Rezeptpflicht für abschwellende Nasensprays? 8.300 Euro

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Rezeptpflicht für abschwellende Nasensprays? 8.300 Euro
BDI aktuell
Apotheker schlagen Alarm
Rezeptpflicht für abschwellende Nasensprays?
In einer Agenturmeldung wies
die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände auf
die weit verbreitete Abhängigkeit von Schleimhaut-abschwellenden Nasensprays hin. Sie rät
zum allmählichen Ausstieg über
niedrigere Spray-Konzentrationen oder den Einsatz von
Koch- und Meersalzlösungen.
Hier kommt ein lange bekanntes und selten benanntes Problem zum Vorschein:
Alphasympathomimetische
Nasensprays (meist verkauft:
Nasenspray Ratiopharm,
Olynth, Otriven, Nasivin, Nasic) machen abhängig über
einen tückischen Mechanismus: Bei Absetzen schwillt die
Nasenschleimhaut physiologischerweise wieder an.
Da die Atemwegsobstruktion
zu den unangenehmsten Empfindungen zählt, wird in jeweils
erneuter Gabe Abhilfe gesucht.
Häufig verselbstständigt sich
eine Abhängigkeit, die lediglich
auf der Kinetik des Ab- und
Anschwellens mit und ohne
Spray beruht. Eine zugrunde
liegende Erkrankung wird nicht
(mehr) kupiert.
Der Blick auf die Verkaufsstatistik wirkt selbst für Apotheker alarmierend. Wider
alle Rationale liegen die Präparate Nasenspray etc. Ratiopharm und Olynth auf den
Plätzen 9 und 10 der jährlichen
Verkaufsstatistik
Deutschlands (Jahr 2002).
Die Autoren Schwabe und
Paffrath 1 summieren den
Umsatz der alphasympathomimetischen Nasensprays für
das Jahr 2002 auf 247,7 Millionen Tagesdosen. Dividiert
man diese Zahl durch 365,
so errechnen sich 676.000
Patienten in Deutschland, die
tagaus – tagein, jahraus –
jahrein ihre Nasenschleimhäute abschwellen.
Für
allergiebedingte
Schleimhautschwellungen
der Nase sind völlig andere
Therapieprinzipien anzuwenden. Sie wirken nicht so
prompt und werden offenbar vom Laien häufig vernachlässigt. Da er mangels
Rezeptpflicht die Sympathomimetika frei kaufen kann,
behandelt er in Eigenregie
primär auch allergische Rhinitiden. Die vorübergehende Wirkung gibt dem Therapieregime scheinbar
Recht, so dass es fortgesetzt
wird.
Konstitutionelle Verengungen
der Nasenatemwege lassen
sich meist operativ beseitigen
und sind regelmäßig kein Fall
für die Dauertherapie mit Sympathomimetika.
Schwabe und Paffrath schreiben genauso naiv wie zutreffend: „Um einen Missbrauch
(der Substanzen) vorzubeugen,
sollten die Sympathomimetika
zur rhinologischen Anwendung
nur in kleinsten Packungen von
10 ml verschrieben werden.“
Die Sichtweise ist fahrlässig:
Zum einen sind die Präparate
nicht verschreibungspflichtig
und zum anderen gibt es z.B.
Olynth in der 100 ml (!) Packung. Allein das Angebot der
Großflasche zeigt, dass es sich
nicht um einen seriösen Therapieversuch handeln kann.
Es spricht vieles dafür, die
fahrlässige, fachlich kontraindizierte und häufig missbräuchliche freie Anwendung der Nasensprays mit ihrem tückischen
Repetitionsverlangen steuernd
anzugehen und die Substanzen
zum einen unter Rezeptpflicht
zu stellen und zum zweiten nur
in Kleinstpackungen herstellen
zu lassen.
BY
1
Arzneiverordnungsreport 2003,
ISBN 3-540-40188-1
Sozialkosten auf historischer Rekordhöhe
8.300 Euro Sozialausgaben für jeden Einwohner
Mit einem Anteil von 32.5
Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) haben die Sozialausgaben im Jahre 2002
den höchsten Wert in der
Geschichte der Bundesrepublik erreicht. Das geht aus
dem jetzt vom Bundessozialministerium veröffentlichten „Sozialbudget 2002“
hervor.
2001 lag die Quote noch bei
32 Prozent. Mit 685,1 Milliarden Euro stiegen die Sozialleistungen 2002 gegenüber dem
Vorjahr um 3,4 Prozent. Damit erhielt jeder Einwohner
rechnerisch Leistungen in Höhe
von 8.306 Euro (2001: 8.047
Euro). Zehn Jahre zuvor, 1992,
hatte dieser Wert noch bei
5.987 Euro je Bürger gelegen.
Das entsprach einer Quote von
29,9 Prozent. Im Durchschnitt
der vergangenen Jahre sind die
Sozialausgaben um 3,2 Prozent
gestiegen.
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BDI aktuell 08/09 – 2004
Mit 125,8 Milliarden Euro sind
18,4 Prozent der Leistungen in
die neuen Länder geflossen.
Dort werden zwölf Prozent
der deutschen Wirtschaftsleistung erzeugt. Entsprechend
liegt die Sozialleistungsquote im
Westen bei 30,1 und im Osten
bei 49,5 Prozent. Die Bundes-
vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)
nannte den Bericht „ein weiteres eindrucksvolles Dokument
für eine wachstums- sowie beschäftigungsfeindliche momentane Sozialpolitik“. Für 2003 liegen noch keine Daten vor. Experten erwarten aber, dass an-
gesichts des stagnierenden
Wachstums und weiter steigender Sozialausgaben die Quote
für 2003 über dem Wert für
2002 liegen dürfte.
Aus: A+S aktuell, 13/04
Dr. Josef Raabe Verlags-GmbH
Kaiser-Friedrich-Str. 90
10585 Berlin
Die Fundsache
Diese besondere Form der Lebenshilfe gibt die Redaktion der HörZu ihren Lesern mit auf den
schweren Weg ins Büro. Wir vermuten: Der Tipp stammt entweder von der notleidenden
Bleistiftindustrie oder von einem Zahnarzt.

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