Betriebsprüfung: Finanzamt im Betrieb

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Betriebsprüfung: Finanzamt im Betrieb
Steuern+Recht
Elektrounternehmer Werner Huber in Vogstburg bei Freiburg hat schon mehrere Betriebsprüfungen überstanden.
Razzia
im Betrieb
Betriebsprüfung Das Netz ist enger geworden. Betriebsprüfer bekommen immer mehr Möglichkeiten in die Hand, Firmen spontan zu
kontrollieren. Wie Unternehmer auf den Besuch richtig reagieren.
Text Eva Neuthinger Foto Michael Bamberger
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Steuern + Recht Unternehmensteuern
W
erner Huber erinnert sich noch gut daran, als die Mitarbeiter des Finanzamts
am Eingang der Firma Solemio Service GmbH in
Vogtsburg bei Freiburg standen. „Sie kamen zur
Umsatzsteuernachschau“, erklärt der Elektrotechniker und Geschäftsführer der Firma, die sich
auf Fotovoltaikanlagen spezialisiert hat. Hintergrund: Die Firma stellt Nettorechnungen aus mit
Hinweis auf Paragraf 13 b Umsatzsteuergesetz.
Danach berechnet der Geschäftskunde die Umsatzsteuer selbst und führt sie ans Finanzamt ab.
Prüfungen in Serie
„In einem Fall waren Fehler bei unserem Kunden
aufgetreten, die zu einer Kontrollmitteilung führten“, sagt Huber. Die Finanzbeamten wollten prüfen, ob alle Angaben in den Rechnungen stimmten. „Die Nachschau endete damit, dass wir korrigierte Rechnungen ausstellen mussten“, so Huber. Dennoch folgte noch eine Betriebsprüfung:
„Doch wir blieben trotz der Akribie der Beamten
von hohen Nachzahlungen verschont.“
Für viele Firmenchefs sind solche Prüfungen eine
Schreckensvision: Beamte des Finanzamts kommen spontan, um alle Unterlagen zu überprüfen
(siehe Ablaufdiagramm, Seite 65). Doch wer weiß,
wann solche Razzien drohen, wie die Prüfer arbeiten und sich Unternehmer richtig verhalten,
kann dem etwas entspannter begegnen.
Steuerberater einschalten
So wie Werner Huber, der den noch guten Ausgang der Prüfungen seinem Steuerberater Albrecht Huber in Kappelrodeck verdankt. „Wir haben unsere Finanzbuchhaltung bereits seit vielen
Jahren an ihn ausgegliedert. Er nimmt uns damit
einen guten Teil der Verantwortung ab“, lobt
Werner Huber. Das galt auch für die Prüfungen.
Sie fanden nicht im Unternehmen, sondern beim
Steuerberater statt. „Das bringt mehrere Vorteile. Zum einen wird der Geschäftsablauf in der Firma nicht gestört. Zum anderen ist die Gefahr geringer, im Dialog mit dem Prüfer nachteilige Aussagen zu treffen“, meint Unternehmer Huber.
k Frühwarnzeichen
Wann das Finanzamt alarmiert ist
Kontrollmitteilungen, Abweichungen vom Vorjahr
oder nur turnusmäßige Prüfung: Die Anlässe für
eine Umsatzsteuer- oder Lohnsteuerprüfung sind
Chart: handwerk magazin
Prüfungsanlass
Prüfung
Prüfungsort
2,0
1,5
1,6
1,7
2006 2009 2010 2011
in Mrd. Euro; Quelle: Bundesfinanzministerium, 2012
Die Betriebsprüfer
sorgen für rund zwei
Milliarden Euro höhere Einnahmen bei
den Betrieben.
sehr vielschichtig. Welche Faktoren die Finanzbeamten dazu animieren, einen kritischen Blick in
die Bücher des Handwerksbetriebes zu werfen.
Umsatzsteuer
Lohnsteuer
Hoher Vorsteuerabzug: Betrieb kassiert
jedes Jahr hohe Umsatzsteuererstattung.
Dienstwagen: Mehrere Dienstwagen im Einsatz,
Privatfahrten teilweise ausgeschlossen.
Fehler Nettorechnung: Betrieb erstellt
fehlerhafte Nettorechnungen nach Paragraf 13b Umsatzsteuergesetz, Kontrollmitteilungen an Rechnungsempfänger.
Steuerfreie Extras: Betrieb bietet Mitarbeitern
besondere Leistungen wie Benzingutscheine oder
Zuschüsse, die frei von Sozialabgaben und Lohnsteuer bleiben.
Umsatzsteuerfreie Einnahmen: Betrieb
weist keine Mehrwertsteuer für Einnahmen im Ausland aus.
Feiertagszuschläge: Mitarbeiter arbeiten mitunter
auch an Sonn- und Feiertagen und erhalten dafür
steuerbegünstigte Zuschläge.
Rechnungen: Betrieb überweist Beträge
ohne ordnungsgemäße Rechnungen
oder von dubiosen Firmen.
