„Ursachen der Herzinsuffizienz: KHK und was noch ...?“

Transcrição

„Ursachen der Herzinsuffizienz: KHK und was noch ...?“
ISSN 1997-8235
Jahrgang 17
Mai 2012
Eur 7,-
jatros
P.b.b. Verlagspostamt 1072 Wien
GZ 09Z038201M
2 I 2012
Das Fachmedium für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Kardiologie & Gefäßmedizin
6. Konsensusmeeting Herzinsuffizienz
Fachinformation zu Inserat siehe Seite 47
„Ursachen der Herzinsuffizienz:
KHK und was noch ...?“
®
*
PRADAXA
BEI
VORHOFFLIMMERN
Kardiologie & Gefäßmedizin 3 I 2010
EINFACH EFFEKTIVE
SCHLAGANFALL PRÄVENTION
mit 01. Februar 2012
PRADAXA
®
1
Dunke
Dunkelgelb
150 mg 2x täglich
Orale Gerinnungshemmung mit
ÜBERLEGENER WIRKSAMKEIT
vs. einem Vitamin-K-Antagonisten1
*
Details siehe Fachkurzinformation
1. Connolly SJ et al. NEJM 2009;361:1139-1151;NEJM 2010;363:1875-1876
Pradaxa 110 mg Hartkapseln. Pradaxa 150 mg Hartkapseln
QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG: Pradaxa 110 mg Hartkapseln enthalten 110 mg
Dabigatranetexilat (als Mesilat). Sonstige Bestandteile: Jede Hartkapsel enthält 3 Mikrogramm Gelborange S (E
110). Pradaxa 150 mg Hartkapseln enthalten 150 mg Dabigatranetexilat (als Mesilat). Sonstige Bestandteile: Jede
Hartkapsel enthält 4 Mikrogramm Gelborange S (E 110). Dabigatran ist ein stark wirksamer, kompetitiver, reversibler
direkter Thrombin-Hemmer. Darüber hinaus hemmt Dabigatran sowohl freies als auch fibringebundenes Thrombin
und die thrombininduzierte Thrombozytenaggregation. Liste der sonstigen Bestandteile: Die sonstigen Bestandteile
sind Weinsäure, Arabisches Gummi, Hypromellose, Dimeticon 350, Talkum und Hyprolose. Die Kapselhülle enthält
Carrageenan, Kaliumchlorid, Titandioxid, Indigokarmin (E 132), Gelborange S (E 110), Hypromellose und gereinigtes
Wasser. Die schwarze Druckfarbe enthält Schellack, Butan-1-ol, 2-Propanol, Ethanol vergällt (mit Aceton, Methanol
und Acetylacetat), Eisen(II,III)-oxid (E 172), gereinigtes Wasser und Propylenglycol. Anwendungsgebiete: Pradaxa 110
mg Hartkapseln: Primärprävention von venösen thromboembolischen Ereignissen bei erwachsenen Patienten nach
elektivem chirurgischen Hüft- oder Kniegelenksersatz. Prävention von Schlaganfall und systemischer Embolie bei
erwachsenen Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern mit einem oder mehreren der folgenden Risikofaktoren:
Vorausgegangener Schlaganfall, transitorische ischämische Attacke oder systemische Embolie, Linksventrikuläre
Ejektionsfraktion < 40 %, Symptomatische Herzinsuffi zienz, ≥ New York Heart Association (NYHA) Klasse 2, Alter ≥ 75
I 2
Jahre, Alter ≥ 65 Jahre einhergehend mit einer der folgenden Erkrankungen: Diabetes mellitus, koronare Herzerkrankung
oder arterielle Hypertonie. Pradaxa 150 mg Hartkapseln: Prävention von Schlaganfall und systemischer Embolie bei
erwachsenen Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern mit einem oder mehreren der folgenden Risikofaktoren:
Vorausgegangener Schlaganfall, transitorische ischämische Attacke oder systemische Embolie, Linksventrikuläre
Ejektionsfraktion < 40 %, Symptomatische Herzinsuffi zienz, ≥ New York Heart Association (NYHA) Klasse 2, Alter ≥ 75
Jahre, Alter ≥ 65 Jahre einhergehend mit einer der folgenden Erkrankungen: Diabetes mellitus, koronare Herzerkrankung
oder arterielle Hypertonie. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen
Bestandteile, Patienten mit schwerer Beeinträchtigung der Nierenfunktion (CrCl < 30 ml/min), Akute, klinisch relevante
Blutung, Organschäden, die das Blutungsrisiko erhöhen, Spontane oder pharmakologisch bedingte Einschränkung
der Hämostase, Beeinträchtigung der Leberfunktion oder Lebererkrankung, die Auswirkungen auf das Überleben
erwarten lässt, Gleichzeitige Behandlung mit systemisch verabreichtem Ketoconazol, Ciclosporin, Itraconazol oder
Tacrolimus. INHABER DER ZULASSUNG: Boehringer Ingelheim International GmbH, 55216 Ingelheim am Rhein,
Deutschland. Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rp, apothekenpflichtig. Weitere Angaben zu Warnhinweisen
und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Mitteln und Nebenwirkungen sind der
veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.
PX 079/ 19.01.2012
universimed.com
34
JATROS
Kardiologie & Gefäßmedizin 2 I 2012
5. Konsensusmeeting Innsbruck
| editorial
Sehr geehrte
Kolleginnen und Kollegen!
weniger wichtigen genetischen Herzmuskelerkrankungen. Man kann mit
großer Sicherheit davon ausgehen,
dass Letztere in Zukunft eine zunehmende Rolle spielen werden. Mit der
Einführung der perkutanen KlappenG. Pölzl
M. Frick
Wie schon in den letzten Jahren
interventionen hat sich das therapeubietet JATROS Kardiologie & Getische Armamentarium für valvuläre
fäßmedizin auch diesmal wieder die Gelegenheit, die Referate
Kardiomyopathien wesentlich erweitert. Das hat zweifellos das
als kurze Artikel zu veröffentlichen.
Interesse an dieser Ätiologie „wiederbelebt“. Diagnose und
Therapie von Aortenstenose und Mitralinsuffizienz werden daDie breite Anwendbarkeit der neurohumoralen Therapie sugher ebenso besprochen wie neue Trends in der chirurgischgeriert fälschlicherweise ein uniformes Bild der Herzinsuffizioperativen Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz.
enz. Tatsächlich ist die Herzinsuffizienz ein ausgesprochen heterogenes Syndrom.
Wir hoffen, Ihnen auch diesmal wieder eine interessante Mischung aus wissenschaftlicher Information und praktisch nützMit einem verbesserten Verständnis und einer entsprechenden
lichen Leitlinien bieten zu können. Es ist unser Ziel, komplexe
Probleme im Zusammenhang mit der Herzinsuffizienz durch
Diagnostik besonders auf dem Gebiet der entzündlichen und
eine differenzierte Darstellung besser verständlich zu machen,
genetischen Herzerkrankungen hat sich das Spektrum der zuum so die Arbeit im klinischen Alltag zu erleichtern.
grunde liegenden Ursachen in den letzten Jahren noch erweitert. Die Kenntnis der Ätiologie ist nicht nur für das VerständWir möchten Sie jetzt schon sehr herzlich zum diesjährigen
nis der individuellen Pathophysiologie von Bedeutung, sonDreiländertreffen Herzinsuffizienz einladen, das von 27. 9. bis
dern ermöglicht in vielen Fällen auch eine kausale Therapie.
29. 9. 2012 in Innsbruck stattfinden wird. Der Kongress steht
Aus diesem Grund haben wir diesmal bekannte und „neue“
Ursachen der Kardiomyopathie und die sich daraus ergebende
unter dem Motto „Kardiomyopathie und Interdisziplinarität im
kausale Therapie zur Diskussion gestellt.
Mittelpunkt“ und wird neben hochkarätigen Symposien auch
praktische Information in Form von Workshops bieten.
Die vorliegenden Artikel beschäftigen sich mit der zweifellos
häufigsten Ursache der Herzinsuffizienz, nämlich der KHK,
Gerhard Pölzl, Matthias Frick
aber auch mit den weniger häufigen, deswegen jedoch nicht
Das 6. Innsbrucker Konsensusmeeting Herzinsuffizienz am
26. 11. 2011 war dem Thema
„Ursachen der Herzinsuffizienz:
KHK und was noch …“ gewidmet.
wiSsenschaftliche Beiräte
Univ.-Prof. Dr. M. Baghestanian, Wien; Prim. Dr. W. Benzer,
Feldkirch; Prim. Univ.-Doz. Dr. D. Brandt, Graz; Univ.-Prof. Dr.
M. Brodmann, Graz; Prim. Univ.-Doz. Dr. M. Cejna, Feldkirch; OA Dr.
C. Dornaus, Wien; Prim. Univ.-Prof. Dr. B. Eber, Wels; Univ.-Prof. Dr. G.
Fraedrich, Innsbruck; Prim. Univ.-Prof. Dr. M. Francesconi, Alland;
Univ.-Prof. Dr. F. Fruhwald, Graz; Univ.-Prof. DDr. R. Gasser, Graz;
Prim. Dr. G. Gaul, Wien; Univ.-Prof. DDr. G. Grimm, Klagenfurt; Univ.Prof. Dr. M. Grimm, Wien; Univ.-Doz. Dr. K. Hergan, Feldkirch; Prim.
Univ.-Prof. Dr. K. Huber, Wien; Univ.-Doz. Dr. R. Katzenschlager,
Wien; Univ.-Doz. Dr. H. Köppel, Graz; Univ.-Prof. Dr. C. Kopp,
Wien; Univ.-Prof. Dr. R. Koppensteiner, Wien; Prim. Univ.-Doz. Dr.
G. Kronik, Krems; Prim. Univ.-Prof. Dr. P. Kühn, Linz; Univ.-Prof. Dr.
J. Lammer, Wien; Prim. Univ.-Prof. Dr. P. Lechleitner, Lienz; Prim. Univ.-
universimed.com
Doz. Dr. F­. Leisch, Linz; Univ.-Prof. Dr. E. Minar, Wien; Univ.-Prof. Dr.
V. Mühlberger, Innsbruck; Prim. Dr. H. J. Nesser, Linz; Univ.-Prof. Dr.
R. Pacher, Wien; Univ.-Prof. Dr. O. Pachinger, Innsbruck; Prim. Univ.Prof. Dr. M. Pichler, Salzburg; Prim. Univ.-Doz. Dr. A. Podczeck, Wien;
Univ.-Prof. Dr. P. Polterauer, Wien; Univ.-Doz. Dr. G. Pölzl, Innsbruck;
Univ.-Prof. Dr. F. Rauscha, Wien; Univ.-Prof. Dr. A. Rieder, Wien; Univ.Prof. Dr. M. Schillinger, Wien; Prim. Univ.-Prof. Dr. K. Silberbauer,
Eisenstadt; Univ.-Prof. Dr. H. Sinzinger, Wien; Prim. Univ.-Prof. Dr. J.
Slany, Wien; Prim. Univ.-Prof. Dr. T. Stefenelli, Wien; Univ.-Prof. Dr. J.
Strametz-Juranek, Wien; Dr. W. Sturm, Innsbruck; Prim. Univ.-Doz.
Dr. O. Traindl, Mistelbach; Univ.-Prof. Dr. H. Weber, Wien; Univ.-Prof.
Dr. M. Wolzt, Wien; Univ.-Prof. Dr. M. Zehetgruber, Wien; Univ.-Prof.
Dr. R. Zweiker, Graz
3 I
JATROS
6. Konsensusmeeting Innsbruck
Kardiologie & Gefäßmedizin 2 I 2012
Die ischämische
Kardiomyopathie
J. Altenberger, Salzburg
Die koronare Herzerkrankung (KHK) gilt in industrialisierten Ländern als die häufigste Ursache für die Herzinsuffizienz. Bei 70% aller Kardiomyopathien findet sich initial eine Assoziation mit KHK. Eine ischämische
Kardiomyopathie wird allerdings nicht durch die pure Anwesenheit von singulären Koronarstenosen definiert. Die Koronarpathologie sollte so weit fortgeschritten sein, dass eine daraus resultierende Linksventrikeldysfunktion vorstellbar ist. Nach einer Definition von Felker (JACC 2002) muss für die Diagnose einer
ischämischen Kardiomyopathie eines der Kriterien aus Tabelle 1 erfüllt sein.
Therapie
Diese Definition stammt aus Untersuchungen, wonach erst eine nach dieser
Definition exzessivere Koronarpathologie
prognostisch relevant ist.
Die neurohumorale Therapie der chronischen systolischen Herzinsuffizienz gilt
auch bei der ischämischen Kardiomyopathie als die medikamentöse Basisbehandlung. Es ist zu betonen, dass bei allen
großen Medikamentenstudien zur systolischen Herzinsuffizienz eine relevante
Anzahl von Patienten mit Kardiomyopathien ischämischer Genese vertreten waren. Die günstigen Effekte der Antagonisten des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems und der Betablocker betref-
Diagnose
Der Goldstandard zur Diagnose der ischämischen Kardiomyopathie ist die Koronarangiografie. Obgleich die computertomografische Koronardiagnostik immer subtiler wird, liefert die Koronarangiografie noch immer die wertvolleren
und exakteren Aussagen.
