eine zusätzliche chance? - Planet

Transcrição

eine zusätzliche chance? - Planet
der Berufsberatung
H E F T 1 / J A N U A R 2 0 07
Neue Berufsausbildungen im
Call-Center:
Servicefachkraft für
Dialogmarketing
Kaufmann/-frau für
Dialogmarketing
Als Azubi im Ausland
Im Profil: Jacqueline Akman
„Schule soll Spaß machen!“
Leben in
zwei Kulturen:
Eine zusätzliche Chance?
WWW.MACHS-RICHTIG.DE
magazin
P I N N WA N D
Aktuelle Infos – nicht nur zu den Themen Berufswahl und Bewerbung. CD-ROM und Internet-Seiten, die
hier vorgestellt werden, geben auch Tipps zum Verhalten im Alltag.
keit. Warum? Die Betriebe müssen
sich darauf verlassen können, dass
die Auszubildenden die ihnen übertragenen Aufgaben erfüllen – auch
ohne ständige Überwachung und
Kontrolle. Und wer freundlich ist,
hat schneller und leichter Erfolg –
bei Kunden, aber auch bei den
Kolleginnen und Kollegen.
OFFENE UNTERNEHMEN IN
SACHSEN
Was genau macht ein Bäcker oder
eine Buchhändlerin? Eine Malerin
oder ein Mechatroniker? Was macht
eigentlich eine Fachkraft für Systemgastronomie? Und wie sieht der
Tagesablauf einer Umweltschutztechnikerin aus?
Vom 12. bis 17. März 2007 kannst
du dich während der „Woche der
offenen Unternehmen Sachsen“ auf
die Suche nach Antworten begeben.
In dieser Zeit öffnen Unternehmen,
Handwerksbetriebe und Institutionen ihre Türen und laden dazu
ein, in den Berufsalltag hineinzuschnuppern. Hier kannst du dich
über Anforderungen informieren
und dir ganz verschiedene Tätigkeiten in der Praxis anschauen.
Mitmachen können alle Schülerinnen
und Schüler ab Klasse 7, die sich vorher online anmelden. Viele nützliche
Informationen rund um das Thema
Berufsorientierung findest du unter:
www.schau-rein-sachsen.de. Die
Anmeldefrist läuft bis zum 10. März
2007.
ONLINE-SPIEL ZUM GIRLS’ DAY
Auf der Website vom Girls’ Day
gibt’s jetzt ein Computerspiel rund
um naturwissenschaftliche und
technische Berufe. Das Spiel „Girls’
Planet“ kann direkt online gespielt
werden. Die Reise auf Girls’ Planet
führt durch sechs Berufsbereiche,
die es spielerisch zu erkunden gilt.
Zu jedem Beruf gibt es Infos, Spiele
und ein Quiz. In jedem Bereich
erzählt eine Frau oder ein Mädchen
von ihrem Beruf und erklärt eine
Aufgabe, die mit dem entsprechenden Berufsbereich zu tun hat.
Beispielsweise muss zum Beruf KfzMechatronikerin folgende Aufgabe
gelöst werden: Setze die Teile im
Motor an die richtige Stelle. Hier
geht’s zum Spiel: www.girls-day.de.
WAS ERWARTET DIE
WIRTSCHAFT VON
SCHULABGÄNGERN?
Ausbildungsbetriebe legen nicht
nur Wert auf gute Schulnoten, sondern auch auf Zuverlässigkeit,
Lern- und Leistungsbereitschaft
sowie Sorgfalt und Gewissenhaftig-
Dies zeigt die Broschüre „Was
erwartet die Wirtschaft von
Schulabgängern?“, die du unter
www.pfalz.ihk24.de herunterladen
kannst. Gib einfach im Feld „Volltextsuche“ den Titel der Broschüre
ein.
Weitere aktuelle Themen
findest du in der OnlineAusgabe dieses Magazins
im MACH’S RICHTIG Berufswahlportal unter www.machs-richtig.de.
Klicke auf den Menüpunkt „Pinnwand“ in der linken Spalte.
IMPRESSUM
MACH’S RICHTIG – Magazin der Berufsberatung • Herausgeber: Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg • Herausgeberbeirat:
Hans Joachim Bähr, Heidi Geserich, Ulrich Gschwender, Waldemar Jonait, Martina Rist-Aichner, Markus Schinner, Jacqueline
Stephan-Gäbler, Christian Strijewski • Mitwirkung: Dr. Barbara Dorn (BDA), Wolfgang Oppel (DGB) • Anschrift der Redaktion:
dorsch.media, Robinienweg 6, 67134 Birkenheide, Telefon (06237) 9253-20, Fax (06237) 9253-18 • Verlag: Promotion Software GmbH, Karlstraße 3, 72072 Tübingen,
Geschäftsführung: Ralph Stock, Chefredaktion: Brigitte Nestle, Telefon (07071) 9167-0, Fax (07071) 9167-44 • Mitarbeiter/-innen dieser Ausgabe: Wilfried Dorsch, Silvia
Harbord, Werner Hacker, Rita Spatscheck • Fotos und Abbildungen: Gerhard Bayer: Seite 8, Frank Bayh: Titel, Seiten 4-7, Wilfried Dorsch: Seiten 13, 16, Werner Hacker: Seiten
14-15, privat: Seiten 8, 16, Silvia Harbord: Seiten 8-12 • Grafische Gestaltung: Concept Design Plus3 GmbH, Tübingen • Druck: Willmy PrintMedia GmbH, Nürnberg •
Gesamtauflage: 909.624
Einzelexemplare sind bei der Berufsberatung der Agenturen für Arbeit erhältlich. Nachdruck nur nach vorheriger Genehmigung von Verlag und Herausgeber gestattet.• ISSN
1436--610X
Dieses Magazin enthält Hinweise auf Internet-Seiten außerhalb des Selbstinformationsangebots der Bundesagentur für Arbeit. Die Bundesagentur für Arbeit ist weder verantwortlich für Informationen und Inhalte anderer Anbieter, noch werden diese von der Bundesagentur für Arbeit kontrolliert.
TREFFPUNKT
VORSTELLUNGSGESPRÄCH:
Wie wirkst du auf andere?
