Lesen an digitalen Medien

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Lesen an digitalen Medien
Martina Ziefle
Lesen an digitalen Medien
1 Mediale Veränderungen
Die fortschreitende Digitalisierung von Information hat gravierende gesellschaftliche Veränderungen in Bezug auf den Umgang mit und die Anforderungen an
eine flexible, lesbare und zeitkritische Informationsdarstellung mit sich gebracht. Ebenso hat diese Entwicklung grundlegende Änderungen bezüglich
organisationaler Arbeitsstrukturen nach sich gezogen (Flexibilisierung der Arbeit, Mobilität der Information) und eine tiefgreifende Verzahnung digitaler
Informationen mit persönlichen Lebensbereichen verursacht.1 Nicht zuletzt ist
unser wahrgenommener Bedarf nach digitaler Information und ihrer ubiquitären
Verfügbarkeit gestiegen.
Die heute flächendeckende Nutzung digitaler Information hat dabei nicht
nur die Art und Weise der Informationsdarstellung auf digitalen Medien verändert, sondern auch zu einer Vielzahl neuer Medientypen und kommunikativen
Praktiken geführt, wie beispielsweise die Konvergenz von öffentlicher Massenkommunikation mit privater computervermittelter Kommunikation oder die Flexibilisierung von Raum-Zeit-Bezügen durch Mobilkommunikation. Die im letzten
Vierteljahrhundert entstandenen technischen Innovationen in der Weiterentwicklung der Displaytechnologie, der Miniaturisierbarkeit der Geräte sowie leistungsfähiger (Energie-)Speichertechnologien haben zu einer stetig wachsenden
Informationsflut geführt2 und die Frage nach einer visuell, kognitiv und sozial bewältigbaren Informationsdarstellung auf digitalen Medien aufgebracht.
Gleichzeitig hat sich auch die Bildqualität der digitalen Medien im Verlaufe der
technischen Weiterentwicklung verbessert. Interessanterweise ist – trotz der Universalität und der unbestrittenen Leistungsfähigkeit digitaler Medien – das
traditionelle Darstellungsmedium Papier aus unserem Alltag nicht verschwun-
1 Vgl. Arning, Katrin, Sylvia Gaul u. Martina Ziefle: „,Same same but different‘. How service
contexts of mobile technologies shape usage motives and barriers“. In: HCI in Work Learning,
Life Leisure. Hg. v. Gerhard Leitner, Michael Hitz u. Andreas Holzinger. Berlin 2010, S. 34–54;
Ziefle, Martina u. Eva-Maria Jakobs: „New challenges in Human Computer Interaction: Strategic
Directions and Interdisciplinary Trends“. In: 4th International Conference on Competitive
Manufacturing Technologies. Stellenbosch/South Africa 2010, S. 389–398.
2 Vgl. Schlick, Christopher M., Carsten Winkelholz u. a.: „Visual Displays“. In: The Human
Computer Interaction Handbook: Fundamentals, Evolving Technologies and Emerging
Applications. Hg. v. Julie A. Jacko u. Andrew Sears. Boca Raton/Florida 2012.
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den,3 obwohl das „papierlose Büro“ bereits im Jahr 1975 von George E. Pake,
einem der damalig führenden Köpfe bei Xerox im amerikanischen Palo Alto
Research Center prognostiziert worden ist.
Die Nutzer digitaler Medien sind heute nicht mehr mit früheren Computernutzungsgenerationen zu vergleichen.4 War die Nutzung digitaler Information
an Computerbildschirmen noch vor 25 Jahren vor allem jüngeren und im Arbeitsleben stehenden Arbeitnehmern vorbehalten, ist die heutige Nutzergeneration
digitaler Information so divers wie die Menschheit an sich. Nutzer unterschiedlichen Alters, Geschlechts, Bildungsniveaus und/oder kultureller Zugehörigkeit
bedienen zu jeder Zeit an unterschiedlichsten Medien digitale Informationen.5
Die Veränderung der Information und ihres Durchsatzes, die heute via
digitaler Medien dargestellt wird, die Veränderung der Art des digitalen Mediums, die zunehmende Beschränktheit des Interaktionsraums mit dem Nutzer
und die Miniaturisierung des Sichtfensters, über das Information transportiert
wird, aber auch die diverse Nutzergruppe und die sehr unterschiedliche Art der
Nutzungssituation und des Nutzungszugriffs (stationäre vs. mobile Nutzung)
werfen die grundsätzliche Frage auf, welche Anforderungen an eine nutzergerechte Informationsdarstellung gestellt werden müssen.
3 Vgl. Gibbs, Wayt W.: The reinvention of paper, 1998. www.sciam.com/1998/0998issue/
0998techbus1 (Stand: 30.09.2008); Holzinger, Andreas, Markus Baernthaler u. a.:
„Investigating paper vs. screen in real-life hospital workflows: Performance contradicts
perceived superiority of paper in the user experience“. In: International Journal of HumanComputer Studies (2011) H. 69, S. 563–570.