Ischämische Kardiomyopathie
• Patienten nach Myokardinfarkt oder Revaskularisation (CABG oder PCI)
• Patienten mit >75%iger Stenose der proximalen LAD oder des linken Hauptstammes
• Patienten mit >75%igen Stenosen in 2 oder mehr epikardialen Gefäßen
Tab. 1: Vorschlag für eine Definition der ischämischen Kardiomyopathie, adaptiert nach Felker et
al, JACC 2002
ICD-Implantation
Empfehlung
ICD als Primärprophylaxe
Population
Klasse
Level
Ischämische CMP frühestens 40 Tage nach
Herzinfarkt LVEF ≤35%;
NYHA-Klasse II–III
Optimierte medikamentöse Therapie
Lebenserwartung von zumindest 1 Jahr
I
A
Tab. 2: ESC-Guidelines für die prophylaktische ICD-Implantation bei ischämischer Kardiomyopathie
I 4
fend die Reduktion der Hospitalisierungen wie auch der Mortalität sind für
diese Patientengruppe valide und besonders hervorzuheben. Es sei darauf hingewiesen, dass die medikamentöse Therapie
individualisiert und wenn möglich in die
von den Fachgesellschaften empfohlenen
Zielbereiche aufzudosieren ist.
Revaskularisation
Während die medikamentöse Therapie
eindeutig und nachweislich mit einem
prognostisch relevanten Benefit einhergeht, wird die Revaskularisation in letzter
Zeit kontrovers diskutiert. Akutpatienten
sowie im Sinne von Angina pectoris hoch
symptomatische Patienten zeigen einen
eindeutigen Nutzen von Revaskularisationsmaßnahmen. Ob die klassische Revaskularisation mittels Bypass-Op oder
Multivessel-PCI im chronischen Stadium
der ischämischen Kardiomyopathie einen
Mortalitätsvorteil erbringt, ist umstritten.
Mangels klarer Evidenz zu diesem Thema
untersuchte die STICH-Studie die Frage,
ob Patienten mit einer EF <35% und einer koronaren Herzkrankheit von einer
Revaskularisation profitieren würden.
Insgesamt wurden 1.212 Patienten 1:1 zu
einer Revaskularisation mittels BypassOp oder zu einer alleinigen medikamentösen Therapie randomisiert. Hoch symuniversimed.com
urt
o
| referat
Resynchronisationstherapie
Empfehlung
Population
Klasse
Level
CRT-P/CRT-D-Empfehlung zur Reduktion von Morbidität
und Mortalität
NYHA-Klasse III/IV
LVEF ≤35%
QRS ≥120ms, SR
Optimierte medikamentöse Therapie
I
A
CRT-P-, bevorzugt aber CRT-D-Empfehlung zur
Reduktion von Morbidität oder zur Verhinderung der
Erkrankungsprogression
NYHA-Klasse II
LVEF ≤35%
QRS ≥150ms, SR
Optimierte medikamentöse Therapie
I
A
Tab. 3: ESC-Guidelines zur kardialen Resynchronisationstherapie
ptomatische Patienten im CCS-Stadium
III/IV oder jene mit >50%igen Hauptstammstenosen waren von der medikamentösen Therapiegruppe ausgenommen. Nach einem medianen Follow-up
von 56 Monaten zeigte sich zwischen den
beiden Studiengruppen kein signifikanter
Unterschied im primären Endpunkt
(Tod jeglicher Ursache). Lediglich in der
Hospitalisierungsrate wegen Herzinsuffizienz war ein Benefit zugunsten der Bypass-Gruppe zu verzeichnen. Während
der Follow-up-Periode wurden insgesamt
100 Patienten (17%) aus dem medikamentösen Arm aus verschiedensten
Gründen (Angina pectoris, Dekompensation, Patientenwunsch etc.) einer BypassOp unterzogen. In der präspezifizierten
As-treated-Analyse zeigt sich in der Bypass-Gruppe letztlich doch eine signifikante Reduktion des primären Endpunktes. Die STICH-Studie wird naturgemäß sehr intensiv und kontrovers diskutiert.
Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt
die mangels Rekrutierung vorzeitig abgebrochene und somit weniger aussagekräftige HEART Study von John Cleland.
Insgesamt wird die Bedeutung der Revaskularisation bei ischämischer Kardiomyopathie durch diese zusätzliche Evidenz
untermauert, obgleich man sich von dieser klassischen Therapieoption einen höheren Effekt erwartet hätte.
Hibernating myocardium
Bei 50–60% der Patienten findet sich ein
Nachweis von hibernating myocardium,
also vitalem, aber funktionell inaktivem
Herzmuskelgewebe. Der Nachweis, die
Quantifizierung sowie die gezielte Revaskularisation solcher Myokardabschnitte
CSI 2012 –
erscheinen plausibel. Catheter InterventIonS In
Entsprechend wurden an einer Subpopulation aus der STICH-Studie Vitalitätstests mittels SPECT oder Dobutamin-Stressechokardiografien
durchgeführt. Interessanterweise zeigte die Revaskularisation von Patienten mit einem
substanziellen Anteil von viablem Myokard keinen entsprechenden Benefit.
Dies steht allerdings im klaren Gegensatz
zu kleineren Studien, wonach man davon
ausgeht, dass Patienten mit ischämischer
Kardiomyopathie umso mehr von der
Revaskularisation profitieren, je größer
der Anteil an hibernating myocardium
ist. Eigene unpublizierte Daten weisen
darauf hin, dass die Revaskularisation
dann prognostisch relevant ist, wenn
mindestens 20% hibernating myocardium des linken Ventrikels revaskularisiert werden.
trikelfunktion unter optimierter medikamentöser Basistherapie eine Klasse-I-A-Indikation zur prophylaktischen Implantation eines ICD-Systems (Tab. 2).
Ischämische Kardiomyopathien profitieren auch von der kardialen Resynchronisationstherapie, insbesondere was die
Verbesserung des NYHA-Stadiums betrifft (Tab. 3).
Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass
die Effekte der CRT etwas weniger ausgeprägt sein dürften, insbesondere was
die Auswirkungen auf die Linksventrikelfunktion und den reversen Remodellingprozess betrifft. Zudem ist darauf zu achten, dass im Zielgebiet der linksventrikulären Sonde keine ausgedehnten Vernarbungen vorliegen. Zur Abklärung
empfehlen sich MRI-Scans.
Wertvolle Tools zur Vitalitätsdiagnostik
sind neben SPECT und der DobutaminEchokardiografie vor allem das MRI und
die Stress-MRI-Untersuchung.
Prim. Dr. Johann Altenberger
Devicetherapie
Prim. Dr. Johann Altenberger
n
Autor:
Korrespondenz:
Pensionsversicherungsanstalt
Nach den ESC-Guidelines besteht insbesondere bei ischämischer Kardiomyopathie mit hochgradig reduzierter Linksven-
SKA-Rehabilitationszentrum Großgmain
E-Mail: [email protected]
kar120206
CSI 2012 – Catheter Interventions in Congenital
& Structural Heart Disease
28.–30. Juni 2012
Frankfurt
Information:
cme4u GmbH
Gutleutstraße 322, 60327 Frankfurt (D)
Tel.: +49/69/89 99 05 07, Fax: +49/69/25 62 86 58
E-Mail: [email protected]
www.cme4u.org, www.csi-congress.org
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universimed.com
heart DISeaSe
June 28 – 30, 2012 | Frankfurt, germany
www.csi-congress.org
5 I
JATROS
6. Konsensusmeeting Innsbruck
Kardiologie & Gefäßmedizin 2 I 2012
Valvuläre Kardiomyopathie
C. Ebner, Linz
Die Prävalenz relevanter Klappenerkrankungen nimmt mit dem Alter deutlich zu und beträgt in der Altersgruppe der über 75-Jährigen bis zu 13% (Abb. 1). Aortenklappenstenose und Mitralklappeninsuffizienz
sind die häufigsten Linksherz-Klappenfehler, die zu einer Herzinsuffizienz führen können, daher kommt
deren Behandlung eine besondere Bedeutung zu. Neue katheterbasierte Interventionsmöglichkeiten eröffnen auch für Patienten in höherem Alter und bei bestehender Komorbidität neue Therapieoptionen.
Graduierung der Aortenklappenstenose
Bei einer Aortenklappenöffnungsfläche
von ≤1cm2 oder einer indizierten Öffnungsfläche ≤0,6cm2/m2 Körperoberfläche spricht man von einer hochgradigen
Stenose, wobei die Doppler-Echokardiografie das wichtigste diagnostische Verfahren zur Quantifizierung ist. Ermittelt
wird dabei die Öffnungsfläche über die
„Kontinuitätsgleichung“. In selbige Berechnung gehen der maximale transvalvuläre Gradient (= instantaner Gradient)
über der Stenose, der Gradient im linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT) und
die Weite des LVOT ein.
Verlauf und Indikation zur Sanierung
Der natürliche Verlauf einer Aortenklappenstenose ist benigne und aus diesem
I 6
auch der Grund, warum die asymptomatische Stenose regelmäßig einer Belastungsuntersuchung (z.B. Ergometrie) unterzogen werden sollte.
Bei Auftreten von Symptomen ist die Sanierung nach den Guidelines gefordert
(Klasse-IB-Indikation). Weiters ist die
Sanierung einer hochgradigen Aortenklappenstenose mit beginnender Einschränkung
der
linksventrikulären
Pumpleistung (LVEF≤50%) empfohlen,
Prävalenz von Herzklappenerkrankungen
© UNIVERSIMED ®
2–7% aller Personen über dem 65. Lebensjahr haben eine Aortenklappenstenose, wobei die Hälfte als schwer einzustufen ist. Die häufigste Ursache (in nahezu 50% der Fälle), vor allem bei den
über 70-Jährigen, sind degenerative Veränderungen durch zunehmende Fibrosierung und Verkalkung der Klappe. Postentzündliche (postrheumatische) Veränderungen und die bikuspide Aortenklappe kommen bei den über
70-Jährigen ca. je zu einem Viertel vor.
Grund empfiehlt man die Sanierung erst,
wenn typische Symptome wie Dyspnoe,
Stenokardien oder Synkopen auftreten.
Insbesondere wenn Herzinsuffizienzsymptome auftreten, kommt es zu einer
deutlichen Mortalitätszunahme, wenn
der Klappenfehler nicht saniert wird. Leider ist die Angabe von Symptomen, und
hier insbesondere der Dyspnoe, problematisch, da die Patienten sich in ihrer
Belastung zurücknehmen und sich damit
nicht als symptomatisch sehen. Dies ist
14
12
Prävalenz moderater oder
schwerer Klappenerkrankungen (%)
Aortenklappenstenose
alle Klappen
Mitralklappe
Aortenklappe
10
8
6
4
2
0
<45
45–54
55–64
65–74
≥75
Alter (Jahre)
Abb. 1: Prävalenz von Herzklappenerkrankungen in Abhängigkeit vom Alter. Modifiziert nach
Nkomo, Lancet 2006
universimed.com
| referat
endgültige Platzierung in der stenosierten
Klappe unterschiedlich. Die Prozedur
selbst erfolgt durch interventionelle Kardiologen. Die Edwards-Prothese kann
aber auch transapikal vom Herzchirurgen
implantiert werden.
Abb. 2: TAVI
auch wenn der Patient noch asymptomatisch ist (Klasse-IC-Indikation).
Ist bei Patienten mit hochgradig reduzierter LVEF und morphologisch hochgradiger Stenose der mittlere transvalvuläre Gradient >40mmHg, soll auf jeden
Fall eine Sanierung erfolgen, da sich die
Ventrikelfunktion postoperativ meistens
erholt.
Problem:
„LOW Flow“/„Low Gradient“-Stenose
Sehr viel problematischer ist jene Patientengruppe, die sich zum ersten Mal
mit einer hochgradigen linksventrikulären Pumpfunktionsbeeinträchtigung
und einer suspekt hochgradigen Aortenklappenstenose mit einem mittleren
transvalvulären Gradienten <40mmHg
präsentiert. Ursache dieser „Low Flow“/
„Low Gradient“-Aortenklappenstenose
kann einerseits eine hochgradige Aortenstenose (≤1cm2) sein, die zur Dekompensation des linken Ventrikels führt, andererseits aber auch eine hochgradige
Pumpfunktionsbeeinträchtigung primär
anderer Genese (z.B. dilatative oder ischämische CMP), bei der eine nur mittelgradige Aortenklappenstenose (>1cm2)
vorliegt.
Differenzierung bringt hier die LowDose-Dobutamin-Stress-Echokardiografie.