Den ersten Eindruck über dich gibst du durch dein Erscheinungsbild und dein Verhalten – auch beim
Vorstellungsgespräch. Wenn du an dein Vorstellungsgespräch denkst: Worauf musst du bei deinem Verhalten achten? Und: Wie wirst du dich auf dein Vorstellungsgespräch vorbereiten? Das wollten wir in der
Ausgabe 6/2006 unseres Magazins wissen. Vielen Dank für eure Briefe. Eine Auswahl drucken wir hier ab.*
ZUR VORBEREITUNG DAS
INTERNET NUTZEN
AUF DIE KÖRPERSPRACHE
KOMMT ES AN
Beim Vorstellungsgespräch will ich
mich natürlich von meiner besten
Seite zeigen. Ich werde also immer
freundlich sein, konzentriert zuhören
und mir auch Notizen machen. Achten
werde ich auch darauf, dass ich mich
so hinsetze, dass mein Oberkörper
leicht nach vorne geneigt ist.
BLICKKONTAK T SUCHEN
Trifilli Doga, 14 Jahre, Heitersheim
Beim Vorstellungsgespräch will ich
mir nicht anmerken lassen, dass ich
nervös bin. Ich möchte selbstsicher
wirken und bereite mich zum
Beispiel mithilfe des Internets vor.
Zwar muss ich dann viel lesen, wie
ich es richtig machen soll. Aber
wenn ich Erfolg habe, hat es sich
gelohnt.
DAS VORSTELLUNGSGESPRÄCH ÜBEN
Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, wie
ich auf andere wirke und was sie
über mich denken. Ich würde im
Vorstellungsgespräch auf ein gepflegtes Äußeres achten und vorher ein „Vor“-Vorstellungsgespräch
üben, damit ich es an diesem Tag
perfekt hinbekomme.
Alexander Beckert, 16 Jahre, Brand-Erbisdorf
Merve Uzun, 15 Jahre, Schifferstadt
* Die abgedruckten Meinungen geben nicht
unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu
kürzen.
ICH WILL FREUNDLICH UND
SELBSTSICHER WIRKEN
GEWINNER/-INNEN
Unter allen Einsendungen haben wir zehn
CDs verlost. Gewonnen
haben:
Alexander Akst
Franziska Asam
Kathrin Blumenschein
Dominique Cebulia
Steffi Frenzel
Caroli Hansen
Serin Ben Hassine
Steffen Hermenheit
Sandra Mutke
Beate Uhmann
Wichtig sind im Vorstellungsgespräch sicher eine vernünftige
Sitzhaltung, ein gepflegtes Äußeres
und der Blickkontakt mit seinem
Gegenüber. Ich werde mich auch
über den Betrieb informieren und
mir Gedanken über mich selbst
machen, damit ich auf Fragen vernünftig antworten kann.
Agnetha Gronde, 16 Jahre, Schöningen
ZUVOR ÜBERLEGEN, WAS
ICH FRAGEN MÖCHTE
Ich glaube, es ist wichtig, dem möglichen Arbeitgeber in die Augen zu
schauen und zu lächeln. Außerdem
werde ich mir Notizen machen. Das
zeigt mein Interesse. Wichtig finde
ich auch, sich über das Unternehmen zu informieren und sich
Fragen zu überlegen, die man im
Gespräch stellen möchte.
Marieke Ritz, 14 Jahre, Hohenfelde
Ich bin oft unsicher, wenn ich mit
anderen direkt zu tun habe. Bei meinem Vorstellungsgespräch werde ich
darauf achten, dass ich freundlich bin,
selbstsicher wirke, Interesse zeige
und immer lächele. Außerdem werde
ich mich auf mein Vorstellungsgespräch gut vorbereiten.
Erik Arremba, 15 Jahre, Freiberg
TREFFPUNKT 3
Weitere Leserbriefe findest
du in der Online-Ausgabe dieses Magazins im
MACH’S RICHTIG Berufswahlportal
unter www.machs-richtig.de. Klicke
auf den Menüpunkt „Treffpunkt“ in
der linken Spalte.
SCHWERPUNKT
Z W E I K U LT U R E N – E I N E Z U SÄT Z L I C H E C H A N C E ?
Akzeptable Schulnoten und persönliche Reife sind die Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung
um eine Ausbildungsstelle. Um sich von der Konkurrenz abzuheben, ist es sinnvoll, sich zu überlegen, in
welchem Bereich man besondere Kompetenzen aufweisen kann. Jugendliche, deren Muttersprache
nicht Deutsch ist, können hier zum Beispiel mit Kenntnissen ihrer Sprache punkten.
KISMET:
Viel Gespür für türkische Patienten
10.00 Uhr vormittags in Mannheim:
In der urologischen Praxis von Dr.
Zafer Uysal herrscht Hochbetrieb.
Am Empfang wartet ein neuer
Patient darauf, dass die Medizinische Fachangestellte Kismet
Umdi seine Versicherungskarte entgegennimmt und seine Krankenunterlagen für den Arzt vorbereitet.
Zwischendrin klingelt immer wieder
das Telefon. Und dann kommt noch
ein Patient, der sich über die
Wartezeit beschwert. Kismet lässt
sich nicht aus der Ruhe bringen und
erklärt ihm freundlich auf Türkisch,
dass es einen Notfall gegeben hat.
Dann wendet sie sich wieder den
neuen Patienten zu und fragt den
Kismet achtet darauf, dass der Bogen richtig ausgefüllt wird. Sie kann
dem Patienten auch auf Türkisch erklären, worauf er achten muss.
4 SCHWERPUNKT
ersten auf Deutsch nach dessen
Versicherungskarte. Der Wechsel
von einer Sprache in die andere ist
für sie Alltag.
Der nächste Patient ist ein älterer
türkischer Herr. Als Kismet sieht,
dass er Probleme beim Gehen hat,
begleitet sie ihn persönlich ins Wartezimmer und sorgt dafür, dass er
sich dort wohlfühlt. „Ich habe sehr
viel Respekt vor älteren Menschen
und kümmere mich ganz besonders
um sie. So wurde ich erzogen.“
Die Medizinische Fachangestellte ist
vor allem für den Empfang zuständig.
Kismet vereinbart Termine, betreut
Patienten, archiviert Patientendaten,
schreibt Überweisungen und organisiert Krankentransporte.
Kismet übt ihren Beruf gern aus.