Fortbildungen: Mitarbeiter nehmen regelmäßig an
Fort- und Weiterbildungen teil, die sie mit privatem Vergnügen verbinden.
Privatentnahmen: Hohe Entnahmen
des Unternehmers. Verkauf einer oder
mehrerer Immobilien.
Aushilfen: Betrieb arbeitet mit vielen Aushilfen
und Minijobbern sowie zahlreichen Teilzeitkräften.
Zahl der Mitarbeiter schwankt während des Jahres.
Existenzgründung: Gründer macht
hohe Betriebsausgaben und Investitionen geltend.
Reisekosten: Betrieb weist enorm hohe Reisekostenerstattungen aus, weil die Mitarbeiter an stetig
wechselnden Orten im In- und Ausland arbeiten.
unangemeldet: Umsatzsteuernachschau
angemeldet: Umsatzsteuersonderprüfung, reguläre Betriebsprüfung
unangemeldet: Finanzkontrolle Schwarzarbeit
(Zoll), Lohnsteuernachschau (geplant)
angemeldet: Lohnsteuerprüfung (alle vier Jahre),
reguläre Betriebsprüfung
Betrieb, Steuerberater
Betrieb, Steuerberater
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Mehreinnahmen
Umsatzsteuer
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Foto: Michael Bamberger
„Vor allem
auf Rechnungen konzentrierte sich
der Prüfer
bei seinen
Besuchen.“
Werner Huber, sichtet
vorab die Unterlagen.
„Der Finanzverwaltung stehen für Prüfungen verschiedene Verfahren offen“, erklärt Steuerberater Thilo Söhngen aus Wetter und Vizepräsident
des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe.
Zum Beispiel können die Betriebsprüfer wie bei
Huber ohne vorherige Vorwarnung eine Umsatzsteuernachschau durchführen. Sie greifen sich
aus Anlass etwa einer Kontrollmitteilung eine
spezielle Fragestellung heraus, klingeln und beginnen mit der Prüfung (siehe Kasten „Frühwarnzeichen“, Seite 63). „Und sie brauchen in solchen Fällen nicht einmal darauf zu warten, bis der
Steuerberater kommt“, sagt Experte Albrecht Huber. An die Nachschau schließt sich häufig eine
Umsatzsteuersonder- oder eine umfassende
Außenprüfung an. Auch wird jeder Betrieb prinzipiell im Rhythmus von bis zu vier Jahren einer
Lohnsteuerprüfung unterzogen.
Verschärfte Lohnsteuerprüfung
Doch auch hier sollen Finanzbeamte bald zur unangemeldeten Prüfung ausschwärmen können.
Der Bundesrat will die Kontrollen mit der geplanten sogenannten Lohnsteuer-Nachschau weiter verschärfen. Es soll ein neuer Paragraf 42g ins
Einkommensteuergesetz eingefügt werden, der
es Fiskaldienern erlaubt, zur „Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer“ eine solche unangekündigte Nachschau einzuleiten. Im Klartext heißt das:
Die Finanzbeamten sollen künftig während der
üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten Grundstücke und Räume der Firma betreten und Einblick
in die Lohn- und Gehaltsunterlagen verlangen
können. Die vorgesehene Neuerung dient primär
dazu, dass bei Verdacht auf Schwarzarbeit der
Zoll Hand in Hand mit den Finanzämtern arbei-
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ten kann. Bisher muss der Fiskus in diesen Fällen
nachträglich informiert werden. Sowohl vom
Bundesrat als auch von der Bundesregierung wird
die Neuregelung grundsätzlich befürwortet. Sie
ist Teil des Jahressteuergesetzes 2013, über das
sich die Politiker noch nicht einig sind.
Das Instrument der Nachschau – egal, ob in Bezug
auf die Umsatz- oder die Lohnsteuer – birgt für
Unternehmer hohe Risiken. Firmenchefs sollen
keine Chance haben, Unterlagen zu vernichten
oder zu verändern. Speziell eine Umsatzsteuernachschau wird zum Beispiel durch sehr hohe
Vorsteuererstattungen oder Ungenauigkeiten bei
der Voranmeldung ausgelöst. „In den Branchen
Bau- und Ausbau finden sie vor allem auch im Zusammenhang mit dem Paragrafen 13b Umsatzsteuergesetz statt“, weiß Albrecht Huber. Auch
müssen Existenzgründer, die hohe Vorsteuererstattungen zu erwarten haben, mit einer Nachschau rechnen. „Am häufigsten werden Firmengründer geprüft“, weiß Huber aus Erfahrung (siehe Kasten „Frühwarnzeichen“, Seite 63).
kInstrumente
So gehen Prüfer vor
Die Betriebsprüfer können Einblick in sämtliche
Steuerunterlagen der Firma nehmen. Mit Laptop
und spezieller Software werden sie schnell fündig.
Einsicht. Die Prüfer dürfen elektronisch gespeicherte
Daten im betrieblichen EDV-System einsehen. Die
Beamten haben allerdings nur einen Lesezugriff.