Hier kann man dann zwischen einer
„wahren hochgradigen Aortenklappenstenose“ mit schlechter Pumpleistung und
einer
„Pseudo-Aortenklappenstenose“
und schlechter Ventrikelfunktion primär
anderer Genese unterscheiden. Zusätzlich
bekommt man auch Informationen über
universimed.com
die kontraktile Reserve des linken Ventrikels. Dies hat prognostische Auswirkungen, da die Patienten mit erhaltener
kontraktiler Reserve ein deutlich besseres
postoperatives Outcome bzw. Langzeitüberleben haben. Obwohl bei Patienten
ohne kontraktile Reserve ein deutlich höheres perioperatives Mortalitätrisiko vorliegt, ist das rein medikamentöse Management dieser Patientengruppe mit
dem schlechtesten Langzeitüberleben behaftet, sodass, wenn irgendwie möglich,
der Klappensanierung der Vorzug gegeben werden soll.
Die hochgradige Aortenklappenstenose
mit hochgradiger Pumpfunktionsbeeinträchtigung hat mit einem medikamentös konservativen Procedere ohne Sanierung einen deutlich schlechteren Verlauf.
Während das perioperative Mortalitätsrisiko eines Standard-Aortenklappenersatzes zwischen 3 und 6% liegt, hat die
chirurgische Sanierung einer Aortenklappenstenose mit einer LVEF<40% eine
deutlich höhere perioperative Mortalität
von 6–33%.
Transkatheter-Aortenklappenimplantation
(TAVI): Alternative für Hochrisikopatienten?
In den letzten Jahren haben sich für den
Aortenklappenersatz, insbesondere bei
Patienten mit erhöhtem perioperativem
Risiko, Verfahren via Linksherzkathetertechnik (TAVI) etabliert, wobei hier die
„Edwards“- und die „CoreValve“Prothese verwendet werden (Abb. 2).
Während das Vorbringen über eine Leistenarterie und dann retrograd über die
Aorta bei beiden gleich ist, erfolgt die
Eine relativ rezente Studie hat bei Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose und eingeschränkter Linksventrikelfunktion die operative Sanierung vs.
TAVI-Prozedur untersucht. Die Patienten in der TAVI-Gruppe waren signifikant älter, klinisch in einem schlechteren
NYHA-Stadium und hatten einen deutlich höheren logistischen EuroSCORE
bzw. STS-Score. Trotzdem kam es in der
TAVI-Gruppe zu einer schnelleren und
besseren Erholung der LVEF ohne relevanten Unterschied in der 30-TagesMortalität.
Indikation zur Sanierung
Aktuelle Empfehlungen zur Sanierung einer schweren Aortenklappenstenose bestehen, wenn der Patient symptomatisch
wird, bzw. bei asymptomatischen Patienten, wenn die LVEF<50% ist. Ist der
Patient ein OP-Kandidat, so sollte nach
der derzeitigen Meinung der Operation
der Vorzug gegeben werden, wobei dies
auch bei biologisch rüstigen Patienten
über dem 80. Lebensjahr mit nicht allzu
hoher perioperativer Mortalität möglich
ist. Besteht eine Kontraindikation oder
ein deutlich erhöhtes OP-Risiko wegen
begleitender Komorbidität, muss eine
Sanierung mittels TAVI-Prozedur in Erwägung gezogen werden, sofern die zu
erwartende Lebenserwartung noch bei
über einem Jahr liegt.
Mitralklappeninsuffizienz
Die Mitralklappeninsuffizienz ist der
zweithäufigste Klappenfehler, man findet
ihn bei 20% aller Patienten >55 Jahre.
Weiters entwickeln etwa 30% der Patienten nach einem Myokardinfarkt und
30–50% der Patienten mit Herzinsuffizienz eine relevante Mitralklappeninsuffizienz. Symptomatische Patienten sollten
eigentlich einer Klappenoperation unterzogen werden. Ein europäischer Survey
zeigt aber, dass nur etwa die Hälfte all jener Patienten mit einer LVEF von 30–
60% operiert wird, obwohl sie eine
Klasse-IA-Empfehlung
nach
den
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JATROS
6. Konsensusmeeting Innsbruck
Kardiologie & Gefäßmedizin 2 I 2012
Abb. 4: Die MitraClip-Prozedur
Abb. 3: Das MitraClip-System
Guidelines haben. Ursachen für eine Ablehnung sind hohes Alter, eingeschränkte
LVEF oder multiple Komorbiditäten.
Das Problem mit der Mitralklappeninsuffizienz!
Die normale Funktion der Mitralklappe
erfordert eine komplexe Interaktion zwischen den Mitralklappensegeln, dem subvalvulären Apparat (Chorda tendineae
und Papillarmuskel), dem Mitralannulus
und dem linken Ventrikel. Eine Störung
eines dieser Kompartimente führt zur
Undichtheit der Klappe.
Man unterscheidet pathomorphologisch
zwei Arten der Mitralinsuffizienz:
Bei der organischen (primären, degenerativen) Form liegt das ursächliche Problem
in einer Degeneration der Klappe oder des
chordalen Apparates. Folgen sind der Prolaps einzelner oder mehrerer Klappenabschnitte (Morbus Barlow) oder ein „flail
leaflet“, bei dem wegen einer Teilruptur
des Aufhängeapparates ein freies Ende der
Klappe in den Vorhof zurückschlägt.
Die funktionelle Klappeninsuffizienz ist
eigentlich eine Erkrankung des linken
Ventrikels als Folge einer ischämischen
Herzerkrankung oder einer Kardiomyopathie. Durch Änderung der Ventrikelgeometrie kommt es zur Verlagerung der Papillarmuskeln oder durch Infarktschwielen zu Restriktionen der Klappensegel.
Sanierung einer signifikanten Mitralklappeninsuffizienz
Auch im weiteren Therapievorgehen besteht ein Unterschied zwischen den beiden Formen:
I 8
Abb. 4: Die MitraClip-Prozedur
Bei der degenerativen/organischen Form
kann beim asymptomatischen Patienten
zugewartet werden („watchful waiting“),
wobei regelmäßige Kontrollen notwendig
sind, um rechtzeitig eine Verschlechterung zu erkennen. Ist die LVEF nicht
mehr hoch normal (<60%), der endsystolische Ventrikel-Diameter über 45mm,
der systolische Pulmonalarteriendruck
über 50mmHg oder kommt es zum Vorhofflimmern, so besteht auch beim asymptomatischen Patienten die Indikation
zur Sanierung. Hier wird heutzutage die
chirurgische Sanierung mittels Mitralklappen-Repair und Ringimplantation
empfohlen. Selbst bei eingeschränkter
LVEF<30% sollte, sofern ein KlappenRepair möglich scheint und wenn eine
niedrige Komorbidität vorliegt, eine chirurgische Sanierung mittels Klappen-Repair mit Ring angestrebt werden. In den
letzten Jahren haben sich in spezialisierten Zentren minimal invasive Operationstechniken mit Zugang über den rechten Hemithorax als gute Alternative zur
Sternotomie etabliert.
Viel problematischer ist die Situation bei
der funktionellen Mitralklappeninsuffizienz, wo ja meistens eine Erkrankung des
linken Ventrikels mit oft zumindest mittelgradiger Pumpfunktionsstörung vorliegt. Hier führt bereits eine mittelgradige Mitralklappeninsuffizienz (2+) zu einer deutlich erhöhten kardialen Mortalität, insbesondere wenn eine ischämische
Pumpleistungsstörung die Ursache ist.
Weitere Prädiktoren für ein schlechtes
Outcome sind höheres Alter, niedrige
LVEF, eine hochgradige Insuffizienz (MR
III–IV), renale Insuffizienz, Vorhofflim-
mern und deutliche Herzinsuffizienzsymptomatik (NYHA III–IV). Alec Vanhanian präsentierte am TCT 2011 Daten,
die zeigen, dass die chirurgische Sanierung einer funktionellen Mitralklappeninsuffizienz eine deutlich höhere perioperative Mortalität (18,7%) und ein deutlich schlechteres 5-Jahres-Überleben
(50%) hat als die Sanierung eines Mitralklappenprolaps.
Ein Prädiktor für ein schlechteres Outcome bei ischämischer Mitralklappeninsuffizienz ist eine linksventrikuläre enddiastolische Dimension von ≥65mm, da
hier das Reverse Remodeling des linken
Ventrikels nur in 25% der Fälle stattfindet. Ein Reverse Remodeling wäre aber
die Voraussetzung, um eine signifikante
Reinsuffizienz zu verhindern.
Eine neurohumorale Herzinsuffizienztherapie sollte bei dekompensierter Mitralklappeninsuffizienz zwar die Basis sein,
leider ist aber auch die rein medikamentöse Therapie hier langfristig keine gute
Option, wie rezente Studien zeigen.
MitraClip-Prozedur als Alternative zur
Operation?
In den letzten Jahren hat eine Methode
zur Sanierung einer signifikanten Mitralklappeninsuffizienz an Bedeutung gewonnen, wobei, ähnlich wie bei der chirurgischen Alfieri-Methode, die freien
Enden des mittleren Abschnittes des anterioren und posterioren Mitralklappensegels – in diesem Fall mit einem speziellen Clip – verbunden werden. Dadurch
hat die Klappe dann zwei Orifizien. Bei
der MitraClip-Methode (Abb. 3 und 4)
universimed.com
| referat
wird über die rechte V. femoralis eine 24-Fr-Schleuse eingebracht
und in der Folge via transseptale Punktion in den linken Vorhof
platziert. Der Clip wird dann über die Mitralklappe in den linken
Ventrikel vorgeschoben und im Rückzug mit geöffneten Clip-Armen werden die freien Enden des anterioren und posterioren Segels
gefangen und durch Schließen des Clips fixiert. In Abhängigkeit
von der verbleibenden Restinsuffizienz können mehrere Clips nebeneinander platziert werden. Zur Prozedur ist eine Vollnarkose
notwendig, da die gesamte Prozedur und vor allem die Clip-Platzierung zu 90% mit transösophagealer Echokardiografie (TEE) überwacht wird. Trotzdem ist sie in geübter Hand mit einem niedrigen
periinterventionellen Risiko behaftet und die Patienten können
meist bereits nach einem Tag wieder die Intensivstation verlassen.
Einzigiekartion
nd
ARB mit I
askulär6e
v
o
i
d
r
a
K
„
on“
Präventi
Mehr als 4.000 dieser Prozeduren wurden weltweit bereits
durchgeführt und insbesondere in Europa ist die kommerzielle
Anwendung dieser Methode stark steigend. Die am ACC 2011
präsentierten 2-Jahres-Daten der EVEREST-Studie zeigten, dass
zwar die chirugische Sanierung den Insuffizienzgrad effektiver
reduzieren konnte, aber in der MitraClip-Gruppe weniger Komplikationen auftraten und die Patienten in einem besseren klinischen NYHA-Stadium waren; auch zeigte sich ein eindeutiges
positives ventrikuläres Remodeling. Vor allem bei Patienten mit
schwerer Herzinsuffizienz und deutlich reduzierter Pumpleistung oder bei Patienten, bei denen trotz Implantation eines kardialen Resynchronisations-Devices (CRT-Schrittmacher) die
Mitralklappeninsuffizienz persistiert, scheint der MitraClip
eine gute Alternative zu sein. Eine exakte Evaluierung mit TEE
ist vor der Prozedur notwendig, um zu beurteilen, ob die Klappenmorphologie für diese Prozedur geeignet ist.
Starke Blutdrucksenkung5
Der optimale Patient für die MitraClip-Prozedur ist somit jener,
der ein hohes Risiko für eine chirurgische Sanierung aufweist
und bei dem die Mitralklappenmorphologie im TEE für einen
solchen Eingriff geeignet erscheint.
Zusammenfassung
Herzklappenfehler und deren Sanierung kommt wegen der aktuellen und zukünftigen Entwicklung der Altersstruktur eine besondere Bedeutung zu. Insbesondere wenn der Klappenfehler dekompensiert und Symptome der Herzinsuffizienz oder relevante
Pumpleistungsstörungen resultieren, ist rasches Handeln nach exakter Diagnosestellung angezeigt. Einerseits ermöglichen verfeinerte chirurgische Techniken Operationen bis ins hohe Alter bei
akzeptabler perioperativer Mortalität. Andererseits kann mit katheterbasierten Methoden einem Teil jener Patienten geholfen
werden, die wegen ihrer Komorbidität ein zu hohes Operationsrisiko haben.
n
Autor: OA Dr. Christian Ebner
Krankenhaus der Elisabethinen Linz
II. Interne Abteilung
E-Mail: [email protected]
kar120208
universimed.com
Fachinformation zu Inserat siehe Seite 47
Literatur beim Verfasser
MI-10/08-CMC-14-D
1) Burnier & Brunner; Lancet 2000;355:637-645.
2) Kurtz et al., Journal of Hypertension 2004;22:2253-2261.
3) Song, White.Formulary 2001;36:487-499.
4) The ONTARGET Investigators. N Eng J Med 2008;358:1547-59.
