Transfer Pricing Perspective Deutschland – Jahrbuch 2014

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Transfer Pricing Perspective Deutschland – Jahrbuch 2014
www.pwc.de/newsletter-transfer-pricing
Transfer Pricing
Perspective Deutschland
Jahrbuch 2014
Verrechnungspreiswissen
praxisnah, aktuell
und kompakt
www.pwc.de/newsletter-transfer-pricing
Transfer Pricing
Perspective Deutschland
Jahrbuch 2014
Verrechnungspreiswissen
praxisnah, aktuell
und kompakt
Von Dr. Abraham Ackerman, Nael Amin, Dr. Ulf Andresen,
Marie-Melanie Bentzien-Wilkens, Dr. Thomas Bittner,
Dr. Claudia Dahle, Henning Damköhler, Dr. Roman Dawid,
Martin Dombrowski, Ron Dorward, Kati Ebert, Kati Fiehler,
Julian Franck, Dr. Ronald Gebhardt, Eva Greil, Gerrit Halbach,
Susann van der Ham, Jörg Hanken, Madlen Haupt, Kerstin
Holst, Dr. Jörg Hülshorst, Dr. Andreas Kammer, Daniela KielHammer, Tanja Koch, Nadja Kopfer, Oliver Kost, Christoph
Lamm, Martin Lang, Claudia Lauten, Marion Leherpeur, Eefje
Lemmens, Holger Lorenzen, Dr. Jutta Menninger, Dorothea
Mertmann, Clarisse Müller, Mingzhe Ouyang, Arundhati
Pandeya, Dr. Benjamin Protte, Martin Renz, Ulrich Reuter,
Alexander Rösch, Dr. Isabel Ruhmer-Krell, Guido Schepers,
Anne Schneider, Ramona Siefert, Dr. Christoph Sommer, Ina
Sprenger, Daniela Stäger, Yu Tao, Stephanie Wahlig, Thomas
Weber, Dr. Sven Wehke, Florian Weidlich, Immanuel Weidlich,
Dr. Ludger Wellens, Gert Wöllmann
Transfer Pricing Perspective Deutschland
Jahrbuch 2014
Herausgegeben von PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Von Dr. Abraham Ackerman, Nael Amin, Dr. Ulf Andresen, Marie-Melanie BentzienWilkens, Dr. Thomas Bittner, Dr. Claudia Dahle, Henning Damköhler, Dr. Roman Dawid,
Martin Dombrowski, Ron Dorward, Kati Ebert, Kati Fiehler, Julian Franck, Dr. Ronald
Gebhardt, Eva Greil, Gerrit Halbach, Susann van der Ham, Jörg Hanken, Madlen Haupt,
Kerstin Holst, Dr. Jörg Hülshorst, Dr. Andreas Kammer, Daniela Kiel-Hammer, Tanja
Koch, Nadja Kopfer, Oliver Kost, Christoph Lamm, Martin Lang, Claudia Lauten, Marion
Leherpeur, Eefje Lemmens, Holger Lorenzen, Dr. Jutta Menninger, Dorothea Mertmann,
Clarisse Müller, Mingzhe Ouyang, Arundhati Pandeya, Dr. Benjamin Protte, Martin Renz,
Ulrich Reuter, Alexander Rösch, Dr. Isabel Ruhmer-Krell, Guido Schepers, Anne
Schneider, Ramona Siefert, Dr. Christoph Sommer, Ina Sprenger, Daniela Stäger, Yu
Tao, Stephanie Wahlig, Thomas Weber, Dr. Sven Wehke, Florian Weidlich, Immanuel
Weidlich, Dr. Ludger Wellens, Gert Wöllmann
April 2015, 156 Seiten, 2 Tabellen, Softcover
© PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
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Vorwort
Vorwort
Seit 2009 erscheint unser Jahrbuch Transfer Pricing Perspective Deutschland.
Angesichts der wachsenden Resonanz haben wir auch in diesem Jahr wieder
zahlreiche interessante Artikel rund um das Thema Verrechnungspreise aus
unserem gleichnamigen Newsletters für Sie zusammengestellt.
Das Jahr 2014 war in der Verrechnungspreispraxis vornehmlich durch die
OECD-Initiative zu „Base Erosion and Profit Shifting“ (BEPS) geprägt. Mit
insgesamt 15 Maßnahmen hat sich die OECD dem Ziel verschrieben, einen
fairen internationalen Steuerwettbewerb herzustellen. Bereits im Juli 2013
haben die G20-Finanzminister und -Notenbankgouverneure den Aktionsplan
mit einem umfassenden Maßnahmenkatalog gegen steuerschädlichen Wettbewerb verabschiedet. Im Jahr 2014 erschienen zahlreiche Diskussionsentwürfe, verbunden mit der Aufforderung zu Kommentierungen. Mit
„Besteuerung der digitalen Wirtschaft“, „Verhinderung der doppelten Nichtbesteuerung bei hybriden Gestaltungen“, „Abkommensmissbrauch“ und
„steuerschädlichem Wettbewerb“ seien hier nur vier Kernpunkte der Initiative
genannt, die maßgeblichen Einfluss auf grenzüberschreitend tätige Steuerpflichtige haben können. Dies zeugt nicht zuletzt von der wachsenden
Bedeutung von Verrechnungspreisen im internationalen Kontext.
So sind in dieser Ausgabe des Jahrbuchs zahlreiche Artikel zu BEPS in den
Kapiteln „Schwerpunktthemen“ sowie „Internationale Entwicklungen in
der OECD und EU“ zu finden. Selbstverständlich bildet das Jahrbuch auch
verrechnungspreisrelevante aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht sowie
im internationalen Kontext ab.
Branchen- und fallbezogene Artikel sind in den Kapiteln „Problemstellungen
und Lösungen in ausgewählten Branchen“ und „Aus unserer Praxis“ zu finden.
Hierbei berichten wir unter anderem zu den Themen „Implementierung von
Verrechnungspreisen“, „Zielkonflikte zwischen betriebswirtschaftlichem und
steuerlichem Berichtswesen“ sowie „Deutsche Anforderungen an Datenbankstudien“. Thematisiert werden zudem die Branchen Energie (Veränderung
der Wertschöpfungskette), Konsumgüter (Steuerquoten) sowie Transport und
Logistik (Herausforderungen).
Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem praxisrelevanten Kompendium viele
interessante Informationen und Denkanstöße geben können, und wünschen
eine anregende Lektüre.
Ihr Redaktionsteam
Transfer Pricing Perspective Deutschland 3
Inhalt
Inhalt
Vorwort ....................................................................................................................3
A Schwerpunktthemen 2014 ................................................................................. 7
1 Überarbeiteter Diskussionsentwurf der OECD zu
Verrechnungspreisaspekten bei immateriellen Wirtschaftsgütern ................. 7
2 Status quo der BEPS-Entwicklungen .............................................................. 11
3 Die Anhörung der OECD zu Verrechnungspreisthemen im
November 2013 ................................................................................................ 16
4 Verrechnungspreisdokumentation und Country-by-CountryReporting .......................................................................................................... 19
5 Update aus der Internationalen Steuerkonferenz der OECD zu BEPS ........ 20
6 Navigation durch die BEPS-Landschaft.......................................................... 21
6.1 Maßnahme 1: Aufzeigen der Herausforderungen
der digitalen Wirtschaft ............................................................................... 21
6.2 Maßnahme 2: Empfehlungen der OECD zu hybriden Gestaltungen
im Rahmen der BEPS-Initiative ..................................................................25
6.3 Maßnahme 5: effektivere Bekämpfung von schädlichem
Steuerwettbewerb ......................................................................................... 27
6.4 Maßnahme 6: Verhinderung von Abkommensmissbrauch ....................... 29
6.5 Maßnahme 8: Richtlinien zu Verrechnungspreisaspekten
immaterieller Wirtschaftsgüter .................................................................. 30
6.6 Maßnahme 13: Die OECD veröffentlicht neue Richtlinien zur
Dokumentation von Verrechnungspreisen ................................................ 36
6.7 Maßnahme 15: Entwicklung eines multilateralen Übereinkommens
zur Anpassung bilateraler Steuerabkommen ............................................. 38
7 Die veröffentlichten BEPS-Maßnahmen der OECD aus Sicht der
deutschen Finanzverwaltung – ein Gespräch mit Ministerialrat
Manfred Naumann.......................................................................................... 40
B Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht ............................................... 60
1 Der Koalitionsvertrag – steuerliche Implikationen der Großen
Koalition ........................................................................................................... 61
2 Bericht der Facharbeitsgruppe von Bund und Ländern zur
Evaluierung der strafbefreienden Selbstanzeige ........................................... 64
3 Anwendung des APA-Prozesses auf Betriebsstätten – potenzielle
Risikominimierung vor dem Hintergrund des AOA ..................................... 66
4 Grünes Licht des Bundesrats für die
Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung .............................................. 69
5 Einfluss von Handlungsalternativen auf die Aufteilung von Synergien
bei Funktionsverlagerungen ............................................................................70
4 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Inhalt
6 Neues zur Bewertung – Anmerkungen zum Urteil des OLG Frankfurt
am Main vom 5. Dezember 2013 ..................................................................... 73
7 Weiterbelastung von Grunderwerbsteuer bei Restrukturierungen ............... 76
8 Korrektur von Teilwertabschreibungen auf grenzüberschreitende
Darlehen durch § 1 Abs. 1 AStG rechtlich haltbar? .........................................78
9 Veröffentlichung des Glossars „Verrechnungspreise“ durch das BMF ........ 82
10 Schenkungsteuer bei verdeckten Gewinnausschüttungen für den BFH
kein Thema ...................................................................................................... 84
11 Verrechnungspreisrelevanter Status quo zur Problematik des
Treaty Override ............................................................................................... 85
C Internationale Entwicklungen in der OECD und EU .....................................87
1 OECD ............................................................................................................... 88
1.1 Vergütung von konzerninternen Einkaufsfunktionen im Lichte der
aktuellen Einschätzung der OECD ............................................................. 88
1.2 OECD-Bericht: Verrechnungspreisvergleichsdaten
und Entwicklungsländer ............................................................................. 90
2 EU .................................................................................................................... 93
2.1 Verrechnungspreisfestsetzung mit kompensierenden Anpassungen
– aktuelle Stellungnahme des EU Joint Transfer Pricing Forum ............. 93
2.2 EU-Kommission leitet mehrere Beihilfeverfahren wegen
Verrechnungspreisvereinbarungen ein ....................................................... 97
D Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014 .............................. 100
1 Europa ........................................................................................................... 100
1.1 Belgien: Verrechnungspreise weiter im Fokus ......................................... 100
1.2 Dänemark: aktuelle Verrechnungspreisentwicklungen............................ 101
1.3 Frankreich: Gesetzentwurf zur Behandlung von Funktionsund Risikoverlagerungen ........................................................................... 102
1.4 Frankreich: „Vereinfachte Verrechnungspreisauskunft“ – jährliche
Verrechnungspreisauskunftspflichten ...................................................... 103
1.5 Luxemburg: zunehmender Fokus auf Verrechnungspreise ..................... 104
1.6 Niederlande: neuer Erlass zum Fremdvergleichsgrundsatz ..................... 105
1.7 Niederlande: Finanzministerium veröffentlicht neue Erlasse zu
Finanzdienstleistern ................................................................................... 106
1.8 Polen: Verrechnungspreise weiterhin im Fokus
der Finanzverwaltung.................................................................................108
1.9 Tschechien: neue Meldepflicht für Transaktionen mit
verbundenen Unternehmen ....................................................................... 109
2 Amerika .......................................................................................................... 110
2.1 Kanada: neue Entwicklungen zu Vorabverständigungsverfahren ........... 110
Transfer Pricing Perspective Deutschland 5
Inhalt
3 Asien ................................................................................................................ 111
3.1 Australien: Finanzverwaltung entwirft Richtlinien zu neuen
Verrechnungspreisregelungen .................................................................... 111
3.2 China: Entsendung oder Service? – neue Richtlinien bezüglich
Dienstleistungsbetriebsstätten .................................................................. 112
3.3 China: vierter APA-Jahresbericht veröffentlicht ...................................... 115
3.4 China: Ansichten der SAT zu konzerninternen Dienstleistungen
und Management Fees ................................................................................117
3.5 China: Verrechnungspreisimplikationen infolge der Liberalisierung
des Renminbi .............................................................................................. 119
3.6 China: transaktionsbedingte Zahlungen ins Ausland im Fokus
der Finanzverwaltung................................................................................. 120
3.7 Indien: Bankbetriebsstätten – Kreditwürdigkeitsprüfung durch
indische Betriebsstätte erfordert Zuordnung von Einkünften ................. 121
3.8 Indien: signifikante Änderungen aktueller
Verrechnungspreisregelungen ................................................................... 123
3.9 Singapur: überarbeiteter Entwurf der Verrechnungspreisrichtlinie........ 124
E Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen .................... 126
1 Die Einkünfteabgrenzung im Einlagengeschäft deutscher
Bankbetriebsstätten im Lichte des AOA ....................................................... 127
2 Veränderung der Wertschöpfungskette im Energiesektor........................... 130
3 PwC-Studie: Steuerquoten in der Konsumgüterindustrie ........................... 133
4 Verrechnungspreisherausforderungen in der Transportund Logistikbranche ...................................................................................... 135
F Aus unserer Praxis ......................................................................................... 137
1 Effektive Implementierung von Verrechnungspreisen als
Schnittstellenthema von Steuern und Controlling ....................................... 137
2 Zielkonflikte zwischen betriebswirtschaftlichem und steuerlichem
Berichtswesen: Steuern versus Steuerung .................................................... 141
3 Die Interne Revision als Instrument der Prüfung und Optimierung
der Verrechnungspreisermittlung ................................................................. 142
4 Grundsätzliche Überlegungen zur Implementierung der
Kostenaufschlagsmethode beim Cash Pooling ............................................. 146
5 Datenbankstudien in der Betriebsprüfung – Beispiele für spezielle
deutsche Anforderungen ............................................................................... 148
Das Verrechnungspreisteam von PwC Deutschland.......................................... 151
Das Verrechnungspreisteam von PwC weltweit................................................. 153
Ihre Ansprechpartner.......................................................................................... 154
6 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
A Schwerpunktthemen 2014
Die OECD hat bei der Umsetzung ihrer BEPS Initiative ein bemerkenswertes
Tempo vorgelegt. Das Jahr 2014 war so insbesondere durch die Vorlage zahlreicher Diskussionsentwürfe zu den verschiedenen Punkten des BEPS-Aktionsplans geprägt, weiter fanden mehrfach Treffen und öffentliche Konsultationen
hierzu statt.
Wir haben dies zum Anlass genommen, in allen vier Ausgaben von Transfer
Pricing Perspective Deutschland des Jahres 2014 zum Fortschritt der BEPSInitiative Stellung zu nehmen. Besonders hinweisen möchten wir hierzu auf das
Interview mit Manfred Naumann, das neben Details zu den aktuellen OECDEntwicklungen auch Ausblicke darauf gewährt, was Steuerpflichtige in Deutschland zu diesem Thema erwarten dürfen.
Ergänzend sei noch angemerkt, dass aufgrund der Fülle von Veröffentlichungen
unsere Artikel zwangsläufig nur einzelne Entwicklungen und Aspekte
beleuchten können.1
1 Überarbeiteter Diskussionsentwurf der OECD zu
Verrechnungspreisaspekten bei immateriellen
Wirtschaftsgütern
Von Dr. Jutta Menninger und Daniela Stäger
Bereits im Vorfeld der BEPS-Diskussion hatte die OECD mit der
Veröffentlichung ihres Diskussionsentwurfs im Juni 20122 betont,
welch hohe Bedeutung immateriellen Wirtschaftsgütern im
Zusammenhang mit Verrechnungspreisen bei internationalen
Konzernen und Finanzverwaltungen zukommt. Rund ein Jahr
1
2
Redaktioneller Hinweis: Seit dem Erscheinen der in diesem Kapitel enthaltenen Artikel
zum Thema BEPS wurden von der OECD Ende 2014 und Anfang 2015 weitere
Diskussionsentwürfe zu verschiedenen BEPS-Maßnahmen veröffentlicht. Die
Veröffentlichungen sowie weitere Informationen zu den aktuellen Entwicklungen
zu BEPS finden Sie auf der OECD-Website unter www.oecd.org/ctp/beps.htm.
OECD: „Discussion Draft – Revision of the Special Considerations for Intangibles in
Chapter VI of the OECD Transfer Pricing Guidelines and Related Provisions – 6 June
to 14 September 2012“, www.oecd.org/tax/transfer-pricing/50526258.pdf; siehe dazu
auch Transfer Pricing Perspective Deutschland, Ausgabe 15, August 2012.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 7
Schwerpunktthemen 2014
später erschien am 30. Juli 2013 der überarbeitete Diskussionsentwurf der OECD.3
Entwicklung und Status des OECD-Projekts zu Verrechnungspreisaspekten von immateriellen Wirtschaftsgütern
Der überarbeitete Diskussionsentwurf der OECD ist nach wie vor nicht
als Konsensdokument, sondern erneut als Arbeitspapier aufzufassen.
Interessierte Vertreter der Industrie und Beratung hatten, wie bereits beim
ersten Diskussionsentwurf, die Gelegenheit erhalten, ihre Kommentare zum
überarbeiteten Diskussionsentwurf schriftlich bis Oktober 2013 abzugeben
oder diese bei der vom 12. bis 13. November 2013 in Paris stattfindenden
öffentlichen Konsultation einzubringen.
Bei dem Treffen in Paris ging es insbesondere darum, einen Konsens zwischen
den unterschiedlichen Standpunkten der Vertreter der Industrie und Beratung,
der Finanzverwaltungen sowie der OECD zu erzielen. Während sich die
Finanzverwaltungen verstärkt dem Druck der Öffentlichkeit hinsichtlich der
Bekämpfung internationaler Steuergestaltungen und damit einhergehender
Gewinnverlagerungen multinationaler Konzerne ausgesetzt sehen, wurde
seitens der Wirtschaftsvertreter dafür plädiert, die Dokumentations- und
Offenlegungspflichten für Steuerpflichtige nicht zu verschärfen.
Die eingegangenen Kommentare sollen nun bei der Finalisierung des überarbeiteten Kapitels VI der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien4 Berücksichtigung finden. Bis zum Abschluss des Projekts im Herbst 2014 sind keine
weiteren Konsultationen der Öffentlichkeit mehr vorgesehen.
Kernaussagen sowie wesentliche Änderungen gegenüber dem
ersten Diskussionsentwurf5
Der überarbeitete Diskussionsentwurf ist stark an den Aufbau des ersten
Diskussionsentwurfs angelehnt und ebenfalls in zwei Bereiche gegliedert: Zum
einen umfasst er einen allgemeinen Teil, der die Neugestaltung des Kapitels VI
der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien zu immateriellen Wirtschaftsgütern
darstellt, zum anderen enthält er einen Anhang mit 26 Beispielen.
3
4
5
OECD: „Public Consultation – Revised Discussion Draft on Transfer Pricing Aspects
of Intangibles – 30 July 2013“, www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/revised-discussiondraft-intangibles.pdf.
OECD: „Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax
Administrations“, 22.07.2010.
Weiter gehende, englischsprachige Informationen finden Sie in folgendem Alert
unseres Pricing Knowledge Network: www.pwc.be/en/transfer-pricing/assets/PKNAlert-intangibles-july2013.pdf.
8 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Die wesentlichen Änderungen gegenüber dem ersten Diskussionsentwurf im
Überblick:
● Erläuterungen zur Behandlung von marktspezifischen Vorteilen, Standortvorteilen, Know-how der Belegschaft (assembled workforce) sowie
Konzernsynergien
● Änderungen der Definition immaterieller Wirtschaftsgüter für
Verrechnungspreiszwecke
● Überarbeitung des Abschnitts zu intangible related returns
● Aufnahme eines Abschnitts zur Nutzung von Firmennamen aus
Verrechnungspreissicht
● Umgestaltung hinsichtlich der Anwendbarkeit der Verrechnungspreismethoden sowie der Vergleichbarkeitsanalyse
● teilweise Überarbeitung bestehender Beispiele sowie Ergänzung neuer
Beispiele
Die Definition immaterieller Wirtschaftsgüter wurde von der OECD etwas
überarbeitet, ist jedoch auch in dem zweiten Diskussionsentwurf sehr breit
gefasst. Bezüglich intangible related returns bleibt die OECD trotz einiger –
insbesondere sprachlicher – Änderungen bei ihrer Kernaussage, dass eine
Allokation der Aufwendungen und Erträge, die aus immateriellen Wirtschaftsgütern resultieren, anhand der ausgeübten Funktionen, Risiken sowie eingesetzten Wirtschafsgüter erfolgen soll. Zivilrechtliche Eigentumsverhältnisse
sind damit für die Einkünftezuordnung6 nicht mehr allein ausschlaggebend.
Die erweiterte Stellungnahme der OECD zu marktspezifischen Vorteilen, Standortvorteilen, assembled workforce sowie Konzernsynergien wurde bereits in dem
vorherigen Diskussionsentwurf angekündigt und ist zu begrüßen. Es wird nun
klargestellt, dass diese Faktoren unter Kapitel I der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien bei der Vergleichbarkeitsanalyse durchaus bei der Verrechnungspreisbestimmung zu berücksichtigen sind, es sich dabei aber nicht um immaterielle Wirtschaftsgüter handelt.
Hinsichtlich anwendbarer Verrechnungspreismethoden sowie alternativer
Bewertungstechniken verfolgt die OECD, wie bereits in ihrem ersten
Diskussionsentwurf, einen allgemeiner gefassten Ansatz. Dies kann als
gewollter Kompromiss der Vertreter aus Industrie und Beratung, der
Finanzverwaltungen sowie der OECD gewertet werden.
In ihrem ersten Diskussionsentwurf hatte die OECD notwendige Folgeänderungen der Kapitel I bis III, des Kapitels VII sowie des Kapitels VIII
der bestehenden OECD-Verrechnungspreisrichtlinien angekündigt, welche
6
Dies umfasst Aufwendungen sowie Erträge.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 9
Schwerpunktthemen 2014
allerdings nicht in den überarbeiteten Diskussionsentwurf aufgenommen
wurden. Ebenfalls nicht in dem zweiten Diskussionsentwurf behandelt werden
sogenannte schwierig zu bewertende immaterielle Wirtschaftsgüter („hard to
value“ intangibles). Zu diesen sollen stattdessen spezielle Regelungen in
Zusammenhang mit dem BEPS-Projekt der OECD getrennt ausgearbeitet
werden.
Fazit und Ausblick
Wenn auch der erste Diskussionsentwurf bereits im Vorfeld der BEPSDiskussion veröffentlicht wurde, kann die Entwicklung im Bereich der
immateriellen Wirtschaftsgüter nicht losgelöst von dieser betrachtet werden.
Insbesondere das zeitgleich zum geänderten Diskussionsentwurf veröffentlichte
OECD White Paper7 sowie die Veröffentlichungen zum Country-by-CountryReporting8 werden vor dem Hintergrund erweiterter Dokumentationsanforderungen und verschärfter Offenlegungspflichten für die Praxis zukünftig
insbesondere auch für immaterielle Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen sein.
Parallel zum Diskussionsentwurf beschäftigt sich die OECD zudem in Maßnahme 8 des BEPS-Aktionsplans9 mit dem Thema „Immaterielle Wirtschaftsgüter“. Maßnahme 8 verfolgt dabei – ähnlich wie der Diskussionsentwurf –
den Ansatz, dass die Einkünfteallokation in Zusammenhang mit immateriellen
Wirtschaftsgütern anhand der tatsächlich geleisteten Wertschöpfung erfolgen
muss.
Die Finalisierung des überarbeiteten Kapitels VI der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien ist bis Herbst 2014 geplant und wird noch vor der vollständigen Umsetzung des BEPS-Aktionsplans10 angestrebt. Es bleibt abzuwarten, inwieweit
die im Rahmen der zweiten Konsultationsrunde eingegangenen Kommentare
Berücksichtigung in der finalen Version der OECD finden werden. Große Überraschungen werden dabei aber nicht erwartet.
7
8
9
10
OECD: „Public Consultation – White Paper on Transfer Pricing Documentation –
30 July 2013“, www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/white-paper-transfer-pricingdocumentation.pdf.
OECD: „Public Consultation – Discussion Draft on Transfer Pricing Documentation
and CbC Reporting – 30 January 2014“, www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/discussiondraft-transfer-pricing-documentation.pdf.
OECD: „Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting“,
www.oecd.org/ctp/BEPSActionPlan.pdf.
Circa ein Drittel des Aktionsplans soll bereits bis Herbst 2014 abgeschlossen werden,
die vollständige Umsetzung ist für Dezember 2015 angestrebt.
10 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
2 Status quo der BEPS-Entwicklungen
Von Kati Fiehler und Marie-Melanie Bentzien-Wilkens
Mit dem BEPS-Aktionsplan vom 19. Juli 201311 hat die OECD ihren
Willen dokumentiert, die Koordination internationaler Steuerpolitik voranzutreiben und die heute legalen Möglichkeiten der
Steuerplanung zu überprüfen. Im vergangenen Jahr wurde
intensiv an den 15 Maßnahmen der OECD zur Bekämpfung von
Steuergestaltungsmöglichkeiten und Steuerschlupflöchern
gearbeitet. Welche Maßnahmen die OECD bislang auf den Weg
bringen konnte und was die Steuerpraxis zukünftig noch zu
erwarten hat, wird im Folgenden dargestellt.12
Folgende Übersicht fasst den von der OECD vorgestellten Maßnahmenkatalog
zur Bekämpfung von BEPS zusammen.13
15 Maßnahmen zur Bekämpfung von BEPS
................................................................................................................................................................................
Allgemeine
Maßnahmen
●
Anpassung der Steuergesetzgebung an die digital economy (1)
●
Verhinderung internationaler Nichtbesteuerung bei hybriden
Gestaltungen (2)
●
Stärkung der Bedeutung der AStG-Gesetzgebung (3)
●
Begrenzung von Gewinnverkürzung und -abzug durch
Zinsabzug und andere Finanzierungsinstrumente (4)
●
mehr Substanz und Transparenz (5)
●
Methoden zur Informationsgewinnung und -auswertung (11)
●
Offenlegung von Steuerplanung (12)
................................................................................................................................................................................
Transparenz und
Offenlegung
................................................................................................................................................................................
Auf DBAs gerichtete ● Vermeidung von Umgehungstatbeständen (6)
Maßnahmen
● effiziente Verständigung (14)
●
11
12
13
Entwicklung multi-lateraler Instrumente (15)
Vgl. www.oecd.org/tax/beps.htm.
Der Artikel wurde letztmalig am 02.09.2014 aktualisiert.
Siehe Wellens/Kammer: „OECD: Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting –
Neuordnung der internationalen Unternehmensbesteuerung?“, Transfer Pricing
Perspective Deutschland, Ausgabe 20, November 2013.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 11
Schwerpunktthemen 2014
15 Maßnahmen zur Bekämpfung von BEPS (Fortsetzung)
................................................................................................................................................................................
Betriebsstätten und
Verrechnungspreise
●
keine künstlichen Betriebsstättenstrukturen (7)
●
Überarbeitung der Grundregeln für Verrechnungspreisdokumentation (13)
●
angemessene Verrechnungspreise und Gewinnaufteilung im
Einklang mit Wertschöpfung, insbesondere:
– immaterielle Wirtschaftsgüter (iWGs) (8)
– Risiken und Kapital (9)
– risikoreiche Transaktionen (10)
Nachstehend haben wir den aktuellen Stand pro Maßnahme sowie die nächsten
Schritte zusammengefasst.
Stand und nächste Schritte der 15 Maßnahmen
................................................................................................................................................................................
OECD-Maßnahmen
Aktueller Stand
Ausblick
1. Anpassung der
Steuergesetzgebung an die
digital economy
Es wurden bereits Berichte
veröffentlicht.14 Diese befassen sich mit
den Herausforderungen der Besteuerung
grenzüberschreitend tätiger Unternehmen
der digital economy.
Die Finalisierung der
OECD-Berichte soll
im September 2014
erfolgen.15
Die von der OECD veröffentlichten
Diskussionsentwürfe16 beziehen sich auf
Empfehlungen bezüglich des nationalen
Rechts und auf abkommensrechtliche
Aspekte, vor allem in Bezug auf doppelt
ansässige und auf als transparent
behandelte Rechtsträger.
Derzeit befindet sich
die OECD in einem
internen Abstimmungsprozess. Der überarbeitete Bericht
wurde am
16. September
veröffentlicht.15
................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................
2. Hybrid Mismatch
Arrangements
................................................................................................................................................................................
14
15
16
Vgl. www.oecd.org/ctp/tax-challenges-digital-economy-discussion-draft-march2014.pdf, veröffentlicht von OECD Task Force on Digital Economy, sowie
http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/taxation/gen_info/
good_governance_matters/digital/report_digital_economy.pdf der EU Expert Group
on Taxation of the Digital Economy.
Vgl.www.oecd.org/tax/beps-about.htm#deliverables.
Vgl. www.oecd.org/ctp/aggressive/hybrid-mismatch-arrangements-discussion-draftdomestic-laws-recommendations-march-2014.pdf sowie
www.oecd.org/ctp/treaties/hybrid-mismatch-arrangements-discussion-draft-treatyissues-march-2014.pdf.
12 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Stand und nächste Schritte der 15 Maßnahmen (Fortsetzung)
................................................................................................................................................................................
OECD-Maßnahmen
Aktueller Stand
Ausblick
3. Stärkung der
Bedeutung der
AStG-Gesetzgebung
Das Ziel ist es, Empfehlungen bezüglich
der Stärkung und Harmonisierung von
AStG-Regelungen auszusprechen.
Momentan liegen keine Ergebnisse vor.
Endgültige
Ergebnisse werden im
September/Dezember
2015 erwartet.15
4. Finanzinstrumente Es soll ein Rahmen für Regelungen, die
die Vermeidung von BEPS aufgrund von
Zinsabzügen oder sonstige finanzielle
Aufwendungen zum Ziel haben,
entwickelt werden.
Endgültige
Ergebnisse werden im
September/Dezember
2015 erwartet.15
................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................
Seitens Deutschlands
wird jedoch noch die
endgültige OECDReaktion abgewartet.
................................................................................................................................................................................
5. Erhöhung der
Substanz und
Transparenz
Im BEPS-Bericht wird dazu aufgerufen,
Vorschläge zur Entwicklung von
Lösungen zur wirksameren Bekämpfung
schädlicher Systeme zu erarbeiten und
dabei Faktoren wie Transparenz und
Substanz zu berücksichtigen.
Der Bericht zu Steuerregelungen der
OECD-Mitgliedsstaaten soll im
September 2014
veröffentlicht werden.
Bis September 2015
soll ein weiterer
Bericht bezüglich der
Steuerregelungen der
Nicht-OECDMitgliedsstaaten
entwickelt werden.15
................................................................................................................................................................................
6. Verhinderung von
Abkommensmissbrauch
Der veröffentlichte Diskussionsentwurf17
macht Vorschläge, wie gegen unterschiedliche Formen der (potenziell)
missbräuchlichen Nutzung von Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) vorgegangen werden soll.
Erster OECD-Bericht
soll im September
2014 veröffentlicht
werden. Endgültige
Ergebnisse werden im
September 2015
erwartet.15
................................................................................................................................................................................
17
Vgl.www.oecd.org/ctp/treaties/treaty-abuse-discussion-draft-march-2014.pdf, weitere
Kommentare zu dem veröffentlichten Bericht sind auch zu finden unter:
www.pwc.com/us/en/tax-services/publications/insights/oecd-releases-discussion-draftuse-treaty-benefits.jhtml.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 13
Schwerpunktthemen 2014
Stand und nächste Schritte der 15 Maßnahmen (Fortsetzung)
................................................................................................................................................................................
OECD-Maßnahmen
Aktueller Stand
Ausblick
7. Verhinderung der
künstlichen Umgehung des Status
als Betriebsstätte
Die geplanten Änderungen sind im
Wesentlichen die Änderung der Betriebsstättendefinitionen (u. a. bezüglich des
Einsatzes von Kommissionären) sowie die
Berücksichtigung von hiermit verwandten
Problemen bei der Gewinnzurechnung.
Endgültige
Ergebnisse werden
im September 2015
erwartet.15
Das Ziel ist es, Maßnahmen für die
Vermeidung der Verschiebung von iWGs
innerhalb des Konzerns zu schaffen. Damit zusammenhängend wird der Ansatz
verfolgt, dass die Einkünfteallokation im
Zusammenhang mit iWGs anhand der
tatsächlich geleisteten Wertschöpfung
erfolgen muss.
Der finale Bericht des
überarbeiteten
Kapitels VI der
OECD-Verrechnungspreisrichtlinien wurde
am 16. September
2014 veröffentlicht.15
Ziel dieser Maßnahme ist die Vermeidung
von BEPS durch die Übertragung von
Risiken bzw. Überschusskapital an die
Gruppenmitglieder. Dazu wird auf einen
Zusammenhang zwischen Substanz und
Gewinnverteilung abgestellt.
Erster Diskussionsentwurf wird im
November 2014
erwartet. Endgültige
Ergebnisse werden
im September 2015
erwartet.15
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................................................................................................................................................................................
8. Verrechnungspreise: iWGs
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9. Verrechnungspreise: Risiken
und Kapital
................................................................................................................................................................................
10. Verrechnungspreise: sonstige
Risikotransaktionen
Es sollen Regelungen geschaffen
Endgültige
werden, um BEPS aufgrund von grenz- Ergebnisse werden
überschreitenden Transaktionen, die
im September 2015
fremde Dritte nie oder selten eingehen
erwartet.15
würden, zu vermeiden. Außerdem stehen
als typisch klassifizierte BEPS-Maßnahmen
zentrale Managementumlagen im Fokus.
................................................................................................................................................................................
11. Methoden zur
Informationsgewinnung und
-auswertung in
Bezug auf BEPS
Es sollen Maßnahmen zur Verbesserung
des Informationsflusses über Steuerrisiken an Steuerverwaltungen und
Steuergesetzgeber sowie kooperative
Compliance-Programme zwischen
Steuerpflichtigen und Steuerverwaltungen geschaffen werden, damit
Finanzverwaltungen über aussagekräftige und zeitnahe Informationen
über Steuerplanungsstrategien
verfügen und somit Risikobereiche
leichter identifizieren können.
Stellungnahmen
sind bis zum
12. September 2014
an den Bundesverband der
Deutschen Industrie
(BDI) und bis zum
19. September 2014
an die OECD einzusenden. Endgültige
Ergebnisse werden
im September 2015
erwartet.15
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14 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Stand und nächste Schritte der 15 Maßnahmen (Fortsetzung)
................................................................................................................................................................................
OECD-Maßnahmen
Aktueller Stand
Ausblick
12. Offenlegung
aggressiver
Steuerplanungsstrategien
Ziel ist es, Steuerpflichtige zu verpflichten,
aggressive Steuerplanungsstrategien
offenzulegen. Dabei wird der Schwerpunkt auf den länderübergreifenden
Informationsaustausch zwischen den
Finanzverwaltungen und die internationalen Steuerregularien gelegt.
Endgültige
Ergebnisse werden
im September 2015
erwartet.15
................................................................................................................................................................................
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13. Überprüfung der
Ziele dieser Maßnahme sind die ÜberVerrechnungspreis- arbeitung der vorhandenen Verrechnungsdokumentation
preisdokumentationsvorschriften und
insbesondere die Offenlegung weiterer
Informationen durch die Steuerpflichtigen.
Transparenz soll durch das Country-byCountry-Reporting18 geschaffen werden,
in welchem weiterführende Informationen
über die gesamte Konzerngruppe dargelegt werden sollen.
Endgültige
Ergebnisse werden
im September 2014
erwartet.15 Inwieweit
diese in die
deutschen Vorschriften
eingearbeitet
werden, bleibt offen.
14. Dispute Resolution Es sollen Maßnahmen geschaffen
werden, um Unstimmigkeiten bei Nichtvorhandensein der Möglichkeit von
Verständigungsverfahren zu regeln.
Endgültige
Ergebnisse werden
im September 2015
erwartet.15
15. Schaffung eines
multilateralen
Instruments zur
Implementierung
der BEPS-Maßnahmen
Endgültige
Ergebnisse werden
im September/
Dezember 2015
erwartet.15
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................................................................................................................................................................................
Ziel der BEPS-Initiative ist es, die
weiteren 14 BEPS-Maßnahmen in der
lokalen Gesetzgebung umzusetzen.
Dafür soll durch Maßnahme 15 eruiert
werden, ob ein solches Instrument
geschaffen werden kann.
Fazit
Die Implementierung aller BEPS-Maßnahmen wird den deutschen Steuerpflichtigen nicht unberührt lassen. Deshalb empfehlen wir frühzeitig die
Implementierung eines sogenannten Frühwarnsystems für BEPS-Maßnahmen.
Hiermit kann rechtzeitig identifiziert werden, inwieweit Ihr Unternehmen
auf die geplanten BEPS-Maßnahmen vorbereitet ist und welche Schritte Sie
gegebenenfalls noch unternehmen müssen. Gern unterstützt Sie PwC bei dieser
Risikoeinschätzung.
18
Siehe Kapitel A.4
Transfer Pricing Perspective Deutschland 15
Schwerpunktthemen 2014
3 Die Anhörung der OECD zu Verrechnungspreisthemen
im November 2013
Von Kati Fiehler und Dr. Thomas Bittner
Die OECD hat am 12. und 13. November 2013 eine Anhörung von
Vertretern von OECD, Unternehmen, Wissenschaft und weiteren
Nichtregierungsorganisationen zu aktuellen Verrechnungspreisthemen durchgeführt. Der Beitrag fasst die wesentlichen
Diskussionspunkte kurz zusammen. Ausführliche Informationen
zur OECD-Anhörung finden sich in den PwC „Tax Insights“ vom
15. November 2013.19
Teilnehmer der Anhörung waren neben nationalen Mitgliedern der
OECD Working Party 6 (Taxation of Multinational Enterprises) auch Unternehmensvertreter, Wissenschaftler und Repräsentanten von Nichtregierungsorganisationen. Ziel der Anhörung war es, einen Konsens vor allem zwischen
Steuerpflichtigen und den nationalen Finanzverwaltungen hinsichtlich der
aktuell überarbeiteten Verrechnungspreisrichtlinien zu erreichen.
Bei der Anhörung standen insbesondere die folgenden vier Themen
im Mittelpunkt:
● Implementierung des Country-by-Country-Reportings (CbCR)
● Weißbuch der OECD zur Verrechnungspreisdokumentation
● überarbeiteter Diskussionsentwurf zum Kapitel VI der OECDVerrechnungspreisrichtlinien
● Verrechnungspreisaspekte des BEPS-Aktionsplans
Implementierung des CbCR
Im Rahmen des CbCR sollen multinationale Konzerne eine Übersicht über ihr
Geschäft (z. B. Gewinn, Anzahl der Mitarbeiter) in den Ländern geben, in denen
sie tätig sind. Ziel des CbCR ist es, Finanzverwaltungen erste Indikatoren für
mögliche unzulässige Gewinnverlagerungen von multinationalen Konzernen an
die Hand zu geben. Die OECD hat am 13. Oktober 2013 ein erstes Memorandum
zum CbCR veröffentlicht, das sich mit der praktischen Erstellung eines CbCR
auseinandersetzt.
Im Verlauf der Anhörung wurde insbesondere thematisiert, wie der
Erstellungsaufwand für die Unternehmen minimiert werden kann. In Betracht
19
Siehe www.pwc.com/gx/en/tax/newsletters/pricing-knowledge-network/oecd-publicconsultation-transfer-pricing-matters.jhtml.
16 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
gezogen wurde unter anderem, dass (1) nur bereits im Unternehmen verfügbare
Informationen dokumentiert werden müssen, (2) auf eine Überleitung der
länderspezifischen Daten im CbCR zu den nationalen Steuererklärungen
verzichtet werden kann und (3) das CbCR zentral von der Konzernmutter
für die Finanzverwaltung ihres Sitzlands erstellt und dann gegebenenfalls
den nationalen Finanzverwaltungen übermittelt wird. Keine Einigkeit konnte
darüber erzielt werden, ob das CbCR neben der Finanzverwaltung weiteren
Interessenten zugänglich gemacht werden soll und ob das CbCR parallel zur
bereits jetzt zu erstellenden Verrechnungspreisdokumentation oder erst auf
Anfrage der jeweiligen nationalen Steuerbehörde vorzulegen ist.
Weißbuch der OECD zur Verrechnungspreisdokumentation
Die OECD hat am 30. Juli 2013 ein Weißbuch zur Erstellung von Verrechnungspreisdokumentationen veröffentlicht. Grundsätzliches Ziel des Weißbuchs ist
die Überarbeitung des Kapitels V der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien zur
Dokumentation von Verrechnungspreisen, um einerseits den Dokumentationsaufwand der Steuerpflichtigen zu vermindern und andererseits den
Informationsanforderungen der Finanzbehörden gerecht zu werden. Im Weißbuch wird ein auf dem Master-File-Konzept aufbauender Dokumentationsansatz vorgeschlagen und eine detaillierte Liste von Informationen vorgestellt,
die enthalten sein sollten. Hierzu zählt auch – in Anlehnung an den CbCRAnsatz – eine Übersicht über die globalen Aktivitäten des Steuerpflichtigen.
Hintergrund ist der BEPS-Aktionsplan der OECD, welcher in Maßnahme 13
das Ziel festschreibt, Vorschriften zu entwickeln, die die Verrechnungspreisdokumentationen hinsichtlich ihrer Transparenz und ihrer Verwertbarkeit
durch die Finanzbehörden verbessern.
In der Anhörung wurden insbesondere die umfangreichen Anforderungen des
globalen Master-File-Ansatzes aufgegriffen. Grundsätzliche Einigkeit bestand
darin, den Dokumentationsaufwand für unwesentliche Transaktionen zu
minimieren. Allerdings konnte die Frage, nach welchen Kriterien Transaktionen als unwesentlich (z. B. Verrechnungspreisrisiko oder Transaktionsvolumen) klassifiziert werden sollen, nicht abschließend geklärt werden.
Kontrovers wurde auch das Thema Standardisierung diskutiert. Unternehmensvertreter präferierten im Allgemeinen ein standardisiertes Master
File. Allerdings wurden auch Bedenken geäußert, dass ein standardisiertes
Master File einen Verlust an Flexibilität und hohe Informationsanforderungen
der nationalen Finanzbehörden an das Country File nach sich ziehen könnte.
Am 30. Januar 2014 hat die OECD den aktuellen Stand des Entwurfs für das
Kapitel V der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien veröffentlicht.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 17
Schwerpunktthemen 2014
Überarbeiteter Diskussionsentwurf zu Kapitel VI der OECDRichtlinien
Bereits 2010 hatte die OECD eine grundlegende Überarbeitung des Kapitels VI
der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien zum Thema „Immaterielle Wirtschaftsgüter“ beschlossen. Im Juli 2013 hat die OECD einen zweiten Entwurf des
Kapitels VI vorgelegt, der in der Anhörung ausführlich diskutiert wurde.20
Wenngleich der zweite Entwurf gegenüber dem ersten stark überarbeitet
worden war, hat sich in der Anhörung noch Diskussionsbedarf bei einer Reihe
von zentralen Punkten gezeigt. Zu ihnen gehörte neben der grundlegenden
Definition von immateriellen Wirtschaftsgütern die höchst strittige Frage, wann
der Ertrag eines immateriellen Wirtschaftsguts nicht dem formell rechtlichen
Eigentümer zusteht, sondern der Gesellschaft, die Funktionen bei der
Schaffung des immateriellen Wirtschaftsguts ausübt. Weitgehende Einigkeit
bestand dagegen darin, dass Bewertungsverfahren grundsätzlich Anhaltspunkte
für die Bestimmung eines fremdüblichen Verrechnungspreises geben können,
aber ihre Darstellung in der überarbeiteten Fassung des Kapitels VI gekürzt
werden sollte. Darüber hinaus wurde die Notwendigkeit einer transparenten
Dokumentation der Bewertungsannahmen in der Praxis betont.
Verrechnungspreisaspekte des BEPS-Aktionsplans
In der OECD-Anhörung wurde die häufige Überschneidung des BEPS-Aktionsplans mit kritischen Verrechnungspreisthemen betont. Zu ihnen zählen die
Bewertung von immateriellen Wirtschaftsgütern, die Umqualifizierung von
Transaktionen, die Überlegungen des BEPS-Aktionsplans zu Finanztransaktionen und zunehmende Dokumentationsanforderungen. Vor diesem
Hintergrund wurde diskutiert, inwieweit der BEPS-Aktionsplan eine substanzielle Änderung der bestehenden Verrechnungspreisregeln nach sich zieht.
Angesichts des ambitionierten Zeitplans des BEPS-Projekts (Präsentation der
Ergebnisse bis September 2014 bzw. 2015) kann vermutet werden, dass die
Verrechnungspreisrichtlinien nicht mehr grundlegend überarbeitet, sondern
nur noch geringfügig angepasst werden.
Fazit
Die OECD-Anhörung vom 12. und 13. November hat deutliche Fortschritte bei
der aktuellen Überarbeitung der internationalen Verrechnungspreisrichtlinien
erkennen lassen. Sie hat aber auch gezeigt, dass in praktischen Details und zum
Teil auch fundamentalen Fragen (z. B. Zuordnung des Ertrags immaterieller
Wirtschaftsgüter) noch substanzielle Differenzen zwischen den Teilnehmern
der Anhörung bestehen. Insofern steht die OECD weiterhin vor der Herausforderung, Verrechnungspreisrichtlinien zu entwickeln, die einen Konsens
20
Vgl. hierzu auch Artikel 1 im Kapitel A Schwerpunkte 2014.
18 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung (mit ihren eigenen
nationalen Interessen) darstellen. Angesichts des ambitionierten Zeitplans der
OECD auch im Rahmen ihres BEPS-Aktionsplans sind weitere Anhörungen
kurzfristig zu erwarten.
4 Verrechnungspreisdokumentation und Country-byCountry-Reporting
Von Dr. Thomas Bittner, Eva Greil und Nadja Kopfer
Die OECD hat am 30. Januar 2014 ein Diskussionspapier
(„Discussion Draft on Transfer Pricing Documentation and
CbC Reporting“) zur Erstellung von Verrechnungspreisdokumentationen veröffentlicht, das nach seiner Finalisierung
die aktuelle Fassung des Kapitels V der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien ersetzen soll. Der Beitrag fasst die wesentlichen
Punkte des Diskussionsentwurfs zusammen.
Der Entwurf definiert vor dem Hintergrund der aktuellen BEPS-Diskussion
drei Ziele einer Verrechnungspreisdokumentation. Erstens sollen Finanzverwaltungen mit den Informationen versorgt werden, die für eine erste Einschätzung des Verrechnungspreisrisikos bzw. Anpassungspotenzials notwendig
sind. Zweitens soll durch eine umgehende und aktuelle Verrechnungspreisdokumentation sichergestellt sein, dass der Steuerpflichtige sich umfassend
mit den Vorgaben bereits bei Festsetzung der Verrechnungspreise auseinandersetzt. Drittens soll den lokalen Finanzverwaltungen ermöglicht werden, eine
detaillierte Überprüfung der Verrechnungspreise durchzuführen.
Die Ziele sollen durch den Master-File-Ansatz, das heißt ein gruppeneinheitliches Master File, das durch ein länder- und gesellschaftsspezifisches
Country File ergänzt wird, erreicht werden. Gemäß dem aktuellen Entwurf soll
das Master File auch ein Country-by-Country-Reporting enthalten. Hier sollen
multinationale Konzerne in einer tabellarischen Übersicht pro Jahr und pro
Gesellschaft (bzw. Betriebsstätte) Informationen unter anderem über die
Anzahl der Mitarbeiter, die Gewinne, gezahlten Steuern und Lizenzen
geben. Darüber hinaus soll die Dokumentation jährlich zusammen mit der
entsprechenden Steuererklärung erstellt werden. Benchmarkingstudien sollen
nach drei Jahren vollständig erneuert werden, eine Aktualisierung der Finanzzahlen der Vergleichsunternehmen hat gemäß dem aktuellen Entwurf jährlich
zu erfolgen.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 19
Schwerpunktthemen 2014
Fazit
Aus dem Entwurf geht eine klare Priorität der Informationsanforderungen der
nationalen Finanzverwaltungen hervor. Der Entwurf enthält eine Vielzahl von
Vorschriften, die für die Steuerpflichtigen einen deutlichen Mehraufwand bei
der Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation nach sich ziehen. Da
bereits für Mai 2014 die Überarbeitung des Kapitels V der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien geplant und mit einer baldigen Übernahme in die nationalen
Verrechnungspreisregelungen zu rechnen ist, sind die Steuerpflichtigen
schon jetzt gut beraten, die Konsistenz ihrer Verrechnungspreissysteme bzw.
Dokumentationsansätze mit den geplanten Änderungen des Kapitels V der
OECD-Verrechnungspreisrichtlinien kritisch zu hinterfragen.
5 Update aus der Internationalen Steuerkonferenz der
OECD zu BEPS
Von Kati Ebert und Ramona Siefert
Am 2. und 3. Juni 2014 fand in Washington, D.C., die diesjährige
Internationale Steuerkonferenz der OECD statt. Zu diesem
Anlass trafen sich Vertreter der OECD, der US-Steuerbehörde,
Vertreter anderer Steuerbehörden und Vertreter aus Wirtschaft
und Beratung, um unter anderem über die aktuellen BEPSEntwicklungen zu diskutieren. Grundsätzlich kann festgehalten
werden, dass das BEPS-Projekt planmäßig voranschreitet.
Das Committee on Fiscal Affairs der OECD wird den G20-Staaten im
September 2014 Entwürfe zu den sieben aktuell diskutierten Themen zur
Diskussion und finalen Freigabe vorlegen. Darunter befinden sich aus
Verrechnungspreissicht zwei besonders relevante Papiere: eins zur Behandlung
immaterieller Wirtschaftsgüter (Maßnahme 8) und das zweite zum Country-byCountry-Reporting (CbCR, Maßnahme 13).
Die Inhalte des überarbeiteten OECD-Entwurfs vom 30. Juli 2013 zu immateriellen Wirtschaftsgütern haben sich im Vergleich zum vorangegangenen
Entwurf vom 6. Juni 2012 nicht wesentlich verändert. Weiterhin bleibt ungeklärt, welches Gewicht dem rechtlichen Eigentümer im Vergleich zum wirtschaftlichen Eigentümer beigemessen werden soll (Abschnitt B der Entwürfe).
Die OECD bleibt bei der Argumentation, dass Standortvorteile sowie Vorteile
aus der bloßen Zugehörigkeit zu einem Konzern nicht zwingend in einen
Vergütungsanspruch münden.