„Aber die Ausbildung war hart.“ In
IOL ANDA:
Lieber auf Italienisch
„Non capisco“, sagt die Frau und
hält Iolanda Gatto einen deutschen
Arztbrief hin. Die junge Pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA),
die in der Löwen-Apotheke in Mannheim arbeitet, liest ihn durch und
erklärt der Kundin dann geduldig
auf Italienisch, welche Diagnose der
Arzt im Krankenhaus gestellt hat.
Kismet zeigt einigen Patienten einen Artikel in einer Fachzeitschrift.
der Berufsschule hatte die Hauptschülerin Probleme. „All die neuen
Fächer wie Medizin und Rechnungswesen.“ Sie nahm Nachhilfeunterricht, hat die Ausbildung geschafft
und wurde übernommen.
Mach dir ein Bild vom
Arbeitsalltag in diesem Beruf: Im MACH’S
RICHTIG Berufswahlportal unter
www.machs-richtig.de, Menüpunkt „Tagesabläufe“ in der
rechten Service-Spalte.
An dem Verkaufstresen wartet
schon eine andere Kundin, auch
Italienerin. Sie möchte nur von
Iolanda bedient werden. Sie holt
Antibiotika ab. Der Arzt hat ihr zwar
erklärt, wie man sie einnehmen
muss, aber die Kundin möchte sich
alle Anweisungen von Iolanda noch
einmal in Ruhe wiederholen lassen.
Als PTA gibt Iolanda unter Aufsicht
von Apothekern Medikamente auf
Rezept ab und berät ihre Kunden
beim Kauf von rezeptfreien Arzneimitteln – eine verantwortungsvolle
Aufgabe und oft eine Herausforderung. „Manche Kunden sind
nicht gut drauf, weil sie krank sind.
Mein Ziel ist es, dass alle die
Apotheke mit einem Lächeln verlassen.“ Und dabei, sagt sie, komme
ihr vielleicht auch ihr italienisches
Temperament zugute.
Iolanda zeigt einer Kundin einen Lipgloss, den sie ihr auf den
Handballen aufgetragen hat, um die Farbe besser zeigen zu können.
SCHWERPUNKT 5
In der Dermokosmetik kennt sich
Iolanda besonders gut aus. Unter
Dermokosmetik fasst man Produkte
zusammen, die speziell für problematische Haut entwickelt wurden.
Iolanda klärt eine junge Diabetikerin über die Funktionsweise
eines Blutzuckermessgeräts auf.
Iolanda hat eine Weiterbildung als
Fachberaterin für Dermokosmetik
gemacht und ist nun in der LöwenApotheke für diesen Bereich verantwortlich. Im Wechsel mit ihren
Kolleginnen arbeitet Iolanda auch
regelmäßig in der Rezeptur. Hier
mischt sie nach individueller Verordnung durch den Arzt Salben und
Tinkturen oder stellt Kapseln her. Wie
das geht, hat sie in ihrer Ausbildung
gelernt. Bei der Herstellung von
Medikamenten muss sie sich sehr
konzentrieren, denn hier kommt es
auf absolute Genauigkeit an.
„WIR SPRECHEN DIE SPRACHE UNSERER KUNDEN“
„In die Löwen-Apotheke kommen
viele Menschen, die aus der Türkei,
aus Italien, Spanien, Russland oder
anderen Ländern stammen. Sie
sprechen oft nur wenig Deutsch. Wir
beschäftigen in der Beratung und im
Verkauf daher gerne Auszubildende
und Fachkräfte, die aus anderen
Kulturen stammen, wenn sie freund-
YAGMUR:
Wie eine Deutsche unter Deutschen
Yagmur Bektas bewegt sich mühelos in der deutschen und türkischen
Kultur. In ihrem Ausbildungsbetrieb
fühlt sie sich wie eine „Deutsche,
die unter Deutschen arbeitet“, sagt
sie, obwohl sie keine Deutsche ist.
Sie arbeitet genauso gerne mit
ihren deutschen Kollegen zusammen wie mit Kollegen türkischer
Abstammung. Über Langeweile kann
lich und gewandt sind und sich
schnell auf fremde Menschen einstellen können. Pharmazeutischtechnische Assistenten geben unter
Aufsicht von Apothekern zum
Beispiel Medikamente ab. Und dabei
müssen sie sicherstellen, dass unsere Kunden auch komplizierte Sachverhalte verstehen. Sonst besteht
sich Yagmur nicht beklagen. Privat
engagiert sie sich sehr in ihrer
Gemeinde, einer islamischen Religionsgemeinschaft. Beruflich steckt
sie mitten in der Ausbildung zur
Industriekauffrau bei der Baxter
Deutschland GmbH in Heidelberg,
einem großen internationalen Unter-
die Gefahr, dass diese die Medikamente falsch anwenden, und das
könnte deren Gesundheit bedrohen.
In der eigenen Muttersprache geht
die Beratung viel einfacher.“
Joachim Bös, Geschäftsführer der
Löwen-Apotheke in Mannheim
nehmen, das Medikamente und biotechnische Produkte produziert und
vertreibt.
Im Augenblick lernt Yagmur in der
Abteilung „Impfstoffe“ und kämpft
mit vielen miteinander verknüpften
Excel-Tabellen. „Excel ist ein digita-
Yagmur telefoniert mit einem Kunden und macht sich dabei Notizen.
6 SCHWERPUNKT
les Rechenprogramm“, erläutert
sie. Die junge Türkin aktualisiert die
Budget- und Kostenplanung. Akribisch listet sie alle Ausgaben, zum
Beispiel für Marketing und Werbung, auf, vergleicht sie mit den
vorhandenen Budgets und errechnet noch vorhandene finanzielle
Spielräume. Eine komplexe Aufgabe. „Aber schwierige Aufgaben
machen mir Spaß“, sagt sie.
„Hauptsache keine Langeweile.
Meine Vorgesetzten erwarten von
mir, dass ich meine Arbeit effizient
und selbstständig organisiere.“
Yagmur hofft, dass sie nach erfolgreicher Prüfung übernommen wird.
„Industriekauffrau ist genau der
richtige Beruf für mich und Baxter
ein Unternehmen, das mir, denke
ich, Karrieremöglichkeiten bietet.“
Irgendwann in der Türkei zu arbeiten, das kann sie sich nicht vorstellen. „Meine Familie ist hier und ich
bin hier zu Hause.“
Yagmur und drei Kolleginnen besprechen mit ihrem Chef die Wochenplanung.
