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Retaxation
Rückforderung von Vergütungsansprüchen der Apotheker
durch die GKV
Brancheninformation
Apotheken
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Apotheker sehen sich häufig einer unangenehmen Praxis der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgesetzt.
Grundsätzlich behalten sich die GKV bei der Begleichung der Forderungen von Apothekern aus Arzneimittellieferungen eine spätere Überprüfung vor. Stellt die GKV Fehler fest, fordert sie die Vergütung ganz oder teilweise zurück
und rechnet die vermeintlichen Gegenansprüche in der Regel mit späteren Vergütungsansprüchen der Apotheker
auf. Dieser Vorgang wird auch Retaxation genannt und betrifft durchschnittlich 0,5 Prozent aller Rezepte.
Bei den Fehlern, die einem Apotheker bei der Taxierung unterlaufen können, ist die Unterscheidung zwischen Verstößen gegen Abrechnungs- und Abgabevorschriften bedeutend. Im ersten Fall wird die Rechnung von der GKV regel­
mäßig um den fehlerhaften Betrag korrigiert oder eine Möglichkeit der Nachbesserung eingeräumt. Bei Verstößen
gegen Abgabevorschriften kann es hingegen zur sogenannten Null-Retaxation kommen. Die GKV retaxiert dann den
Gesamtbetrag.
Diese Broschüre gibt Ihnen einen Überblick, in welchen typischen Fällen die Retaxierung durch die GKV
droht. Weiterhin werden Wege aufgezeigt, wie sich dies nach Möglichkeit vermeiden lässt, aber auch, wie die
gegenseitigen Ansprüche durchzusetzen sind.
Verstöße gegen
Abrechnungsbestimmungen
Herstellerabschlag
Taxpreis und bei Rechnungslegung an die GKV von der
Rechnung abzuziehen. Der Apotheker erhält den Abschlag
schließlich vom jeweiligen pharmazeutischen Unternehmer
zurück. Die Nichtabsetzung des Herstellerabschlages berechtigt die GKV zur Retaxierung. Das Bundessozialgericht
Der Herstellerabschlag ist gemäß § 130a Abs. 1 SGB V der
vom Apotheker prozentual zu erhebende Abschlag vom
(BSG) hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass
es für die Frage, ob ein Herstellerabschlag abgesetzt werden muss, auf den konkreten Vertriebsvorgang ankommt.
Brancheninformation Apotheken: Retaxation
Kontakt
Rechtsanwalt und Steuerberater Stefan Kurth
Telefon 0351 340 78 0
[email protected]
Auch wenn Vertriebswege gestattet sind, bei denen kein
Abzug des Herstellerrabatts vorzunehmen ist, lässt dies
die Pflicht dazu nicht generell entfallen. Wird zum Beispiel
eine Blutzubereitung aufgrund vertragsärztlicher Verordnung
in der Apotheke an den Patienten abgegeben, ist der Herstellerabschlag zu berücksichtigen, auch wenn dies bei der
Abgabe an ein Krankenhaus nicht der Fall ist.
Generikarabatt
Streitfälle zur Berücksichtigung des Generikarabatts resultieren aus der unterschiedlichen Auffassung pharmazeutischer
Hersteller und GKV zu den Voraussetzungen, wann es sich bei
einem abgegebenen Arzneimittel um ein patentfreies, wirkstoffgleiches Arzneimittel handelt (§ 130a Abs. 3b S. 1 SGB V).
Der einzuräumende Rabatt beträgt in diesem Fall 10 Prozent
beziehungsweise zurzeit sogar befristet 16 Prozent (§ 130a
Abs. 1a SBG V).
Die Hersteller sind gesetzlich verpflichtet, auf den Arzneimitteln
anzugeben (§131 Abs. 5 Satz 1 SGB V), ob eine Befreiung vom
Generikarabatt gegeben ist. Auch der Rahmenvertrag 2011
vereinbart in § 8b eine Zugrundelegung der durch den pharmazeutischen Unternehmer gemeldeten Daten für die Abrechnung
durch die Apotheke.
Verstoß gegen Ordnungsvorschriften
Liegt lediglich ein Verstoß gegen eine Ordnungsvorschrift des
jeweiligen Arzneilieferungsvertrages (ALV) vor, wie zum Beispiel die Versäumung einer Frist zur Rechnungslegung, rechtfertigt dies keine Retaxierung durch die Krankenkasse. Nach
der Rechtsprechung des BSG handelt es sich dabei nämlich
nicht um eine Abgabevorschrift, sondern um eine Abrechnungsbestimmung. Die Krankenkasse kann jedoch bereits im
Vorfeld Abzüge vornehmen. Einzelheiten ergeben sich aus
den ALV, die bei der Versäumung der einmonatigen Rechnungslegungsfrist des Apothekers zum Teil Abzüge von
10 Prozent oder bis zu EUR 50,00 je Verordnungszeile vor­
sehen. Wirtschaftlich ist dann kein Rohertrag mehr erzielbar.
