35. PflegeForum „Blickpunkt Schmerz – Ein Indianer kennt keinen

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35. PflegeForum „Blickpunkt Schmerz – Ein Indianer kennt keinen
PflegeForum
Versorgungsnetz Gesundheit e.V.
c/o Regine Harms
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35. PflegeForum
„Blickpunkt Schmerz – Ein Indianer kennt keinen Schmerz! Oder doch?“
Protokoll vom 23.01.’13, 14.30 – 17.30 Uhr im Klinikum, MAZ
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1. BEGRÜSSUNG
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Blickpunkt Schmerz“ lag der Fokus an diesem
Nachmittag auf Kindern. Es nahmen 55 Personen aus unterschiedlichen Berufen und
Einrichtungsarten teil. Moderiert wurde von Regine Harms, vorbereitet hatten die Veranstaltung außerdem Hildegard Kocks, Sabine Labohm, Roland Mersch, Ulrike Pieper,
Petra Rothe, Sarah Thyen und Rita Wick.
2. VORTRÄGE
a. Schmerzbehandlung bei Kindern (Hr. Dr. Löning)
Herr Dr. Löning ist Oberarzt in der Kinderklinik und Mitglied der Arbeitsgruppe
Schmerz. Seine Vortragsfolien befinden sich gesondert im Anhang. Folgende Punkte
sprach er darüber hinaus an:
- Erwachsene können Schmerzen von Kindern nur deuten und dann sind immer eigene Emotionen mit dabei
- Eigenwahrnehmung ist grundsätzlich höher als Fremdwahrnehmung zu werten:
„Wenn ein Kind sagt, es hat Schmerzen, dann hat es Schmerzen.“
- von chron. Schmerzen wird gesprochen, wenn sie jeden Monat mindestens 15 Tage
an drei aufeinander folgenden Monaten bestehen
- das Schmerzgedächtnis (bei nicht ausreichend behandelten Schmerzen) kann so
ausgeprägt sein, dass bereits die Ansprache des Auslösers zu erlebten Schmerzen
beim Kind (oder Erwachsenen) führt
- der Arbeitskreis Schmerz im Klinikum hat Standards entwickelt, zu denen Herr Dr.
Löning bei Bedarf auch Externen (z.B. Pflegediensten) Auskünfte erteilt:
[email protected]
b. Nichtmedikamentöse Schmerztherapie (Ruth Baykal / Birgitt Moed)
Wegen Erkrankung von Frau Moed stellte Frau Baykal das Thema alleine dar. Die
Folien der Präsentation hatte Frau Moed erstellt. Die Texte der Folien befinden sich
im Anhang. Beim Vortrag zeigte Frau Baykal sehr eindrucksvolle Fotos, welche das
Gesagte veranschaulichten, aus Datenschutzgründen jedoch nicht weitergegeben
werden können. Ergänzende Erläuterungen zu den Folien:
- die 5-S-Methode nach Dr. Karp ist deshalb so erfolgreich, weil den Babys/Kindern
alles bereits aus dem Mutterleib bekannt ist
- bes. kleine oder hilflose Kinder sind darauf angewiesen, dass sie gut positioniert
werden: ihnen muss z.B. durch Hände oder Begrenzungen Halt gegeben werden
- bei starken Verspannungen ist die „heiße Rolle“ oft hilfreich:
http://www.vitaconnect.net/video/pflege/heisse-rolle-9 (Anleitung)
3. ARBEITSGRUPPEN
Nachfolgend werden die wichtigsten Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen dargestellt.
a. „Schmerzentlastende Maßnahmen“ (Moderation Ruth Baykal)
In diesem Workshop stellte Frau Baykal mit praktischen Übungen schmerzreduzierende Maßnahmen vor. Rückmeldungen von Teilnehmerinnen:
- alles Gezeigte ist gut auf Erwachsene übertragbar
- einige Übungen waren für die TN selbst anwendbar und hilfreich
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- Erkenntnis, dass mit kleinen Griffen eine große Wirkung erzeugt werden kann
b. „Schmerzmessung“ (Moderation Hildegard Kocks und Petra Rothe)
Die Gruppe betonte, dass es eine große Diskrepanz zwischen den Versorgungsbereichen gibt. Im Klinikbereich kann nach der Schmerzmessung auch über Standards
schnell reagiert werden. Im ambulanten Bereich sind Pflegende nach der Messung
häufig auf zeitaufwändige Arztkontakte angewiesen und können dann nicht zeitnah
auf gemessene Schmerzen reagieren.
Eine Aussage „außer der Reihe“ war, dass Patienten mit negativen Erfahrungen die
Skalen für sich nutzen, um mit hoher Selbsteinschätzung „endlich“ eine positive Erfahrung zu erleben.