Verknüpfung. Die Beamten können Verknüpfungen
vornehmen und die Daten sortieren, jedoch dürfen
sie dazu keine Software installieren. In der Regel filtern sie die Daten anhand statistischer Methoden.
Datenträger. Die Steuerprüfer können die relevanten
Daten auf CD oder DVD zur Auswertung mitnehmen.
Die Daten hat die Finanzverwaltung nach Abschluss
der Prüfung aber wieder zu löschen.
Software. Die Betriebsprüfer nutzen in der Regel ein
spezielles Prüfprogramm, kurz IDEA. Damit lassen
sich Lücken in den Datenbeständen erkennen, Doppelungen bei der Vergabe von Rechnungsnummern
oder ob die Chronologie stimmt.
Chi-Quadrat-Test. Kassenaufzeichnungen prüfen
die Beamten mit dem „Chi-Quadrat-Test“. Er basiert
auf der Wahrscheinlichkeit, nach der alle Zahlen in
Datensätzen gleich häufig vorkommen. Bei Manipulationen wählt jeder Unternehmer bestimmte Kombinationen besonders häufig und verrät sich damit.
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Steuern + Recht Unternehmensteuern
k Ablaufdiagramm
Spontane Prüfung
Oft beginnt die unangekündigte Betriebsprüfung
mit einer routinemäßigen Kontrollmitteilung. Dadurch kommt das Verfahren automatisch in Gang.
?!
Finanzbeamter prüft Steuererklärung,
g, entdeckt
Fehler oder schöpft Verdacht auf Steuerhinterziehung.
uerhinterziehung.
ng an.
Ruft Kollegen von der Betriebsprüfung
?
Betriebsprüfer fährt morgens 7 Uhr zum Handwerksbetrieb, klingelt, zückt seinen Dienstausweis.
stausweis.
Unternehmer
lässt ihn herein
und ruft aufgeregt
seinen Steuerberater an. Prüfer
schaut sich um,
sichtet Unterlagen
(DVDs, Ordner).
Steuerberater vermittelt zwischen
Unternehmer und Betriebsprüfer.
Betriebsprüfer
Prüfer nimmt Unterlagen mit.
Stellt das Finanzamt dann Fehler fest, folgt in der
Regel eine Umsatzsteuersonderprüfung – im
schlimmsten Fall nahtlos. Jede Außenprüfung ist
ansonsten mit einer Frist von 14 Tagen anzukündigen. Die Beamten dürfen allerdings nur die betrieblichen Räume betreten. „Private Räumlichkeiten sind ohne Zustimmung für die Finanzbeamten tabu“, erklärt Söhngen. Die Kontrollen
dauern zumeist mehrere Tage.
Friseurmeister Guido Dausend erlebte das zuletzt
vor vier Wochen. Der Prüfer kam in die Räume
des Unternehmens. „Wir richteten ihm einen eigenen Arbeitsplatz in einem separaten Raum ein
und übergaben ihm eine CD mit allen Daten“, erklärt der Geschäftsführer Jürgen Petter Hair
Trend Coiffeur GmbH in Köln, ein Unternehmen
mit fast 140 einzelnen Betrieben. Es gab bei der
Prüfung keine Beanstandungen.
Extras für Mitarbeiter im Visier
Ähnlich laufen Lohnsteuersonderprüfungen ab.
Unternehmer Huber hat auch damit seine Erfahrungen. „Wir sind, obwohl über alle Jahre durchgeprüft, ohne wesentliche Beanstandungen davongekommen“, sagt der 43-Jährige. Dabei bietet
die Firma dem Finanzamt genügend Angriffsfläche. Denn Huber zahlt seinen 20 Mitarbeitern Zuschläge, etwa wenn sie Überstunden leisten. Diese Zahlungen werden notorisch kritisch geprüft.
„Stellen die Beamten hier Fehler fest, wird es oft
teuer“, warnt Steuerberater Huber. Hintergrund:
Sie fallen nicht nur einmal, sondern laufend an.
Das summiert sich schnell.
Genauso nehmen die Beamten zum Beispiel sämtliche Zuwendungen, etwa in Form von Geschenken oder Bewirtungen, unter die Lupe. Und nicht
zuletzt monieren die Fiskaldiener häufig, wie die
private Nutzung der Geschäftswagen versteuert
wird. Dann geht es darum, ob der Bruttolistenpreis bei Erstzulassung mit der klassischen Einprozent-Methode richtig angesetzt ist. Auch Unternehmer Huber überlässt seinen Mitarbeitern Firmenwagen für private Fahrten, was
per Fahrtenbuch dokumentiert wird. Bei der letzten Lohnsteuersonderprüfung im vergangenen
Jahr lief aber auch hier alles glatt. 쏋
„Der Betriebsprüfer
einer Nachschau muss
nicht auf den
Steuerberater
warten.“
Albrecht Huber,
Steuerberater von Unternehmer Werner Huber.
[email protected]
Grafik: Klaus Niesen
Online exklusiv
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Nachsteuern.
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Mit der richtigen Vorbereitung auf die Betriebsprüfung schützen Sie sich vor Überraschungen:
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Checkliste Betriebsprüfung
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