Verstöße gegen
Abgabe­­bestimmungen
Liegt ein Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Abgabevorschriften vor, erwirbt der Apotheker nach der Auffassung der Gerichte weder einen Anspruch auf Erstattung
seiner Auslagen, noch auf den bei einer richtigen Abgabe
entstandenen Vergütungsanspruch. Damit wird nicht nur ohne
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Rechtsgrund geliefert, sondern auch die Kasse rechtsgrundlos bereichert. Dabei ist es nach Auffassung des BSG allein
wegen der Steuerungsfunktion der inhaltlichen und formalen
Voraussetzungen nicht möglich, Gründe für ein anderes
Abgabeverhalten im Einzelfall nachzuschieben.
Diese Rechtsauffassung ist zumindest dann zweifelhaft, wenn
durch die Belieferung die GKV von ihrer Sachleistungspflicht
nach § 31 Abs. 1 SGB V befreit wird. Daher ist diese Auffassung zunehmend angegriffen worden, da die Retaxation über
den Ersatz eines möglichen entstehenden Schadens durch die
Falschabgabe zum Sanktionsmedium mutiere. Sanktionen sind
jedoch den vertraglichen Regelungen der Parteien vorbehalten.
Daher ist nach unserer Auffassung die Null-Retaxation nur
in Fällen rechtswidrig bewirkter Leistungen zulässig, also
wenn dem Patienten kein Sachleistungsanspruch zustand.
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Die zulässige Null-Retaxation bezieht sich dabei auch auf die
durch den Patienten in der Apotheke an die Krankenkasse
geleistete Zuzahlung. Nach Auffassung des BSG ist es nicht
ausreichend, wenn der Apotheker sich ausschließlich an
die gesetzlichen Vorgaben hält, soweit durch eine kollektivvertragliche Regelung (zum Beispiel in einem ALV) weiter­
gehende konkrete Bestimmungen getroffen worden sind. Die
Vorschriften sind daher kumulativ anzuwenden.
Fehlerhafte Verordnungen
Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 des Rahmenvertrages muss die
Verordnung mit dem dafür vorgesehenen Formblatt im Original verwendet werden und die Unterschrift des Arztes, das
Ausstellungsdatum sowie den Vertragsarztstempel oder einen
entsprechenden Aufdruck zwingend enthalten. Zudem sind
Mindestangaben über den Versicherten erforderlich.
Zusätzlich kann der jeweils gültige ALV eines Landes ergänzende Regelungen enthalten. Bei Fehlen der Mindestangaben droht dem Apotheker die Retaxation durch die Krankenkasse. Dies gilt auch, wenn der verordnende Vertragsarzt
und nicht der Apotheker Fehler bei der Erstellung oder Bearbeitung der Verordnung gemacht hat. Einige ALV gestatten
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zugunsten des Apothekers die Heilung von Fehlern in Zusatzangaben zur Vermeidung der Retaxierungsfolgen.
Ist die Monatsfrist zur Rezepteinlösung (BTM: 7 Tage) abgelaufen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 Rahmenvertrag) oder wurde nachträglich eine Mengenabgabe verändert, ist der Apotheker
verpflichtet, sich die weitere Verwendung beziehungsweise
die Veränderung der Verordnung autorisieren zu lassen. Dies
erfolgt ausschließlich durch eine erneute schriftliche Bestätigung des Arztes. Einige ALV sehen für den Fall des Überschreitens der Monatsfrist das Recht vor, eine Vertragsstrafe
zu verhängen. Versieht der Arzt das Rezept erneut mit Unterschrift und Datum, liegt eine Änderung der Verordnung
vor, so dass auch die Vertragsstrafenregelung nicht eingreift.
Entsprechendes gilt, wenn die Frist aus Gründen der
Beschaf­fung oder Herstellung nicht eingehalten wurde und
auf Verlangen dies auch nachgewiesen werden kann.
