt die These „Do it Yourself ist ein Trend“ anschaulich und überzeugend. Martina Stöcker
steigt dabei nicht chronologisch in die Handlung ein, die beginnt, als Tim Pittelkow eine Mütze
im Internet bestellt und mit dem Führen seines eigenen Häkelshops endet. Vielmehr lässt sie
die Häkelhelden zu Beginn „komische Blicke“ der Kollegen ernten.
Leser abholen, Kontraste schaffen
Der Einstieg reizt Leser über das Spiel mit Rollenerwartungen und Vorurteilen: Polizisten sind
echte Kerle, die von der Hubschrauber-Staffel sind besonders echte Kerle, und dass die
häkeln, wundert einen schon. Ein Kunstgriff: Die Hubschrauber-Kollegen gucken komisch.
Damit sind sie wunderbare Identifikationsfiguren, denn es fragen sich ja auch die Leser: Was
sind denn das für komische Helden?? Und schon sind sie im Text gefangen. Es wird ihnen
beim Lesen gehen wie den Polizisten-Kollegen: Erst komisch gucken, dann Häkelmützen-Fan
werden.
Vorher-Nachher
Ein charakteristisches Element von Geschichten im Gegensatz etwa zu Nachrichten besteht
darin, dass sie die Veränderung zwischen einem Vorher und einem Nachher beschreiben. Die
Trend-Geschichte der Rheinischen Post enthält sogar eine Reihe solcher
Vorher-Nachher-Elemente: vorher: Tim Pittelkow bestellt sich eine Mütze im Netz
nachher: er vertreibt seine eigenen Häkelmützen über die Website der Häkelhelden
vorher: die Polizisten-Kollegen gucken die Häkelhelden komisch an
nachher: sie bestellen selber Mützen
früher: Handarbeiten galt als piefig
heute: ist es in
früher: konnte man keinen Knopf kaufen
heute: gibt es Stoffläden, Internetportale, Strickclubs
vorher: Carsten Krämer ist kinderlos
nachher: zwei Monate nach Erscheinen des Textes wird Krämer Vater
Der Aufbau
Anfang: Lokal und konkret
Die Häkelhelden, ihr Job, ihre Kollegen (Einstieg)
Die Häkelhelden und ihr Häkel-Business (Hintergrund)
Die Häkelhelden lernen häkeln (Rückblende)
Mitte: Allgemein und abstrakt
Do it Yourself ist trendy (Behauptung)
Läden, Portale, Strickclubs, Prominente (Argumente)
Zahlen zum Markt und den Kundinnen (Beweise)
Die Ladenbesitzerin aus Düsseldorf-Pempelfort (lokal und konkret)
Warum Handarbeiten im Trend liegt (psychologischer Erklärungsansatz)
Ende: Lokal und konkret (Klammer zum Anfang)
Die Häkelhelden und ihre erste Mütze
Carsten Krämer in Erwartung seiner künftig liebsten Kundin (Ausblick)
Die Babymütze für die erwartete Tochter wurde ihm bereits abgeschwatzt (Pointe)
Der Schluss
Schlüssiger und herziger geht‘s nimmer. Martina Stöcker schlägt den Bogen zurück zum
Anfang. Über ihre Überlegungen zur Schlusskurve spricht sie im Making of mit Irene
Dänzer-Vanotti.
Die Häkelhelden und der Trend zur Handarbeit - Making Of
Stell‘ Dir vor, es gibt häkelnde Hubschrauberpolizisten!
Wie Martina Stöcker die Zutaten zu ihrer Geschichte recherchiert hat, wo ihr die
Protagonisten begegnet sind – und was sie sich beim Aufbau gedacht hat.
Was hatten Sie zuerst: die Beobachtung des Trends ‚Boom der Handarbeit‘ oder die Jungs
von der Polizei?
Den Trend! Mir war schon seit einiger Zeit aufgefallen, dass Handarbeiten wieder in ist. In der
Nähe meiner Wohnung hatte ein Stoffladen aufgemacht; die dort angebotenen Nähkurse
waren immer ausgebucht. Und auch meine Freundinnen sagten – zunächst noch etwas
verschämt –‚Ich mache jetzt einen Nähkurs!‘. Deshalb wollte ich diese Geschichte machen. Ich
wollte zeigen, dass Handarbeiten jetzt cool ist, hip und modern.
