Die Räuber des Runn
Transcrição
Die Räuber des Runn
ANGELN I Reisen Die Räuber des Runn Fotos: Tobias Norff (3), Christopher Paschmanns (2) Unzählige Buchten, flache und tiefe Bereiche, idyllische Nebengewässer, Seerosenfelder, Inseln und Schilfgürtel – der riesige Runn ist an Abwechslung kaum zu übertreffen. Und sein Räubergehalt? Beeindruckend! Christopher Paschmanns und Tobias Norff haben das schwedische Top-Gewässer besucht 68 Rute & Rolle Haben Sie schon mal einen so hübschen Hecht gesehen? Wir nicht! Reich an Inseln – der Runn Meterhecht im Abendlicht: Er biss beim Schleppen dicht über Grund Alles perfekt! Tolle Boote und komfortable Ferienhäuser direkt am Wasser Rute & Rolle 69 ANGELN I Reisen S Barschberge und ausgedehnte Plateaus. Immer wieder sehen wir gute Fischanzeigen an den Kanten und auch im freien Wasser. Der Eindruck des perfekten Hecht-Gewässers verfestigt sich weiter. Hier kann man als Raubfischangler glücklich werden – egal, ob man am liebsten mit Jerkbaits in flachen Buchten fischt, mit Gummiködern die Kanten absucht oder das freie Wasser beim Schleppen mit Wobblern durchkämmt. Der Runn bietet perfekte Strukturen für alle Arten des Hechtfischens! Allerdings sollten während unseres Aufenthalts nur wenige davon zum Erfolg führen... Viel Wasser, viel Fisch Obwohl der Runn mit einer Fläche von 68 Quadratkilometern (6800 Hektar) wirklich riesig ist, kommt er uns kleiner vor, denn wir erfassen immer nur einen kleinen Teil des Ganzen auf einmal. Zu verschachtelt schmiegt sich das Gewässer in die dicht bewaldete Landschaft der Provinz Dalarna. Zum Runn zählen einige Nebengewässer, die in direkter Verbindung mit ihm stehen. Jeder einzelne von diesen wäre schon Guide Mathias ist am Runn aufgewachsen und ein echter Hecht-Freak eine Reise wert. Nachdem wir einige heiße Ecken abgefahren sind, die Mathias für uns im kombinierten Echolot-GPS-Gerät abgespeichert Fotos: Christopher Paschmanns (3), Tobias Norff (1) o sieht es aus – das perfekte Hechtgewässer! Das ist mein erster Gedanke, als ich am frühen Morgen mit einem dampfenden Becher Kaffee leicht fröstelnd auf der Terrasse unseres Ferienhauses stehe. Spät in der Nacht sind Christopher und ich am Runn angekommen und sehen den riesigen See nun zum ersten Mal im Tageslicht. Wie gewaltig er ist, wird uns allerdings erst richtig klar, als wir kurze Zeit später zusammen mit Guide Mathias zu einer ersten Erkundungstour aufbrechen. Mit 100 Pferdchen am Heck gleiten wir über spiegelglattes Wasser. Das Gelb und Rot der Bäume leuchtet im warmen OktoberLicht. Wir fahren vorbei an unzähligen kleinen und großen Buchten, Inseln und Steinhaufen, die aus dem Wasser ragen. Wir sehen prägnante Landzungen, flache Schilfecken und kleine Seerosenfelder. Ohne Ende Ecken, die zu schreien scheinen: Wirf mich an! Immer wieder schweift der Blick ab – von der wunderschönen Landschaft aufs Echolot. Was sich über Wasser andeutet, findet unter Wasser seine Fortführung: Der Grund des maximal 32 Meter tiefen Gewässers ist voller Strukturen: Kanten, Der erste Hecht der Tour – und gleich ein Meterfisch. Tobias fing ihn auf Gummi hart am Grund 70 Rute & Rolle hat, steuert er das Boot nun in einen dieser Seen. Im Vikasjön wollen wir die ersten Würfe machen. Wir sind heiß – und werden noch heißer beim Blick aufs Echolot. Direkt hinter der Durchfahrt zum Runn erstreckt sich eine große, tiefe Bucht „Hier sammeln sich im Herbst die Weißfische", erklärt Mathias und deutet aufs Echolot. Alles voll mit Anzeigen, unter den