20 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Hinsichtlich des CbCR werden zwei Alternativen diskutiert, wie das Master
File und das CbCR-Template den lokalen Finanzverwaltungen der Konzerngesellschaften zur Verfügung gestellt werden sollen: einerseits die Weitergabe
beider Dokumente durch das Unternehmen an die Finanzverwaltung im Land
der Muttergesellschaft sowie deren Weitergabe durch diese Finanzverwaltung
an die übrigen lokalen Finanzverwaltungen der Konzerngesellschaften und
andererseits die lokale Weitergabe beider Dokumente durch die lokalen
Konzerngesellschaften direkt an deren Finanzverwaltungen. Die
Entscheidungen in Bezug auf diese Fragestellungen wurden aufgrund ihrer
Wechselwirkungen mit anderen BEPS-Maßnahmen auf Januar 2015 vertagt.
Für Unternehmen empfiehlt es sich daher, die Entwicklungen auf Ebene
der OECD im Auge zu behalten und mögliche Auswirkungen der BEPS-Maßnahmen auf das eigene Unternehmen zu analysieren. Dies ist insbesondere
vor dem Hintergrund ratsam, dass es – abgesehen von der Überführung in
nationales Recht – vermutlich keine Übergangsperiode für die Anwendung der
finalen Leitlinien geben wird.
6 Navigation durch die BEPS-Landschaft
6.1 Maßnahme 1: Aufzeigen der Herausforderungen
der digitalen Wirtschaft
Von Jörg Hanken, Holger Lorenzen und Nadja Kopfer
Der jetzt vorgelegte Bericht zur Maßnahme 1 des BEPS-Aktionsplans21 befasst sich mit den Herausforderungen, die das Internet
und die dadurch möglich gewordenen neuen Geschäftsmodelle an
das Steuerrecht stellen, und stellt konkrete Maßnahmen vor.
Problemstellung
Aus historischer Sicht bleibt festzuhalten, dass die derzeitigen Regelungen
der Doppel-besteuerungsabkommen auf traditionelle Geschäftsmodelle
zugeschnitten sind und das Besteuerungsrecht in erster Linie mit einer
physischen Präsenz im jeweiligen Staat verbinden. Die neuen Geschäftsmodelle
der digital economy ermöglichen jedoch auf Basis des Internets erhebliche
wirtschaftliche Aktivitäten im jeweiligen Staat, ohne dass dort eine physische
21
OECD (2014): „Addressing the Tax Challenges of the Digital Economy“,
OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing,
http://dx.doi.org/10.1787/9789264218789-en. Im folgenden Artikel „Bericht“ genannt.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 21
Schwerpunktthemen 2014
Präsenz erforderlich wird. Der Bericht spricht in diesem Zusammenhang von
fully dematerialised activities, das heißt von Aktivitäten ohne physische Anknüpfungspunkte. Im Rahmen der BEPS-Initiative sollen daher ergänzende
Regelungen für die neue digital economy konzipiert werden, die eine
Besteuerung im jeweiligen Staat aufgrund einer significant digital presence
ermöglichen, selbst wenn kein physischer Anknüpfungspunkt besteht.
Typische Geschäftsmodelle der „digital economy“
Zur Illustration der oben beschriebenen Probleme führt der Bericht beispielhaft
vier typische Geschäftsmodelle an:22
Online Retailer
In diesem Geschäftsmodell erfolgen Bestellungen direkt auf der – aus Kundensicht – im Ausland befindlichen Website. Die Lieferungen erfolgen direkt aus
dem Ausland an den Kunden. Im Kundenstaat selbst ist keine physische
Präsenz des Online Retailer erforderlich.
Internet Advertising
Hierunter fallen Suchmaschinenbetreiber, die aufgrund der Nutzerbasis und
der gesammelten Daten Werbebanner zielgenau platzieren können. Der Nutzer
greift direkt auf die im Ausland gehostete Website zu. Eine physische Präsenz
im Staat des Nutzers ist nicht erforderlich.
Cloud Computing
Hierunter fallen unter anderem die Anbieter von Onlinespielen. Auch hier
greifen die Nutzer direkt auf die – aus Nutzersicht – im Ausland belegene
Website des Anbieters zu. Aufgrund mangelnder physischer Präsenz im Ansässigkeitsstaat des Nutzers besteht in diesem Staat kein Anknüpfungspunkt
zur Besteuerung der mit dem Nutzer erzielten Umsätze.
Internet App Stores
In App Stores kaufen Nutzer von Smartphones Apps ein. Die Käufe erfolgen
direkt über das Smartphone, eine physische Präsenz im Kundenstaat ist, wie
in den anderen oben genannten Geschäftsmodellen, nicht erforderlich.
Wird in den obigen Geschäftsmodellen der digital economy doch eine
physische Präsenz im Land des Kunden bzw. Nutzers unterhalten, so werden
die dort erbrachten Aktivitäten in der Regel nicht als Verkaufsaktivitäten,
sondern als unterstützende Dienstleistungen qualifiziert und mit einer
Routinevergütung abgegolten.
22
Vgl. Annex B des Berichts: „Typical Tax Planning Structures in Integrated Business
Models”.
22 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Ergänzend bleibt anzumerken, dass nach den im Bericht genannten
Erfahrungen der Finanzverwaltungen in diesen Modellen das wesentliche
immaterielle Wirtschaftsgut oftmals zentral in Niedrigsteuerländern gehalten
wird. Die Weiterentwicklung von Software und Geschäftsmodell ist nicht selten
als Auftragsforschung gestaltet, sodass auch hierfür das Eigentum im Niedrigsteuerland liegt.
Gemeinsam ist allen oben genannten Modellen, dass dem Land des Verkaufserfolgs, das heißt dem Land des Kunden bzw. Nutzers, nach den derzeitigen
Regelungen keine physischen Verkaufsaktivitäten zugeordnet werden können,
obwohl der Kunde bzw. Nutzer sich physisch in seinem Heimatland aufhält,
wenn er den Kauf im Internet tätigt bzw. dem Unternehmen seine Daten zur
Verfügung stellt. Damit hat das Land des Kunden bzw. Nutzers nach den derzeitigen steuerlichen Regelungen kein Besteuerungsrecht.
Mögliche Optionen zur Einbindung der „digital economy“ im
Rahmen der BEPS-Initiative
Der Bericht nennt folgende noch zu evaluierende Optionen:23
Änderung der Ausnahmeregelungen in der Betriebsstättendefinition
In Art. 5 Abs. 4 des OECD-Musterabkommens sind Vorbereitungs- und Hilfsaktivitäten angeführt, deren Ausübung nicht zur Begründung einer Betriebsstätte führt. Im Hinblick auf die neuen Geschäftsmodelle der digital economy
können diese Aktivitäten jedoch Kernaktivitäten mit wesentlichem Wertschöpfungsbeitrag darstellen. Daher könnten die genannten Ausnahmeregelungen modifiziert oder gegebenenfalls ganz gestrichen werden.
Betriebsstättenbegründung aufgrund einer significant
digital presence
Eine significant digital presence kann in einem Land zum Beispiel durch
wesentliche Verkaufsabschlüsse oder Datensammlung begründet werden.
Eine entsprechende Erweiterung der Betriebsstättendefinition könnte diese
significant digital presence definieren und einbeziehen.
Im Diskussionsentwurf vom März 2014 wurden hier noch konkret die Anknüpfung an eine Website auf einem Server (virtual fixed place of business
PE), an den Abschluss von Verträgen mit Kunden im jeweiligen Land durch
technische Mittel und nicht durch eine Person (virtual agency PE) sowie an die
Erbringung von On-Site-Services oder anderen Schnittstellen zu den Kunden
23
Vgl. Tz. 8.2.1, S. 143 ff. des Berichts.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 23
Schwerpunktthemen 2014
(on-site business presence PE) aufgeführt.24 Eine ähnliche Konkretisierung
fehlt im jetzt vorgelegten Bericht.
Einführung einer Quellensteuer für digitale Transaktionen
Eine Quellensteuer auf digitale Transaktionen würde an Zahlungen anknüpfen,
die für digitale Lieferungen und Leistungen an Kunden bzw. Nutzer im jeweiligen Staat geleistet werden. Die Quellensteuer könnte direkt bei Zahlung
von den Banken einbehalten und abgeführt werden.25 Angedacht ist auch die
Einführung einer Bit-Steuer (bandwith oder „bit“ tax), die an das Datenübertragungsvolumen anknüpft.26
Erhebung einer Verbrauchsteuer bei geringwertigen Importen
Im Bereich der Verbrauch- und Umsatzsteuern könnten die Freigrenzen für
Warenlieferungen gesenkt werden.27
Ausblick
Die BEPS-Initiative hat die Zielsetzung, nicht besteuerte weiße („staatenlose“)
Einkünfte aufzugreifen und damit zu verhindern, dass das zu versteuernde
Einkommen multinationaler Unternehmen künstlich von den wertschöpfenden
Aktivitäten separiert wird.28 In diesem Sinne wird sich die Arbeitsgruppe zur
digital economy eng mit den anderen Arbeitsgruppen abstimmen und parallel
mit diesen an Lösungen arbeiten.
Sofern die speziellen Probleme der digital economy bereits durch Ergebnisse
der anderen Arbeitsgruppen der BEPS-Initiative gelöst werden können, werden
die für die digital economy zusätzlich erforderlichen Maßnahmen begrenzt
werden können.29
Der jetzt vorgelegte Bericht stellt insofern lediglich mögliche Optionen zur
Einbindung der digital economy vor, ohne sich bereits festzulegen. Es bleibt
abzuwarten, welche Optionen im weiteren Verlauf der Initiative verwirklicht
werden.
24
25
26
27
28
29
Vgl. Tz. 3.3, OECD/G20: Public Discussion Draft „BEPS Action 1: Address the Tax
Challenges of the Digital Economy“, März/April 2014.
Vgl. Tz. 8.2.1.4, S. 146 des Berichts: „Creation of a withholding tax on digital
transactions“.
Vgl. Tz. 8.2.1.5, S. 146 des Berichts: „Introduction of a bandwidth or ‚Bit‘ tax“.
Vgl. Tz. 8.2.2, S. 147 des Berichts: „Consumption tax options“.
Vgl. Tz. 8.4, S. 151 des Berichts: „[...] to tackle stateless income and address
practices that artificially segregate taxable income from the activities that generate it.“
Vgl. Conclusion, Next Steps, S. 159 des Berichts.
24 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
6.2 Maßnahme 2: Empfehlungen der OECD zu hybriden
Gestaltungen im Rahmen der BEPS-Initiative
Von Dr. Jörg Hülshorst und Tanja Koch
Hybride Gestaltungen werden bei grenzüberschreitenden
Transaktionen regelmäßig als Mittel der Konzernsteuerplanung
eingesetzt. Treiber dieser Entwicklungen sind international
nicht abgestimmte Steuersysteme. Im Bericht zur Maßnahme 230
hat die OECD im Rahmen der BEPS-Initiative eine Reihe von
Empfehlungen formuliert, die das Ziel haben, schädlichen
Gestaltungsmöglichkeiten entgegenzuwirken.
Steuerliche Problematik von hybriden Gestaltungen im Sinne
von BEPS
Hybride Gestaltungen werden definiert als solche grenzüberschreitenden
Sachverhalte, die eine unterschiedliche steuerliche Behandlung desselben
Sachverhalts in zwei oder mehr beteiligten Ländern so ausnutzen, dass die
steuerliche Bemessungsgrundlage aus Sicht der beteiligten Gesellschaften
insgesamt reduziert wird. Die steuerlichen Auswirkungen („hybride
Diskrepanzen“) sehen dabei grundsätzlich folgendermaßen aus:
● Ein bestimmter Aufwand (oft Zinsen) kann in einem Land steuerlich abgezogen werden, ohne dass eine korrespondierende Versteuerung des
Ertrags im anderen Land stattfindet (deduction/no inclusion bzw. D/NI)
oder
● ein bestimmter Aufwand ist in zwei Ländern steuerlich abzugsfähig (double
deduction bzw. DD), ohne dass dem eine doppelte Besteuerung von Erträgen
gegenübersteht.
Der Anwendungsbereich des Aktionsplans ist begrenzt auf Gestaltungen innerhalb eines Konzerns, das heißt zwischen verbundenen Unternehmen, und auf
Gestaltungen, die auf eine bestimmte Weise strukturiert und bepreist wurden,
um steuerliche Vorteile durch hybride Diskrepanzen zu erzielen. Nicht umfasst
sind dagegen steuerliche Unterschiede in den betroffenen Ländern einzig in
Bezug auf den Zeitpunkt der Besteuerung oder Unterschiede durch die
Bewertung der Transaktion (z. B. durch den Ansatz unterschiedlicher
Wechselkurse).
30
OECD (2014): „Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements“,
OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing,
http://dx.doi.org/10.1787/9789264218819-en. Im folgenden Artikel „Bericht“ genannt.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 25
Schwerpunktthemen 2014
Beispiele für hybride Gestaltungen und hybride Diskrepanzen
Im Aktionsplan werden einige Beispiele für hybride Gestaltungen genannt,
darunter:
1. hybride Finanzinstrumente: diese können D/NI-Ergebnisse zur Folge haben,
wenn das Instrument in einem Land als Eigenkapital, im anderen Land als
Fremdkapital betrachtet wird;
2. besicherte Kauf- und Rückkaufgeschäfte (collateralised loan repos), welche
ebenfalls D/NI-Ergebnisse ermöglichen;
3. (reverse) hybride Gesellschaften: dies sind Gesellschaften, welche aus Sicht
eines Landes steuerlich transparent sind (d. h., die Transaktionen sind
unbeachtlich), während sie aus Sicht eines anderen Landes steuerlich
intransparent sind, wodurch sich meist D/NI-Ergebnisse ergeben;
4. doppelte steuerliche Ansässigkeit oder Konsolidierung einer Gesellschaft
in zwei Ländern, wodurch meist DD-Ergebnisse erzielt werden.
Empfehlungen für Gesetzesvorschriften der einzelnen Länder
Grundsätzlich lautet die Empfehlung der OECD zur Vermeidung von D/NIErgebnissen, den steuerlichen Abzug von Aufwand in dem Land zu versagen, in
dem die zahlende Gesellschaft ansässig ist, falls die Transaktion im Empfängerland nicht besteuert wird. Nur wenn – entgegen der Empfehlung der OECD –
das Land, in dem die zahlende Gesellschaft ansässig ist, den steuerlichen Abzug
doch nicht versagt, sollte als Abwehrmaßnahme das Empfängerland die Einkünfte besteuern dürfen, um insoweit wieder sicherzustellen, dass es zu keinem
D/NI-Ergebnis kommt.
Im Fall von DD-Ergebnissen soll bei hybriden Gesellschaften der Abzug bei der
Muttergesellschaft versagt bleiben. Bei doppelt ansässigen Gesellschaften soll
grundsätzlich jedes Land den Abzug versagen, es sei denn, dass der doppelte
Abzug von Aufwand durch die doppelte Besteuerung von Erträgen kompensiert
wird.
Sonstige Empfehlungen
Andere Empfehlungen betreffen die Aufnahme von Regelungen zu
steuerlich transparenten Gesellschaften (in Deutschland vor allem Personengesellschaften) in das OECD-Musterabkommen mit dem Ziel der Vermeidung
doppelter Nichtbesteuerung.
Fazit
Hybride Gestaltungen sind oft relativ komplex und erfordern eine gezielte
Planung, Implementierung und/oder Dokumentation, um aus Konzernsicht
steuerliche Vorteile realisieren zu können. Die Empfehlungen der OECD zur
Maßnahme 2 des BEPS-Aktionsplans greifen hybride Strukturen nicht im Kern
an, etwa indem sie international einheitliche steuerliche Beurteilungen von
26 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
bestimmten Instrumenten oder Gesellschaften empfehlen. Stattdessen greifen
die Empfehlungen der OECD an der schädlichen Auswirkung der Reduzierung
der Steuerbasis an, indem sie die steuerliche Behandlung in einem Land
faktisch von der Behandlung in einem anderen Land abhängig machen. Dies
würde die ohnehin oft hohe Komplexität solcher Strukturen in Zukunft aus
steuerlicher Sicht weiter erhöhen, aber auch – eine konsistente Umsetzung
der Länder vorausgesetzt – die steuerlichen Vorteile, wie von der OECD
beabsichtigt, neutralisieren.
Auch wenn der Zeitrahmen, in dem die Empfehlungen der OECD von den
Ländern praktisch umgesetzt werden könnten, nur schwer abzuschätzen ist,
wäre es nicht überraschend, wenn solche Strukturen bereits in naher Zukunft
an steuerlicher Attraktivität einbüßen würden. Dies liegt zum einen am zu
erwartenden zusätzlichen Planungs-, Dokumentations- und Verwaltungsaufwand, zum anderen an der Stigmatisierung dieser Strukturen durch die
OECD. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Deutschland bereits
unilateral gesetzgeberische Maßnahmen ergriffen hat. Hervorzuheben ist hierbei das auf Hybridfinanzierungen abzielende Korrespondenzprinzip im Sinne
des § 8b Abs. 1 Satz 2 ff. KStG. Danach werden Gewinnausschüttungen grundsätzlich nur dann zu effektiv 95 Prozent freigestellt, wenn es nicht zu einer
Einkommensminderung auf Ebene der leistenden Gesellschaft gekommen ist.
6.3 Maßnahme 5: effektivere Bekämpfung von
schädlichem Steuerwettbewerb
Von Martin Renz und Daniela Kiel-Hammer
Während sich der Großteil der anderen Maßnahmen des BEPSAktionsplans mit dem Verhalten des Steuerpflichtigen beschäftigt,
widmet sich die Maßnahme 5 denjenigen Staaten, die Steueranreize
setzen, um als Standort für Unternehmen attraktiv zu sein.
In dem am 16. September 2014 veröffentlichten Zwischenbericht legt die OECD
die ersten Ergebnisse ihrer fortdauernden Prüfung steuerlicher Anreizsysteme
von OECD-Mitgliedsstaaten dar.31 Für die aus Verrechnungspreissicht
interessanteren Regime steht die abschließende Beurteilung noch aus.
31
Vgl. OECD (2014): „Countering Harmful Tax Practices More Effectively, Taking into
Account Transparency and Substance“, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting
Project, OECD Publishing, http://dx.doi.org/10.1787/9789264218970-en. Im folgenden
Artikel „Zwischenbericht“ genannt.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 27
Schwerpunktthemen 2014
Dazu zählen neben steuerlichen Sonderregelungen für die Verwertung von
immateriellen Rechten (IP-Regimen)32 wie zum Beispiel in den Niederlanden
und im Vereinigten Königreich33 auch die kantonale Besteuerung von Holding-,
Verwaltungs- und gemischten Gesellschaften in der Schweiz oder die
schweizerische Kommissionärsstruktur.
Der Zwischenbericht hebt die aus Sicht der OECD wichtigsten Elemente
zur Eindämmung des schädlichen Steuerwettbewerbs hervor. Dazu gehören
einerseits eine Zunahme an Transparenz durch einen schnelleren und
verpflichtenden (und damit auch stärker automatisierten) Informationsaustausch zwischen den Staaten und andererseits die Prüfung, ob Steueranreizsysteme aus Sicht der OECD als schädlich zu qualifizieren sind. Letzteres soll
daran gemessen werden, ob im jeweiligen Staat eine ausreichend substanzielle
Aktivität (substantial activity) vorliegt. Im Fall der IP-Regime ist der sogenannte nexus approach im Gespräch. Danach würde der Nachweis der wirtschaftlichen Aktivität auf mathematischem Wege anhand der Betriebsausgaben
für tatsächliche Forschungs- und Entwicklungstätigkeit geführt werden.
Im weiteren Verlauf der BEPS-Initiative sollen ferner Steuerpraktiken von
Nicht-OECD-Mitgliedsstaaten überprüft, die Kriterien für schädlichen
Steuerwettbewerb gemeinsam fortentwickelt und der Rahmen für einen
verpflichtenden spontanen Informationsaustausch34 zu verbindlichen Auskünften (rulings) geschaffen werden.
Fazit
Die Bemühungen, den Ursachen des schädlichen Steuerwettbewerbs auf den
Grund zu gehen und Gegenmaßnahmen herauszuarbeiten, sind nicht neu.
Neu ist jedoch das international koordinierte Vorgehen unter Einbeziehung
der G20-Staaten.
Mit dem veröffentlichten Zwischenbericht liefert die OECD grundsätzlich noch
keine konkreten Ergebnisse, welche steuerlichen Anreizsysteme als schädlich
32
33
34
IP-Regime sind Vorzugsbesteuerungsregelungen von Lizenzeinkünften. Die Ausgestaltung ist je nach Land unterschiedlich. Unterschiede bestehen insbesondere hinsichtlich des Umfangs der qualifizierten Lizenzeinkünfte sowie der Einbeziehung von
Betriebsausgaben und von historischen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen.
Hinsichtlich der in Prüfung befindlichen IP-Regime ist anzumerken, dass bei diesen
noch die Frage zu klären ist, inwieweit die zu gewährenden Vorteile an eine wirtschaftliche Tätigkeit geknüpft sein müssen. Vgl. hierzu Tabelle 5.2 „Intangibles
regimes“ des Zwischenberichts.
Im Annex A zum Zwischenbericht befindet sich ein Ablaufdiagramm zum spontanen
Informationsaustausch.
28 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
angesehen werden. Daher sollten Unternehmen die weitere Diskussion genau
verfolgen, um sich möglichst zeitnah mit den Konsequenzen auseinandersetzen
zu können, sofern eine der betreffenden Strukturen als schädliches Steueranreizsystem erachtet wird.
Die Weiterentwicklung des Informationsaustauschs zwischen den Finanzverwaltungen dürfte aus Sicht der OECD-Mitgliedsstaaten zwar zu einem
höheren bürokratischen Aufwand führen, aber die Möglichkeiten, als missbräuchlich zu qualifizierende Steuerstrukturen zu bekämpfen, entsprechend
erhöhen. Aus Sicht der Unternehmen ist vor diesem Hintergrund mit zunehmenden Diskussionen mit der Finanzverwaltung zu rechnen.
6.4 Maßnahme 6: Verhinderung von
Abkommensmissbrauch
Von Kerstin Holst
Der Bericht35 enthält einzelne Elemente, mit denen der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs), vornehmlich durch „treaty shopping“,
entgegengewirkt werden soll: die Erweiterung des Titels und
der Präambel von DBAs dahin gehend, dass durch die DBAs nicht
die Möglichkeit doppelter Nichtbesteuerung von Einkünften
geschaffen werden soll, Empfehlungen für bestimmte Regelungen
im OECD-Musterabkommen (OECD-MA) sowie steuerpolitische
Überlegungen vor Aufnahme von DBA-Verhandlungen.
Grundzüge zur Vermeidung von Abkommensmissbrauch
Als Kernelemente empfiehlt der Bericht die Aufnahme einer Limitation-onBenefits-Klausel (LoB-Klausel; Gewährung von Abkommensvergünstigungen
nur beim Vorliegen weiterer Voraussetzungen) und die Aufnahme einer allgemeinen Antimissbrauchsklausel (principle purpose test – PPT; Versagung
von Abkommensvergünstigungen, wenn vornehmlicher Zweck einer Gestaltung
das Erlangen dieser Vergünstigungen ist). Die Kombination von LoB-Klausel
und PPT wird nicht in allen Ländern umsetzbar sein, weshalb den Ländern eine
gewisse Flexibilität bei der Ausgestaltung der Regelungen ermöglicht werden
soll. Als Mindeststandard soll neben der Ergänzung in der Präambel wahlweise
35
OECD (2014): „Preventing the Granting of Treaty Benefits in Inappropriate
Circumstances“, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD
Publishing, http://dx.doi.org/10.1787/9789264219120-en.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 29
Schwerpunktthemen 2014
eine Kombination aus LoB-Klausel und PPT oder nur die (für bestimmte
Gestaltungen ergänzte) LoB-Klausel oder nur der PPT umgesetzt werden.
Andere Empfehlungen, wie zum Beispiel Modifikationen an den einzelnen
Verteilungsnormen des OECD-MA (Quellensteuerreduktion bei Schachteldividenden, tiebreaker rule), wirken ergänzend zur Vermeidung von Abkommensmissbrauch.
Weitere Arbeiten sind notwendig
Die vorgeschlagenen Formulierungen sind derzeit nur als Entwurf zu verstehen.
Anpassungsbedarf wird sowohl bezüglich der LoB-Klausel als auch bezüglich
der Abkommensberechtigung von bestimmten Investmentvehikeln (collective
investment vehicles – CIVs – und non-CIV funds) gesehen. Weitere Anpassungen werden aufgrund der Arbeiten zu anderen Maßnahmen des Aktionsplans notwendig sein. Bis September 2015 sollen endgültige Ergebnisse
vorliegen.
6.5 Maßnahme 8: Richtlinien zu Verrechnungspreisaspekten immaterieller Wirtschaftsgüter
Von Dr. Roman Dawid, Madlen Haupt und Dr. Isabel Ruhmer-Krell
Mit dem am 16. September 2014 veröffentlichten Papier zu
Verrechnungspreisaspekten immaterieller Wirtschaftsgüter36
hat die OECD das Arbeitsergebnis für die Maßnahme 8 des BEPSAktionsplans vorgelegt. Gegenüber dem vorherigen Entwurf37
gibt es einige Änderungen. Das Papier bestätigt, dass für die
Zuordnung von Erträgen aus immateriellen Wirtschaftsgütern
nicht das rechtliche Eigentum allein, sondern vor allem die Wertschöpfungsbeiträge der relevanten Funktionen entscheidend sind.
Aufgrund von Wechselwirkungen mit einigen erst im Jahr 2015
erwarteten BEPS-Arbeitsergebnissen sind Teile des überarbeiteten
Kapitels VI der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien ebenso wie
einzelne Ergänzungen in Kapitel II als vorläufig zu betrachten.
36
37
OECD (2014): „Guidance on Transfer Pricing Aspects of Intangibles“,
OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing,
http://dx.doi.org/10.1787/9789264219212-en. Das Papier sieht Anpassungen zu
den Kapiteln I, II und VI der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien für multinationale
Unternehmen und Steuerverwaltungen vom 22.07.2010 (OECD-Richtlinien) vor.
OECD (30 July 2013): „Public Consultation“, Revised Discussion Draft on Transfer
Pricing Aspects of Intangibles, www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/revised-discussiondraft-intangibles.pdf.
30 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Überarbeitete Richtlinien bestätigen Definition und Abgrenzung
des Begriffs „immaterielles Wirtschaftsgut“
Definition von immateriellen Wirtschaftsgütern
Bezüglich des Begriffs „immaterielles Wirtschaftsgut“ hält die OECD an dem
bereits im Jahr 2013 vorgeschlagenen Ansatz fest. So sind formalrechtliche
oder buchhalterische Definitionen aus Verrechnungspreissicht nicht von
entscheidender Bedeutung. Ein immaterielles Wirtschaftsgut liegt vor, wenn
etwas Werthaltiges existiert, das kein materielles oder rein finanzielles Wirtschaftsgut ist und für kommerzielle Zwecke als Eigentum betrachtet und
„kontrolliert“ werden kann. Darüber hinaus sollten fremde Dritte unter
vergleichbaren Umständen bereit sein, für die Übertragung oder Nutzung eines
solchen Gegenstands eine Vergütung zu zahlen.
Standortvorteile, Synergien oder Mitarbeiter fallen nicht unter
diese Definition, sind aber bei der Verrechnungspreisanalyse zu
berücksichtigen
Die OECD stellt klar, dass Faktoren wie Standortvorteile (z. B. aufgrund
geringerer Lohnfertigungskosten), qualifizierte Mitarbeiter oder Synergieeffekte keine eigenständigen immateriellen Wirtschaftsgüter darstellen, da
diese regelmäßig nicht der Kontrolle des Steuerpflichtigen unterliegen. Stattdessen sind diese als Vergleichsfaktoren zu betrachten und die entstehenden
Vorteile wie zwischen fremden Dritten bei der Verrechnungspreisgestaltung zu
berücksichtigen.
Bei Standortvorteilen sollte eine fremdübliche Zuordnung möglichst durch die
Verwendung lokaler Vergleichsdaten sichergestellt werden.
Beim Übergang einer Gruppe von qualifizierten Mitarbeitern wird beispielsweise lediglich anerkannt, dass diese bei der Vergleichbarkeitsanalyse
möglicherweise zu berücksichtigen sind. So kann bei der Ermittlung des Kaufpreises für ein immaterielles Wirtschaftsgut unter Umständen der Übergang
von Mitarbeitern zu berücksichtigen sein (z. B. um Kostenersparnisse bei der
Personalbeschaffung zu reflektieren).
Bei Vorteilen aus Synergieeffekten wie beispielsweise einem verbesserten
Kreditrating oder integrierten Computer- oder Kommunikationssystemen ist
eine Vergütung an andere Konzerngesellschaften lediglich dann anzunehmen,
wenn diese Vorteile nicht nur Ergebnis der Konzernzugehörigkeit sind, sondern
aufgrund einer zielgerichteten abgestimmten Aktion (deliberate concerted
action) entstehen. Ein Beispiel für eine solche bewusste konzertierte Aktion
ist die Zentralisierung des Rohstoffeinkaufs in einer Konzerngesellschaft, wodurch Mengen- und Preiseinsparungen realisiert werden. Die OECD hat auch
exemplarisch dargestellt, wie die Leistungen einer solchen zentralen Einkaufs-
Transfer Pricing Perspective Deutschland 31
Schwerpunktthemen 2014
abteilung und die Aufteilung der erzielten Vorteile zu beurteilen sind. Weiterhin
stellt die OECD klar, dass im Zusammenhang mit Finanzierungsgeschäften
mit fremden Dritten gezahlte Avalprovisionen im Konzern nur bei Vorlage
expliziter Garantien durch andere Konzerngesellschaften als fremdüblich zu
bewerten sind. Demnach rechtfertigt eine rein beiläufige Begünstigung durch
verbesserte Kreditkonditionen beispielsweise aufgrund der besseren Kreditwürdigkeit der Konzernmutter nicht die Zahlung einer Vergütung, da eben
keine zielgerichtete abgestimmte Aktion vorliegt.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die überarbeiteten Richtlinien eine
Definition immaterieller Wirtschaftsgüter enthalten, deren Anwendung in
der Praxis nicht immer eindeutig sein wird. Des Weiteren wird die Prüfung
der Verrechnungspreisimplikationen eines identifizierten immateriellen
Wirtschaftsguts in der Praxis schwierig und von subjektiven Einschätzungen
geprägt sein.
Überarbeitete Richtlinien zur Anwendung abweichender
Verrechnungspreismethoden38 noch ausstehend, Anwendung
von Daumenregeln weitestgehend abgelehnt
Das überarbeitete Papier weist darauf hin, dass die in Kapitel II enthaltenen
Richtlinien zur Anwendung alternativer Ansätze zur Bestimmung angemessener Verrechnungspreise in Abweichung von den fünf von der OECD
anerkannten Methoden (Preisvergleichsmethode, Wiederverkaufspreismethode, Kostenaufschlagsmethode, transaktionsbezogene Nettomargenmethode und transaktionsbezogene Gewinnaufteilungsmethode) erst im Laufe
des Jahres 2015 aktualisiert werden. Die Neufassung wird voraussichtlich
notwendige Anmerkungen zu den Ergebnissen aufnehmen, die aus den
weiteren Arbeiten zur BEPS-Initiative hinsichtlich der Entwicklung von
besonderen Verrechnungspreismethoden, der Verwendung von Bewertungstechniken sowie der Entwicklung „spezieller Maßnahmen“ für schwer
bewertbare immaterielle Wirtschaftsgüter resultieren.
Schon jetzt zeigt sich die OECD skeptisch hinsichtlich der Anwendung
sogenannter Daumenregeln, da diese keinen adäquaten Ersatz für eine vollständige Funktions- und Vergleichbarkeitsanalyse darstellen. Entsprechend ist
davon auszugehen, dass zumindest unter Beachtung der OECD-Richtlinien bei
Transaktionen mit immateriellen Wirtschaftsgütern zukünftig ein alleiniger
38
In § 2.9 der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien werden Methoden zur Bestimmung
angemessener Verrechnungspreise, die nicht im Rahmen der fünf Standardmethoden
in den Richtlinien beschrieben werden, als other methods bezeichnet.
32 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Verweis auf die sogenannte Knoppe-Formel39 nicht als Angemessenheitsnachweis genügen wird.
Zuordnung von Erträgen aus immateriellen Wirtschaftsgütern
künftig vorrangig aufgrund der für die Wertschöpfung relevanten
Funktionen
Rechtliches Eigentum allein begründet nicht die Zuordnung
von Erträgen
Bezüglich der steuerlichen Zuordnung von Erträgen immaterieller Wirtschaftsgüter stellt die OECD fest, dass für die praktischen Anwender einige besondere
Herausforderungen bestehen. Diese umfassen unter anderem die Ermittlung
von Vergleichswerten, die Identifizierung von damit zusammenhängenden
Erträgen sowie die zeitliche Differenz zwischen der Schaffung eines immateriellen Wirtschaftsguts und der Realisation damit zusammenhängender
Erträge. Die überarbeiteten Richtlinien heben in diesem Zusammenhang
Strukturen hervor, bei denen das rechtliche Eigentum, die Übernahme von
Risiken und Investitionen sowie die Ausübung wichtiger werttreibender
Funktionen auf verschiedene Gesellschaften verteilt sind und die reine
Orientierung am rechtlichen Eigentum zur unsachgemäßen Verlagerung
von Steuersubstrat führen kann.
Obwohl das rechtliche Eigentum und die vertraglichen Vereinbarungen weiterhin als Ausgangspunkt für die Verrechnungspreisanalyse betrachtet werden, ist
die Ausübung der relevanten Funktionen im Zusammenhang mit immateriellen
Wirtschaftsgütern für die Allokation von Erträgen maßgeblich. Die OECD
macht deutlich, dass rechtliches Eigentum allein nicht notwendigerweise einen
Anspruch auf die Zuordnung von Erträgen aus der Nutzung von Markenrechten
oder Patenten rechtfertigt. Stattdessen können die dem rechtlichen Eigentümer
zuzuordnenden Erträge nach der angemessenen Vergütung anderer Konzerngesellschaften für deren funktionalen Beitrag zur Entwicklung bzw. Nutzung
eines immateriellen Wirtschaftsguts positiv, null oder sogar negativ sein.
Darüber hinaus ist der Residualgewinn nicht notwendigerweise ausschließlich
dem rechtlichen Eigentümer zuzuordnen. Auch die reine Finanzierung der
Entwicklung und Nutzung immaterieller Wirtschaftsgüter ohne aktive
funktionale Beteiligung wird zukünftig nicht hinreichend für die Zuordnung des
39
Die sog. Knoppe-Formel besagt, dass ein Lizenzgeber für sämtliche zur Herstellung
eines Produkts überlassenen immateriellen Wirtschaftsgüter einen Anteil von maximal
25 bis 33,3 Prozent des kalkulierten Gewinns aus diesem Produkt erhalten soll.
Folglich verbleiben dem Lizenznehmer rund 66,7 bis 75 Prozent der Gewinne aus
den Produkten, die er auf Basis der überlassenen immateriellen Wirtschaftsgüter
herstellt und/oder vertreibt. Vgl. Engler in Vögele: „Verrechnungspreise“, Kapitel N:
Immaterielle Wirtschaftsgüter, Rn. 526, 3. Auflage 2011.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 33
Schwerpunktthemen 2014
aus dem betreffenden immateriellen Wirtschaftsgut resultierenden Residualgewinns sein. Stattdessen rechtfertigt die reine Finanzierungsfunktion in der
Regel lediglich eine fremdübliche risikoadäquate Verzinsung des eingesetzten
Kapitals.
Die Definition der potenziell relevanten Funktionen für die Wertschöpfung
immaterieller Wirtschaftsgüter ist im Vergleich zum Entwurf der OECD aus
dem Jahr 2013 leicht erweitert worden. Nunmehr sind auch Funktionen, die
im Zusammenhang mit der kommerziellen Nutzung (exploitation) eines immateriellen Wirtschaftsguts stehen, als wesentlich für die Verrechnungspreisanalyse anzusehen. Besonders wichtige Funktionen mit wesentlicher Bedeutung
für die Verrechnungspreisanalyse sind zum Beispiel das Design von
Forschungs- und Marketingprogrammen, die Kontrolle von Budgets sowie
strategische Entscheidungen im Zusammenhang mit der Entwicklung und dem
Schutz eines immateriellen Wirtschaftsguts. Sofern Funktionen an andere
Konzerngesellschaften ausgelagert werden (z. B. im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags), ist aus Verrechnungspreissicht zu prüfen, inwieweit
Kontrollfunktionen und -kapazitäten bei der auslagernden Gesellschaft
verbleiben und vergütet werden müssen.
Bestimmte IP-Strukturen/-Situationen werden im neuen Kapitel VI
direkt angesprochen
Die OECD hat die bereits im vorherigen Entwurf diskutierten Beispieltransaktionen nochmals erweitert. Die überarbeitete Sammlung umfasst nun unter
anderem:
● Patentverwaltungsdienstleistungen (patent administration service
contracts)
● Finanzierung von Forschung und Entwicklung und Übernahme des
damit verbundenen Finanzierungsrisikos ohne aktive Beteiligung an
der Forschungstätigkeit
● Vertriebsgesellschaften mit wesentlichen Beiträgen zum Aufbau von
marketingbezogenen immateriellen Wirtschaftsgütern (marketing
intangibles)
● Allokation der Erträge aus immateriellen Wirtschaftsgütern, die im
Rahmen von Auftragsforschungsverhältnissen entwickelt wurden
● Übertragung von immateriellen Wirtschaftsgütern im Zuge von
konzerninternen Umstrukturierungen
Für die vorgenannten Beispiele empfiehlt sich eine proaktive Prüfung durch
den Steuerpflichtigen, inwieweit bestehende Verrechnungspreisansätze den
neuen OECD-Verrechnungspreisrichtlinien Rechnung tragen.
34 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Neuerungen zur Behandlung von in der Zukunft
abweichenden Erträgen
Eine wesentliche Neuerung deutet sich durch die Aufnahme eines separaten
Kapitels zur Behandlung von Erträgen an, die wesentlich von Plandaten abweichen. Obwohl die OECD einräumt, dass eine Abweichung zwischen
budgetierten (Ex-ante-) und tatsächlichen (Ex-post-)Erträgen aufgrund des
Auftretens unerwarteter Entwicklungen nicht ungewöhnlich ist, stellt sie die
Frage, wie Gewinne oder Verluste aufgrund derartiger Entwicklungen zwischen
den beteiligten Parteien, beispielsweise im Rahmen von Preisanpassungen, zu
verteilen sind. Die OECD verweist dabei unter anderem auf eine Analyse der
vertraglich allozierten Risiken und der Funktionen im Zusammenhang mit
Strategien zur Risikominderung. Die diesbezüglich enthaltenen Formulierungen
sind jedoch vorläufig und können durch die 2015 erwarteten Ergebnisse der
BEPS-Initiative noch wesentlichen Änderungen unterworfen sein.
Fazit und Ausblick
Mit dem am 16. September 2014 veröffentlichten Papier hat die OECD ihren
Ansatz einer Zuordnung von Erträgen aus immateriellen Wirtschaftsgütern
entsprechend der Wertschöpfung der relevanten Funktionen grundsätzlich
bestätigt. Auch wenn einige Kernelemente der neuen Richtlinien noch vorläufig
sind bzw. die Arbeiten zu den schwer bewertbaren immateriellen Wirtschaftsgütern noch andauern, ist davon auszugehen, dass die Notwendigkeit einer
vollständigen Wertschöpfungsbeitragsanalyse zur Bestimmung und Zuordnung
von Erträgen aus immateriellen Wirtschaftsgütern zukünftig weiter zunimmt.
Diesbezüglich ist zu erwarten, dass die Gewinnaufteilungsmethode an Gewicht
gewinnen wird, wenngleich die Anwendung der Preisvergleichsmethode
weiterhin möglich sein sollte, allerdings unter verschärften Anforderungen an
die Vergleichbarkeit der Transaktionen.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 35
Schwerpunktthemen 2014
6.6 Maßnahme 13: Die OECD veröffentlicht neue Richtlinien zur Dokumentation von Verrechnungspreisen
Von Kati Fiehler und Dr. Thomas Bittner
Die OECD hat am 16. September 2014 eine Konsensversion des
neuen Kapitels V der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien zur
Dokumentation von Verrechnungspreisen veröffentlicht.40
Gegenüber den bisherigen Entwürfen sind die Dokumentationsanforderungen zwar geringfügig entschärft worden. Verglichen
mit dem aktuell gültigen Kapitel V sieht die Konsensversion jedoch
eine deutliche Ausweitung der Dokumentationsanforderungen vor.
Steuerpflichtige sollten sich bereits jetzt für die erwartete zeitnahe
Umsetzung in nationales Recht wappnen.
Die OECD hat am 16. September 2014 im Rahmen ihres BEPS-Aktionsplans
unter dem Titel Guidance on Transfer Price Documentation and Country-byCountry Reporting eine neue Fassung des Kapitels V der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien veröffentlicht. Die aktuelle Fassung stellt den jetzigen Konsens
der OECD-Mitgliedsstaaten dar. Sie ist aber nicht formell finalisiert, weil
gegebenenfalls die Ergebnisse noch laufender Diskussionen zu BEPS-Maßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt in ihr berücksichtigt werden sollen.
Insgesamt dürfte die aktuelle Fassung des Kapitels V jedoch eine sehr gute
Vorstellung von den Dokumentationsanforderungen der zukünftigen OECDVerrechnungspreisrichtlinien geben.
Gegenüber dem Entwurf vom 30. Januar 2014 weist die aktuelle Fassung des
Kapitels V keine substanziellen Änderungen auf. Konzeptionell soll eine
Dokumentation weiterhin aus den drei Säulen Master File, Local File und CbCR
bestehen. Allerdings wurden die Dokumentationsanforderungen hinsichtlich
der drei Elemente tendenziell gekürzt. Dies gilt insbesondere für das CbCR, in
dem jetzt nicht mehr für jede Konzerngesellschaft detailliert der Zinsaufwand,
Lizenzzahlungen oder Dienstleistungsentgelte zu dokumentieren sind. Weiterhin sollen jedoch Umsätze (getrennt in Umsatz mit verbundenen und Umsatz
mit unverbundenen Transaktionspartnern), Gewinne, Steuern, gezeichnetes
Kapital, kumulierter Gewinn, Anzahl der Mitarbeiter und materielle
Vermögenswerte im CbCR dokumentiert werden.
40
Vgl. OECD (2014): „Guidance on Transfer Pricing Documentation and Country-byCountry Reporting“, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD
Publishing; http://dx.doi.org/10.1787/9789264219236-en.
36 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Im Master File und Local File finden sich die üblicherweise zu erwartenden
grundsätzlichen Informationsanforderungen wieder. Darüber hinaus wird
zum einen zum Ausdruck gebracht, dass die Qualität der Informationen von
wesentlich höherer Bedeutung ist als in der Vergangenheit. Zum anderen
werden konkret Elemente abgefragt, die bislang nicht automatische Bestandteile einer Verrechnungspreisdokumentation waren (z. B. eine Liste und
Beschreibung aller im Konzern vorhandenen Advance Pricing Agreements
und sonstiger Übereinkünfte mit Finanzverwaltungen).
In Bezug auf weitere wichtige Einzelfragen lassen sich zwar kaum wesentliche
Änderungen gegenüber dem Entwurf vom 30. Januar 2014 feststellen.
Allerdings sind vor allem die folgenden Aspekte im Vergleich zum bisherigen
Kapitel V der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien und der internationalen
Verrechnungspreispraxis bemerkenswert:
● Benchmarkingstudien sollen im Dreijahresturnus vollständig neu erstellt
und Finanzdaten der Vergleichsunternehmen jährlich aktualisiert werden.
● Der Fremdvergleichsgrundsatz soll bereits im Zeitpunkt der Verrechnungspreisbildung anhand der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Informationen
berücksichtigt und die Fremdüblichkeit mit Abgabe der Steuererklärung
bestätigt werden.
Bislang wird von internationalen Konzernen häufig der Ansatz gewählt, die
Angemessenheit der Verrechnungspreisbildung mittels Benchmarkingstudien
im Rahmen einer Verprobung frühestens zum Jahresende nachzuweisen. Diese
Vorgehensweise wird durch das Vorstehende von der OECD nicht propagiert.
Stattdessen legt die OECD großen Wert auf eine Ex-ante-Betrachtung.
Die Konsensversion des Kapitels V unterstreicht weiterhin die klare Präferenz
der OECD für eine zeitnahe Dokumentation, das heißt spätestens bis zur Abgabe der Steuererklärung. Für das CbCR soll jedoch eine Abgabefrist von einem
Jahr nach Ende des zu dokumentierenden Geschäftsjahres gewährt werden.
Darüber hinaus finden sich in der aktuellen Fassung weiterhin keine konkreten
Aussagen zu Materialitätsgrenzen für zu dokumentierende Transaktionen.
So wird lediglich ausgeführt, dass sich Materialitätsgrenzen sowohl an dem
Verhältnis zum Umsatz oder zu den Kosten als auch an absoluten Größen
orientieren können. Eine quantitative Aussage zu Materialitätsgrenzen fehlt
vollständig.
Erfreulich ist, dass der Konsensentwurf relativ klar Stellung dazu nimmt, in
welcher Sprache eine Dokumentation von den nationalen Finanzverwaltungen
akzeptiert werden soll: Grundsätzlich sollte eine Dokumentation in einer
üblicherweise verwendeten Sprache akzeptiert werden, was im Fall der meisten
Transfer Pricing Perspective Deutschland 37
Schwerpunktthemen 2014
Konzerne Englisch sein dürfte. Darüber hinaus soll dem Steuerpflichtigen
bei spezifischen Übersetzungsanfragen genügend Zeit gelassen und dem Übersetzungsaufwand Rechnung getragen werden. Eine solche klare Aussage hat
im bisherigen Entwurf gefehlt.
Fazit und Handlungsempfehlung
Wenngleich die jetzige Konsensfassung des Kapitels V der OECDVerrechnungspreisrichtlinien einige Erleichterungen gegenüber den bisher
vorliegenden Entwürfen enthält, erhöht sie deutlich die Dokumentationsanforderungen gegenüber dem aktuell gültigen Kapitel V. Dies gilt vor allem für
das verpflichtende CbCR. Insofern müssen sich Steuerpflichtige in Zukunft auf
einen erhöhten Dokumentationsaufwand einstellen. Insgesamt sind mehr
Informationen schneller bereitzustellen. Aufgrund des zunehmenden
Informationsaustauschs zwischen den Ländern ist auch auf eine erhöhte
Konsistenz der Dokumentation in den jeweils betroffenen Ländern zu achten.
Die wesentliche Herausforderung für den Steuerpflichtigen besteht daher darin,
interne Prozesse zu implementieren, dieeine zeit- und kosteneffiziente sowie
konsistente Sammlung der Daten gewährleisten. Diese Notwendigkeit gilt auch
deshalb, weil weitere Maßnahmen im Rahmen des BEPS-Aktionsplans – wie
zum Beispiel der ebenfalls am 16. September 2014 veröffentlichte Entwurf zur
fremdüblichen Verrechnung von immateriellen Wirtschaftsgütern – erwarten
lassen, dass der Nachweis der Fremdüblichkeit von Verrechnungspreisen
erheblich komplexer wird. Auch diese Entwicklung dürfte die begrenzten
Kapazitäten von Verrechnungspreisverantwortlichen in erheblichem Maße in
Anspruch nehmen und sie zu einem optimalen Ressourceneinsatz zwingen.
6.7 Maßnahme 15: Entwicklung eines multilateralen
Übereinkommens zur Anpassung bilateraler
Steuerabkommen
Von Kerstin Holst
Derzeit bestehen weltweit mehr als 3.000 bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs). In dem Bericht wird untersucht,
ob ein multilaterales Übereinkommen zur synchronisierten Umsetzung der auf Steuerabkommen gerichteten BEPS-Maßnahmen
in die bilateralen DBAs wünschenswert und umsetzbar ist. Der
38 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Bericht41 steht im Zusammenhang mit allen anderen Punkten des
BEPS-Aktionsplans. Er enthält keine konkreten Formulierungsvorschläge, sondern eine Analyse von technischen und politischen
Aspekten; im Anhang des Berichts ist eine Toolbox zu finden.
Ziele und Herausforderungen
Die aus den endgültigen Berichten zu den anderen Punkten des Aktionsplans
resultierenden Änderungen des OECD-Musterabkommens sollen schnell,
effizient und als einheitliche Regelungen in die bestehenden bilateralen DBAs
Eingang finden. Letztere bleiben neben einem solchen multilateralen Übereinkommen anwendbar. Der Bericht verkennt nicht, dass die DBAs im Detail
stark differieren, die Steuersouveränität der Länder respektiert werden muss
und dieser im Steuerrecht innovative Weg noch mit vielen Unwägbarkeiten
verbunden ist. Länder sollen flexibel in der Zustimmung zu einzelnen
Regelungen (core set, Opt-in-/Opt-out-Regelungen, Auswahl an Alternativen)
oder gegenüber verschiedenen Vertragspartnern agieren können. In Deutschland wird das Übereinkommen vom Bundesministerium der Finanzen grundsätzlich unterstützt und soll trotz komplexer Rechtsfragen weiterverfolgt
werden. Es wird aber abzuwarten sein, in welchem Umfang Deutschland dem
Übereinkommen zustimmen wird und wie das Übereinkommen in nationales
Recht transformiert werden kann.
Internationale Konferenz
Fazit des Berichts ist, dass ein multilaterales Übereinkommen grundsätzlich
wünschenswert und umsetzbar ist. Dieses Übereinkommen soll auf einer internationalen Konferenz verhandelt und entwickelt werden, die für alle OECDMitgliedsstaaten, G20-Staaten und andere interessierte Länder offen ist. Das
Mandat für diese Konferenz soll Anfang 2015 erteilt werden.
41
OECD (2014): „Developing a Multilateral Instrument to Modify Bilateral Tax
Treaties“, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing,
http://dx.doi.org/10.1787/9789264219250-en.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 39
Schwerpunktthemen 2014
7 Die veröffentlichten BEPS-Maßnahmen der OECD aus
Sicht der deutschen Finanzverwaltung – ein Gespräch
mit Ministerialrat Manfred Naumann
Das Gespräch mit Herrn Naumann führte Martin Renz am 10. November 2014.
Die OECD hat mit der Veröffentlichung der Berichte zu sieben der
insgesamt 15 Maßnahmen ihrer Initiative zu „Base Erosion and
Profit Shifting“ (BEPS-Initiative) am 16. September 2014 eine
bedeutende Zwischenetappe erreicht. Anlass genug, um die Einschätzung der deutschen Finanzverwaltung zu den bis dato
veröffentlichten Zwischenergebnissen einzuholen. Hierzu haben
wir ein Interview mit Ministerialrat Manfred Naumann42 geführt.
Nachfolgend finden Sie das ausführliche Interview.
Herr Naumann, wie zufrieden sind Sie insgesamt mit den bisher
veröffentlichten Ergebnissen der OECD?
