Betriebsprüfung: Finanzamt im Betrieb
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Betriebsprüfung: Finanzamt im Betrieb
Steuern+Recht Elektrounternehmer Werner Huber in Vogstburg bei Freiburg hat schon mehrere Betriebsprüfungen überstanden. Razzia im Betrieb Betriebsprüfung Das Netz ist enger geworden. Betriebsprüfer bekommen immer mehr Möglichkeiten in die Hand, Firmen spontan zu kontrollieren. Wie Unternehmer auf den Besuch richtig reagieren. Text Eva Neuthinger Foto Michael Bamberger 62 h a n d w e r k m agaz i n 5 | 2 0 13 Steuern + Recht Unternehmensteuern W erner Huber erinnert sich noch gut daran, als die Mitarbeiter des Finanzamts am Eingang der Firma Solemio Service GmbH in Vogtsburg bei Freiburg standen. „Sie kamen zur Umsatzsteuernachschau“, erklärt der Elektrotechniker und Geschäftsführer der Firma, die sich auf Fotovoltaikanlagen spezialisiert hat. Hintergrund: Die Firma stellt Nettorechnungen aus mit Hinweis auf Paragraf 13 b Umsatzsteuergesetz. Danach berechnet der Geschäftskunde die Umsatzsteuer selbst und führt sie ans Finanzamt ab. Prüfungen in Serie „In einem Fall waren Fehler bei unserem Kunden aufgetreten, die zu einer Kontrollmitteilung führten“, sagt Huber. Die Finanzbeamten wollten prüfen, ob alle Angaben in den Rechnungen stimmten. „Die Nachschau endete damit, dass wir korrigierte Rechnungen ausstellen mussten“, so Huber. Dennoch folgte noch eine Betriebsprüfung: „Doch wir blieben trotz der Akribie der Beamten von hohen Nachzahlungen verschont.“ Für viele Firmenchefs sind solche Prüfungen eine Schreckensvision: Beamte des Finanzamts kommen spontan, um alle Unterlagen zu überprüfen (siehe Ablaufdiagramm, Seite 65). Doch wer weiß, wann solche Razzien drohen, wie die Prüfer arbeiten und sich Unternehmer richtig verhalten, kann dem etwas entspannter begegnen. Steuerberater einschalten So wie Werner Huber, der den noch guten Ausgang der Prüfungen seinem Steuerberater Albrecht Huber in Kappelrodeck verdankt. „Wir haben unsere Finanzbuchhaltung bereits seit vielen Jahren an ihn ausgegliedert. Er nimmt uns damit einen guten Teil der Verantwortung ab“, lobt Werner Huber. Das galt auch für die Prüfungen. Sie fanden nicht im Unternehmen, sondern beim Steuerberater statt. „Das bringt mehrere Vorteile. Zum einen wird der Geschäftsablauf in der Firma nicht gestört. Zum anderen ist die Gefahr geringer, im Dialog mit dem Prüfer nachteilige Aussagen zu treffen“, meint Unternehmer Huber. k Frühwarnzeichen Wann das Finanzamt alarmiert ist Kontrollmitteilungen, Abweichungen vom Vorjahr oder nur turnusmäßige Prüfung: Die Anlässe für eine Umsatzsteuer- oder Lohnsteuerprüfung sind Chart: handwerk magazin Prüfungsanlass Prüfung Prüfungsort 2,0 1,5 1,6 1,7 2006 2009 2010 2011 in Mrd. Euro; Quelle: Bundesfinanzministerium, 2012 Die Betriebsprüfer sorgen für rund zwei Milliarden Euro höhere Einnahmen bei den Betrieben. sehr vielschichtig. Welche Faktoren die Finanzbeamten dazu animieren, einen kritischen Blick in die Bücher des Handwerksbetriebes zu werfen. Umsatzsteuer Lohnsteuer Hoher Vorsteuerabzug: Betrieb kassiert jedes Jahr hohe Umsatzsteuererstattung. Dienstwagen: Mehrere Dienstwagen im Einsatz, Privatfahrten teilweise ausgeschlossen. Fehler Nettorechnung: Betrieb erstellt fehlerhafte Nettorechnungen nach Paragraf 13b Umsatzsteuergesetz, Kontrollmitteilungen an Rechnungsempfänger. Steuerfreie Extras: Betrieb bietet Mitarbeitern besondere Leistungen wie Benzingutscheine oder Zuschüsse, die frei von Sozialabgaben und Lohnsteuer bleiben. Umsatzsteuerfreie Einnahmen: Betrieb weist keine Mehrwertsteuer für Einnahmen im Ausland aus. Feiertagszuschläge: Mitarbeiter arbeiten mitunter auch an Sonn- und Feiertagen und erhalten dafür steuerbegünstigte Zuschläge. Rechnungen: Betrieb überweist Beträge ohne ordnungsgemäße Rechnungen oder von dubiosen Firmen. Fortbildungen: Mitarbeiter nehmen regelmäßig an Fort- und Weiterbildungen teil, die sie mit privatem Vergnügen verbinden. Privatentnahmen: Hohe Entnahmen des Unternehmers. Verkauf einer oder mehrerer Immobilien. Aushilfen: