Hedera, DEGA 572006
Transcrição
Hedera, DEGA 572006
PFLANZEN + SORTIMENTE Efeu als Gestaltungselement Klassischer Kletterer optimal eingesetzt Efeu ist nicht unumstritten. Wo er wächst, bleibt er schnell mit den Bäumen allein und alten Fassaden und Dächern kann er ebenfalls ernsthafte Schäden zufügen. Günter Mader und Elke Zimmermann stellen Beispiele vor, in denen sich die immergrüne Kletterpflanze von Ihrer besten Seite zeigt. Berankte Efeukegel in Meilen/CH Berankte Efeugitterkuben in München E feu schmiegt sich an, macht hässliche Flächen und Kanten lebendig und grün, integriert sie in ihre Umgebung. Efeu breitet sich horizontal teppichartig aus, wächst in die Höhe, berankt Hauswände und Mauern oder hängt in grünen Kaskaden herab. In einer beim römischen Schriftsteller Ovid nachzulesenden Geschichte wird beschrieben, wie die Bäume und Sträucher herbeieilen, um dem trauernden Orpheus mit ihrem Schatten Trost zu spenden. Nicht nur Eiche, Linde, Buche, Platane, Lorbeer und Buchs werden aufgezählt, sondern auch Efeu. LITERATUR Bärtels, A. (2001): Enzyklopädie der Gartengehölze Spellerberg, B. (1995): Gehölzsichtung Efeu. Bundessortenamt Hannover, Bund deutscher Baumschulen 16 Geschlossene Efeudecke auf einer Baumscheibe (Hansakareé, Hamburg) „Da bist gekommen auch du, schmiegfüßiger Efeu“, lautet die betreffende Textstelle. Wer sich schon einmal mit Efeu befasst hat, wird das Attribut „schmiegfüßig“ nicht nur als merkwürdige und amüsante Altertümlichkeit zur Kenntnis nehmen, sondern darin auch eine interessante und gut getroffene Charakteristik finden. Man kann sich an den kräftigen, schön geformten Blättern des Efeus, den bienenumschwirrten Blütendolden und den glänzend blau- schwarzen Früchten erfreuen, doch was uns den Efeu so besonders lobenswert macht ist seine „Schmiegfüßigkeit“. Efeu breitet sich nicht nur teppichartig aus oder erklimmt Hauswände, sondern mithilfe von entsprechenden Holz- oder Metallkonstruktionen kann es auch heckenartige Grünvolumen bilden, ist dabei jedoch im Wurzelbereich wesentlich anspruchsloser als eine „richtige“ Hecke. Selbst das Heranziehen eines „Topiary“ ist mit Efeu möglich, Cyclamen hederifolium beha wenn ein entsprechendes Metallgerüst als Stütze Hilfestellung leistet. Efeu für Problemstandorte Zur Begrünung schwieriger Standorte, wie zum Beispiel unter Birken oder Spitzahorn, eignet sich Efeu besonders gut, da er wie kaum ein anderes Gehölz Wurzeldruck verträgt und mit seinen Ranken Extremstandorte problemlos „überbrückt“. So können auch 5/2006 Efeu in kleinen Kübeln mit Rankgitter (Kopenhagen/DK) Efeu hat die Stützen dieses Vordachs in Lahr komplett berankt upten sich im Wurzelgeflecht Bereiche unter vorkragenden Bauteilen, die nicht mit Niederschlagswasser versorgt werden, oder andere Stellen, wo eine Bepflanzung nicht möglich ist, durch Efeuranken begrünt 5/2006 Hochbeet mit Efeu in Berlin werden. Bei größeren Flächen erfordert dies allerdings etwas Geduld und immer mal wieder eine lenkende Hand. Durch die Berankung von Zaunelementen oder Drahtge- Efeu als Unterpflanzung von Kugel-Robinien (Baden-Baden) flechtkörben kann mit Efeu auf engstem Raum eine „grüne Wand“ geschaffen werden. Auch hier kann man mit dem Lenken der Ranken schwierige Situationen überbrücken. Das Binden und Leiten der einzelnen Triebe nach der Pflanzung muss sorgfältig ausgeführt werden, sodass von Anfang an ein gleichmäßiges Bild entsteht und beim späteren Schnitt keine Triebe im Weg sind und abgeschnitten werden müssen. Wie bei einer Hecke, bedarf es auch bei Efeuwänden oder -flächen eines regelmäßigen Schnitts, um dauerhaft ein gleichmäßiges Bild sicherzustellen. Flächen möglichst selten betreten Efeu ist insgesamt sehr anspruchslos, er hat allerdings einen Schwachpunkt, den man kennen und respektieren sollte. Efeubegrünte Flächen sind