4 Vgl. Oetjen, Sophie u. Martina Ziefle: „The effects of LCD anisotropy on the visual
performance of users of different ages“. In: Human Factors 49 (2007) H. 4, S. 619–627; Ziefle,
Martina: „Visual ergonomic issues in LCD-Displays. An insight into working conditions and user
characteristics“. In: Methods and Tools of Industrial Engineering and Ergonomics for
Engineering Design, production, and Service- Traditions, Trends and Vision. Hg. v. Christopher
M. Schlick. Berlin 2009, S. 561–572; Kline, Donald W. u. Charles T. Scialfa: „Sensory and
Perceptual Functioning: Basic Research and Human Factors Implications“. In: Handbook of
Human Factors and the Older Adult. Hg. v. Arthur D. Fisk u. Wendy A. Rogers. San Diego 1997,
S. 27–54.
5 Vgl. Brodie, Jacqueline, Jarinee Chattratichart u. a.: „How age can inform the future design of
the mobile phone experience“. In: Universal Access in HCI: Inclusive design in the information
society. Hg. v. Constantine Stephanidis. Mahwah 2003, S. 822–826; Holzinger, Andreas, Gig
Searle u. a.: „Informatics as semiotics engineering: Lessons learned from design, development
and evaluation of ambient assisted living applications for elderly people“. In: Universal Access
in HCI, Part III, HCII 2011. Hg. v. Constantine Stephanidis. Heidelberg 2011b, S. 183–192;
Kothiyal, Kamal u. Samuel Tettey: „Anthropometry for design for the elderly“. In: International
Journal of Occupational Safety and Ergonomics 7 (2001) H. 1, S. 15–34.
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2 Visuelle Performanz beim Lesen von digitalen
Medien
Unstrittig ist, dass eine reibungslose und rasche Informationsentnahme von der
Art der Informationspräsentation und der visuellen Qualität des Mediums abhängt.6 Die Beurteilung, wie ‚gut‘ ein digitales Medium im Hinblick auf die
Informationsentnahme und visuelle Leistung ist, steht mit einer ganzen Reihe
sich gegenseitig beeinflussender Faktoren in Zusammenhang.
Zentral in diesem Kontext sind Faktoren der Textdarstellung (Schrift- und
Bildfaktoren), die entscheidend darüber mitbestimmen, wie schnell und fehlerfrei Information aufgenommen und verarbeitet werden kann. Bei den Schriftfaktoren sind die Informationsdichte (Zeilen, Buchstabenabstand), die Schriftart
oder auch die Textformate (Flatter- vs. Blocksatz; Zeilenlänge) von Bedeutung.
Bei den Bildfaktoren sind Helligkeit und Kontrast der Zeichen und des Bildhintergrundes sowie die Umgebungsbeleuchtung von großer Bedeutung, aber
auch die Auflösung des Zeichens und des Displays (Konturschärfe).
Jenseits der Wirkung von Text- und Bildfaktoren sind jedoch modulierende
kognitive Faktoren auf Nutzerseite wirksam, die die Leseeffizienz bedeutsam
beeinflussen. Die Aufnahme von Information hängt nämlich nicht nur von der
Bildqualität – der Lesbarkeit digital dargestellter Information – ab (sogenannte
‚Bottom up‘-Faktoren), sondern auch von kognitiven Fähigkeiten der Lesenden
und ihren Wahrnehmungs-, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisfähigkeiten sowie
den Eigenschaften der Leseanforderung (sogenannte ‚Top-down‘-Faktoren). Zu
solchen Top-down-Faktoren ist die Art und Schwierigkeit der Leseanforderung (1)
zu zählen. So kann man sich leicht vorstellen, dass beispielsweise das oberflächliche Überfliegen eines Textes und eine Lesesituation, in der ein Text auf Verständnis gelesen wird, mit unterschiedlich schwierigen Anforderungen verbunden sind, auf die sich suboptimal gestaltete Text- und Bildfaktoren in unterschiedlichem Ausmaß auswirken.7 Ein zweiter Faktor in diesem Zusammenhang
stellt die Lesedauer (2) dar. Müssen sich Leser über längere Zeit mit einem
schlecht lesbaren Text auseinandersetzen, hat dies deutlich gravierendere Fol-
6 Vgl. Aarås, Arne, Gunnar Horgen u. a.: „Musculosceletal, visual and psychosocial stress in
VDU operators before and after multidisciplinary ergonomic interventions“. In: Applied
Ergonomics 29 (1998) H. 5, S. 335–354; Dillon, Andrew: „Reading from paper versus screens: a
critical review of the empirical literature“. In: Ergonomics 35 (1992) H. 10, S. 1297–1326; Çakir,
Ahmet, David.J. Hart u. Thomas F.M. Stewart: The VDT manual – ergonomics, workplace design,
health and safety, task organization, Darmstadt 1979; Schlick u. a.: Visual Displays.
7 Vgl. Tinker, Miles: The Legibility of Print. Ames 1963.
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gen für die Leseeffizienz, als wenn solche Texte nur über eine kurze Zeitspanne
gelesen werden müssen.8
Ein dritter kognitiv wirksamer Faktor ist die Lesemotivation (3) eines Nutzers,
die maßgeblich die visuelle Performanz beeinflussen kann. Ein Text kann trotz
einer schlechten visuellen Gestaltung aus Sicht eines Viellesers ‚gut‘ lesbar sein,
einfach deshalb, weil die hohe Lesemotivation die Effekte einer schlechten
Lesbarkeit kompensieren kann. Zum vierten haben die Sinnhaftigkeit eines Textes sowie Kontexteffekte (4) Einfluss auf die Leseeffizienz. Anhand des Sinnzusammenhangs kann ein Text auch dann noch zufriedenstellen erschlossen
werden, wenn er hinsichtlich seiner Lesbarkeit schlecht gestaltet ist.9 Des Weiteren kann die Präferenz für oder gegen ein Medium und seine hedonische Bewertung10 durch den Nutzer mit entscheiden, wie gut und zufriedenstellend das
Lesen bei unterschiedlichen Darstellungsmedien bewertet wird – man denke
etwa an einen Computerfreak und einen Buchliebhaber und ihre unterschiedlichen Medienpräferenzen. Schließlich sind in diesem Zusammenhang individuelle Eigenschaften und Fähigkeiten der Lesenden zu nennen, wie beispielsweise die vorhandene Lesefähigkeit, die Leseerfahrung, die Lesebegeisterung,
visuelle Voraussetzungen, das Vorwissen oder auch intellektuelle Fähigkeiten.11
Man könnte voreiligen zum Schluss kommen, dass visuelle Bottom-up-Faktoren (also die Darstellungsqualität der Texte auf elektronischen Medien an sich)
für die Informationsentnahmeleistung von untergeordneter Bedeutung sind, da
die Leseeffizienz durch kognitive Funktionen des Lesenden (Top-down) beeinflusst und möglicherweise kompensiert werden können. So wissen wir aus eigener Erfahrung, dass wir selbst unter sehr eingeschränkten Bedingungen Informationen mehr oder weniger rasch und fehlerfrei aufnehmen können (z. B. Lesen
eines spannenden Buchs im Dämmerlicht; Entziffern einer in einer kleinen
Schrift abgedruckten Medikamentenbeschreibung auf Beipackzetteln). Andererseits lassen sich jedoch eine ganze Reihe alltäglicher Situationen anführen, die
deutlich machen, wie kritisch bestimmte Lesebedingungen für eine erfolgreiche
und reibungslose Informationsentnahme sind, vor allem, wenn solche suboptimalen Lesegegebenheiten in Kombination oder für einen längeren Zeitraum vorkommen. Solche Lesegegebenheiten finden sich in der realen Arbeitswelt recht
häufig und sind deshalb für eine leistungsoptimale Arbeitsumgebung von zentraler Bedeutung, denkt man beispielsweise an die Schwierigkeiten, die Personen
8 Vgl. Ziefle, Martina: „Effects of display resolution on visual performance“. In: Human Factors
40 (1998) H. 4, S. 554–568.