Bei gefälschten Verordnungen wird der Vergütungsanspruch regelmäßig davon abhängig gemacht, ob die Fälschung für den Apotheker bei Beachtung der im Verkehr
erforderlichen Sorgfalt erkennbar war. Fallen dem Apotheker
Unregelmäßigkeiten auf (zum Beispiel eine Abweichung der
Arztnummer auf dem Vordruck von der Nummer im Stempel
oder das Fehlen der Betriebsstätten-Nummer), ist es zwingend erforderlich, vor Abgabe eines Arzneimittels mit dem
ausstellenden Arzt Kontakt aufzunehmen und gegebenenfalls
für eine Korrektur der Verordnung zu sorgen. Eine telefonische – auch dokumentierte – Rücksprache allein ist nicht
ausreichend, um den Vergütungsanspruch zu beweisen und
durchzusetzen.
Verstöße bei der Abgabe eines
Arzneimittels
Der Apotheker darf ein Medikament nur in den Verkehr
bringen, wenn es zugelassen ist. Als Pharmazeut hat er insbesondere kontinuierlich zu prüfen, ob die Zulassung eines
Arzneimittels ruht, verweigert oder entzogen wurde (§§ 21
Abs. 1, 30 Abs. IV AMG). Wenn ein lediglich im Ausfuhrland
zugelassenes Medikament aufgrund ärztlicher Verordnung
nach der Ausnahme­regelung des § 73 Abs. (3) AMG eingeführt wird, ist eine Abgabe nur zulässig, wenn das Zulassungsverfahren in Deutschland oder der EU noch nicht
begonnen und/oder noch nicht abgeschlossen wurde. Auch
wenn dem Arzneimittel die Zulassung endgültig versagt
worden ist, diese ruht, zurückgenommen oder wider­rufen
wurde, erwirbt der Apotheker keinen Ver­gü­tungs­anspruch.
kein entsprechender Vertrag vorliegt, darf der Apotheker aus
den drei günstigsten Arzneimitteln auswählen (§ 4 Abs. 2, 4
Rahmenvertrag). Dies gilt auch, wenn das rabatt­begünstigte
Arzneimittel nicht verfügbar und die sofortige Abgabe erforderlich ist. Diesen Fall hat der Apotheker auf der Verordnung
zu vermerken (§ 4 Abs. 3 Rahmenvertrag) und bei Aufforderung nachzuweisen.
Zum Teil gestatten die Arzneilieferverträge die Abgabe von
durch § 73 Abs. 3 AMG erfassten Medikamenten nur bei
Vorliegen einer bestimmten Indikationsstellung, die aber in der
Regel durch den Apotheker nicht zu beurteilen ist. Eine Ab­
gabe darf daher nur bei Vorliegen einer Genehmigung der
jeweiligen GKV oder nach Rücksprache mit dieser erfolgen.
Auch wenn der Vertragsarzt die Konkretisierung bereits durch
Angabe eines bestimmten Medikamentes vorgenommen hat,
bleibt der Apotheker verpflichtet, das rabattbegünstigte Medikament auszuwählen (sog. Substitution gem. § 129 Abs. 1
Nr. 1b SGB V). Sollte dieses nicht in Frage kommen, steht ihm
neben den drei günstigsten Arzneimitteln auch das Verordnete
zur Auswahl. Die Substitution kommt jedoch dann nicht in
Betracht, wenn der Arzt die Verordnung eines anderen Medikamentes auf dem Rezept durch Streichen des „Aut-idem“
Vermerks ausgeschlossen hat. Darüber hinaus muss der
Ersatz mit dem verordneten Arzneimittel in Wirkstärke, Dar­
reichungsform und Packungsgröße identisch sein. Bezüglich
letzterem ist die Packungsgrößenverordnung (N1 +/- 20 Prozent, N2 +/- 10 Prozent, N3 +/- 5 Prozent) maßgeblich. In
Zweifelsfällen sollte der Apotheker von den ärztlichen Angaben
in der Verordnung ausgehen. Der Arzt kann auch eine Stückzahl ausdrücklich verordnen. Es gilt jedoch primär der Rabattartikel, wenn dieser sich in der Bandbreite der Packungsgrößenverordnung bewegt (§ 4 Abs. 1 c) des Rahmenvertrages.
Des Weiteren darf der Apotheker Arzneimittel bis auf wenige
Ausnahmen wie beispielsweise die Botenzustellung nur in
den Räumen seiner Apotheke in den Verkehr bringen (§ 43
Abs. 1 AMG, § 17 Abs. 1 ApBetrO). Der Versand ist nur mit
behördlicher Genehmigung möglich (§ 43 Abs. 1 AMG, § 11a
ApoG). Auch die direkte Lieferung und Abgabe an den Arzt
ist nicht gestattet, (Ausnahme: Zytostatika § 11 Abs. 2 ApoG)
da einige Gerichte hierin einen zur Retaxation berechtigenden
Verstoß gegen die freie Apothekenwahl und die Pflicht zur
Abgabe in der Apotheke erkannt haben.