Ziel der BEPS-Initiative der OECD ist es bekanntlich, durch die Erarbeitung
einheitlicher internationaler Steuerstandards die Rahmenbedingungen für
einen fairen internationalen Steuerwettbewerb zu schaffen. Wir wollen die
Steuervermeidungsstrategien international agierender Konzerne einschränken,
damit wieder gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen gelten,
auch für diejenigen, die nicht die Möglichkeit der internationalen Gewinnverlagerung haben. Für die ersten sieben der 15 Maßnahmen liegen nun erste
Ergebnisse vor. Sie sind aus unserer Sicht ein Erfolg. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Die veröffentlichten Papiere zu immateriellen Vermögenswerten
beinhalten einen wichtigen Fortschritt, insbesondere bei deren Definition und
bei der Frage, wie diese zu bewerten sind. Man muss dabei natürlich sehen,
dass viele Ergebnisse vorläufig sind und im Lichte von weiteren Diskussionen
abgeändert werden können. Zu nennen sind hier insbesondere die noch offenen
Maßnahmen zu Recharakterisierung oder Risikoübertragung. Hinsichtlich der
Dokumentationspflichten finde ich es sehr positiv, dass der Ausgangspunkt
die Ergebnisse des EU Joint Transfer Pricing Forum waren. Gleichwohl gibt
es auch noch Sachverhalte, die verbesserungswürdig sind. Die Ergänzung
um das Country-by-Country-Reporting (CbCR) halte ich zum Beispiel für
42
Herr Naumann ist Referatsleiter in der Steuerabteilung des Bundesministeriums für
Finanzen (BMF) und dort zuständig für Themen des internationalen Steuerrechts,
insbesondere der internationalen Verrechnungspreise, internationale Gewinnaufteilung bei Betriebsstätten, Hinzurechnungsbesteuerung und einige wichtige
Doppelbesteuerungsabkommen. Darüber hinaus ist er Mitglied des EU Joint Transfer
Pricing Forums der Europäischen Kommission.
40 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
problematisch. Voraussetzung dafür, dass es akzeptabel wäre, ist aus meiner
Sicht, dass man zwingende Streitbeilegungs-mechanismen, also am besten
Schiedsverfahren, einführt. Es gibt Fortschritte, auch sehr schnelle, aber es gibt
eben auch noch Bedenken, die zunächst bestehen.
Das Besondere an der BEPS-Initiative ist, dass es ausdrücklich nicht
nur ein Projekt der OECD, sondern auch der G20-Staaten ist. Gibt es
aus Ihrer Sicht vor diesem Hintergrund die Erwartungshaltung,
dass bestimmte Dinge besser oder schneller umgesetzt werden?
Es gibt die Hoffnung, dass die G20-Staaten, die nicht OECD-Staaten sind,
sich eben zumindest an die UN-Standards halten, das heißt an das UN-Musterabkommen, in welchem ja auch Verrechnungspreisgrundsätze festgelegt sind,
und dass generelle Streitbeilegungsmechanismen geschaffen werden, was aber
vermutlich einige Zeit brauchen wird.
Kommen wir zur Umsetzung der BEPS-Maßnahmen in Deutschland.
Welche Planungen gibt es seitens des Bundesfinanzministeriums
bzw. vonseiten des Gesetzgebers?
Zu den Maßnahmen, die in den Bereich der Verrechnungspreise fallen, ist
zu sagen, dass wir Dokumentationspflichten schon haben und dass wir uns
sicherlich, wenn die Ergebnisse zur Implementierung vorliegen, Gedanken
darüber machen werden, wie wir entsprechende Anpassungen des deutschen
Rechts, also des § 90 Abs. 3 AO, durchführen. Sofern eine Dokumentation zur
Risikoabwägung erforderlich ist, muss die im Land der Muttergesellschaft
frühzeitig vorliegen, damit man diese Informationen per Informationsaustausch nach Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) weitergeben kann. Hierbei
sollte das Interesse der Unternehmen, durch Dokumentationserfordernisse
nicht überbelastet zu werden, berücksichtigt werden.
Sie sprechen hier auch den Zeitaspekt an. Das eine oder das andere
Unternehmen könnte dabei überfordert sein, wenn quasi mit der
Abgabe der Steuererklärung bereits eine Verrechnungspreisdokumentation vorliegen muss. Wie sehen Sie das?
Hierfür werden eventuell Übergangszeiten benötigt, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass die notwendigen Angaben von den Unternehmen sofort ohne
Weiteres per Knopfdruck gegeben werden können.
Maßnahme 1: „digital economy“
Die Digitalisierung der Welt ist mittlerweile auch im Steuerrecht
angekommen. Onlinehandel, Internetwerbung, Cloud Computing
oder Internet App Stores sind hier die Schlagwörter, die nach
Ansicht der OECD zu steuermissbräuchlichen Geschäftsmodellen
einladen. Die OECD nennt in ihrem Papier zur digital economy
Transfer Pricing Perspective Deutschland 41
Schwerpunktthemen 2014
einige Optionen wie zum Beispiel die Änderung der Ausnahmeregelungen in der Betriebsstättendefinition oder die Betriebsstättenbegründung aufgrund einer significant digital presence.
Was halten Sie grundsätzlich davon, wenn das Vorhandensein einer
Betriebsstätte lediglich an einer digitalen Präsenz festgemacht wird?
Was bedeutet dies für die Ergebnisallokation anhand der Personalfunktion?
Die Anknüpfung an der digitalen Präsenz hilft nicht, solange an dem von der
OECD entworfenen Ertragsallokationsmechanismus anhand der Personalfunktionen festgehalten wird. Bei der Betriebsstättendiskussion wird meines
Erachtens häufig die Frage vernachlässigt, was der einzelnen Betriebsstätte
zugerechnet werden kann. Selbst wenn es aufgrund der digitalen Präsenz eine
Betriebsstätte gibt, aber die Ertragsfunktion bzw. Personalfunktion gar nicht
oder nur schwer feststellbar ist und somit der Betriebsstätte keine Ergebnisse
zugeordnet werden können, ist zweifelhaft, ob hierdurch etwas gewonnen
wird. Es verkompliziert das Thema Betriebsstätten und bringt vielleicht ertragsteuerlich keinen Mehrgewinn. Und eine Alternative, also einen anderen
Allokationsmechanismus als die Personalfunktion, kann ich mir im Moment
nicht vorstellen.
Würden Sie es befürworten, wenn das EU-Verrechnungspreisforum
in solche Fragestellungen stärker eingebunden wird?
Das muss nicht unbedingt das EU-Verrechnungspreisforum sein, sondern
vor allem die Working Party 6 der OECD, die den Betriebsstätten-Bericht
entwickelt hat, wonach die Personalfunktionen der Ausgangspunkt für die
Gewinnzuordnung sind.
Maßnahme 5: effektivere Bekämpfung von schädlichem
Steuerwettbewerb
Während sich der Großteil der anderen Maßnahmen der BEPSInitiative mit dem Verhalten des Steuerpflichtigen beschäftigen,
widmet sich die Maßnahme 5 dem Verhalten der Staaten, die
Steueranreize setzen, um als Standort für Unternehmen attraktiv zu
bleiben. Die OECD setzt hier unter anderem auf einen zunehmenden
und stärker automatisierten Informationsaustausch zwischen den
Staaten. Welche Erwartungen haben Sie in Bezug auf potenziell
schädlichen Steuerwettbewerb im Speziellen? Was sind hierbei die
aus Ihrer Sicht wichtigsten Themen?
42 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Das betrifft insbesondere Fragen von IP-Regimen43, also zum Beispiel einer
Innovation oder Patentbox. Es ist schon ziemlich problematisch, dass auf der
einen Seite große Anstrengungen bei der OECD unternommen werden, um die
Gewinnzuordnung im Bereich immaterielle Wirtschaftsgüter transparent und
vernünftig durchzuführen, und dann auf der anderen Seite insbesondere zehn
europäische Staaten mit Steueranreizsystemen wie Patentboxen mit geringer
Besteuerung aktiv sind.
Erwarten Sie, dass die OECD mehr Druck gegen solche Steueranreizsysteme in Zusammenhang mit immateriellen Wirtschaftsgütern ausüben wird?
Es gibt heute schon Druck, dass man IP-Regime, Patent- und Innovationsboxen
stärker an eine konkrete Aktivität bindet, um zu verhindern, dass solche
Besteuerungsregime auch mittels funktionsarmer Vehikel genutzt werden
können. Das ist schon mal ein Fortschritt.
Ist aus Ihrer Sicht die Knüpfung der Gewährung von Vorteilen aus
Steueranreizsystemen an wirtschaftliche Aktivitäten bzw. Substanzerfordernisse grundsätzlich der richtige Weg?
Wir haben darüber im Bundesfinanzministerium diskutiert und die Auffassung war, dass der richtige Weg eigentlich der wäre, die Forschungs- und
Entwicklungsaufwendungen zu subventionieren und nicht die Erträge, die
aus der Nutzung von immateriellen Vermögenswerten stammen. Das ist aber
bedauerlicherweise international wohl nicht durchsetzbar. Es wäre aber meiner
Meinung nach sachgerechter. Schließlich sind nicht erfolgreiche Forschungsund Entwicklungsprojekte in gleicher Weise förderungswürdig wie erfolgreiche.
Als eine mögliche Sanktionsmaßnahme wurde in Deutschland
diskutiert, dass Lizenzaufwendungen, die beispielsweise im
Zusammenhang mit Patentboxen stehen, die steuerliche Anerkennung versagt wird. Ist dies momentan noch in der Diskussion?
Hierzu sind mir keine konkreten Planungen bekannt. Ich glaube nicht, dass
solche Sanktionsmaßnahmen aktuell auf der Tagesordnung stehen.
43
IP-Regime sind Vorzugsbesteuerungsregelungen von Lizenzeinkünften. Die Ausgestaltung ist je nach Land unterschiedlich. Unterschiede bestehen insbesondere
hinsichtlich des Umfangs der qualifizierten Lizenzeinkünfte sowie der Einbeziehung
von Betriebsausgaben und von historischen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 43
Schwerpunktthemen 2014
Maßnahme 8: „intangibles report“
Eine aus Verrechnungspreissicht am stärksten im Fokus stehende
Maßnahme beschäftigt sich mit Verrechnungspreisaspekten immaterieller Wirtschaftsgüter (iWG). Der Bericht beschäftigt sich
mit der Definition von iWG und stellt klar, dass Standortvorteile,
Synergien oder Mitarbeiter keine iWG darstellen, aber als
Vergleichbarkeitsfaktor in die Verrechnungspreisanalyse einzubeziehen sind. Wie sehen Sie grundsätzlich die von der OECD
formulierte Definition von iWG und besteht aus Ihrer Sicht
Handlungsbedarf aufseiten der deutschen Finanzverwaltung?
Die OECD hat die Definition von Intangibles weiterentwickelt und liefert vor
allen Dingen Negativbeispiele, was nicht als Intangibles anzusehen ist. Dies
ist so weit auch aus deutscher Sicht akzeptabel. Wir halten keine konkreten
Umsetzungsmaßnahmen für erforderlich. Wir würden das, was die OECD
geschrieben hat, sozusagen informell implementieren, was letztlich auch dem
deutschen Abkommensverständnis entspricht.
Sie haben eben die Negativbeispiele erwähnt. In der jetzt verabschiedeten Definition von Intangibles werden zum Beispiel Standortvorteile und Synergieeffekte nicht als ein eigenständiges iWG
erwähnt, sondern sollen lediglich einen Vergleichbarkeitsfaktor
darstellen. Man könnte aus der Diskussion das Verständnis
gewinnen, dass manche Staaten, die in den Diskussionen zu BEPS
beteiligt waren, die Definition von Intangibles etwas anders sehen,
insbesondere BRIC-Staaten44 wie China oder Indien. Erwarten Sie
insbesondere mit diesen Staaten hieraus ein zunehmendes Konfliktpotenzial?
Wenn die G20-Staaten dieses gesamte Paket der OECD zu BEPS akzeptieren,
werden letztlich auch solche Dinge mit akzeptiert, die von manchen Staaten
anders gesehen werden. Wie zum Beispiel Standortvorteile Gegenstand einer
Geschäftsbeziehung sein können, entzieht sich meiner Vorstellungskraft. Dies
gilt auch für die anderen Negativbeispiele, die die OECD aufführt. Das sind
zwar sicherlich Vergleichbarkeitsfaktoren, wenn ich entsprechende selbstständige Unternehmen am gleichen Markt vorfinde, aber dass so etwas Gegenstand einer Geschäftsbeziehung sein könnte, ist nur schwer vorstellbar.
44
Der Begriff BRIC-Staaten ist eine Bezeichnung von vier Schwellenländern. BRIC steht
für die Anfangsbuchstaben von Brasilien, Russland, Indien und China.
44 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Sie würden zumindest die Hoffnung hegen, dass in Ländern wie
China keine lokalen Gesetze implementiert werden, in denen
explizit zum Beispiel Standortvorteile als iWG definiert werden?
Das wird sich Ende 2015 zeigen, ob die G20-Staaten das Gesamtpaket mitunterzeichnen und mittragen. Dann wären tatsächlich Regelungen, die zum
Beispiel Standortvorteile zu einem iWG erheben würden, als eine Art unfreundlicher Akt zu sehen. Man kann als Staat eigentlich nicht im Rahmen
der G20 den BEPS-Berichten zustimmen, aber dann im innerstaatlichen
Recht etwas ganz anderes machen.
Der Bericht zu Intangibles enthält bereits jetzt eine explizite Aussage dahin gehend, dass Daumenregeln nicht als Nachweis einer
bestimmten Preisfindung oder für Zwecke der Gewinnaufteilung
genutzt werden können. Welche Auswirkungen wird diese
Änderung Ihrer Meinung nach in der Praxis auf die Anwendung der
Knoppe-Formel haben, die nach unseren Erfahrungen in der Praxis
immer wieder für Verprobungszwecke angewendet wird?
Für Verprobungszwecke kann die Knoppe-Formel sicherlich angewendet
werden, was auch seitens der OECD nicht ausgeschlossen wird. Aber generell
haben wir inzwischen in § 1 Abs. 3 AStG gesetzlich geregelt, wie der hypothetische Fremdvergleich durchzuführen ist. Ich glaube, dass diese im Gesetz
enthaltene Systematik dem heutigen Stand der Betriebswirtschaft deutlich
mehr entspricht als die Knoppe-Formel oder ähnliche Daumenregeln. Dementsprechend hoffe ich, dass mit der Zeit diese Daumenregeln als konkrete
Änderungsparameter verloren gehen und die im Gesetz vorgeschriebenen
Mechanismen und Vorgehensweisen angewendet werden.
Ist vor dem Hintergrund der geplanten Anpassung zur Anwendung
sogenannter other methods, insbesondere im Hinblick auf
Bewertungsverfahren für iWG davon auszugehen, dass eine Anpassung der Verwaltungsgrundsätze-Verfahren erfolgen wird? Die
Finanzverwaltung verweist gegenwärtig bei Bewertungsverfahren
für iWG auf IDW S 1 oder IDW S 5. Ist damit zu rechnen, dass von
der deutschen Finanzverwaltung konkrete Anwendungsgrundsätze
für Bewertungsverfahren, die über solche Verweise hinausgehen,
vorgegeben werden?
Grundsätzlich sind der IDW S 1 und der IDW S 5 keine international
akzeptierten Standards, sondern „nur“ deutsche Standards, weshalb der
Verweis seitens der Finanzverwaltung als Angebot zur Nutzung dieser
Standards zu sehen ist. Welche Bewertungsverfahren im Bereich der
Verrechnungspreise verwendet werden können, da besteht im Moment
sicherlich eine große Flexibilität, da kann man auch mit anderen Methoden
arbeiten. Aber bezogen auf die Bundesrepublik Deutschland würde sich
Transfer Pricing Perspective Deutschland 45
Schwerpunktthemen 2014
natürlich die Methode des IDW S 1 für Betriebe und Teilbetriebe, also größere
Unternehmenseinheiten, und S 5 für iWG anbieten. Ich glaube aber nicht, dass
sich hieraus eine neue Verrechnungspreismethodik entwickelt.
Unsere nächste Frage behandelt die Zuordnung von Erträgen aus
iWG, die in erster Linie auf Basis der für die Wertschöpfung
relevanten Funktionen erfolgen soll. Danach erscheint eine
detaillierte Auswertung einer funktionalen Wertschöpfungsbeitragsanalyse zwingend notwendig. Teilen Sie unsere Einschätzung, dass Wertschöpfungsbeitragsanalysen zukünftig eine
noch viel stärkere Rolle spielen werden?
Ja, das sehe ich auch so. An der Stelle sehe ich natürlich auch den einen
oder anderen Konflikt, der sich aus der Wertschöpfungsbeitragsanalyse
einerseits und dem Bild der tatsächlich geschlossenen Verträge andererseits
ergeben kann. Es kommt immer wieder vor, dass die Wertschöpfung und der
geschlossene zivilrechtliche Vertrag nicht übereinstimmen.
Hierzu dürften die BEPS-Papiere zu den Themengebieten „Risiko
und Kapital“ bzw. zu „Recharakterisierung von Verträgen“,
welche sich unter anderem mit der Frage beschäftigen, ob Risiken
vertraglich der einen oder der anderen Partei zugewiesen werden
können, noch näher darauf eingehen. Insbesondere die Frage, ob
eine vertraglich gewählte Risikoaufteilung auch unter fremden
Dritten vorgenommen worden wäre, ist an dieser Stelle die
spannende Frage. Sehen Sie das genauso?
Ja, das ist sicherlich eine schwierige Fragestellung, da man natürlich bei der
Wert-schöpfungsbeitragsanalyse und den Funktionen, damit sind vermutlich
die people’s functions gemeint, in die Nähe der Grundsätze kommt, die für die
Betriebsstätten gelten sollen. Die Frage ist, inwiefern man diese Grundsätze
einfach auf selbstständige Unternehmen anwenden können sollte. Das sehe ich
nicht ganz unproblematisch, da man sehr schnell in eine Diskussion über die
Nichtanerkennung oder Recharakterisierung von Verträgen kommt. Und dafür
sind die Rechtsgrundlagen im Moment aus meiner Sicht noch einigermaßen
dünn.
Die Zuordnung von Risiken auf Basis von Personalfunktionen
ist auch vor dem Hintergrund schwierig, dass es zum einen
Versicherungsunternehmen gibt, die Risiken gegen entsprechende
Prämien übernehmen, ohne diese im Unternehmen zu managen.
Darüber hinaus gibt es Risiken, die keine der beiden Parteien
wirklich managen kann und bei denen die Auffassung vertreten
werden kann, diese noch relativ unabhängig von der Personal-
46 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
funktion zu verteilen. Allerdings wird es hierbei schwierig sein,
eine Grenze zu ziehen.
Das ist keine einfache Diskussion, vor allen Dingen auch deswegen, weil Risiken
im Konzern relativ frei rechtlich strukturiert werden können. Die Tatbestandsmerkmale exakt herauszuarbeiten und auch Grenzen auszutesten bzw. zu
entscheiden, wann zum Beispiel der Tatbestand für eine Recharakterisierung
eines Vertrags gegeben ist, stelle ich mir schwierig vor. Die Tatbestandsmerkmale hier exakt herauszuarbeiten, dürfte keine ganz banale Aufgabe
darstellen. Ich sehe in diesem Zusammenhang daher noch viel Arbeit vor der
OECD und ich bin gespannt, wie das nach dem derzeit vorliegenden Zeitplan
bis September 2015 bereits gelöst sein soll.
Aus der Praxis kennen wir, dass die deutsche Finanzverwaltung
die Durchführung von Wertschöpfungsbeitragsanalysen explizit
wünscht. Im Ausland wird damit nach unserer Einschätzung bisher
noch relativ wenig gearbeitet. Erwarten Sie vor diesem Hintergrund
ein verstärktes Konfliktpotenzial mit anderen Steuerverwaltungen,
wenn die Wertschöpfungsbeitragsanalyse vermehrt als Basis für
eine Gewinnaufteilung verwendet wird?
Nach meinen Erfahrungen werden Wertschöpfungsbeitragsanalysen von
ausländischen Finanzverwaltungen zumindest nicht von vornherein abgelehnt.
Jedoch muss tatsächlich einiges an Überzeugungsarbeit geleistet werden. Es
sollte klar sein, dass eine solche Analyse keine exakte Wissenschaft ist. Grundsätzlich halte ich Wertschöpfungsbeitragsanalysen für sinnvoll und habe den
Eindruck, dass auch gerade nach den Diskussionen zum Kapitel 9 zu business
restructuring der OECD-Richtlinien andere Finanzverwaltungen durchaus
dazu bereit sind, sich zumindest auf dieses Thema einzulassen.
Glauben Sie, dass es noch mehr Leitlinien geben wird, wie eine
solche Analyse konkret durchzuführen ist?
Das stelle ich mir ziemlich schwer vor, soweit es in den unterschiedlichen
Staaten überhaupt jeweils eigene Standards gibt, wie zum Beispiel in Deutschland für die Bewertung den IDW Standard oder die entsprechenden Standards
in den USA. Es gibt unterschiedliche Sichtweisen auf die gleichen Probleme.
Dass die OECD sich für die konkrete Konstruktion eines Staats entscheidet,
ist aus meiner Sicht nicht zu erwarten. Es ist allenfalls vorstellbar, dass vorhandene Standards als Beispiele genannt werden.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 47
Schwerpunktthemen 2014
Wir stoßen in der Praxis bei Wertschöpfungsbeitragsanalysen
immer wieder auf Bereiche, die nicht durch harte Fakten unterlegbar und im Wesentlichen durch subjektive Einschätzungen der
Unternehmen geprägt sind. Erwarten Sie hier ein erhöhtes Konfliktpotenzial?
Das glaube ich gar nicht unbedingt. Soweit das Unternehmen gewisse
Entscheidungen trifft, die in sich konsistent sind und die in Übereinstimmung
mit dem stehen, was tatsächlich ökonomisch passiert, glaube ich, dass
jede vernünftige Finanzverwaltung sieht, dass in manchen Bereichen bei
Verrechnungspreisen einfach nichts Besseres zu haben ist. Und spätestens im
Verständigungsverfahren macht sich die Erfahrung breit, dass ein Kompromiss
gefunden werden muss, dass man sich im mittleren Bereich bewegen sollte und
dass man keine extremen Positionen beziehen darf. Im Zeitablauf wird es so
sein, dass die Unternehmen lernen, wie sie das zu tun haben, und ebenso
werden dies auch die Finanzverwaltungen lernen. Schon deshalb, weil diese
zunehmende Zahl von Verständigungsverfahren für alle Finanzverwaltungen
eine ganz erhebliche Belastung darstellt.
Ihre Einschätzung ist also, dass eine plausible, betriebswirtschaftlich nachvollziehbare Wertschöpfungsbeitragsanalyse die
Ausgangssituation für die steuerliche Anerkennung einer darauf
basierenden Gewinnverteilung deutlich erhöht?
Ja, umso stabiler ist auch die Ausgangssituation, um von vornherein zu
vermeiden, dass es überhaupt zu einer Doppelbesteuerung kommt.
Wird eine Zuordnung von Erträgen basierend auf Wertschöpfungsbeitragsanalysen die vermehrte Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode nach sich ziehen, für welche regelmäßig keine Vergleichswerte bestimmt werden können?
Ich bin nicht der Meinung, dass eine solche Analyse regelmäßig oder auch nur
häufig die Anwendung einer Gewinnaufteilungsmethode nach sich zieht. Diese
kommt meist nur dann zur Anwendung, wenn entsprechende iWG auf beiden
Seiten der Geschäftstransaktion vorhanden sind. Ansonsten bleibt es bei der
Vorgehensweise, dass eine tested party ermittelt wird und versucht wird, aus
Sicht dieser tested party einen Fremdvergleichspreis zu ermitteln und damit
zu einer Preisfestsetzung zu kommen. Und ich wehre mich dagegen, dass sozusagen der Profit Split generell die Methode der Zukunft sein soll. Wenn man
sich die praktischen Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, ansieht, dann
würde ich davon ganz dringend abraten, sowohl für die Steuerpflichtigen als
auch für die Finanzverwaltungen.
48 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Mit anderen Worten, bei einer typischen Auftragsfertigungsfunktion
oder typischen reinen Vertriebsfunktion sind nach wie vor die
Standardmethoden die vorrangig zu wählenden Methoden und
lediglich in Situationen, in denen beide Transaktionspartner über
iWG verfügen, wäre ein Profit Split vorzuziehen?
Ja, soweit beide Transaktionspartner über iWG mit entsprechender Wertigkeit
verfügen, kann ich mir den Profit Split vorstellen. Hinsichtlich der iWG beispielsweise, wenn gleichwertiges Markenrecht und Produktions-Know-how im
Konzern auseinanderfallen oder wenn verschiedene iWG von verschiedenen
Seiten beigetragen werden. Aber ansonsten, für Routineunternehmen, aber
auch Mittelunternehmen nach deutscher Lesart, halte ich einen Profit Split für
nicht richtig. Dieser sollte sich auf Ausnahmefälle beschränken, in denen
wesentliche iWG auf beide Vertragsparteien verteilt sind.
Gilt dies auch für eine Vertriebseinheit, die für ihren lokalen Markt
verantwortlich ist und hierfür über einen eigenen Kundenstamm
oder Ähnliches verfügt?
Ein solcher Fall kann gut durch die Resale-minus-Methode abgebildet werden,
die meinetwegen auch die TNMM-Systematik mitverwendet. Darüber hinaus
bin ich sowieso der Meinung, dass generell ein Price Setting durchgeführt
werden sollte. Damit wären aus meiner Sicht die Probleme mit den Datenbanken und mit der Vergleichbarkeit deutlich reduziert. Beim Price Setting
verfügen Sie zum Zeitpunkt der Preisfestsetzung nur über die Daten von
vergangenen Jahren, müssen berücksichtigen, was bis zum Zeitpunkt der
Preisfestsetzung noch geschehen ist, und müssen dann noch Ihre Zukunftserwartungen einfließen lassen. Dieser Mechanismus würde dazu führen, dass
die Bedeutung von Datenbanken sich deutlich reduziert.
Aber auch beim Price Setting müssen Sie zunächst einen gewissen
Rahmen setzen.
Dieser Rahmen wäre im Regelfall bereits durch die Vergangenheit gesetzt
worden, da es ja nicht um neue Gesellschaften geht. Die Gesellschaft wird in der
Regel schon seit Längerem existieren. Das heißt, es gibt abgelaufene Betriebsprüfungen mit Erfahrungswerten, die für die Argumentation genutzt werden
können. Und damit kommen wir auch wieder zu dem Punkt, dass man die
Kirche im Dorf lassen muss, das heißt, es sollte mit mittleren Werten, wahrscheinlicheren Werten gearbeitet und im Eigeninteresse der Unternehmen
nicht versucht werden, Grenzwerte zu verwenden. Der mittlere Bereich ist der
Bereich, der auch von den Finanzverwaltungen der meisten anderen Staaten
akzeptiert wird.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 49
Schwerpunktthemen 2014
Wenn wir von Werten im mittleren Bereich sprechen, sind wir
wieder bei Benchmarkstudien, durch die der Rahmen gesetzt
werden muss.
Daran glaube ich für die Zukunft nicht mehr. Ich sehe viele kleinere Unternehmen, die sich Benchmarkstudien gar nicht so ohne Weiteres leisten können,
und ebenso kleine Steuerberaterbüros, die den Zugang zu solchen Datenbanken
nicht ohne Weiteres stemmen können. Daher fände ich es sehr positiv, wenn
man ein Verfahren finden würde, das weitgehend ohne Benchmarkstudien
auskommt. Man wird Benchmarkstudien wahrscheinlich auch in Zukunft noch
brauchen, um überhaupt gewisse Anhaltspunkte für das Verhalten voneinander
unabhängiger Dritter zu bekommen. Aber anschließend, mit ökonomischem
Sachverstand, unter Berücksichtigung der Entwicklung auf dem Markt, bezogen
auf die konkreten Produkte, bezogen auch auf die Zukunftsaussichten und mit
entsprechenden Anpassungsmechanismen, meine ich, müsste man relativ gut
auch weitgehend ohne Datenbanken auskommen.
Die Verwaltungsgrundsätze-Verfahren enthalten derzeit nur
sehr allgemeine Ausführungen, wie eine Wertschöpfungsbeitragsanalyse durchzuführen ist. Gibt es Überlegungen vonseiten des
BMF, Vorschläge zu erarbeiten, welche Voraussetzungen eine Wertschöpfungsbeitragsanalyse erfüllen muss, um von der Finanzverwaltung akzeptiert zu werden?
Bislang habe ich hierzu noch von keinem Bedarf gehört, aber im Prinzip wäre
es natürlich denkbar, sich darüber mit der Betriebswirtschaft und mit betriebswirtschaftlich interessierten Fachleuten auseinanderzusetzen, um zu sehen,
was an weiteren Handreichungen gegeben werden könnte. Aber wie gesagt, es
geht im Grunde genommen darum, mit der Wertschöpfungsanalyse die Preisbestimmung aus Sicht der tested party in den Griff zu bekommen, nicht darum,
mit der Zielsetzung in die Analyse hineinzugehen, am Ende beim Profit Split zu
landen.
Also die Durchführung einer Wertschöpfungsanalyse eher im Sinne
einer Verprobung als im Sinne einer Preisfestsetzung?
Ich sehe durchaus eine Wertschöpfungsanalyse auch als Mittel einer nachvollziehbaren Preisfestsetzung. Eine solche Analyse muss gar nicht unbedingt zweiseitig sein, sondern kann einfach nur die Wertschöpfung in dem einen Unternehmen beschreiben und vielleicht noch aussagen, was das andere Unternehmen im selben Bereich macht.
Unsere Erfahrungen sind, dass bei der Durchführung von Wertschöpfungs-beitragsanalysen die Sichtweise der Unternehmen
relativ stark von der Sichtweise der Finanzverwaltung abweicht, wie
eine solche durchzuführen ist. Dies kann schon bei der Definition
50 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
des Wertschöpfungsbeitrags beginnen. Wie können Steuerpflichtige
mit dieser Unsicherheit umgehen?
Ich rate dringend dazu, Wertschöpfungsbeitragsanalysen zum einen nicht erst
in der Betriebsprüfung zu machen, sondern wenn möglich vorher. Darüber
hinaus kann im Vorfeld mit der Betriebsprüfung eine informelle Abstimmung
dahin gehend erfolgen, zu welchem Zweck die Wertschöpfungsbeitragsanalyse
gemacht wird und nach welchen Kriterien sie aufgestellt und dokumentiert
werden soll. Damit wäre schon mal eine ganze Menge von dem möglichen
Streitpotential abgedeckt. Und selbstverständlich müssen Sie in der Betriebsprüfung etwas vorlegen, das aus Sicht der Betriebsprüfung insgesamt betriebswirtschaftlich zu vertretbaren Ergebnissen führt. Andernfalls kommen Sie
natürlich in kontroverse Diskussionen.
Die Mutmaßung der Finanzverwaltung ist oftmals, dass solche Wertschöpfungsbeitragsanalysen hingerechnet worden sind, wenn das
Ergebnis der Analyse sich nicht mit der Erwartung der Betriebsprüfung deckt.
Darum sage ich ja, man sollte das im Rahmen des Price Setting machen.
Unter Berücksichtigung der Werte, die man zu diesem Zeitpunkt aus der
Vergangenheit kennt, sowie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen
Entwicklung, bezogen auf die konkrete Geschäftstätigkeit der tested party
und mit einer realistischen Zukunftsprognose. Zudem können vertraglich Anpassungsmechanismen vereinbart werden. Ich meine, dass ein solches flexibles
System der Weg ist, eine Vielzahl von ansonsten schwierigen Betriebsprüfungsproblemen zu vermeiden.
Sozusagen ein einfacher einseitiger Informationsaustausch mit den
zuständigen Prüfern, ohne in ein Vorabverständigungsverfahren
einzutreten?
In den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren haben wir eine entsprechende
Regelung zu der Frage, was ist in Zukunft wie zu dokumentieren, das heißt
bei der Frage, was überhaupt zu dokumentieren ist und was Grundlage der
Dokumentation ist. Wir haben eine Formulierung in den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren, dass sich die Betriebsprüfung einer Diskussion darüber nicht
verweigern soll. Das gilt auch dann, wenn sich die Diskussion nicht auf den
Prüfungszeitraum, sondern auf die Zukunft bezieht. Auf dieser Grundlage kann
versucht werden, ein in sich schlüssiges und vernünftiges Verrechnungspreissystem mit der Betriebsprüfung für die Zukunft abzusprechen, auf dem die
Dokumentation dann beruht, sicherlich nicht bis in das kleinste Detail, aber
doch in Grundsätzen. Wobei dies hat nun nichts mehr mit dem Thema BEPS
zu tun.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 51
Schwerpunktthemen 2014
Nicht unmittelbar, aber es kann natürlich sein, dass bestimmte aus
BEPS resultierende Themen die Steuerpflichtigen vermehrt in die
Richtung treiben, Probleme proaktiv anzugehen.
Ich persönlich denke, es ist für die Steuerpflichtigen hilfreich, wenn sie sich
im Vorfeld mit der Finanzverwaltung abstimmen, um zumindest die „Heimatfinanzverwaltung“ auf der eigenen Seite zu haben. Das wird jedoch nur in Form
einer informellen Absprache möglich sein, mittels der gewisse „Leitplanken“
eingezogen werden, sodass man im Ansässigkeitsstaat keine Probleme
bekommt. Allerdings bedeutet dies nicht, dass wir dazu eine Art unilaterales
APA abschließen werden.
Maßnahme 13: Dokumentation/Country-by-Country-Reporting
Das jüngst veröffentlichte Papier zur Dokumentation von
Verrechnungspreisen sieht eine deutliche Ausweitung der
Dokumentationserfordernisse von Steuerpflichtigen vor. So wird
die Notwendigkeit der Qualität der Informationen in Masterfile
und Local File deutlich stärker betont. Darüber hinaus soll die
Dokumentation um eine dritte Säule, dem sog. Country-by-CountryReporting (CbCR), erweitert werden. Inwieweit beabsichtigt die
deutsche Finanzverwaltung, die Anforderungen eines CbCR in
Deutschland umzusetzen? Haben die Ankündigungen von Ländern
wie zum Beispiel UK, dass sie das CbCR zeitnah einführen wollen,
Einfluss auf die Umsetzung in Deutschland?
Wenn Anfang nächsten Jahres der Implementierungsteil zu CbCR vorliegt,
werden wir uns diesen genauer ansehen. Da es dabei um die Dokumentation
von Verrechnungspreisen geht, habe ich auch die Absicht, in einen Meinungsaustausch mit den deutschen Unternehmen einzutreten, bis wann aus ihrer
Sicht das CbCR realistisch umgesetzt werden kann. Zudem bin ich der
Meinung, dass in diesem Zusammenhang eine ganze Menge rechtlicher
Fragestellungen zu klären sind. Zum Beispiel, wem muss das gesamte
Dokumentationspaket übergeben werden und welcher Mechanismus kommt
bei dessen Austausch konkret zur Anwendung. Hierbei gibt es eine Vielzahl von
offenen Fragen, da beispielsweise in den DBA gewisse normative Grenzen für
die Weitergabe von Informationen enthalten sind. Des Weiteren haben wir das
Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu beachten, das heißt, wir haben
verfassungsrechtliche Probleme, wenn wir ungefiltert Daten von Unternehmen
an andere Finanzverwaltungen weitergeben. Dazu müssen bestimmte
Voraussetzungen erfüllt sein, derzeit stellt sich dies für mich einigermaßen
schwierig dar.
52 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Sofern die Finanzverwaltung eines anderen Staats die Daten in
Deutschland anfordert, gibt es eine Anhörungspflicht für den
Steuerpflichtigen. Wie sehen Sie diesen Aspekt in dem Zusammenhang?
Ja, im Zweifel, wenn der Steuerpflichtige nicht damit einverstanden ist, geht
das dann im vorbeugenden Rechtsschutz auch vor Gericht. Und das Gericht
wird sich nicht dafür interessieren, was die OECD bei BEPS vorgegeben hat,
sondern es wird anhand von innerstaatlichen Rechtsgrundlagen entscheiden.
Und da wird zum Beispiel auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit aufkommen.
Die Datenübermittlung könnte beispielsweise in einem DBA geregelt
und über ein Auskunftsersuchen angefordert werden.
Richtig. Hierbei wäre nach derzeitigem Stand zu prüfen, ob der andere Staat die
Informationen überhaupt benötigt bzw. aus welchem Grund er sie anfordert,
zum Beispiel ob sie für seine Verrechnungspreise tatsächlich von Bedeutung
sind. Diese Fragen sind aus deutscher Sicht nicht so einfach zu klären, auch
wenn die OECD relativ einfach darüber hinwegzugehen scheint.
Bedeutet dies, dass es in Deutschland zu keiner faktischen Pflicht
zur Umsetzung des CbCR kommt, nur weil dieses in einigen Ländern
tatsächlich umgesetzt wird und Deutschland damit in Zugzwang
kommt, ebenfalls bestimmte Umsetzungen vorantreiben zu müssen?
Wir können über unsere rechtlichen Grenzen nicht deswegen hinweg, weil
andere Staaten das wollen oder vormachen. Des Weiteren können die
staatlichen Vorstellungen von Vorschriften, Regelungen usw. in den einzelnen
Ländern sehr unterschiedlich sein. Ich denke, man tut sich keinen Gefallen,
wenn man Regelungen schafft, die sich dann am Ende nicht tragen. Wenn
Länder, wie Brasilien, Indien, China, Italien, UK oder Frankreich CbCRRegelungen einführen, bedeutet dies als solches noch nicht, dass dies auch in
Deutschland rechtmäßig ist.
Die Frage wäre aber, wenn andere Länder anfangen, diese
Informationen einzuholen, ob sich die deutsche Finanzverwaltung
nicht schlechter stellen möchte und daher ebenfalls die rechtlichen
Rahmenbedingungen schafft, um an diese Informationen zu
kommen.
Zunächst ist das noch kein rechtlich haltbares Argument. Und Sie bemerken
meine Skepsis, inwiefern das auch rechtlich so einfach durchsetzbar ist. Ich
kann das noch nicht abschließend beurteilen, aber wir werden sicherlich
auch noch intensiv mit dem Verfassungsreferat und mit den DBA-Referaten
sprechen, inwiefern Rechtsgrundlagen für so etwas vorhanden sind oder
Transfer Pricing Perspective Deutschland 53
Schwerpunktthemen 2014
geschaffen werden müssen. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit ein
Verfassungsprinzip, über das man nicht einfach hinweggehen kann.
Die hohe Transparenz eines CbCR birgt aus unserer Sicht die
Gefahr, dass manche Länder die Informationen, die Kenntnis
über die Aufteilung von Gewinnen und Steuern einseitig zu ihren
Gunsten ausnutzen. Sehen Sie diese Gefahr ebenfalls und falls ja,
kann vor diesem Hintergrund den Steuerpflichtigen ein CbCR
zugemutet werden, ohne dass alle Länder, denen ein derartiger
Informationszugriff gewährt wird, einer binding arbitration, also
einem Verständigungsverfahren mit Einigungszwang, zustimmen?
Eine relativ schwierige Frage deswegen, weil ich keinen anderen Staat daran
hindern kann, innerstaatlich entsprechende Verpflichtungen einzuführen. Auf
der anderen Seite ist es sicherlich so, dass wir Verständigungsverfahren mit
Staaten haben, mit denen wir ein DBA abgeschlossen haben und mit denen
Verständigungsverfahren auch funktionieren. Wenn aber Staaten Konsequenzen
ziehen, mit denen wir ein DBA haben, aber kein Verständigungsverfahren
durchführen können, oder wenn wir Staaten haben, mit denen gar kein DBA
besteht, dann ist natürlich das Risiko einer dauerhaften Doppelbesteuerung
relativ groß. Und wenn keine Instrumente vorhanden sind, um diese zu lösen,
dann halte ich das schon für ein ernstes Problem.
Aber zumindest ist es überlegenswert, ob man bei den Ländern, mit
denen es ein DBA gibt, proaktiv Verhandlungen aufnimmt, um die
DBA-Regelungen zum CbCR aufzunehmen und den Informationsaustausch zu regeln.
Aus meiner Sicht ist unklar, ob spezielle Regelungen zu CbCR erforderlich
oder machbar sind. Denn soweit Informationen betroffen sind, die für die
Besteuerung notwendig sind, gibt es bereits heute den Auskunftshilfeartikel.
Für Informationsanforderungen, die darüber hinausgehen, ist unklar, ob ein
DBA tatsächlich eine ausreichende Grundlage dafür sein oder auch werden
kann, Informationen weiterzugeben, von denen ich selber überzeugt bin, dass
der andere Staat diese für seine Verrechnungspreisbestimmungen gar nicht
benötigt. Die deutsche Position ist auf jeden Fall, dass ein Streitbeilegungsmechanismus benötig wird, um die mit dem CbCR verbundene Transparenz
auszubalancieren. Darüber hinaus kann man noch anfügen, dass ich glaube,
dass zahlreiche Staaten derzeit von ihrem (Verrechnungspreis-)Know-how und
ihren Ressourcen gar nicht in der Lage sind, ohne Weiteres Verständigungsverfahren oder auch Schiedsverfahren in dem Umfang zu führen, wie das
vielleicht notwendig werden würde. Insbesondere die Ressourcen wären in
diesem Zusammenhang auch ein Thema für Deutschland, weil zusätzliche
Kapazitäten beim Bundeszentralamt für Steuern sowie bei den Bundesländern
(wo auch die Daten liegen) erst geschaffen werden müssten. Ich möchte nicht
54 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
verheimlichen, dass ich bei den Dokumentationspflichten, insbesondere
beim CbCR, große Probleme sehe. Beim bisherigen Ansatz auf Ebene der
Europäischen Union, mit Masterfile und Local File, hatten wir die arbitration
im Hintergrund. Das war die Klammer, die die ganze Diskussion eigentlich
erst ermöglicht hat. Aber weltweit haben wir das nicht. Vielleicht gibt es eine
Möglichkeit, so etwas über das multilaterale Instrument zu schaffen, aber das
wäre zunächst auch nur für das Papier, da die Kapazitäten und das Know-how
in den beteiligten Ländern nicht automatisch mit dem Abschluss eines Vertrags
hergestellt werden. Ich bin durchaus für Dokumentation und für Transparenz,
aber das ist kein Selbstzweck.
Wir stellen fest, dass in der Praxis teilweise die Gefahr gesehen
wird, dass die umfangreichen Daten eines CbCR dazu genutzt
werden könnten, eine Besteuerungsbasis mehr oder weniger stark
an bestimmten Verteilungsschlüsseln festzumachen (Kosten, Anzahl
Mitarbeiter, etc.) Ist das CbCR aus Ihrer Sicht ein erster Schritt zum
global formulary apportionment?
Das habe ich zunächst auch so gesehen. Inzwischen hat aber die OECD in
das Papier hineingeschrieben, dass diese Informationen nur für das Risikomanagement verwendet werden dürfen, also nicht für eine eigentliche
Korrektur im Rahmen von Betriebsprüfungen. Das ist eben auch so ein Punkt,
wo sich die Staaten, die G20, die das verabschieden wollen, verpflichten
müssten, die Daten des CbCR nicht für Korrekturen zu nutzen. Inwiefern das
dann auch praktisch überprüfbar ist und praktisch nicht so verwendet wird, ist
dann nochmal eine ganz andere Frage.
In der Praxis wird natürlich die Gefahr gesehen, dass die Staaten es
dann doch tun, wenn die Informationen einmal vorliegen. Sehen Sie
diese Gefahr ebenso?
Ja, diese Gefahr sehe ich auch. Je weniger es gelingt, verbindliche Streitbeilegungsmechanismen auf der Grundlage des Fremdvergleichsgrundsatzes zu
installieren, wie gesagt, am besten wäre arbitration, umso schwieriger wird
es. Und umso mehr sind die Unternehmen der Gefahr ausgesetzt, mit einer
dauerhaften Doppelbesteuerung leben zu müssen. Das ist auch nicht im
Interesse der Staaten, die Sitzstaaten für multinationale Unternehmen sind.
Hierzu gehört auch die Bundesrepublik Deutschland. Dabei ist auch zu
bedenken, dass die Doppelbesteuerung die Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens beeinträchtigen kann, an der auch der Sitzstaat ein massives Interesse
hat.
Gibt es außenpolitische Bedenken, dass durch das CbCR Deutschlands Steueraufkommen zu transparent wird und ärmere Staaten
hierdurch ihre politische/wirtschaftliche Einstellung zu hoch
Transfer Pricing Perspective Deutschland 55
Schwerpunktthemen 2014
entwickelten Industriestaaten wie Deutschland möglicherweise
überdenken?
Das ist eigentlich keine Frage der Außenpolitik, vielmehr geht es genau um die
Frage, wie Transparenz auf eine faire Art und Weise ausbalanciert werden
kann. Dies wird ein Thema im Rahmen der Implementierung sein. Aber ich
befürchte, dass die deutschen Bedenken, die durchaus existieren, international
von den anderen Staaten, auch von Industriestaaten, nicht in dem Umfang oder
in der Deutlichkeit geteilt werden. Es könnte daher schwierig für die Bundesrepublik werden, da etwas zu erreichen.
Der veröffentlichte OECD-Bericht unterstreicht die klare Präferenz
der OECD für eine zeitnahe Dokumentation und einer Abgabe mit
Einreichung der Steuererklärung. Welche Überlegungen gibt es
diesbezüglich vonseiten des BMF?
Wir haben bei den Dokumentationspflichten ausdrücklich von einer generellen
zeitnahen Dokumentation Abstand genommen. Ich sehe auch noch nicht die
wirkliche Notwendigkeit, das zu ändern, zumindest aus fachlicher Sicht. Aber
wenn die Unterlagen künftig für Zwecke des Risikomanagements genutzt
werden sollen und wir auch die Informationen von anderen Staaten bekommen,
zum Beispiel bezogen auf deutsche Tochtergesellschaften ausländischer
Konzerne, dann wird es notwendig, dass jede Muttergesellschaft in ihrem
Sitzstaat die entsprechenden Unterlagen frühzeitig abgibt, um den Auskunftsaustausch zu ermöglichen.
Manche Länder machen die Befreiung von Sanktionen auch davon
abhängig, dass zeitnah zum Beispiel in der Steuererklärung bestätigt
werden muss, dass eine Verrechnungspreisdokumentation vorhanden ist. Gibt es dahin gehend beim BMF Überlegungen?
Über Sanktionen denken wir derzeit nicht nach, da uns das Ganze doch einigermaßen heikel erscheint. Wir warten ab, was bei der Implementierung herauskommt.
Thema Materialitätsgrenzen: Die OECD erwähnt in ihrem Bericht
auch, dass die Einführung von Materialitätsgrenzen grundsätzlich
in Erwägung gezogen werden sollten. Gibt es Überlegungen, zusätzlich zu den Erleichterungen des § 6 GAufzV (Kleinunternehmerregelung) Materialitätsgrenzen einzuführen?
Bei der OECD gibt es dazu Diskussionen. Nach meiner Meinung könnten beim
CbCR und bei der kurzfristigen Abgabe Größengrenzen eingeführt werden. Die
Dokumentationspflichten könnten ansonsten unberührt belassen werden.
Grundsätzlich sind das aus meiner Sicht zwei verschiedene Dinge, da das eine
dafür benötigt wird, um eine Risikoeinschätzung durchzuführen, während das
andere benötigt wird, um eine Betriebsprüfung durchzuführen. In diesem
56 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
Kontext wird sicherlich noch mal darüber nachgedacht, ob die Grenzen unterschiedlich gesetzt werden sollten bzw. ob die Grenzen der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV) angepasst werden sollten. Dazu gibt es
noch keine feste Position.
Maßnahme 15: Entwicklung eines multilateralen Übereinkommens
zur Anpassung bilateraler Steuerabkommen
In diesem Bericht wird untersucht, ob ein multilaterales Übereinkommen zur synchronisierten Umsetzung der auf Steuerabkommen
gerichteten BEPS-Maßnahmen in die bilateralen DBAs wünschenswert und umsetzbar ist. Für wie realistisch halten Sie es, dass ein
derartiges multilaterales Übereinkommen verabschiedet wird?
Das wäre eventuell eine Möglichkeit, um eben einen internationalen Streitschlichtungs-mechanismus zu implementieren. Darüber hinaus könnte
eventuell auch die Legitimation, die Dokumentation bzw. das CbCR zu
verlangen, davon abhängig gemacht werden, dass der betreffende Staat bei
diesem multilateralen Übereinkommen mitwirkt. Es ist aber unklar, ob dies ein
realistisches Szenario ist. Bislang gibt es nur die Überlegung, dass man die DBA
mit Hilfe des multilateralen Instruments schneller anpassen möchte. Ein Streitschlichtungsmechanismus würde in dem Fall auch Staaten betreffen, mit denen
gar kein DBA besteht. Da müsste man dann – ähnlich wie für Exchange of
Information – Abkommen speziell zu Verrechnungspreisen abschließen, in
Hinblick auf die DBA Artikel 7 und Artikel 9 und auf den Artikel zu Schiedsund Verständigungs-verfahren. Denkbar wäre das, aber es erscheint fraglich,
ob es dazu kommt. Wir fänden das sicherlich gut.
Wir glauben, die deutschen Konzerne auch. Weil gerade mit
Staaten wie Brasilien, doch große Unsicherheit herrscht und es
entsprechende Probleme gibt, wenn keine entsprechenden DBAs
vorliegen.
Genau das kann große Probleme verursachen. Wie gesagt, die ganze Sache
muss man insgesamt in der Entwicklung auf der Zeitschiene sehen. Das heißt,
wir werden sicher etwas bekommen, aber es wird dauern, und es wird weitere
Adjustierungen erfordern, bis eine in sich stimmige Lösung gefunden ist, die
sowohl das Informationsbedürfnis der Finanzverwaltung erfüllt als auch überbordend hohe Bürokratiekosten vermeidet. Ganz einfach stelle ich mir das nicht
vor. Aus rechtlicher Sicht gibt es den Experten zufolge keine Bedenken, dass
dazu so etwas wie ein multilaterales Instrument theoretisch zumindest möglich
ist. Inwiefern das aber tatsächlich von der OECD betrieben wird, kann ich nicht
sagen.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 57
Schwerpunktthemen 2014
Maßnahme 14 (noch ausstehend): Verbesserung der Verwaltungsarbeit in Verständigungs- und Schiedsverfahren
Aufgrund dessen, dass Sie Mitglied im EU-Verrechnungspreisforum
sind: Was wäre Ihr Vorschlag, wie die arbitration procedures (EU
Arbitration Convention) bzw. Verständigungsverfahren nach Art. 25
OECD-Musterabkommen schneller bzw. effizienter gemacht werden
können?
Mein Vorschlag, der allerdings kaum kurzfristig realisierbar sein dürfte, wäre,
dass nach Möglichkeit dafür gesorgt wird, dass die sogenannten kleineren
bzw. Routine- und risikoarmen Fälle auf andere Art und Weise als über
Verständigungs- und Schiedsverfahren gelöst werden. Hierzu hat das EU Joint
Transfer Pricing Forum schon gewisse Vorarbeiten geleistet und vielleicht
könnte auf diesem Weg noch weitergegangen werden. Zu Nichtbeanstandungsgrenzen, also sogenannten Safe Harbours, hat die OECD ebenfalls bereits Überlegungen angestellt. Möglicherweise kann an dieser Stelle mit widerlegbaren
Vermutungen gearbeitet werden, sodass die Staaten, wenn sie etwas aufgreifen,
was innerhalb der Nichtbeanstandungsgrenzen liegt, eine erhöhte Nachweislast
für das Vorliegen eines Verstoßes gegen den Fremdvergleichsgrundsatz haben.