5) Battershill AJ, Scott LJ. Drugs 2006: 66(1):51-83. 6) Fachinformation
24-Stunden
Wirkung1
Ideal für
Diabetiker2
Sicher für
die Niere3
4 gute Gründe
Kardiovaskuläre
Risikoprävention4,6
JATROS
6. Konsensusmeeting Innsbruck
Kardiologie & Gefäßmedizin 2 I 2012
Inflammatorische
Kardiomyopathie
G. Pölzl, Innsbruck
Definition: Die dilatative Kardiomyopathie (DCM) ist die weitaus häufigste Herzmuskelerkrankung, gefolgt
von der hypertrophen Kardiomyopathie (HCM). Restriktive CMP (RCM), die arrhythmogene rechtsventrikuläre CMP (RVCM) und nicht klassifizierbare Kardiomyopathien (NCCM) spielen im Vergleich dazu eine
quantitativ geringe Rolle (Abb. 1a). Etwa drei Viertel der DCM beruhen auf spezifischen Ursachen wie KHK,
Hypertonie oder Herzklappenerkrankungen. Für den Rest fand sich bislang keine fassbare Ätiologie – diese
wurden daher als idiopathische DCM (iDCM) zusammengefasst (Abb. 1b).
Genetische Störungen sind vermutlich für
30–40% der iDCM verantwortlich. Der
Großteil der iDCM (ca. 50–60%) ist mit
großer Wahrscheinlichkeit jedoch auf entzündliche Veränderungen des Myokards
zurückzuführen. Folgerichtig werden diese
in der aktuellen Einteilung der WHO/
ISFC als inflammatorische Kardiomyopathien bezeichnet und den spezifischen
Kardiomyopathien zugerechnet. Dabei
wurde die inflammatorische CMP definiert als entzündliche Herzmuskelerkrankung mit hämodynamischer Dysfunktion.
Das Spektrum der klinischen Manifestation
der inflammatorischen CMP reicht von der
akuten, in seltenen Fällen fulminanten Myokarditis bis zur chronischen inflammatorischen CMP mit variabler Ausprägung von
Klinik und Myokarddysfunktion.
NCCM
M
M
C
RV
RC
© UNIVERSIMED ®
Medikamentöse antiarrhythmische Therapien
iDCM
25%
DCM
HCM
Abb. 1a:
Quantitative Verteilung der verschiedenen Kardiomyopathie-Phänotypen. DCM, dilatative Kardiomyopathie; HCM, hypertrophe Kardiomyopathie; NCCM,
nicht klassifizierbare Kardiomyopathie; RCM, restriktive Kardiomyopathie; RVCM, arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie
Abb. 1.
I 10
spez. CMP
75%
Abb. 1b:
75% der DCM haben eine spezifische
Ursache, 25% sind „idiopathisch“
Ätiologie und Pathogenese
Die akute Myokarditis heilt in den meisten Fällen ohne Spätfolgen ab. Bei etwa
20% der Patienten persistiert der Entzündungsprozess und es entwickelt sich
eine chronische inflammatorische CMP.
Phänotypisch ist diese Entwicklung
durch eine progressive Dilatation und
Funktionseinschränkung des linken Ventrikels gekennzeichnet.
Viren sind die mit Abstand häufigsten
Erreger der Myokarditis. Die Schädigung
des Herzmuskels durch Viren erfolgt auf
mehreren Wegen (Abb. 2):
1. Direkte Schädigung der infizierten
Kardiomyozyten durch die Bildung
von spezifischen Proteasen und die
Aktivierung von intrazellulären Signalkaskaden, die in letzter Konsequenz zur Zellapoptose führen.
2. Aktivierung des natürlichen Immunsystems und direkte und indirekte
Schädigung virusinfizierter Kardiomyozyten durch Makrophagen und
NK-Zellen bzw. Zytokine wie Interferon, TNF-α, iNOS usw. In weiterer
Folge Aktivierung auch des erworbenen Immunsystems, welches durch
spezifische T-Lymphozyten sowie Antikörper- und Zytokinbildung zur Virusabwehr beiträgt. Ziel dieser immuuniversimed.com
| referat
Für das Zustandekommen der CMP ist
die direkte Virustoxizität von nachrangiger Bedeutung. Dies erklärt auch, weshalb sich der Herzmuskel selbst nach fulminanter Myokarditis wieder vollständig
erholen kann. Versagt allerdings die immunologische Viruselimination, können
persistierende Viren durch anhaltende
Bildung zytotoxischer Proteine zur Erkrankungsprogression beitragen.
Hauptverantwortlich für die nachhaltige
Funktionseinschränkung des Myokards ist
die überschießende Reaktion des Immunsystems. Zytokine (z.B. IL-6) aktivieren
Matrixmetalloproteinasen (MMPs), was
zu einer Destabilisierung der extrazellulären Matrix führt. Die interstitielle Matrix ist für die Integrität der kardialen Geometrie und Funktion von großer Bedeutung, indem sie das Auseinandergleiten
von Myozyten („slippage“) verhindert und
die Myozytenkontraktion koordiniert.
Die Zerstörung der Matrix und deren Ersatz durch Narbengewebe führen zu
einem dauerhaften Verlust von Ventrikelgeometrie und -funktion. Zusätzlich hat
die anhaltende Aktivierung des erworbenen Immunsystems einen progredienten Verlust von Myozyten zur Folge.
Diagnose
Die Symptomatik der inflammatorischen
CMP ist uncharakteristisch. Die akute
Myokarditis verläuft in vielen Fällen
asymptomatisch und heilt innerhalb von
wenigen Tagen oder Wochen spontan
aus. Umgekehrt ist die fulminante Myokarditis gekennzeichnet durch eine hämodynamische Instabilität, welche ohne
universimed.com
Ursachen der inflammatorischen Kardiomyopathie
Virus
Antivirale
Immunantwort
Direkte
Virustoxizität
Zytokine
zellulär
Antikardiale
Immunantwort
© UNIVERSIMED ®
nologischen Prozesse ist die Zerstörung von infizierten Zellen und damit
die Elimination des Virus.
3. Bildung von spezifischen Antikörpern
gegen Herzmuskelproteine (z.B. gegen Myosin oder Beta-1-Adrenorezeptoren) aufgrund einer immunologischen „Verwechslung“ von virusund herzmuskelspezifischen AntigenEpitopen („antigen mimicry“) und/
oder aufgrund von direktem Kontakt
zwischen zytoplasmatischen Proteinen
und immunkompetenten Zellen.
Diese Mechanismen können zu einer
Chronifizierung des Entzündungsprozesses führen.
Zytokine
zellulär
humoral
humoral
Zerstörung
infizierter Zellen
Elimination des Virus
Zerstörung
gesunder Zellen
Entzündliche
Kardiomyopathie
Abb. 2: Direkte Virustoxizität und vor allem unspezifische und spezifische Immunantwort sind Ursachen der inflammatorischen Kardiomyopathie
Einsatz intensivmedizinischer oder interventioneller Maßnahmen zum Tod führt.
Finden sich globale oder regionale Wandbewegungsstörungen in Verbindung mit
länger anhaltenden Beschwerden wie
Müdigkeit, unklaren Thoraxschmerzen,
Dyspnoe oder Arrhythmien, muss ein
chronischer Entzündungsprozess bzw.
eine anhaltende Virusinfektion in Erwägung gezogen werden.
Ebenso gibt es keine typischen EKG-Veränderungen. Neben Reizleitungsstörungen sind auch unterschiedlichste Veränderungen von Kammerkomplex und
Endstrecke möglich. Selbst infarkttypische EKG-Bilder können auftreten.
Laborchemische Untersuchungen wie
z.B. Entzündungsparameter können diagnoseweisend sein. Eine Auslenkung
herzspezifischer Enzyme findet man in
der Regel nur bei schweren Verlaufsformen. Der serologische Nachweis kardiotroper Viren ist wenig spezifisch und
selten aussagekräftig (Ausnahmen: HIV
und Hepatitis C), die routinemäßige Bestimmung daher nicht empfehlenswert.
Die Echokardiografie gibt Auskunft
über die globale und regionale Ventrikelfunktion und einen eventuellen Perikarderguss. Damit können zwar mögliche
Folgen der Erkrankung festgestellt, nicht
aber die Myokarditis selbst diagnostiziert
werden.
Die kardiale Kernspintomografie (CMR)
hat sich mittlerweile zum Goldstandard
der nicht invasiven Diagnostik entwickelt.
Neben dem interstitiellen Ödem sind das
Vorliegen eines Perikardergusses sowie
eine Kontrastverstärkung im Myokard
(Late Enhancement, LGE) diagnoserelevant. Letzteres ist typischerweise fleckig
im gesamten Myokard verteilt und vorwiegend subepikardial lokalisiert (Abb. 3).
Zur definitiven Diagnosesicherung bedarf es nach wie vor der Endomyokardbiopsie, die sich mittlerweile als sicher
und praktikabel erwiesen hat. Die histologische Beurteilung beruht auf der Dallas-Klassifikation. Diese wird durch die
WHF(World Heart Federation)-Klassifikation ergänzt, welche sich sowohl auf
histologische als auch auf immunhistochemische und molekularbiologische Befunde stützt. Letztere erlauben eine exakte Identifizierung und quantitative Beurteilung von myokardialen Zellinfiltraten. Der immunhistologische Nachweis
von myokardialen Entzündungsreaktionen (verstärkte Expression von HLAoder Adhäsionsmolekülen bzw. aktiviertem Gefäßendothel) ermöglicht die
Erfassung von Entzündungsprozessen
auch unabhängig von fokalen Zellinfiltraten (Reduktion des „Sampling Error“!). Mittels qualitativer oder quantitativer PCR oder RT-PCR ist ein direkter
Erregernachweis im Myokard möglich.
11 I
JATROS
6. Konsensusmeeting Innsbruck
Kardiologie & Gefäßmedizin 2 I 2012
Abb. 3a:
Mit der verbesserten Diagnostik kann neben der akuten Myokarditis (≥14 Lymphozyten bzw. Makrophagen/mm2 + Myozytolyse + Ödem) auch eine BorderlineMyokarditis (≥14 Ly bzw. Ma/mm2,
keine Myozytolyse, kein Ödem) diagnostiziert werden. Je nach Vorliegen eines immunologischen Prozesses bzw. einer Viruspersistenz kann zwischen chronischer
persistierender Virusmyokarditis, chronischer autoreaktiver Myokarditis, chronischer viraler Herzmuskelerkrankung
und postmyokarditischer Herzmuskelerkrankung unterschieden werden (Abb. 4).
Abb. 3b:
Abb. 3: Kernspintomografie des Herzens (CMR). 3a: Die T2-gewichtete Aufnahme zeigt ein fleckig-diffuses
Myokardödem. 3b: Die phasensensitive „Inversion Recovery Gradient“-Echo-Sequenz („Late Enhancement“)
zeigt ein bandförmiges, midmyokardial lokalisiertes Kontrastmittel-Enhancement im Bereich der Lateralwand.
Weiters ist ein 8mm tiefer Perikarderguss inferolateral zu erkennen
Therapie
Differenzierung der inflammatorischen CMP
© UNIVERSIMED ®
Inflammatorische CMP
ohne (auto)immunolog.
Prozess
Die Wirksamkeit der Therapie der Myokarditis wurde Mitte der Neunzigerjahre
durch eine negative Studie mit aktiver
Immunsuppression nachhaltig infrage gestellt. Da ein direkter molekularbiologischer Erregernachweis zu dieser Zeit
noch nicht zur Verfügung stand, ist der
negative Studienausgang mit großer
Wahrscheinlichkeit auf eine Viruspersistenz bei einem substanziellen Anteil der
eingeschlossenen Patienten zurückzuführen. Aktuelle Studien einschließlich eigener Ergebnisse zeigen, dass die Immunsuppression bei Nachweis einer chronischen autoreaktiven Myokarditis zu einer Verbesserung der LV-Funktion und
der klinischen Symptomatik führt (Abb.
5a und b), während dies bei Viruspersistenz nicht der Fall ist.