Verstöße gegen das
Wirtschaftlichkeitsgebot
Ist der Preis eines Arzneimittels weder gesetzlich noch
vertraglich geregelt, muss der Apotheker zunächst Kontakt
mit der Kasse aufnehmen, um den Preis festzulegen, da ihm
ansonsten die Retaxierung durch die GKV droht (§ 3 Abs. 1
Satz 2 Rahmenvertrag).
Enthält die vom Vertragsarzt ausgefertigte Verordnung lediglich eine Wirkstoffbezeichnung (generische Bezeichnung) oder
ist die Aut-idem-Regelung zugelassen, wählt der Apotheker
das Medikament selbst aus (sog. Konkretisierung). Vorrangig
hat er dabei ein Arzneimittel auszuwählen, für das ein Rabattvertrag mit der jeweiligen Krankenkasse besteht. Nur wenn
Unabhängig von einer evtl. Substitution gilt, dass die nächstkleinere Packung abzugeben ist, wenn die verordnete
N-Packung nicht im Handel ist. Entspricht die Stückzahl­
verordnung keinem N-Bereich nach der Packungsgrößen­
verordnung (§ 6 Abs. 2 Rahmenvertrag), sind bei RX-Ver­
ordnungen nach wirtschaftlicher Auswahl Packungen bis
maximal zur verordneten Menge und der Höchstmenge
abzugeben. Bei OTC-Verordnungen ist die nächstliegende
Packungsgröße nach oben oder unten zu nutzen.
Zudem muss das Ersatz-Medikament eine Zulassung für
den gleichen Indikationsbereich wie das Originalpräparat
haben (§ 129 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Da dieser für den Apotheker normalerweise gar nicht erkennbar ist, wäre er somit
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verpflichtet, den Indikationsbereich in Erfahrung zu bringen,
bevor er seine Auswahl trifft. Durch den Rahmenvertrag ist
verbindlich bestimmt worden, dass eine Substitution bereits
bei einem einzigen übereinstimmenden Indikationsbereich
vorzunehmen sei (so § 4 Abs. 1 e) des Rahmenvertrages,
also auch dann, wenn das Arzneimittel über keine Zulassung
für die zu therapierende Indikation verfügt.
Bezüglich einer fehlerhaften Substitution oder Konkretisierung, haben der DAV und die TK Ende 2008 eine Musterstreitvereinbarung getroffen, der auch die KKH/DAK/Hkk/
Schwäbisch Gmünder/Hamburg-Münchner beigetreten sind.
Sie soll die Zulässigkeit der Null-Retaxation bei Nichtabgabe
von Rabattarzneimitteln gerichtlich klären. Bis dahin retaxieren die Kassen bei den gegenüber ihrem LAV beigetretenen
Apotheken vorläufig 50 Prozent des Taxbetrages, aber maximal EUR 25.
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Arzneimittel wird vom
Leistungskatalog nicht erfasst
Bestimmte gemäß § 34 SGB V aufgelistete Arzneimittel sind
von der Versorgung durch die GKV ausgeschlossen und können diesen gegenüber bei Abgabe an den Patienten nicht
abgerechnet werden. Auch in den ergänzenden ALV können
weitere Tatbestände aufgeführt sein, die den Apotheker verpflichten, die Verordnungsfähigkeit einer Arznei zu prüfen.
Darüber hinaus kann nur der Arzt von der GKV in Anspruch
genommen werden. Zu den gemäß § 34 Abs. 1 SGB V nicht
abrechenbaren Arzneien gehören:
+ nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel (§ 34 Abs.1 Satz
1 SGB V), Ausnahmen gelten unter Umständen für schwerwiegende Erkrankungen sowie für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und für Jugendliche bis zum vollendeten
18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen
+ verschreibungspflichtige Arzneimittel, wenn sie an Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, abgegeben
werden und zur Behandlung bestimmter Alltagserkrankungen eingesetzt werden sollen (§ 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V)
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+ Arzneimittel zur Erhöhung der Lebensqualität (§34 Abs. 1
Satz 7f SGB V)
Darüber hinaus kann auf Grundlage von §§ 34 Abs. 3, 92 SGB
V der gemeinsame Bundesausschuss mit dem Bundesministerium für Gesundheit Fertigarzneimittel wegen Unwirtschaft­
lichkeit von der Versorgung ausschließen. In den ALV ist regelmäßig eine bestimmte Form der Bekanntmachung dieser in der
Verordnung geführten Arzneimittel vorgesehen. Wird diese
nicht eingehalten, behält der Apotheker seinen Vergütungs­
anspruch gegenüber der GKV. Ausnahmen von den vom Leistungskatalog ausgeschlossenen Arzneimitteln können in den
ALV vorgesehen sein.