Jedenfalls besteht das Bedürfnis, jene Stellen, die sich mit den Fällen in
den Verständigungs- und Schiedsverfahren auseinandersetzen, dadurch zu
entlasten, dass es relativ überschaubare Fälle einfach gar nicht bis in die
Verfahren schaffen. In der Folge würden sich die Verständigungs- und Schiedsverfahren auf die wirklich schwierigen Fälle, mit Intangibles und dergleichen,
beschränken.
Wenn Sie sagen, dass kleinere Themen mittels Safe-HarbourRegelungen gar nicht erst bis in die großen Verfahren hochkommen
sollen, dann weil es in dem jeweiligen Land schon gar nicht zu einer
entsprechenden Anpassung kommen darf?
Beispielsweise könnte eine Festlegung bedeuten, dass eine Marge von 5 bis
10 Prozent (Bandbreite) für eine Vertriebsgesellschaft angemessen ist und im
Regelfall 7,5 Prozent verwendet werden sollten. Der Steuerpflichtige könnte
argumentieren, warum er zum Beispiel bei 5 Prozent oder bei 10 Prozent oder
dazwischen landet bzw. er müsste darlegen, dass er die Höhe der Marge nicht
einfach anhand des jeweiligen Steuergefälles festlegt, sondern dass es dafür
funktionale Gründe gibt. Dies könnte akzeptiert werden, es sei denn, der
betreffende Staat hat wirklich gewichtige Indizien dafür, dass das Ergebnis
dem Fremdvergleichsgrundsatz widerspricht. Ein solches Vorgehen würde eine
Menge Fälle abräumen, entsprechendes Personal könnte für die schwierigeren
Fälle eingesetzt werden.
Eine weitere Entlastungsmöglichkeit wären nach meiner Meinung joint audits.
Das gilt natürlich nicht für alle Fälle, sondern nur für Fälle, die von den
58 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Schwerpunktthemen 2014
beteiligten Staaten für attraktiv und angemessen gehalten werden. Aber es wäre
sicher eine Möglichkeit, in einer laufenden Betriebsprüfung in einem Staat, in
dem eine Änderung vorgesehen ist, den anderen Staat einfach hinzuzuziehen
und so zu vermeiden, dass ein formelles Verständigungsverfahren durchgeführt
werden muss. Voraussetzung hierfür ist, dass die beiden Betriebsprüfer sich
über den Sachverhalt und die Rechtsfolgen einigen. Die competent authorities
hätten das Ergebnis nur im Hinblick auf Plausibilität und politischer Passfähigkeit zu überprüfen. Das könnte die Verfahren deutlich vereinfachen und
verbessern.
Herr Naumann, vielen Dank für das Interview.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 59
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
B Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Der Koalitionsvertrag der Großen Koalition vom 16. Dezember 2013 hat sich die
Bekämpfung von Steuerhinterziehung und die Eindämmung von Steuervermeidung zum Ziel gesetzt und die deutsche Unterstützung der BEPSInitiative bekräftigt. Die Durchführung von zahlreichen nationalen Maßnahmen
zur Bekämpfung grenzüberschreitender Gewinnverlagerungen international
agierender Unternehmen ist beabsichtigt. Das hat verrechnungspreisrelevante
Themen zu einem Schwerpunkt der politischen Agenda des Jahres 2014
gemacht. Die am 1. Januar 2015 in Kraft getretene Gesetzesänderung zur
Verschärfung der strafbefreienden Selbstanzeige hat im Zuge der aktuellen
prominenten Selbstanzeigen großes öffentliches Interesse erregt und ein
gesetztes Ziel des Koalitionsvertrags erfüllt.
Außerdem wurde die viel diskutierte Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung am 10. Oktober 2014 verabschiedet. Diese behandelt die nationale
Umsetzung des Authorised OECD Approach in § 1 AStG, beinhaltet jedoch
zahlreiche Unsicherheiten, die teilweise inkonsistent zu den Vorgaben der
OECD sind und das Risiko der Doppelbesteuerung mit sich führen, wie in
zwei Beiträgen kritisch reflektiert wird.
In weiteren Beiträgen werden die Urteile (1) des Oberlandesgerichts Frankfurt
am Main vom 5. Dezember 2013 zur Bewertung von Unternehmensteilen im
Rahmen von steuerlichen Funktionsverlagerungen, (2) des Finanzgerichts
Brandenburg vom 30. Januar 2013 zur Korrektur von Teilwertabschreibungen
auf grenzüberscheitende Darlehen aufgrund von fehlenden Sicherheiten sowie
(3) des Bundesfinanzhofs vom 31. Januar 2013 zur doppelten Besteuerung von
verdeckten Gewinnausschüttungen mit Ertragsteuern und Schenkungsteuer
behandelt.
Darüber hinaus beschäftigen sich Beiträge mit den Fragen, wann eine Weiterbelastung der Grunderwerbsteuer bei Restrukturierungen im Konzern zulässig
ist, wie Synergien im Rahmen von Funktionsverlagerungen aufgeteilt werden
können sowie mit dem aktuellen Stand zur Problematik des Treaty Override in
der Verrechnungspreispraxis.
60 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
1 Der Koalitionsvertrag – steuerliche Implikationen
der Großen Koalition
Von Dr. Claudia Dahle, Dr. Christoph Sommer und Kati Fiehler
Durch Unterschrift haben sich CDU, CSU und SPD am
16. Dezember 2013 auf einen Koalitionsvertrag mit dem Titel
„Deutschlands Zukunft gestalten“ geeinigt. Einige der angekündigten Strategien der neuen Bundesregierung sind die
Bekämpfung von Steuerhinterziehung sowie die Eindämmung
von Steuervermeidung. Als zentrale steuerpolitische Aufgabe
wird hierbei der Kampf gegen grenzüberschreitende Gewinnverlagerungen international agierender Unternehmen, im
Speziellen die Unterstützung der OECD-Initiative zu BEPS
durch Implementierung von legislativen Steuermaßnahmen,
genannt. Während der Koalitionsvertrag lediglich potenzielle
Veränderungen und Maßnahmen im Bereich Steuern aufzeigt, ist
die grundsätzliche Ausrichtung der zukünftigen Steuerpolitik
deutlich erkennbar. Der folgende Artikel gibt einen groben Überblick über die steuerrelevanten Inhalte des Koalitionsvertrags.
Gegenstand des Koalitionsvertrags
„Steuerhinterziehung bekämpfen – Steuervermeidung eindämmen“
Im dritten Abschnitt des Koalitionsvertrags zum Thema „Solide Finanzen“
widmet sich die Große Koalition explizit der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und der Eindämmung von Steuervermeidung. Der Fokus der neuen
Bundesregierung liegt hierbei zum einen auf der Vermeidung doppelter Nichtbesteuerung von Einkünften und zum anderen auf der Vermeidung eines
doppelten Betriebsausgabenabzugs. Integraler Eckpfeiler der Steuerpolitik ist
neben dem Kampf gegen grenzüberschreitende Gewinnverlagerungen von
multinationalen Unternehmen die Vermeidung von schädlichem Steuerwettbewerb zwischen den Ländern.
Darüber hinaus bekräftigt die Große Koalition die Unterstützung der BEPSInitiative der OECD, deren Abschluss derzeit für 2015 vorgesehen ist. Sollte
eine fristgerechte Umsetzung der Ziele der Initiative nicht realisierbar sein,
sollen rein nationale Maßnahmen zur Zielerreichung implementiert werden.
Sofern notwendig, wird die Große Koalition dementsprechend gesetzgeberisch
den Initiativen auf OECD-Ebene vorangehen.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 61
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Angeführte Beispiele für nationale Maßnahmen der deutschen Bundesregierung
beinhalten:
● Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs für Zahlungen an Briefkastenfirmen, die keine hinreichende aktive Geschäftstätigkeit nachweisen können
● Ausweitung des Anwendungsbereichs der EU-Zinsrichtlinie auf alle Kapitaleinkünfte und alle natürlichen und juristischen Personen45
● Einführung eines öffentlichen Registers für alle wirtschaftlich Beteiligten an
Trust-Konstruktionen nach dem Vorbild des Geldwäschegesetzes
● Sicherstellung einer korrespondierenden steuerlichen Abziehbarkeit von
Lizenzaufwendungen mit einer angemessenen Besteuerung der Lizenzerträge im Empfängerland
● gezieltes Einsetzen eines Schnellreaktionsmechanismus46 sowie Ernennung
des Bundeszentralamts für Steuern zum zentralen Ansprechpartner der
Steuerfahndungsstellen und Finanzverwaltungen der Bundesländer zur
Erkennung und Unterbindung von Umsatzsteuerbetrug
● konsequenter Kampf gegen die Steuervermeidung durch die Nutzung von
Offshorefinanzplätzen
● Weiterentwicklung der Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige, zum
Beispiel das Wirksamwerden der Selbstanzeigen von vollständigen Angaben
zu steuerrechtlich unverjährten Zeiträumen (zehn Jahre) abhängig machen47
● aufsichtsrechtliche Sanktionen bis hin zum Lizenzentzug bei systematischen
Verstößen von Banken gegen das Steuerrecht
Zusätzlich zu den vorgenannten Maßnahmen soll die neue deutsche
Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) dazu
verwendet werden, die Steuerhinterziehung und Steuervermeidung einzudämmen. Neben den nationalen Regelungen strebt die Große Koalition daher
45
46
47
Redaktioneller Hinweis: Am 24.03.2014 hat der Rat der Europäischen Union eine
Ausweitung der EU-Zinsrichtlinie beschlossen. Außerdem hat die EU am 14.10.2014
eine Erweiterung der EU-Amtshilferichtlinie beschlossen. Beides muss bis 2017 in
nationales Recht umgesetzt werden.
Redaktioneller Hinweis: Mit der Richtlinie 2013/42/EU wurde ein sog. Schnellreaktionsmechanismus in Art. 199b MwStSystRL geschaffen, um den Umsatzsteuerbetrug zu bekämpfen.
Redaktioneller Hinweis: Die Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige wurden
durch das „Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes
zur Abgabenordnung“ vom 22.12.2014 verschärft (siehe Kapitel B 1.2 „Bericht der
Facharbeitsgruppe von Bund und Ländern zur Evaluierung der strafbefreienden
Selbstanzeige“).
62 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
an, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung durch Abschluss neuer
bilateraler DBAs zu vermeiden.48
Transparenz und Informationsaustausch mit
ausländischen Steuerbehörden
Zur Herstellung einer größeren Transparenz in internationalen Steuersachen
gegenüber Finanzverwaltungen wird die Große Koalition entsprechend den
europäischen Regelungen (Country-by-Country-Reporting) länderspezifische
Berichterstattungen zwischen den Steuerverwaltungen der Länder einführen.
Diese sollen insbesondere Daten über Gewinne/Verluste sowie gezahlte Steuern
im Bankensektor sowie den Rohstoffhandel erfassen.
Ebenfalls wird eine Revision des OECD-Musterabkommens zum Informationsaustausch mit dem Ziel eines automatischen steuerlichen Informationsaustauschs als Standard angestrebt.49 In der Zwischenzeit sollen in Anlehnung
an die bereits kontrahierten Vereinbarungen mit sechs EU-Staaten weitere biund multilaterale Vereinbarungen über einen automatischen Informationsaustausch abgeschlossen werden.
Darüber hinaus haben sich die Parteien für eine Unterstützung der
Harmonisierung der Besteuerung von Körperschaften in der EU ausgesprochen.
Eines der Hauptziele der Harmonisierungsbestrebungen ist die Einführung
einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage.
Fazit
Obwohl der Koalitionsvertrag lediglich Indizien für potenzielle Änderungen
der deutschen Steuerpolitik liefert, wird die Richtung der neuen Regierung in
Bezug auf die Steuerpolitik deutlich: der Kampf gegen Steuerhinterziehung und
Steuervermeidung mit einem besonderen Fokus auf Gewinnverlagerungen von
international agierenden Unternehmen. Steuerpflichtige sollten demzufolge die
Auswirkungen der deutschen Steuernovellierungen auf ihre unternehmerischen
Strukturen und Entscheidungen berücksichtigen.
48
49
Redaktioneller Hinweis: Am 28.03.2014 wurde ein neues DBA zwischen Deutschland
und China unterzeichnet, welches voraussichtlich 2016 in Kraft tritt.
Redaktioneller Hinweis: Am 15.07.2014 wurde das OECD-Musterabkommen
hinsichtlich des Standards zum automatischen Informationsaustausch (Art. 26)
aktualisiert. Am 29.10.2014 haben 51 Staaten die Änderungen in Form einer
multilateralen Übereinkunft in Berlin unterzeichnet.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 63
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
2 Bericht der Facharbeitsgruppe von Bund und Ländern
zur Evaluierung der strafbefreienden Selbstanzeige
Von Dr. Claudia Dahle und Dr. Christoph Sommer
Die von den Staatssekretären mit der Evaluierung der strafbefreienden Selbstanzeige im Sinne der §§ 371 und 398a AO
beauftragte Arbeitsgruppe hat am 18. Februar 2014 ihren ersten
Bericht50, vorgelegt.51 In diesem hat sich die Arbeitsgruppe für die
Beibehaltung der strafbefreienden Selbstanzeige ausgesprochen,
zugleich aber mögliche Modifikationen zur Verschärfung des
Rechtsinstituts ausgearbeitet. Damit wird auch einer Maßgabe des
zwischen CDU, CSU und SPD am 16. Dezember 2013 geschlossenen
Koalitionsvertrags entsprochen, da dieser unter anderem die
Prüfung der Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige vorsieht.52 Den Ergebnissen der Arbeitsgruppe sind die Finanzminister
von Bund und Ländern auf der Finanzministerkonferenz im
Wesentlichen gefolgt.53
Bericht der Facharbeitsgruppe
Auftrag der Arbeitsgruppe war es, möglichst sämtliche Optionen für eine
Weiterentwicklung der Vorschriften zur strafbefreienden Selbstanzeige und
das Absehen von einer Strafverfolgung ergebnisoffen zu untersuchen. Nach
Evaluation der Voraussetzungen für eine wirksame Abgabe der Selbstanzeige
aus verfassungsrechtlicher, fiskalischer und verwaltungsökonomischer Sicht
hat sich die Facharbeitsgruppe für die grundsätzliche Beibehaltung des Rechtsinstituts ausgesprochen. In der Zusammenfassung des Berichts heißt es, dass
punktuelle Modifikationen einschließlich Verschärfungen aus fachlichen
Gründen für möglich gehalten werden. Inhaltlich nennt der Bericht folgende
50
51
52
53
Vgl. Facharbeitsgruppe von Bund und Ländern: „Evaluierung der §§ 371, 398a
Abgabenordung – Wesentliche Ergebnisse und Bericht der Facharbeitsgruppe“,
18.02.2014.
Redaktioneller Hinweis: Das „Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des
Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ vom 22.12.2014 ist am 01.01.2015
in Kraft getreten. Es beinhaltet eine Verlängerung der Verjährungsfrist auf zehn
Jahre sowie einen gestaffelten Zuschlag von 10 Prozent bei mehr als 25.000 Euro,
15 Prozent bei mehr als 100.000 Euro und 20 Prozent bei mehr als einer Million Euro.
Die Beschränkung des Hinterziehungsvolumens wurde somit von 50.0000 Euro auf
25.000 Euro gesenkt.
Vgl. Artikel 1 im Kapitel B Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht.
Vgl. BMF: „Strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung verschärft“,
27.03.2014.
64 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
mögliche Ansatzpunkte für eine Verschärfung des Rechtsinstituts der
Selbstanzeige:
● Anpassung der Bedingung für eine Straffreiheit an strafrechtliche
Verjährungsregeln (zehn Jahre) anstatt wie bisher an steuerrechtliche
Verjährungsregeln (fünf Jahre)
● Ausschluss der Wirksamkeit der Selbstanzeige bei schwerer Steuerhinterziehung (neben der derzeitigen Beschränkung auf das Hinterziehungsvolumen von 50.000 Euro) sowie Absehen von Strafe auch in Fällen der
Steuerhinterziehung mit einem Hinterziehungsvolumen von weniger als
50.000 Euro nur bei gleichzeitiger Zahlung des Zuschlags von 5 Prozent
im Sinne des § 398a AO
● Einbeziehung von Hinterziehungszinsen von 6 Prozent in die sofortige
Nachzahlung
● Anhebung des Zuschlags nach § 398a AO auf 7,5 Prozent oder als Staffelung
von 2 bis 10 Prozent ausgestaltet
Ansätzen wie der Abschaffung der Zuschlagszahlung nach § 398a AO zur
Erlangung der Straffreiheit, der Modifizierung der steuerrechtlichen
Verjährungsregeln durch Implementierung einer Anlaufhemmung bei
Steuerhinterziehung, dem steuerartenübergreifenden Berichtigungserfordernis,
der einmaligen Möglichkeit der Selbstanzeige im „Steuerleben“ (sog. Lebensbeichte), der Verschärfung der Regelungen bei Auslandssachverhalten sowie
der Umwandlung des § 398a AO in eine Ermessensvorschrift für die Finanzverwaltung hat die Arbeitsgruppe aus rechtlichen Gründen eine Absage erteilt.
Abschließend weist die Facharbeitsgruppe auf die Schwierigkeiten und weiteren
Klärungsbedarf hinsichtlich des Anwendungsbereichs der strafbefreienden
Selbstanzeige bei Anmeldesteuern hin.
Finanzministerkonferenz am 27. März 2014
Den Ergebnissen und Empfehlungen der Arbeitsgruppe wurde von den
Finanzministern von Bund und Ländern auf der Finanzministerkonferenz
im Wesentlichen gefolgt.54 So sprachen sie sich für eine grundsätzliche Beibehaltung der strafbefreienden Selbstanzeige aus; allerdings sollen die Voraussetzungen verschärft werden. Unter anderem soll die Straffreiheit an die strafrechtlichen Verjährungsregeln von zehn Jahren angepasst, der Zuschlag nach
§ 398a AO auf 10 Prozent angehoben und die sofortige Bezahlung der Hinterziehungszinsen von 6 Prozent als Bedingung für die Straffreiheit aufgenommen
werden. Ferner haben die Finanzminister beschlossen zu prüfen, ob das Absehen von Strafe auch in Fällen der Steuerhinterziehung mit einem Hinter54
Vgl. Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg: „Finanzminister
einigen sich auf erste Eckpunkte zur Verschärfung der Selbstanzeige“, 27.03.2014.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 65
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
ziehungsvolumen von weniger als 50.000 Euro nur bei gleichzeitiger Zahlung
des Zuschlags von 5 Prozent im Sinne des § 398a AO erfolgen soll sowie ob die
Einführung einer Obergrenze des Hinterziehungsvolumens für eine wirksame
Selbstanzeige in Betracht kommt.
Fazit und Ausblick
Aufgrund der Ergebnisse der Finanzministerkonferenz am 27. März 2014 sowie
des im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD klar formulierten Ziels
„Steuerhinterziehung bekämpfen – Steuervermeidung eindämmen“ kann mit
einer grundsätzlichen Beibehaltung, aber gesetzgeberischen Verschärfung der
strafbefreienden Selbstanzeige gerechnet werden. Die Koalitionsfraktionen von
CDU, CSU und SPD haben sich in der Bundestagssitzung am 2. April 2014 den
Ergebnissen der Finanzministerkonferenz angeschlossen. Weitere Arbeitsaufträge an die Facharbeitsgruppe im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens – insbesondere im Bereich der Anmeldesteuern sowie hinsichtlich der Abgrenzung
der Einordnung einer Korrektur der Steuererklärung in den Anwendungsbereich des § 153 AO oder in den Anwendungsbereich des § 371 AO – sind aber
nicht ausgeschlossen.
3 Anwendung des APA-Prozesses auf Betriebsstätten –
potenzielle Risikominimierung vor dem Hintergrund
des AOA
Von Kati Fiehler und Martin Dombrowski
Bei der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ist es aus
Sicht der Steuerpflichtigen stets erstrebenswert, Unsicherheiten
und nicht absehbare Besteuerungskonflikte zu vermeiden. Den Weg
des APA-Prozesses zu beschreiten ist daher vielen Unternehmen
nicht fremd. Die Möglichkeit, bilateral gültige Verrechnungspreise
und Methoden für bis zu fünf Jahre mit den Finanzverwaltungen zu
vereinbaren, ist ein Instrument, um entsprechende Unsicherheiten
zu minimieren. Mit der Umsetzung des Authorised OECD Approach
(AOA) in nationales Recht könnten Advance Pricing Agreements
(APAs) nun auch für internationale Betriebsstätten an Bedeutung
gewinnen.
Grundlagen
Unter der Berücksichtigung bestimmter Voraussetzungen können zwischen
Steuerpflichtigem und Finanzverwaltungen bereits vor Realisierung eines
Sachverhalts Einigungen über Verrechnungspreismethoden dem Grunde und
der Höhe nach erzielt werden. Dieses für einen bestimmten Zeitraum und einen
66 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
konkreten Sachverhalt getroffene Arrangement ist verbindlicher Natur und
schafft Rechtssicherheit für den Steuerpflichtigen.
Ein solches APA kann sowohl unilateral, bilateral als auch multilateral ausgehandelt werden. Unilaterale APAs, die zwischen Unternehmen und Finanzbehörde vereinbart werden, sind nur für seltene Ausnahmefälle vorgesehen
(z. B. wenn das Land des Transaktionspartners über kein APA-Programm
verfügt). Üblich sind bilaterale APAs zwischen zwei Staaten oder multilaterale
APAs, bei denen die Behörden mehrerer Staaten involviert sind.
APAs für Betriebsstätten
Da die Gewinnaufteilung für inländische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen bzw. für ausländische Betriebsstätten inländischer Unternehmen
mit Einführung des AOA aus deutscher Sicht uneingeschränkt dem Fremdvergleichsgrundsatz unterworfen wird, stellt sich die Frage, ob ein APA auch in
dieser Hinsicht eine valide Option für Steuerpflichtige darstellt, um Planungsund Rechtssicherheit zu erlangen.
Die neue gesetzliche Regelung in § 1 Abs. 5 AStG sowie der Entwurf55 der
Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV-E) vom 5. August 201356
enthalten zahlreiche Unsicherheiten im Hinblick auf Zuordnungs- und Abgrenzungsfragen. Wenngleich der BsGaV-E bereits viele Details hinsichtlich
der Umsetzung dieser Maßgaben nennt, bleiben insbesondere Zweifel, ob die
Finanzverwaltung die von den Unternehmen durchgeführten Zuordnungen und
Fiktionen identisch beurteilt. Sollte dem nicht so sein, drohen aufgrund der
nachgelagerten und oftmals langwierigen Prüfung neben den nachzuzahlenden
Steuern hohe zusätzliche Zinsen.
Entscheidend ist zunächst, ob APAs die in § 1 Abs. 5 AStG festgeschriebenen
Selbstständigkeitsfiktionen von Betriebsstätten umfassen oder ob lediglich
die darauf anzuwendenden Verrechnungspreise Gegenstand des Vorabverständigungsverfahrens und der Vorabzusage sein können. Zwar spricht
die Finanzverwaltung bezüglich des Zwecks der APAs lediglich von zu
harmonisierenden Verrechnungspreismethoden,57 im Weiteren wird allerdings bezüglich des Inhalts und des Umfangs des APA-Antrags von einer
55
56
57
Redaktioneller Hinweis: Am 18.10.2014 erfolgte die Zustimmung des Bundesrats
(siehe Kapitel B.4 „Grünes Licht des Bundesrats für die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung“).
Vgl. Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten
nach § 1 Absatz 5 des Außensteuergesetzes (Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung – BsGaV), Entwurf vom 05.08.2013.
Vgl. BMF-Schreiben vom 05.10.2006, IV B 4-S 1341-38/06, Tz. 1.1.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 67
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Konkretisierung der Rahmenbedingungen durch den Steuerpflichtigen
gesprochen.58
Die von dem Steuerpflichtigen vorzulegenden Unterlagen und Aufzeichnungen
umfassen beispielsweise die „Darstellung der organisatorischen und operativen
Konzernstruktur“, die „Erläuterung der Funktionen und Risiken“, die
„wesentlichen Wirtschaftsgüter“, die „Darstellung der Beteiligungsverhältnisse“
sowie die „Beschreibung der Tätigkeitsbereiche“.59
Aus dieser Auflistung ist durchaus der Eindruck zu gewinnen, dass ein APA
auch die Ebene der Fiktion der Betriebsstätte und des Dotationskapitals sowie
die Zuordnung von Wirtschaftsgütern, Personenfunktionen und Risiken umfassen könnte. Zumindest die für eine Verständigung auf einen bi- oder multilateral konsistenten Ansatz hinsichtlich der Fiktion einer Betriebsstätte nötigen
Unterlagen sind bereits Teil des deutschen APA-Prozesses.
In der Folge ist zu klären, wie die Gültigkeitsbedingungen bezüglich eines
solchen betriebsstättenbezogenen APA zu handhaben sind. Um die Wirkung
eines APA aufrechtzuerhalten, müssen Gültigkeitsbedingungen erfüllt bleiben,
die beispielsweise „gleichbleibende Beteiligungsverhältnisse“, eine „gleichbleibende Funktions-, Risiko- und Kapitalstruktur“ sowie ein „gleichbleibendes
Geschäftsmodell“ umfassen.60 Während die diesen Kriterien zugrunde
liegenden Sachverhalte bei verbundenen Unternehmen eher gesellschafts- und
schuldrechtlich fixiert sind und somit nicht kurzfristig und gegebenenfalls
ungewollt abgeändert werden können, unterfallen sie bei der Anwendung auf
Betriebsstätten einer konstanten Fiktion. Eine Fiktion ist im Hinblick auf
Belastbarkeit und Konstanz jedoch nicht mit vertraglichen Regelungen zu
vergleichen. Während beispielsweise eine Reorganisation oder Neuausrichtung
eines Mutterunternehmens im Hinblick auf die Gültigkeitskriterien eines APA
mit seinem Tochterunternehmen nicht grundsätzlich schädlich ist, wäre im Fall
einer Betriebsstätte die gesamte bisherige Fiktion anzupassen. Diese Anpassung
könnte gegen die Gültigkeitsbedingungen verstoßen und die Schutzwirkung des
APA gefährden oder erlöschen lassen.
Erhöhte Sensibilität und das Wissen um die potenzielle Gefährdung der
Gültigkeit von APAs seitens des Steuerpflichtigen sind daher dringend
angebracht.
58
59
60
Vgl. BMF-Schreiben vom 05.10.2006, IV B 4-S 1341-38/06, Tz. 3.1, dies wiederum
teilweise einschränkend Tz. 3.3.
Vgl. BMF-Schreiben vom 05.10.2006, IV B 4-S 1341-38/06, Tz. 3.5.
Vgl. BMF-Schreiben vom 05.10.2006, IV B 4-S 1341-38/06, Tz. 3.7.
68 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Fazit
Es wäre im Sinne des Steuerpflichtigen wünschenswert, dass per Anpassung
des nationalen APA-Antragsprozesses die Betriebsstättenbesonderheiten ausdrücklich inkludiert werden. So könnte nicht nur Gewissheit hinsichtlich der
Verrechnungspreise erzielt werden, sondern auch bezüglich der zugrunde
liegenden Selbstständigkeitsfiktion.
Im Zuge einer solchen Anpassung würde es sich ebenfalls anbieten, die
Gültigkeitsbedingungen im Hinblick auf Betriebsstätten anzupassen oder
gesondert zu regeln. Je aggressiver der AOA zukünftig seitens der Finanzverwaltung in Betriebsprüfungen umgesetzt wird, desto größerer Beliebtheit
dürften sich betriebsstättenbezogene APAs in Zukunft erfreuen.
4 Grünes Licht des Bundesrats für die
Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung
Von Martin Dombrowski und Stephanie Wahlig
Am 10. Oktober 2014 stimmte der Bundesrat dem aktuellsten
Entwurf der „Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Absatz 5 des Außensteuergesetzes“ zu. Die bereits im Entwurfsstadium viel diskutierte
Konkretisierung der Umsetzung des Authorised OECD Approach
(AOA) in § 1 AStG ist nun für Wirtschaftsjahre, die nach dem
31. Dezember 2014 beginnen, anzuwenden.
Gewinnabgrenzung bei internationalen
Betriebsstättensachverhalten
Die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) ist in sieben Abschnitte gegliedert. Der zentrale, erste Abschnitt befasst sich zunächst mit
allgemeinen Vorschriften, Begriffsbestimmungen und der im Rahmen der
Gewinnermittlung einer Betriebsstätte zu erstellenden Hilfs- und Nebenrechnung. Anschließend wird die Selbstständigkeitsfiktion der Betriebsstätte
anhand von Zuordnungsregelungen für Funktionen, Wirtschaftsgüter sowie
Chancen und Risiken erläutert. Ebenfalls werden die Zuordnung von Dotationskapital sowie die sogenannten anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen
behandelt.
Die Abschnitte 2 bis 6 befassen sich mit den folgenden Sonderformen von
Betriebsstätten: Bank-, Versicherungs-, Bau- und Montage-, Förder- sowie
Vertreterbetriebsstätte. In Abschnitt 7 finden sich lediglich die obligatorischen
Schlussvorschriften.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 69
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Keine Anpassung der kritisierten Passagen
Leider fanden einige Aspekte, die seit der Veröffentlichung des ersten Entwurfs
am 5. August 2013 kritisiert wurden, dennoch Eingang in die finale Version der
BsGaV. Schwerwiegendste Punkte diesbezüglich sind die unterschiedliche
Behandlung von in- und ausländischen Betriebsstätten hinsichtlich des ihnen
zuzuweisenden Dotationskapitals (§§ 12, 13 BsGaV) sowie die unterschiedlichen
Zuordnungsmethoden für immaterielle Wirtschaftsgüter (§ 6 BsGaV) und
Beteiligungen, Finanzanlagen und ähnliche Vermögenswerte (§ 7 BsGaV).
Beispielsweise sieht die BsGaV bei der Bestimmung des Dotationskapitals von
ausländischen Betriebsstätten standardmäßig die Mindestkapitalausstattungsmethode vor – diese wird von der OECD jedoch nur in Ausnahmefällen
toleriert. Durch diese methodischen Friktionen, welche auch inkonsistent
zu den Vorgaben der OECD hinsichtlich des AOA sind, entsteht für Steuerpflichtige das Risiko der Doppelbesteuerung. Ob der sich in Entwicklung
befindliche Betriebsstättenerlass des Bundesministeriums der Finanzen, der
im Laufe des nächsten Jahres veröffentlicht werden soll, es vermag, diese
Risiken zu senken, ist noch nicht abzusehen.
5 Einfluss von Handlungsalternativen auf die Aufteilung
von Synergien bei Funktionsverlagerungen
Von Dr. Abraham Ackerman und Gerrit Halbach
Handlungsalternativen spielen bei der Aufteilung von Synergien
in der Verrechnungspreispraxis insbesondere bei der Bewertung
von Funktionsverlagerungen eine wichtige Rolle. Die Rechtsgrundlagenanalyse macht deutlich, dass Hinweise zu der Frage, wie
Handlungsalternativen zu berücksichtigen sind, fehlen. Daher
werden in diesem Beitrag mögliche methodische Ansätze vorgestellt, die im Einklang mit gesetzlichen Vorgaben und ökonomischer Theorie stehen.61
Rechtsgrundlagenanalyse
Inländische Rechtsgrundlagen
Die durch Synergieeffekte generierten positiven Barwerterwartungen sind
bei den jeweiligen Ertragswerten im Rahmen der Bewertung von Funktions-
61
Der Artikel ist eine Kurzfassung des umfassenden Artikels „Einfluss von Handlungsalternativen auf die Aufteilung von Synergien bei Funktionsverlagerungen“,
veröffentlicht in: Der Betrieb, Nr. 46, 15.11.2013, S. 2582.
70 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
verlagerungen zu berücksichtigen.62 Die dadurch entstehenden Überrenditen
führen zur Entstehung eines Einigungsbereichs zwischen dem VerkäuferMindestpreis des abgebenden Unternehmens und dem Käufer-Höchstpreis
des übernehmenden Unternehmens. Auf Ebene des ermittelten Einigungsbereichs stellt sich die Frage der Aufteilung von Synergien unter Berücksichtigung von Handlungsalternativen.63 Die Aufteilung der Synergieeffekte
hängt entscheidend von den konkreten Handlungsalternativen und der
Verhandlungsstärke der Unternehmen ab.64
Die Analyse der Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV) vom
12. August 2008 und der Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung
vom 13. Oktober 2010 zeigt hinsichtlich der Behandlung von tatsächlich
bestehenden Handlungsalternativen bei der Bewertung von Funktionsverlagerungen, dass Handlungsalternativen unstrittig die Gewinnerwartung
und damit auch die Preisbestimmung beeinflussen,65 allerdings fehlen
Hinweise zu der Frage, wie diese zu berücksichtigen sind. Auch aus den
Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren 2005 lassen sich hierzu keine
Erkenntnisse gewinnen.
Sichtweise der OECD
Die problematisierte Aufteilung von Synergien hängt laut OECD neben dem
jeweiligen Funktions- und Risikoprofil und der Verhandlungsmacht der
beteiligten Unternehmen auch von den realistischerweise zur Verfügung
stehenden Alternativen ab.66 Leider bleibt laut den OECD-Ausführungen –
analog zu den inländischen Rechtsgrundlagen – ebenfalls die Frage unklar,
wie bestehende Handlungsalternativen zu berücksichtigen sind.
Unterschiedliche Herangehensweisen zur Berücksichtigung
von Handlungsalternativen für die Aufteilung von Synergien
am Beispiel der Funktionsverlagerung
Aufgrund der unklaren gesetzlichen Vorgaben zur Berücksichtigung von
Handlungsalternativen für die Aufteilung von Synergien finden Handlungsalternativen oftmals keinen Eingang in die Bewertung.
62
63
64
65
66
Vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 FVerlV vom 12.08.2008 sowie BMF-Schreiben vom 13.10.2010
(Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung), Rn. 93.
Vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 FVerlV vom 12.08.2008.
Vgl. BMF-Schreiben vom 13.10.2010, Rn. 93.
Vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 FVerlV vom 12.08.2008 sowie BMF-Schreiben vom 13.10.2010,
Rn. 85, 93.
OECD-Verrechnungspreisrichtlinien 2010, Rn. 9.149.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 71
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Bewertungsmethode auf Basis des § 1 Abs. 3 AStG
Für die Anwendung des hypothetischen Fremdvergleichs bei der Bewertung
von Funktionsverlagerungen kann auf die direkte oder die indirekte
Bewertungsmethode zurückgegriffen werden. Im Folgenden wird ein möglicher
Ansatz anhand der indirekten Methode diskutiert. Die indirekte Bewertung
resultiert in einem Einigungsbereich durch die Ermittlung des Mindestpreises
des verlagernden und des Höchstpreises des übernehmenden Unternehmens
jeweils aus einer Vorher-nachher-Betrachtung. Die implizierte Berücksichtigung von Handlungsalternativen auf Ebene des ermittelten Einigungsbereichs kann den auf Basis des Vorher-nachher-Vergleichs ermittelten
Mindest- bzw. Höchstpreis jedoch verändern.67 Beim abgebenden Unternehmen wird zunächst von der Fortführung des Geschäftsbetriebs ohne
Änderungen ausgegangen. Jedoch stehen dem Unternehmen auch andere
Handlungsalternativen wie die Veräußerung, die Umstrukturierung oder
andere Optionen zur Verfügung. In analoger Weise ist auf Ebene des übernehmenden Unternehmens der Höchstpreis um den Wert der bestehenden
Handlungsalternative zu mindern.
Verhandlungstheorie
Beispielhaft für die ökonomischen Modelle im Bereich der Verhandlungstheorie
soll hier das sogenannte Nash-Verhandlungsmodell betrachtet werden. Dieses
ermittelt das Verhandlungsergebnis zwischen fremden Dritten, ohne den dabei
kompliziert zu modellierenden Verhandlungsprozess simulieren zu müssen.
Die Verhandlungslösung besteht darin, dass jeder „Spieler“ seine Handlungsalternativen (disagreement pay-offs) erhält sowie zusätzlich die Hälfte des
verbleibenden Mehrertrags (surplus) nach Abzug der Summe der beiden
disagreement pay-offs.
Fazit
Ausgehend von den inländischen Rechtsgrundlagen sowie den internationalen
OECD-Ausführungen ist keine spezielle Methode zur Berücksichtigung von
Handlungsalternativen für die Aufteilung von Synergien vorgeschrieben. Der
durch den Einfluss von Handlungsalternativen modifizierte Einigungsbereich
führt mathematisch zu dem identischen Ergebnis wie die Anwendung der NashVerhandlungstheorie. Diese Erkenntnis zeigt, dass die Nash-Verhandlungstheorie in Bezug auf die Bewertung von Funktionsverlagerungen unseres
Erachtens rechtskonform ist.
67
Aufgrund der Berücksichtigung der Handlungsalternativen entsteht ein modifizierter
Einigungsbereich. Alternativ können die Handlungsalternativen die Festlegung des
Verrechnungspreises innerhalb des Einigungsbereichs beeinflussen.
72 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Abschließend lässt sich festhalten, dass der Einsatz von ökonomischen
Theorien als Hilfe zur Plausibilisierung von Verrechnungspreisen durchaus
sinnvoll ist. Innerhalb des – zwischen dem theoretischen Umfeld des Fremdvergleichs und dessen praktischer Anwendung bestehenden – Spannungsfelds
können ökonomische Theorien von hoher Praxisrelevanz sein.
6 Neues zur Bewertung – Anmerkungen zum Urteil des
OLG Frankfurt am Main vom 5. Dezember 2013
Von Holger Lorenzen und Nael Amin
Im Rahmen von steuerlichen Funktionsverlagerungen gemäß § 1
Abs. 3 Satz 9 AStG erfordert die Bestimmung des Transferpakets
oftmals die Bewertung von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen. Die deutsche Finanzverwaltung ermittelt dabei die
Gewinnpotenziale als Barwerte der aus der Funktion jeweils zu
erwartenden Reingewinne nach Steuern (Zukunftserfolgswert,
Tz. 5 IDW S 1),68 soweit ein Fremdvergleichspreis nicht verfügbar
ist.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in seiner Entscheidung
vom 5. Dezember 2013 zu einem Squeeze-out-Verfahren69 zur Anwendung
von Bewertungsverfahren Stellung genommen. Auch wenn dieses Urteil nicht
zu steuerlichen Verrechnungspreisen gefällt wurde, können hieraus doch
interessante Schlussfolgerungen für die steuerliche Bewertungspraxis gezogen
werden.
Eindeutiger Unternehmenswert oder Bewertungsbandbreite?
Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main als Vorinstanz70 hatte die Squeezeout-Abfindung von 63,80 Euro je Stückaktie als angemessen beurteilt. Dabei
waren seitens der Parteien diverse Bewertungsgutachten auf Basis der Ertragswertmethode vorgelegt worden. Das LG Frankfurt am Main hatte bei seiner
Prüfung allerdings nicht nur auf diese Gutachten, sondern in erster Linie auf
eine marktorientierte Methode auf Basis des Börsenkurses abgestellt und dies
wie folgt begründet.
68
69
70
Vgl. BMF-Schreiben vom 13.10.2010 (Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung),
Tz. 2.1.4.
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.12.2013, 21. Zivilsenat, Az. 21 W 36/12.
LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 27.01.2012, Az. 3-5 O 102/05.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 73
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Die Bewertung auf Basis des Börsenkurses „sei dem Gericht auch dann eröffnet,
wenn – wie vorliegend – im Übertragungsgutachten die allgemein anerkannte
Ertragswertmethode zugrunde gelegt worden sei. Unter Berücksichtigung des
Umstandes, dass die diversen im Verfahren vorgelegten Ertragswertgutachten
betreffend den Wert der A AG zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen in einer
Größenordnung zwischen 51,80 Euro und 96,10 Euro gelangt seien, könne
diesem Wertermittlungsverfahren keine hohe Überzeugungskraft beigemessen
werden. Denn die Ergebnisse resultierten jeweils auf ihrerseits jedenfalls
nachvollziehbaren, unterschiedlichen Annahmen zu Einzelwerten der zu
erwartenden Erträge und des anzuwendenden Kapitalisierungszinses.“71
Auch die deutsche Verrechnungspreisgesetzgebung stellt in erster Linie auf den
Fremdvergleichspreis bzw. Marktpreis ab,72 der sich aus einem internen oder
externen Fremdvergleich ergibt.73 Ein solcher Fremdvergleichspreis kann etwa
vorliegen, wenn im Vorfeld der Funktionsverlagerung eine vorhergehende
Unternehmensakquisition desselben Bereichs von einem fremden Dritten
erfolgte.
Ist ein Fremdvergleichspreis jedoch nicht vorhanden und wird deshalb auf das
Ertragswertverfahren zurückgegriffen, so sind die oben genannten Bandbreiten
einer solchen Bewertung zu beachten. Oftmals können beim Ertragswertverfahren bereits kleinere Änderungen in den Bewertungsparametern zu
größeren Ergebnisänderungen führen.74
Insofern ist insbesondere in Betriebsprüfungen zu berücksichtigen, dass es
keinen eindeutigen Wert auf Basis der Ertragswertmethode gibt, sondern dass
es darauf ankommt zu bestimmen, ob der vom Steuerpflichtigen ermittelte
Wert in einer Bandbreite von Bewertungen liegt, die jeweils auf durchaus
realistischen Parameterbündeln beruhen.
71
72
73
74
OLG Frankfurt am Main, a. a. O., Tz. 8.
§ 1 Abs. 3 Satz 1 AStG.
Vgl. BMF-Schreiben vom 12.04.2005 (Verwaltungsgrundsätze-Verfahren), Tz.
3.4.12.2.
Vgl. hierzu auch OECD: „Revised Discussion Draft on Transfer Pricing Aspects of
Intangibles – 30 July 2013“, Tz. 176. Redaktioneller Hinweis: Vgl. hierzu auch OECD:
„Guidance on Transfer Pricing Aspects of Intangibles“, 16.09.2014, Tz. 6.155. Am
16.09.2014 hat die OECD ihren vorerst finalen Bericht zu Verrechnungspreisaspekten
immaterieller Wirtschaftsgüter veröffentlicht, vgl. OECD (2014): „Guidance on Transfer
Pricing Aspects of Intangibles“, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project,
OECD Publishing, http://dx.doi.org/10.1787/9789264219212-en). Dieser Bericht stellt
eine Überarbeitung des im vorliegenden Beitrag zitierten Diskussionspapiers vom
30.07.2013 dar. Gleichzeitig ist der Bericht vom 16.09.2014 als Arbeitsergebnis zu
Maßnahme 8 des BEPS-Aktionsplans zu verstehen.
74 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Bewertung aus Käufersicht
Das OLG Frankfurt am Main hat grundsätzlich die Auffassung der Vorinstanz
LG Frankfurt am Main bestätigt, dass der Börsenpreis als Bewertungsmaßstab
angesetzt werden kann. Allerdings war dieser Börsenpreis im vorliegenden Fall
aufgrund von öffentlichen Angeboten verzerrt. Daher hat sich das OLG Frankfurt am Main detailliert und lehrreich mit den vorgelegten Bewertungsgutachten und den darin angesetzten Bewertungsparametern auseinandergesetzt.
Interessant ist, dass das OLG bei der Bewertung von den Ertragsaussichten auf
Basis der bestehenden Unternehmenspolitik der Gesellschaft ausgeht. Davon zu
trennen sei eine Bewertung anhand eines Zahlungsstroms, den ein potenzieller
Käufer der Gesellschaft erwartet. Das OLG führt zur Bewertung aus Käufersicht
aus: „Diese Bewertung spielt regelmäßig für das verobjektivierte Ertragswertverfahren und seine Anwendung im gerichtlichen Spruchverfahren keine Rolle.
Es ist nicht Aufgabe des Spruchverfahrens, alternative unternehmerische
Konzepte zu entwerfen und jeweils hieraus gesonderte Unternehmenswerte
zu berechnen, wobei der angemessenen Abfindung der höchste Wert zugrunde
zu legen sei. Richtig ist vielmehr allein, dass die angemessene Abfindung des
Minderheitsaktionärs – von extremen Ausnahmen abgesehen – von der
bestehenden Unternehmenspolitik auszugehen hat.“75
Die Finanzverwaltung vertritt dagegen bei Bewertungen grundsätzlich die Auffassung, dass aus Verrechnungspreissicht eine höhere Gewinnerwartung des
Käufers einzubeziehen sei.76 Allerdings ist zu beachten, dass Gewinnpotenziale
allein dem Erwerber zuzurechnen sind, soweit diese auf immateriellen Wirtschaftsgütern des Erwerbers beruhen und auch anderweitig zu realisieren
wären, zum Beispiel durch Kauf einer anderen Gesellschaft oder Neugründung.
Fazit
Es lässt sich festhalten, dass Bewertungen auf Basis der Ertragswertmethode
sehr unterschiedlich ausfallen können. Sowohl für Unternehmen als auch
Unternehmensbereiche ist ein eindeutiger Wert kaum zu bestimmen. Insofern
geht es darum, dass der Steuerpflichtige sich mit seiner Bewertung in einer
realistischen Bandbreite von Parameterbündeln bewegt. Oftmals empfiehlt
sich eine Verplausibilisierung oder Absicherung mit anderen Methoden. Die
Variabilität von Parametern kann bei der Ertragswertmethode durch Szenarioanalysen mit Best-Case- und Worst-Case-Szenarien Berücksichtigung finden.
75
76
OLG Frankfurt am Main, a. a. O., Tz. 35.
§ 1 Abs. 3 Satz 6 AStG, vgl. hierzu auch OECD: „Revised Discussion Draft on
Transfer Pricing Aspects of Intangibles – 30 July 2013“, Tz. 175. Redaktioneller
Hinweis: Vgl. hierzu auch OECD: „Guidance on Transfer Pricing Aspects of
Intangibles“, 16.09.2014, Tz. 6.154.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 75
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Auch bei der von der Verrechnungspreisgesetzgebung vorgesehenen Bewertung
aus Käufersicht ist zu berücksichtigen, dass es keine schematische Lösung gibt.
Sind Marktpreise vorhanden, etwa unbeeinflusste Börsenkurse oder Kaufwerte
aus vorhergehenden Transaktionen mit fremden Dritten, sind diese bevorzugt
zu berücksichtigen.
7 Weiterbelastung von Grunderwerbsteuer
bei Restrukturierungen
Von Oliver Kost und Martin Lang
Restrukturierungen im Konzern können auch nach Einführung des
§ 6a GrEStG der deutschen Grunderwerbsteuer unterliegen. Dieser
Artikel beschäftigt sich mit der Frage, wann eine eventuelle Weiterbelastung der Grunderwerbsteuer aus Fremdvergleichsgesichtspunkten zulässig ist und wann diese steuerliche Einkommenskorrekturen auslöst.
Ausgangslage
Internationale Konzerne sind aufgrund von Markterfordernissen angehalten,
ihr Geschäftsmodell wie auch ihre Gesellschafterstrukturen den jeweiligen
Bedürfnissen anzupassen. Insoweit stehen Restrukturierungsmaßnahmen oft
auf der Agenda der Konzernzentralen. Auch nach Einführung des § 6a GrEStG,
der die Besteuerung bei Restrukturierungen im Konzern verhindern soll, gibt es
weiterhin Fälle, in denen aufgrund einer zentral koordinierten Restrukturierung
Grunderwerbsteuer in Deutschland ausgelöst und von einer deutschen
operativen Gesellschaft geschuldet wird (z. B. bei der sog. Anteilsvereinigung
von Personengesellschaften). Der Steuerbetrag kann, je nach Höhe des Grundbestands und der Häufigkeit von schädlichen Restrukturierungen, beträchtlich
sein.
Möglichkeit der Verrechnung
Bei Restrukturierungen kann deutsche Grunderwerbsteuer regelmäßig dann
ausgelöst werden, wenn Beteiligungsketten mit Gesellschaften „umgehängt“
werden, die Eigentümer eines inländischen Grundstücks sind. Auch bei Umwandlungsvorgängen und sonstigen operativen Restrukturierungen kann ein
grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang vorliegen. Allgemeine Voraussetzung für
die Verrechnung von Steuern und Abgaben ist, dass diese nicht aufgrund des
originären Betriebs des Verrechnenden, sondern aufgrund des betrieblichen
Interesses des Verrechnungsempfängers verursacht werden. Weiterhin wird
regelmäßig vorausgesetzt, dass auch fremde Dritte eine Verrechnung verein-
76 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
bart hätten und dass diese Verrechnung ihren Rechtsgrund nicht in der
gesellschaftsrechtlichen Beziehung hat, sondern schuldrechtlich begründet ist.
Aus steuerlicher Sicht ist eine Verrechnung daher nur dann denkbar, wenn
zwar eine Gesellschaft durch ihre Handlungen die Steuer auslöst, jedoch eine
andere Gesellschaft diese zu tragen hat. In den meisten Fällen hat das Finanzamt jedoch den Steuerbescheid an jene (in- bzw. ausländische) Gesellschaft
zu richten, die die Übertragung der Anteile oder des Grundstücks (und damit
die Entstehung der Grunderwerbsteuer) verursacht hat. Eine für die Praxis
relevante Ausnahme gilt jedoch in Besteuerungsfällen des Übergangs von
mindestens 95 Prozent der Anteile am Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft mit inländischem Grundstück (§ 1 Abs. 2a GrEStG). In diesen
Fällen hat die betroffene Personengesellschaft die Grunderwerbsteuer zu
entrichten, obwohl diese durch den Wechsel der Gesellschafter ausgelöst wird.
Nach Ansicht der Autoren dürfte jedoch auch in den meisten dieser Fälle eine
Verrechnung von Grunderwerbsteuer ausscheiden.
Als Zwischenfazit kann daher festgestellt werden, dass Grunderwerbsteuern im
Zusammenhang mit Restrukturierungen im Konzern oftmals nicht verrechenbar sein sollten.