NACHGEFRAGT
TRÜMPFE IM ÄRMEL
Welche Pluspunkte bringen Jugendliche mit nichtdeutscher Muttersprache bei der Bewerbung um
einen Ausbildungsplatz mit?
Wichtig sind zunächst gute deutsche Sprachkenntnisse. Sind diese vorhanden, so haben die Jugendlichen den Vorteil, dass sie neben Deutsch eine weitere Sprache beherrschen und häufig sogar noch
Kenntnisse in einer dritten oder vierten Sprache besitzen. Zudem verfügen sie über multikulturelle
Erfahrungen, die sie vor allem für global agierende
Unternehmen interessant machen.
Wie können sie ihre Chancen verbessern?
Sie sollten sich, wie deutsche Jugendliche auch, intensiv Gedanken über ihre Interessen und Begabungen
machen, sich realistische Berufsziele setzen und
gezielte Praktika absolvieren, um Berufe besser kennenzulernen. Je genauer sie über Berufe und Betriebe, bei denen sie sich bewerben wollen, infor-
miert sind, je besser ihre Bewerbungsunterlagen vorbereitet und je gezielter die Vorbereitungen auf Tests
und Vorstellungsgespräche sind, umso größer sind
ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz.
Arbeitgebern ist es zudem wichtig, dass Bewerber
über Politik und Gesellschaft informiert sind. Also
regelmäßig Zeitung lesen und im Radio und Fernsehen
Nachrichten hören und sehen! Sehr positiv ist die
Mitarbeit in Netzwerken wie Sportvereinen oder
Jugendgruppen. Damit zeigen Jugendliche, dass sie
sich integrieren können.
Jugendliche, die noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, sollten sich an ihre Agentur für Arbeit wenden. Hier gibt es spezielle Angebote und Experten für
die Beratung und Vermittlung von Jugendlichen mit
nichtdeutscher Muttersprache.
Uwe Leuck, Berufsberater in der Agentur für Arbeit,
Mannheim
SCHWERPUNKT 7
„
„
Zugegeben: Meine Noten in Deutsch und
Mathematik sind nicht die besten. Trotzdem
werde ich einen Ausbildungsplatz bekommen. Mein Onkel besitzt einen Friseursalon
und hat mir versprochen, dass er mich nicht
im Stich lässt. In der Familie halten wir alle
zusammen. Allerdings: Einen guten Hauptschulabschluss muss ich schon haben, sagt
mein Onkel. Ceynep (14 Jahre)
„
Ich wünsche mir einen Ausbildungsplatz im
Handwerk. Irgendwas, mit dem ich mich später in
meinem Heimatland – in China – vielleicht selbstständig machen kann. Vorher möchte ich mir, wenn
möglich, ansehen, wie sie dort arbeiten. Das hier in
Deutschland erworbene Wissen ist auf jeden Fall
viel wert. Yuen (16 Jahre)
„
“
Ich bin in Griechenland geboren und lebe seit zwölf
Jahren in Deutschland. Ich spreche Griechisch und
Deutsch gleich gut. Deshalb fragen mich Verwandte,
Freunde oder Nachbarn öfter, ob ich ihnen helfe,
wenn sie etwas auf Ämtern zu erledigen haben oder
in die Schule gehen, um mit einem Lehrer etwas zu
besprechen. Ich übersetze von der einen Sprache in
die andere und erkläre auch, wenn jemand etwas
nicht verstanden hat. Maria (15 Jahre)
“
Ich habe schon über 50 Bewerbungen
geschrieben und immer noch keinen
Ausbildungsplatz. Das liegt aber sicher
nicht an meiner Herkunft. Ich bin in
Italien geboren, lebe aber schon seit meiner Kindheit hier in Deutschland. Meinen
deutschen Freundinnen und Freunden
geht es bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz auch nicht anders. Mein
Vorteil wird sein, dass ich genauso gut
Deutsch wie Italienisch spreche. Und die
italienische Mentalität gut kenne.
Gianluca (16 Jahre)
“
GUTE CHANCEN
Berufe, in denen Jugendliche mit nichtdeutscher Muttersprache spezielle Kenntnisse gut
einsetzen können.*
Import Export:
Kaufmann/-frau im Groß- und Außenhandel
Kaufmann/-frau für Speditions- und
Logistikdienstleistung
Industriekaufmann/-frau
Tourismus/Reiseverkehr:
Reiseverkehrskaufmann/-frau
Luftverkehrskaufmann/-frau
Servicekaufmann/-frau im Luftverkehr
Kaufmann/-frau für Verkehrsservice
Kaufmann/-frau im Eisenbahn- und
Straßenverkehr
Hotel und Gaststätten:
Hotelfachmann/-frau
Hotelkaufmann/-frau
Restaurantfachmann/-frau
Verkauf:
Verkäufer/-in
Kaufmann/-frau im Einzelhandel
Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk
8 SCHWERPUNKT
Medizin/Pflege:
Medizinische/-r Fachangestellte/-r
Zahnmedizinische/-r Fachangestellte/-r
Pharmazeutisch-kaufmännische/-r
Angestellte/-r
Gesundheits- und Krankenpfleger/-in
Altenpfleger/-in
Körperpflege:
Friseur/-in
Kosmetiker/-in
Büroassistenz:
Kaufmann/-frau für Bürokommunikation
Rechtsanwaltsfachangestellte/-r
Handwerklich-technischer Bereich:
Kraftfahrzeugmechatroniker/-in
Anlagenmechaniker/-in für Sanitär-, Heizungs-,
Klimatechnik
*Die Liste wurde zusammengestellt von Berufsberater Uwe Leuck.
Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
“
BERUFSREPORT
N E U : B E RU F SAU S B I L D U N G F Ü R CA L L- C E N T E R
Kundenberatung, Hotline-Service oder Reklamationsannahme sind nur einige der Aufgaben,
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Call-Centern übernehmen. Neu ist, dass man sich
auf diese Aufgaben mit einer Ausbildung vorbereiten kann. MACH’S RICHTIG zeigt, was
man lernen muss, wenn man später im Call-Center arbeiten möchte.