9 Vgl. Ziefle, Martina: Lesen am Bildschirm. Münster 2002.
10 Vgl. Holzinger, Baernthaler u. a.: „Investigating paper vs. Screen.“
11 Vgl. Tinker: The Legibility.
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mit (altersbedingten) verringerten Sehfähigkeiten haben, die Informationen auf
dem Mobiltelefon nur sehr schwer lesen können (kleine Displayfläche, kleiner
Schrifttyp und suboptimaler Kontrast) oder aber Arbeitnehmerinnen, die über
längere Zeit Zahlenkolonnen an der elektronischen Supermarktkasse kontrollieren müssen (Aufgabe ohne Textzusammenhang, lange Expositionszeit und suboptimaler Kontrast). Aus kognitiv ergonomischer Sicht ist es zentral zu verstehen, welche Faktoren bei digitalen Medien zu berücksichtigen sind, unter welchen Bedingungen sie sich gegenseitig ausgleichen oder auch verstärken und
welche Bewertungsparameter unter welchen Darstellungsbedingungen sensitiv
sind.
2.1 Aufgabenanforderungen bei der Informationsentnahme
Will man die kognitive Belastung beim Lesen elektronischer Texte bewerten, ist
die Identifikation der unterschiedlichen Aufgabenanforderungen essentiell. Die
bei der Evaluation der Bildqualität digitaler Medien verwendeten Aufgaben sind
unterschiedlich sensitiv für die Abschätzung der realiter vorhandenen Lesbarkeit
eines Textes. Die in der Fachliteratur für die Abschätzung der Lesbarkeit eingesetzten Aufgabentypen umfassen einfache Erkennungsaufgaben (wenn beispielsweise ein falscher Buchstabe in einem Wort erkannt werden muss), Aufgaben, in denen Information erinnert und wiedergegeben werden muss, und
visuelle Suchaufgaben bis hin zu (Korrektur-)Leseaufgaben.12
Der grundsätzliche Unterschied zwischen diesen Aufgabentypen ist das Vorliegen eines Sinnzusammenhangs, eines semantischen Kontextes (wie beispielsweise beim Korrekturlesen) im Gegensatz zu sinnfreien Aufgaben (z. B. bei
visuellen Suchaufgaben, in der zuvor definierte Zeichen oder Elemente in einer
Suchliste gefunden werden müssen). Diese Unterscheidung hat nicht nur Auswirkungen auf die Empfindlichkeit, mit der Effekte suboptimaler Lesebedingungen nachgewiesen werden können, sondern auch auf die Beurteilung der Realitätsnähe der Evaluation und der Generalisierbarkeit der Ergebnisse.
Werden zur Evaluation der visuellen Darstellungsqualität Aufgaben mit
einem semantischen Kontext (Leseaufgaben) verwendet, sind die Befunde und
die Lesesituation „ökologisch valide“, d. h., sie weisen eine hohe Generalisierbarkeit auf realweltliche Anwendungsszenarien auf. Auf der anderen Seite sind
semantische Aufgaben nicht besonders sensitiv, um visuelle Degradierungsef-
12 Vgl. Schlick u. a.: Visual Displays; Ziefle: Effects of display resolution; Ziefle: Lesen am
Bildschirm.