Chronischer persistierender
(auto)immunolog. Prozess
Virus-pos
Virus-pos
Virus-neg
Virus-neg
Chronische virale
Herzmuskelerkrankung
Chronische persistierende
Virusmyokarditis
Postmyokardiale
Herzmuskelerkrankung
Chronische autoimmunologische Myokarditis
Abb. 4: Die immunhistochemische und molekularbiologische Aufarbeitung der Endomyokardbiopsie
ermöglicht eine therapierelevante Differenzierung der inflammatorischen CMP
Kardiomyopathietherapie mit Kortison
Abb. 5a:
Abb. 5b:
2,4 ± 0,9
LV-EF vor und nach Therapie
39 ± 13
LV-EF
NYHA-Klassse
NYHA-Stadium vor und nach Therapie
1,5 ± 0,6
26 ± 14
p<0,001
p<0,001
Baseline
Follow-up
Baseline
Follow-up
Abb. 5: In einer eigenen Serie von 39 Patienten mit autoreaktiver, virusnegativer Kardiomyopathie zeigt sich nach 6-monatiger Immunsuppression mit
Kortison und Azathioprin eine deutliche Verbesserung der LV-Funktion (5a) und der klinischen Symptomatik (5b)
I 12
universimed.com
| referat
Kleinere Pilotstudien sprechen dafür, dass
mit Interferon beta Entero- und Adenoviren aus dem Myokard eradiziert werden
können. Dies ist mit einer funktionellen
wie auch mit einer klinischen Verbesserung verbunden. Obgleich die Clearancerate für Parvovirus B19 niedriger liegt, ist
in vielen Fällen dennoch eine auffällige
klinische Verbesserung zu erkennen. Valide Ergebnisse von prospektiven Therapiestudien mit Interferon beta sind jedoch noch ausständig. Hyperimmunglobulin bzw. Gancyclovir kann beim
Nachweis des Zytomegalie-Virus eingesetzt werden. Immunglobuline werden
ebenfalls in der Therapie der inflammatorischen CMP mit Viruspersistenz eingesetzt. Aber
auch dazu liegen bislang keine
definitiven
Studienergebnisse
vor. Bei autoreaktiver inflammatorischer CMP kann neben der
medikamentösen Immunsuppression auch die Immunadsorption in Erwägung gezogen
werden. Für die Wirksamkeit
dieser Therapie gibt es bereits
eine Reihe von Hinweisen in der
Literatur, eine größere prospektive Studie liegt aber auch hier
nicht vor.
von der akuten Myokarditis bis zur
chronischen Herzmuskelerkrankung mit
diastolischer und/oder systolischer Dysfunktion. Viren sind die häufigsten Verursacher der Erkrankung. Für die Progression der Erkrankung ist jedoch die
überschießende Immunreaktion verantwortlich. Die Sicherung der Diagnose
ist an die Endomyokardbiopsie gebunden. Neben der histologischen Beurteilung ist die immunhistochemische und
molekularbiologische Aufarbeitung der
Biopsate unumgänglich. Obgleich bislang große Therapiestudien noch ausstehen, erscheint der Einsatz von differen-
zierten Therapiestrategien basierend auf
einer subtilen Diagnostik äußerst vielversprechend.
Literatur beim Verfasser
n
Autor: Univ.-Doz. Dr. Gerhard Pölzl
Korrespondenz: Univ.-Doz. Dr. Gerhard Pölzl
Universitätsklinik
f. Innere Medizin III/Kardiologie
Medizinische Universität Innsbruck
E-Mail: [email protected]
kar120212
Herzinsuffizienz 2012
Dreiländertreffen
Insgesamt ist die vorliegende
Evidenz für die Therapie der inflammatorischen CMP vorerst
noch spärlich. Weitgehend gesichert ist derzeit lediglich die immunsuppressive Therapie bei
autoreaktiver inflammatorischer
CMP und bei spezifischen Erkrankungen wie Sarkoidose oder
Riesenzellmyokarditis.
Neben der spezifischen Therapie
ist die zusätzliche Therapie der
Herzinsuffizienz entsprechend
den aktuellen Guidelines unbedingt erforderlich.
Zusammenfassung
Entzündliche Herzmuskelerkrankungen oder inflammatorische CMP sind für einen
Großteil der bislang als idiopathisch bezeichneten Kardiomyopathien verantwortlich. Die
klinische Ausprägung reicht
universimed.com
27. – 29. September 2012
Medizinische Universität Innsbruck
Innsbruck – Österreich
Deutsche
Gesellschaft
für Kardiologie
13 I
JATROS
6. Konsensusmeeting Innsbruck
Kardiologie & Gefäßmedizin 2 I 2012
Hypertrophe
Kardiomyopathie
M. Frick, Innsbruck
Eine linksventrikuläre Hypertrophie (≥15mm) oder gesteigerte linksventrikuläre Masse ohne Dilatation des
Ventrikelkavums wird als hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) definiert, wenn Pathologien (z.B. arterielle
Hypertonie, Aortenklappenstenose), die eine LV-Hypertrophie verursachen können, ausgeschlossen sind.
Das Ausmaß und die Lokalisation der Hypertrophie sind extrem variabel. Die Prävalenz wird mit 1:500
angegeben, womit in Österreich knapp 17.000 Patienten betroffen sind. In einigen Studien zum plötzlichen
Herztod bei Sportlern ist die HCM als häufigste Ursache bei unter 35-Jährigen genannt.
Allgemeine Aspekte
Bei der HCM handelt es sich um eine autosomal dominant vererbte Erkrankung
mit unterschiedlicher Penetranz. Es sind
>14.000 Mutationen in 8 Genen beschrieben, wobei 60–70% der Patienten Mutationen im Bereich des Sarkomers aufweisen.
Bei ca. 50% tritt die HCM als familiäre
Form auf, bei den übrigen Patienten handelt es sich um Spontanmutationen. Insgesamt ist die HCM die häufigste angeborene Herzerkrankung. Bei jungen Patienten tritt die HCM nicht selten in Kombination mit kongenitalen Syndromen
(z.B. Noonan-Syndrom, LEOPARD-Syndrom, Friedreich-Ataxie) auf.
Bisher wurden Patienten mit HCM in jene
mit Obstruktion (HOCM) bzw. ohne Obstruktion (HNCM) unterteilt. Die neuen
amerikanischen Richtlinien zur HCM
empfehlen eine leichte Änderung dieser
Einteilung (Tab. 1): Es wird nun zwischen
Patienten mit Obstruktion in Ruhe (Spitzengradient ≥30mmHg), labiler Obstruktion (Spitzengradient in Ruhe <30mmHg,
Spitzengradient
unter
Provokation
≥30mmHg) und fehlender Obstruktion
(Spitzengradient in Ruhe und unter Provokation <30mmHg) unterschieden. Circa
ein Drittel der Patienten hat keine Obstruktion, die restlichen zwei Drittel verteilen
sich auf diejenigen mit Obstruktion in
Ruhe oder labiler Obstruktion. Der Spitzengradient wird üblicherweise mittels
Doppler-Echokardiografie gemessen. Zur
Provokation werden am häufigsten Valsalva-Manöver, Nitrate oder physiologische
Belastung (Stressechokardiografie) eingesetzt. Eine Dobutamin-Stress-Echokardiografie zur Provokation wird nicht mehr
empfohlen. Pathophysiologisch steht bei
Patienten mit HCM in erster Linie die diastolische Funktionsstörung im Vorder-
Einteilung der hypertrophen Kardiomyopathie
Hämodynamik
Bedingung
Ausflusstraktobstruktion
Basale Obstruktion
in Ruhe
≥30mmHg
Labile Obstruktion
in Ruhe
unter Provokation
<30mmHg
≥30mmHg
Nicht obstruktiv
in Ruhe
unter Provokation
<30mmHg
<30mmHg
Tab. 1
I 14
grund. Nur bei ca. 10% der Patienten findet sich auch eine linksventrikuläre Kontraktionsstörung. Histologisch ist die HCM
in erster Linie durch ein „Disarray“ der Myozyten, eine Hypertrophie der intramyokardialen Gefäße sowie Fibrose charakterisiert.
Plötzlicher Herztod
Risikofaktoren
Modifikatoren
Z.n. Herzstillstand oder
anhaltende VT
Signifikante
Ausflusstraktobstruktion
positive familiäre
Anamnese für
plötzlichen Herztod
Nachweis eines LE
als Zeichen der
Fibrose im MRT
LV-Hypertrophie
≥30mm
LV Apex-Aneurysma
Rezente ungeklärte
Synkope
Vorhofflimmern/
Vorhofflattern
Nicht anhaltende VT
LA-Dilatation
Abnormales RR-Verhalten in der Ergometrie
Zeichen für
myokardiale
Ischämie beim
Stresstest
frühe Manifestation
der HCM (<30 Jahre)
Myokardbrücke in
der LAD (Patienten
<45 Jahre)
Tab. 2: Risikofaktoren und Modifikatoren für
plötzlichen Herztod
universimed.com
| referat
Eine detaillierte diagnostische Aufarbeitung der Patienten mit HCM ist essenziell.
Die Klinik der Patienten ist extrem variabel. Es kann zwischen folgenden klinischen Profilen unterschieden werden
(Abb. 1): 1. Profil: asymptomatische Patienten, bei denen meistens zufällig die
HCM festgestellt wird. Diese Patienten
haben häufig eine gute Prognose; 2. Profil:
Patienten, die sich primär mit einer malignen Rhythmusstörung bzw. plötzlichem
Herztod präsentieren; 3. Profil: Patienten
mit Herzinsuffizienzsymptomatik; 4. Profil: Patienten, bei denen vor allem Palpitationen im Vordergrund stehen.
Bei der physikalischen Untersuchung
können einerseits ein Systolikum bei Obstruktion und andererseits ein 4. Herzton
bei HCM ohne Obstruktion auffallen.
Zudem sollte man insbesondere bei jungen Patienten auf Stigmata von kongenitalen Syndromen achten.
Das EKG zeigt bei 75–95% der Patienten
Auffälligkeiten im Sinne einer LV-Hypertrophie. Bei circa einem Viertel der Patienten findet man einen linksanterioren
Hemiblock oder einen kompletten Linksschenkelblock. Die HCM ohne Obstruktion geht häufig mit einer Hypervoltage
und tief negativen T- Wellen (Abb. 2) einher, während man bei den obstruktiven
Formen Pseudoinfarkt Q finden kann.
Ein normales EKG schließt zwar eine
HCM nicht aus, da man ein unauffälliges
EKG gelegentlich bei milden HCM-Formen nachweisen kann. Allerdings sollte
man bei einem normalen EKG jedenfalls
nach Speicherkrankheiten als möglicher
Differenzialdiagnose suchen.
Die Echokardiografie ist ein entscheidendes diagnostisches „Tool“ in der Abklärung von HCM-Patienten. Die Variabilität der LV-Hypertrophie und der Obstruktion bildet sich naturgemäß auch
echokardiografisch ab. Besonderes Augenmerk sollte man auf die Erfassung einer
möglichen Obstruktion legen. Neben
den Doppler-Messungen in Ruhe ist die
Messung des Gradienten nach Durchführung von Provokationsmanövern (siehe
oben) obligat. Gelegentlich kann auch
echokardiografisch das sogenannte Brockenbrough-Zeichen erfasst werden: Dauniversimed.com
bei steigt postextrasystoKlinische Profile
lisch der intrakavitäre
Gradient deutlich an.
Neben der Erfassung eiPrognostic Profiles
ner möglichen Obstruktion dient die Echokardiografie auch zum
Nachweis des SAM(SysAF
Sudden
Heart
End
and
tolic Anterior MoveDeath
Failure
Stage
Stroke
ment)-Phänomens. DaBenign/
bei handelt es sich um
Stable
(Normal
eine Mitralinsuffizienz,
Longevity)
die durch Distorsion des
Gersh BJ et al, JACC 2011; 58: e212-60
Mitralklappenapparats
infolge der linksventri- Abb. 1
kulären Ausflusstraktobstruktion entsteht. Der
Regurgitationsjet ist typischerweise nach lateral
und posterior gerichtet
und tritt häufig in der
späten Systole auf.
Wichtig ist die Unterscheidung zu intrinsischen MitralklappenerAbb. 2: EKG-Beispiel bei nicht obstruktiver hypertropher Kardiokrankungen, wie z.B. myopathie
Prolaps oder Sehnenfadenabriss. Des Weiteren kann echokardio- Ereignisrate als Patienten mit unauffälgrafisch auch die diastolische Dysfunktion liger Ergometrie. Die autonome Dysgut dokumentiert werden.
funktion ist auch ein wichtiger Faktor in
der Stratifizierung des Risikos für den
In den letzten Jahren hat auch die Ma- plötzlichen Herztod.
gnetresonanztomografie (MRT) in der Auch das 24- bis 48h-Langzeit-EKG
HCM-Diagnostik wesentlich an Bedeu- bleibt entscheidend in der Abklärung von
tung gewonnen. Neben der morpholo- HCM-Patienten. Insbesondere sollte
gischen und funktionellen Diagnostik nach nicht anhaltenden ventrikulären Taähnlich der Echokardiografie kann mit- chykardien (≥3 konsekutive QRS-Komtels MRT vor allem das sogenannte „Late plexe mit einer Herzfrequenz von ≥120/
Enhancement“ (LE) als Zeichen der Fi- min) gesucht werden, da diese einen Risibrose nachgewiesen werden. Es konnte kofaktor für das Auftreten eines plötzgezeigt werden, dass HCM-Patienten mit lichen Herztodes darstellen. Die invasive
LE häufiger Rhythmusstörungen im elektrophysiologische Evaluierung hingeSinne von nicht anhaltenden ventriku- gen hat derzeit keinen fixen Stellenwert
lären Tachykardien, VES und supraven- für die Risikostratifizierung und ist nur
trikuläre Tachykardien haben. Zudem in speziellen Situationen indiziert.
können mittels MRT auch Differenzialdiagnosen, wie z.B. Amyloidose, gestellt Die invasive Diagnostik ist ebenfalls ein
werden.