empfindlich gegen Druck von oben, wie er etwa im Zuge von Pflegemaßnahmen beim Begehen oder Überfahren mit dem Schubkarren entsteht. Efeuflächen sollten möglichst selten betreten werden. Bei wiederholten Verstößen strafen uns die Pflanzen mit hässlichen, nicht wieder nachwachsenden Kahlstellen. Auch das unsanfte Herausrechen von Laub führt 17 PFLANZEN + SORTIMENTE zu Schädigungen. Es ist besser das Laub abzusaugen oder mit einem Gebläse zu entfernen. Efeu gehört zur Familie der Araliaceae, die schon vor Millionen Jahren auf der Nordhalbkugel verbreitet waren. Efeu ist der einzige bei uns hei- mische „Wurzelkletterer“. Das heißt, die Pflanze bildet sowohl Nähr- als auch Haftwurzeln. In der Pflanzenverwendung ist Efeu vor allem deswegen von großer Bedeutung, weil er als eine der wenigen immergrünen Kletterpflanzen bei uns in Mit- teleuropa winterhart ist und Standorte bis 1 800 m Höhe verträgt. Mit seinen Haftwurzeln kann Efeu an Bäumen und Mauern mehr als 20 m hoch klettern. Die umschlungenen Bäume werden durch den Efeu nicht geschädigt, sie können jedoch im Laufe der Jahre unter der immergrünen Last zusammenbrechen. Der Efeubewuchs, der den Baumstamm mit frischem Grün umgibt, wirkt zwar sehr schön, doch sollte man ihn unter Kontrolle halten und durch Hedera-Sortenübersicht Starke Sorten für den Praxiseinsatz Efeu ist nicht gleich Efeu. Neben den drei für die Gestaltung bedeutenden Arten stehen den Pflanzenverwendern zahlreiche aus dem in Mitteleuropa heimischen Hedera helix gewonnene Sorten zur Auswahl. Andreas Bärtels beschreibt die Ergebnisse einer Sortensichtung. Hedera hibernica Hedera ‘Wingertsberg’ Hedera ‘Woerner’ Hedera ‘Minima’ 18 V on Hedera sind eine Fülle von Sorten bekannt. Einige davon werden nur als Zimmerpflanzen kultiviert, nicht wenige aber auch als Freilandpflanzen. Unter diesen sind hier die von Interesse, die als Bodendecker und Kletterpflanzen zur Fassenbegrüngung gleichermaßen gut geeignet sind. Die in deutschen Baumschulen am häufigsten kultivierten Sorten von H. helix (15 Sorten), H. hibernica und H. colchia (die Art und 1 Sorte) sind von 1990 bis 1995 unter Federführung des Bundessortenamts, Hannover, und des Bundes Deutscher Baumschulen an insgesamt acht Standorten einer Prüfung auf ihre Eignung als Bodendecker und Fassadenbegrüner unterzogen worden. Die H.-helix-Sorten ‘Deltiodea‘, ‘Digitata Hesse’, ‘Green Ripple’ und ‘Odenwald’ wurden mit der Bewertung „Sorten für den Liebhaberbereich“ = S eingestuft. Die Sorten ‘Sagittifolia’ und ‘Thorndale’ bekamen die Note „gute Sorte“ = *. Neun Sorten von H. colchica, H. helix und H. hibernica wurden mit den Prädikaten „sehr gute Sorte“ = ** und „ausgezeichnete Sorte“ = *** bedacht. Sie werden hier stichwortartig beschrieben. Die Stammformv von H. helix wurde nicht in die Gehölzsichtung einbezogen. H. colchica, der Kolchische Efeu, wurde als „Liebhabersorte“ eingestuft. Die geprüfte H.-helix-Sorte ‘Remscheid’ war identisch mit der Sorte ‘Woerner’. ➜ H. colchica ‘Sulphur Heart’ Wuchs stark. Blätter 10 bis 13 cm lang, eiförmig, ungelappt, hellgrün mit großen, auffallenden gelben bis gelbgrünen Panaschierungen. Winterhärte sehr gut. Bewertung S/**. ➜ H. helix ‘Cathedral Wall’. Wuchs sehr stark, Klettervermögen sehr gut. Triebe dicht stehend, sich übereinander schiebend. Blätter 5 bis 11 cm lang, breit eiförmig bis schwach 5-lappig, Basis tief herzförmig, dunkelgrün, sich im Winter nicht verfärbend. Winterhärte gut. Bewertung ***. ➜ H. helix ‘Digitata’ (wird heute als Sorte von H. hibernica eingestuft). Wuchs sehr stark, dicht verzweigt, Klettervermögen gut. Blätter 5 bis 12 cm lang, 5- bis 7-lappig, Spreite konkav gewölbt, Mittel- und Seitenlappen fast gleich lang, dunkelgrün, keine Verfärbung im Winter. Bewertung ** ➜ H. helix ‘Minima’. Wuchs stark, Klettervermögen sehr gut. Triebe