Prozessuale Fragen
Gegen die Taxbeanstandung, die in der Regel binnen 12 Monate nach Eingang der rechtsverbindlichen Datenträger bei
der GKV möglich ist, kann der Apotheker auf Grundlage des
jeweils gültigen ALV Einspruch einlegen. Dabei sind insbesondere die jeweiligen Form- und Fristenregelungen zu beachten,
die zwischen den einzelnen Lieferverträgen differieren. Die
Frist sollte mindestens einen Monat, normalerweise jedoch
zwei bis drei Monate (Ersatzkassen) betragen.
Der Einspruch ist zu Beweiszwecken in schriftlicher Form zu
erteilen, auch wenn nicht alle ALV dies vorschreiben. Wird die
Frist für den Einspruch versäumt oder überschritten, gilt die
Taxbeanstandung als anerkannt.
Versäumt die GKV wiederum fristgerecht – in der Regel
binnen weiterer zwei bis drei Monate nach Eingang des
Einspruches – über diesen zu entscheiden oder dazu Stellung
zu nehmen, ist er erfolgreich. Bestandskräftig wird die
Entscheidung damit nur durch Fristversäumnis oder antrags­
gemäße Abhilfe. Die Apotheker erwerben nach der Rechtsprechung keinen besonderen Vertrauensschutz, wenn
die GKV über längere Zeiträume Arzneimittellieferungen
anstands­los bezahlt. Einen Einspruch mit dieser Begründung
zu erheben, hat keine Aussicht auf Erfolg.
Sollte der Einspruch erfolglos bleiben oder ansonsten Streit über
Zahlungsansprüche bestehen, bleibt dem Apotheker der Rechtsweg vor die Gerichte. Zuständig für Streitigkeiten zwischen GKV
und Apotheker ist nach Durchführung des Einspruchverfahrens
das Sozialgericht. Der Apotheker kann sogleich seinen Anspruch
im Wege der Leistungsklage geltend machen.
Die von den Krankenkassen praktizierte Aufrechnung zwingt
den Apotheker, seine Ansprüche zu verfolgen. Die Zulässigkeit der Geltendmachung vermeintlicher Ansprüche durch
Aufrechnung ist aufgrund des quasi bestehenden ÜberUnterordnungsverhältnisses und der Einordnung der Leistungsbeziehung seit dem Jahr 2000 ins öffentliche Recht
zunehmend in Frage gestellt worden. Zudem nehme die
Krankenkasse nach § 130 Abs. 3 SGB V eine „Skonto“-Regelung in Anspruch, woraus auch die abschließende Prüfpflicht
bei Zahlungsausgleich folge. Daraus ergebe sich ein Auf­
rechnungsverbot der Krankenkasse mit der Folge, dass diese
im Klagewege ihre Ansprüche verfolgen und durchsetzen
müsste. Prozessökonomische Betrachtungen würden sich
damit unabhängig von der materiellen Rechtslage umkehren.
Die maßgeblichen Regelungen zur Arzneimittelabgabe finden
sich im Sozialgesetzbuch V (SGB V), Arzneimittelgesetz (AMG)
und dem Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung, der
zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und
dem Deutschen Apothekerverband e. V. auf Grundlage des
§ 129 Abs. 2 SGB V geschlossen wurde. Dieser wird auf Landesebene regelmäßig durch die Arzneilieferungsverträge (ALV,
§ 129 Abs. 5 SGB V) ergänzt. Im Zweifelsfall ist der Rahmen
vertrag maßgeblich. Die ALV werden zwischen den jeweiligen
Krankenkassen und den Apothekerverbänden geschlossen.
Anwendbar ist bei den Ersatzkassen der bun­­des­einheitliche
ALV; bei den Primärkassen der ALV, in dessen Gültigkeitsbereich der Sitz der Apotheke liegt, in der das von der Retaxation
betroffene Arzneimittel abgegeben wurde. Dies gilt auch dann,
wenn der Versicherte bei einer Krankenkasse versichert ist, die
außerhalb dieses Bereiches liegt oder er selbst dort ansässig ist.
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