Betrieb arbeitet mit vielen Aushilfen und Minijobbern sowie zahlreichen Teilzeitkräften. Zahl der Mitarbeiter schwankt während des Jahres. Existenzgründung: Gründer macht hohe Betriebsausgaben und Investitionen geltend. Reisekosten: Betrieb weist enorm hohe Reisekostenerstattungen aus, weil die Mitarbeiter an stetig wechselnden Orten im In- und Ausland arbeiten. unangemeldet: Umsatzsteuernachschau angemeldet: Umsatzsteuersonderprüfung, reguläre Betriebsprüfung unangemeldet: Finanzkontrolle Schwarzarbeit (Zoll), Lohnsteuernachschau (geplant) angemeldet: Lohnsteuerprüfung (alle vier Jahre), reguläre Betriebsprüfung Betrieb, Steuerberater Betrieb, Steuerberater h a n d w e r k m agaz i n 5 | 2 0 13 Mehreinnahmen Umsatzsteuer 63 Foto: Michael Bamberger „Vor allem auf Rechnungen konzentrierte sich der Prüfer bei seinen Besuchen.“ Werner Huber, sichtet vorab die Unterlagen. „Der Finanzverwaltung stehen für Prüfungen verschiedene Verfahren offen“, erklärt Steuerberater Thilo Söhngen aus Wetter und Vizepräsident des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe. Zum Beispiel können die Betriebsprüfer wie bei Huber ohne vorherige Vorwarnung eine Umsatzsteuernachschau durchführen. Sie greifen sich aus Anlass etwa einer Kontrollmitteilung eine spezielle Fragestellung heraus, klingeln und beginnen mit der Prüfung (siehe Kasten „Frühwarnzeichen“, Seite 63). „Und sie brauchen in solchen Fällen nicht einmal darauf zu warten, bis der Steuerberater kommt“, sagt Experte Albrecht Huber. An die Nachschau schließt sich häufig eine Umsatzsteuersonder- oder eine umfassende Außenprüfung an. Auch wird jeder Betrieb prinzipiell im Rhythmus von bis zu vier Jahren einer Lohnsteuerprüfung unterzogen. Verschärfte Lohnsteuerprüfung Doch auch hier sollen Finanzbeamte bald zur unangemeldeten Prüfung ausschwärmen können. Der Bundesrat will die Kontrollen mit der geplanten sogenannten Lohnsteuer-Nachschau weiter verschärfen. Es soll ein neuer Paragraf 42g ins Einkommensteuergesetz eingefügt werden, der es Fiskaldienern erlaubt, zur „Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer“ eine solche unangekündigte Nachschau einzuleiten. Im Klartext heißt das: Die Finanzbeamten sollen künftig während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten Grundstücke und Räume der Firma betreten und Einblick in die Lohn- und Gehaltsunterlagen verlangen können. Die vorgesehene Neuerung dient primär dazu, dass bei Verdacht auf Schwarzarbeit der Zoll Hand in Hand mit den Finanzämtern arbei- 64 ten kann. Bisher muss der Fiskus in diesen Fällen nachträglich informiert werden. Sowohl vom Bundesrat als auch von der Bundesregierung wird die Neuregelung grundsätzlich befürwortet. Sie ist Teil des Jahressteuergesetzes 2013, über das sich die Politiker noch nicht einig sind. Das Instrument der Nachschau – egal, ob in Bezug auf die Umsatz- oder die Lohnsteuer – birgt für Unternehmer hohe Risiken. Firmenchefs sollen keine Chance haben, Unterlagen zu vernichten oder zu verändern. Speziell eine Umsatzsteuernachschau wird zum Beispiel durch sehr hohe Vorsteuererstattungen oder Ungenauigkeiten bei der Voranmeldung ausgelöst. „In den Branchen Bau- und Ausbau finden sie vor allem auch im Zusammenhang mit dem Paragrafen 13b Umsatzsteuergesetz statt“, weiß Albrecht Huber. Auch müssen Existenzgründer, die hohe Vorsteuererstattungen zu erwarten haben, mit einer Nachschau rechnen. „Am häufigsten werden Firmengründer geprüft“, weiß Huber aus Erfahrung (siehe Kasten „Frühwarnzeichen“, Seite 63). kInstrumente So gehen Prüfer vor Die Betriebsprüfer können Einblick in sämtliche Steuerunterlagen der Firma nehmen. Mit Laptop und spezieller Software werden sie schnell fündig. Einsicht. Die Prüfer dürfen elektronisch gespeicherte Daten im betrieblichen EDV-System einsehen. Die Beamten haben allerdings nur einen Lesezugriff. Verknüpfung. Die Beamten können Verknüpfungen vornehmen und die Daten sortieren, jedoch dürfen sie dazu keine Software installieren. In der Regel filtern sie die Daten anhand statistischer