mit kurzen Internodien, deshalb dicht beblättert. Blätter 2 bis 4 cm lang, 5lappig, olivgrün, Nervatur heller, sich im Winter nur wenig verfärbend. Winterhärte sehr gut. Bewertung ** ➜ H. helix ‘Modern Times’. Wuchs ziemlich stark, Klettervemögen sehr gut. Triebe lang, anfangs wenig verzweigt. Blät- ter 5 bis 7 cm lang, im Umriss rundlich, schwach 3- bis 5-lappig, frischgrün, Nervatur heller und deutlich ausgeprägt, im Winter rotbraun. Winterhärte gut bis sehr gut. Bewertung ** ➜ H. helix ‘Wingertsberg’. Wuchs sehr stark, Klettervermögen sehr gut. Triebe ziemlich gut beblättert. Blätter 3,5–7,5 cm lang, 5-lappig, Mittellappen etwas verlängert, glänzend hell- bis mittelgrün, im Winter rotbraun. Winterhärte gut bis sehr gut. Bewertung *** ➜ H. helix ‘Woener’. Wuchs sehr stark, Klettervermögen sehr gut. Triebe lang, kräftig. Blätter 3 bis 5 cm lang, 3-lappig, Mittellappen breit keilförmig, dunkelgrün mit helleren Nerven, im Winter rotbraun. Winterhärte sehr gut. Bewertung *** ➜ H. hibernica. Wuchs sehr stark, langtriebig, bis 20 m hoch kletternd oder kriechend und dann dicht mattenförmig wachsend. Blätter an jungen Trieben 5 bis 8 cm lang, 5 bis 4 cm breit, 5-lappig, Lappen spitz dreieckig, der mittlere Lappen am längsten, dunkelgrün, Nervatur hell graugrün. Der Irische Efeu hat seine natürliche Verbreitung an der Atlantikküste von Spanien, WFrankreich und Irland, auf den Inseln im Ärmelkanal und in W-England von Cornwall bis Hampshire. Bewertung ***. Text und Bilder: Andreas Bärtels, Waake 5/2006 kräftigen Rückschnitt rechtzeitig in seine Schranken weisen. Bei der Berankung von Fassaden oder sonstigen Bauteilen sollte man im Vorfeld gut überlegen, ob und wo der Efeu sich breit machen darf, da die Pflanze eine enorme Wuchskraft entwickelt. Zwar sind Äste und Blattwerk bei Bedarf ohne große Schwierigkeiten zu beseitigen, doch die Haftwurzeln, die einen beabsichtigten Neuanstrich holzverschalter oder verputzter Flächen behindern, kann man nur mit großer Mühe entfernen. Einer bautechnisch intakten Fassade fügt Efeu keinen Schaden zu – im Gegenteil: Beschattung und Isolierung wirken positiv und der Efeupelz bietet gleichzeitig Lebensraum und Nistplatz für viele Vögel und Insekten. Neu gepflanzter Efeu tut sich oft schwer Neu gepflanzter Efeu tut sich oft etwas schwer und lässt mit seiner manchmal zu Beginn noch schwachen Wüchsigkeit leicht Enttäuschung aufkommen. Spätestens im dritten Jahr nach der Pflanzung entwickelt er sich dann jedoch mit ungestümer Kraft und vereinnahmt den zur Verfügung stehenden Lebensraum mit einer Ausschließlichkeit wie kaum eine andere Pflanze. Sofern der Mensch nicht eingreift, wird der Efeu den in Besitz genommenen Standort für viele Jahrzehnte nicht mehr freigeben. Efeu beginnt erst im Alter von acht bis zehn Jahren zu blühen. Als einer der wenigen Herbstblüher ist die farblich unscheinbare, aber sehr reiche Blüte ein wichtiger Nektarlieferant für Insekten. Die Frucht ist zunächst grünlichgelb und reift im nächsten Jahr zum schwarzblauen Fruchtschmuck. Die Früchte sind wie die gesamte Pflanze schwach giftig. Zu den Eigenarten des Efeus gehört ein als „Heteropyllie“ bezeichnetes Phänomen, mit dem sich schon Goethe in seinen Naturforschungen befasste. Jeder, der Efeupflanzen unterschiedlichen Alters aufmerk- 5/2006 Efeu und Buchs als Bodendecker in einem Hausgarten in Hannover sam betrachtet, wird feststellen, dass die Pflanzen mit zunehmendem Alter die Form ihrer Blätter verändern. Der typische gelappte Blattumriss der Jugendform weicht im Alter immer mehr einer rauten- bis herzförmigen und damit vollkommen anderen Blattkontur. Die Triebe der Altersform sind nicht mehr so starkwüchsig und entwickeln sich eher strauchartig statt zu klettern. Im Alter steckt die Pflanze ihre Kraft nicht mehr in die Schönheit der Blattform, sondern