großen Kleinfischwolken immer wieder beeindruckende Sicheln. Der E-Motor im Bug gleitet ins Wasser, Mathias hält das Boot per Fernbedienung am Handgelenk auf perfektem Kurs – immer die Kante entlang. Hecht-Angeln auf höchstem Niveau! Der Guide beginnt mit Jerkbaits und empfiehlt uns, es ebenfalls im Mittelwasser zu probieren. Wir folgen dem Rat des am Runn aufgewachsenen Hecht-Freaks und klinken Jerkbaits und Wobbler in die Karabiner. Beim Fischen kann ich kaum den Blick vom Echolot lösen – so viel Fisch! Jede Sekunde rechne ich mit dem Einschlag. Doch die Bisse bleiben aus. Irgendwas machen wir falsch. Das kann gar nicht sein, dass wir hier keinen Biss bekommen. Christopher und ich wechseln auf Gummifisch. Vielleicht kleben die Räuber am Grund und sind einfach nicht bereit, sich für einen Happen zu bewegen. Laut Mathias erlebt Dalarna gerade einen außergewöhnlich kalten Oktober. Nachts liegen die Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt, tagsüber nur knapp darüber. Vielleicht schmeckt das den Entenschnäbeln nicht. Zwei Fehlbisse auf Gummi verraten: Wir sind auf dem richtigen Weg! Einstieg mit Metern Ich wechsle von einem natürlich aussehenden Gummifisch auf eine giftgrüne Weichplastikkreatur mit zwei Sichelschwänzen. Vielleicht lassen sich die Hechte davon aus der Reserve locken. Nach dem vierten oder fünften Wurf schlägt es ein! Direkt am Boot schnappt der Räuber zu. Kurze Zeit später schauen wir zu dritt in den Kescher. Da liegt er, unser erster Runn-Hecht – knapp über einen Meter lang! Ein schnelles Foto, dann darf der Hecht wieder schwimmen. Catch and release (fangen und zurücksetzen) ist Pflicht am Runn. Nur für den eigenen Verzehr darf ein Räuber pro Person am Tag entnommen werden. Eine halbe Stunde später reißt Christopher im Bug die Rute hoch. Als der Hecht nach kurzem Drill in den Maschen liegt, sehen wir uns an, grinsen und schütteln die Köpfe. Hecht Nummer zwei bringt es auf 107 Zentimeter. Was für ein unglaublicher Einstieg! Der erste Tag, die ersten Fische der Tour – beide über Die Top-Taktik: Vertikalfischen mit Schaufelschwanzfischchen Inseln, Steinfelder, Buchten und Schilfgürtel machen aus dem Runn ein extrem abwechslungsreiches Traumgewässer Rute & Rolle 71 ANGELN I Reisen der magischen Meter-Marke. Hammer! Aber wir sind uns einig: So kann es nicht weitergehen. Das wäre zu schön, um wahr zu sein. Und wir sollten (leider) Recht behalten. Im Laufe des Tages kommen zwar noch weitere sechs Hechte ins Boot, aber mit Längen zwischen rund 65 und 85 Zentimetern sind sie deutlich kleiner. Gebissen haben alle auf Gummi, hart am Grund geführt. Die Techniken von Mathias, die ihm sonst auch im Herbst schon seit über zehn Jahren tolle Hechte bescheren, versagen komplett. „Outfished by the Germans“ (zu Deutsch: vorgeführt von den Deutschen) kommentiert er während der Rückfahrt mit einem Lachen diesen Tag. Top-Bestand dank Bergbau Später im Ferienhaus quatschen wir noch lange mit dem jungen, sympatischen Schweden und erfahren Spannendes über den Runn. Dass der See mit seinen vielen flachen Schilfbuchten perfekte Laichbedingungen für die Hechte bietet, sieht man auf den ersten Blick. Nahrung gibt es ebenfalls im Überfluss. Neben Renken und verschiedenen Weißfischen laben sich die Räuber im Runn auch an Binnenstinten. Aber der hervorragende Bestand an Hechten hat noch eine andere Ursache: Durch den Bergbau in der Region gelangte unter anderem Quecksilber in den Runn. Bis in die 90er Jahre galten die Fische aus seinem Wasser