Eckpfeiler in der diagnostischen Abklärung. Dabei geht es weniger um die BeDas Belastungs-EKG ist weiterhin un- stätigung der Diagnose durch die Endoverzichtbar bei HCM-Patienten. Mittels myokardbiopsie oder der Obstruktion
Ergometrie kann einerseits die Leistungs- durch Messung des intrakavitären Gradifähigkeit objektiviert und andererseits enten. Vielmehr sollte das Vorliegen einer
eine autonome Dysfunktion (fehlender koronaren Herzkrankheit ausgeschlossen
RR-Anstieg <20mmHg oder RR-Abfall und bei Indikation zur Alkoholablation
>20mmHg im Rahmen der Ergometrie) nach einem geeigneten septalen Ast genachgewiesen werden. Patienten mit au- sucht werden. Eine weitere Indikation
tonomer Dysfunktion haben eine höhere zur invasiven Abklärung kann der Aus© UNIVERSIMED ®
Diagnostik der HCM
15 I
6. Konsensusmeeting Innsbruck
Kardiologie & Gefäßmedizin 2 I 2012
Myektomie vs. septale Alkoholablation
Variablen
Chirurgische
Myektomie
Septale Alkoholablation
Zugang
Sternotomie
Perkutane kardiale
Katheterisierung
Dauer des Krankenhausaufenthaltes
5–7 Tage
3–4 Tage
Perioperative
Mortalität
1–2%
<1%
Erfolgsrate
>95%
>85%
Kurzzeitiger symp.
Effekt
exzellent
exzellent
Reduktion des
LVOT-Gradienten
effektiv
effektiv
Langzeit-Überleben
verbessert
unklar
Fibrose
keine
vorhanden
Wiederauftreten eines
LVOT-Gradienten
Indikationen für ICD-Implantation
Yes
Prior cardiac arrest
or Sustained VT
ICD recommended
© UNIVERSIMED ®
JATROS
No
Family history-SD
in first-degree relative or
LV wall thickness ≥30mm or
Recent unexplained syncope
Yes
ICD reasonable
No
Nonsustained VT
or
Abnormal BP response
Other SCD Risk
Modifiers Present?
Yes
Yes
selten
No
ICD can be useful
Legend
ungewöhnlich
No
Class I
Class IIa
AV-Block mit
Notwendigkeit für
Schrittmacherimplantat
ICD not recommended
ca. 2%
Class IIb
Role of ICD uncertain
Class III
ca. 20%
Gersh BJ et al, JACC 2011; 58: e212-60
modifiziert nach Marian AJ, Tex Heart J 2009; 36: 194
Tab. 3: Vergleich chirurgische Myektomie vs. septale Alkoholablation
schluss von Speichererkrankungen mittels Endomyokardbiopsie darstellen.
Das genetische Screening hat in den
letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.
Derzeit wird von den Fachgesellschaften das
genetische Screening bei HCM-Patienten
mit positiver familiärer Anamnese empfohlen. Für die Stratifizierung des Risikos eines
plötzlichen Herztodes hat das genetische
Screening aktuell keinen Stellenwert.
Wird eine HCM diagnostiziert, sollten
jedenfalls erstgradig Verwandte einer
HCM-Diagnostik (zumindest Klinik,
physikalische Untersuchung, EKG und
Echokardiografie) unterzogen werden.
Stratifizierung des Risikos für
plötzlichen Herztod
Jeder Patient mit nachgewiesener HCM
muss unabhängig von der Symptomatik
einer Stratifizierung des Risikos für das
Auftreten von malignen Rhythmusstörungen bzw. plötzlichen Herztod unterzogen werden. Zu den Risikofaktoren
werden ein bereits erlittener Herzstillstand
oder anhaltende VT, die positive familiäre
I 16
Abb. 3
Anamnese für plötzlichen Herztod, rezente ungeklärte Synkopen, LV-Hypertrophie ≥30mm, der Nachweis einer autonomen Dysfunktion in der Ergometrie
und nicht anhaltende VT im LangzeitEKG gezählt. Des Weiteren sind auch
Modifikatoren des Risikos für plötzlichen
Herztod bekannt (Tab. 2). Die neuen
Richtlinien der amerikanischen Gesellschaften empfehlen unterschiedliche Evidenzgrade für die ICD-Implantation, je
nachdem welche Risikofaktoren und Modifikatoren vorliegen (Abb. 3).
Therapie bei asymptomatischen
Patienten
Der Stellenwert der Pharmakotherapie
beim asymptomatischen Patienten ist derzeit sehr umstritten. Kardiovaskuläre Risikofaktoren sollten jedenfalls behandelt
werden und ein Training im niedrigen Frequenzbereich erscheint sinnvoll. Für die
Ausübung von Spitzensport besteht aber
eine absolute Kontraindikation. Bei asymptomatischen Patienten mit HCM sollten
Hypovolämie bzw. eine reine Vasodilatatoren- oder Diuretikatherapie vermieden
werden. Für eine chirurgische Myektomie
oder Alkoholablation besteht beim asymptomatischen Patienten keine Indikation.
Zumindest in Tierversuchen konnte gezeigt werden, dass ACE-Hemmer, Sartane,
Statine und Diltiazem eine Progression der
Hypertrophie verhindern können.
Therapie bei symptomatischen
Patienten
Mittel der ersten Wahl zur Behandlung
von Symptomen der HCM sind Betablocker, wobei eine Reihe von Faktoren, wie
der negative inotrope Effekt, die Herzfrequenzreduktion (Ziel: 60–65bpm), Verbesserung des Quotienten Sauerstoffnachfrage bzw. -angebot etc., für die Verbesserung verantwortlich gemacht werden. Bei
Betablockerunverträglichkeit oder fehlendem Ansprechen sollte Verapamil (Zieldosis 480mg/d) eingesetzt werden, alternativ ist auch Diltiazem möglich. In den
amerikanischen Richtlinien wird auch die
Gabe von Disopyramid diskutiert, welches
aber in Österreich nicht verfügbar ist.
Auch bei symptomatischen Patienten
sollten Hypovolämien vermieden werden,
universimed.com
| referat
Diuretika kommen ausschließlich bei pul- die Risikoeinstufung bezüglich eines plötz- hin symptomatisch und besteht eine HCM
monaler Stauung zur Anwendung.
lichen Herztodes hat die genetische Evalu- mit Obstruktion, ist eine chirurgische MyBei Patienten mit Ausflusstraktobstruktion ierung aber derzeit keine Bedeutung. Für ektomie oder eine perkutane septale Alkostehen zudem invasive Therapien wie die alle Patienten mit HCM sollte unbedingt holablation zu diskutieren.
chirurgische Myektomie oder die septale eine Risikostratifizierung hinsichtlich des
Literatur beim Verfasser
Alkoholablation (PTSMA, TASH) zur Auftretens von malignen Rhythmusstön
Verfügung. Indiziert sind „septale Reduk- rungen erfolgen. Entsprechend dem Ergebtionstherapien“ bei symptomatischen Pati- nis wird die Indikation zur ICD-ImplantaAutor: Priv.-Doz. Dr. Matthias Frick
Univ.-Klinik für Innere Medizin III – Kardiologie
enten (v.a. Dyspnoe oder Angina pectoris) tion gestellt. Bei symptomatischen PatiMedizinische Universität Innsbruck
bei einem Gradienten im Ausflusstrakt in enten sollte zusätzlich eine Therapie mit
Anichstraße 35, 6020 Innsbruck
Ruhe oder nach Provokation ≥50mmHg. Betablocker oder alternativ mit Isoptin
E-Mail: [email protected]
Zudem sollte der septale Wulst ausrei- durchgeführt werden. Sind die Patienten
kar120216
chend und geeignet sein, um eine septale trotz der medikamentösen Therapie weiterReduktionstherapie durchführen
zu können. Tabelle 3 gibt einen
Überblick über die wichtigsten
Unterschiede zwischen chirurgischer Myektomie und septaler
Alkoholablation. Aufgrund der
Langzeitdaten hat die chirurgische Myektomie derzeit sicherlich Vorteile. Insbesondere jüngere Patienten, ein besonders
Stärke, Ausdauer
Verträglichkeit.
großer Septumwulst oder Begleiterkrankungen, die einen herzchirurgischen Eingriff notwendig
machen, sollten einer chirurgischen Myektomie unterzogen
werden.
Eine Schrittmacherimplantation
zur Reduktion der Ausflusstraktobstruktion wird heutzutage nur
mehr in Ausnahmefällen indiziert.
Zusammenfassung
Die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) ist die häufigste angeborene Herzerkrankung; sie ist
definiert als Hypertrophie bei
normal großem Ventrikelkavum.
Der Großteil der Patienten weist
ursächlich eine genetische Störung im Bereich des Sarkomers
auf. Die HCM kann mit einer
Obstruktion in Ruhe, einer Obstruktion nur unter Provokationsmanöver oder ohne Obstruktion
auftreten. Entscheidend ist eine
detaillierte Evaluierung, wobei
die Magnetresonanztomografie
insbesondere zur Beurteilung der
Fibrose an Bedeutung gewonnen
hat. Ein genetisches Screening
wird derzeit v.a. bei positiver Familienanamnese empfohlen, für
universimed.com
Grüne Box, Kassenfrei mit IND, wenn ACE-Hemmer nicht vertragen werden. Fachkurzinformation siehe Seite: 47
3-fache Power
gegen Hypertonie!
JATROS
Kardiologie & Gefäßmedizin 2 I 2012
6. Konsensusmeeting Innsbruck
ARVC, Noncompaction und andere familiäre Kardiomyopathien
C. Stöllberger, Wien
Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie ist eine Erkrankung des rechtsventrikulären Myokards und wird autosomal dominant oder rezessiv vererbt. Bei der linksventrikulären Hypertrabekulierung/
Noncompaction hat man den Eindruck, dass das linksventrikuläre Myokard aus zwei Schichten besteht: einer
äußeren kompakten und einer inneren nicht kompakten Schicht. Augenmerk ist aber auch darauf zu legen,
dass sich die familiären Kardiomyopathien nicht nur am Herzen manifestieren können, wie es im folgenden
Beitrag am Beispiel der Laminopathie gezeigt wird.
Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC)
Die ARVC ist eine Erkrankung des
rechtsventrikulären Myokards, bei der
es zu einer fortschreitenden Umwandlung von rechtsventrikulären Myokardzellen in Fett- und Bindegewebszellen kommt. Betroffen ist das Myokard im rechtsventrikulären Einflussund
Ausflusstrakt
sowie
im
rechtsventrikulären Apex, aber es kann
auch im linksventrikulären Myokard
vorkommen. Eine Störung der Desmosomen, der Zellorganellen, die für
den Zusammenhalt der Zellen verantwortlich sind, wird als ursächlich für
diese Erkrankung angenommen. Zusätzlich spielen vermutlich Entzündungen beim Voranschreiten der Erkrankung eine Rolle. Bisher identifizierte Mutationen, die bei der Entstehung von ARVC eine Rolle spielen,
betreffen den Ryanodin-Rezeptor,
Desmoplakin, Plakophilin, Wachstumsfaktor-beta und Plakoglobin.
ARVC ist eine Erkrankung, die sich langsam entwickelt. In der Initialphase kann
es zum Auftreten von ventrikulären Arrhythmien kommen, auch wenn noch
keine Veränderungen am Myokard zu erkennen sind. Im Weiteren kommt es zu
ventrikulären Arrhythmien vergesellschaftet mit rechtsventrikulärer Dysfunktion. Die Spätphase ist durch Herzinsuffizienz mit biventrikulärer Dysfunktion
gekennzeichnet. ARVC ist eine häufige
Ursache von sportassoziierten Todesfällen
bei Jugendlichen. In Italien ist sie die
Abb. 1: Obduktionspräparat eines linken Ventrikels, der eine ausgeprägte Abb. 2: Echokardiografischer apikaler 4-Kammer-Blick bei einem Patienten
Hypertrabekulierung des linksventrikulären Apex aufweist. Das Echokar- mit linksventrikulärer Hypertrabekulierung/Noncompaction und zweilagidiogramm des Patienten ist in Abbildung 2 zu sehen
ger Struktur des Myokards
I 18
universimed.com
häufigste Ursache von Todesfällen bei
Leistungssportlern. Die Prävalenz wird
mit 1:1.000 bis 1:5.000 angegeben.
ARVC wird autosomal dominant oder
rezessiv vererbt. Krankheitsverlauf und
Schweregrad können innerhalb einer Familie sehr variabel sein.
pakten und einer inneren nicht kompakten Schicht. Diese Abnormität wird
als LVHT bezeichnet. LVHT wird sowohl in dilatierten als auch in normal
großen linken Ventrikeln gefunden, mit
oder ohne systolische Dysfunktion
(Abb. 1).
Die Diagnose der ARVC ist nicht einfach, und es müssen sowohl klinische Parameter als auch die Familienanamnese,
EKG-Kriterien und Befunde bildgebender Verfahren (Echokardiografie und
kardiales MRI) berücksichtigt werden. Je
nach der Zahl der Major- und MinorKriterien wird die Diagnose ARVC als
„definitiv“, „grenzwertig“ oder „möglich“
gestellt.1
Die Pathogenese von LVHT ist unklar.