in Blüte und Fruchtbildung. Am Boden und im Schatten behält Efeu oft jedoch die Erscheinungsformen des Jugendstadiums. Auch die nach einem kräftigen Rückschnitt sich frisch entwickelnden Triebe haben Blätter mit gelapptem Umriss. Efeuarten Die gängigsten, heute bei uns im Pflanzenhandel angebotenen Efeuarten sind Hedera helix (Gemeiner Efeu), H. colchica (Kolchischer Efeu) und H. hibernica (Irischer Efeu). H. helix ist die frosthärteste Art, die im Halbschatten ebenso gut gedeiht wie im vollen Schatten (siehe dazu Kasten auf Seite 18). H. colchica hat im Vergleich mit dem gemeinen Efeu, deutlich größere, aber dafür weniger prägnant ausgeformte Blätter, ist frostempfindlicher und empfiehlt sich nur für milde Lagen. H. hibernica hat ebenfalls größere, dunkelgrüne Blätter, ist starkwüchsig und gilt als besonders guter Bodendecker. Seit vielen Jahren wird von den Baumschulen neben kriechenden und gestäbten Efeupflanzen auch „StrauchEfeu“ angeboten. Dabei handelt es sich um die durch vegetative Vermehrung entstandene Altersform des Efeus. StrauchEfeu wird in den Baumschulen unter dem Namen Hedera helix Arborescens“ (oder „Hedera colchica Arborescens“) geführt. Mit ihrem lockeren Habitus, dem herbstlichen Blütenschmuck und den Fruchtdolden sind diese, in den handelsüblichen Höhen zwischen 30 und 70 cm angebotenen Sträucher zur großflächigen Unterpflanzung geeignet. Sie erfreuen sich aber inzwischen im Herbst auch als einzelne, immergrüne Kübelpflanzen zunehmender Beliebtheit. Strauch-Efeu kann bis zu 2 m hoch werden, verliert jedoch beim weiteren unkontrollierten Wachstum seinen kompakten Habitus, der nur durch einen kräftigen Rückschnitt wieder hergestellt werden kann. Durch die natürliche Neigung des Efeus zu Blattmutationen konnten zahlreiche Sorten selektiert werden, wovon die meisten aber mangels Winterhärte in Mitteleuropa nicht verwendet werden können. Dennoch stehen auch in unserem Klimabereich etliche Sorten zur Verfügung. Vor allem Hedera helix wird in vielen, nach Blattgröße, Blattfärbung und Blattform unterschiedlichen Selek- tionen angeboten. Bei der Sortenauswahl sind auch die spezifischen Rankeigenschaften und die jeweilige Eignung als Bodendecker zu beachten. Efeu bevorzugt schattige Standorte, verträgt aber bei ausreichender Bodenfeuchtigkeit auch sonnige Plätze, vor allem im Altersstadium. Da die Haftwurzeln lichtempfindlich sind und auf der lichtabgewandten Seite, am besten im Vollschatten, gebildet werden, kann an sonnigen Standorten die Rankfreudigkeit deutlich nachlassen. Bei Neupflanzungen empfiehlt sich, je nach Gegebenheiten, ein Schutz vor Wintersonne mit einem Beschattungsnetz. Die immergrünen Blätter geben Verdunstungswasser ab und die schwachen, noch nicht in die Tiefe entwickelten Wurzeln können aus dem gefrorenen Boden kein Wasser nachziehen; sodass die Pflanzen bei längerem Frost zwangsläufig vertrocknen. Erfahrene Gärtner raten wegen der zu befürchtenden Winterschäden bei Efeu grundsätzlich von einer Herbstpflanzung ab. Für viele Menschen hat Efeu das Attribut „Friedhofspflanze“ und wird deswegen abgelehnt. Bei diesem unreflektierten Vorurteil wird übersehen, dass Efeu schon seit Generationen auf unseren Friedhöfen aus der Mode gekommen ist. Efeu ist heute in Villengärten und Parks genauso oft vertreten wie in innerstädtischen Höfen oder bei öffentlichen Grünflächen. Efeu umrankt den Müllschrank beim Reihenhaus, begrünt die Tiefgaragenböschung und die Betonröhre der Tunneleinfahrt, legt sich um die Holzpfosten des Carports und erklimmt die Lärmschutzwand neben der Autobahn, und ganz selten darf sich Efeu auch noch unbehelligt an einem Grabstein festmachen. Die Vielseitigkeit des Efeus ist unübertroffen und als grünes Gestaltungsmittel ist es unverzichtbar. Text und Bilder Günter Mader, Ettlingen Elke Zimmermann, Itzlings 19