als ungenießbar. Die Einheimischen fischten und angelten deshalb kaum im Runn und tun es auch heute nur selten. Perfekte Laichbedingungen, reichlich Futterfisch und kaum Entnahme – kein Wunder, dass der Runn zu den besten Hechtgewässern Schwedens zählt. Ne- Aus dem Vikasjön: 1,07-Meter-Hecht ben den Räubern mit dem Entenschnabel kommen übrigens auch Zander vor, die aber nicht in nennenswerten Stückzahlen an den Haken gehen. Interessanter sind da schon die Barsche: Mathias hat die Streifenräuber bereits in Längen bis über 50 Zentimeter gefangen! Fotos: Tobias Norff Hart am Grund Herbst am Runn: traumhaft schön und die richtige Zeit für große Hechte 72 Rute & Rolle Die folgenden drei Tage sind wir auf uns allein gestellt. Wir bekommen ein perfekt ausgestattetes Alu-Boot mit 30 PS, zusätzlichem E-Motor am Heck, Echolot-GPS-Gerät, Drehstühlen und Rutenhaltern. Wo gibt's das sonst? Das Wetter schlägt fast täglich um – von eiskalt und sonnig zu mild und regnerisch. Leider bekommen wir auch ordentlich Wind ab, was es nicht einfacher macht. An zwei Tagen ist an Angeln auf großen Wasserflächen nicht zu denken. Die Hechte quittieren das wechselhafte Wetter mit weiter anhaltender Beißunlust. Wir müssen ordentlich kämpfen, um unsere Fische ins Boot zu bekommen. Einige sammeln wir beim Schleppen ein, an einem Nachmittag läuft das Werfen mit Bull Dawgs und ähnlichen Gummikreaturen recht gut. Auch auf Gummifische gibt es regelmäßig Bisse. Als TopTechnik stellt sich jedoch Back Trolling (rückwärts Schleppen) heraus. Ganz langsam steuern wir mit dem E-Motor rückwärts die Kanten entlang und fischen vertikal mit Gummifischen. Das Rezept in diesen Tagen heißt eindeutig grundnah und langsam fischen. Nur am Abend zeigen sich die Hechte ein wenig aktiver. Während einer dieser Phasen erwische ich beim Schleppen einen weiteren Meter-Fisch mit einem knapp über Grund laufenden Wobbler. Die Großen sind also da, nur wollen sie einfach nicht so richtig beißen. Wir fangen zwischen fünf und zehn Hechte am Tag. Normal wären laut Mathias zu dieser Zeit eher 15, wenn's gut läuft durchaus auch 20 oder 30 Fische am Tag. Der Herbst zählt dabei zusammen mit dem Frühling zur absoluten Top-Zeit für große Hechte. Und wenn Mathias groß meint, spricht er von Fischen über 1,10 Meter. Endspurt Die letzten zwei Tage sind wir wieder mit Mathias unterwegs. Es bleibt allerdings zäh. Wir sehen viele von Mathias Top-Ecken und können hier und da einen Hecht überlisten. Zwischendurch probieren wir es mit kleineren Gummifischen auf Barsch. Doch die Bei Wind wird’s auf dem riesigen Runn schon mal ungemütlich – aber kein Problem dank der erstklassigen Boote ANGELN I Reisen Zeitweise liefen große Gummikreaturen sehr gut Foto: Christopher Paschmanns; Zeichnungen: R. Bork Gestreiften scheinen noch weniger Hunger zu haben als die Hechte. Am Abend des vorletzten Tages „riecht“ es dann noch einmal richtig nach Großhecht. „Hier stehen immer dicke Mamas“, verspricht Mathias und klappt den E-Motor herunter. Wir schleichen eine Kante entlang. Das Echolot zeigt Tiefen zwischen sechs und zehn Metern – dazu reichlich Futterfisch und schöne Sicheln. „Versucht es mal mit Bull Dawgs“, rät der Guide und schleudert sein Gummimonster hinaus. Erste Bisse lassen nicht lange auf sich warten. Aber richtig aggressiv sind die Hechte 74 Rute & Rolle nicht. Es dauert eine Weile, bis endlich einer hängen bleibt – Standardgröße. Der nächste Räuber macht schon einen besseren Eindruck und zieht Mathias brettharte Rute einige