Infolge der Ähnlichkeit mit einer Entwicklungsstufe der embryonalen Herzentwicklung wird eine Störung des
Kompaktierungsprozesses als pathogenetischer Mechanismus angenommen. Gegen diese Hypothese spricht, dass nicht
alle Fälle von LVHT angeboren sind,
sondern auch erworbene Formen beobachtet werden. Es ist unklar, ob LVHT
durch einen myokardialen Reparationsmechanismus
oder
pathologisches
Wachstum zustande kommt. LVHT tritt
häufig assoziiert mit Chromosomenabnormitäten, verschiedenen Mutationen,
die bei Kardiomyopathien gefunden
werden, neuromuskulären Erkrankungen, Speicherkrankheiten und anderen extrakardialen Erkrankungen auf. Es
ist unklar, ob LVHT eine distinkte Kardiomyopathie darstellt oder eine Abnormität, die mit verschiedensten Erkrankungen assoziiert sein kann. Letztere Annahme wird durch Ergebnisse der letzten
Jahre unterstützt.2
Linksventrikuläre Hypertrabekulierung/Noncompaction (LVHT)
Normalerweise ist der linke Ventrikel innen, bis auf die Papillarmuskeln, glatt.
In seltenen Fällen finden sich apikal des
Ansatzes der Papillarmuskeln im linken
Ventrikel Trabekel, die ein Netzwerk bilden. Man hat dann den Eindruck, dass
das linksventrikuläre Myokard aus zwei
Schichten besteht: einer äußeren komuniversimed.com
Das
Anti-Thrombotikum
mit einer Welt
an Erfahrung.
An der Vereinheitlichung der echokardiografischen diagnostischen Kriterien für
LVHT wird gearbeitet.3 Sowohl eine
vermehrte Zahl von Trabekeln als auch
die zweilagige Struktur des Myokards
sollte nachgewiesen werden. LVHT kann
auch mittels kardialem MRI, CT oder
Ventrikulografie diagnostiziert werden
(Abb. 2).
Klinische Manifestationen von LVHT
umfassen Herzinsuffizienz, Arrhythmien und embolische Ereignisse. Die
Behandlung der Herzinsuffizienz bei
LVHT unterscheidet sich nicht von der
Behandlung anderer Ursachen der systolischen Dysfunktion. Ein besonders
gutes Ansprechen auf eine kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) wird
bei LVHT beobachtet.4, 5 Die Implantation von CRT und ICD bei LVHT
zur Sekundär- und Primärprophylaxe
des plötzlichen Herztodes erfolgt entsprechend den Richtlinien für Pati-
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Fachinformation zu Inserat siehe Seite 47
Zur Therapie der ARVC gibt es keine
randomisierten Studien. Die Implantation eines implantierbaren CardioverterDefibrillators (ICD) ist zur Sekundärprophylaxe des plötzlichen Herztodes
unumstritten. Welche Patienten mit
ARVC einen ICD zur Primärprophylaxe
des plötzlichen Herztods erhalten sollen, ist nicht geklärt. Zusätzlich ist in
Betracht zu ziehen, dass infolge der
strukturellen Veränderung des rechten
Ventrikels die Gefahr von Sondenperforationen höher ist als bei anderen Kardiomyopathien. Über medikamentöse
Therapie gibt es positive Berichte über
Carvedilol, Sotalol oder Amiodaron, allerdings wird Letzteres infolge seiner
Nebenwirkungen nicht gerne bei Jugendlichen verwendet. Eine Ablation
der arrhythmogenen Areale im rechten
Ventrikel wurde versucht, bringt aber
keinen dauerhaften Erfolg, weil die Erkrankung voranschreitet und neue arrhythmogene Bezirke entstehen. Vom
Leistungssport sollte allen Patienten abgeraten werden, sobald die Diagnose
ARVC vermutet wird.
PROATENO02.20.30
| referat
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19 I
Kardiologie & Gefäßmedizin 2 I 2012
Eine Suche nach extrakardialen Krankheiten, insbesondere neuromuskulären
Erkrankungen, sollte vorgenommen
werden, sobald LVHT diagnostiziert
wurde, denn die Prognose von LVHTPatienten scheint davon abhängig zu
sein (Abb. 3).6
Die Laminopathie – eine
von vielen familiären Kardiomyopathien
Eine familiäre Häufung wird bei vielen
Kardiomyopathien gefunden. Bei
ARVC und LVHT findet man in bis zu
50% eine familiäre Häufung. Prinzipiell sollte bei jeder Kardiomyopathie
nach einer familiären Häufung gesucht
werden, indem eine Familienanamnese
erhoben wird und die Verwandten ersten Grades klinisch und mittels EKG
und Echokardiografie untersucht werden. Augenmerk ist darauf zu legen,
dass sich die familiären Kardiomyopathien nicht nur am Herz manifestieren
können, wie es am Beispiel der Laminopathie gezeigt werden soll:
Laminopathien sind gekennzeichnet
durch Mutationen des LMNA-Gens
im Chromosom 1q11-q23. Sie sind
die häufigste Ursache von familiärer
dilatativer Kardiomyopathie mit Reizleitungsstörungen.
Laminopathien
weisen eine breite phänotypische Variabilität auf. Es können Skelettmuskel,
Fettgewebe, periphere Nerven und
Knochen befallen sein, weiters kann
ein „Progeria“-Syndrom vorhanden
sein, gekennzeichnet durch vorzeitiges
I 20
Altern. Eine HerzbeÜberlebenskurven bei LVHT
teiligung bei Laminopathien ist gekenn1
zeichnet durch dilatative
Kardiomyopa0,8
thie,
Arrhythmien
und eine hohe Rate
0,6
an plötzlichem Herztod. Eine familiäre
0,4
Häufung von AVBlock,
plötzlichem
N
0,2
Herztod und dilataE
U
tiver KardiomyopaX
0
thie sollte an die
2
4
6
8
10
12
14
0
Möglichkeit einer LaZeit (Jahre)
minopathie denken
lassen. Eine gene- Abb. 3: Überlebenskurven von 162 Patienten mit linksventrikulärer
tische Untersuchung Hypertrabekulierung/Noncompaction entsprechend der neurologischen Diagnose: N = neurologisch normal, E = eindeutige neuromussollte bei Verdacht auf kuläre Erkrankung, U = neuromuskuläre Erkrankung unklarer ÄtioLaminopathie vorge- logie, X = neurologisch nicht untersucht
nommen werden. Angesichts der schlechten Prognose dieser Erkrankung emp- Referenzen:
1 Marcus FI, McKenna WJ, Sherrill D et al: Diagnofiehlt sich die Implantation eines ICD
sis of arrhythmogenic right ventricular cardiobereits bei asymptomatischen Patimyopathy/dysplasia: proposed modification of
the Task Force Criteria. Eur Heart J 2010; 31:
enten, wenn bei ihnen eine Mutation
des LMNA-Gens nachgewiesen wor- 2 806-14
Oechslin E, Jenni R: Left ventricular non-comden ist.7
paction revisited: a distinct phenotype with geZusammenfassung:
• Bei ventrikulären Arrhythmien Jugendlicher sollte an ARVC gedacht
werden! Bei Verdachtsfällen empfiehlt es sich, zur Diagnosestellung
die Task-force-Kriterien anzuwenden.1
• Der Bildgebung des Apex des linken
Ventrikels sollte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Wenn die Diagnose
LVHT gestellt wird, sollte nach neuromuskulären Erkrankungen gesucht
werden.
• Eine Familienanamnese und Screenen
der Verwandten ersten Grades mittels klinischer Untersuchung, EKG
und Echokardiogramm sollten bei allen Fällen mit dilatativer oder hypertropher Kardiomyopathie, LVHT
oder ARVC erfolgen.
3
4
5
6
7
netic heterogeneity? Eur Heart J 2011; 32: 144656
Stöllberger C, Gerecke B, Finsterer J, Engberding
R: Refinement of echocardiographic criteria for
left ventricular noncompaction. Int J Cardiol
2011 Sep 21; Epub
Eurlings LW, Pinto YM, Dennert RM, Bekkers SC:
Reversible isolated left ventricular non-compaction? Int J Cardiol 2009; 136: e35-6
Stöllberger C, Blazek G, Bucher E, Finsterer J:
Cardiac resynchronization therapy in left ventricular hypertrabeculation/non-compaction and
myopathy. Europace 2008; 10: 59-62
Stöllberger C, Blazek G, Wegner C, Finsterer J:
Heart failure, atrial fibrillation and neuromuscular disorders influence mortality in left ventricular hypertrabeculation/noncompaction. Cardiology 2011; 119: 176-82
Keller H, Finsterer J, Steger C: Novel
c.367_369del LMNA mutation manifesting as severe arrhythmias, dilated cardiomyopathy, and
myopathy. Heart Lung 2011 Oct 20; Epub
n
Autorin:
Univ.-Prof. Dr. Claudia Stöllberger
Korrespondenz:
• Genetische Untersuchungen haben
zum derzeitigen Stand des Wissens
nur einen Sinn, wenn ein gezielter
klinischer Verdacht vorliegt, z.B. auf
Laminopathie.
Univ.-Prof. Dr. Claudia Stöllberger,
II. Medizinische Abteilung,
Krankenanstalt Rudolfstiftung Wien
E-Mail: [email protected]
kar120220
universimed.com
Fachinformation zu Inserat siehe Seite 47
Eine Untersuchung der Verwandten ersten Grades mittels EKG und Echokardiografie ist sinnvoll, da LVHT in 50%
familiär gehäuft auftritt. Auch bei negativen Befunden einer Familienuntersuchung sollte zu weiterer Aufmerksamkeit geraten werden, da über die
Entwicklung von LVHT noch zu wenig bekannt ist.
| referat
© UNIVERSIMED ®
enten mit ischämischer und dilatativer
Kardiomyopathie. Eine orale Antikoagulation ist bei allen LVHT-Patienten
indiziert, die entweder schon ein embolisches Ereignis erlitten haben oder
Vorhofflimmern oder eine systolische
Dysfunktion aufweisen.
6. Konsensusmeeting Innsbruck
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OR HEALTH A
EF
ND
CL
T
TU
EM
ID 04 DATE 03-2012 – 1) Sossalla S. et al., Kardiologie 2008; 2:142-148. 2) Fachinformation 3) www.nice.org.uk/guidance/CG 126; National Institute for Health and Clinical Excellence, 2011
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JATROS
6. Konsensusmeeting Innsbruck
Kardiologie & Gefäßmedizin 2 I 2012
Chirurgische Aspekte
der CMP
H. Antretter, Innsbruck
Die moderne Herzchirurgie bietet bei verschiedensten Kardiomyopathien (CMP) unterschiedlichster Genese
operative Lösungen mit sehr gutem Outcome an. Allerdings sind die betroffenen Patienten keineswegs als
„Routinepatienten“ zu sehen. Individuelle, zum Teil komplexe Vorabklärungen sind für ein komplikationsarmes bzw. -freies operatives Procedere unabdingbar. Idealerweise werden diese Voruntersuchungen in Spezialambulanzen (z.B. Heart-Failure-Ambulanzen) durchgeführt.
Die chirurgischen Therapien seltenerer
Kardiomyopathien (hypertroph obstruktive CMP, inflammatorische CMP, arrhythmogene, rechtsventrikuläre Dysplasie, Non-Compaction-CMP, Endokardfibroelastose etc.) werden hier nicht beschrieben, auch dabei sind zum Teil
spektakuläre Ergebnisse möglich (siehe
Spezialliteratur).
Revaskularisation bei ischämischer CMP (iCMP)
Obwohl die koronare Herzerkrankung
die häufigste Ursache der Herzinsuffizienz darstellt (ADHERE-Studie), besteht immer noch wenig Konsens bezüglich Revaskularisation bei iCMP.
Dysfunktionales, lebensfähiges Myokard soll verbessert werden. Patienten
mit symptomatischer KHK und linksventrikulärer Dysfunktion profitieren
in der Regel von der interventionellen
oder operativen Revaskularisation. Die
eigentliche Herausforderung sind jeI 22
doch jene Patienten, die bei iCMP
keine Anginasymptomatik zeigen, oder
jene komplexen Patienten, die keine
Angina, grenzwertige Koronarmorphologie und signifikante Komorbiditäten
aufweisen.
Hier sind Vitalitätstestungen (Stressechokardiografie, MRI-CMR, PET, SPECT)
für eine adäquate Patientenselektion hilf-
reich bzw. manchmal unerlässlich (bringt
die Revaskularisation einen Benefit?).
Pathophysiologisch unterscheiden wir
zwischen „hibernating“ und „stunning
myocardium“. Hibernation bedeutet
chronisch dysfunktionales Gewebe aufgrund von inadäquatem Blutfluss. Durch
komplette Revaskularisation zeigt etwa
ein Drittel der betroffenen Segmente eine
Remodeling – Reverse Remodeling
© UNIVERSIMED ®
Repräsentativ sollen hier einige Aspekte
der ischämischen und valvulären CMP
aus der Sicht des Operateurs beleuchtet
werden. Schließlich werden für die terminale Form verschiedener CMP die Herztransplantation und die mechanische
Kreislaufunterstützung als Ultima Ratio
besprochen.