SERVICEFACHKRAFT
FÜR DIALOGMARKETING
Zielorientiert telefonieren
Das Headset sitzt fest um ihren
Kopf. Kaum ein Laut dringt von
außen an ihre Ohren. Sonst hätte
Uyen Nguyen auch Schwierigkeiten,
ihren Gesprächspartner zu verstehen. Denn in dem Büro der
Düsseldorfer Firma Living Dialog
Marketing GmbH, in dem die angehende Servicefachkraft für Dialogmarketing arbeitet, sitzen 20 weitere Auszubildende. Alle telefonieren.
„Am Anfang hat mich vieles irritiert:
andere Personen im Raum, ihre
Stimmen und Geräusche“, sagt
Uyen. „Mich auf mein Gespräch zu
konzentrieren, habe ich relativ
schnell gelernt, aber es ist für mich
auch heute noch nicht einfach,
diese Konzentration über den ganzen Arbeitstag hinweg durchzuhalten.“
Ausbildungsleiter Wolfgang Möthe
freut sich über die Fortschritte von
Uyen. Er weiß aber, dass sie noch
einen weiten Weg vor sich hat: „Es
ist schwer, sich mehrere Stunden
lang durchgehend zu konzentrieren,
mit dynamischer Stimme zu sprechen, und das in einem Büro mit
vielen telefonierenden Leuten.“
Wichtige Regeln für eine zielorientierte Gesprächsführung lernte
Uyen gleich am Anfang ihrer
Ausbildung. Dazu gehört nicht nur
ein guter Text, sondern auch eine
gelungene Kontaktaufnahme per
Telefon. „Wir haben verschiedene
Situationen am Telefon simuliert
und lernten auf diese Weise, wie
man unterschiedlichsten Menschen
gegenüber auftritt.“ Heute fühlt sie
sich gut gerüstet: „Ruft ein erboster
Kunde an, begegne ich ihm mit
Geduld und Einfühlungsvermögen“,
erklärt sie. Im praktischen Teil ihrer
Ausbildung arbeitet Uyen im Be-
Im Großraumbüro ist während der Kundengespräche Konzentration gefragt.
BERUFSREPORT 9
reich Outbound. Sie kontaktiert
bestehende oder neue Kunden und
bietet ihnen Produkte und Dienstleistungen an.
„Zu einem guten Verkaufsgespräch
gehören Regeln“, erläutert Ausbildungsleiter Wolfgang Möthe.
„Sich beim Kunden ins rechte Licht
zu setzen, ihn in die richtige Stimmung für mein Anliegen zu versetzen, will gelernt sein. Doch im Laufe
der Zeit verselbstständigt sich im
Gespräch das eine oder andere.
Man kommt von seinem (Verkaufs-)
Thema ab oder klingt ganz einfach
nicht mehr frisch.“ Auch hierauf
wird Uyen vorbereitet.
Gespräche können auch mitgehört
werden, wenn Vorgaben nicht eingehalten werden, im Anschluss
gibt’s dann direkt Feedback.
„Solche Tipps von ,außen‘ sind
wichtig, um sich zu verbessern und
auch mit schwierigen Situationen
klarzukommen“, so der Ausbildungsleiter.
Das Problem, einen Text auch nach
dem tausendsten Mal am Telefon
frisch und optimistisch rüberzubringen, kennt Uyen als Auszubildende
im ersten Ausbildungsjahr noch
Uyens Vorgesetzter erklärt ihr, wie sie Gesprächsergebnisse
verständlich und übersichtlich dokumentieren kann.
NEUE AUSBILDUNGSBERUFE
nicht. Aber Uyen weiß bereits: In
ihrem Beruf darf sie sich nicht
anmerken lassen, wenn sie mal
nicht gut drauf ist.
„So etwas kann man sich am
Telefon einfach nicht leisten“, sagt
sie. „Der Kunde macht sich über
den Klang meiner Stimme direkt ein
Bild von mir – und das sollte möglichst positiv sein.“
Seit August 2006 gibt es für den
Bereich Call-Center zwei Ausbildungsberufe: Servicefachkraft
für Dialogmarketing (2-jährige
Ausbildung) und Kaufmann/
-frau für Dialogmarketing (3jährige Ausbildung). Neu ist die
Möglichkeit, eine Berufsausbildung zu machen. Nicht neu sind
die Arbeitsaufgaben. Wer im CallCenter arbeiten wollte, lernte bislang seinen Beruf durch „Training
on the Job” und eine Weiterbildung zum Call-Center-Agent.
„UNSERE ANFORDERUNG AN DIE MITARBEITER: LEISTUNGEN
UNSERES UNTERNEHMENS AM TELEFON VERKAUFEN“
„Wir brauchen Mitarbeiter, die fit
im Telefonieren, aber auch in der
schriftlichen Kommunikation sind.
Schließlich ist die Quelle Bausparkasse ein Direktbaufinanzierer,
der keine Niederlassungen hat,
sondern seine Produkte ausschließlich über Telefon, Internet
und Post anbietet.
Pia Kuhnle ist Personalreferentin
bei der Quelle Bausparkasse und
für die Ausbildung der Servicefachkräfte und Kaufleute für
Dialogmarketing zuständig.
Die Auszubildenden lernen deshalb
vor allem, wie man ein Gespräch
mit Kunden führt und mit Menschen umgeht. Unsere Mitarbeiter
sind gefordert, die Leistungen
unseres Unternehmens kurz und
10 BERUFSREPORT
knackig am Telefon darzustellen.
Dazu brauchen sie eine gute
sprachliche Ausdrucksfähigkeit –
mündlich und schriftlich. Sie müssen fähig sein, ein Gespräch zu führen und gleichzeitig am Computer
zu arbeiten.
Wichtig ist auch, dass sie flexibel
sind, sich auf Neues einzustellen.
Denn die späteren Aufgaben reichen von der einfachen Bestellannahme bis hin zu komplexen
Sachverhalten, in die sich die
Fachkräfte gründlich und lange einarbeiten müssen.“
KAUFMANN/-FRAU
FÜR DIALOGMARKETING
Die Verkaufsrampe im Blick
Unter einer „Verkaufsrampe“ stellte
Jana Hück sich bis vor kurzem noch
eine große Bühne vor, vollgepackt
zum Beispiel mit Möbeln. Heute
weiß sie, dass eine Verkaufsrampe
in ihrem Berufszweig nicht aus
Stein oder Holz ist, sondern etwas
mit Rhetorik zu tun hat: „Das ist der
Leitfaden für ein Kundengespräch“,
sagt sie. „Die Verkaufsrampe ist
quasi eine Treppe des Dialogs: Sie
führt von der Begrüßung bis hin
zum Kaufabschluss.“
Jana Hück lernt im ersten Jahr den
Beruf der Kauffrau im Dialogmarketing bei der Deutschen Telekom
AG in Köln: „Ich rede gerne, bin
immer ansprechbar und neugierig
auf meine Mitmenschen.“ Das sind
genau die Eigenschaften, auf die es
ankommt im Call-Center-Bereich,
sagt ihr Ausbilder Andreas Häger.