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fekte nachzuweisen:13 Für geübte Leser stellt die Verarbeitung visueller Information ein über viele Jahre trainiertes und daher hoch überlerntes Verhalten dar,
bei dem das Verständnis des Textes und die dadurch ermöglichte Top-downKomponente suboptimale Bildfaktoren durch Lesestrategien überdecken kann,
zumindest in kurzzeitigen Leseepisoden. Beim Korrekturlesen passiert es beispielsweise häufig, dass orthographische Fehler (ausgelassene, zusätzliche, vertauschte oder fehlende Buchstaben) nicht entdeckt werden, trotz mehrmaligem
und ‚genauem‘ Lesens. Durch die starke Führung, die der Lesekontext und der
Sinn des Textes bietet, übersehen wir häufig Fehler und lesen stattdessen das
‚richtige‘ Wort. Werden also zur Evaluation der visuellen Qualität Leseaufgaben
mit sinnhaften Texten verwendet, kann es vorkommen, dass die Effekte der
suboptimalen Gestaltung des Textes und der (digitalen) Information nicht entdeckt und damit unterschätzt werden.14
Für eine kritische Prüfung der visuellen Qualität und der Lesbarkeit digital
dargestellter Information sind dann sinnfreie Aufgaben angezeigt, wenn sie
visuelle Suchaufgaben oder einfache Erkennungsaufgaben (visuelle Detektion)
darstellen. Zwar muss bei einfachen Detektionsaufgaben grundsätzlich von einer
geringeren Realitätsnähe ausgegangen werden. Sie eignen sich aber sehr gut zur
Prüfung der visuellen Qualität einer Darstellung oder eines Darstellungsmediums, da die Aufgabenbearbeitung eine sehr genaue Enkodierung visueller Textmerkmale erforderlich macht, die in sehr viel geringerem Ausmaß von kognitiven
Top-down-Effekten profitieren kann.15
2.2 Maße für die Evaluation der Güte visueller
Darstellungsmedien
Um die Qualität einer visuellen Darstellung auf den Informationsentnahmeprozess und die daraus resultierende Leseeffizienz zu beurteilen, wurden in den
einschlägigen Arbeiten eine ganze Reihe von Maßen und Indikatoren verwendet.
Sie reichen von der Effektivität und Effizienz der Informationsentnahme bis hin
zu einer Beurteilung der erlebten Anstrengung und visuellen Ermüdung bis hin
zu qualitativen Maßen, wie beispielsweise die Beurteilung des Lesekomforts
13 Vgl. Ziefle: Effects of display resolution.
14 Vgl. ebd.
15 Vgl. Oetjen, Sophie, Martina Ziefle u. Thomas Gröger: „Work with visually suboptimal
displays – in what ways is the visual performance influenced when CRT and TFT displays are
compared?“ In: Proceedings of the HCI International 2005. Vol. 4: Theories, Models and
Processes in Human Computer Interaction. St. Louis 2005.
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oder die Erfassung der Präferenz für ein Medium.16 Die verwendeten Indikatoren
lassen sich grundsätzlich in Maße der globalen oder lokalen Verhaltensebene
einteilen.
2.2.1 Globale Maße
Als globale Verhaltensindikatoren wird die Leseeffizienz oder auch die visuelle
Performanz bezeichnet. Sie wird anhand der Geschwindigkeit (Wörter pro Minute,
Sekunden pro Zeile oder Normseite) und der Genauigkeit (Anzahl richtig entdeckter Fehler, Verhältnis richtig wiedergegebener Information, Prozentsatz richtig identifizierter Zielreize, je nach Aufgabe) des Informationsentnahmeprozesses
festgestellt. Die Beurteilung der Geschwindigkeit kann nur bei gleichzeitiger Betrachtung der Genauigkeit der Informationsentnahme sinnvoll interpretiert werden. Die Tatsache, dass sich beide Parameter beeinflussen und die Geschwindigkeit zugunsten der Genauigkeit (oder umgekehrt) vernachlässigt wird, beschreibt
man mit dem Ausdruck Geschwindigkeits-Genauigkeits-Austausch (engl. „speedaccuracy trade off“).17 Unter suboptimalen visuellen Darstellungsgegebenheiten
(beispielsweise bei niedrigem Leuchtdichtekontrast an elektronischen Medien)
kann es – vor allem bei längeren Expositionszeiten – vorkommen, dass Geschwindigkeit und Genauigkeit nicht über die gesamte Zeit auf einem konstant hohen
Niveau beibehalten werden können, sondern dass der eine oder andere Indikator
zugunsten des anderen vernachlässigt wird. Speed-Accuracy-Trade-offs können
innerhalb einer Leseperiode variieren (im Verlauf einer längeren Leseperiode
wird die Lesestrategie gewechselt); sie spiegeln aber auch persönliche Lesestile
wider. So konnte gezeigt werden, dass ältere Leser eher dazu neigen, die Lesegenauigkeit auf einem konstant hohen Level beizubehalten, während die Lesegeschwindigkeit über die Zeit abnimmt.18 Um eine ganzheitliche Betrachtung des
Leseverhaltens zu erreichen, sind beide Indikatoren, Geschwindigkeit und Genauigkeit, miteinander in Beziehung zu setzen.
So plastisch eine Veränderung der Leseeffizienz in Abhängigkeit von der
visuellen Qualität der Informationsdarstellung auch sein mag, sie gibt nur darüber Auskunft, ob und in welchem Ausmaß sich bestimmte Bedingungen der
Informationsdarstellung auswirken. Sie lassen jedoch keine Aussage darüber zu,
16 Vgl. Schlick u. a.: Visual Displays.
17 Vgl. Pachella, Robert: „The interpretation of reaction time in information processing
research“. In: Human information processing. Hg. v. Daniel Kantowitz. Potomac, Md. 1974,
S. 41–82.
18 Vgl. Oetjen, Ziefle u. Gröger: Work with visually suboptimal displays.
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welche detaillierten Prozesse der Informationsentnahme für die Leistungsverschlechterung verantwortlich sind. In diesem Kontext spielt die Messung von
Augenbewegungen eine maßgebliche Rolle, anhand derer eine raumzeitliche Detailanalyse des Informationsentnahmeprozesses vorgenommen werden kann.19
2.2.2 Lokale Maße
Während des Lesens führen die Augen ruckartige Bewegungen (Augensprünge,
sogenannte Sakkaden) in Leserichtung aus, um neue Textinformation in den
schärfsten Bereich unserer Augen (Fovea centralis, auf der Netzhaut des Auges)
zu rücken. Sakkaden gehören zu den schnellsten Bewegungen unseres Körpers.