Hibernating Myocardium
Remodeling
A
B
C
D
E
Normal
WMA
"Early"
"Late"
End-Stage
Revascularization
Revascularization
End-diastole
End-systole
Normal
Revascularization
? Revascularization
?
Reverse Remodeling
Diagrammatic representation of postulated progressive changes in a patient with hibernating myocardium (A) no remodeling (B), mild moderate remodeling (C and D), and end stage (E) of the disorder. WMA, Wall-motion abnormality.
Reprinted with permission from J Am Coll Cardial 2006;47:978-80. Copyright 2006, The American College of Cardiology Foundation.
Abb. 1: Prozess des Remodeling und Reverse Remodeling
universimed.com
| referat
EF < 35%
Candidate for Revascularization
Yes
No angina, atypical CP
Angina
Low risk
MOD/HIGH Risk
or
Coronary angiograhpy
Coronary angiograhpy
Ischemia/Viability Testing
Ischemic and Viable
PCI/CABG
Not Ischemic or Viable
Medical Management,
ICD/CRT, Transplant
Abb. 2: Behandlungsalgorithmus für iCMP mit reduzierter EF (aus: Phillips HR et al: Revascularization
for heart failure. Am Heart J 2007; 153: 65-73)
rasche Erholung, zwei Drittel eine nachträgliche, späte Erholung (bis zu 14 Monate). Dagegen bedeutet Stunning chronisch dysfunktionales Gewebe aufgrund
repetitiv transienter Ischämien. Die Revaskularisation führt in fast zwei Dritteln
der betroffenen Segmente zu einer raschen Erholung, eine späte Verbesserung
bis nach 14 Monaten hat nur noch untergeordnete Bedeutung (ca. 10%).
Wichtig ist daher die frühe Revaskularisation, um damit eine weitere Schädigung und Verschlechterung der LVFunktion nicht nur hintanzuhalten, sondern eventuell sogar umzukehren (Reverse Remodeling), was in der frühen
Phase des Remodeling am ehesten gelingt (Abb. 1.). „The golden time“ einer
Revaskularisation von „hibernating myocardium“ ist demnach die Frühphase, in
der die Patienten nur Wandbewegungsstörungen (WMA – „wall motion abnormalities“) aufweisen. Damit erreicht
man auch eine Risikoreduktion des
plötzlichen Herztodes.
In etlichen Studien konnte bei Patienten
mit iCMP, LV-Dysfunktion und Angina
pectoris der Benefit einer Revaskularisation nachgewiesen werden. In diesen Studien war das 1-, 5- und 10-Jahres-Überuniversimed.com
sätzlicher Eingriff (z.B. Mitralklappenrekonstruktion aufgrund einer MI wegen
Anulusdilatation bei iCMP) nötig, wird
vorzugsweise der chirurgische Weg beschritten. Die perkutane Koronarintervention ist bei Patienten mit multiplen
Komorbiditäten zu favorisieren.
Abbildung 2 zeigt den Behandlungsalgorithmus für Patienten mit LV-Dysfunktion und Verdacht auf KHK.
Clinical risk assesment for CAD
Coronary
angiography
Suitable
anatomy
No
© UNIVERSIMED ®
Behandlungsalgorithmus für iCMP
leben durch Revaskularisation signifikant
besser als durch konservative Therapie.
Die Revaskularisation resultierte in
einem Reverse Remodeling mit Reduktion von LVEDV und LVESV; der Ventrikel präsentierte sich weniger „rund“
(spherical) und die LV-EF stieg an. Die
Ausdehnung des Reverse Remodeling
korrelierte mit der Anzahl viabler Segmente, identifiziert durch Low-Dose-Dobutamin-Stress-Echokardiografie. Alle
diese Ergebnisse waren statistisch hochsignifikant.
Zu Patienten ohne Angina pectoris mit
ausschließlicher HF-Symptomatik ist die
Datenlage inkonsistenter. In diesem Fall
ist neben dem Nachweis von ausreichend
vitalem Myokard die technische Machbarkeit der Revaskularisation entscheidend für die Abwägung zwischen konservativer und invasiver Therapie.
Ob der chirurgischen Revaskularisation
(aortokoronare Bypassoperation) oder
der kardiologisch-interventionellen Revaskularisation (Dilatation und Stenting)
der Vorzug gegeben werden soll, ist im
Einzelfall zu entscheiden: Die komplette
Revaskularisierung gelingt mit der Bypassoperation meist besser, was in der Regel
zu besseren Ergebnissen führt. Ist ein zu-
„Low flow“/„low gradient“-Aortenstenose
Dieses Patientenkollektiv mit einer Aortenklappenöffnung (KÖF) <1cm2, einer
deutlich reduzierten Ejektionsfraktion
unter 30–40% und einem mittleren
transvalvulären Gradienten (TVG) unter
oder um 30mmHg bedeutet ein diagnostisches und therapeutisches Dilemma.
Konservativ behandelt ist die Prognose
schlecht, die Überlebensrate gering. Nach
chirurgischem Aortenklappenersatz weist
ein Teil dieser Patienten eine hohe perioperative Mortalität (bis 21%) auf. Wird
die Operation überlebt, präsentieren
diese Patienten jedoch eine deutliche Verbesserung ihres funktionellen Status und
ihres Langzeitüberlebens.
Mit der Dobutamin-Stress-Echokardiografie kann nun zwischen der echten
und der Pseudoaortenklappenstenose
unterschieden werden: Low-Dose-Dobutamin steigert den transvalvulären
Blutfluss: Steigt dabei der TVG, während die Klappenöffnungsfläche unverändert (unter 1cm2) bleibt, liegt eine
echte, fixierte Aortenklappenstenose vor.
Diese Patienten profitieren von einem
Klappentausch, das perioperative Risiko
ist akzeptabel.
Patienten mit einem Anstieg des TVG,
einer Zunahme der KÖF auf über 1cm2
hne wesentlichen Anstieg der LV-Pumpfunktion (keine kontraktile Reserve) leiden an einer Pseudoaortenklappenstenose, somit ist die LV-Funktionsstörung
myokardialer Ursache und nicht klappenbedingt.
Wenn weder eine Zunahme des TVG
noch eine Veränderung der KÖF unter
Dobutamin-Stress-Echokardiografie erzielt wird, liegt eine stark fortgeschrittene
23 I
6. Konsensusmeeting Innsbruck
Kardiologie & Gefäßmedizin 2 I 2012
Der Mangel an kontraktiler Reserve ist
der stärkste Prädiktor für die perioperative Mortalität und das Langzeitüberleben! Liegt der Anstieg des „stroke volume“ unter Dobutamin-Belastung unter
20%, steigt die perioperative Mortalität
nach Aortenklappenersatz (AKE) auf bis
zu 33%! Findet man vice versa einen
>20%igen Anstieg des „stroke volume“
unter Dobutaminbelastung, so reduziert
sich die perioperative Mortalität nach
AKE auf 5–8%. Das 3-Jahres-Überleben
nach AKE mit kontraktiler Reserve liegt
bei ca. 79%, ohne kontraktile Reserve bei
nur 35%!
Das Fehlen der kontraktilen Reserve
sollte jedoch nicht als absolute KI zum
AKE gesehen werden, da die medikamentöse Therapie alleine ein 3-JahresÜberleben von nur 15% erreicht. Allerdings sollte bei operativer Sanierung dieser Patienten aufgrund des hohen Risikos
eine mechanische Kreislaufunterstützung
verfügbar sein, damit eine BridgingTherapie bis zur Erholung des Herzmuskels oder als Überbrückung bis zur Herztransplantation bei Bedarf etabliert werden kann.
Langzeitüberleben nach HTX
© UNIVERSIMED ®
LV-Dysfunktion ohne kontraktile Reserve vor. Diese Patienten profitieren
nicht von einem Aortenklappenersatz
und haben auch mit konservativer Therapie eine schlechte Prognose.
1,0
0,8
Überleben
JATROS
0,6
0,4
0,2
0,0
0
12
24
36
48
60
72
84
96 108 120 132 144 156 168 180 192
Monate
Abb. 3: Langzeitüberleben nach Herztransplantation. Universitätsklinik für Herzchirurgie Innsbruck
1997–2010
Herztransplantation (HTX)
Der biologische Herzersatz ist ohne
Zweifel die chirurgische Option für die
terminale Herzinsuffizienz. Sie liefert
die besten Kurz- und Langzeitergebnisse für Patienten mit schwerster
CMP. Ein 10-Jahres-Überleben nach
HTX um 70% gilt heute als internationaler Standard (Abb. 3.). Entscheidend ist dabei die adäquate Patientenselektion, die das Outcome ganz wesentlich bestimmt.
Leider wird der Transplantationsbereich
durch den eklatanten Mangel an guten
Spenderorganen verkompliziert und diese
ausgezeichnete Therapieoption dadurch
auf wenige, möglichst ideale Transplantationskandidaten limitiert.
Der technische Fortschritt der letzten
I 24
Abb. 4: Voll implantierbares linksventrikuläres Assist Device (hier Axialpumpe der Fa. Thoratec®). Die
Ansaugkanüle wurde über den linken Apex implantiert, hinter der „Turbine“ ist die Auslasskanüle
zu sehen, die in eine Prothese übergeht, die in die Aorta ascendens implantiert wurde (Prothese
nicht sichtbar, da nicht röntgenstrahlendicht!). Von der Pumpe weg nach kaudal zieht die „driveline“, die durch die Bauchdecke austritt und die Verbindung zu Steuereinheit („controller“) und
Akkus herstellt
Jahre hat es jedoch ermöglicht, dass
die HTX nicht mehr die einzige bzw.
letzte Option für die medikamentös
therapierefraktäre
Herzinsuffizienz
darstellt.
Ventrikuläre Assistenzsysteme
(VAD) – „Kunstherz“
Die enormen technischen Fortschritte,
vor allem in Richtung Miniaturisierung
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| referat
und Reduktion thrombembolischer, aber auch Blutungskomplikationen haben zu einem rapiden Anstieg der Implantationszahlen weltweit geführt. Es sollte immer daran gedacht
werden, dass es sich im überwiegenden Teil der Fälle um
univentrikuläre Unterstützungssysteme (LVAD, linksventrikuläres Assist Device) handelt, also keinesfalls um ein Kunstherz („total artificial heart“), welches auch kommerziell verfügbar ist, aber ungleich seltener zum Einsatz kommt.
Hypertonie
KHK (Angina pectoris)
Chronische Herzinsuffizienz
Derzeit gibt es bei den ventrikulären Unterstützungssystemen
(VAD) verschiedene Indikationen:
1. Bridge to Transplant (BTT): Dem Patienten wird bei deletärer Verschlechterung unter medikamentöser Therapie ein
VAD implantiert; der Patient wird am Assistenzsystem stabilisiert, mobilisiert und bei Vorliegen eines passenden
Spenderorganes transplantiert.
2. Bridge to Recovery (BTR): Stabilisierung am VAD meist
bei fulminanter Myokarditis, nach Ausheilung der Entzündung und Erholung des Herzmuskels Weaning vom VAD
und Explantation.
Die Perspektive
fürs Herz
Literatur beim Verfasser
n
Autor: Univ.-Prof. Dr. H. Antretter
Universitätsklinik für Herzchirurgie
Department Operative Medizin
Medizinische Universität Innsbruck
E-Mail: [email protected]
kar120224
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Fachinformation zu Inserat siehe Seite 48
Schließlich stellt sich die Frage, ob es allgemein akzeptierte
Richtlinien für die Verwendung von mechanischen Unterstützungssystemen, vor allem für den Akuteinsatz gibt?
Dies muss klar mit Nein beantwortet werden: Derzeit werden die Systeme nach Zentrumserfahrungen und nach Expertenmeinungen („eminence-based medicine“) bzw. nach
Literaturdaten implantiert. Entscheidend ist nach O. H.
Frazier (Texas Heart Institut, USA): „The medical challenge is to match the right technology to the right patient
at the right time.“
CO-11/10-CMC-23-D
4. Alternative to Transplant (ATT): Dieses wird auch als
„Chronic Implant“ oder „Destination Therapy“ bezeichnet.
Ohne Zweifel jenes Segment, das in den nächsten Jahren
starke Zuwachsraten verzeichnen wird. Implantation eines
linksventrikulären Unterstützungssystems bei Patienten mit
schwerster, medikamentös therapierefraktärer Herzinsuffizienz, die für eine Transplantation eigentlich (aufgrund der
Spenderknappheit) nicht mehr infrage kommen: fortgeschrittenes Alter, relevante Komorbiditäten, Malignome
niedriger Malignität mit günstiger Prognose etc.).
* Quellen: Willenheimer R, Erdmann E. Eur Heart J Suppl. 2009;11:A1-2. Cruickshank JM. Int J Cardiol. 2007;120:10-27.
3. Bridge to Candidacy (BTC): z.B. bei hohem Gefäßwiderstand in der Lungenstrombahn oder bei Patienten mit maligner Erkrankung, bei denen eine HTX zum aktuellen
Zeitpunkt unmöglich ist.
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