Mehr Infos zu diesen
neuen Berufen im CallCenter findest du unter
www.berufenet.arbeitsagentur.de.
Ausbilder Andreas Häger erklärt Jana die Angebotspalette des Unternehmens.
Zunächst lernte Jana viel Theorie:
Wie erfasst man Kundendaten im
Computer? Wie gestaltet man eine
Präsentation? Und: Welche Verkaufsrampe führt zu welchem
Gesprächsergebnis? Dazu kamen
Schulungen zu den Produkten und
Leistungen des Hauses sowie zum
Unternehmen selbst: „Schließlich
muss ich grundlegend informiert
sein über das, was ich am Telefon
anbiete“, sagt sie. „Wenn ich während des Telefonats ins Stocken
gerate oder gar nicht mehr weiterweiß, klingt das ja für den Kunden
nicht besonders überzeugend.“
Als ausgebildete Kauffrau für
Dialogmarketing wird sie vorwiegend Verkaufskampagnen und
Projekte steuern und kontrollieren
sowie das Dienstleistungsangebot
der Telekom professionell vermarkten. Erste Einblicke ins Projektmanagement bekam sie schon.
Seit einigen Wochen sitzt Jana nicht
mehr im Ausbildungszentrum der
Telekom, sondern in der Kundenberatung und -betreuung. Ihr
Headset benutzt sie zunächst nur
zum Lauschen: „Wir haben jedem
Auszubildenden einen erfahrenen
W I E S E H E N G A N Z KO N K R E T D I E A R B E I T S B E D I N G U N G E N I N E I N E M C A L L- C E N T E R AU S ?
In der Online-Ausgabe berichten zwei Call-Center-Agenten über ihre Arbeit. Auf der Startseite von
www.machs-richtig.de findest du rechts in der Servicespalte zwei Tagesabläufe:
den Tagesablauf eines Call-Center-Agenten, der Aufgaben ausübt, die zukünftig Servicefachkräfte für
Dialogmarketing erledigen.
den Tagesablauf eines Call-Center-Agenten, der Aufgaben ausübt, die zukünftig Kaufleute für Dialogmarketing
erledigen.
Die Dienstleistungen vieler Call-Center werden von Montag bis Sonntag, von früh morgens bis weit nach
Mitternacht angeboten und nachgefragt. Klar: Wer in einem Call-Center arbeiten möchte, muss auch bereit sein,
abends oder am Wochenende zu arbeiten.
BERUFSREPORT 11
Gesprächsanalysen helfen, beim nächsten Gespräch Fehler zu vermeiden.
Call-Center-Agenten zur Seite gestellt“, so Ausbilder Andreas Häger,
„dem er über die Schulter schaut
und beim Sprechen zuhört.“ Von
ihrem Mentor Dieter Beuel soll Jana
lernen, wie ein gutes Verkaufsgespräch aufgebaut ist.
ich ihm bei Problemen oder ich
berate ihn bei der Auswahl neuer
Produkte. Danach wird das Gespräch schriftlich dokumentiert.
Und neben den Anrufen werden
auch E-Mails von Kunden beantwortet“, ergänzt der Call-Center-Agent.
Dieter Beuel berichtet: „In den zehn
Minuten, die ich durchschnittlich
für einen Kunden Zeit habe, helfe
Am Ende ihrer Ausbildung wird
auch Jana diese Aufgaben erfüllen
können. Derzeit hört sie sich in die
neue Materie hinein. Doch sie hat
schon einiges von Dieter Beuel
gelernt, zum Beispiel „dass man nie
auflegt. Nicht einmal, wenn man
angeschrien wird.“
NACHGEFRAGT
Wolfgang Schad, Berufsberater
in der Agentur für Arbeit, Fulda
Warum gibt es die beiden neuen
Berufe?
Worin unterscheiden sich die
beiden neuen Berufe?
Die Call-Center-Branche ist ein
wachsender Wirtschaftsbereich,
der immer höhere Anforderungen
an seine Mitarbeiter stellt. Daher
gab die Branche selbst den Anstoß
für zwei neue Ausbildungsberufe
und ist somit nun in der Lage, selber qualifizierte Fachkräfte heranzubilden.
Die Servicefachkraft arbeitet vorrangig im operativen Bereich, das heißt,
in der Kundenberatung, -betreuung,
-gewinnung und in der Kundenbindung. Der Kaufmann für Dialogmarketing erledigt darüber hinaus auch
Arbeiten im Hintergrund, er schreibt
Angebote und Rechnungen, kümmert
sich um Vertrieb und Marketing und
sorgt für die kaufmännische Steuerung und Kontrolle von Projekten.
12 BERUFSREPORT
AUSBILDUNG
A L S A Z U B I I M AU S L A N D
Immer mehr deutsche Unternehmen pflegen Geschäftsbeziehungen im Ausland und sind
dort mit Produktionsstätten oder Filialen vertreten. Junge Leute haben im Beruf zunehmend mit Menschen aus anderen Ländern zu tun. Die ersten Schritte dazu können
bereits in der Ausbildung gemacht werden.
KATHRIN:
Bürokauffrau in Wales
„Ich bin ein offener Mensch, der
sich für andere Länder und auch für
Fremdsprachen interessiert“, sagt
Kathrin Thomer über sich. „Aus diesem Grund hat es mir gleich gefallen, dass zu meiner Ausbildung ein
Auslandsaufenthalt gehört.“
Kathrin lernt Bürokauffrau beim
weltweit tätigen ABB-Konzern in
Mannheim. Mit einer kleinen AzubiGruppe war sie für zwei Monate bei
einer Firma in Wales, die Maschinen
für Bäckereien herstellt. „Es war toll,
dass wir uns schon kannten, aber es
war auch schön, in Swansea neue
Gesichter kennenzulernen.“
Wie Kathrin erzählt, kamen zwei
ihrer Kolleginnen aus Finnland.