Normale Inspektionssakkaden beim Lesen dauern zwischen 20 und 80 Millisekunden und sind annähernd proportional zu ihrer Amplitude (entspricht der
Sakkadenlänge). Die Amplitude von Lesesakkaden umfasst ungefähr 7–9 Buchstabenpositionen (je nach Textschwierigkeit und Fontgröße). Sakkaden werden
von kurzen Pausen unterbrochen, in denen sich das Auge nicht bewegt (Fixationen). Typische Fixationszeiten beim Lesen dauern – wieder in Abhängigkeit von
der Textschwierigkeit und den visuellen Gegebenheiten – im Mittel zwischen
200 und 500 Millisekunden. Gewöhnlich werden Informationen nur während der
Fixationen aufgenommen, während des sakkadischen Blickwechsels besteht
eine funktionelle Blindheit. Jenseits der Sakkaden, die während des Lesens in
Leserichtung ausgeführt werden, werden auch rückwärtsgerichtete Sakkaden –
also solche gegen die Leserichtung – beobachtet (sogenannte Regressionen).
Hier wird zu bereits durchmusterten bzw. gelesenen Passagen im Satz zurückgeblickt. Regressionen werden als Korrekturbewegungen des Augenbewegungssystems interpretiert, die umso häufiger auftreten, je schlechter die visuellen
Gegebenheiten sind und je schwieriger der zu lesende Text ist. Das gehäufte
19 Vgl. Owens, D Alfred u. Karen Wolf-Kelly: „Near work, visual fatigue, and variations of
oculomotor tonus“. In: Investigative Ophthalmology and Visual Science 28 (1987) H. 4, S. 743–
749; Iwasaki, Tsuneto u. Shinji Kurimoto: „Eye-strain and changes in accomodation of the eye
and in visual evoked potential following quantified visual load“. In: Ergonomics 31 (1988) H. 12,
S. 1743–1751; Jaschinski, Wolfgang, Matthias Bonacker u. Ewald Alshuth: „Accommodation,
convergence, pupil and eye blinks at a CRT-display flickering near fusion limit“. In: Ergonomics
(1996) H. 19, S. 152–164; Best, P. Scot, Matthew Littleton u. a.: „Relations between individual
differences in oculomotor resting states and visual inspecting performance, and reports of
visual fatigue“. In: Ergonomics 39 (1996) H. 1, S. 35–40; Piccoli, Bruno, Marco D’Orso u. a.:
„Observation distance and blinking rate measurement during on-site investigation“. In:
Ergonomics 44 (2001) H. 6, S. 668–676; Ziefle: Effects of display resolution;
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Auftreten von Regressionen kann auch den Ermüdungs- bzw. Konzentrationszustand einer Person kennzeichnen.20
In Abhängigkeit von typographischen Merkmalen, der Textschwierigkeit
und der Güte der visuellen Lesebedingungen zeigt sich eine Veränderung des
Augenbewegungsverhaltens. Bei suboptimaler Darstellung – beispielsweise bei
einem schlechten Zeichenkontrast, bei einer ungenauen Auflösung (Abbildungsbzw. Konturschärfe eines Zeichens) oder bei ungenügender Beleuchtung – werden mehr und kleinere Sakkaden ausgeführt, in Kombination mit einer signifikanten Verlängerung der Fixationszeiten.21 Ebenfalls kommt es unter suboptimalen visuellen Gegebenheiten zu einer erhöhten Ungenauigkeit der Sakkade beim
Zeilenwechsel. Bei engen Zeilenabständen in Verbindung mit kleinen Schriftgrößen kommt es vor, dass beim Zeilenrücksprung der Beginn der neuen Zeile in
vertikaler Richtung verfehlt wird und das Auge in eine falsche Zeile rutscht,22
was zu einer Unterbrechung des Leseprozesses führt und in der Regel von
Korrekturbewegungen begleitet wird. Jenseits der Analyse sakkadischer Augenbewegungen wurden als weitere okulomotorische Indikatoren Veränderungen
der Pupillen, Vergenzbewegungen,23 Blinzelraten oder auch die Komplexität
visueller Suchpfade analysiert.24 Der bei einer nicht optimalen visuellen Darstellung auftretende höhere Aufwand des Augenbewegungsapparates wird als
physische Basis für visuelle Ermüdungsphänomene betrachtet.25
Eine weitere Möglichkeit, Effekte der Darstellungsqualität visueller Medien
zu erfassen, ist die Erfassung von Nutzerurteilen, beispielsweise hinsichtlich der
während des Lesens entstandenen visuellen Ermüdung. Mit visueller Ermüdung
wird ein Symptomkomplex bezeichnet, der auf das subjektiv beurteilte Auftreten
brennender, trockener, schmerzender und/oder tränender Augen basiert. Eben-
20 Vgl. Ziefle: Lesen am Bildschirm.
21 Vgl. Baccino, Thierry: „Exploring the flicker effect: the influence of in-flight pulsations on
saccadic control“. In: Ophthalmologic and Physiological Optics 19 (1999) H. 3, S. 266–273;
Ziefle: Effects of display resolution; Ziefle, Martina: „CRT screens or TFT displays? A detailed
analysis of TFT screens for reading efficiency“. In: Usability evaluation and interface design. Hg.
v. Michael Smith, Gavriel Salvendy, Don Harris u. Richard Koubek. Mahwah 2001a, S. 549–553;
Ziefle, Martina: „Aging, visual performance and eyestrain in different screen technologies“. In:
Proceedings of the Human Factors and Ergonomics Society 45th annual meeting. Santa Monica
2001, S. 262–266.
22 Vgl. Ziefle: Aging.
23 Bei Vergenzbewegungen verschieben sich die Augachsen horizontal relativ zueinander bzw.
relativ zur Mitte der Blickrichtung.