Die beiden Polizisten habe ich in einer anderen Zeitung entdeckt. In dem Text ging es aber
weniger um Handarbeit als um Männer mit einem ungewöhnlichen Hobby, die zudem noch
einen Teil ihres Erlöses an die Opferschutzorganisation „Weißer Ring“ spenden.
Die Protagonisten
Haben Sie persönlich oder telefonisch mit ihnen gesprochen?
Ich habe mich mit ihnen nach ihrem Dienst verabredet, in einem Café in Düsseldorf. Sie
waren zum Glück gut an ihren Mützen zu erkennen. Da der Text bei uns ist in der
Ostersamstag-Ausgabe erscheinen sollte, hatte ich sie gebeten, für uns eine Beanie-Mütze für
ein Osterei zu entwerfen. Das haben sie auch gemacht, und die Anleitung dazu haben wir
neben den Text gestellt. Hätte jemand nach der Lektüre des Textes Lust bekommen, sofort zu
häkeln, hätte er schon eine Anregung gehabt.
Hatten Sie einen Fragekatalog vorbereitet?
Nein, für solch ein leichtes Thema finde ich das nicht nötig. Natürlich habe ich mir vorher
Gedanken darüber gemacht, was bei dem Treffen zur Sprache kommen sollte. Aber einen
Katalog, bei dem ich Fragen abhake, fand ich überflüssig. Es bestand ja keine Gefahr, etwas
Wichtiges zu vergessen – anders als zum Beispiel bei einem komplexen Thema. Die beiden
haben einfach erzählt, ich habe zwischendurch gefragt.
Was hat Sie am meisten an den beiden Männern überrascht?
Dass das Häkeln für sie ganz normal ist. Es gab keine Ausreden, keine Floskeln. Ich fand gut,
dass sie ganz selbstverständlich über ein Hobby geredet haben – und dieses Hobby ist eben
Häkeln. Außerdem hatten sie Humor. Die Beschreibung der ersten Häkelmützen, die
aussahen wie ein „Sombrero oder eine Klodeckel-Abdeckung“, kam zum Beispiel von den
beiden.
Wege der Recherche
Wie haben Sie die weiteren Personen in dieser Geschichte ausgewählt?
Beate Loddenkötter, die Besitzerin des Handarbeitsladens, die Strickkurse anbietet – kam
praktisch in den Briefkasten geflattert, allerdings in den eines Kollegen. Er machte mich auf
ihren Flyer aufmerksam, den er bekommen hatte. Außerdem habe ich noch eine Gruppe
angeschrieben, die sich zum gemeinsamen Stricken in Cafés oder Kneipen trifft und sich über
ihre Handarbeiten austauscht. Aber da hat sich niemand rechtzeitig gemeldet, sonst hätte ich
sie gerne getroffen. Das wäre perfekt gewesen für die Geschichte.
Haben Sie Menschen für diese Geschichte gefunden und interviewt, die nicht im Text
vorkommen?
Eigentlich nicht. Ich habe vor zwei oder drei Jahren schon mal über ein Verkaufsportal von
selbstgemachten Sachen geschrieben. Deren Erfahrungen hatte ich noch im Hinterkopf. Aber
gesprochen habe ich jetzt mit niemandem mehr. Ich interviewe auch nicht gerne Menschen,
die dann nicht im Text vorkommen. Das ist für diese Interviewpartner immer frustrierend.
Vermutlich haben Sie Hintergrundinformationen im Netz recherchiert – gab es noch weitere
Quellen?
Bei der Recherche im Netz habe ich erfahren, dass es die „Initiative Handarbeit“ gibt. Sie hat
zum Beispiel die Branchenzahlen veröffentlicht. Ich kannte sie vorher nicht. Überhaupt war ich
erstaunt, was in dem Thema steckt: dass die Umsätze in dieser Branche so hoch sind und
dass es eigens für Handarbeitsartikel eine Messe gibt, hatte ich nicht gewusst. Das Internet
spielt ohnehin eine große Rolle: manche Materialien kann man da am besten bestellen, man
kann sich in Foren austauschen. Es gibt Gruppen, die gegenseitig ihre Produkte bewerten.