„Deutsch wurde nur nach Feierabend gesprochen – im Büro lief
alles auf Englisch ab: telefonieren,
E-Mails und Briefe schreiben.“
Kathrin war überrascht, dass sie
nach einer Einweisung in ihre
Aufgaben sehr selbstständig arbeiten durfte. „Dass mir die Chefin
Vertrauen geschenkt hat, hat mich
zusätzlich motiviert. Wir waren ein
Team aus vier Leuten. Ich hatte
einen eigenen Schreibtisch mit PC
und Telefon.“
Redewendungen in der englischsprachigen Geschäftswelt beherrscht sie heute sozusagen wie
im Schlaf. „Ich muss im Wörterbuch nicht mehr suchen, wie ein
bestimmter kaufmännischer Begriff heißt.“ Obwohl sie schon gut
Englisch konnte, brauchte Kathrin
doch etwas Anlaufzeit. „An den
besonderen Dialekt musste ich
mich erst gewöhnen. Jetzt spreche
ich selbst wie die Leute in Swansea.“
Sie habe sich hier von Anfang an
wohlgefühlt, wie Kathrin betont.
„Im Vertrieb der Firma hatte ich
Kontakte in viele Länder. Erst war
ich noch ziemlich aufgeregt am
Telefon. Dann bin ich von Tag zu
AUSBILDUNG 13
Tag sicherer geworden. Die Englischprüfung am Ende der beiden
Monate in Swansea habe ich ohne
Probleme bestanden.“
Die südlich gelegene zweitgrößte
Stadt in Wales bot den Azubis
auch viele Freizeitmöglichkeiten.
„Am Wochenende fuhren wir oft
los, um Wales besser kennenzulernen, oder trafen uns mit unseren
Kolleginnen aus Deutschland,
Finnland, der Schweiz und natürlich aus Swansea“, berichtet Kathrin. „Wenn man sich mit den einheimischen Jugendlichen unterhält, lernt man viel über ein anderes Land. Mein Freund hat mir
schon gefehlt, aber die zwei Monate gingen doch schnell vorbei.“
MICHAEL:
lernen“, erzählt er vor seinem Arbeitsbeginn in Wald im Allgäu.
Koch in Österreich
Willkommen über den Dächern
von Dorfgastein. Der freundliche
Gruß des österreichischen Alpengasthofs Hauserbauer gilt den
Gästen, die in der farbenprächtigen Bergwelt ein paar Tage ausspannen oder einen Aktivurlaub
verbringen wollen. Der Gruß galt
aber auch Michael Babel, als er im
zweiten Ausbildungsjahr als Koch
war. „Nach dem qualifizierenden
Hauptschulabschluss lag es für
mich nahe, im elterlichen Ferienhotel einen Gastronomieberuf zu
„Unser Berghof sollte Hallenbad
und Sauna bekommen. Daher schauten wir uns eine Wellness-Anlage
im Salzburger Land an.“ Die Besichtigungstour führte Michael
nach Dorfgastein. „Das Hotel mit
Restaurant hat mir sofort gefallen.
Weil ich ein Jahr meiner Ausbildung im Ausland machen wollte,
habe ich den Hotelier höflich gefragt, ob ich bei ihm lernen könne.“
Michael bekam prompt eine Zusage. „Meine Eltern fanden die
Idee gut, dass ich auch mal was
anderes sehen wollte. Also packte
Rationell arbeiten: Michael bereitet das benötigte Gemüse vor.
Infos
... im Internet:
Internationaler Service der
Bundesagentur für Arbeit:
www.europaserviceba.de
Infos über Ausbildungs- und
Arbeitsmöglichkeiten im
europäischen Ausland
AusbildungPlus:
www.ausbildung-plus.de
Infos über internationale
Ausbildungsprojekte und
Auslandspraktika
SESAM: www.sequa.de
Infos über das europäische
Austauschprogramm für
Jugendliche im Handwerk, die
ihre Gesellenprüfung bereits
abgeschlossen haben
InWEnt: www.inwent.org
Infos über Austauschprogramme
für Jugendliche in einer dualen
Ausbildung
Wege ins Ausland:
www.wege-ins-ausland.de
Viele Links zu weiteren
Informationen
14 AUSBILDUNG
ich meine Koffer.“ Der heute 19Jährige bekam die übliche Ausbildungsvergütung. Zudem waren Kost
und Logis frei. So reichte dem Azubi im Ausland das Geld.
„Ich wurde in der Küche freundlich
aufgenommen und packte gleich
mit an“, erinnert er sich noch gut
an den Start im neuen Ausbildungsbetrieb. Selbst wenn Michael nicht in der Küche stand, lernte
er für seinen heutigen Beruf.
„Dorfgastein und Bad Gastein sind
große Feriengebiete. Die Leute,
die hier leben, haben meist alle
mit Tourismus zu tun. Da sitzt man
zusammen, tauscht sich aus und
wächst in das Geschäft hinein.
Selbst wenn im Restaurant viel los
ist, dürfen die Gäste nicht lange
auf das Essen warten. Daher müssen die Handgriffe in der Küche
sitzen. Ich habe mir von den Dorfgasteiner Kollegen viel abgeschaut
und lernte bald, unter Zeitdruck zu
kochen.“
Im Ausbildungsbetrieb sammelte
Michael zusätzliche Erfahrungen.
„Am Anfang der Ausbildung – im
Betrieb meiner Eltern – hatte ich
praktisch nichts mit dem Einkauf
zu tun. Beim Hauserbauer war das
anders. Ich stellte weitgehend
selbstständig Warenlisten zusammen. Bevor ich zum Einkauf gefahren bin, habe ich die Liste mit dem
Chef durchgesprochen. Auch mit
den anderen Köchen kam ich glänzend aus. Es hat super gepasst!“
JULIAN:
Lebens- und
Berufserfahrung sammeln
„Die Zeit als Auszubildender im
Schweizer Kanton Tessin war für
mich hochinteressant. Meine Firma
SRI Radio Systems GmbH in Durach
bei Kempten im Allgäu hatte mich
als auszubildenden Industriekaufmann drei Wochen lang an die
Firma Rapelli ‘ausgeliehen‘, um mir
eine breit gefächerte Ausbildung zu
ermöglichen. Unsere Firma gehört
zum Siemens-Konzern und ist inter-
national ausgerichtet. Deshalb brauchen sie Fachkräfte, die offen sind
und die Bereitschaft mitbringen, sich
auf andere Kulturen einzustellen.