Steuerliche Folgen einer unzulässig vorgenommenen Verrechnung
Ungeachtet der aus steuerlicher Sicht grundsätzlich nicht gegebenen
Verrechnungsmöglichkeiten ist es denkbar, dass in der Konzerngruppe im
Rahmen von Restrukturierungen aus strategischen oder operativen Überlegungen dennoch eine Verrechnung von deutscher Grunderwerbsteuer vorgenommen wird. Ein Beispiel hierfür wäre, dass eine ausländische Holdinggesellschaft, die den Beteiligungsstrang inklusive der deutschen Grundstücksgesellschaft verkauft oder erworben hat, Grunderwerbsteuer an den deutschen
Fiskus zu entrichten hat. Trotz der Unzulässigkeit der Verrechnung aus
deutscher steuerlicher Sicht würde die Holdinggesellschaft dennoch die vom
deutschen Fiskus festgesetzte Grunderwerbsteuer an die deutsche Grundstücksgesellschaft belasten. Wie bereits oben dargestellt, würde diese Vorgehensweise
nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Daher löst die Verrechnung
nach Ansicht der Autoren entsprechende ertragsteuerliche Folgen in Deutschland aus. Die beispielhaft dargestellte Verrechnung von Grunderwerbsteuer
der ausländischen Holding an eine deutsche Gesellschaft würde dann die
Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung zur Folge haben. Je nach der
Beteiligungsstruktur des Konzerns kann dies neben der zusätzlichen Belastung
der deutschen Gesellschaft mit deutscher Körperschaft- und Gewerbesteuer
eine zusätzliche Kapitalertragsteuerbelastung der verdeckten Gewinnausschüttung zur Folge haben. Angesichts der dargestellten steuerlichen Folgen
Transfer Pricing Perspective Deutschland 77
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
sollte daher genau abgewogen werden, ob eine Weiterbelastung aus anderen,
zum Beispiel strategischen Gründen aus Konzernsicht dennoch sinnvoll ist.
Fazit
Restrukturierungen im Konzern können vielfältige steuerliche Auswirkungen
haben und können nach geltender Rechtslage auch weiterhin eine Grunderwerbsteuerbelastung herbeiführen. Soweit die anfallende Grunderwerbsteuer
weiterbelastet wird, besteht nach Ansicht der Autoren ein latentes Risiko von
Einkommenskorrekturen der deutschen Gesellschaft im Wege der verdeckten
Gewinnausschüttung. Diese Faktoren sollten idealerweise bereits vor der
Restrukturierung, jedoch spätestens bei deren Durchführung bedacht werden.
8 Korrektur von Teilwertabschreibungen auf
grenzüberschreitende Darlehen durch § 1 Abs. 1
AStG rechtlich haltbar?
Von Dr. Ulf Andresen und Anne Schneider
Laut BMF-Schreiben vom 29. März 201177 kann der Konzernrückhalt bei einer konzerninternen Darlehensvergabe die Bereitstellung
einer Sicherheit durch die Darlehensnehmerin ersetzen. Ist es vor
diesem Hintergrund rechtlich haltbar, wenn die deutsche Finanzverwaltung in einer Betriebsprüfung die von der deutschen Darlehensgeberin vorgenommene Teilwertabschreibung auf das
grenzüberschreitende Darlehen nach § 1 Abs. 1 AStG mit der
Begründung korrigiert, dass fremde Dritte für ein vergleichbares
Darlehen eine Sicherheit vereinbart hätten? Das Finanzgericht
(FG) Brandenburg hat dazu jüngst ein fragwürdiges Urteil78
gefällt, das hier kritisch untersucht wird.79
In dem zu untersuchenden Sachverhalt hatte eine inländische GmbH einer
US-amerikanischen Tochterkapitalgesellschaft mehrere unbesicherte Darlehen
gewährt, die mit 5 Prozent zu verzinsen gewesen sind. Die GmbH hat diese
77
78
79
Vgl. BMF-Schreiben vom 29.03.2011, IV B 5 – S 1341/09/10004, in: BStBl. I 2011,
277.
Vgl. FG Brandenburg vom 30.01.2013, 12 K 12056/12 (Rev. BFH I R 23/13), in:
DStRE 2013, 1494.
Redaktioneller Hinweis: Mit Urteil vom 17. Dezember 2014 hat der BFH (I R 23/13) die
Entscheidung des FG reviediert und die Schrankenwirkung des Art. 9 DBA-Musterabkommen bestätigt.
78 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Darlehen jeweils im Jahr der Hingabe vollständig abgeschrieben. In einer
späteren Betriebsprüfung sind die Einkünfte der GmbH unter Anwendung des
§ 1 Abs. 1 AStG um den Betrag dieser Teilwertabschreibungen erhöht worden,
wogegen Einspruch eingelegt und schließlich Klage erhoben worden ist.
Eine Beurteilung dieser Fragestellung erfordert insbesondere einen Blick auf
Tatbestandsvoraussetzungen, Rechtsfolgen und insbesondere den Zweck des § 1
Abs. 1 AStG im Kontext von Finanzierungsleistungen inländischer Konzerne
gegenüber ausländischen Tochtergesellschaften. Darüber hinaus gibt eine
zusätzliche Analyse des OECD-Musterabkommens (OECD-MA) und der OECDVerrechnungspreisrichtlinien Aufschluss, welche Lösung der Fragestellung
durch ein internationales Verständigungsverfahren im Fall entstandener
Doppelbesteuerung zu erwarten wäre.
Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 AStG
§ 1 Abs. 1 AStG ist einschlägig, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Die Einkünfte des inländischen Steuerpflichtigen aus einer (a) grenzüberschreitenden (b) Geschäftsbeziehung mit einer (c) ihm nahestehenden Person
sind dadurch gemindert, dass er seiner Einkünfteermittlung Bedingungen zugrunde legt, die (d) von Bedingungen abweichen, wie sie fremde Dritte unter
gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten. Sofern das
konzerninterne Darlehen nicht im Gesellschaftsvertrag der Darlehensnehmerin
geregelt wurde und somit von einer schuldrechtlichen Beziehung zwischen Darlehensgeberin und Darlehensnehmerin auszugehen ist, sind die Tatbestandsvoraussetzungen (a) bis (c) im zu beurteilenden Sachverhalt erfüllt. Unterschiedliche Auffassungen können sich somit nur aus einer abweichenden
Beurteilung bezüglich (d) ergeben.
Das FG Brandenburg hat in seinem Urteil vom 30. Januar 201380 die Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt, dass die Minderung der Einkünfte der
inländischen Darlehensgeberin in der fremdunüblichen Ausgestaltung der
konzerninternen Transaktion begründet ist, da fremde Dritte das Darlehen
nicht ohne Sicherheiten gewährt hätten. Aus diesem Umstand ergab sich für
die Finanzverwaltung die Nichtanerkennung der Teilwertabschreibung als
Korrektur. Dieser Sichtweise steht die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entgegen, die dem Fehlen einer Sicherheit keine für den
Fremdvergleich erhebliche Bedeutung beigemessen hat und in den zu
entscheidenden Fällen wiederholt die Festsetzung einer verdeckten Gewinn-
80
Vgl. FG Brandenburg vom 30.01.2013, 12 K 12056/12 (Rev. BFH I R 23/13), in:
DStRE 2013, 1494.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 79
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
ausschüttung abgelehnt hat.81 Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich,
weshalb bezüglich der vorliegenden Fragestellung etwas anderes gelten sollte.
Darüber hinaus hätte im Ergebnis auch ein fremder dritter Darlehensgeber auf
das gleiche Darlehen eine Teilwertabschreibung vornehmen müssen, unabhängig davon, ob das Darlehen mit oder ohne Sicherheiten vergeben wurde.
Somit können die konzernintern vereinbarten Bedingungen nicht ursächlich für
die Minderung der Einkünfte der Darlehensgeberin sein. Und selbst wenn man
der Auffassung wäre, dass der Konzernrückhalt keine dem Fremdvergleichsmaßstab genügende Sicherheit darstellen kann und fremde Dritte aber eine
Sicherheit für das Darlehen vereinbart hätten, wäre vielmehr der vereinbarte
Zinssatz zu überprüfen, da bei fehlender Besicherung des Darlehens anzunehmen wäre, dass das daraus entstehende höhere Risiko sich allenfalls in
einem höheren Zinssatz hätte niederschlagen dürfen, wie dies auch als
Möglichkeit im BMF-Schreiben vom 29. März 2011 dargestellt wird. Dementsprechend wäre nach § 1 Abs. 1 AStG gegebenenfalls der Zinssatz, nicht
jedoch die Teilwertabschreibung zu korrigieren. Folglich fehlt beim vorliegenden Sachverhalt der notwendige kausale Zusammenhang zwischen der
Einkünfteminderung und den vereinbarten Bedingungen, die Einkünftekorrektur durch Nichtanerkennung der Teilwertabschreibung ist somit ohne
Rechtsgrundlage.
Rechtsfolgen des § 1 Abs. 1 AStG
Wie bereits ausgeführt wurde, verlangt die Rechtsfolge des § 1 Abs. 1 AStG
einen Ansatz der Einkünfte des Steuerpflichtigen so, wie diese zwischen
unabhängigen Dritten und unter vergleichbaren Umständen vereinbarten
Bedingungen angefallen wären. Da auch ein fremder Dritter unabhängig von
dem Aspekt der Besicherung des Darlehens eine Teilwertabschreibung hätte
vornehmen müssen, kann die Rechtsfolge des § 1 Abs. 1 AStG – vorausgesetzt,
dessen Tatbestandsvoraussetzungen würden als vollständig erfüllt angesehen
werden – nicht die Nichtanerkennung einer rechtmäßig vorgenommenen
Teilwertabschreibung sein. Auch als Rechtsfolge käme allenfalls eine Korrektur
des vereinbarten Zinssatzes infrage, sodass dieser in seiner Höhe sämtliche
relevanten Bedingungen der Darlehensgewährung reflektiert. Es bleibt somit
festzuhalten, dass die Nichtanerkennung der Teilwertabschreibung durch die
Finanzverwaltung auch nicht die Rechtsfolge ist, die § 1 Abs. 1 AStG vorsieht.
Zweck des § 1 Abs. 1 AStG
Zweck des § 1 AStG ist es, Gewinnverlagerungen ins Ausland zu verhindern. Der
Abschluss einer Darlehensvereinbarung mit einer nahestehenden Person im
81
Vgl. BFH vom 21.12.1994, I R 65/94, in: IStR 1995, 330 m. Anm. Wassermeyer; BFH
vom 29.10.1997, I R 24/97, in: BStBl. II 1998, 573.
80 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Ausland führt jedoch nicht zu einer Gewinnverlagerung ins Ausland, es sei
denn, ein unangemessen niedriger Zinssatz ist zwischen den Beteiligten
vereinbart worden. Die Teilwertabschreibung im Inland selbst führt nicht
unmittelbar zu einer Verlagerung von Gewinnen ins Ausland, weil der Abschreibung im Inland keine korrespondierende Einkommenserhöhung im
Ausland gegenübersteht. Entsprechend widerspricht die Nichtanerkennung der
Teilwertabschreibung unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 AStG dessen Zweck und
ist daher auch unter diesem Gesichtspunkt abzulehnen. Im Gegensatz dazu löst
die Einkünftekorrektur im Inland eine Doppelbesteuerung aus, die beispielsweise in einem internationalen Verständigungsverfahren unter Anwendung des
Art. 9 OECD-MA zu lösen wäre.
Begrenzung des innerstaatlichen Besteuerungsanspruchs
durch Art. 9 OECD-MA
Innerstaatliche Korrekturvorschriften können in ihrer Wirkung durch einschlägige Normen aus Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) eingeschränkt
sein, beim vorliegenden Sachverhalt ist eine solche Einschränkung jedoch nicht
erkennbar: Zu dem im Wortlaut vergleichbaren Art. 6 DBA Niederlande hat
der BFH in seinem Urteil vom 11. Oktober 201282 festgestellt, dass die Vorschrift eine Einkünftekorrektur nur dann erlaubt, wenn und soweit die
„wirtschaftlichen und finanziellen“ Bedingungen abweichen, die unabhängige
Unternehmen vereinbaren würden. Das führt wieder zu der Frage, ob unabhängige Dritte eine Sicherheit für ein vergleichbares Darlehen vereinbart hätten
und ob eine fehlende Sicherheit somit eine Einkünftekorrektur erlaubt.
Die OECD äußert zu dieser Frage in ihrem Revised Draft on Transfer Pricing
Aspects of Intangibles vom 30. Juli 2013 in den Absätzen Nr. 26 und 27,83 dass
eine Erhöhung der Kreditwürdigkeit einer Konzerngesellschaft, die sich rein
aus dem Synergieeffekt der Zugehörigkeit zu einem Konzern ergibt, aus ihrer
Sicht keinen zu vergütenden Vorteil darstellt. Dies legt nahe, dass eine fehlende
Sicherheit nach Meinung der OECD keine Einkünftekorrektur erlaubt. Eine
Einkommenskorrektur durch Art. 9 OECD-MA wegen einer fehlenden Darlehenssicherheit wäre somit ebenfalls ohne Rechtsgrundlage. Aber auch hier
gilt wie zuvor: Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Korrektur nach Art. 9
OECD-MA zulässig wäre, sind als Rechtsfolge grundsätzlich wieder die
Gewinne der zu beurteilenden Transaktion zu korrigieren.
82
83
Vgl. BFH vom 11.10.2012, I R 75/11.
Redaktioneller Hinweis: Nun Tz. 1.107 und Tz. 1.108 der „Guidance on Transfer
Pricing Aspects of Intangibles“ vom 16.09.2014.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 81
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Fazit
Die vorangegangenen Überlegungen haben gezeigt, dass die in dem BMFSchreiben vom 29. März 2011 beabsichtigte Verquickung von § 1 Abs. 1 AStG
mit Teilwertabschreibungen auf Darlehensforderungen gegenüber nahestehenden Personen im Ausland in vielerlei Hinsicht problematisch ist: Die
Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung des § 1 Abs. 1
AStG ist genauso infrage zu stellen wie die Rückgängigmachung der Teilwertabschreibung als Rechtsfolge. Darüber hinaus steht die Vorgehensweise
dem Zweck des § 1 Abs. 1 AStG entgegen und es ist auch nicht erkennbar,
dass die Vorgehensweise der Finanzverwaltung in einem internationalen
Verständigungsverfahren haltbar wäre. Neben den formalen Aspekten ist
zu kritisieren, dass die wirtschaftlich belastete Darlehensgeberin dies nicht
geltend machen soll, obwohl ihr Zinseinkommen bei positiver Entwicklung
der Geschäftstätigkeit der Darlehensnehmerin im Inland uneingeschränkt
besteuert worden wäre. Es ist daher zu wünschen, dass der BFH die anhängige
Revision zum Urteil des FG Brandenburg als begründet ansieht und die
beabsichtigte Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 1 Abs. 1 AStG auf die
Rückgängigmachung einer Teilwertabschreibung nicht zulässt.
9 Veröffentlichung des Glossars „Verrechnungspreise“
durch das BMF
Von Jörg Hanken und Clarisse Müller
Am 19. Mai 2014 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
das Glossar „Verrechnungspreise“, eine verwaltungsinterne
Arbeitshilfe ohne Rechtsbindung, im Bundessteuerblatt (BStBl.)
Teil I veröffentlicht.84 Das Glossar beinhaltet neben Erläuterungen
zu Begriffen aus dem Bereich Verrechnungspreise und
Dokumentation, soweit vorhanden, ebenfalls deren Fundstellen
in Gesetzen, Erlassen, Verordnungen und OECD-Verrechnungspreisrichtlinien und soll nach Bedarf aktualisiert werden. Ziel
des BMF ist es, mit dem Glossar zu einer Vereinheitlichung
verrechnungspreisrelevanter Terminologien beizutragen.
Angesichts der mittlerweile über zahlreiche Erlasse und Verordnungen
verstreuten einschlägigen Regelungen zu Verrechnungspreisen und
84
Vgl. www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/
Internationales_Steuerrecht/Allgemeine_Informationen/2014-05-19-GlossarVerrechnungspreise.html.
82 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Dokumentation ist die Veröffentlichung dieses Glossars grundsätzlich zu
begrüßen. Allerdings ist zu beachten, dass es sich bei dem 22-seitigen Glossar
um keine eigenständige Regelungsquelle handelt. So wird im Glossar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zur Auslegung der darin ausgewiesenen
Begriffe letztlich allein der objektivierte Wille von Gesetz- bzw. Verordnungsgeber maßgebend ist, so wie er in der jeweiligen Rechtsquelle zum Ausdruck
kommt und sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt.85 Es
ist davon auszugehen, dass diese Auslegungsstandards in gleicher Weise auch
auf andere Quellen als deutsche Gesetze und Verordnungen wie zum Beispiel
Erlasse oder OECD-Verrechnungspreisrichtlinien angewandt werden sollen.
Bei den im Glossar enthaltenen Begriffen handelt es sich zum einen um
rechtliche Begrifflichkeiten wie beispielsweise die Funktion oder Funktionsverlagerung, zum anderen um Termini, die lediglich in Erlassen genannt
werden. So beinhaltet das Glossar beispielsweise unter Verweis auf die
Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung die Erläuterung des Begriffs
des Lohn- bzw. des Auftragsfertigers. Schließlich werden ebenfalls betriebswirtschaftliche Begriffe wie Capital Asset Pricing Model, Cashflow oder
Portfolioansatz aufgeführt. Da das BMF für die Erläuterung der Begriffe im
Grunde Zitate der entsprechenden Quellen verwendet, sollte es hierdurch zu
keiner neuen Auslegung oder Interpretation der Begrifflichkeiten kommen.
Zu begrüßen ist die Klarstellung im Glossar, dass eine unverwertbare
Dokumentation vorliegt, „wenn die Qualität der vorgelegten Aufzeichnungen –
unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – so schlecht ist, dass
dies der Nichtvorlage von Unterlagen gleichkommt“.86 Und die Frage der
Verwertbarkeit ist je Geschäftsvorfall zu prüfen. Das heißt, die Nichtvorlage
von Unterlagen für einen einzelnen Geschäftsvorfall bedeutet nicht die
Unverwertbarkeit der gesamten Dokumentation.
Fazit
Insgesamt kann das Glossar als eine umfassende Zusammenstellung
wesentlicher verrechnungspreisrelevanter Begriffe eine sinnvolle Arbeitshilfe darstellen. Grundsätzlich sollten Anwender allerdings die angebotenen
Definitionen in kritischen Fällen anhand des Wortlauts der Rechtsgrundlagen
überprüfen.
85
86
Vgl. auch BFH-Urteil vom 18.04.2012, X R 57/09, in: BStBl. 2012 II, S. 770 m. w. N.
Vgl. Glossar „Verrechnungspreise“ zum Begriff „Unverwertbarkeit von Unterlagen“.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 83
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
10 Schenkungsteuer bei verdeckten Gewinnausschüttungen für den BFH kein Thema
Von Martin Renz und Martin Lang
Mit dem viel beachteten Urteil vom 31. Januar 2013 hat der
Bundesfinanzhof (BFH) der doppelten Besteuerung von verdeckten
Gewinnausschüttungen (vGAs) mit Ertragsteuern und Schenkungsteuer eine klare Absage erteilt. Auch weiterhin wird eine vGA
ausschließlich der Ertragsbesteuerung unterworfen. Nicht nur
aufgrund des hierzu ergangenen Nichtanwendungserlasses der
Finanzverwaltung bleibt das Problem aktuell.
Ein Überblick über die Rechtslage
Sowohl offene wie auch verdeckte Gewinnausschüttungen stellen bereits tatbestandlich keine freigiebigen Zuwendungen im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG dar, sie sind lediglich für Zwecke der Einkommen-, Körperschaftbzw. Gewerbesteuer zu berücksichtigen. So urteilte der BFH mit Urteil vom
31. Januar 2013 zu der Frage, ob der Verkauf einer wertverminderten
Forderung mit Besserungsabrede von einer Kapitalgesellschaft an deren
Gesellschafter der Schenkungsteuer unterliegt.
Der BFH begründet seine Entscheidung damit, dass eine vGA steuerlich wie
eine offene Gewinnausschüttung behandelt wird. Dies bedeutet, dass der
Empfänger sie als Betriebs- oder Dividendeneinnahme zu besteuern hat und
gleichzeitig der für offene Gewinnausschüttungen zur Verfügung stehende
Gewinn der vorteilsgewährenden Gesellschaft gemindert wird. Nach Ansicht
der Richter des BFH beruhen diese Ausschüttungen, wie auch andere Kapitalrückzahlungen, auf dem Gesellschaftsverhältnis und werden daher konkret
aufgrund des Beteiligungsverhältnisses des Empfängers an der Gesellschaft
geleistet. Hingegen setzt eine schenkungsteuerpflichtige freigiebige Zuwendung
den Willen zur unentgeltlichen Zuwendung einer Leistung voraus. Dieser soll
jedoch gerade im Hinblick auf die Gesellschaftereigenschaft des Empfängers
einer vGA nicht anzunehmen sein. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu
beachten, dass die Finanzverwaltung das Urteil aufgrund eines inzwischen
ergangenen Nichtanwendungserlasses über den entschiedenen Einzelfall
hinaus nicht anwenden wird.
Fazit und Ausblick
Der BFH hat mit seinem Urteil die Schenkungsteuerpflicht von vGAs klar abgelehnt. Auch wenn die Finanzverwaltung mit einem Nichtanwendungserlass
reagiert hat, sollte das Urteil bei möglichen Rechtsstreitigkeiten mit dem Fiskus
in vergleichbaren Fällen als Argumentationsgrundlage angeführt werden.
84 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
Allerdings deckt das Urteil des BFH nicht alle denkbaren Sachverhaltsvarianten
ab, in welchen eine doppelte Erfassung eines Sachverhalts mit Ertrag- und
Schenkungsteuern denkbar wäre (z. B. unentgeltliche zeitweilige Überlassung
einer Kapitalsumme zwischen natürlichen Personen). Insbesondere vor
dem Hintergrund der noch relativ neuen Regelungen zu Leistungen in das
Vermögen von Kapitalgesellschaften (§ 7 Abs. 8 ErbStG) sollte das Thema
weiterhin nicht aus den Augen verloren werden.
11 Verrechnungspreisrelevanter Status quo zur
Problematik des Treaty Override
Von Dr. Ronald Gebhardt
Das Phänomen „Treaty Override“ (Besteuerung entgegen den
Doppelbesteuerungsabkommen – DBAs) ist in Deutschland
verstärkt in der Diskussion. Die Beratungs- und Unternehmenspraxis wartet gespannt auf den Ausgang der beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Verfahren zur
verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Treaty Overriding.
Nachfolgend wird ein Kurzüberblick über die Auswirkungen
der Problematik auf die Verrechnungspreispraxis gegeben.
Problemlage
In der Literatur wird zwischen Treaty Overrides „im engeren Sinne“ und
„im weiteren Sinne“ unterschieden. Treaty Overrides „im engeren Sinne“
umfassen solche Vorschriften, die in ihrem Wortlaut explizit die partielle
Unanwendbarkeit von DBAs anordnen (oft verwendet wird die Formulierung
„ungeachtet des Abkommens“). Treaty Overrides „im weiteren Sinne“ umfassen
solche Vorschriften, die zwar nicht explizit eine Abweichung von einem DBA
anordnen, aber materiell im Verdacht stehen, gegen die Vorgaben des
betreffenden DBA zu verstoßen.
Verrechnungspreispraxis und Treaty Override
Für die Verrechnungspreispraxis relevant ist insbesondere die Diskussion über
das Verhältnis von § 1 AStG zu Art. 7 und 9 des OECD-Musterabkommens
(OECD-MA). Auch die Frage, inwieweit überschießende Dokumentationsanforderungen einen DBA-Verstoß nach sich ziehen können, ist für die
Verrechnungspreispraxis interessant.
Der Kernbereich des § 1 AStG, der Grundsatz des dealing at arm’s length,
ist zwar auch den DBAs immanent, einzelne Bestandteile des § 1 AStG –
namentlich die Fiktion der umfassenden Kenntnis aller entscheidungs-
Transfer Pricing Perspective Deutschland 85
Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht
erheblichen Kriterien (§ 1 Abs. 1 Satz 3 AStG), die Korrektur auf den Median
(§ 1 Abs. 3 Satz 4 AStG), die Transferpaketbewertung (§ 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG)
und die Preisanpassungsklausel (§ 1 Abs. 3 Satz 10 f. AStG) – stehen aber im
Verdacht, unvereinbar mit den Vorgaben des Art. 9 OECD-MA zu sein und
damit DBA-Recht zu verletzen.
Zudem findet sich der in § 1 Abs. 5 AStG umgesetzte Authorised OECD Approach
(AOA) bisher nur in wenigen deutschen DBAs wieder. Um einen Widerspruch
zwischen § 1 Abs. 5 AStG und den deutschen DBAs ohne AOA zu vermeiden,
wurde in § 1 Abs. 5 Satz 8 AStG eine „Kollisionsklausel“ gesetzlich verankert.
Diese normiert, dass das DBA Vorrang vor § 1 Abs. 5 AStG erhalten soll, „soweit“ der Steuerpflichtige den Nachweis führt, dass § 1 Abs. 5 AStG dem DBA
widerspricht, der andere Staat sein Besteuerungsrecht entsprechend dem DBA
ausübt und eine Anwendung des AOA zu einer Doppelbesteuerung führen würde.
Ob es sich bei dieser Regelung um einen Treaty Override handelt, ist im Schrifttum umstritten. Auch die Reichweite der Vorschrift ist noch nicht abschließend
geklärt.
Im Kontext der Frage, inwieweit Dokumentationsanforderungen einen DBAVerstoß begründen können, bleibt festzuhalten, dass diese dem Grunde nach
Sache des innerstaatlichen Rechts sind. Allerdings ist nach Auffassung des
Bundesfinanzhofs (BFH) aus Art. 9 OECD-MA abzulesen, dass nur eine fremdvergleichskonforme Korrektur „der Höhe nach“ abkommenskonform ist. Eine
Korrektur nur aufgrund von Formalkriterien sollte daher nicht von Art. 9
OECD-MA gedeckt sein. Überschießende Formalkriterien können damit keine
Verletzung des DBA bewirken.
Es bleibt abzuwarten, welchen Einfluss die ausstehenden Entscheidungen
des BVerfG (zu § 50d Abs. 8 EStG: Az. beim BVerfG: 2 BvL 1/12; zu § 50d
Abs. 10 EStG: Az. beim BVerfG: 2 BvL 15/14; die jüngste Vorlage des BFH
zu § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG: Az. beim BVerfG: 2 BvL 21/14) auf die angesprochenen Problemkreise haben werden, da beim BVerfG Treaty Overrides
„im engeren Sinne“ im Fokus stehen und die verrechnungspreisrelevanten
Vorschriften eher dem Bereich der Treaty Overrides „im weiteren Sinne“
zuzuordnen sind.
Fazit und Ausblick
Der Verrechnungspreispraxis bleibt zu empfehlen, beim Thema 㤠1
AStG versus Art. 7 und 9 OECD-MA“ mit der herrschenden Meinung zu
argumentieren, der zufolge mangels der expliziten Anordnung, DBAs sollen
mittels § 1 AStG überschrieben werden, den DBAs der Vorrang zu gewähren
ist (Grundsatz: „im Zweifel zugunsten des DBA“).
86 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Entwicklungen in der OECD und EU
C Internationale Entwicklungen in der OECD
und EU
Das Jahr 2014 war auf OECD-Ebene vor allem durch die Veröffentlichung
verschiedener Berichte und Diskussionspapiere zum Thema „Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung“ („Base Erosion and Profit Shifting“, kurz
BEPS) geprägt. Unsere Beiträge zu diesem Themenkomplex finden sich deshalb
gebündelt in den Schwerpunktthemen (Kapitel A) unseres Jahrbuchs.
Bereits ein Jahr vor Veröffentlichung des BEPS-Aktionsplans im Juli 2013
hatte die OECD ein Diskussionspapier zu Verrechnungspreisaspekten bei immateriellen Wirtschaftsgütern veröffentlicht und parallel zum BEPS-Aktionsplan am 30. Juli 2013 eine überarbeitete Fassung dieses Diskussionspapiers
veröffentlicht. Die in dieser Fassung genannten Beispiele zur Vergütung
konzerninterner Einkaufsfunktionen könnten für die bisherige Verrechnungspreispraxis richtungsweisend sein. Einer der folgenden Beiträge diskutiert
deshalb die bekannten Vergütungsformen für konzerninterne Einkaufsfunktionen vor dem Hintergrund der neueren OECD-Kommentierungen.
Am 11. März 2014 hat die OECD Vorschläge für die Bestimmung von Vergleichsdaten zur Überprüfung der Fremdüblichkeit von Verrechnungspreisen in
Entwicklungsländern zur Kommentierung veröffentlicht. Ziel des Berichts ist
es, Lösungsansätze für bekannte Probleme wie zum Beispiel intransparente
Transaktionsdaten, die eingeschränkte Datenbasis von Datenbanken oder die
eingeschränkte Vergleichbarkeit von Unternehmen zu präsentieren. Der zweite
Beitrag in diesem Kapitel gibt einen Überblick über die Hintergründe zu dieser
Veröffentlichung und fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
Auf EU-Ebene lag der Fokus des EU Joint Transfer Pricing Forum im
vergangenen Jahr auf der Verabschiedung eines Berichts zur nachträglichen
Korrektur der Einkünfte von verbundenen Unternehmen (true up). Vor dem
Hintergrund, dass die Finanzverwaltungen der EU-Mitgliedsstaaten zu nachträglichen Korrekturen von Einkünften unterschiedliche Sichtweisen vertreten,
enthält der in einem der folgenden Artikel thematisierte Bericht des EU Joint
Transfer Pricing Forum Richtlinien zum grundsätzlichen Umgang mit nachträglichen Anpassungen.
Darüber hinaus beschäftigt sich ein weiterer Artikel mit den von der
EU-Kommission eingeleiteten Prüfverfahren zu staatlichen Beihilfen im
Zusammenhang mit tatsächlichen Verständigungen (Ruling) mit den Finanzverwaltungen in Irland (Apple), den Niederlanden (Starbucks) sowie Luxemburg (Fiat Finance and Trade und Amazon).
Transfer Pricing Perspective Deutschland 87
Internationale Entwicklungen in der OECD und EU
1 OECD
1.1 Vergütung von konzerninternen Einkaufsfunktionen
im Lichte der aktuellen Einschätzung der OECD
Von Ron Dorward, Martin Renz und Dr. Isabel Ruhmer-Krell
In der Praxis hat sich eine Vielzahl von Vergütungsformen für Einkaufsfunktionen etabliert. Vor dem Hintergrund eines aktuellen
OECD-Diskussionspapiers87 erscheint zukünftig jedoch vorrangig
die Verrechnung von Einkaufsdienstleistungen auf Basis der
Kostenaufschlagsmethode angemessen.88
Vergütungsstrukturen für konzerninterne
Einkaufsdienstleistungen
Die Identifikation und konkrete Ausgestaltung einer sowohl dem Grunde
als auch der Höhe nach fremdüblichen Vergütung für konzerninterne Einkaufsfunktionen sollte individuell auf Basis einer detaillierten Analyse der
Tätigkeiten und Funktionen sowie der getragenen Risiken der Einkaufsorganisation erfolgen. Insbesondere die Frage, wem die durch die
Zentralisierung der Einkaufsfunktion entstandenen Vorteile in Form von
volumenbedingten Preisvorteilen, administrativen Kosteneinsparungen,
Erhöhung der Einkaufsqualität durch Spezialisierung (sog. lead buying) etc.
zuzuordnen sind, kann nicht allgemeingültig beantwortet werden.89
In der Praxis haben sich in der Vergangenheit verschiedenste Vergütungsformen für konzerninterne Einkaufsfunktionen etabliert. Während in der
Konsumgüterindustrie vor allem Provisions- bzw. Einkaufskommissionsmodelle zu finden sind, beobachtet man in anderen Branchen häufig Dienstleistungsverrechnungen, Durchleitungsmodelle oder die unentgeltliche Bereitstellung zentraler Einkaufsleistungen innerhalb von Prinzipalmodellen. Bei
87
88
89
Vgl. OECD: „Revised Discussion Draft on Transfer Pricing Aspects of Intangibles“,
30.07.2013.
Redaktioneller Hinweis: Am 16.09.2014 hat die OECD ihren vorerst finalen
Bericht zu Verrechnungspreisaspekten immaterieller Wirtschaftsgüter veröffentlicht,
vgl. OECD (2014): „Guidance on Transfer Pricing Aspects of Intangibles“,
OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing,
http://dx.doi.org/10.1787/9789264219212-en. Dieser Bericht stellt eine Überarbeitung
des im vorliegenden Beitrag zitierten Diskussionspapiers vom 30.07.2013 dar. Gleichzeitig ist der Bericht vom 16.09.2014 als Arbeitsergebnis zu Maßnahme 8 des BEPSAktionsplans zu verstehen.
Vgl. OECD-Verrechnungspreisrichtlinien vom 22.07.2010, Tz. 9.154.
88 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Entwicklungen in der OECD und EU
einer Dienstleistungsverrechnung werden die Kosten der Einkaufsabteilung zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags an die von der Einkaufsfunktion
profitierenden Konzerngesellschaften weiterbelastet. Im Fall eines Durchleitungsmodells stellt der Lieferant seine Lieferung zunächst der zentralen Einkaufsabteilung in Rechnung, welche anschließend die jeweiligen Mengen an die
belieferten Werke weiterverrechnet und dabei ihre Zentraleinkaufsfunktion
über eine angemessene „Handelsspanne“ auf den Lieferantenpreis finanziert.
Im Gegensatz dazu erfolgt bei einem Provisionsmodell die Vergütung des
zentralen Einkaufsdienstleisters seitens der operativen Konzerngesellschaften
auf Basis einer Provisionsgebühr, die als Prozentsatz der jeweiligen Einkaufsvolumina kalkuliert wird. Die Höhe des angemessenen Provisionssatzes kann
dabei sowohl mittels der transaktionsbezogenen Gewinnaufteilungsmethode
(auf Basis einer Wertschöpfungsbeitragsanalyse) als auch unter Anwendung
der Kostenaufschlagsmethode festgelegt werden. Werden zentrale Einkaufsdienstleistungen im Rahmen eines Prinzipalmodells vom konzerninternen
Entrepreneur (der Prinzipalgesellschaft) erbracht, werden diese (ebenso wie
weitere konzerninterne Dienstleistungen) nicht separat vergütet, sondern die
entstandenen Kosten durch den Residualgewinn des Entrepreneurs gedeckt. Im
Gegenzug erhalten die übrigen Konzerngesellschaften, vorwiegend Routineunternehmen mit Fertigungs- oder Vertriebsfunktionen, lediglich einen angemessenen Routinegewinn.
Aktuelle Einschätzung der OECD zur Vergütung
von Einkaufsfunktionen
In den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien werden grundsätzlich die Preisvergleichs-, die Kostenaufschlags- und die transaktionsbezogene Gewinnaufteilungsmethode als mögliche Verrechnungspreismethoden genannt.90 In einem
aktuellen Diskussionspapier wird jedoch die Meinung vertreten, dass konzerninterne Einkaufsfunktionen grundsätzlich als Dienstleistungen zu qualifizieren
sind, die auf Basis der Kostenaufschlagsmethode vergütet werden sollten.91 Die
Höhe der kostenaufschlagsbasierten Vergütung sollte sich dabei – sofern
möglich – an der Vergütung eines fremden dritten Einkaufsdienstleisters
90
91
Vgl. OECD-Verrechnungspreisrichtlinien vom 22.07.2010, Tz. 9.154–9.160.
Vgl. OECD: „Revised Discussion Draft on Transfer Pricing Aspects of Intangibles“,
30.07.2013, Tz. 23. Redaktioneller Hinweis: Die am 16.09.2014 veröffentlichte
überarbeitete Fassung des Diskussionspapiers vom 30.07.2013 enthält in Tz. 1.109
eine leicht abgewandelte Fassung des Beispiels zur Einkaufsgesellschaft. In der
überarbeiteten Fassung wird ergänzt, dass eine Vergütung der konzerninternen
Einkaufsfunktion auf Basis der Kostenaufschlagsmethode dann zu einem
fremdüblichen Preis führt, wenn die Funktions- und Vergleichbarkeitsanalyse darauf
hinweist, dass bei vergleichbaren Einkaufskoordinationsdienstleistungen zwischen
fremden Dritten ebenfalls eine kostenbasierte Servicegebühr angewendet wird.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 89
Internationale Entwicklungen in der OECD und EU
orientieren, der die Einkaufsaktivitäten (z. B. Verhandlung mit Lieferanten,
Einholung von Angeboten, Koordination der Bestellungen und Lieferungen,
Zahlungsabwicklung) für vergleichbare Einkaufsvolumina koordiniert hat.
Demgegenüber scheinen insbesondere Vergütungen auf Basis einer durch einen
Profit Split ermittelten Handelsmarge oder einer Einkaufskommission in
den Hintergrund zu treten. In Fällen, in denen der Einkaufsbereich branchenbedingt oder aufgrund eines hohen Spezialisierungsgrads einen erheblichen
Werttreiber innerhalb des Konzerns darstellt, dürfte allerdings eine über eine
reine Routinevergütung hinausgehende Entschädigung zentraler Einkaufsfunktionen sachgerechter sein.
Fazit
In der Praxis finden sich vielfältige Vergütungsformen für konzerninterne
Einkaufsfunktionen. Auf Basis eines aktuellen OECD-Diskussionspapiers
scheint der Verrechnung von Einkaufsdienstleistungen mittels Anwendung der
Kostenaufschlagsmethode eine gewisse Präferenz eingeräumt zu werden.
Allerdings enthält die überarbeitete Fassung größere Einschränkungen dahin
gehend, dass die Bestimmung der besten Verrechnungspreismethode nach wie
vor die besonderen Gegebenheiten des Einzelfalls berücksichtigen sollte und
somit andere Methoden nicht grundsätzlich ausgeschlossen sind.
1.2 OECD-Bericht: Verrechnungspreisvergleichsdaten
und Entwicklungsländer
Von Marie-Melanie Bentzien
Am 11. März 2014 hat die OECD Vorschläge für die Bestimmung
von Vergleichsdaten in Entwicklungsländern zur Kommentierung
veröffentlicht („Transfer Pricing Comparability Data and
Developing Countries“92). Anlass war die mangelnde Vergleichbarkeit von in Entwicklungsländern vorhandenen Finanzdaten
und somit die schwierige Feststellung der Fremdüblichkeit von
Verrechnungspreisen. Beim G8-Treffen wurde die OECD um Hilfe
gebeten, um die Qualität und die Verfügbarkeit der Vergleichsdaten in Entwicklungsländern zu verbessern.
92
Vgl. www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/transfer-pricing-comparability-data-developingcountries.pdf.
90 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Entwicklungen in der OECD und EU
Hintergrund
Die von der OECD entwickelten Vorschläge sollen zu einer Verbesserung
der Bestimmung der Verrechnungspreise vor dem Hintergrund folgender
Problemstellungen führen:
● Intransparente Transaktionsdaten: OECD und Nicht-OECD-Länder
(Entwicklungsländer) stehen vor der Herausforderung, vergleichbare
Daten auf Transaktionsbasis zu finden.
● Eingeschränkte Datenbasis von Datenbanken: Betriebsprüfer nutzen Datenbanken, um die Finanzdaten von Vergleichsunternehmen zu identifizieren.
Jedoch bieten solche Datenbanken häufig nur eingeschränkte oder gar keine
Informationen über Unternehmen, die in Entwicklungsländern tätig sind, da
solche Finanzdaten nicht veröffentlicht werden.
● Eingeschränkte Vergleichbarkeit von Unternehmen: Die Wirtschaft
in Entwicklungsländern wird durch eine vergleichsweise hohe Anzahl
von sogenannten first movers, das heißt neuen Marktteilnehmern,
charakterisiert. Solche Unternehmen sind jedoch aufgrund ihrer Struktur
nur in einem eingeschränkten Maße mit anderen Unternehmen ihrer
Branche vergleichbar.
Inhalt des Berichts
Das von der OECD vorgeschlagene Papier stellt vier Hauptmethoden inklusive
möglicher Ergebnisse und Zuständigkeiten zur Diskussion, um die Fremdüblichkeit der Verrechnungspreise in den Entwicklungsländern zu bestimmen.
Diese werden im Folgenden näher erörtert.
1. Erweiterung des Zugriffs auf Datenquellen für Vergleichsunternehmen:
– Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen OECD und Datenbankanbietern mit dem Ziel, weitere unabhängige Unternehmen (insbesondere
aus Entwicklungsländern) samt ihren wichtigsten Finanzkennzahlen in
die Datenbanken aufzunehmen; außerdem soll die Anzahl der erfassten
Länder vergrößert und Entwicklungsländern ein kostengünstigerer
Datenbankzugriff ermöglicht werden;
– verstärkte Zusammenarbeit der OECD mit lokalen und internationalen
Organisationen wie beispielsweise dem African Tax Administration
Forum (ATAF) oder der Weltbank, um die Verfügbarkeit und den Zugriff
auf lokale oder regionale Finanzdaten für Verrechnungspreiszwecke zu
vereinfachen. Die Finanzverwaltungen in den Entwicklungsländern
nutzen verstärkt Finanzdaten vergleichbarer Transaktionen von anderen
Unternehmen, die sie im Rahmen früherer Betriebsprüfungen gesammelt
haben. Es handelt sich hierbei jedoch um interne Daten, die nicht
veröffentlicht sind und somit den Steuerpflichtigen bei der Bestimmung
von Verrechnungspreisen nicht vorliegen. Entweder soll der Zugriff auf
Transfer Pricing Perspective Deutschland 91
Internationale Entwicklungen in der OECD und EU
solche internen Finanzdaten künftig auch den Steuerpflichtigen gewährt
werden oder diese dürfen nicht herangezogen werden.
2. Effiziente Verwendung von Daten für Vergleichsunternehmen:
– Erstellung von Richtlinien bzw. direkte Unterstützung durch die OECD
in Bezug auf die optimale Nutzung von Informationen aus den Datenbanken; es sollen Richtlinien erstellt werden, die beispielhafte Vorgehensweisen darüber beinhalten, welche Anpassungen der Finanzdaten bei
welcher Art von Vergleichsanalysen vorzunehmen sind;
– Erfahrungsaustausch zwischen den Entwicklungsländern und der OECD
insbesondere bei der Auswahl von Vergleichsunternehmen, Darstellung
der Transaktionen aus der Perspektive des ausländischen Transaktionspartners sowie Durchführung von Benchmarkingstudien.
3. Entwicklung von Alternativen, um Vergleichspreise zu identifizieren, ohne
sich dabei auf direkte Vergleichsdaten zu berufen:
– Erstellung von Richtlinien und Tools als unterstützende Maßnahmen,
damit die Analysen wie die Wertschöpfungskettenanalyse oder andere
ökonomische Analysen und die Anwendung von Methoden wie der lowvalue adding intra-group services method (sog. sixth method93)
vereinheitlicht und dokumentierbar werden;
– die OECD verweist auch auf die veröffentlichte Neufassung des Abschnitts
E zu den Safe-Harbour-Regelungen.94 Die zwischenstaatlich vereinbarten
Safe-Harbour-Regelungen können dazu führen, dass vielfach gar keine
Vergleichsdaten bei bestimmten Transaktionen mehr gesucht werden
müssen, da die Finanzverwaltung Industriedurchschnitte und Praxiserfahrungswerte bei der Bestimmung der Safe-Harbour-Regelungen
berücksichtigt.
93
94
Diese Methode verpflichtet zur Anwendung von öffentlich verfügbaren Daten für
bestimme Massenwaren in einigen Ländern in Lateinamerika sowie Afrika. Für weitere
Informationen zur sog. sechsten Methode vgl. PwC PKN Alert vom 29.01.2013
zu „Sixth method raises transfer pricing concerns in developing countries“,
abzurufen unter www.pwc.com/en_GX/gx/tax/newsletters/pricing-knowledgenetwork/assets/pwc-global-sixth-method-developing-countries.pdf.
Siehe hierzu Renz/Ruhmer: „OECD verabschiedet Neufassung der Safe-HarbourRegelungen“, Transfer Pricing Perspective Deutschland, Ausgabe 19, August 2013.
Die Neufassung des Abschnitts E kann auf der Webseite der OECD unter folgendem
Link abgerufen werden: www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/Revised-Section-E-SafeHarbours-TP-Guidelines.pdf.
92 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Entwicklungen in der OECD und EU
4. Verwendung von Advance Pricing Agreements (APAs) und
Verständigungsverfahren:
– Durchsicht der in den Entwicklungsländern herrschenden Regularien
bezüglich der Anwendung von APAs und deren Vor- und Nachteile;
– Unterstützung bei der Vereinbarung von Verständigungsverfahren.
Fazit und Ausblick
Mit dem veröffentlichten Papier Transfer Pricing Comparability Data and
Developing Countries hat die OECD der Bitte der G8-Staaten entsprochen
und Vorschläge für die Bestimmung von fremdüblichen Verrechnungspreisen
in Entwicklungsländern gemacht. Diese Richtlinie gibt Hinweise, welche
Maßnahmen ergriffen werden sollen, um eine verbesserte Erhebung und Darstellung von Daten in Entwicklungsländern zu erreichen. Wie dies umzusetzen
und zu priorisieren ist, bleibt jedoch dem jeweiligen Land überlassen.
Kommentare zum Bericht waren bis zum 11. April 2014 einzureichen.95
2 EU
2.1 Verrechnungspreisfestsetzung mit kompensierenden
Anpassungen – aktuelle Stellungnahme des EU Joint
Transfer Pricing Forum
Von Holger Lorenzen und Dr. Thomas Bittner
Verrechnungspreissysteme auf der Basis von nachträglichen
Jahresendanpassungen („true up“) erfreuen sich in der Praxis
großer Beliebtheit. Allerdings werden diese Systeme von einzelnen
nationalen Finanzverwaltungen noch nicht in gleichem Maße
akzeptiert. Das EU Joint Transfer Pricing Forum (EU JTPF) hat im
Januar 2014 hierzu einen Bericht veröffentlicht, welcher einen
Minimalkonsens der Mitgliedsstaaten darstellt. Der folgende
Beitrag gibt eine kurze Einführung in die Thematik und fasst
95
Redaktioneller Hinweis: Nachdem der Bericht im Rahmen des „Global Forum on
Transfer Pricing“ vom 26. bis 28.03.2014 vorgestellt und diskutiert worden war,
gingen bis zum 11.04.2014 Kommentare und Stellungnahmen von 23 internationalen
Organisationen, Beratungsgesellschaften und Unternehmen ein. Die eingegangenen
Beiträge wurden am 28.10.2014 auf der Homepage der OECD veröffentlicht und
können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.oecd.org/ctp/transferpricing/public-comments-received-tp-comparability-data-and-developingcountries.htm.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 93
Internationale Entwicklungen in der OECD und EU
praxisrelevante Ergebnisse des Arbeitspapiers des EU JTPF
zusammen.
Einführung
Unter einer kompensierenden Anpassung (compensating adjustment)
verstehen OECD und EU JTPF eine Anpassung des vom Steuerpflichtigen
zunächst tatsächlich berechneten Verrechnungspreises an einen vom Steuerpflichtigen später als fremdüblich angesehenen Verrechnungspreis, wobei
diese Anpassung vor Abgabe der Steuererklärung erfolgt. Berichtigungen,
die nach Abgabe der Steuererklärung erfolgen, sind nicht Gegenstand des
EU JTPF-Berichts.
In der Praxis erfolgen nachträgliche Preisanpassungen häufig im Rahmen von
Verrechnungspreissystemen, die die Gewinnmargen von Routineunternehmen
auf Basis einer fremdüblichen Bandbreite steuern. Insofern dient allein das
Ergebnis einer Transaktion als Maßstab für die Fremdüblichkeit. Die Preissetzung zum Transaktionszeitpunkt ist in diesem sogenannten Outcome Testing
Approach bzw. Ex-post-Ansatz von eher untergeordneter Bedeutung.96
Dieser Ansatz stößt auf Widerstand insbesondere bei der deutschen Finanzverwaltung,97 welche eine Verrechnungspreisermittlung anhand von Plandaten
präferiert und insofern dem Price Setting Approach bzw. Ex-ante-Ansatz folgt.
Bei diesem Ansatz wird der Verrechnungspreis allein anhand der Daten
bestimmt, die zum Transaktionszeitpunkt zur Verfügung stehen.
Obwohl nach den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien generell sowohl der
Ex-post- als auch der Ex-ante-Ansatz zulässig sind,98 besteht ein Doppelbesteuerungsrisiko, wenn nationale Finanzverwaltungen unterschiedliche
Ansätze anwenden. Dabei gibt es nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung die wenigsten Probleme, wenn beide betroffenen Staaten der
Ex-ante-Methode folgen.
96
97
98
Vgl. Lorenzen: „Verrechnungspreisbestimmung ,ex-ante‘ und ,ex-post‘ – Aktuelle
Stellungnahme der OECD“, Transfer Pricing Perspective Deutschland, Ausgabe 16,
November 2012.
Vgl. Rasch: „Möglichkeiten und Grenzen für ,year end adjustments‘ in Verrechnungspreissystemen“, in: ISR 12/2013, S. 431–439.
Vgl. OECD-Verrechnungspreisrichtlinien 2010, Tz. 3.69 ff.
94 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Entwicklungen in der OECD und EU
Sind die beiden Staaten dagegen Anhänger der Ex-post-Methode, kann es
trotz dieser Deckungsgleichheit im methodischen Ansatz durchaus zu Doppelbesteuerungen kommen, da zwischen den Staaten unterschiedliche Ansichten
bestehen können hinsichtlich
● des Zeitpunkts, zu dem die Anpassung vorgenommen werden soll
(Jahresende, Schließen der Bücher, Abgabe der Steuererklärung),
● der Daten, die für die Berechnung der Anpassung zugrunde zu legen sind,
● der Frage, ob eine Anpassung nur zulasten oder auch zugunsten des
Steuerpflichtigen erfolgen kann,
● der Frage, auf welchen Preispunkt die Anpassung zu beziehen ist (z. B.
Median, nächstes Quartil etc.).
Zur praktischen Lösung der unterschiedlichen Ansätze hatte die OECD einen
Entwurf zur Überarbeitung der Tz. 3.69 ff. der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien veröffentlicht und um Kommentare gebeten.99 In der anschließenden
Diskussion ließen sich jedoch die fundamentalen Meinungsverschiedenheiten
der nationalen Finanzverwaltungen nicht überbrücken, sodass dem Vernehmen
nach die diesbezüglichen Bemühungen der OECD inzwischen eingestellt
wurden.
Dem EU JTPF ist es jetzt gelungen, eine gemeinsame Stellungnahme und
damit einen Minimalkonsens der EU-Mitgliedsstaaten zu erarbeiten.100
Praxisrelevante Ergebnisse des Arbeitspapiers
Der EU JTPF-Bericht formuliert die folgenden fünf kumulativen Bedingungen,
unter denen kompensierende Anpassungen grundsätzlich von den Mitgliedsstaaten zu akzeptieren sind:
1. Der zunächst tatsächlich berechnete Preis darf nicht nur eine allgemeine
Vorauszahlung sein. Das ernsthafte Bemühen des Steuerpflichtigen, zum
Transaktionszeitpunkt dem Fremdvergleichsprinzip zu entsprechen, ist
grundsätzlich zu dokumentieren. Die ursprüngliche Preisfestsetzung
entspricht somit weitgehend dem Ex-post-Prinzip, auch wenn spätere
Anpassungen möglich sind.
2. Die Anpassungen müssen deckungsgleich in beiden Mitgliedsstaaten
erfolgen.