Man kann E-Books mit Anleitungen herunterladen – das Internet trägt also zum
Handarbeitsboom entscheidend bei.
Die Entstehung des Textes
An welchem Punkt des Entstehungsprozesses haben Sie die Struktur des Textes festgelegt?
Dass die beiden Polizisten am Anfang des Textes stehen, war eigentlich von vornherein klar.
Sie sind ja auch auf dem Foto zu sehen, über das viele Leser erst in einen Text einsteigen.
Außerdem sind häkelnde Hubschrauberpiloten das Kuriose an der Geschichte, und die sollten
dann nicht im fünften Absatz erst auftauchen.
Sie schließen auch mit den beiden. Kommen Sie oft am Ende noch einmal auf den Anfang
zurück?
Wenn es sich anbietet, finde ich diesen klassischen Kreis schön. Man muss es nicht
erzwingen, aber wenn es möglich ist, mache ich das. Hier kommt ja am Ende noch das Kind
ins Spiel – das öffnet den Text auf die Zukunft hin. Deshalb habe ich diese Information für das
Ende aufgehoben.
Wie haben Sie sich für seinen Ton entschieden?
Das sollte ja eine leichte, unterhaltende Geschichte werden, deshalb habe ich sie locker
geschrieben. Aber auch bei schwereren Themen versuche ich immer, klar zu bleiben.
Eigentlich reicht es, wenn man beschreibt, was geschehen ist. Das hat genügend Wucht. Da
muss man nicht noch mit wüsten Sprachbildern um sich werfen und mit 18 Adjektiven.
Im ersten Absatz machen Sie das Wortspiel mit der „Masche“.
Das ist nicht extrem originell, aber an manchen Sachen kommt man nicht vorbei.
Wie lange haben Sie an dem Text geschrieben?
Zwei bis drei Stunden. Am Gründonnerstag habe ich nachmittags angefangen und den
Kollegen den Text für die Osterausgabe hinterlassen.
Was gefällt Ihnen selbst daran?
Mir gefällt das Thema, weil ich finde, es ist mal etwas anderes, gerade für uns als
Tageszeitung. Ich mag die Protagonisten. Sie sind einfach ungewöhnlich.
Grundsätzliches
Was ist Ihnen besonders wichtig an Ihrer Arbeit?
Ich versuche, die Geschichte von Menschen zu erzählen und immer einen Menschen in den
Mittelpunkt zu stellen. Man merkt ja selbst, dass man am liebsten etwas über Menschen liest,
über ihre Schicksale. Auch in ein trockeneres Thema zieht man Leser am ehesten hinein,
wenn man es an Menschen entlang erzählt.
Was macht Ihnen am meisten Freude?
Dass jeder Tag anders ist – obwohl es sicher auch Momente gibt, in denen man das verflucht,
zum Beispiel wenn die Seiten fertig sind und man schon die Jacke anhat, weg will, und dann
noch etwas Großes passiert. Außerdem finde ich es schön, wenn ich eine gute, runde
Geschichte geschrieben habe – besonders unter schwierigen Bedingungen oder Zeitdruck.
Ist in der Häkel-Geschichte etwas von dieser Spannung, einen gut komponierten Text zu
schreiben?
Mich freut es, wenn es eine Zeitung schafft, am Frühstückstisch ein Gesprächsthema zu
bieten. Eine Frau liest das und sagt zu ihrem Partner: „Stell‘ Dir vor, da gibt es zwei Polizisten,
die fliegen Hubschrauber und häkeln!“ Wenn eine gute Geschichte gut aufgeschrieben ist,
dann wird sie weitererzählt. Das mag ich – und dann spielt es auch keine Rolle, ob es eine
Geschichte über politische Entscheidungen, ein Verbrechen oder so etwas Alltägliches wie
Häkeln ist.
Über den Arbeitsraum Storytelling
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