24 Vgl. Schlick u. a.: Visual Displays.
25 Vgl. Wilkins, Arnold, Ian Nimmo-Smith u. a.: „A neurological basis for visual discomfort“. In:
Brain (1984) H. 107, S. 989–1017.
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falls damit in Zusammenhang steht die Beobachtung, dass der Text vor den
Augen verschwimmt, die Buchstaben unscharf werden und die Leser das Gefühl
erhöhten Augendrucks haben und vermehrt blinzeln müssen.26 Nutzerurteile
stellen eine wertvolle Ergänzung zur Messung der visuellen Performanz und
spiegeln einen nützlichen Zugang zur Beurteilung der visuellen Qualität eines
Darstellungsmediums sowie der Nutzerakzeptanz wider.27 Einschränkend muss
jedoch angemerkt werden, dass die Validität von Nutzerurteilen im Hinblick auf
die alleinige Beurteilung der visuellen Qualität des Mediums nicht ausreicht.
Zum einen unterscheiden sich Nutzer in ihrer Sensitivität für visuelle Ermüdung,28 zum anderen ist nicht ohne Einschränkung davon auszugehen, dass alle
Nutzer bereit sind, solche Ermüdungseffekte zuzugeben und solche Urteile häufig als Eingeständnis von Schwäche missverstehen (wiederum tritt dies insbesondere bei älteren Nutzern auf, die im Experiment ihre hohe Bereitschaft zur
Mitarbeit zeigen möchten und möglicherweise alterskorrelierte Sehbeeinträchtigungen oder Ermüdungserscheinungen nicht angeben).29 Drittens verläuft die
Entstehung visueller Ermüdungssymptome nicht notwendigerweise symmetrisch
zu einer messbaren Veränderung der Leseeffizienz.30 Um eine ganzheitliche Abbildung des Lesekomforts und die Güte der digital dargestellten Information zu
erhalten, ist es deshalb notwendig, die visuelle Qualität von Darstellungsmedien
anhand objektiver und subjektiver Messungen vorzunehmen.
26 Vgl. Piccoli u. a.: Observation distance; Hung, George K., Kenneth J. Ciuffreda, u. John
L. Semmlow: „Static vergence and accomodation: population norms and orthopic effects“. In:
Documenta Ophthalmologica (1986) H. 62, S. 165–179; Owens u. Wolf-Kelley: Near Work.
27 Vgl. Oetjen u. Ziefle: The effects of LCD anisotropy.
28 Vgl. Wolf, Ernst u. Angela M. Schraffa: „Relationship between critical flicker frequency and
age in flicker perimetry“. In: Archives of Ophthalmology (1964), H. 72, S. 832–843.
29 Vgl. Oetjen u. Ziefle: The effects of LCD anisotropy.
30 Vgl. Chen, Ming-Te u. Chin-Chiuan Lin: „Comparison of TFT-LCD and CRT on visual
recognition and subjective preference“. In: International Journal of Industrial Ergonomics 34
(2004) H. 3, S. 167–174; Lin, Yu-Ting, Po-Hung Lin u. a.: „Investigation of legibility and visual
fatigue for simulated flexible electronic paper under various surface treatments and ambient
illumination conditions“. In: Applied Ergonomics 40 (2009) H. 5, S. 922–928; Yeh, Yei-Yu u.
Christopher D. Wickens: „Why do performance and subjective workload measures dissociate?“
In: Proceedings of the 28th Annual meeting of the Human Factors Society. Santa Monica 1984,
S. 504–508; Howarth, Peter Alan u. Howell O. Istance: „The association between visual
discomfort and the use of visual display units“. In: Behaviour Information Technology (1985) H.
4, S. 131–149.
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2.3 Textfaktoren und ihre Auswirkungen auf die Leseeffizienz
2.3.1 Schrifttyp
Auch Textfaktoren bestimmen in starkem Ausmaß die kognitiven Anforderungen
bei der Informationsverarbeitung. Der Schrifttyp ist ein Textparameter, der in der
Regel nur einen schwachen Effekt auf die Lesbarkeit hat, es sei denn, es werden
sehr ungebräuchliche Schrifttypen verwendet.31 Insgesamt scheint es hinsichtlich
der Lesbarkeit auf Papier eine Überlegenheit von Serifenschriften (z. B. Times) im
Vergleich zu serifenlosen Schriften (z. B. Helvetica) zu geben. Die Überlegenheit
der Serifen32 wird darauf zurückgeführt, dass durch die Serifen geschlossenere
und prägnante Buchstaben- und Wortgestalten entstehen, die die Lesbarkeit
erleichtern. Bei digitaler Darstellung konnte die Überlegenheit von Serifenschriften gegenüber serifenlosen Schriften nicht nachgewiesen werden.
Kursivschrift ist, wenn sie nicht nur zur Hervorhebung einzelner Satzteile
verwendet wird, im Vergleich zu einer nicht-kursiv gesetzten Schrift schlechter
lesbar.33 Texte, die ausschließlich in Großbuchstaben geschrieben sind, werden
um 11,8% langsamer gelesen.34 Dadurch, dass alle Buchstaben gleich groß sind,
entfallen die leseunterstützenden Hinweise auf Wortform, Wortart und Position
im Satz (Top-down-Effekte), was die Orientierung im Text nachhaltig erschwert.35 Obwohl für die Fettdruckschreibweise keine Nachteile in der Leseeffizienz gefunden wurden, zogen 70% der Probanden die Normalschreibweise
gegenüber dem Fettdruck vor.36
2.3.2 Schriftgröße und Zeilenlänge bzw. Zeilenabstand
Im Hinblick auf die Schriftgröße wurde die höchste Leseeffizienz bei Schriftgrößen von 10 Punkten (3,55 mm) und der von den Probanden am höchsten
beurteilte Lesekomfort bei einer Schriftgröße von 11 Punkten gefunden. Hier
31 Vgl. Tinker: The Legibility.
32 Als Serifen bei einer Schrift werden die geschwungenen bzw. rechteckigen Enden der
Striche bezeichnet.