99
100
Vgl. Wilmanns/Lorenzen/Heravi: „Follow-up: Verrechnungspreisbestimmung anhand von ,ex ante approach‘ und ,ex post approach‘ – Kommentare zum aktuellen
,OECD Draft on Timing Issues‘“, Transfer Pricing Perspective Deutschland, Ausgabe 18, Mai 2013.
Das Arbeitspapier ist auf der Homepage des EU JTPF abrufbar unter
http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/company_tax/transfer_pricing/forum/
index_en.htm.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 95
Internationale Entwicklungen in der OECD und EU
3. Der gewählte Ansatz ist konsistent im Zeitablauf beizubehalten, das heißt,
ein beliebiger Wechsel zwischen Ex-ante- und Ex-post-Ansatz ist nicht
statthaft.
4. Die Anpassungen müssen vor Abgabe der Steuererklärung erfolgen.
5. Im Fall einer Anpassung muss der Steuerpflichtige die Gründe darlegen
können, warum seine ursprünglichen Budgets bzw. Planrechnungen nicht
den tatsächlich erreichten Ergebnissen entsprechen. Diese Begründung ist
allerdings nur erforderlich, sofern die Gesetze eines der beteiligten Mitgliedsstaaten dies verlangen. Hier ist davon auszugehen, dass deutsche
Steuerpflichtige diesen Nachweis grundsätzlich zu erbringen haben.
Sofern der ursprüngliche Preis außerhalb der fremdüblichen Bandbreite liegt,
sollte laut EU JTPF-Bericht die kompensierende Anpassung auf den am besten
geeigneten Punkt innerhalb der Bandbreite erfolgen. Dabei sollen Anpassungen
in beide Richtungen akzeptiert werden.
Fazit
Die EU JTPF-Stellungnahme stellt eine Vereinbarung zwischen den EU-Mitgliedsstaaten dar, auf die sich der Steuerpflichtige bei der Planung seines
Verrechnungspreissystems berufen kann, auch wenn keine Rechtssicherheit
gegeben ist.
Angesichts der Beendigung der entsprechenden OECD-Bemühungen ist der
EU JTPF-Bericht grundsätzlich zu begrüßen und bedeutet tendenziell eine
Verbesserung im praktischen Dialog mit der deutschen Betriebsprüfung bei
der Implementierung von entsprechenden Verrechnungspreissystemen. Die
positive Nachricht ist, dass Jahresendanpassungen – unter bestimmten
Voraussetzungen – grundsätzlich anerkannt werden.
Es empfiehlt sich, bestehende Verrechnungspreissysteme mit Jahresendanpassungen kritisch im Hinblick auf die EU JTPF-Stellungnahme zu
überprüfen. Wichtige Punkte sind insbesondere:
● Die unterjährigen Zahlungen müssen eine solide Grundlage auf Basis des
Fremdvergleichs haben, und dies ist entsprechend zu dokumentieren.
● Jahresendanpassungen sind im Einzelfall zu begründen. Als praktischer
Ratschlag bleibt festzuhalten, dass eine Jahresendanpassung möglichst
niedrig ausfallen sollte. Hierzu bietet sich oftmals an, das Ergebnis mit
unterjährigen zukunftsbezogenen Anpassungen zu steuern.
● Einige Verrechnungspreissysteme sehen vor, dass eine Jahresendanpassung
nur erfolgt, wenn eine bestimmte fremdvergleichsübliche – oftmals mit
Benchmarks unterlegte – Bandbreite über- bzw. unterschritten wird. Die
Jahresendanpassung bringt das Ergebnis dann an den Rand oder an einen
Punkt innerhalb der Bandbreite (z. B. Median). Hier ist vom Steuer-
96 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Entwicklungen in der OECD und EU
pflichtigen zu überprüfen und zu begründen, dass die Anpassung dann auf
den tatsächlich „am besten geeigneten Punkt“ erfolgt. Die deutsche Finanzverwaltung bevorzugt in diesen Fällen oftmals den Median.101
2.2 EU-Kommission leitet mehrere Beihilfeverfahren
wegen Verrechnungspreisvereinbarungen ein
Von Daniela Kiel-Hammer und Florian Weidlich
In der jüngeren Vergangenheit hat die EU-Kommission mehrfach Prüfverfahren aufgrund des Verdachts ungerechtfertigter
staatlicher Beihilfen im Zusammenhang mit Verrechnungspreisvereinbarungen eingeleitet. Bereits im Juni 2014 gab die EUKommission bekannt, dass sie in drei Fällen die Steuervorentscheidungspraxis der Finanzverwaltungen in Irland (Apple),
den Niederlanden (Starbucks) und in Luxemburg (Fiat Finance and
Trade) prüft.102 Am 7. Oktober 2014 informierte die Kommission
über eine weitere Untersuchung hinsichtlich einer im Jahr 2003
von Luxemburg erlassenen Verrechnungspreisvereinbarung für
das Unternehmen Amazon.103
Hintergrund der EU-Beihilfeverfahren
Zu den Aufgaben der EU-Kommission gehört die Gewährleistung gleicher
Wettbewerbsbedingungen in allen EU-Mitgliedsstaaten, auch in Bezug auf
Steuerpraktiken und die Akzeptanz fremdvergleichskonformer Verrechnungspreise. Um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, prüft die
Kommission, ob bestimmte Steuerpraktiken der Mitgliedsstaaten eine
aggressive Steuerplanung von internationalen Unternehmen unterstützen und
diese mit den EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen vereinbar sind. Unter
„aggressiver Steuerplanung“ versteht die EU-Kommission das gezielte Ausnutzen von Besonderheiten in den Steuersystemen einzelner Länder durch
internationale Konzerne zur Verminderung der Steuerlast bzw. eine Vorzugsbehandlung von Gesellschaften internationaler Konzerne durch lokale Finanzverwaltungen. Konkret liegt eine verbotene Beihilfe vor, wenn seitens der
Finanzverwaltung eines EU-Mitgliedsstaats Steuervorentscheide erlassen
101
102
103
Vgl. § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG.
Vgl. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 11.06.2014,
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-663_de.htm.
Vgl. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 07.10.2014,
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-1105_de.htm.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 97
Internationale Entwicklungen in der OECD und EU
werden, die ein bestimmtes Unternehmen selektiv bevorzugen, beispielsweise
indem nicht fremdvergleichskonforme Verrechnungspreise akzeptiert werden.
Beihilfeverfahren gegen Irland, die Niederlande und Luxemburg
Bei den Prüfverfahren gegen Irland, die Niederlande und Luxemburg stehen
Auskünfte der Finanzverwaltungen (sog. Rulings; in Deutschland „verbindliche
Auskünfte“) zu Verrechnungspreisfragen im Mittelpunkt der Ermittlungen.
Es besteht der grundsätzliche Verdacht, dass bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage bei den zuvor genannten Unternehmen nicht fremdvergleichskonforme Verrechnungspreise seitens der Finanzverwaltungen
akzeptiert wurden; infolgedessen konnten die Unternehmen ihre Steuerlast
senken. Die EU-Kommission prüft nun, ob diese selektive Bevorzugung
der genannten Unternehmen eine missbräuchliche bzw. ungerechtfertigte
staatliche Beihilfe darstellt. Die allgemeinen Steuervorschriften der involvierten
EU-Mitgliedsstaaten sind dabei nicht Gegenstand des Beihilfeverfahrens.
Erneutes Beihilfeverfahren gegen Luxemburg
Das zweite gegen Luxemburg eingeleitete Beihilfeverfahren betrifft die Amazon
EU S.a.r.l. mit ihrem Sitz in Luxemburg, die eine steuerlich absetzbare Lizenzabgabe an eine ebenfalls in Luxemburg ansässige geschlossene Kommanditgesellschaft zahlt, die allerdings nicht der lokalen Körperschaftsteuer unterliegt.
Im Ergebnis führt dies dazu, dass der größte Teil der europäischen Gewinne
Amazons in Luxemburg gebucht, dort aber nicht besteuert wird. Diese Steuerpraxis wurde im Jahr 2003 seitens der luxemburgischen Finanzverwaltung in
einer nach dem lokalen Recht möglichen „Steuervorentscheidung“ bestätigt.
Nach Ansicht der EU-Kommission scheint die Lizenzabgabe in ihrer Höhe
nicht fremdüblich zu sein und verschafft Amazon infolgedessen einen wirtschaftlichen Vorteil in Form einer niedrigeren Besteuerung als bei der Berücksichtigung marktüblicher Bedingungen. In diesem Fall wäre grundsätzlich eine
verbotene staatliche Beihilfe gegeben.
Ablauf der Beihilfeverfahren und Ausblick
Im Zuge der Beihilfeverfahren werden seitens der EU-Kommission
Informationen und Stellungnahmen von den involvierten EU-Mitgliedsstaaten angefordert; zudem wird interessierten Dritten Gelegenheit gegeben,
ebenfalls Stellung zu beziehen.
Sofern die EU-Kommission zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass in den vorliegenden Fällen eine ungerechtfertigte staatliche Beihilfe vorliegt, könnte diese
die drei Mitgliedsstaaten grundsätzlich dazu verpflichten, die als Beihilfe eingestuften Steuervorteile zuzüglich Zinsen von den begünstigten Unternehmen
zurückzufordern. Sofern eine solche Rückforderung von den Mitgliedsstaaten
nicht umgesetzt würde, könnte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungs-
98 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Entwicklungen in der OECD und EU
verfahren beim Europäischen Gerichtshof einleiten und die Verhängung eines
Zwangsgelds beantragen.
In diesem Zusammenhang ist jedoch anzumerken, dass die Mitgliedsstaaten
mangels entsprechender Harmonisierungsmaßnahmen auch weiterhin grundsätzlich die Hoheit über das Recht der direkten Steuern haben. Nach Auffassung der EU-Kommission dürfen sie dabei ihre allgemeinen Regeln im
Einzelfall aber nicht so auslegen, dass einzelne Unternehmen bzw. Konzerne
gegenüber anderen Steuerpflichtigen selektiv begünstigt werden. Die Frage,
wann bei steuerlichen Maßnahmen Selektivität vorliegt, erscheint komplex
und eine Abgrenzung im Einzelnen nicht unproblematisch.
Nach Klärung aller datenschutzrelevanten Fragen wurden die nicht
vertraulichen Fassungen der Beschlüsse zu den Verfahrensnummern
SA.38373104, SA.38374105 und SA.38375106 im Beihilfenregister der EU
veröffentlicht. Die Veröffentlichung der nicht vertraulichen Fassung des
Beschlusses zur Verfahrensnummer SA.38944 steht gegenwärtig noch aus.107
104
105
106
107
SA.38373: Text der Entscheidung im Fall Apple in Irland:
http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/253200/253200_1582634_87_2.pdf.
SA.38374: Text der Entscheidung im Fall Starbucks in den Niederlanden:
http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/253201/253201_1596706_60_2.pdf.
SA.38375: Text der Entscheidung im Fall Fiat Finance and Trade in Luxemburg:
http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/253203/253203_1590108_107_2.pdf.
Redaktioneller Hinweis: Am 16.01.2015 hat die EU-Kommission die nicht vertrauliche
Fassung ihrer Entscheidung vom 07.10.2014 über ein Prüfverfahren zur Besteuerung
des Internetkonzerns Amazon in Luxemburg im Beihilferegister veröffentlicht
(Verfahrensnummer SA.38944). Der nicht vertrauliche Text der Entscheidung
vom 07.10.2014 kann unter folgendem Link abgerufen werden:
http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/254685/254685_1614265_70_2.pdf.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 99
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
D Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
Die nachfolgenden Beiträge fassen die wichtigsten internationalen
Verrechnungspreisentwicklungen zusammen, soweit sie nicht an anderer
Stelle in diesem Buch diskutiert werden. Im Fokus stehen dabei vor allem
Neuerungen bei den Dokumentationsvorschriften und APA-Regimen sowie
sonstige Entwicklungen im Bereich Verrechnungspreise diverser Länder in
Europa, Amerika und Asien. Daneben werden Betriebsprüfungserfahrungen,
veröffentlichte verrechnungspreisrelevante Schreiben lokaler Finanzverwaltungen sowie aktuelle Rechtsprechungen in verschiedenen Ländern
dargestellt.
1 Europa
1.1 Belgien: Verrechnungspreise weiter im Fokus
Von Gert Wöllmann und Julian Franck
Seit Anfang 2013108 stehen in Belgien Verrechnungspreissachverhalte im Fokus von Betriebsprüfungen. Mit der Ausweitung
des Betriebsprüferteams, neuen Auswahlkriterien und einer
verstärkten Zusammenarbeit zwischen den Behörden wird auch
2014 mit einer weiteren Zunahme der Prüfungen gerechnet.
Die belgische Finanzverwaltung beabsichtigt im Lichte der zunehmenden
Globalisierung und der damit verbundenen grenzüberschreitenden Transaktionen und Restrukturierungen die Anzahl und den Umfang der Prüfungen
von Verrechnungspreissachverhalten zu erhöhen. Hierzu hat die Finanzverwaltung die Zahl der Verrechnungspreisprüfer auf derzeit 30 erhöht. Die
Prüfer sollen zudem ihre Informationen mit denen der Spezialisten für die
Aufdeckung von Steuerhinterziehung austauschen.
Die Auswahl der intensiver zu prüfenden Unternehmen erfolgt auf Basis einer
Risikoanalyse der Finanzverwaltung, wobei nach diesen Kriterien der Schwer-
108
Vgl. hierzu auch Wöllmann/Franck: „Belgien: stärkere Fokussierung der Finanzverwaltung auf die Prüfung von Verrechnungspreisen“, Transfer Pricing Perspective
Deutschland, Ausgabe 18, Mai 2013.
100 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
punkt auf Unternehmen mit sehr geringen Margen, stark schwankenden
Ergebnissen oder sehr hohen Verlustvorträgen liegt.
Solche Unternehmen sollten mit der eingehenden Überprüfung ihrer
Verrechnungspreismethoden rechnen. Ferner sollten sich diese frühzeitig
und proaktiv mit den eigenen angewandten Verrechnungspreismethoden
auseinandersetzen und diese auf mögliche Anfechtbarkeit, Schwachstellen
und Nachhaltigkeit überprüfen und dies entsprechend dokumentieren.
1.2 Dänemark: aktuelle Verrechnungspreisentwicklungen
Von Gert Wöllmann und Julian Franck
Am 31. März 2014 hat die dänische Finanzverwaltung ihren
Verrechnungspreisreport für 2013 veröffentlicht. Dieser bietet
einen Überblick über die Prüfungsschwerpunkte der Finanzverwaltung des vergangenen Jahres. Grundsätzlich sind in
Dänemark die Verrechnungspreise in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der Finanzverwaltung gerückt. Dieser
Trend dürfte anhalten.
2013 lag der Fokus der dänischen Finanzverwaltung auf Unternehmen, die
Verluste generiert haben, und solchen, die in Transaktionen mit immateriellen
Wirtschaftsgütern (auch: Intellectual Property – IP) involviert waren (z. B.
Transfer von Rechten oder Lizenzzahlungen für Marken und Patente). Insgesamt führten die Prüfungen bei 77 Unternehmen zu einer Erhöhung des
steuerlichen Einkommens in Höhe von insgesamt 17,4 Milliarden dänischen
Kronen (circa 2,3 Mrd. Euro). Allerdings war 2013 auch ein signifikanter
Anstieg der Anzahl von (Vorab-)Verständigungsverfahren zu verzeichnen.
Dänische Unternehmen mit Verlusten sollten deshalb die Gründe für
die Verlustsituation sowie Maßnahmen zur Reduzierung der Verluste
dokumentieren, da die dänische Finanzverwaltung die Hintergründe von
Verlusten im Detail analysiert. Ferner sollten IP-bezogene Transaktionen
laufend auf ihre Fremdüblichkeit überprüft und ihre Angemessenheit hinreichend dokumentiert werden. Hierzu sollten idealerweise auch vorliegende
IP-Bewertungen einbezogen und der dänischen Finanzverwaltung zur
Verfügung gestellt werden.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 101
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
1.3 Frankreich: Gesetzentwurf zur Behandlung von
Funktions- und Risikoverlagerungen
Von Gert Wöllmann und Julian Franck
Im September 2013 hat die französische Regierung einen
Gesetzentwurf zu grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
verabschiedet. Bei einer Verlagerung von Funktionen und/oder
Risiken und einer nachfolgenden Reduzierung der Ergebnisse der
französischen Gesellschaft hat diese auf Anfrage nachzuweisen,
dass sie eine angemessene Ausgleichszahlung erhalten hat.
Folglich wird das Thema Funktionsverlagerung wie bereits in
Deutschland nun auch in Frankreich gesetzlich geregelt und
zunehmend im Fokus stehen.
Französische Unternehmen fallen unter diese Regelung, soweit diese
(1) Funktionen/Risiken auf ein verbundenes Unternehmen übertragen und
(2) sich in den zwei nachfolgenden Wirtschaftsjahren das Ergebnis109 um mehr
als 20 Prozent gegenüber dem Durchschnitt der letzten drei Jahre vermindert.
Hierbei wird unabhängig vom verlagernden Unternehmensbereich auf das
Gesamtergebnis der Gesellschaft abgestellt (keine Segmentierung). Sollten
diese Kriterien erfüllt sein, wäre in diesem Fall der französische Steuerpflichtige
dazu verpflichtet, nachzuweisen, für die Verlagerung von Funktionen und
Risiken eine angemessene Ausgleichszahlung erhalten zu haben. Zur Überprüfung der Angemessenheit der Ausgleichszahlung müssten auf Anfrage der
französischen Finanzverwaltung sämtliche notwendige Finanzdaten zur
Kalkulation der Finanzergebnisse von allen an der Transaktion beteiligten
Unternehmen vor und nach der Umstrukturierung zur Verfügung gestellt
werden, also auch von dem ausländischen übernehmenden Unternehmen.
Insbesondere beim zweiseitigen Ansatz fällt eine Ähnlichkeit zur deutschen
Regelung zur Funktionsverlagerung auf.
Zwar wurde dieser Entwurf im Rahmen der Umsetzung des französischen
Finanzgesetzes 2014 nicht übernommen, jedoch ist weiterhin mit einer
Gesetzesänderung zu rechnen.110 Steuerpflichtige sollten dennoch mit einer
stärkeren Prüfung von Umstrukturierungen rechnen. Ferner kann der Gesetzentwurf als eine Orientierungshilfe für Steuerpflichtige bezüglich des Umgangs
109
110
Gemessen am excédent brut d’exploitation (EBE), einer Kennziffer ähnlich dem
EBITDA.
Redaktioneller Hinweis: Die Regelungen zum Umgang mit Funktionsverlagerungen
wurden aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken nicht umgesetzt.
102 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
mit Umstrukturierungen dienen, da er die Sichtweise der Finanzverwaltung
aufzeigt.
Wir empfehlen Steuerpflichtigen, bei zukünftigen Umstrukturierungen bereits
frühzeitig mit der Erstellung einer Dokumentation zu Verteidigungszwecken
in einer späteren Betriebsprüfung zu beginnen. Diese sollte insbesondere die
Gründe für die bevorstehende Umstrukturierung, die Finanzdaten (vor und
nach der Umstrukturierung) sowie Argumente zur Notwendigkeit und Angemessenheit der Ausgleichszahlung enthalten.
1.4 Frankreich: „Vereinfachte Verrechnungspreisauskunft“ –
jährliche Verrechnungspreisauskunftspflichten
Von Marion Leherpeur und Gerrit Halbach
Mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Steuerflucht und Finanzkriminalität vom 6. Dezember 2013 hat der französische
Gesetzgeber eine zusätzliche Auskunftspflicht in Form einer
„vereinfachten Verrechnungspreisauskunft“ eingeführt.
Regelung
Entsprechend der gesetzlichen Regelung sind bereits der bisherigen
Dokumentationspflicht unterliegende französische Unternehmen sowie
Betriebsstätten zusätzlich verpflichtet, innerhalb der auf die Abgabe der
Steuererklärung folgenden sechs Monate eine vereinfachte Verrechnungspreisauskunft jährlich abzugeben. Dies gilt für Steuerpflichtige, die ihre
Steuererklärungen nach Inkrafttreten des Gesetzes einreichen, wobei für
das erste Jahr der Anwendung (d. h. für Steuerjahre mit Abschluss bis zum
31. Dezember 2013) die Abgabe bis zum 20. November 2014 erfolgen kann.
Spezifische Sanktionen bei Nichterfüllung oder verspäteter Einreichung sieht
das Gesetz derzeit jedoch nicht vor.
Inhalt
Die französischen Steuerbehörden haben für die vereinfachte Verrechnungspreisauskunft ein separates Formular (N° 2257) entwickelt. Anhand dieses
Formulars sind insbesondere folgende Informationen offenzulegen:
● allgemeine Informationen über die Gruppe einschließlich (1) Beschreibung
der Geschäftstätigkeit der Gruppe, (2) Herkunft und Art der von dem
französischen Unternehmen wesentlichen eingesetzten immateriellen
Wirtschaftsgüter, (3) allgemeiner Beschreibung der angewandten
Verrechnungspreisrichtlinien
Transfer Pricing Perspective Deutschland 103
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
● spezifische Informationen über das französische Unternehmen einschließlich
(1) Beschreibung der lokalen Aktivitäten, (2) Liste der konzerninternen
Transaktionen, wenn das aggregierte Volumen pro Transaktionsgruppe
100.000 Euro überschreitet, (3) Angabe der angewandten Verrechnungspreismethode und (4) potenzieller Änderungen innerhalb des Geschäftsjahrs
Diese Informationen sind größtenteils aus einer bestehenden Verrechnungspreisdokumentation ableitbar. Jedoch ist zu beachten, dass die Vorlage einer
„vollständigen“ Verrechnungspreisdokumentation auf Anfrage am ersten Tag
einer Betriebsprüfung von der vereinfachten Verrechnungspreisauskunft unberührt bleibt.
Fazit
In der Praxis sollte die zusätzliche Meldepflicht für den Fall, dass es schon
eine „normale“ Verrechnungspreisdokumentation gibt, abgesehen von dem
zeitlichen Vorziehen keinen erheblichen Mehraufwand für den Steuerpflichtigen generieren, da die inhaltlichen Anforderungen (mit unterschiedlichem Detaillierungsgrad) identisch sind und das Formular
bearbeitungsfreundlich in Tabellenform strukturiert ist. Der Steuerpflichtige
hat jedoch frühzeitig eine vollständige Darstellung seiner verrechnungspreisrelevanten Sachverhalte (einschließlich deren Änderungen) sicherzustellen. Die
Nichterfüllung dieser Pflicht könnte die Durchführung einer Betriebsprüfung
auslösen, in deren Rahmen die Vorlage einer „vollständigen“ Verrechnungspreisdokumentation verlangt werden könnte. Frankreich folgt damit dem
internationalen Trend, bereits mit Abgabe der Steuererklärungen Auskünfte
zu Verrechnungspreisen einzuholen, und somit auch den Empfehlungen der
OECD in ihrem jüngst veröffentlichten Papier zum Thema Dokumentation.111
1.5 Luxemburg: zunehmender Fokus auf
Verrechnungspreise
Von Gert Wöllmann und Julian Franck
In den letzten drei Jahren hat das Thema Verrechnungspreise an
Bedeutung gewonnen. Aufgrund des bedeutenden Finanzsektors
konzentriert sich die luxemburgische Finanzverwaltung derzeit
insbesondere auf Finanztransaktionen. Die neue Regierung
111
Vgl. OECD (2014): „Guidance on Transfer Pricing Documentation and Country-byCountry Reporting“, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD
Publishing; http://dx.doi.org/10.1787/9789264219236-en.
104 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
beabsichtigt zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit die Einführung internationaler Standards zur Besteuerung und
Transparenz sowie zusätzlicher Verrechnungspreisregelungen
in den kommenden Jahren.
In Luxemburg wurden 2011 erste Verrechnungspreisregelungen eingeführt. Seither steigt die Relevanz dieses Themas stetig. So verlangt die luxemburgische
Finanzverwaltung mittlerweile zunehmend die Vorlage von Verrechnungspreisdokumentationen und überprüft detailliert Finanztransaktionen auf die Angemessenheit der gezahlten/erhaltenen Zinszahlungen. Kürzlich erging auch
ein Finanzgerichtsurteil zur angezweifelten Angemessenheit von Zinszahlungen
an ein französisches verbundenes Unternehmen.
Daher sollten multinationale Konzerne insbesondere mit luxemburgischen
Finanzierungsgesellschaften sicherstellen, dass ihre Verrechnungspreise dem
Fremdvergleichsgrundsatz folgen, geeignet dokumentiert werden und die
Angemessenheit durch eine ökonomische Analyse belegt werden kann.
1.6 Niederlande: neuer Erlass zum
Fremdvergleichsgrundsatz
Von Susann van der Ham, Guido Schepers und Dr. Andreas Kammer
In den Niederlanden trat am 14. November 2013 ein neuer Erlass
zum Fremdvergleichsgrundsatz in Kraft. Der Fremdvergleichsgrundsatz ist seit 2002 in Art. 8b des niederländischen
Körperschaftsteuergesetzes verankert. Die niederländische Gesetzgebung orientiert sich an der Entwicklung der OECD-Praxis und
berücksichtigt Besonderheiten des niederländischen Wirtschaftsstandorts. Der gegenwärtige Erlass ersetzt die Erlasse vom
30. März 2001 (IFZ 2001/295) und 21. August 2004 (IFZ 2004/
680M) und konkretisiert die niederländische Auslegung und Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach dem OECD-Modell.
Die wichtigsten Änderungen gegenüber den ersetzten Erlassen betreffen die
folgenden Punkte:
● spezielle Regelungen für unternehmensinterne Kreditvergaben, Bürgschaften, konzerninterne Versicherungsleistungen und immaterielle
Wirtschaftsgüter;
● weitere Klarstellungen des Erlasses zur Behandlung von Gesellschafteraktivitäten und „gemischten Aktivitäten“: Kosten der Unternehmensführung
können in diesem Zusammenhang unter Umständen als „gemischte
Transfer Pricing Perspective Deutschland 105
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
Aktivitäten“ behandelt werden; gemischte Aktivitäten sind Tätigkeiten einer
Abteilung oder einer anderweitigen Gruppe von Personen innerhalb des
Unternehmens, die teilweise als unternehmensinterne Dienstleistungen und
teilweise als Gesellschafteraktivitäten zu qualifizieren sind;
● eine ausführliche Beschreibung zur Anwendung des
Fremdvergleichsgrundsatzes;
● Anpassungen aufgrund von Gesetzesänderungen, relevanten Präzedenzfällen
und den jüngsten Entwicklungen auf OECD-Ebene, insbesondere der
aktualisierten Verrechnungspreisrichtlinien aus dem Jahr 2010;
● knappe Erläuterung zur Anwendung der verschiedenen Verrechnungspreismethoden, wie sie in den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien
dargestellt sind.
1.7 Niederlande: Finanzministerium veröffentlicht neue
Erlasse zu Finanzdienstleistern
Von Eefje Lemmens
Im Dezember 2013 und Juni 2014 wurden vom niederländischen
Finanzministerium verschiedene neue Erlasse veröffentlicht,
die auf die vermeintlich unsachgemäße Verwendung der niederländischen Steuerabkommen und Steuergesetze durch Finanzdienstleistungsunternehmen („financial service companies“ –
FSCs) abzielen. Die niederländische Regierung versucht dadurch
zu zeigen, dass sie Maßnahmen zur Bekämpfung unerwünschter
internationaler Steuergestaltung multinationaler Unternehmen
vorantreibt. Mit der Veröffentlichung der neuen Erlasse unterstreicht die niederländische Regierung ihre bestehende Linie
gegenüber FSCs und demonstriert zugleich ihr Bestreben, die
angemessene Anwendung der Gesetzgebung zu überwachen. Auch
wenn sich die Substanzanforderungen für FSCs nicht wesentlich
geändert haben, handelt es sich hierbei um ein klares Signal der
niederländischen Steuerbehörde, dass sie die korrekte Einhaltung
dieser Anforderungen verstärkt prüfen wird.
Die Erlasse klassifizieren ein FSC als eine in den Niederlanden ansässige
körperschaftsteuerpflichtige Gesellschaft auf Basis ihrer Geschäftstätigkeit,
ungeachtet ihrer Eigentümerstruktur oder ihrer Rechtsform. Die Geschäftstätigkeit muss hauptsächlich aus dem Erhalt bzw. der Zahlung von Zinsen,
Lizenzgebühren, Pacht und/oder Leasingkosten durch bzw. an verbundene
ausländische Gesellschaften bestehen. Die in den Erlassen darüber hinaus
enthaltenen Substanzanforderungen beziehen sich auf Themen wie den nieder-
106 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
ländischen Wohnsitz von Vorstandsmitgliedern oder in den Niederlanden
stattfindende Vorstandssitzungen. Zudem ist zu prüfen, ob FSCs bezüglich
Finanzierungs-, Lizenzierungs-, Leasing- und Mietaktivitäten, die im niederländischen Steuerrecht näher bestimmt werden, substanzielle Risiken eingehen
und ob FSCs unter Berücksichtigung ihrer Funktionen und Risiken eine ausreichende Eigenkapitalquote aufweisen.
FSCs sind im Rahmen ihrer Körperschaftsteuererklärung dazu verpflichtet,
durch eine Bestätigung („tick the box“) kenntlich zu machen, dass sie die
Substanzanforderungen erfüllen. Erfüllt eine FSC die Anforderungen nicht
oder nicht mehr, wird sie dazu aufgefordert, zusätzliche Informationen bereitzustellen. Zuwiderhandlungen oder Fristverstöße bei der Informationsbereitstellung in der Körperschaftsteuererklärung können Strafzahlungen
von bis zu 19.500 Euro nach sich ziehen.
Bei Steuererklärungen ab dem Jahr 2014 werden die Niederlande bei FSCs,
die die Substanzanforderungen nicht erfüllen und eine Befreiung von Doppelbesteuerung im Rahmen einer Übereinkunft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Ausland beantragt haben, automatisch der betreffenden
ausländischen Steuerbehörde Informationen zur Verfügung stellen. Darüber
hinaus wird in diesem Fall kein Advance Pricing Agreement/Advance Tax
Ruling (APA/ATR) gewährt. Wurde ein APA nach dem 13. Juni 2014 erteilt,
wird die niederländische Steuerbehörde bei FSCs, die die Mindestsubstanzanforderungen nur geringfügig überschreiten und deren Unternehmensgruppe
nicht plant, ihre operationalen Geschäftstätigkeiten in den Niederlanden
in naher Zukunft auszubauen, Informationen mit ausländischen Staaten
automatisch austauschen.
Im Vergleich zu den bislang gültigen Erlassen aus dem Jahr 2004 wurden
durch die neuen Erlasse keine grundlegenden Änderungen der Substanzanforderungen für FSCs beschlossen. Daher kann man davon ausgehen, dass
es zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung der Attraktivität des Standorts
Niederlande für Investoren kommen wird. Vielmehr sichern die neuen Erlasse
die bestehenden Vorzüge der Niederlande als Standort für FSCs. In Anbetracht
des erneuten Fokus der Erlasse auf Substanzanforderungen empfehlen wir
dennoch zu prüfen, ob eine FSC die Anforderungen erfüllt, und, falls notwendig, entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 107
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
1.8 Polen: Verrechnungspreise weiterhin im Fokus
der Finanzverwaltung
Von Gert Wöllmann und Julian Franck
In Polen stehen Verrechnungspreise weiterhin im Fokus der
Finanzverwaltung. Es werden zunehmend Prüfungen der
Verrechnungspreise und Gerichtsverfahren beobachtet. Zudem
wurden neue Verrechnungspreisregelungen sowohl zu laufenden
Transaktionen als auch zu konzerninternen Umstrukturierungen
eingeführt. Letztere berücksichtigen die neusten OECDEntwicklungen zu BEPS.
Generell sollten polnische Steuerpflichtige mit grenzüberschreitenden konzerninternen Transaktionen damit rechnen, dass ihre Verrechnungspreise mit
großer Wahrscheinlichkeit in einer künftigen Betriebsprüfung thematisiert
und intensiv geprüft werden. Wurden in den ersten Jahren nach Einführung
der Verrechnungspreisregelungen formale Kriterien, wie zum Beispiel die
Vollständigkeit der Dokumentation, überprüft, erfolgt nunmehr zunehmend
eine qualitative und quantitative Überprüfung der Transaktionen und der
Verrechnungspreise. Die polnische Finanzverwaltung hinterfragt kritisch
Datenbankstudien und führt auch zunehmend eigene Datenbankanalysen
durch.
Aufgrund der steigenden Komplexität von Verrechnungspreissachverhalten und
der gestiegenen Anforderungen innerhalb einer Betriebsprüfung führt dies
häufig zu intensiven Verhandlungen zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen. Nicht selten wird keine Einigung im Rahmen der Prüfung erzielt,
sodass die Prüfungen in ein Gerichtsverfahren münden. Häufige Themen sind
zum Beispiel die Verwertbarkeit der Dokumentation und Datenbankstudien,
die Fremdüblichkeit von Finanztransaktionen, die Überprüfung von konzerninternen Verträgen sowie der Substanz von Transaktionspartnern.
Grundsätzlich sollten polnische Steuerpflichtige über eine plausible Strategie
zur Verteidigung ihrer Verrechnungspreise verfügen. In einem ersten Schritt
zählt hierzu, eine (geeignete) Dokumentation der Verrechnungspreise vorzuhalten, die insbesondere die Methoden und die Angemessenheit dokumentiert.
Ferner sollte die Fremdüblichkeit auf Basis von (internen oder externen)
Vergleichsdaten (Preise mit fremden Dritten oder Datenbankstudien) belegt
werden können. Auftretende Meinungsverschiedenheiten zu den Verrechnungspreisen sollten idealerweise im Rahmen der Prüfung ausgeräumt werden, um
das Risiko eines langwierigen und kostenintensiven Gerichtsverfahrens zu
vermeiden. Bei Transaktionen von erheblichem Volumen bietet die Einleitung
108 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
eines Vorabverständigungsverfahrens (Advance Pricing Agreement) die
Möglichkeit, zusätzliche Sicherheit zu erzielen.
1.9 Tschechien: neue Meldepflicht für Transaktionen mit
verbundenen Unternehmen
Von Gert Wöllmann und Julian Franck
In Tschechien wurde von der Finanzverwaltung eine neue Meldepflicht für Transaktionen mit verbundenen Unternehmen mit
Wirkung ab dem 1. Januar 2014 eingeführt. Mit der Steuererklärung ist zukünftig ein separates Formular mit der Aufstellung der konzerninternen Transaktionen einzureichen. Diese
Informationen sollen der Finanzverwaltung als Grundlage für eine
risikobasierte Auswahl von zu prüfenden Unternehmen dienen.
Betroffen von der Meldepflicht sind alle tschechischen Steuerpflichtigen, die
grenzüberschreitende Transaktionen mit verbundenen Unternehmen aufweisen
(unabhängig vom Umfang der Transaktionen) und deren Wirtschaftsgüter
einen Gesamtwert von 40 Millionen tschechischen Kronen (circa 1,5 Mio. Euro)
übersteigen, deren Nettoumsatz 80 Millionen tschechische Kronen (circa
3 Mio. Euro) übersteigt und die durchschnittlich mehr als 50 Mitarbeiter
beschäftigen. Nationale Transaktionen sind hiervon ebenfalls betroffen, sofern
die tschechischen Steuerpflichtigen Verluste aufweisen oder Fördermittel
erhalten haben.
Zukünftig müssen für jeden Transaktionspartner (unabhängig vom Umfang der
Transaktionen) ein separates Meldeformular mit allgemeinen Informationen
über den Transaktionspartner sowie eine Übersicht über die Transaktionsvolumina pro Transaktion eingereicht werden. Dieses dient der tschechischen
Finanzverwaltung als erster Anhaltspunkt zur Risikoeinschätzung und anschließenden Auswahl der zu prüfenden Unternehmen. Allgemein liegt der
Fokus hierbei auf Unternehmen mit Umstrukturierungen und Transaktionspartnern in Niedrigsteuerländern, Unternehmen mit Verlusten sowie
Management-, Lizenz- und Finanztransaktionen.
Durch die Einführung der Meldepflicht ist generell mit einer Zunahme von
Betriebsprüfungen, insbesondere bei Steuerpflichtigen mit vorgenannten
Transaktionen, zu rechnen. Da das einzureichende Formular mit der Transaktionsübersicht keine Verrechnungspreisdokumentation ersetzt, sollte weiterhin eine Dokumentation vorgehalten werden. Zwar besteht keine gesetzliche
Verpflichtung zur Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation in
Transfer Pricing Perspective Deutschland 109
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
Tschechien, aber ungeachtet dessen fordert die tschechische Finanzverwaltung
diese typischerweise im Rahmen einer Betriebsprüfung an.
2 Amerika
2.1 Kanada: neue Entwicklungen zu
Vorabverständigungsverfahren
Von Gert Wöllmann und Julian Franck
Die Canada Revenue Agency (CRA) hat Ende März 2014 ihren
jährlichen Report über das in Kanada eingeführte Programm zu
Vorabverständigungsverfahren (Advance Pricing Agreements –
APAs) für das Wirtschaftsjahr 2013/2014 veröffentlicht.
Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 hat sich das APA-Programm in Kanada weiter
positiv entwickelt. Zum einen hat sich die durchschnittliche Verhandlungsdauer
signifikant – um mehr als 50 Prozent – verringert, zum anderen wurden
wesentlich mehr APA-Anträge akzeptiert als in den Vorjahren. Darüber hinaus
wurden zusätzliche Länder in den Kreis der potenziellen Länder für ein APAVerfahren aufgenommen (z. B. China und Portugal).
Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 lagen die Schwerpunkte der APAs in den
Sektoren Automobil, Transport, Computer, Elektronik, Chemie und Nahrungsmittel.112 Die wesentlichen Transaktionstypen waren der Transfer von
materiellen (54 Prozent) und immateriellen Wirtschaftsgütern (23 Prozent),
gefolgt von Dienstleistungen (21 Prozent). Die am häufigsten betrachtete
Verrechnungspreismethode war die transaktionsbezogene Nettomargenmethode (50 Prozent), gefolgt von der Profit-Split-Methode (18 Prozent).
Ferner wurden 60 Prozent der bilateralen APAs mit den USA verhandelt sowie
mit zahlreichen anderen Ländern (inklusive Deutschland). Insgesamt wurden
im Wirtschaftsjahr 2013/2014 25 APAs abgeschlossen, weitere 110 Fälle sind
offen.
Kanadische Steuerpflichtige, die für die Zukunft zusätzliche Sicherheit
bezüglich ihrer Verrechnungspreise schaffen wollen, sollten über den Weg
eines APA nachdenken. Hierbei sollten sie sich, wie in anderen Ländern,
darauf einstellen, bereits vor dem eigentlichen APA-Prozess umfangreiche
112
Redaktioneller Hinweis: Die genannten Anteile beziehen sich auf die Gesamtheit der
abgeschlossenen und offenen APAs.
110 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
Informationen offenzulegen und mit den Finanzbehörden zusammenzuarbeiten. Hierdurch kann das APA schneller und im Sinne des Steuerpflichtigen abgeschlossen werden.
3 Asien
3.1 Australien: Finanzverwaltung entwirft Richtlinien zu
neuen Verrechnungspreisregelungen
Von Gert Wöllmann und Julian Franck
Die australische Finanzverwaltung (ATO) hat mehrere Richtlinienentwürfe zu den 2013 eingeführten Verrechnungspreisregelungen
veröffentlicht. Die Richtlinien befassen sich unter anderem mit der
Dokumentation von Verrechnungspreisen, Strafzuschlägen sowie
der Anerkennung von Transaktionen bzw. der Umqualifizierung
auf hypothetische fremdübliche Transaktionen. Der Erlass der
Richtlinien wird in der zweiten Jahreshälfte 2014 erwartet.113
Die neuen Verrechnungspreisregelungen unterscheiden zwischen dem
Grundfall, in dem die durchgeführte Transaktion anhand verfügbarer
Fremdvergleiche auf ihre Angemessenheit hin analysiert wird, und drei
möglichen Ausnahmefällen, in denen die Transaktion in eine fremdübliche
Transaktion umqualifiziert wird. Der zugehörige Richtlinienentwurf befasst
sich insbesondere mit Faktoren, die im Rahmen der Neuregelung für eine
Umqualifizierung relevant sind, und bietet zu Veranschaulichungszwecken
Beispielfälle.
Verrechnungspreisdokumentationen sind künftig bis zum Zeitpunkt des
Einreichens der Steuererklärung zu erstellen, um eine geeignete Basis für
die Beurteilung der eigenen Verrechnungspreise zu haben (sog. reasonably
arguable position – RAP). Hierzu enthält der Richtlinienentwurf insbesondere
Angaben zum Umfang der erforderlichen Erstellung, der Risikoeinschätzung
und der möglichen Umqualifizierungen von Transaktionen sowie zum Umfang
von Informationen zur gesamten Wertschöpfungskette des Konzerns (bigger
picture).
113
Redaktioneller Hinweis: Im Laufe des Jahres 2014 wurden von der ATO die
Richtlinien TR 2014/8, PSLA 2014/2 und PSLA 2014/3 erlassen.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 111
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
Grundsätzlich beträgt der Strafzuschlag in Australien 25 Prozent der Einkommensanpassung. Mit dem Vorliegen einer RAP reduziert sich dieser auf
10 Prozent. Hierzu enthält der Richtlinienentwurf Informationen und weitere
Hinweise zur RAP und deren Akzeptanz.
Folglich ist nunmehr die zeitnahe Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation entscheidend für die Verhinderung bzw. Reduzierung
etwaiger Strafzuschläge. Hierzu ist insbesondere eine frühzeitige Planung
der Dokumentation vor Einreichung der ersten Steuererklärung im Rahmen
der Einführung der Neuregelung empfehlenswert.
3.2 China: Entsendung oder Service? – neue Richtlinien
bezüglich Dienstleistungsbetriebsstätten
Von Susann van der Ham und Mingzhe Ouyang
Das Betriebsprüfungsklima für ausländische Unternehmen in
China hat sich in den letzten Jahren deutlich verschärft. Im Fokus
der chinesischen Finanzverwaltung (State Administration of
Taxation – SAT) stehen zum einen die Abgrenzung zwischen
Entsendungsfällen und Dienstleistungsverrechnungen und zum
anderen die Annahme von Dienstleistungsbetriebsstätten sowie
deren angemessene Vergütung. Diese Entwicklung ist insbesondere
für deutsche Unternehmen mit Tochtergesellschaften in China
relevant, da auch das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
zwischen Deutschland und China in Art. 5 Abs. 3 eine entsprechende
Vorschrift zu Dienstleistungsbetriebsstätten enthält.
Abgrenzung von Entsendungen und Dienstleistungen
Aus deutscher Sicht werden mehrere Arten von Entsendungen unterschieden.
In der Praxis spielt die Expertenentsendung die größte Rolle, bei der das
entsendende Unternehmen dem aufnehmenden Unternehmen einen sehr
erfahrenen Mitarbeiter für die Dauer der Entsendung zur Verfügung stellt.
In China werden gerade Leitungsfunktionen (z. B. Leitung der Produktion,
Leitung des Vertriebs oder die Geschäftsführung) oft mit entsendeten Experten
aus Deutschland besetzt. Da eine Expertenentsendung im ganz überwiegenden
Interesse des aufnehmenden Unternehmens erfolgen dürfte, werden die Kosten
der Entsendung üblicherweise dem aufnehmenden Unternehmen in Rechnung
gestellt.
112 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
Aus chinesischer Sicht stellt sich jedoch die Frage, ob solche Expertenentsendungen dem Wesen nach eher als Dienstleistungen des deutschen
Stammhauses gegenüber der chinesischen Tochter zu beurteilen sind, die von
den entsendeten Mitarbeitern in China erbracht werden.
Annahme von Dienstleistungsbetriebsstätten
Das DBA zwischen Deutschland und China ist eines von wenigen deutschen
DBAs, die eine Regelung zu Dienstleistungsbetriebsstätten enthalten. Danach
begründet ein deutsches Unternehmen in China eine Betriebsstätte durch die
Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Leistungen auf dem Gebiet der
Beratung, durch Angestellte oder anderes Personal, wenn diese Tätigkeit in
China länger als sechs Monate in einem beliebigen Zwölfmonatszeitraum ausgeübt wird. Sofern eine Dienstleistungsbetriebsstätte begründet wird, wäre
dieser ein angemessener Anteil des Gewinns des deutschen Stammhauses
zuzuordnen und in China der Besteuerung zu unterwerfen.
Vor diesem Hintergrund waren in der Vergangenheit insbesondere
Entsendungsfälle Gegenstand der Prüfung durch die chinesische Finanzverwaltung, die hier verdeckte Dienstleistungsbeziehungen vermutete. Da
Entsendungen in der Praxis häufig länger als sechs Monate andauern, würde
aus einer potenziellen Umqualifizierung der Leistungsbeziehung von einer
Entsendung in eine Dienstleistungstransaktion oft auch die Annahme einer
Dienstleistungsbetriebsstätte nach DBA resultieren. Daneben löst die Annahme
einer Dienstleistungstransaktion 5 Prozent Business Tax auf das angenommene
Bruttoentgelt aus.
Neue Richtlinie zur Abgrenzung von Entsendungsfällen
Die SAT hat nun einen lang erwarteten Erlass (Tax Circular 2013 No. 19 –
Circular 19) veröffentlicht, der sowohl technische als auch praktische Hinweise
für die Abgrenzung zwischen Entsendungs- und Dienstleistungsfällen und zur
Prüfung des Vorliegens einer Dienstleistungsbetriebsstätte enthält. Vereinfacht
beschreibt der Erlass die folgenden zwei grundsätzlichen Abgrenzungskriterien
und fünf ergänzende Faktoren, die für die Beurteilung der Frage herangezogen
werden sollen, ob eine Dienstleistung bzw. eine Dienstleistungsbetriebsstätte
des ausländischen Stammhauses vorliegt:
Grundsätzliche Abgrenzungskriterien
● Das Stammhaus trägt die volle Verantwortung für die vom entsendeten
Mitarbeiter geleistete Tätigkeit.
● Das Stammhaus beurteilt die Leistungen des entsendeten Mitarbeiters im
Rahmen des normalen Performance-Management-Prozesses.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 113
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
Fünf ergänzende Faktoren
● Die aufnehmende chinesische Gesellschaft zahlt Management Fees oder
Dienstleistungsentgelte an das Stammhaus für den entsendeten Mitarbeiter.
● Die aufnehmende chinesische Gesellschaft erstattet die Entsendungskosten
für den entsendeten Mitarbeiter in unüblicher Höhe.
● Die Zahlungen der aufnehmenden chinesischen Gesellschaft werden vom
Stammhaus nur teilweise an den entsendeten Mitarbeiter ausgezahlt bzw.
für seine Vergütung verwendet.
● Die vom Stammhaus getragenen Vergütungsbestandteile unterliegen nicht
oder nur teilweise der chinesischen Einkommensteuer.
● Das Stammhaus bestimmt die Anzahl, die Qualifikation, die Vergütung und
den Standort der entsendeten Mitarbeiter.
Sofern das Stammhaus auf Basis der grundsätzlichen Abgrenzungskriterien als
wirtschaftlicher Arbeitgeber des entsendeten Mitarbeiters angesehen wird,
könnte nach Ansicht der SAT das Vorliegen eines der fünf unterstützenden
Faktoren zur Annahme einer Betriebsstätte in China führen. Bemerkenswert ist
hierbei, dass die ersten drei der fünf unterstützenden Faktoren darauf abzielen,
ob das Stammhaus aus der Entsendung einen finanziellen Vorteil erzielt. Dies
impliziert, dass selbst die Verrechnung anteiliger Verwaltungskosten im
Zusammenhang mit der Entsendung zur Annahme einer Dienstleistungsbetriebsstätte in China führen könnte.
Darüber hinaus ist unklar, wie die SAT den Fall beurteilen wird, dass die aufnehmende Gesellschaft zwar auf Basis der grundsätzlichen Abgrenzungskriterien
als wirtschaftlicher Arbeitgeber angesehen werden müsste, aber gleichzeitig
einer oder mehrere der fünf unterstützenden Faktoren eine gegenteilige
Beurteilung stützen würden. Es bleibt also offen, wie die jeweils zuständigen
lokalen Finanzbehörden diesen oder andere Zweifelsfälle beurteilen würden.
Fazit
Aufgrund des neuen Circular 19 ist es für alle Unternehmen mit Entsendungen
an verbundene Unternehmen in China empfehlenswert, sämtliche
Entsendungsfälle vor dem Hintergrund der neuen Regelungen zu überprüfen.
Zur Vermeidung von Dienstleistungsbetriebsstätten sollten außerdem die
Verrechnungsmechanismen für Entsendungskosten überprüft werden, da sich
die Verrechnung von Verwaltungskostenanteilen negativ auf das Betriebsstättenrisiko auswirken könnte.
Darüber hinaus spielt eine solide Dokumentation der Entsendungsfälle
eine wichtige Rolle beim Nachweis, dass tatsächlich eine Entsendung und
eben keine Dienstleistung zwischen Stammhaus und chinesischer Tochtergesellschaft vorliegt. Im Mittelpunkt dieser Entsendungsdokumentation sollte
114 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
die wirtschaftliche Arbeitgebereigenschaft der aufnehmenden chinesischen
Gesellschaft bezüglich des entsendeten Mitarbeiters stehen.
3.3 China: vierter APA-Jahresbericht veröffentlicht
Von Jörg Hanken, Mingzhe Ouyang und Ulrich Reuter
Im Juni 2013 veröffentlichte die zentrale chinesische Finanzverwaltung (State Administration of Taxation – SAT) die vierte
Ausgabe des „China Advance Pricing Arrangement Annual Report“
(APA-Jahresbericht) – für das Jahr 2012. Im Detail ergeben sich
jedoch wieder einige neue Aspekte und Erkenntnisse, die Ihnen der
folgende Beitrag kurz vorstellt.
Aktuelle APA-Trends
Im Jahr 2012 wurden insgesamt zwölf neue Advance Pricing Agreements
(APAs) unterzeichnet. Darunter befanden sich neun zwischenstaatliche
(bilaterale) Abkommen,114 während die verbleibenden drei unilateralen
Abkommen Vereinbarungen zwischen Steuerpflichtigen und der SAT betreffen.
Damit übertrifft im Jahr 2012 die Zahl der – komplexeren und im internationalen Zusammenhang wirksameren – bilateralen APAs nach 2009 zum
zweiten Mal die der unilateralen APAs. Dies deutet darauf hin, dass Unternehmen trotz des damit verbundenen größeren Aufwands in der Praxis
verstärkt auf bilaterale APAs setzen, anstatt auf rein chinesische Vereinbarungen zu vertrauen. Die Entwicklung zeigt jedoch auch: Die chinesischen
Steuerbehörden unterstützen die Anwendung von bilateralen APAs – in aus
ihrer Sicht sinnvollen Fällen – tatsächlich.
Nach den im Jahresbericht veröffentlichten Statistiken hat sich auch die Dauer
der Bearbeitung eines APA vom Antrag bis zur Unterzeichnung verkürzt.