Male ordentlich krumm. Ein gut genährter, 107 Zentimeter langer Hecht gleitet ins Netz. Na, geht doch! Die Rache des Hechtes trifft allerdings nicht den Fänger, sondern mich. Beim Lösen der tief sitzenden Haken erwischen mich die Zähne böse am Daumen. Egal, Klebeband drum und weiterangeln. Wir spüren alle, dass hier noch etwas passiert, dass dies der Abend für den ganz Großen ist. Tatsächlich fangen wir noch einige Räuber um 70 Zentimeter, die Metermarke knacken wir aber nicht mehr. Dafür erwischt Christopher den wohl hübschesten Hecht, den ich je gesehen habe – 80 Zentimeter lang, in Top-Kondit ion und vor allem unglaublich toll gezeichnet. Gut, dass wir noch etwas Licht haben, um die Schönheit auf Speicherkarte zu bannen. Wir stellen uns vor, wie großartig wohl ein 1,20 Meter langer Räuber in dieser Kondition und mit einer solchen Zeichnung aussehen muss. Vielleicht werden wir es herausfinden – im kommenden Frühling am Runn. Neben Jerkbaits, Gummiködern und Wobblern wer- IFNO Natürlich war auf dem Runn auch die Video-Kamera immer mit an Bord. Die Tour in bewegten Bildern sehen Sie auf unserer Partnerseite www.bissclips.tv Einfach links auf Rute & Rolle und dann auf den gewünschten Clip klicken. Viel Spaß mit den Räubern aus dem Runn! den wir dann allerings auch Boilies und Mais im Gepäck haben. Denn da gibt es noch dieses Nebengewässer mit Zugang zum Runn, in dem neben großen Hechten auch Schleien bis über acht Pfund leben. Lage und Unterkunft: Das Lake Runn Fishing Resort liegt nahe der Ortschaft Falun am Nord-West-Ufer des Runn in der Provinz Dalarna. Bis zum nächsten Supermarkt sind es nur vier Kilometer, die Ortsmitte von Falun erreichen Sie in zehn Minuten mit dem Auto. Sie wohnen in einem der top ausgestatteten Ferienhäuser mit 30 bis 75 Quadratmetern Wohnfläche. Alle Häuser haben einen herrlichen Seeblick und liegen unweit des Steges, an dem Ihr Angelboot bereit liegt. Boote: Es stehen Alu-Boote mit 15 und 30 PS zur Verfügung, ausgestattet mit E-Motor, Echolot oder Echolot-GPS, Anker, Schwimmwesten, Rutenhaltern und Drehstühlen. Anreise: Wir haben die Fähre von Frederikshavn (Nord-Dänemark) nach Göteborg genommen. Von Göteborg aus benötigen Sie mit dem Auto gut sechs Stunden bis Falun. Alternativ können Sie auch nach Stockholm fliegen und dort einen Mietwagen nehmen (rund drei Stunden Fahrt bis Falun) oder sich per Transferbus abholen lassen. Guiding: Wenigstens einen Tag Guiding zu Beginn der Tour sollten Sie sich gönnen, um das riesige Gewässer kennen zu lernen. Nebenbei können Sie von Mathias bestimmt noch einiges lernen – so wie wir auch. Guiding mit allem Drum und Dran mit Mathias 100-PS-Boot kostet für ein bis zwei Personen 220 Euro, für drei Personen 270 und vier Personen 320 Euro. Außerdem werden Hechtseminare und Touren zum Fliegenfischen angeboten. Mathias spricht sehr gut Englisch und ein wenig Deutsch. Preisbeispiel: 240 Euro pro Person bei sechs zusammen reisenden Personen. Leistungen: eine Woche (Samstag bis Samstag) Unterkunft im 70-Quadratmeter-Ferienhaus inklusive Nebenkosten, einem 15-PS-Boot, Angellizenzen, Einweisung in die Boote und das Revier. Preis gilt bei eigener Anreise. Fähre (zum Beispiel Frederikshavn/Göteborg mit der Stena Line ab unter 300 Euro für Hin- und Rückfahrt) oder Flug sowie Transfer können natürlich dazugebucht werden. Extraboote ab Euro 396 Euro pro Woche. Buchung: Andree’s Angelreisen, Tel. (06127) 80 11, Fax (06127) 76 78. E-Mail: [email protected] Internet: www.andrees-angelreisen.de