33 Vgl. Tinker: The Legibility; Ziefle: Lesen am Bildschirm.
34 Vgl. Morrison, Robert u. Albrecht Inhoff: „Visual factors and eye movements in reading“. In:
Visible Language, 15 (1981), S. 129–146.
35 Vgl. Tinker: The Legibility; für einen Überlick Morrison u. Inhoff: Visual factors.
36 Vgl. Wendt, Dirk: „Lesbarkeit von Druckschriften“. In: Schrifttechnologie. Hg. v. Peter Karow
S. Berlin: Springer 1992, S. 271–306.
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waren, im Vergleich mit kleineren (8 und 9 Punkt) und größeren Schriftgrößen
(12 Punkt) ein effizienteres Augenbewegungsverhalten (weniger und kürzere
Fixationen) zu verzeichnen. Die optimale Zeilenlänge und der Zeilenabstand
hängen von der Buchstabengröße ab.37 Für eine 10-Punkt-Schrift werden Zeilenlängen von 6,5 cm und einem Zeilenabstand zwischen 0,7 und 1,3 mm empfohlen. Eine zusätzliche Vertikaltrennung von 2 Punkten erhöhte die Lesbarkeit aller
Schriften. Im Hinblick auf den Buchstabenabstand zeigt sich, dass bei Leseaufgaben ein enger Schriftsatz dem weiteren überlegen ist. Die enggesetzte
Schrift führt zu einem ökonomischeren Augenbewegungsverhalten, bei dem mit
einer Fixation mehr Information aufgenommen werden kann. Bei sinnfreien
Aufgaben, wie beispielsweise bei der Durchmusterung sinnloser Buchstabenketten, bringt ein erweiterter Buchstabenabstand die bessere Informationsentnahmeleistung. Wenn also einzelne Buchstaben aus einem „Hintergrund“ herausgelöst werden müssen, dann ist ein weiter Buchstabenabstand einem engeren
überlegen.38
Ein zentraler Faktor für die Lesbarkeit ist darüber hinaus die Bildschirmgröße bzw. das Sichtfenster und die darauf darstellbare Menge an Information in
Verbindung mit der Buchstaben- bzw. Fontgröße.39 Je kleiner die Schrift und je
mehr Text auf kleiner Bildschirmfläche dargestellt wird, desto gravierender
fallen die Einbußen in der Informationsentnahmeleistung aus (visuelle Maskierung).
2.4 Bildfaktoren und ihre Auswirkungen auf die Leseeffizienz
Drei zentrale Bildfaktoren spielen bei der Informationsdarstellung auf elektronischen Medien eine zentrale Rolle: Die Bildauflösung, die Bildwiederholfrequenz
(das Bildschirmflimmern) und der Helligkeitskontrast auf einem Medium. Effekte
37 Vgl. Tinker: The Legibility. Heller, Dieter: „Typographical factors in reading“. In: Eye
Movements: From Physiology to Cognition. Hg. v. Kevin O’ Reagon, Ariane Levy-Schoen. NorthHolland 1987, S. 487–498.
38 Vgl. Morrison u. Inhoff: Visual factors.
39 Vgl. Duncan, John u. Glenn Humphreys: „Visual search and stimulus similarity“. In:
Psychological Review 96 (1989) H. 3, S. 433–458; Ziefle, Martina, Olaf Oehme u. Holger Luczak:
„Information presentation and visual performance in head-mounted displays with augmented
reality“. In: Zeitschrift für Arbeitswissenschaft 59 (2005) H. 3–4, S. 331–344; Ziefle, Martina:
„Instruction format and navigation aids in mobile devices“. In: Usability and Human Computer
Interaction for Education and Work. Hg. v. Andreas Holzinger. Berlin 2008, S. 339–358; Ziefle,
Martina: „Information presentation in small screen devices: The trade-off between visual
density and menu foresight“. In: Applied Ergonomics 41 (2010) H. 6, S. 719–730.
Lesen an digitalen Medien
235
der Bildwiederholfrequenzen sind an heutigen Flachbildschirmen (LCD-Technologie) nicht mehr vorhanden, sondern waren ein bauartbedingtes Merkmal von
Kathodenstrahlröhren, die heutzutage fast vollständig aus den Arbeitsräumen
verschwunden sind. Um jedoch zeigen zu können, wie stark sich bildschirmbedingte Faktoren auf die Informationsentnahme auswirken, werden – aus Vollständigkeitsgründen – Effekte der Bildwiederholfrequenz auf die Informationsentnahmeleistung berücksichtigt.
2.4.1 Bildauflösung
Technisch gesprochen, versteht man unter der Auflösung eines Displays die
Anzahl der Pixel pro Raumeinheit (dots per inch, dpi), mit denen Buchstaben
und Objekte auf einem elektronischen Medium dargestellt werden können. Aus
psychophysischer bzw. kognitiv-ergonomischer Sicht ist das perzeptuelle Korrelat der Bildauflösung die wahrgenommene Konturschärfe eines Zeichens und die
Klarheit, mit der Buchstaben, Texte oder Objekte gegenüber dem Bildschirmhintergrund wahrgenommen werden können. Je höher die Bildauflösung, je höher
also die Anzahl der Pixel, aus denen Buchstaben bestehen, desto kleiner sind
die Buchstaben und desto mehr Information kann auf einer gegebenen Bildschirmfläche dargestellt werden. Dies mag auf der einen Seite vorteilhaft sein,
besonders auf Miniaturdisplays (wie bei Mobiltelefonen), bei denen das Sichtfenster begrenzt ist, da relativ zur kleinen Bildschirmfläche viel Information
dargestellt werden kann. Andererseits ist dies aus wahrnehmungspsychologischer Sicht kontraproduktiv, da die dargestellten Informationen klein sind und
die Informationsentnahme erschwert wird, weshalb sich eine höhere Bildschirmauflösung nur dann positiv auf die Informationsentnahme auswirkt, wenn der
Größennachteil bei hohen Auflösungen entsprechend kompensiert wird.40 Experimentelle Untersuchungen zur Auflösung zeigen, dass sich hohe Bildauflösungen positiv auf die Informationsentnahmeleistung auswirken.