Wurden im Jahr 2011 nur etwa 50 Prozent der unilateralen und bilateralen
APAs innerhalb von weniger als einem Jahr abgeschlossen, so erhöhte sich
dieser Anteil im Jahr 2012 auf 67 Prozent. Der Anstieg dokumentiert zum einen
die zunehmende Erfahrung der SAT in APA-Fragen, zum anderen die immer
strikter werdende Vorauswahl geeigneter Fälle. So stieg die Zahl der gestellten
und noch nicht angenommenen APA-Anträge vom Stichtag 31. Dezember 2011
bis zum Stichtag 31. Dezember 2012 von 58 auf 79, davon 73 Anträge auf bilaterale APAs. Und die chinesischen Behörden rechnen ausdrücklich mit einer
weiter steigenden Zahl von Anträgen. Darüber hinaus muss immer wieder
114
Unter diesen ist ein neues bilaterales APA zwischen China und einem europäischen
Land.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 115
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
darauf hingewiesen werden: Die offiziellen Angaben zur Dauer von APAs
berücksichtigen nicht die umfangreichen Vorbereitungsarbeiten und Vorverhandlungen, die dem offiziellen APA-Prozess regelmäßig vorgelagert sind.
Kriterien, nach denen die Finanzverwaltung eingehende Anträge
bearbeitet
Bei der Bearbeitung von Anträgen richtet sich die SAT laut eigener Aussage
nach den folgenden vier Kriterien:
● Die Bearbeitung erfolgt erstens und grundsätzlich nach der zeitlichen
Reihenfolge der Antragstellung.
● Entscheidend ist zweitens die Qualität der Antragsdokumente. Dazu gehört:
Sind die Dokumente und Informationen vollständig? Sind die Ausführungen
und Berechnungen zu den Verrechnungspreisen korrekt und angemessen?
● Einfluss auf die Bearbeitung hat drittens die Zugehörigkeit des Antragstellers
zu einer Branche oder Region, die bevorzugte Behandlung verdient (ohne
weitere Vertiefung bezüglich der Kriterien für solche Branchen oder Regionen).
● Bei bilateralen APAs ist viertens von Bedeutung, inwieweit der andere
Vertragsstaat dazu bereit ist, APA-Verhandlungen durchzuführen.
Die Bedeutung einer bevorzugten Behandlung ist besonders mit Blick auf die
weiterhin sehr begrenzten personellen Ressourcen der Behörde von Bedeutung.
2012 wurde die Zahl der im Rahmen des APA-Programms tätigen SAT-Mitarbeiter von sechs auf acht erhöht. Diese Mitarbeiter sind derzeit in drei
regionalen Teams organisiert, die jeweils folgende Länder betreuen: Japan und
Südkorea; restliches Asien und Pazifik; Europa (einschließlich des Vereinigten
Königreichs, Deutschlands, der Niederlande, Belgiens, Luxemburgs, Italiens,
Dänemarks, Schwedens und der Schweiz).
Nach eigenem Bekunden ist das zweite der vier Kriterien (die Qualität der
Antragsdokumente sowie der verrechnungspreistechnischen Argumentation)
der wichtigste Entscheidungsfaktor für die SAT. Beispielsweise rechtfertigt
die Verwendung innovativer Verrechnungspreismethoden (z. B. vermehrte
Anwendung der Wiederverkaufspreismethode und der Gewinnaufteilungsmethode) und hochwertiger quantitativer Analysen mit Blick auf immaterielle
Vermögenswerte, lokale Kosteneinsparungen (cost savings) oder marktspezifische Gewinnaufschläge (market premiums) eine bevorzugte Behandlung
durch die SAT.
Vor diesem Hintergrund kann die Bedeutung einer eingehenden Vorbereitung
der APA-Anträge nicht genug betont werden. Alle Anträge sollten idealerweise
mit professioneller Unterstützung erfolgen. Das betrifft vor allem die Auswahl
erfolgversprechender APA-Projekte, aber auch die Vorbereitung passender
Antragsdokumente und die technisch saubere Argumentation.
116 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
3.4 China: Ansichten der SAT zu konzerninternen
Dienstleistungen und Management Fees
Von Jörg Hanken und Mingzhe Ouyang115
Als Reaktion auf die Anfrage der Vereinten Nationen hat die State
Administration of Taxation (SAT) der Volksrepublik China ihre
Ansichten mitgeteilt und am 16. Januar 2014 zwei Empfehlungen
bezüglich konzerninterner Dienstleistungen und Management Fees
veröffentlicht.
Der folgende Artikel bietet eine Übersicht über spezielle Themen und
praktische Herausforderungen, die bei der Verrechnung von Dienstleistungen
und Management Fees demnach beachtet werden müssen.
Zu berücksichtigende Sachverhalte
Die SAT stimmt der OECD-Grundstruktur der Verrechnung von konzerninternen Dienstleistungen zu. Darüber hinaus hob sie vier Sachverhalte hervor,
die bei der Analyse, ob Muttergesellschaften Dienstleistungsgebühren an
verbundene Gesellschaften verrechnen können, berücksichtigt werden müssen:
● Ein Benefit-Test sollte durchgeführt werden, sowohl aus Sicht des Dienstleistungsanbieters als auch aus Sicht des Dienstleistungsempfängers (falls
z. B. der Anbieter mehr von der Dienstleistung profitiert als der Empfänger,
sollen keine Gebühren verrechnet werden).
● Es sollten Analysen durchgeführt werden, die bewerten, ob die Dienstleistungen für das Tochterunternehmen unbedingt notwendig sind (z. B.
sollen hochwertige Dienstleistungen wie rechtliche und sonstige Beratung
für eine Tochtergesellschaft mit reiner Produktionsfunktion in China nicht
notwendig sein).
● Es sollten Überlegungen angestellt werden, ob die verschiedenen Dienstleistungen schon durch andere konzerninterne Transaktionen entlohnt
wurden (stellt z. B. die Muttergesellschaft einer Tochtergesellschaft immaterielle Vermögenswerte zur Verfügung und teilt den damit zusammenhängenden Residualgewinn, sollte sie nicht zusätzlich eine Management Fee
verrechnen).
● Bestimmte Arten von Managementdienstleistungen sind möglicherweise
doppelt erbracht worden oder sie stellen shareholder activities dar
und sollten daher nicht verrechnet werden (z. B. Entscheidungen des
Managements der Mutter, wenn die Tochter ein eigenes Management hat).
115
Mingzhe Ouyang ist Mitglied der BRIC-Gruppe Deutschland bei PwC.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 117
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
Praktische Herausforderungen und Empfehlungen
Die SAT hat auf zwei praktische Herausforderungen im Rahmen ihrer
Untersuchung konzerninterner Transaktionen hingewiesen:
1. Die Überprüfbarkeit der tatsächlichen Erbringung der Dienstleistungen
und der Angemessenheit der entsprechenden Verrechnungslogik stellt in
Entwicklungsländern eine besonders große Herausforderung dar. Darüber
hinaus kann der lokale Steuerpflichtige meistens keinen Überblick über die
Gesamtstruktur der konzerninternen Leistungen geben, wenn sich der
Dienstleistungsanbieter im Ausland befindet. Die SAT empfiehlt den
Vereinten Nationen, in ihrem Practical Manual on Transfer Pricing for
Developing Countries (UN TP Manual) auf die relevanten Anforderungen
zur Verrechnungspreisdokumentation des OECD-Aktionsplans gegen die
Erosion von Steuerbemessungsgrundlagen und Gewinnverlagerung („Base
Erosion and Profit Shifting“ – BEPS) zu verweisen und von der Muttergesellschaft die Bekanntgabe der Verrechnungspreislogik – inklusive der
Verrechnungsmethode und resultierenden Dienstleistungsgebühr, die an
jede Tochtergesellschaft verrechnet wird – im Master File zu verlangen.
2. In der Praxis ergeben sich oft Schwierigkeiten bei der eindeutigen Trennung
zwischen Lizenzgebühren und technischen Dienstleistungsgebühren. Im Fall
der Umklassifizierung einer Dienstleistungsgebühr in eine Lizenzgebühr
wäre eine Anpassung der Quellensteuer die Folge. Die SAT empfiehlt daher,
auch zusätzliche Abgrenzungsregelungen für technische Dienstleistungsgebühren und Lizenzgebühren in das UN TP Manual aufzunehmen.
Schlussfolgerung
1. Die SAT unterstreicht in ihren Kommentierungen zu den Dienstleistungsgebühren, insbesondere zu den sogenannten Management Fees, die Frage
der Wertschöpfung. Daher ist es für den Steuerpflichtigen – aus chinesischer
Sicht – ratsam, den Wertschöpfungsbeitrag der von den ausländischen
Unternehmen erbrachten Dienstleistungen unter Berücksichtigung der
Funktions- und Risikoprofile der chinesischen Einheit aufzuzeigen.
2. Für den Fall, dass die globalen Dienstleistungen zunächst an eine regionale
Zentrale verrechnet und dann von dort weiterverrechnet werden, sollte der
Zusammenhang zwischen den globalen Dienstleistungen und der Nutzenstiftung auf der lokalen Empfängerseite in interner Dokumentation nachgewiesen werden. Zu guter Letzt sollten multinationale Unternehmen die
Abgrenzung zwischen Dienstleistungen und anderen Vergütungsmethoden,
zum Beispiel Lizenzzahlungen, überprüfen, um in Zukunft Streitigkeiten bei
der Klassifizierung von Dienstleistungsgebühren und möglichen Quellensteuern zu vermeiden.
118 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
3.5 China: Verrechnungspreisimplikationen infolge
der Liberalisierung des Renminbi
Von Yu Tao116 und Immanuel Weidlich
Seit Anfang 2014 wurden von der chinesischen Zentralbank
(People’s Bank of China – PBoC) eine Reihe bedeutsamer Schritte
eingeleitet, um die Währung der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft, den Renminbi (CNY – häufig auch Yuan genannt),
zu liberalisieren. Die Schritte umfassen die Vereinfachung von
grenzüberschreitenden CNY-Handelsvorgängen im Rahmen von
Finanzgeschäften. Dies beinhaltet die detaillierte Beratung über
die Schanghai-Pilotfreihandelszone für Finanzinstrumente bzw.
Finanztransaktionen, insbesondere vereinfachte chinesischglobale Cash-Pooling-Genehmigungsprozesse. Des Weiteren wird
darauf abgezielt, neben den bestehenden Märkten in Hongkong,
Taiwan und Singapur weitere globale CNY-Offshorezentren in
London, Luxemburg, Paris, Frankfurt am Main und Sydney zu
erschließen.
Die CNY-Liberalisierung hat zur Folge, dass finanzielle Wertschöpfungsketten
multinationaler Unternehmen und betroffener Finanzinstitute erheblich
beeinflusst und umgestaltet werden. Multinationale Unternehmen, die von
einem großen CNY-Liquiditätsüberschuss in der Vergangenheit in China nicht
profitieren konnten, haben nun die Möglichkeit, diesen unter Verwendung
globaler Cash-Pooling-Techniken zu nutzen. Die globale Ausweitung der in
China ansässigen E-Commerce-Betreiber wird dadurch enorm beschleunigt, da
multinationale und chinesische Unternehmen CNY-Offshorefonds in Fremdfinanzierungsmärkten aufnehmen können. Zusammenfassend betrachtet
werden chinesische Finanzinstitute im Allgemeinen von der Entwicklung
profitieren und vermehrt global agieren können.
Darüber hinaus ergibt sich aus dieser Entwicklung eine Reihe von neuen
Verrechnungspreisanforderungen. Beispielhaft hierfür ist die Bestimmung
der Fremdvergleichsüblichkeit von Cash-Pooling-Zinssätzen angesichts der
regulatorischen Trennung von On- und Offshoremärkten zu nennen, die zu
verschiedenen Zinssätzen führte. Weitere Beispiele, welche die vermehrt
globalisierten chinesischen Banken betreffen, sind die Behandlung von Interbanken-Finanzierungs- und -Liquiditätskosten, Offshorebuchungen, Risikotransfers, Global Trading und die Allokation von Kapital zu Betriebsstätten. Die
116
Yu Tao ist Mitglied der BRIC-Gruppe Deutschland bei PwC.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 119
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
E-Commerce-Verrechnungspreisthematik, die derzeit von der OECD im
Rahmen des BEPS-Projekts zur Diskussion steht, wird für E-CommerceAkteure in China ein zentrales Thema in naher Zukunft darstellen.
3.6 China: transaktionsbedingte Zahlungen ins Ausland im
Fokus der Finanzverwaltung
Von Gert Wöllmann und Julian Franck
Am 29. Juli 2014 hat die chinesische Finanzverwaltung ein
internes Rundschreiben zur Prüfung von transaktionsbedingten
Zahlungen ins Ausland herausgegeben. Der Schwerpunkt liegt
hierbei auf der Prüfung der Fremdüblichkeit von grenzüberschreitenden Zahlungen für Lizenzen und erhaltene Dienstleistungen, insbesondere bei Zahlungen an Unternehmen in
Niedrigsteuerländern. Generelles Ziel der Finanzverwaltung ist
es, durch umfangreichere Analysen die eigene Position zu stärken
und eine Verlagerung von Gewinnen ins Ausland zu verhindern.
Erste lokale Finanzbehörden haben bereits mit der Umsetzung des Rundschreibens im Rahmen der Prüfungsplanung und Informationsbeschaffung
begonnen. Zwar handelt es sich bei den meisten Anforderungen um international bereits bekannte Regelungen, wie zum Beispiel bei Managementdienstleistungen die Forderung nach einer Nutzenanalyse (Benefit-Test),
die Unzulässigkeit von doppelten Verrechnungen über andere Transaktionen
oder die Verrechnung von Leistungen im Interesse des Gesellschafters
(Stewardship), aber durch dieses Rundschreiben wird sich der Prüfungsschwerpunkt zukünftig verstärkt auf diese Themen richten, insbesondere wenn
die Zahlungen an Unternehmen in Niedrigsteuerländer erfolgen. Darüber
hinaus wird erwartet, dass die Finanzverwaltung auch die typischerweise in
diesem Zusammenhang auftretenden weiteren Fragen, wie zum Beispiel die
Qualifikation von Betriebsstätten über in China erbrachte Leistungen, vermehrt
hinterfragen und analysieren wird. Allen Themenbereichen gemein ist, dass
eine Einschätzung teilweise sehr subjektiv ist und damit umfangreiche
Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen mit der Finanzverwaltung
vorprogrammiert sind.
Betroffene Steuerpflichtige sollten daher ihre Vergütungen für Managementdienstleistungen und Lizenzen einer umfangreichen Belastbarkeitsanalyse
unterziehen und die Methodik, soweit erforderlich, zeitnah den neuen
Erfordernissen anpassen. Darüber hinaus sollte für diese Transaktionen eine
Verrechnungspreisdokumentation mit einer Begründung der Angemessenheit
120 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
der angewandten Verrechnungspreise vorgehalten werden (z. B. mittels Benchmarkingstudien, Nutzenanalysen [Benefit-Tests] oder Wertschöpfungsbeitragsanalysen). Um potenzielle Missverständnisse im Rahmen einer Prüfung frühzeitig (oder optimalerweise bereits vorab) zu erkennen und zu vermeiden,
empfiehlt sich eine proaktive Kommunikation mit der Finanzbehörde. Sollte
trotz allem keine Einigkeit mit der Finanzverwaltung erzielt werden können,
steht auch hier der Weg eines Verständigungsverfahrens zur Vermeidung einer
Doppelbesteuerung offen.
3.7 Indien: Bankbetriebsstätten – Kreditwürdigkeitsprüfung durch indische Betriebsstätte erfordert
Zuordnung von Einkünften
Von Arundhati Pandeya117 und Tanja Koch
Im Fall der französischen Bank Le Crédit Lyonnais (LCL) hat das
Mumbai Bench des Income Tax Appellate Tribunal („Tribunal“)
entschieden, dass die von der indischen Betriebsstätte (BS) der LCL
durchgeführte Kreditwürdigkeitsprüfung indischer Kunden eine
wesentliche Funktion sei und somit zentral für die Entscheidung
der Darlehensvergabe durch eine andere ausländische BS der
Bank. Der indischen BS müssten daher 20 Prozent der Gebühren
zugeordnet werden, die die ausländischen BS für die Darlehensvergabe erhalten hatten. Der folgende Artikel gibt einen Überblick
über die wesentlichen Inhalte des Urteils und beurteilt die Relevanz
des Urteils aus deutscher Sicht.118
Sachverhalt
Während des Geschäftsjahrs 2001/2002 unterstützte die indische BS die
Zentrale der LCL sowie weitere ausländische BS bei der Gewährung von
Darlehen in ausländischer Währung an zwei in Indien ansässige Kunden
(„Darlehensempfänger“). Die Rolle der indischen BS beschränkte sich auf
die Kreditwürdigkeitsprüfung der Darlehensempfänger sowie grundlegende
Analysen zur Marktentwicklung und dem regulatorischen Umfeld in Indien.
Alle weiteren Aktivitäten, wie die Verhandlungen mit den Darlehens117
118
Arundhati Pandeya ist Mitglied der BRIC-Gruppe Deutschland bei PwC.
„PwC News Alert: Borrower’s credit analysis core to loan decision. Tribunal upholds
profit attribution to PEs of banks @ 20% of fee component“, Pricing Knowledge
Network PwC, 21.10.2013; ITA No. 1935/Mum/2007: „In the Income Tax Appellate
Tribunal Mumbai Benches ‚K‘“, Mumbai.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 121
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
empfängern, die abschließende Entscheidung bezüglich der Darlehensgewährung, die Ausstellung aller Unterlagen (inklusive der Verträge) etc.,
wurden von anderen BS außerhalb Indiens durchgeführt. Der indischen BS
wurden weder Gebühren noch Zinszahlungen aus der Darlehensvergabe
zugeordnet.
Argumentation der LCL
Die LCL argumentierte, dass die indische BS lediglich in unterstützender
Funktion tätig gewesen sei und ihr daher mit Verweis auf Art. 7 des indischfranzösischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) sowie § 4 des IndischFranzösischen Protokolls („§ 4“) kein Gewinn zugeordnet werden müsse. Sie sei
zudem zu keinem Zeitpunkt als Agent für die Darlehensgewährung aufgetreten
und auch nicht an der Finanzierung beteiligt gewesen, weshalb es nicht angemessen sei, ihr Teile der Zinszahlungen oder entsprechender Gebühren
zuzuordnen. Da es sich darüber hinaus um bereits bestehende Kunden der
indischen BS handelte, lagen die Informationen zur Kreditwürdigkeit bereits
vor, weshalb mit der Kreditwürdigkeitsprüfung in den konkreten Fällen kein
zusätzlicher Aufwand verbunden war.
Die Argumentation der Steuerbehörde/Commissioner of
Income Tax (Appeals)
Während der Betriebsprüfung wurde diese Argumentation vom Transfer
Pricing Officer (TPO, Auslandsfachprüfer) nicht akzeptiert und ein Fremdvergleichspreis für die Dienstleistungen der indischen BS in Höhe von
25 Prozent der gesamten Zinseinnahmen und Gebühren der verbundenen
(ausländischen) BS festgesetzt. Der TPO begründete dies damit, dass von
der indischen BS die ausschlaggebende finanzielle Analyse der Darlehensempfänger bereitgestellt und dadurch die Darlehensgewährung erst ermöglicht
worden sei. Die LCL könne sich deshalb nicht auf eine reine Unterstützungsfunktion im Sinne von § 4 berufen.
In der folgenden Berufungsverhandlung entschied der Commissioner of
Income Tax (Appeals) (CIT[A]), dass der TPO die Höhe der Anpassung ohne
entsprechende Nachweise festgesetzt habe, und reduzierte diese daher von
25 Prozent auf 20 Prozent. Die abschließende Entscheidung wurde dem
Mumbai Tribunal übertragen.
Die Entscheidung des Tribunals
Das Tribunal entschied, dass sich die Rolle der indischen BS nicht auf die vorbereitende Unterstützung des Abschlusses eines Darlehensvertrags beschränkte
und dass ihre Dienstleistung die zentrale Basis der Entscheidungsfindung, ob
ein Darlehen gewährt werden soll oder nicht, darstellte. Solche Dienst-
122 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
leistungen fielen daher nicht unter § 4 und entsprechende Einnahmen müssten
der indischen BS zugeordnet werden.
Da die indische BS jedoch nicht an der Finanzierung des Darlehens beteiligt
gewesen sei, könnten ihr keine Zinseinnahmen zugeordnet werden. Unter
Berücksichtigung der Fremdüblichkeit müsse sie jedoch an den von den ausländischen BS erhobenen Gebühren beteiligt werden. Da weder der Steuerzahler noch die Behörden angemessene Vergleichsdaten vorgelegt hätten,
entschied das Tribunal, dass die von der CIT(A) geschätzten 20 Prozent
angemessen seien.
Fazit
Dieses Urteil des Tribunals ist das erste, das sich mit der unterstützenden Rolle
von indischen BS im Zusammenhang mit der Kreditvergabe an indische
Klienten durch verbundene ausländische BS beschäftigt. Die im indischfranzösischen DBA enthaltene Klausel, die die Zuordnung von Einkünften bei
reinen Unterstützungsleistungen unterbindet, ist einzigartig und in keinem
DBA enthalten, das Indien mit anderen Ländern wie etwa mit Deutschland
abgeschlossen hat. Banken, die ihren Sitz zum Beispiel in Deutschland haben,
können sich daher von vornherein auf keinen vergleichbaren Standpunkt
stellen. Steuerzahler sollten folglich auf Einzelfallbasis die Rolle einer indischen
BS genau prüfen, um diejenigen wichtigen Funktionen zu identifizieren, die
für Einkommenszuordnungen infrage kommen könnten. Steuerzahler sollten
außerdem umfassende Benchmarkingstudien auf Basis interner/externer Daten
durchführen, um die Einkommenszuordnung auf ihre indischen BS zu belegen
und so arbiträre Zuordnungen seitens der indischen Steuerbehörden möglichst
zu vermeiden.
3.8 Indien: signifikante Änderungen aktueller
Verrechnungspreisregelungen
Von Gert Wöllmann und Julian Franck
In Indien wurde im Mai 2014 das Haushaltsgesetz für 2014
ins Parlament eingebracht.119 Dieses beinhaltet signifikante
Änderungen der indischen Verrechnungspreisregelungen.
Insbesondere ist die Einführung einer rückwirkenden Anwendung
der Ergebnisse eines Vorabverständigungsverfahrens (Advance
119
Redaktioneller Hinweis: Die finale Fassung wurde am 11.07.2014 vom indischen
Finanzminister vorgestellt.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 123
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
Pricing Agreement – APA) vorgesehen. Zum anderen werden
indische Regelungen zum Teil an die international gängigen
Standards angepasst.
2012 wurden in Indien erstmals Regelungen zu APAs eingeführt. Seitdem ist
die Anzahl an APA-Anträgen (sowohl unilateral als auch bilateral) signifikant
angestiegen. Um diesen zunehmenden Anfragen gerecht werden zu können, soll
das APA-Team der Finanzverwaltung verstärkt werden. Darüber hinaus sollen
zukünftig die Ergebnisse der nach dem 1. April 2013 vereinbarten APAs auch
auf Sachverhalte, die bis zu vier Jahre vor dem Anwendungszeitraum des APA
liegen, angewandt werden können (rollback). Zudem ist beabsichtigt, die
rückwirkende Anwendung auch für bereits abgeschlossene APAs zuzulassen.
Entsprechende Regelungen über Kriterien hierzu sollen in naher Zukunft
erlassen werden.
Im Rahmen der Verwendung von Datenbankstudien soll anstatt der
bisher erforderlichen einjährigen Betrachtungsweise auch eine Mehrjahresbetrachtung möglich sein. Auch die Einschränkung der Vergleichsdaten auf
das arithmetische Mittel soll zugunsten der Berücksichtigung einer Bandbreite
aufgegeben werden. Hierdurch sollen Geschäfts- und Wirtschaftsentwicklungen
bzw. Schwankungen bei der Prüfung der Fremdüblichkeit besser berücksichtigt
werden. Allerdings ist zu erwarten, dass die indische Finanzverwaltung im Fall
nicht ausreichender Vergleichsunternehmen weiterhin auf das arithmetische
Mittel abstellen wird.
3.9 Singapur: überarbeiteter Entwurf der
Verrechnungspreisrichtlinie
Von Gert Wöllmann und Julian Franck
Am 1. September 2014 hat die Finanzverwaltung von Singapur
ihre Richtlinien zur Verrechnungspreisdokumentation im
Entwurf veröffentlicht.120 Zwar war das ausdrückliche Ziel
der überarbeiteten Richtlinie die Bereitstellung eines umfangreicheren Leitfadens zur Erstellung von Verrechnungspreisdokumentationen, doch zeigen die Regelungen auch den Willen,
den aktuellen Entwicklungen auf OECD-Ebene Rechnung zu tragen.
120
Redaktioneller Hinweis: Die finale Fassung wurde am 06.01.2015 veröffentlicht.
124 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014
Die wesentlichste Änderung der Richtlinie betrifft das Erfordernis einer zeitnahen Erstellung der Verrechnungspreisdokumentation. Als zeitnah gilt die
Erstellung vor oder zum Zeitpunkt der Ausführung der zu dokumentierenden
Transaktion einschließlich der Zeit zur Erstellung der Steuererklärung. Daneben werden der erforderliche Umfang der Dokumentation (inklusive der
Darstellung von Sachverhalten, die unter besonderer Beobachtung stehen,
wie z. B. Transaktionen mit Unternehmen in Niedrigsteuerländern) als auch
mögliche Konsequenzen bei Vorlage einer unzureichenden Dokumentation
detailliert dargelegt (Anpassung der Verrechnungspreise, keine Einleitung von
[Vorab-]Verständigungsverfahren und Strafzuschläge). Neben der Anwendung
der Vereinfachungsregelung für Routinedienstleistungen (pauschaler Aufschlag
von 5 Prozent) sind von der Dokumentationspflicht lokale Unternehmen ausgenommen, die jährlich nicht mehr als 100 Millionen Singapur-Dollar Umsatz
generieren oder weniger als 200 Mitarbeiter haben.
Zwar ist derzeit noch nicht sicher, ob die Neuerungen wie bisher in Form
einer Richtlinie oder doch über eine gesetzliche Regelung umgesetzt werden,
allerdings spiegelt der Richtlinienentwurf die Tendenz der Finanzverwaltung
wider, internationale Bestrebungen im Rahmen der OECD – insbesondere zu
„Base Erosion und Profit Shifting“ – zu unterstützen und auch hinsichtlich
der Dokumentation von Verrechnungspreisen im Einklang mit den OECDRegelungen zu stehen. Dies zeigt sich insbesondere durch die Regelungen
zu Transaktionen mit großen Volumina, mit Unternehmen in Niedrigsteuerländern und im Zusammenhang mit immateriellen Wirtschaftsgütern. Steuerpflichtigen mit wesentlichen grenzüberschreitenden Transaktionen ist zu
empfehlen, die neue Richtlinie bereits bei der Erstellung ihrer Verrechnungspreisdokumentation zu berücksichtigen und – soweit erforderlich – Anpassungen des Verrechnungspreissystems zu überprüfen oder vorzunehmen.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 125
Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen
E Problemstellungen und Lösungen in
ausgewählten Branchen
Die folgenden Beiträge stellen spezifische Problemstellungen und Lösungsansätze einzelner Branchen aus Verrechnungspreissicht dar. Gestaltungsmöglichkeiten und Herausforderungen ergeben sich aufgrund Veränderungen
im Marktumfeld auf der einen und Änderungen im regulatorischen Umfeld auf
der anderen Seite.
Im Folgenden werden zunächst die Auswirkungen und die Anwendbarkeit des
Authorised OECD Approach (AOA) auf die Einkünfteabgrenzung im Einlagengeschäft von deutschen Bankenbetriebsstätten erörtert. Hierbei wird dargestellt, wie der AOA in der Umsetzung in nationales Recht in § 1 AStG auf
Bankbetriebsstätten anzuwenden ist.
Seit einigen Jahren befindet sich der Energiesektor im Umbruch. Ein weiterer
Artikel befasst sich folglich mit den Veränderungen der Wertschöpfungskette
im Energiesektor infolge der Liberalisierung der Energiemärkte und der in
Deutschland verfolgten Energiewende. Dabei wird auch auf die aktuellen
Diskussionen zu BEPS im Hinblick auf die Veränderung der Wertschöpfungskette näher eingegangen.
Nicht zuletzt steht auch die Konsumgüterindustrie mit ihren Marken im
Wandel der Zeit. Die effektiven Steuerquoten sind nicht länger nur aus
steuerplanerischer Sicht von Interesse. Das PwC-Expertennetzwerk für die
Konsumgüterindustrie hat in einer umfangreichen Studie Steuerquoten von
Unternehmen der Konsumgüterindustrie und den Einfluss verschiedener
Faktoren auf die Steuerquote empirisch untersucht. Eine Zusammenfassung
der Studie ist in dieser Rubrik abgebildet.
In kaum einer anderen Branche lassen sich die Entwicklungen der
Globalisierung und Digitalisierung so beobachten wie im Bereich Transport
und Logistik. Um im weltweiten Wettbewerb den Kundenbedürfnissen nachzukommen, müssen Logistiker möglichst schnell und flexibel agieren. Diese
schnellen Veränderungen können zur Veränderung der branchenspezifischen
Wertschöpfungsbeitragsanalysen führen und Auswirkung auf die anzuwendenden Verrechnungspreissysteme haben, die in einem nachfolgenden
Beitrag näher erläutert werden.
126 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen
1 Die Einkünfteabgrenzung im Einlagengeschäft deutscher
Bankbetriebsstätten im Lichte des AOA
Von Dr. Ulf Andresen und Clarisse Müller
Um die Einlagen von Bankkunden zu schützen und das Vertrauen
in den Bankensektor sicherzustellen, wurde im Jahr 1994 in der
EU mit der Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates über Einlagensicherungssysteme die Einlagensicherung für Banken gesetzlich vorgeschrieben. Zusätzlich bieten
einzelne Banken oder Bankengruppen in vielen Ländern weitere
Sicherungen an, welche über die gesetzlichen Anforderungen
hinausgehen und diesen Instituten im Wettbewerb um Ein-lagen
Vorteile verschaffen sollen. Sowohl gesetzliche als auch freiwillige
Einlagensicherungen sind mit nicht unerheblichen Kosten für die
Institute verbunden. Dabei stellt sich gerade vor dem Hintergrund
der Umsetzung des Authorised OECD Approach (AOA) durch den § 1
AStG121 die Frage, wie diese Kosten in einer grenzüberschreitend
tätigen Bank Stammhaus und Betriebsstätten zuzuordnen sind.
Mit dem Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz wurde durch die Änderungen
im § 1 AStG die deutsche Rechtsgrundlage für die Umsetzung des AOA zur Einkünfteabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte geschaffen. Der von
der OECD veröffentlichte Betriebsstättenbericht vom 22. Juli 2010 (OECD PE
Report 2010) sieht die uneingeschränkte Selbstständigkeitsfiktion für Betriebsstätten sowie die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf die „anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen“ (sog. dealings) zwischen Stammhaus und Betriebsstätten oder zwischen Betriebsstätten vor. Er hat bereits im
Jahr 2010 Eingang in das OECD-Musterabkommen (OECD-MA) sowie den
OECD-Musterkommentar (OECD-MK) gefunden.
Aufgrund ihrer Organisationsstruktur, die typischerweise von Niederlassungen
geprägt ist, sind Banken von den Änderungen bei der Gewinnzuordnung in
besonderer Weise betroffen. Der OECD PE Report 2010 hat dieser Tatsache
Rechnung getragen und regelt in Part II speziell die Anwendung des AOA auf
Bankbetriebsstätten.
121
Redaktioneller Hinweis: Auf der Grundlage der in § 1 Abs. 6 AStG n. F. enthaltenen
Ermächtigung ist die „Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes
auf Betriebsstätten nach § 1 Absatz 5 des Außensteuergesetzes (Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung – BsGaV)“ am 17.10.2014 veröffentlicht worden. Siehe
BGBl. I 2014, 1603, Nr. 47.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 127
Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen
Da die Neuregelung des § 1 AStG erstmalig für Wirtschaftsjahre nach dem
31. Dezember 2012 Anwendung findet, stellt sich für in Deutschland tätige
Kreditinstitute seit dem Kalenderjahr 2013 die Frage, wie deren steuerlicher
Aufwand im Allgemeinen und deren Aufwand für die Einlagensicherung im
Besonderen künftig zwischen Stammhaus und Betriebsstätte aufzuteilen sind.
Anwendung des AOA auf Bankbetriebsstätten im
„OECD PE Report 2010“
Gemäß Part II des OECD PE Report 2010 ist der Ausgangspunkt für die Zuordnung des Einkommens die Verteilung der sogenannten Personalfunktionen
in einem Kreditinstitut. So definiert die OECD zunächst Personalfunktionen,
welche typischerweise in der Ausübung des klassischen Bankgeschäfts entweder
bei der Schaffung von Finanzaktiva oder bei deren anschließender Verwaltung
vorzufinden sind. Unter diesen Personalfunktionen sind die sogenannten
Key-Entrepreneurial-Risk-Taking- Funktionen (KERT-Funktionen) zu
identifizieren. Sie stellen diejenigen Funktionen dar, die für die relevanten
Entscheidungen im Zusammenhang mit der Übernahme und dem Management
von Kreditrisiken verantwortlich sind.122 Der Verteilung der KERT-Funktionen
folgt die Verteilung der Vermögenswerte, die die Bank zur Ausübung der
Funktionen benötigt bzw. die mit diesen Funktionen zusammenhängen. Der
Zuordnung der Vermögenswerte wiederum folgen die mit den ausgeübten
Funktionen und den zugeordneten Vermögenswerten verbundenen Risiken.
Aus dem sich so ergebenden Risikoprofil einer Betriebsstätte ergibt sich die
Höhe ihres Eigenkapitals als Risikopuffer und schließlich auch die Höhe ihres
Fremdkapitals, um die Finanzierung der Betriebsstätte zu komplettieren.
Entsprechend folgen Aufwand und Ertrag den zugehörigen Aktiva und Passiva.
In Bezug auf das Einlagengeschäft stellen die Einlagen handelsrechtlich
Verbindlichkeiten des Kreditinstituts gegenüber seinen Kunden dar. Insofern
handelt es sich nicht um unmittelbar einer Personalfunktion zuordenbare
Vermögensgegenstände der Bank. Die Zuordnung der Einlagen folgt vielmehr
der Zuordnung der durch sie finanzierten Finanzaktiva des Instituts. Die KERTFunktionen (z. B. die Entscheidung hinsichtlich der Festlegung der Volumina
und Konditionen des Einlagengeschäfts) sind regelmäßig dort angesiedelt,
wo sich die entscheidungsbefugten Mitarbeiter befinden. So ist es nicht
ungewöhnlich, dass diese beim Stammhaus angesiedelt sind, während die
Betriebsstätten lediglich mit der Verwaltung des vom Stammhaus betriebenen
Einlagen-geschäfts (z. B. dem Werben von Einlagenkunden) betraut sind.
Gemäß OECD PE Report 2010 wären die Vermögenswerte (d. h. ausgereichte
Darlehen) somit der Betriebsstätte zuzuordnen, in welcher die relevanten
122
Vgl. OECD: „2010 Report on the attribution of profits to permanent establishments“,
22.07.2010, Part II, Nr. 8
128 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen
KERT-Funktionen ausgeübt werden. Den Darlehen würden die Einlagen als
deren hauptsächliche Finanzierung und somit auch die mit dieser Finanzierung
verbundenen Kosten folgen. Sollten die KERT-Funktionen im Stammhaus
angesiedelt sein, so hätte dies im vorliegenden Fall zur Folge, dass die Beiträge
zur Einlagensicherung auch weltweit eingeworbener Einlagen als steuerlicher
Aufwand des Stammhauses anzusehen wären.
Auswirkungen der Neuregelung des § 1 AStG aus deutscher Sicht
Die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes setzt voraus, dass eine
Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG mit einer nahestehenden Person vorliegt. Im Rahmen der Änderungen des § 1 AStG wurde
im § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG der Begriff der Geschäftsbeziehung um sogenannte anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen zwischen den in
unterschiedlichen Staaten belegenen Betriebsstätten eines Steuerpflichtigen
erweitert.
Aufgrund der Selbstständigkeitsfiktion des § 1 Abs. 5 Satz 3 AStG sind einer
inländischen Betriebsstätte zunächst die Funktionen des Unternehmens,
die von ihrem Personal ausgeübt werden (Personalfunktionen), sowie die
Vermögenswerte, die sie zur Ausübung der ihr zugeordneten Funktionen
benötigt, zuzuordnen. Weiterhin ist eine Zuordnung der Chancen und Risiken
vorzunehmen, welche die Betriebsstätte aufgrund der ausgeübten Funktionen
und zugeordneten Vermögenswerte übernimmt. Schließlich ist der Betriebsstätte ein angemessenes Eigenkapital zuzuweisen. In einem weiteren Schritt
sind auf Basis dieser Zuordnung und der identifizierten anzunehmenden
schuldrechtlichen Beziehungen die Verrechnungspreise für diese Geschäftsbeziehungen nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu bestimmen.
Somit erfolgt die Zuordnung nach deutschem innerstaatlichem Steuerrecht
analog zur oben beschriebenen Zuordnung der OECD und sollte mithin auch
im Hinblick auf die Einkünfteabgrenzung des Einlagengeschäfts grundsätzlich
zu gleichartigen Ergebnissen führen.
Zu beachten ist jedoch, dass Deutschland im Gegensatz zur OECD einer
statischen Auslegung der Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) folgt, nach
der die OECD-Kommentierung nur in der im Zeitpunkt der Unterzeichnung
des DBA veröffentlichten Fassung maßgebend ist. Danach ist aus deutscher
Sicht zu prüfen, ob das zugrunde liegende DBA bereits den neuen Wortlaut
des Art. 7 OECD-MA 2010 und somit den AOA enthält. Für DBAs, die vor dem
17. Juli 2008 bzw. nach dem 17. Juli 2008, aber vor dem 22. Juli 2010 in Kraft
getreten sind, würden gemäß der statischen Auslegung die Altkommentierung
des OECD-MA 2003 bzw. der OECD-MK zu Art. 7 von 2008 und damit nicht
die volle Selbstständigkeitsfiktion zur Anwendung kommen. Aus deutscher
Transfer Pricing Perspective Deutschland 129
Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen
Sicht könnte dies für die Vergangenheit insbesondere im Hinblick auf die
Anwendung des Veranlassungsprinzips zu Unterschieden bei der Zuordnung
steuerlichen Aufwands führen.
Fazit
Aus deutscher Sicht kann die umfassende Selbstständigkeitsfiktion des AOA in
Einzelfällen künftig zu Zuordnungen führen, welche von denjenigen abweichen,
die sich nach dem OECD-MA 2003 bzw. dem OECD-MK 2008 ergeben haben.
Es besteht die Gefahr, dass die deutsche Finanzverwaltung aus fiskalischen
Gründen versucht sein könnte, eine dynamische Auslegung der DBAs zulasten
der Steuerpflichtigen anzuwenden. In diesen Fällen empfiehlt sich der nationale
Rechtsweg.
2 Veränderung der Wertschöpfungskette im Energiesektor
Von Dr. Ludger Wellens, Christoph Lamm und Alexander Rösch
Seit einigen Jahren erfährt der Energiesektor tief greifende
strukturelle Veränderungen – maßgeblich ausgelöst durch die auf
europäischer Ebene vorangetriebene Liberalisierung der Energiemärkte, neue regulatorische Rahmenbedingungen sowie die in
Deutschland eingeleitete Energiewende. Der vorliegende Artikel
gibt einen kurzen Überblick über die aktuellen Entwicklungen
in der Energiebranche und die möglichen Konsequenzen aus
Verrechnungspreissicht. Insbesondere wird im Lichte der
OECD-Initiative zu BEPS diskutiert, welche Auswirkungen die
Veränderung des Geschäftsmodells auf die Vergütung der an
der Wertschöpfungskette beteiligten Parteien eines Energieversorgungsunternehmens haben kann.
Strukturelle Änderungen im Energiesektor
Die Energiebranche befindet sich seit einiger Zeit in einem fundamentalen
Veränderungsprozess. Auf europäischer Ebene schreitet die Liberalisierung der
Energiemärkte voran und trägt damit zu einer Intensivierung des Wettbewerbs
bei. Die von der Bundesregierung beschlossene Energiewende – weg von
fossilen und nuklearen Energieträgern hin zu klimafreundlichen erneuerbaren
Energien – stellt die Energieversorgungsunternehmen in Deutschland vor
zusätzliche Herausforderungen.
Einerseits eröffnet dieser Wandel neue Chancen für die Marktteilnehmer.
Andererseits sehen sich insbesondere die traditionellen Energieversorger vor
die Herausforderung gestellt, ihre strategische und operative Ausrichtung zu
130 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen
überdenken, um im hart umkämpften Markt zu bestehen. Bestand der Markt in
der Vergangenheit noch aus einer begrenzten Anzahl von Marktteilnehmern
mit einer mehr oder minder klaren Rollenverteilung, führen Faktoren wie die
zunehmend dezentrale Energiegewinnung bei erneuerbaren Energien, die
Internationalisierung des Energiehandels oder die Öffnung der Stromnetze
für den Wettbewerb zu einer grundlegenden Veränderung der etablierten
Geschäftsmodelle.
Veränderung der etablierten Geschäftsmodelle bei
Energieversorgungsunternehmen
Geht man davon aus, dass sich die Wertschöpfungskette im Energiesektor aus
den vier Bestandteilen Rohstoffförderung/-beschaffung, Energieerzeugung,
Energietransport/-speicherung sowie Vertrieb an private/industrielle Endkunden zusammensetzt, liegt nach traditioneller Sichtweise der maßgebliche
Beitrag zum Unternehmenserfolg eines Energieversorgers in der Energieproduktion. Die strategische Planung, der Bau und die Finanzierung von
Kraftwerken für die Energieproduktion wurden folglich als entscheidende
Faktoren für den wirtschaftlichen Erfolg eines Energieversorgers erachtet.
Andere Funktionen im Wertschöpfungsprozess stellten dagegen aus der
klassischen Perspektive lediglich routinemäßige Support-Funktionen für
den Energieerzeuger dar. Dies galt ebenfalls für die im Konzern angesiedelte
Handelsaktivität (Trading), die den Energieproduzenten im Beschaffungsund Absatzprozess unterstützte. Aus Verrechnungspreissicht war der Energieproduzent demzufolge als Strategieführer zu bewerten, dem nach Abzug der
routinemäßigen Vergütung für sämtliche in der Wertschöpfungskette
beteiligten Parteien der Residualgewinn zustand.
Blickt man jedoch auf die aktuellen Entwicklungen im Energiesektor, gewinnt
die Trading-Funktion für Energiekonzerne an Bedeutung. Die Liberalisierung
der Energiemärkte führt zu verstärktem Wettbewerb, aber auch neuen Absatzchancen im In- und Ausland. Energie und energienahe Produkte werden
verstärkt an internationalen Energiebörsen gehandelt. Die Produktion und
Nutzung erneuerbarer Energien können in kürzester Zeit zu starken Über- und
Unterkapazitäten in den Stromnetzen führen. Faktoren wie diese erfordern ein
gut funktionierendes Risikomanagement zur Steuerung des Unternehmensportfolios. Die Handelsaktivitäten bei Energiekonzernen umfassen daher
mittlerweile die gesamte Bandbreite an Leistungen, angefangen bei der
Beschaffung von Rohstoffen über den Handel mit Energie und energienahen
Produkten, Sicherungsgeschäfte aller Art und die Erbringung energienaher
Finanzdienstleistungen bis hin zur Steuerung der Kraftwerksauslastung und der
Ressourcenallokation innerhalb des Konzerns. Die Trading-Funktion trifft
somit für den Unternehmenserfolg strategisch wichtige Entscheidungen und
übernimmt im Wertschöpfungsprozess eine immer bedeutendere Rolle.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 131
Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen
Zusammenhang mit der aktuellen BEPS-Diskussion
Die mit dem Wandel des Energiesektors einhergehenden Veränderungen der
Wertschöpfungskette müssen aus Verrechnungspreisperspektive nicht zuletzt
im Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion der OECD in ihrem Bericht
Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting gesehen werden. Insbesondere
die Maßnahmen 8 bis 10 des BEPS-Aktionsplans, die sicherstellen sollen, dass
Gewinne innerhalb eines Konzerns in Übereinstimmung mit den jeweiligen
Wertschöpfungsbeiträgen anfallen, sind hier von Bedeutung.123 Geht man nun
davon aus, dass die Handelsaktivität im Energiekonzern aufgrund ihrer zunehmenden Bedeutung über eine reine Routinefunktion hinausgeht, wäre
dieser Funktion ein aus Verrechnungspreissicht angemessener Teil des
Residualgewinns zuzuordnen, der im Rahmen einer umfangreichen Wertschöpfungsbeitragsanalyse zu ermitteln wäre. Folglich müsste die traditionelle
Verrechnungspreislogik einer routinemäßigen Vergütung für die TradingFunktion überdacht werden.
Fazit und Ausblick
Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Entwicklung in der Energiebranche ist es für die Marktteilnehmer in besonderem Maße empfehlenswert,
ihre konzerninternen Verrechnungspreissysteme zu überprüfen und diese
gegebenenfalls an die sich verändernden Geschäftsmodelle anzupassen. Hierdurch können einerseits zukünftige steuerliche Risiken minimiert, andererseits
Gestaltungsmöglichkeiten proaktiv genutzt werden. Die Entwicklung marktkonformer Vergütungsmechanismen ist in diesem Zusammenhang genauso
von Bedeutung wie die Erstellung einer umfassenden Verrechnungspreisdokumentation. Nicht zuletzt stellen bilaterale oder multilaterale Vorabverständigungsverfahren (Advance Pricing Agreements) auch für Energieversorger ein geeignetes Mittel zur Begrenzung zukünftiger Steuerrisiken dar,
insbesondere im Zuge einer Änderung der zugrunde liegenden Verrechnungspreissystematik.
123
Redaktioneller Hinweis: Ende 2014 wurden die ersten Diskussionsentwürfe für die
Maßnahmen 8 bis 10 des BEPS-Aktionsplans veröffentlicht. Eine Zusammenfassung
findet sich in Ausgabe 25 von Transfer Pricing Perspective Deutschland.
132 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen
3 PwC-Studie: Steuerquoten in der Konsumgüterindustrie
Von Susann van der Ham und Tanja Koch
Effektive Steuerquoten sind nicht länger nur aus steuerplanerischer Sicht von Interesse. Aktuell hat die Öffentlichkeit ein
reges Interesse daran, in welcher Höhe Konzerne Steuern bezahlen.
Dies gilt gerade für Unternehmen aus der Konsumgüterindustrie
mit oft bekannten und wertvollen Marken. Deshalb gilt es für viele
Unternehmen, den Spagat zwischen öffentlicher Meinung einerseits und Druck auf Kosten und Steuerquote andererseits zu
meistern. Das PwC-Expertennetzwerk für die Konsumgüterindustrie hat in einer umfangreichen Studie Steuerquoten von
Unternehmen der Konsumgüterindustrie und den Einfluss
verschiedener Faktoren auf die Steuerquote empirisch untersucht.
Steuerquoten im Vergleich
Für die 55 untersuchten Konzerne aus der Konsumgüterindustrie lag im
Jahr 2012/2013 die effektive Steuerquote124 zwischen 17,2 und 29,6 Prozent
(interquartile Bandbreite). Im Jahr 2011/2012 lag diese Bandbreite um circa
2 Prozent höher, im Jahr 2010/2011 in etwa auf dem gleichen Niveau wie
2012/2013. Im Vergleich zu anderen Branchen liegt diese Quote im unteren
Mittelfeld: Nur die Ingenieur- und Baubranche zeigte niedrigere Steuerquoten
(um 21 Prozent); dagegen hatten Konzerne aus dem Maschinen- und Anlagenbau und den Automobil-, Chemie- und Logistikbranchen eher höhere Steuerquoten.
Innerhalb der Konsumgüterindustrie waren die Steuerquoten für Tabakkonzerne am höchsten (über 30 Prozent), gefolgt von Herstellern von Textilund Luxusgütern (circa 27 Prozent), Nahrungsmitteln (circa 25 Prozent),
Haushaltsgütern (circa 22 Prozent) und Getränken (circa 20 Prozent).
Die effektiven Steuerquoten für Unternehmen mit Sitz in den USA, Frankreich
und Großbritannien lagen recht nah beieinander (zwischen 24 und 27,7 Prozent), obwohl die allgemeinen Körperschaftsteuersätze sich stark unterscheiden
(zwischen 24,4 und 39,1 Prozent).
124
Basierend auf Zahlen der veröffentlichten Gewinn-und-Verlust-Rechnung und definiert
als Rückstellungen für Steuern/Gewinn vor Steuern.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 133
Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen
Steuerquote: Einflussfaktoren
Die Studie ermittelte und bewertete auch die Gründe für unterschiedliche
Steuerquoten. Aus Verrechnungspreissicht sind folgende Beobachtungen
von Interesse:
● Je mehr internationales Geschäft ein Konzern aufweist (gemessen am
Umsatz, der im Ausland erzielt wird), desto geringer ist die Steuerquote. Die
internationale Geschäftstätigkeit reduzierte die Steuerquote um 2,8 Prozent.
Damit zeigt sich, dass die Möglichkeiten, die Steuerquote zu reduzieren, für
rein lokal tätige Unternehmen geringer sind als für internationale Konzerne.
● Für alle untersuchten Unternehmen war tatsächlich der Einfluss ausländischer Geschäftstätigkeit der drittwichtigste Einflussfaktor für die
Steuerquote. Für US-Unternehmen war es gar der wichtigste Einflussfaktor.
In den USA war auch der Einfluss der Sonderregelungen zu im Ausland
reinvestierten Gewinnen (unrepatriated foreign earnings) der Hauptgrund
dafür, dass die effektive Steuerquote im Vergleich zum allgemeinen Steuersatz deutlich niedriger lag.
● Steuerfreie Einkünfte von Tochtergesellschaften waren ein weiterer
wesentlicher Grund dafür, warum die effektive Steuerlast von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich war.
● Steuerliche Anreize, Vergünstigungen oder Gutschriften reduzierten die
Steuerquote im Durchschnitt um 4,9 Prozent. Dies ist auch gerade vor dem
Hintergrund der aktuellen, im Kontext von BEPS geführten Diskussion über
fairen Steuerwettbewerb beachtlich.
Fazit
Das Wissen über Steuerquoten in der Industrie kann eine wichtige Orientierung
geben, ob in einem Unternehmen noch Optimierungspotenziale bestehen und
wenn ja, welche bzw. bis zu welchem Maß Optimierungspotenziale mit Blick auf
das öffentliche Interesse tatsächlich genutzt werden sollten. Es ist empirisch
belegbar, dass eine internationale Geschäftstätigkeit durch die Möglichkeit der
Wahl der Organisation des internationalen Geschäfts und der Verrechnungspreisstrategie einen großen Einfluss auf die Konzernsteuerquote hat. Daneben
sollte allerdings auch beachtet werden, dass momentan im Rahmen der OECDInitiative zu BEPS die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten für internationale
Konzerne kritisch analysiert werden. Hier ist in Zukunft mit intensiverer
Prüfungsaktivität der Steuerbehörden, mit umfassenden Offenlegungsvorschriften für Konzerne und schließlich auch mit Änderungen bestehender
Vorschriften zu rechnen. Die Verrechnungspreisstrategie muss sich künftig
auch an diesen neuen Anforderungen orientieren.