Positive Erfahrungen mit Schmerzmessung:
- bei angeordneter Medikation ab bestimmter Schmerzstufe ist Schmerzmessung ein
gutes Hilfsmittel (Bedarfsmedikation / Standards / …)
- jüngere Ärzte sind deutlich sensibler im Thema, „hören“ eher auf Pflegende
- bei regelmäßiger, langfristiger Nutzung von Skalen ist ein Schmerzverlauf sichtbar
Negative Erfahrungen mit Schmerzmessung:
- empfohlene Skalen sind nicht immer passend für vorhandene Patientengruppen
(z.B. Wachkoma)
- mangelnde Akzeptanz durch behandelnde Ärzte (die evtl. nicht gut geschult sind)
- Medikamente werden häufig umgestellt, ein Effekt ist dann noch gar nicht deutlich
- MDK bemängelt teils ungeeignete Schmerzerfassung, kann aber auch keine geeigneten Verfahren vorschlagen
Anforderungen an Schmerzmessung:
- sie muss schnell und praktikabel durchführbar sein
- Nutzer müssten in verschiedenen Messinstrumenten geschult werden, um zum Thema sensibilisiert zu werden
Nutzen der Schmerzmessung für eine gute Kooperation:
- Beobachtungen können dokumentiert und weitergegeben werden
- für besondere Patientengruppen sollten spezielle Skalen zur Verfügung stehen (wie
BESD bei Demenz)
- vorhandene Schmerzmedikation (inkl. Bedarfsmedikamente!) können bei Verlegungen gut kommuniziert werden
c. „Akuter Schmerz“ (Moderation Ulrike Pieper und Regine Harms)
Von den TeilnehmerInnen arbeite keineR im Kinderbereich, aber einige mit Demenzerkrankten, mit Wachkoma- und beatmeten PatientInnen. Hier wurden große Ähnlichkeiten zu Kindern beim Thema Schmerz festgestellt.
Positive Erfahrungen bei akutem Schmerz:
- nonverbale Kommunikation und aufmerksame Wahrnehmung sind wesentlich;
bei WachkomapatientInnen sind Augen und Körperhaltung besonders wichtig
- die Einbeziehung der Schmerzambulanz des Klinikums ist hilfreich (inklusive Psychologin und therapeutischen Berufen), für Externe jedoch große Wartezeiten
- über Schmerzbeauftragte haben Pflegende im Krankenhaus das Thema im Blick
- bei einigen KH-Abteilungen wie Geriatrie oder Schwer-Schädel-Hirnverletzten gehört Einbeziehung von Physio- und ErgotherapeutInnen zum Konzept
Negative Erfahrungen bei akutem Schmerz:
- Probleme treten bes. auf, wenn mit einer Patientengruppe wie Kindern wenig Erfahrungen bestehen (kein Vergleich, Einschätzung schwierig)
- bei Kindern oder hilflosen Erwachsenen bräuchten Angehörige auch Hilfe
- SchmerztherapeutInnen oder PhysiotherapeutInnen werden zu selten einbezogen
- Schmerz wird zwar dokumentiert, bleibt aber (außer mit erhöhter Medikation) häufig
folgenlos: „Was brauchen die PatientInnen wirklich?“
- nach Medikamentengabe fehlt meistens eine Kontrolle der Wirksamkeit sowie Entscheidungen über eine evtl. Notwendigkeit anderer Behandlungsmöglichkeiten
- am ambulanten Bereich existiert ein Systemfehler: da ÄrztInnen nicht für einzelne
Patientenkontakte bezahlt werden, kommt es zu selten zu Wiedereinbestellungen
für Kontrollen
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Hinweise für eine gute Kooperation:
- Austausch zw. den Einrichtungen ist unumgänglich, auch zw. den verschiedenen
Disziplinen; u.a. vermehrte Einbeziehung von Physio- und ErgotherapeutInnen
- Hospitationen wären hilfreich
- Rückkopplung mit ÄrztInnen müsste besser werden, z.B. für Reaktionen auf Beobachtungen (Wirksamkeit von Maßnahmen, Nebenwirkungen etc.)
- neben- und Wechselwirkungen von Medikamenten besser im Blick haben, z.B. ApothekerInnen einbeziehen
- gewährleisten, dass Medikamentenänderungen bei Haus- oder Heimbesuchen auch
in der Praxisdokumentation vermerkt werden
- Bedenken, Ängste oder auch Schmerzen von PatientInnen kommunizieren, wenn
diese das gegenüber den ÄrztInnen nicht selbst tun – ggf. Gründe für Bedenken
herausfinden (Schmerzmedikamente ablehnen, weil Angst vor Nebenwirkungen)
4. ABSCHLUSS
Eine wesentliche Erkenntnis des Nachmittags war sicherlich, dass viele Erkenntnisse und
Regeln aus der Versorgung von Kindern auf solche Erwachsenen übertragbar sind, die
eingeschränkte Möglichkeiten haben, sich selbst zu äußern.
Mehrere TeilnehmerInnen äußerten, dass sie konkrete Anregungen für ihre Arbeit erhalten hätten.
5. TERMINE
Nächstes PflegeForum:
WANN:
Mi. 10.04.2013, 14.30 – 17.30 Uhr
WO:
MAZ des Klinikums, Brandenburger Str. 19, 26133 Oldenburg
THEMA: „Blickpunkt Schmerz – Kognitiv beeinträchtigte Menschen“ (Arbeitstitel)
WEITERE TERMINE FÜR 2013 (zum Thema Blickpunkt Schmerz):
21. August (chronische Schmerzen); ein ganz neues Thema folgt am 23. Oktober 2013.
Protokollantin:
OL, 26.01.’13
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