Rapelli stellt Wurstspezialitäten her.
Ich habe dort auch Abteilungen
kennengelernt, die es bei der SRI
nicht gibt, zum Beispiel das Marketing. Hier las ich Texte einer Werbebroschüre Korrektur.
Rechnungskontrolle: Julian überprüft
mit einem Kollegen die Vollständigkeit.
Dass wir Lebens- und Berufserfahrung in einem anderen Land sammeln können, halte ich für sehr
wichtig. Ich bin in dieser Zeit bei-
spielsweise selbstständiger geworden. Es ist auch gut für das Unternehmen, wenn das Selbstvertrauen
eines Mitarbeiters wächst.“
ALS AZUBI INS AUSL AND
Mit der Reform des Berufsbildungsgesetzes im Jahr 2005
ist der Weg ins Ausland ein
bisschen einfacher geworden.
Demnach können Auszubildende bis zu einem Viertel der
Ausbildungszeit im Ausland
verbringen und sich diese Zeit
auch anrechnen lassen.
Stimmen die Kosten? Julian vergleicht die Kostenentwicklung in
unterschiedlichen Zeiträumen.
DEINE MEINUNG BITTE!
Als Azubi ins Ausland: Möchtest du das auch?
Azubis wird zunehmend die Möglichkeit gegeben, während ihrer Berufsausbildung eine Zeit lang im Ausland zu
lernen und zu arbeiten. Kreuze an, welche Antwort dir am meisten entspricht.
Während der Ausbildung ins Ausland zu gehen: Das würde ich ...
gerne, weil man eine Fremdsprache am besten dadurch lernt, indem man im entsprechenden Land lebt und arbeitet.
gerne, weil ich so den Alltag in einem anderen Land und fremde Menschen kennenlernen kann.
nicht so gerne, weil ich Angst habe einsam zu sein, wenn meine Freunde so weit weg sind.
Stell dir vor, dein Ausbildungsbetrieb bietet dir die Möglichkeit, für einige Zeit ins Ausland zu gehen. Welche
Gedanken verbindest du mit dieser Vorstellung? Bitte schreib’ es uns hier auf:
Schicke deinen Brief oder deine Postkarte spätestens bis zum 05.02.2007 an:
Redaktion MACH’S RICHTIG – Treffpunkt – Robinienweg 6, 67134 Birkenheide.
Bitte Absender, Telefonnummer, Alter und Schule nicht vergessen. Eine Auswahl der Zuschriften veröffentlichen wir im
Treffpunkt der nächsten MACH’S RICHTIG-Ausgabe. Du kannst uns deine Meinung auch über den „Treffpunkt“ im
MACH’S RICHTIG Berufswahlportal unter www.machs-richtig.de mitteilen. Unter den Einsendern verlosen wir zehn
CDs (Top Ten).
AUSBILDUNG 15
„Im Profil“ ist der Titel der MACH’S RICHTIGSerie über Menschen, die etwas zu erzählen
haben, über ihre Erfahrungen, Werte und
Meinungen.
www.machs-richtig.de
Im Profil: Jacqueline Akman
Deshalb engagiere ich mich an meiner Schule
Schule soll Spaß machen! Mir ist daher wichtig, dass
Anregungen meiner Mitschülerinnen und Mitschüler an
die Lehrer weitergegeben werden. Um Vorschläge umzusetzen, ist es notwendig, konstruktiv mit Vertrauenslehrern und der Schulleitung in organisatorischen und
rechtlichen Fragen zusammenzuarbeiten.
Diese Eigenschaften helfen mir bei meiner Aufgabe
Ich bin vielseitig interessiert. Als Schulsprecherin kann
ich ein Stück weit hinter die Kulissen der Schule sehen.
Zum Beispiel nehme ich an der Schulkonferenz teil.
Außerdem übernehme ich gerne Verantwortung. Für
mich und für andere. Ich setze da voll auf Teamarbeit.
„S C H U L E S O L L S PA S S M A C H E N ! “
Jacqueline Akman geht auf die Realschule
Bissingen im württembergischen
Bietigheim-Bissingen. Sie ist im 10.
Schuljahr und seit ein paar Monaten
Schulsprecherin.
In solchen Momenten bin ich mit mir zufrieden
Wenn ich mit meinen „Kollegen“ von der Schülermitverwaltung ein Problem oder eine Aufgabe gemeistert
habe, dann fühle ich mich richtig gut. Zum Beispiel als
ich bei der Verabschiedung unseres Schulleiters vor
200 Erwachsenen eine Rede gehalten habe.
Glück heißt für mich ...
... eine Familie und Freunde zu haben und gesund zu sein.
Diese Ziele will ich erreichen
Zunächst einen guten Schulabschluss! Als Schulsprecherin möchte ich bis dahin mehr Veranstaltungen für die
Schülerinnen und Schüler auf die Beine stellen als bisher.
So finde ich heraus, was mir liegt
Durch meine Hobbys und Interessen und durch all die
Dinge, für die ich mich engagiere und die mir Spaß
machen. Die Arbeit als Schulsprecherin ist spannend
und macht Spaß. Manchmal strengt sie auch an. Aber
es lohnt sich. Mit meinem Einsatz als Schulsprecherin
möchte ich der Schule etwas zurückgeben. Bei der
Planung von Veranstaltungen habe ich gemerkt, dass
ich in Stresssituationen ruhig bleiben und mit Menschen
umgehen kann.
Das würde ich gerne an mir ändern
Wenn ich etwas an mir ändern würde, dann, dass ich
nicht mehr so wählerisch bin und nicht zu streng mit mir
umgehe. Vor allem, wenn es um die Noten geht, muss
ich noch lernen, dass neben sehr guten auch Noten im
Zweierbereich immer noch gut sind.
Schon beim Schulstart mit Begeisterung dabei:
Jacqueline mit 6 Jahren.
So gehe ich mit Rückschlägen um
Wenn ich etwas nicht schaffe, zum Beispiel, wenn bei
einer Veranstaltung etwas nicht so klappt, wie es soll,
versuche ich immer noch das Beste daraus zu machen.
Nur nicht aufgeben!

Documentos relacionados