134 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen
4 Verrechnungspreisherausforderungen in der Transportund Logistikbranche
Von Claudia Lauten, Holger Lorenzen und Dr. Sven Wehke
Im Konzernverbund international agierende Unternehmen
im Bereich Transport und Logistik sehen sich angesichts der
spezifischen Anforderungen der Branche auch besonderen
Verrechnungspreisthemen gegenüber.
Die Transport- und Logistikbranche vor dem Hintergrund
der Globalisierung
Die Kernaufgabe jedes Unternehmens der Transport- und Logistikbranche kann
sehr vereinfacht damit beschrieben werden, die richtige Menge eines Gegenstands (z. B. Güter, Personen, Informationen) zum richtigen Zeitpunkt am
richtigen Bestimmungsort in der zugesagten Eigenschaft und kostenoptimal zur
Verfügung zu stellen. Gemäß einer solchen Definition würden sich Transportund Logistikunternehmen als reine Dienstleistungserbringer darstellen, denen
im Wertschöpfungsprozess „lediglich“ die Aufgabe zukommt, einen reibungslosen Transport vom Ursprungs- zum Bestimmungsort zu organisieren. Eine
solche Charakterisierung verkennt die tatsächliche Wertschöpfung in einer
globalisierten, arbeitsteiligen Wirtschaft. In kaum einer anderen Branche lassen
sich die Entwicklungen der Globalisierung und Digitalisierung so spiegeln
wie im Bereich Transport und Logistik: Um im weltweiten Wettbewerb den
Kundenbedürfnissen nachzukommen, müssen Logistiker möglichst schnell und
flexibel agieren. Innovationen im Bereich der digitalen Kommunikation sowie
optimierte IT-Umgebungen sind die Basis für dynamische und effiziente
Arbeitsprozesse innerhalb der Transport- und Logistikbranche.
Im Zuge der Globalisierung ist bei Unternehmen im Bereich Transport und
Logistik ein internationales Profil fast unvermeidbar. Aus Verrechnungspreissicht ergeben sich angesichts der Anzahl und Volumina der konzerninternen,
grenzüberschreitenden Transaktionen grundsätzlich zahlreiche Fragestellungen
im Zusammenhang mit einer fremdüblichen konzerninternen Bepreisung. Die
besonderen Charakteristika der Branche stellen Steuerpflichtige darüber hinaus
vor die Herausforderung, den steuerlichen Fremdvergleich an die spezifischen
Anforderungen der Branche anzupassen.
Besonderheiten einer branchenspezifischen
Wertschöpfungsbeitragsanalyse
Der im Rahmen einer Verrechnungspreisanalyse stets im Vordergrund
stehenden Analyse von ausgeübten Funktionen, übernommenen Risiken sowie eingesetzten Wirtschaftsgütern kommt dabei besondere Bedeutung zu.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 135
Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen
Insbesondere innerhalb der Transport- und Logistikbranche sollte eine
detaillierte Analyse die im Konzernverbund genutzten und gegebenenfalls
zentral zur Verfügung gestellten immateriellen Wirtschaftsgüter sowie weitere
Wertschöpfungsbeträge identifizieren und adäquat vergüten. Für die Branche
typisch ist dabei die Frage, inwiefern eine zentrale Dachmarkenverrechnung
angemessen ist. Für andere immaterielle Wirtschaftsgüter, wie zum Beispiel
spezielle IT-Lösungen, lassen sich sowohl Pooling-Lösungen als auch zentrale
Verrechnungen in Form einer Lizenz oder Franchise Fee darstellen. Im Rahmen
einer Franchise Fee werden dabei gegebenenfalls auch weitere zentral bereitgestellte Wertschöpfungselemente, wie zum Beispiel konzernweit einheitliche
Standards und Know-how, Trainings- und andere Unterstützungsleistungen,
eingepreist.
Als besondere Wertschöpfungsbeiträge in der Transport- und Logistikbranche
müssen die Existenz, Entwicklung und Pflege eines weltweiten Netzwerks über
verbundene Gesellschaften gelten, das die eigentliche Grundlage für erfolgreiche Geschäftsbeziehungen zu externen Kunden darstellt und als wesentliche
Synergie innerhalb weltweit agierender Unternehmen zu sehen ist. Derartige
gruppenweite Synergieeffekte hat die OECD auch im Rahmen der BEPSInitiative (speziell Maßnahme 8) im September 2014 adressiert, indem eine
Ergänzung des Kapitels I der OECD-Richtlinien vorgeschlagen wurde.125 Dabei
wird zwar grundsätzlich herausgestellt, dass wichtige Gruppensynergien, die
auf bewusste Gruppenentscheidungen zurückgehen, im Verhältnis zu den
jeweiligen Beiträgen zum Entstehen der Synergien unter den Gruppenmitgliedern aufzuteilen sind, jedoch bleibt gerade in der Transport- und Logistikbranche die entscheidende Frage, ob ein solches Netzwerk als Gruppe geführt
werden kann oder ob eine zentrale Steuerung notwendig ist. Viele Unternehmen in dieser Branche haben sich für einen zentralistischen Ansatz
entschieden. Weitere verrechnungspreisrelevante Besonderheiten der Branche,
wie zum Beispiel die Zuordnung und Vergütung von Konzerngesellschaften
mit globalen Key Accounts, sind zu berücksichtigen, um den speziellen Anforderungen des steuerlichen Fremdvergleichs nachzukommen. Dies erfordert
praktische Erfahrungen mit den spezifischen Besonderheiten der vernetzten
Transport- und Logistikbranche, um maßgeschneiderte und praxiserprobte
Lösungen implementieren zu können. Diese Verrechnungspreislösungen sollen
sowohl effizient und einfach in der Anwendung sein als auch das weltweite
Risiko minimieren, das aus den verrechnungspreisspezifischen Anforderungen
der jeweiligen Finanzverwaltungen resultiert.
125
Redaktioneller Hinweis: Am 19.12.2014 hat die OECD ein Diskussionspapier zu den
BEPS-Maßnahmen 8, 9 und 10 veröffentlicht, www.oecd.org/ctp/-pricing/discussiondraft-actions-8-9-10-chapter-1-tp-guidelines-risk-recharacterisation-specialmeasures.htm.
136 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aus unserer Praxis
F Aus unserer Praxis
Innerkonzernliche Verrechnungspreise erfüllen mehrere wesentliche
Funktionen für das Unternehmen. Im Nachfolgenden werden anhand von
Praxisbeispielen die effektive Implementierung von Verrechnungspreisen als
Schnittstellenthema von Steuern und Controlling sowie Zielkonflikte zwischen
betriebswirtschaftlichem und steuerlichem Berichtswesen dargestellt. Im Anschluss wird die Interne Revision als Instrument der Prüfung und Optimierung
der Verrechnungspreisermittlung vorgestellt. Diese Themen werden durch
grundsätzliche Praxisüberlegungen zur Implementierung der Kostenaufschlagsmethode beim Cash Pooling sowie durch einen Überblick über die deutschen
Besonderheiten bei der Erstellung von Datenbankanalysen ergänzt.
1 Effektive Implementierung von Verrechnungspreisen als
Schnittstellenthema von Steuern und Controlling
Von Ina Sprenger und Henning Damköhler
International aktive Konzerne agieren in einem Umfeld
zunehmender Globalisierung und mit komplexen Geschäftsmodellen. Komplexe Geschäftsmodelle führen zu einer Vielzahl
an konzerninternen Liefer- und Leistungsbeziehungen und
Transaktionen. Sowohl die derzeit geführte BEPS-Diskussion126
als auch die zunehmende Aggressivität der Finanzverwaltungen
sowie die insbesondere in Deutschland bestehenden umfassenden
Dokumentationspflichten erfordern aus Prozess- und Controllingsicht eine effektive Implementierung, Optimierung und
Dokumentation der Verrechnungspreissysteme.
Erfahrungsgemäß stellt sich die Frage der effektiven Implementierung von
Verrechnungspreissystemen regelmäßig anlässlich von Betriebsprüfungen und
Umstrukturierungen, aber auch beispielsweise infolge von Prüfungshandlungen
der Internen Revision.127 Dabei erfordert die effektive Implementierung eines
126
127
Vgl. Wellens/Kammer: „OECD: Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting –
Neuordnung der internationalen Unternehmensbesteuerung?“, Transfer Pricing
Perspective Deutschland, Ausgabe 20, November 2013; wesentlicher Diskussionspunkt ist dabei u. a. die Forderung nach mehr Transparenz bezüglich der Geschäftstätigkeit multinationaler Unternehmen.
Vgl. Kapitel F.3 „Die Interne Revision als Instrument der Prüfung und Optimierung der
Verrechnungspreisermittlung“.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 137
Aus unserer Praxis
Verrechnungspreissystems jeweils die Berücksichtigung steuerlicher,
rechtlicher, operativer sowie system- und prozesstechnischer Anforderungen.128
Um alle Anforderungen effektiv umsetzen zu können, müssen die betroffenen
Abteilungen und Funktionen bei einer Implementierung oder Optimierung des
Verrechnungspreissystems eingebunden sein.
Aus Controllingsicht ist das Verrechnungspreissystem idealerweise derart
implementiert, dass
● alle Beteiligten integriert und abgestimmt agieren,
● Rollen und Verantwortlichkeiten klar definiert sind,
● systemtechnisch sowohl eine steuerliche als auch eine betriebswirtschaftliche Unternehmenssicht verfügbar ist,
● Budgets erfüllt und fremdvergleichskonforme, funktionsgerechte
Margen erzielt werden,
● konzerninterne (grenzüberschreitende) Geschäftsvorfälle einfach
identifiziert und kategorisiert werden können,
● ein zentrales System für die Finanz- und Managementberichterstattung
existiert,
● ein zeitnaher Zugriff auf Ist- und Prognosedaten besteht und
● vollständige, akkurate und gültige Daten vorliegen.
Aspekte der Verrechnungspreisimplementierung
In der Vergangenheit haben international agierende Konzerne oftmals eine
Verrechnungspreisrichtlinie nur mit dem Ziel der Erfüllung der wesentlichen
Dokumentationspflichten aufgesetzt. Diese wurde dabei erfahrungsgemäß aus
Sicht der Steuerabteilung entworfen. Wenn im Rahmen von Betriebsprüfungen
oder Umstrukturierungen bestehende Verrechnungspreisrichtlinien hinsichtlich ihrer effektiven Implementierung validiert/geprüft werden, offenbart sich nicht selten ein unterschiedliches Verständnis der verwendeten
Begrifflichkeiten in Abhängigkeit der involvierten Abteilungen (z. B. Steuern,
Controlling, Supply Chain Management, IT).
Verrechnungspreisrichtlinie versus Verrechnungspreishandbuch
Aus deutscher Verrechnungspreissicht ist der Steuerpflichtige zwar nicht dazu
verpflichtet, eine Verrechnungspreisrichtlinie zu verfassen. Wenn jedoch eine
entsprechende Verrechnungspreisrichtlinie existiert, wird diese mittlerweile
regelmäßig im Rahmen von Betriebsprüfungen seitens der deutschen Finanzverwaltung angefordert und auf ihre Einhaltung hin überprüft. Zwecks einer
effektiven Implementierung des definierten Verrechnungspreissystems ist
128
Vgl. Kapitel F.2 „Zielkonflikte zwischen betriebswirtschaftlichem und steuerlichem
Berichtswesen: Steuern versus Steuerung“.
138 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aus unserer Praxis
neben einer Verrechnungspreisrichtlinie regelmäßig ein Verrechnungspreishandbuch mit konkreten Handlungsanweisungen sehr empfehlenswert.
Eine Verrechnungspreisrichtlinie ist dabei von einem Verrechnungspreishandbuch hinsichtlich des Adressatenkreises, des Ziels und Inhalts zu unterscheiden. Dabei zielt ein Verrechnungspreishandbuch gegenüber einer
Verrechnungspreisrichtlinie auf die effektive Implementierung des definierten
Verrechnungspreissystems ab. Die Verrechnungspreisrichtlinie ist an die
Finanzverwaltung und somit an einen externen Adressatenkreis gerichtet,
wohingegen ein Verrechnungspreishandbuch sich ausschließlich an unternehmensinterne Adressaten wie insbesondere das Controlling, die operativen
Abteilungen und die Finanzabteilung richtet. Es beinhaltet im Gegensatz
zur reinen Verrechnungspreissicht in Form der Konzeptionierung und
Dokumentation des Verrechnungspreissystems sowie dessen Verteidigung im
Rahmen einer Betriebsprüfung die Planung, die unterjährige Aktualisierung,
das Monitoring sowie die Validierung der Verrechnungspreise auf Basis eines
Plan-Ist-Abgleichs aus operativer und Controllingsicht.
Unterschiedliche Sichten auf das Unternehmen
Die verrechnungspreisspezifische Sicht unterscheidet sich regelmäßig von der
betriebswirtschaftlichen Sicht auf das Unternehmen.
Aus verrechnungspreisspezifischer Sicht wird zwischen Routineunternehmen,
Strategieträgern und Hybridunternehmen unterschieden. Die betriebswirtschaftliche Sicht hingegen richtet sich häufig nach der Sicht, die das
Management für Steuerungszwecke nutzt, wie zum Beispiel eine Produktgruppensicht. In der Regel stehen aggregierte Unternehmensdaten nur für
die Managementsicht „auf Knopfdruck“ zur Verfügung. In Abhängigkeit vom
verwendeten ERP-System sind dabei unterschiedliche Sichten auf die einzelnen
konzerninternen Transaktionen möglich.
Weitere Beispiele für notwendige und klare Definitionen der verwendeten
Begrifflichkeiten sind die steuerlichen Verrechnungspreise versus interne
Verrechnungspreise sowie die Differenzierung nach Steuersubjekt und
Steuerungsobjekt. Aus steuerlicher Sicht sind die Verrechnungspreise zwischen
den jeweiligen beteiligten rechtlichen Einheiten unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes steueroptimal zu vereinbaren. Demgegenüber stehen aus
betriebswirtschaftlicher Sicht die Optimierung des Konzernergebnisses und der
Ressourcenallokation, eine verursachungsgemäße Verrechnung der Leistungsund Kostenströme sowie die Förderung der Zusammenarbeit in der Wertschöpfungskette im Vordergrund.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 139
Aus unserer Praxis
Diese Beispiele sollen zeigen, wie wichtig es ist, dass die verwendeten
Begrifflichkeiten in der Verrechnungspreisrichtlinie oder dem Verrechnungspreishandbuch eindeutig definiert und unmissverständlich verwendet werden.
OECD-Ansatz: Price Setting versus Outcome Testing
Aus Verrechnungspreissicht erfordern sowohl der von der OECD diskutierte
Price-Setting-Ansatz als auch der in der Praxis oftmals angewandte OutcomeTesting-Ansatz für die Ermittlung von Verrechnungspreisen systemseitig einen
unterschiedlichen Detaillierungsgrad an Auswertungen.
Der sogenannte Price-Setting-Ansatz stellt dabei für die Verrechnungspreisermittlung auf die verfügbaren Informationen zum Zeitpunkt der Begründung
der Transaktion ab und unterstellt einen regelmäßigen Plan-Ist-Abgleich. Das
heißt, die Ermittlung der Verrechnungspreise basiert auf der operativen Unternehmensplanung inklusive Produktkostenkalkulation der produzierenden und
verkaufenden Einheiten. Demgegenüber geht der Outcome-Testing-Ansatz von
den verfügbaren Informationen aus, die zum Zeitpunkt der Erstellung des
handelsrechtlichen Jahresabschlusses vorliegen. Entsprechend werden rückwirkende Anpassungen auf Basis von zum Beispiel Benchmarkingstudien vorgenommen.
Oftmals ist in der Praxis eine heterogene Prozess- und IT-Landschaft vorzufinden, die manuelle Anpassungen zwischen Reporting (Plan, Budget und
Ist), Verrechnungspreiskalkulation und dem ERP-System beinhaltet. Ein
prozess- und kosteneffizientes Verrechnungspreissystem erfordert jedoch
unabhängig vom gewählten Ansatz eine integrierte Prozess- und IT-Landschaft.
Beispiel
Die D-GmbH vertreibt ihre in Deutschland produzierten Produkte weltweit
über lokale Vertriebsgesellschaften. Diese agieren als Eigenhändler gegenüber
den lokalen Kunden (Verkauf im eigenen Namen und auf eigene Rechnung).
Lager-, Gewährleistungs- und Währungsrisiken werden vom deutschen
Produzenten übernommen.
Aus Verrechnungspreissicht ist sicherzustellen, dass die lokalen Vertriebsgesellschaften eine geringe, aber stabile Nettomarge entsprechend ihrem
begrenzten Routinefunktions- und Risikoprofil erzielen. Die Verrechnungspreise zwischen der D-GmbH und den lokalen Vertriebsgesellschaften werden
aus den externen Preislisten abgeleitet (Anwendung der Wiederverkaufspreismethode) und quartalsweise auf Basis der transaktionsbezogenen Nettomargenmethode verifiziert. Das heißt, für Controllingzwecke sind die effektiven
Nettomargen pro Produkt/Produktgruppe auf Ebene der lokalen Vertriebsgesellschaften und die Produktionskosten auf Ebene des Produzenten zu
140 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aus unserer Praxis
planen, unterjährig zu überprüfen (Monitoring) und zu dokumentieren. In
Abhängigkeit von der Anzahl der Produkte/Produktgruppen und Produktionssowie Vertriebsstufen kann das Verrechnungspreissystem entsprechend
komplex sein.
Fazit
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Implementierung von
Verrechnungspreissystemen erfahrungsgemäß nicht auf die steuerliche
Konzeptionierung begrenzt ist, sondern für die effektive Umsetzung auch aus
Prozess- und Controllingsicht bestehende Interdependenzen zu beachten sind.
Dabei sind insbesondere die Anforderungen aus steuerlicher Verrechnungspreissicht zwischen den Bereichen Steuern, Finanzen und Controlling sowie
IT abzustimmen. Dies zielt darauf ab, sowohl die erforderliche Transparenz
des Zahlenwerks im Rahmen von Planung und Reporting sicherzustellen als
auch die technischen Rahmenbedingungen zu identifizieren, um unterjährige
Diskussionen und Abstimmungsbedarf zu reduzieren sowie effiziente Prozesse
zu schaffen.
2 Zielkonflikte zwischen betriebswirtschaftlichem und
steuerlichem Berichtswesen: Steuern versus Steuerung
Von Susann van der Ham und Thomas Weber
Betriebswirtschaftliche und steuerliche Anforderungen an das
Berichtswesen werden stetig komplexer. Die Aufgabe des Berichtswesens ist dabei die Bereitstellung sämtlicher führungs- und
entscheidungsrelevanter Informationen zur Unterstützung des
Managements bei der Vorbereitung und der Kontrolle von
Entscheidungen. Zugleich dienen die vom Berichtswesen bereitgestellten Informationen auch der Schaffung von Transparenz im
Rahmen des externen Rechnungswesens sowie der Ermittlung
steuerlich relevanter Unternehmenskennzahlen.
Die Perspektive des jeweiligen Berichtsempfängers bestimmt dabei in
erheblichem Maße die Form der Aufbereitung bzw. die Organisationseinheit,
für die die Berichtsdaten ermittelt werden. Entscheidungen der Unternehmensleitung zielen oftmals auf Sparten oder Geschäftsbereiche ab oder orientieren
sich an den Erfolgen definierter Managementeinheiten oder Unternehmensbereiche. Dabei spielen oftmals Überlegungen zur Maximierung des
Konzernerfolgs, zur optimalen Ressourcenallokation und zur Förderung der
Zusammenarbeit über die gesamte Wertschöpfungskette eine Rolle. Demgegenüber ist das externe Berichtswesen eher ausgerichtet auf Legal-Einheiten,
Transfer Pricing Perspective Deutschland 141
Aus unserer Praxis
eine steuerlich sachgerechte Einkünfteabgrenzung, die Einhaltung gesetzlicher
Vorschriften, Fremdüblichkeit und gegebenenfalls auf die Optimierung der
Steuern im Konzern. Anreizsetzungen des Managements für bestimmte
Organisationseinheiten bergen dabei oftmals Risiken und Herausforderungen
im Hinblick auf eine steuerlich korrekte bzw. fremdübliche Gewinnverteilung
zwischen allen Unternehmensgesellschaften.
Für welche Unternehmen ist das Thema relevant?
Von dem Thema sind Unternehmensgruppen jeder Größe und Branche
betroffen. Eine besondere Herausforderung ergibt sich für internationale
Unternehmensgruppen, die in signifikantem Umfang grenzüberschreitende
Geschäftsbeziehungen zwischen den Gruppenunternehmen unterhalten und/
oder zentrale Managementfunktionen implementiert haben. Beispielsweise
vertragen sich in vielen Fällen die steuerlich als fremdüblich einzustufenden
Geschäftsbeziehungen von Gruppengesellschaften, die Routinetätigkeiten
ausüben, nicht mit dem Ziel einer motivierenden Anreizsetzung für das
Management einer solchen Gesellschaft.
In welcher Form unterstützen wir?
Mit unserem steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Know-how unterstützen
wir bei der Planung und Implementierung von Verrechnungspreissystemen,
die sowohl aus betriebswirtschaftlicher als auch aus steuerlicher Sicht den
gesetzlichen Vorgaben entsprechen und die erforderlichen Steuerungsmechanismen bereithalten. Sofern erforderlich, können dabei auch umsatzsteuerliche und zollrechtliche Problemstellungen bei der Lösung berücksichtigt
werden.
3 Die Interne Revision als Instrument der Prüfung und
Optimierung der Verrechnungspreisermittlung
Von Dorothea Mertmann, Marie-Melanie Bentzien-Wilkens und
Dr. Christoph Sommer
Durch das zunehmende Volumen des innerkonzernlichen Lieferund Leistungsverkehrs hat der vom Unternehmen ermittelte
Verrechnungspreis eine steigende Bedeutung erlangt. Es wird
allgemein erwartet, dass diese Bedeutung des innerkonzernlichen
Verrechnungspreises, teilweise auch als Transferpreis bezeichnet,
weiter steigt und vermehrt in den Fokus von Finanzbehörden, aber
auch der Öffentlichkeit („Zahlung fairer Steuern“) gerät.
142 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aus unserer Praxis
Die innerkonzernlichen Verrechnungspreise erfüllen mehrere wesentliche
Funktionen für das Unternehmen. Einerseits dienen sie unter Beachtung des
Fremdvergleichsgrundsatzes als Basis für eine steuerlich angemessene Gewinnallokation.129 Andererseits bilden sie die Grundlage für das Managementreporting für Zwecke der Unternehmenssteuerung und einer optimalen
betriebswirtschaftlichen Gestaltung der Wertschöpfungskette.130 Nur durch die
korrekte und nachvollziehbare Implementierung der Prozesse zur Ermittlung
der Verrechnungspreise kann zu einem anhaltenden Unternehmenserfolg
beigetragen werden.131 Die Erreichung dieses Ziels verlangt nach einer regelmäßigen, professionellen und unabhängigen Prüfung der Verrechnungspreise
und des Verrechnungspreisbildungsprozesses.
Für eine professionelle und von den gegebenenfalls widerstreitenden Zielen
der Organisationseinheiten des Unternehmens/Konzerns unabhängige Prüfung
ist die Interne Revision bestens geeignet. Wie die nachfolgende Definition
der modernen Internen Revision zeigt, werden dabei nicht nur objektive und
unabhängige Prüfungshandlungen durchgeführt. Vielmehr können durch
Handlungsempfehlungen/Beratung Verbesserungspotenziale aufgezeigt und
ein Mehrwert für das Unternehmen erreicht werden.132
Definition und Einordnung der Internen Revision
Die Interne Revision ist vom amerikanischen Institute of Internal Auditors
(IIA) und dem Deutschen Institut für Interne Revision e. V. (DIIR) wie
folgt definiert: „Die Interne Revision erbringt unabhängige und objektive
Prüfungs- und Beratungsdienstleistungen, welche darauf ausgerichtet
sind, Mehrwerte zu schaffen und die Geschäftsprozesse zu verbessern. Sie
unterstützt die Organisation bei der Erreichung ihrer Ziele, indem sie mit
einemsystematischen und zielgerichteten Ansatz die Effektivität des Risiko-
129
130
131
132
Vgl. Renz/Weidlich: „Risikomanagement bei Verrechnungspreisen – welche Eingriffsmöglichkeiten die Konzernsteuerabteilung benötigt“, Transfer Pricing Perspective
Deutschland, Ausgabe 18, Mai 2013.
Vgl. van der Ham/Heyne/Hutten: „Interdependenzen zwischen Tax-Reporting
und Managementreporting am Beispiel der Vertriebssteuerung“, Transfer Pricing
Perspective Deutschland, Ausgabe 14, Mai 2012.
Vgl. auch Fiehler/Sommer: „Die Wertschöpfungsbeitragsanalyse als Instrument der
Verrechnungspreisbildung“, Transfer Pricing Perspective Deutschland, Ausgabe 8,
November 2010.
Vgl. auch Deutsches Institut für Interne Revision e. V., www.diir.de/ueber-das-diir/,
letzter Zugriff am 24.05.2014.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 143
Aus unserer Praxis
managements, der Kontrollen und der Führungs- und Überwachungsprozesse
bewertet und diese verbessern hilft.“133
Die Interne Revision ist zumeist als unabhängige Organisationseinheit direkt
der obersten Geschäftsleitungsebene zugeordnet. Sie unterstützt die Geschäftsleitung und nachgeordnete Ebenen, indem sie objektiv und unabhängig Unternehmensprozesse prüft, Risiken identifiziert und Verbesserungspotenziale
aufzeigt.
In Deutschland tätige Unternehmen unterliegen verschiedenen gesetzlichen
Anforderungen hinsichtlich der Internen Revision. Beispielsweise sind Aktiengesellschaften gemäß § 91 Abs. 2 AktG zur Einrichtung eines Überwachungssystems verpflichtet. Für Banken, Versicherungen und Investmentgesellschaften
gelten darüber hinaus weiterführende Vorschriften.134 Ferner veröffentlichen
Institutionen wie das IIA und das DIIR Standards beispielsweise zum Risikomanagement, zum Qualitätsmanagement oder zur Geldwäsche, die eine
öffentliche, regulatorische Wirkung entfalten.
Interne Revision bei Verrechnungspreissachverhalten
Die Interne Revision beantwortet im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen
beispielsweise folgende Prüfungsfragen:
● Wurden die Verrechnungspreise entsprechend den steuerlichen Vorschriften
und den betriebswirtschaftlichen Vorgaben gebildet?
● Sind die notwendigen Unternehmensprozesse zur Verrechnungspreisermittlung schriftlich fixiert?
● Wurden notwendige Kontrollen bei der Verrechnungspreisermittlung beachtet?
● Sind die Parameter zur Verrechnungspreisermittlung aktuell und werden sie
nachvollziehbar regelmäßig auf Aktualität geprüft?
● Sind die gesetzlichen Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation erfüllt?
Bei den Prüfungen der Internen Revision kommen regelmäßig die vier
wesentlichen Revisionsarten zur Anwendung:
● Compliance Audit
● Financial Audit
● Operational Audit
● Management Audit
133
134
https://na.theiia.org/standards-guidance/mandatory-guidance/Pages/Definition-ofInternal-Auditing.aspx, letzter Zugriff am 26.05.2014.
Vgl. hierzu § 25a Abs. 1 Nr. 1 KWG, § 64a Abs. 1 VAG sowie www.bafin.de/DE/
Aufsicht/BankenFinanzdienstleister/Risikomanagement/Risikomanagement_node.html,
letzter Zugriff am 26.05.2014.
144 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aus unserer Praxis
In Ausübung ihrer Tätigkeit wird die Interne Revision beispielsweise die
Richtigkeit der gebildeten Verrechnungspreise auf Basis der abgeschlossenen
Verträge, vorliegenden Kalkulationen sowie weiterer Informationen prüfen.
Hierzu gehören auch die Abbildung der Verrechnungspreise im Buchhaltungssystem sowie die Untersuchung von Schnittstellen und Verantwortlichkeiten
zwischen der Steuer-, Controlling- und Buchhaltungsabteilung.
Ist die unternehmenseigene Interne Revision aus personellen oder fachlichen
Gründen nicht in der Lage, solche komplexen Prüfungen allein durchzuführen,
sollten externe Experten unterstützend hinzugezogen werden.
Nach Abschluss der Prüfung nimmt die Interne Revision eine fachliche
Bewertung der vorgefundenen Regelungen vor und gibt regelmäßig Handlungsempfehlungen für eine bessere Gestaltung der untersuchten Prozesse. Die
Bewertung der Handlungsempfehlungen der Internen Revision und ein
Beschluss zu deren Umsetzung sind und bleiben Aufgaben der Geschäftsleitung.
Fazit
Die Interne Revision stellt ein Instrument der Unternehmensführung dar,
das eine „nachhaltige Sicherung des Unternehmenserfolges […] durch stete
und gründliche Überwachung“135 gewährleisten kann. Insbesondere im
Verrechnungspreiskontext prüft die Interne Revision als unabhängige Kontrollinstitution die Einführung und stetige Aktualisierung von Verrechnungspreisrichtlinien des Unternehmens, die Einhaltung gesetzlicher Regelungen, zum
Beispiel Dokumentationsvorschriften, und die Abbildung der Verrechnungspreisbildung im IT-System des Unternehmens. Basierend auf den Prüfungsergebnissen entwickelt die Interne Revision Handlungsempfehlungen zur
Verbesserung des Verrechnungspreisbildungs- und Dokumentationsprozesses.
Die damit einhergehende Prozessverbesserung und die Einhaltung der
gesetzlichen Vorschriften generieren regelmäßig einen Mehrwert für das
Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Sicht.
135
Deutsches Institut für Interne Revision e. V., www.diir.de/ueber-das-diir/, letzter Zugriff
am 24.05.2014.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 145
Aus unserer Praxis
4 Grundsätzliche Überlegungen zur Implementierung der
Kostenaufschlagsmethode beim Cash Pooling
Von Dr. Abraham Ackerman, Gerrit Halbach und Dr. Benjamin Protte
Aktuell wird die Angemessenheitsanalyse von konzerninternen
Cash-Pooling-Transaktionen in der internationalen Verrechnungspreispraxis kontrovers diskutiert, wobei insbesondere die Frage
der angemessenen Verrechnungspreismethode im Fokus steht.136
Unterschiedliche Cash-Pooling-Konstellationen und ihre
Implikationen
Vorab ist festzuhalten, dass in der Praxis verschiedenste Konstruktionen von
Liquiditätsbündelungen unter dem Begriff „Cash Pooling“ zusammengefasst
werden. Das einheitliche Ziel liegt unstrittig darin, durch ein Zusammenwirken Synergien im Konzernverbund zu generieren und zu nutzen. Die so
entstehenden Synergievorteile sind aus Verrechnungspreissicht fremdüblich
zwischen allen grenzüberschreitend Beteiligten zu allozieren. Die herausfordernde Aufgabe „Aufteilung bzw. Vergütung von Gruppensynergien“ wird
auch im Rahmen des zu Maßnahme 8 der hochaktuellen BEPS-Initiative
veröffentlichten Berichts adressiert.137
Unabhängig von der übereinstimmenden Zielsetzung lassen sich gruppenweite
Cash-Pooling-Systeme in unterschiedlichen Ausgestaltungen beobachten. Dies
betrifft insbesondere (1) abweichende Arten des Cash Pooling (physisch versus
virtuell), (2) differenzierte vertragliche Ausgestaltungen (sowohl im Außenverhältnis zwischen Cash-Pool-Führer und der Bank als auch im Innenverhältnis zwischen Cash-Pool-Führer und teilnehmenden Cash-PoolGesellschaften), (3) verschiedene Funktionen und Risiken der Vertragsparteien
und (4) die tatsächlich vorhandene ökonomische Substanz des Cash-PoolFührers. Angesichts dieser vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten sollte
deutlich werden, dass eine pauschal angewandte Kostenaufschlagsmethode
nicht zwangsläufig zu verlässlichen Ergebnissen im Sinne des steuerlichen
Fremdvergleichs führt.
136
137
Vgl. Hülshorst/Kuzmina/Wehke: „Fremdübliche Methodenwahl beim Cash-Pooling“,
in: Der Betrieb, 22.08.2014, Heft 34, S. 1887; Schreiber/Bubeck: „Fremdvergleich
beim internationalen Cash Pool“, in: Der Betrieb. 02.05.2014, Heft 18, S. 980;
Schreiber/Bubeck: „Internationales Cash Pooling – aktuelle Entwicklungen“, in:
NWB Verrechnungspreise direkt digital, 15.07.2014.
Vgl. OECD (2014): „Guidance on Transfer Pricing Aspects of Intangibles“,
OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing,
http://dx.doi.org/10.1787/9789264219212-en.
146 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aus unserer Praxis
Wahl der Verrechnungspreismethode für die Vergütung des CashPool-Führers
Für die Wahl der angemessenen Methode werden aktuell insbesondere die zwei
konträren Methoden „Preisvergleichsmethode“ (auf Basis von Marktzinsen)
und „Kostenaufschlagsmethode“ (Dienstleistungsentgelt) intensiv diskutiert.
Die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode impliziert die Klassifizierung
des Cash-Pool-Führers als Routineunternehmen, dessen Tätigkeit als Dienstleistung anzusehen ist, für die ein kostenbasiertes Dienstleistungsentgelt angemessen erscheint. Im Einzelnen würde dies bedeuten, dass der Cash-PoolFührer im Rahmen der Verwaltung des Cash Pool stets nur Dienstleistungen
mit sehr eingeschränkten Funktionen erbringt, keine bedeutenden Risiken trägt
und keine bzw. zumindest keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter
einsetzt. Bei den in der Praxis vorkommenden Cash-Pooling-Strukturen übernimmt der Cash-Pool-Führer häufig jedoch komplexe Funktionen, Risiken und
Wertbeiträge, sodass eine standardisierte Anwendung der Kostenaufschlagsmethode nicht angemessen erscheint. Besonders kritisch erscheint die Übernahme von finanziellen Risiken (u. a. Liquiditäts-, Forderungsausfall- und
Währungsrisiken). Diesbezüglich sind die vertraglichen Vereinbarungen
hinsichtlich bestehender Garantien und Haftungstat-bestände im Einzelfall zu
analysieren. Erfahrungsgemäß werden die wesentlichen finanziellen Risiken in
der Praxis häufig vom Cash-Pool-Führer getragen.
Darüber hinaus sind diverse Implementierungsschwierigkeiten an die Kostenaufschlagsmethode geknüpft. Zu diesen zählen in der Praxis die häufig
problematische Quantifizierung der Kostenbasis mangels segmentierter
Rechnungslegung sowie die weiterhin ungelöste Gewinnverteilung zwischen
den Cash-Pooling-Teilnehmern.
Neben der Kostenaufschlagsmethode kommen weiterhin insbesondere der
Preisvergleich und die Gewinnaufteilungsmethode in Betracht. Bei der Preisvergleichsmethode sind vergleichbare Bankzinsen für die im Cash Pool
vereinbarten Soll- und Habenzinsen zu identifizieren, da diese konkrete
Handlungsalternativen für die Cash-Pool-Teilnehmer darstellen. Zwar wird
häufig die Vergleichbarkeit von Marktzinsen mit konzerninterner Finanzierung
infrage gestellt, jedoch müssen bankübliche Soll- und Habenzinssätze im
Regelfall bei der Fremdvergleichsanalyse mit einbezogen werden, da sich
diese Preise für die Teilnehmer aus real verfügbaren Alternativtransaktionen
ergeben. Dies gilt insbesondere in potenzieller Kombination mit der Gewinnaufteilungsmethode zwecks Sicherstellung einer fremdüblichen Bepreisung bei
der Verteilung von eingangs erwähnten Synergieeffekten.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 147
Aus unserer Praxis
Entsprechend der Vielfalt der individuellen Cash-Pool-Ausgestaltungen fällt
die pauschale Anwendung einer spezifischen Verrechnungspreismethode
naturgemäß schwer. Dies gilt insbesondere für die von Vertretern der Finanzverwaltung postulierte Anwendung der Kostenaufschlagsmethode, die als
Standardmethode beim Cash Pooling nicht verlässlich implementiert werden
kann.
Fazit
Letztlich zeigt sich eindeutig, dass die pauschale Anwendung einer einzigen
Verrechnungspreismethode den vielfältigen individuellen Umständen von
konzerninternen Cash-Pool-Transaktionen nicht gerecht werden kann. Vielmehr erfordert die Beantwortung der Frage einer angemessenen Vergütung
des Cash-Pool-Führers und der inhärenten Gewinnverteilung eine detaillierte
Analyse aller Umstände des Einzelfalls. Eine differenzierte Betrachtung der
deutschen Finanzverwaltung wäre daher wünschenswert, um die methodische
Verunsicherung nicht noch größer werden zu lassen.
5 Datenbankstudien in der Betriebsprüfung – Beispiele für
spezielle deutsche Anforderungen
Von Dr. Isabel Ruhmer-Krell und Florian Weidlich
Die deutsche Finanzverwaltung hat in den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren vom 12. April 2005 spezifische Anforderungen an
die Durchführung und Dokumentation von Datenbankstudien
definiert. Darüber hinaus zeigt sich häufig in Betriebsprüfungen,
dass eine gewisse Skepsis gegenüber Datenbankstudien zum
Nachweis der Fremdüblichkeit von Verrechnungspreisen besteht.
Es müssen bzw. sollten verschiedene deutsche Besonderheiten
beachtet werden, um die Akzeptanz der aus Datenbankanalysen
gewonnenen fremdüblichen Bandbreiten im Rahmen einer
Betriebsprüfung zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere in Fällen,
in denen eine ausländische Konzernobergesellschaft panregionale
Datenbankstudien für mehrere Tochtergesellschaften erstellt und
dabei unter Umständen deutschen Anforderungen nicht oder nicht
ausreichend gerecht wird. Im Folgenden werden wir einen kurzen
Überblick über ausgewählte wesentliche Unterschiede in den
regionalen Anforderungen an panregionale Datenbankstudien
geben.
In der Praxis führen ausländische Konzernobergesellschaften für konzerninterne Transaktionen häufig zentrale Datenbankstudien durch. Diese werden
148 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Aus unserer Praxis
anschließend den jeweils involvierten Konzerngesellschaften für Zwecke der
Dokumentation und Verteidigung ihrer Verrechnungspreise zur Verfügung
gestellt. Ein solches Vorgehen gewährleistet auf der einen Seite eine
gesellschaftsübergreifend konsistente Angemessenheitsdokumentation und
vermeidet Doppelarbeiten auf Ebene der einzelnen Konzerngesellschaften.
Auf der anderen Seite kann dies jedoch dazu führen, dass spezifische Anforderungen an Datenbankstudien seitens der deutschen Finanzverwaltung
nicht ausreichend gewürdigt werden. In Betriebsprüfungen entstehen hierdurch Diskussionen über die Akzeptanz der ermittelten Ergebnisse.
Anforderungen der deutschen Finanzverwaltung
an Datenbankstudien
Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung ist die einer Datenbankstudie in der Regel zugrunde liegende transaktionsbezogene Nettomargenmethode (transactional net margin method) nur auf Unternehmen mit
Routinefunktionen anwendbar.138 Insbesondere im Vergleich zur Vorgehensweise in Nordamerika, wo auch bei Nicht-Routineunternehmen der Einsatz
von panregionalen Datenbankstudien akzeptiert wird, ergeben sich bereits
erhebliche Abweichungen.
Ebenso wird es häufig einen Unterschied zwischen den einzelnen Regionen in
der Anwendung von Unabhängigkeitskriterien geben. Während in Deutschland
meist nur Unternehmen mit einer geringeren Beteiligungsquote als 25 Prozent
akzeptiert werden, besteht in vielen anderen Ländern eine Akzeptanz von
50 Prozent oder sogar mehr.
Des Weiteren lehnt die deutsche Finanzverwaltung im Gegensatz zur gängigen
Praxis in zahlreichen anderen Ländern reine Datenbankscreenings mit
der Begründung ab, dass die in Datenbanken enthaltenen Unternehmensinformationen oftmals für die Prüfung der Vergleichbarkeit der Sachverhalte
nicht ausreichen.139 Deshalb wird seitens der Finanzverwaltung eine
ergänzende (internetbasierte) Recherche außerhalb der Unternehmensdatenbanken als unerlässlich angesehen.
Darüber hinaus verlangt die inländische Betriebsprüfung vermehrt die Herausgabe der elektronischen Suchstrategie der betreffenden Datenbankstudien,
um das Zustandekommen der Ergebnisse nachvollziehen und gegebenenfalls
138
139
Vgl. Tz. 3.4.10.3 Nr. b) der Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, BMF-Schreiben
vom 12.04.2005. Zur Definition eines Unternehmens mit Routinefunktionen vgl.
Tz. 3.4.10.2 Nr. a).
Vgl. Tz. 3.4.12.4 der Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, BMF-Schreiben vom
12.04.2005.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 149
Aus unserer Praxis
selbstständig Alternativrechnungen vornehmen zu können.140 Da dies aus internationaler Sicht ebenfalls als unüblich anzusehen ist, kann es vorkommen, dass
die originäre Suchstrategie der international verwendeten Datenbankstudie
mitunter nicht gespeichert und daher der deutschen Betriebsprüfung auch
nicht zur Verfügung gestellt werden kann.
Fazit
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei der Erstellung von Datenbankstudien, die für die lokale Dokumentation und gegebenenfalls Verteidigung
von Verrechnungspreisen in mehreren Ländern dienen sollen, jeweils die
spezifischen lokalen Anforderungen zu beachten sind. Insbesondere in Fällen,
in denen eine ausländische Konzernobergesellschaft zentral Datenbankstudien
erstellen lässt, mit denen unter anderem der Nachweis der Fremdüblichkeit für
ein verbundenes deutsches Unternehmen erbracht werden soll, sind frühzeitig
die an dieser Stelle nur beispielhaft vorgestellten deutschen Spezifika zu
berücksichtigen. Sofern Zweifel daran bestehen, ob die von ausländischen
Gesellschaften erstellten Datenbankstudien den Anforderungen der hiesigen
Finanzverwaltung entsprechen, sollten diese Datenbankstudien bereits vor
Beginn der Außenprüfung auf ihre Verwendbarkeit geprüft und gegebenenfalls
angepasst werden.
140
Vgl. Tz. 3.4.12.4 der Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, BMF-Schreiben vom
12.04.2005.
150 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Das Verrechnungspreisteam von PwC Deutschland
Das Verrechnungspreisteam von
PwC Deutschland
Am Ende dieser Ausgabe des Jahrbuchs der Transfer Pricing Perspective
Deutschland möchten wir über die Entwicklung unseres VerrechnungspreisTeams berichten. Im Laufe des Jahres gab es einige Veränderungen: Wir sind
stark gewachsen und haben uns weiter spezialisiert.
Wo Sie uns finden
Unsere bundesweite Beratungspraxis besteht aus 160 ausschließlich auf
Verrechnungspreise spezialisierten Kollegen und Kolleginnen, die an den
Standorten Hamburg, Berlin, Essen, Düsseldorf, Köln, Frankfurt am Main,
Stuttgart und München tätig sind. Informationen zu den Ansprechpartnern in
Ihrer Nähe finden Sie auf der nächsten Seite. An den meisten Standorten hat es
in den letzten Monaten einen kräftigen Zuwachs gegeben.
Interdisziplinärer Beratungsansatz
Die Teams in den einzelnen Städten setzen sich aus Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mit unterschiedlichsten Hintergründen, Erfahrungen und
Nationalitäten zusammen. Bei den akademischen Fachrichtungen gibt es
Betriebswirte, Volkswirte und Rechtsanwälte, aber auch Spezialisten für
Statistik, Rechnungslegung und Controlling, was in der Zusammenarbeit
verschiedene Denkansätze verbindet. Viele Teammitglieder waren einen
Großteil ihrer bisherigen Berufsjahre in der Steuerberatung tätig, andere haben
zum Beispiel Erfahrungen in der Industrie gesammelt. Diese Vielfalt sehen wir
als einen wichtigen Baustein für eine hochwertige Beratung.
Fokus auf Spezialthemen und Branchen
Um im gewachsenen Team eine noch stärkere Spezialisierung zu erreichen,
haben wir bundesweite Arbeitsgruppen gebildet, die in verschiedenen
fachlichen Themen unsere Expertise zusammenfassen und weiter ausbauen.
So gibt es beispielsweise Gruppen zu den Themen Bewertung, Benchmarking,
Verrechnungspreis-Implementierung und Dispute Resolution sowie Branchengruppen unter anderem zu den Sektoren Banken und Versicherungen, Automotive, Energy, Retail & Consumer oder Pharma & Healthcare.
Unsere Veranstaltungen
Wie Sie in den letzten Ausgaben des Transfer Pricing Perspective Deutschland
Newsletters verfolgen konnten, gab es im Laufe dieses Jahres an den einzelnen
Standorten eine Vielzahl von Seminarveranstaltungen, die wir für unsere
Mandanten und weitere interessierte Unternehmensvertreter organisiert
Transfer Pricing Perspective Deutschland 151
Das Verrechnungspreisteam von PwC Deutschland
haben. Im nächsten Jahr werden wir daran anknüpfen und Ihnen
deutschlandweit Veranstaltungen zu verschiedenen Themen anbieten.
Fachpublikationen und Auszeichnungen
Mitglieder des deutschen Verrechnungspreis-Teams von PwC veröffentlichen
regelmäßig Fachartikel und sind Autoren von Monografien und anderen
Publikationen über Verrechnungspreise, in denen die aktuellen Entwicklungen
im deutschen und internationalen Steuerrecht erläutert werden und dazu
Stellung genommen wird. Auch vor dem Hintergrund dieser Arbeit haben das
Team und einzelne Mitglieder verschiedene Auszeichnungen erhalten, worüber
wir uns sehr freuen.
152 Transfer Pricing Perspective Deutschland
Das Verrechnungspreisteam von PwC weltweit
Das Verrechnungspreisteam von PwC weltweit
Wir bei PwC widmen uns seit 20 Jahren dem globalen Thema Verrechnungspreise mit dem Fokus auf Qualität, die Sie von einem der weltgrößten Dienstleistungsunternehmen zu Recht erwarten können. Unsere internationale
Verrechnungspreispraxis besteht aus mehr als 200 Partnern und 1.800
engagierten Verrechnungspreisfachkräften in mehr als 70 Ländern.
Unsere Spezialisten arbeiten bei jedem Projekt grenzüberschreitend eng
zusammen und schöpfen aus einem weltweiten Fundus an Ressourcen, um für
jedes Verrechnungspreisprojekt das geeignete Team für Ihre Anforderungen
zu finden. Dies ermöglicht uns, ein weites Spektrum an konzerninternen
Transaktionen in Nord-, Mittel- und Südamerika, Europa, Afrika und Asien
abzudecken und dabei eine für jeden unserer Mandanten maßgeschneiderte
Beratungsleistung anzubieten – angefangen bei der Planung, Umsetzung und
Dokumentation von Verrechnungspreissystemen bis hin zu der Verteidigung
von Verrechnungspreisen in Betriebsprüfungen und der Beratung in Bezug auf
den Abschluss von Advance Pricing Agreements.
Über uns
Unsere Mandanten stehen tagtäglich vor vielfältigen Aufgaben, möchten neue
Ideen umsetzen und suchen Rat. Sie erwarten, dass wir sie ganzheitlich
betreuen und praxisorientierte Lösungen mit größtmöglichem Nutzen
entwickeln. Deshalb setzen wir für jeden Mandanten, ob Global Player,
Familienunternehmen oder kommunaler Träger, unser gesamtes Potenzial ein:
Erfahrung, Branchenkenntnis, Fachwissen, Qualitätsanspruch, Innovationskraft und die Ressourcen unseres Expertennetzwerks in 157 Ländern.
Besonders wichtig ist uns die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren
Mandanten, denn je besser wir sie kennen und verstehen, umso gezielter
können wir sie unterstützen.
PwC. 9.400 engagierte Menschen an 29 Standorten. 1,55 Mrd. Euro Gesamtleistung. Führende Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft in
Deutschland.
Transfer Pricing Perspective Deutschland 153
Ihre Ansprechpartner
Ihre Ansprechpartner
Berlin
PricewaterhouseCoopers AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Lise-Meitner-Straße 1
10589 Berlin
Essen
PricewaterhouseCoopers AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Friedrich-List-Straße 20
45128 Essen
Lorenz Bernhardt
Tel.: +49 30 2636-5204
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Carsten Hüning
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Düsseldorf
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Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Moskauer Straße 19
40227 Düsseldorf
Katharina Mank
Tel.: +49 201 438-2622
[email protected]
Axel Eigelshoven
Tel.: +49 211 981-1144
[email protected]
Frankfurt am Main
PricewaterhouseCoopers AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Friedrich-Ebert-Anlage 35–37
60327 Frankfurt am Main
Dr. Jörg Hülshorst
Tel.: +49 211 981-4345
[email protected]
Dr. Ulf Andresen
Tel.: +49 69 9585-3551
[email protected]
Prof. Dr. Heinz-Klaus Kroppen
Tel.: +49 211 981-1966
[email protected]
Dr. Roman Dawid
Tel.: +49 69 9585-1336
[email protected]
Claudia Lauten
Tel.: +49 211 981-5201
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Loek de Preter
Tel.: +49 69 9585-5735
[email protected]
Susann van der Ham
Tel.: +49 211 981-7451
[email protected]
Dr. Yves Hervé
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Dr. Ludger Wellens
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Prof. Dr. Andreas Oestreicher
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154 Transfer Pricing Perspective Deutschland
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Transfer Pricing Perspective Deutschland 155
Ein praxisorientiertes Kompendium für Verrechnungspreisexperten
Im 2014er-Jahrbuch Transfer Pricing Perspective Deutschland haben wir
bereits zum sechsten Mal die Beiträge aus unserem gleichnamigen Newsletter
zusammengestellt. Das Jahrbuch enthält zahlreiche Artikel und umfassende
Informationen rund um das Thema Verrechnungspreise, die aufgrund andauernder internationaler Entwicklungen von aktueller Brisanz sind. Experten
aus dem Verrechnungspreisnetzwerk von PwC Deutschland diskutieren die
Entwicklungen der OECD-Initiative zu „Base Erosion and Profit Shifting“ (BEPS),
informieren über nationale und internationale Entwicklungen im Bereich der
Verrechnungspreise und geben Einblicke in die Praxis sowie die Besonderheiten
bestimmter Branchen.
Das vorliegende Jahrbuch zeichnet sich durch die Verknüpfung von Theorie
und Praxis aus und stellt eine informative Lektüre sowie ein hervorragendes
Nachschlagewerk dar.
www.pwc.de

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