Methoden. Datenträger. Die Steuerprüfer können die relevanten Daten auf CD oder DVD zur Auswertung mitnehmen. Die Daten hat die Finanzverwaltung nach Abschluss der Prüfung aber wieder zu löschen. Software. Die Betriebsprüfer nutzen in der Regel ein spezielles Prüfprogramm, kurz IDEA. Damit lassen sich Lücken in den Datenbeständen erkennen, Doppelungen bei der Vergabe von Rechnungsnummern oder ob die Chronologie stimmt. Chi-Quadrat-Test. Kassenaufzeichnungen prüfen die Beamten mit dem „Chi-Quadrat-Test“. Er basiert auf der Wahrscheinlichkeit, nach der alle Zahlen in Datensätzen gleich häufig vorkommen. Bei Manipulationen wählt jeder Unternehmer bestimmte Kombinationen besonders häufig und verrät sich damit. h a n d w e r k m agaz i n 5 | 2 0 13 Steuern + Recht Unternehmensteuern k Ablaufdiagramm Spontane Prüfung Oft beginnt die unangekündigte Betriebsprüfung mit einer routinemäßigen Kontrollmitteilung. Dadurch kommt das Verfahren automatisch in Gang. ?! Finanzbeamter prüft Steuererklärung, g, entdeckt Fehler oder schöpft Verdacht auf Steuerhinterziehung. uerhinterziehung. ng an. Ruft Kollegen von der Betriebsprüfung ? Betriebsprüfer fährt morgens 7 Uhr zum Handwerksbetrieb, klingelt, zückt seinen Dienstausweis. stausweis. Unternehmer lässt ihn herein und ruft aufgeregt seinen Steuerberater an. Prüfer schaut sich um, sichtet Unterlagen (DVDs, Ordner). Steuerberater vermittelt zwischen Unternehmer und Betriebsprüfer. Betriebsprüfer Prüfer nimmt Unterlagen mit. Stellt das Finanzamt dann Fehler fest, folgt in der Regel eine Umsatzsteuersonderprüfung – im schlimmsten Fall nahtlos. Jede Außenprüfung ist ansonsten mit einer Frist von 14 Tagen anzukündigen. Die Beamten dürfen allerdings nur die betrieblichen Räume betreten. „Private Räumlichkeiten sind ohne Zustimmung für die Finanzbeamten tabu“, erklärt Söhngen. Die Kontrollen dauern zumeist mehrere Tage. Friseurmeister Guido Dausend erlebte das zuletzt vor vier Wochen. Der Prüfer kam in die Räume des Unternehmens. „Wir richteten ihm einen eigenen Arbeitsplatz in einem separaten Raum ein und übergaben ihm eine CD mit allen Daten“, erklärt der Geschäftsführer Jürgen Petter Hair Trend Coiffeur GmbH in Köln, ein Unternehmen mit fast 140 einzelnen Betrieben. Es gab bei der Prüfung keine Beanstandungen. Extras für Mitarbeiter im Visier Ähnlich laufen Lohnsteuersonderprüfungen ab. Unternehmer Huber hat auch damit seine Erfahrungen. „Wir sind, obwohl über alle Jahre durchgeprüft, ohne wesentliche Beanstandungen davongekommen“, sagt der 43-Jährige. Dabei bietet die Firma dem Finanzamt genügend Angriffsfläche. Denn Huber zahlt seinen 20 Mitarbeitern Zuschläge, etwa wenn sie Überstunden leisten. Diese Zahlungen werden notorisch kritisch geprüft. „Stellen die Beamten hier Fehler fest, wird es oft teuer“, warnt Steuerberater Huber. Hintergrund: Sie fallen nicht nur einmal, sondern laufend an. Das summiert sich schnell. Genauso nehmen die Beamten zum Beispiel sämtliche Zuwendungen, etwa in Form von Geschenken oder Bewirtungen, unter die Lupe. Und nicht zuletzt monieren die Fiskaldiener häufig, wie die private Nutzung der Geschäftswagen versteuert wird. Dann geht es darum, ob der Bruttolistenpreis bei Erstzulassung mit der klassischen Einprozent-Methode richtig angesetzt ist. Auch Unternehmer Huber überlässt seinen Mitarbeitern Firmenwagen für private Fahrten, was per Fahrtenbuch dokumentiert wird. Bei der letzten Lohnsteuersonderprüfung im vergangenen Jahr lief aber auch hier alles glatt. 쏋 „Der Betriebsprüfer einer Nachschau muss nicht auf den Steuerberater warten.“ Albrecht Huber, Steuerberater von Unternehmer Werner Huber. [email protected] Grafik: Klaus Niesen Online exklusiv U Unternehmer nternehmer öffnet vverärgert erärgert Brief vo vom om Finanzamt mit N Nachsteuern. achsteuern. Mit der richtigen Vorbereitung auf die Betriebsprüfung schützen Sie sich vor Überraschungen: handwerk-magazin.de/05_2013 Checkliste Betriebsprüfung Ähnliche Beiträge zum Thema finden Sie hier: handwerk-magazin.de/unternehmensteuern h a n d w e r k m agaz i n 5 | 2 0 13 65