Abbildung 1 zeigt Effekte unterschiedlicher Bildauflösungen (60 und 90 dpi)
auf die Leseleistung im Vergleich zum Lesen auf Papier. Dargestellt sind auf der
rechten Seite die Lesegeschwindigkeit (Wörter pro Minute) in Korrekturleseaufgaben, auf der linken Seite die Korrekturlesegenauigkeit. Deutlich wird, dass
elektronisch dargestellte Information unabhängig von der erreichten Bildauslösung nicht an die Leseleistung auf Papier heranreichen.
40 Miyao, Masaru, Selim Hacisalihzade u. a.: „Effects of VDT resolution on visual fatigue and
readability: an eye movement approach“. In: Ergonomics 32 (1989) H. 6, S. 603–614.
236
Martina Ziefle
Abb. 1: Links: Effekte der Bildauflösung auf die Lesegeschwindigkeit im Vergleich zu Papier;
rechts: Effekte der Bildauflösung auf die Lesegenauigkeit
Effekte der Bildauflösung zeigen sich jedoch nicht nur in Korrekturleseaufgaben,
sondern sind auch in visuellen Suchaufgaben (Abb. 2) beobachtbar, bei denen
die Probanden in sinnfreien Buchstabenreihen nach zuvor definierten Zielbuchstaben zu suchen hatten.
Die Verbesserung der Leistung in visuellen Suchaufgaben bei jungen Erwachsenen betrug 20% bei einer Bildauflösung von 90 dpi gegenüber einer Kontrollbedingung mit 60 dpi (Abb. 2). Die Verbesserung der Leseleistung basierte dabei
auf einer sehr viel effizienteren Augenbewegungskontrolle. Die Fixationszeiten
waren um 11% reduziert und es wurden darüber hinaus 5% weniger Sakkaden
pro Zeile ausgeführt.41 Überdies waren die beurteilten visuellen Ermüdungssymptome signifikant stärker in der Bedingung mit der niedrigen Auflösung (60 dpi) im
Vergleich mit der hochauflösenden Bedingung (90 dpi). Je länger die Probanden
die Suchaufgaben in der Bedingung mit der niedrigen Auflösung bearbeiteten,
desto stärker fielen die visuellen Ermüdungssymptome aus. Die visuelle Ermüdung war zudem ungleich stärker, je länger die Probanden unter der schlechten
Auflösungsbedingung arbeiten mussten.42
Aus Abbildung 2 wird deutlich, dass nicht nur die Suchgeschwindigkeit in
Abhängigkeit von der Bildschirmauflösung variiert, sondern auch, in welchen
okulomotorischen Parametern die Informationsentnahme durch suboptimale
Auflösungen beeinträchtigt ist.
41 Ziefle: Effects of display resolution.
42 Vgl. Huang, Ding-Long, Pei-Luen Patrick Rau u. Ying Liu: „Effects of font size, display
resolution and task type on reading Chinese fonts from mobile devices“. In: International
Journal of Industrial Ergonomics (2009) H. 39, S. 81–89; Ziefle: Effects of display resolution.
Lesen an digitalen Medien
237
Abb. 2: Links: Effekte der Bildauflösung auf die Suchgeschwindigkeit; Mitte: Effekte der
Bildauflösung auf die Fixationsdauer; rechts: Effekte der Bildschirmauflösung auf die Anzahl
der pro Zeile ausgeführten Sakkaden
2.4.2 Bildwiederholfrequenz
Ein zweiter – nur für Kathodenstrahlröhren charakteristischer Faktor – ist die ,
Bildwiederholfrequenz‘, die dadurch gekennzeichnet ist, dass das Bild mehrmals
in der Sekunde aufgebaut wird (Hertz, Hz) und das in einer mehr oder weniger
ausgeprägten Flimmersensation resultiert. Das Bildschirmflimmern wurde in
seiner Wirkung auf die Informationsentnahmeleistung häufig untersucht.43
Lesen von einem Bildschirm mit einer niedrigen Bildwiederholfrequenz (50
Hz) ist extrem belastend für den Lesenden und erhöht das Risiko für die Entstehung visueller Beschwerden, selbst nach nur kurzen Leseperioden (von unter
einer halben Stunde). Mit steigender Bildwiederholfrequenz (>70 Hz) nimmt die
wahrgenommene Flimmerwirkung ab, aber natürlich besteht die intermittierende Beleuchtung und der Bildschirmaufbau auch bei höheren Bildwiederholfrequenzen und beeinträchtigt die Leseleistung. Interessanterweise zeigt sich keine
lineare Verbesserung bei höheren Bildwiederholfrequenzen (140 Hz), sondern
wieder eine Verschlechterung, was auf einen kurvenlinearen Verlauf zwischen
visueller Leistung und der Höhe der Bildwiederholfrequenz hindeutet.44 Dies
zeigt, dass die visuelle Leistung tatsächlich eine Funktion der physikalischen
und nicht der wahrgenommenen Beeinträchtigung darstellt.
43 Vgl. Menozzi, Marino, Felicitas Lang u. a.: „CRT versus LCD: effects of refresh rate, display
technology and background luminance in visual performance“. In: Displays 22 (2001) H. 3,
S. 79–85; Wolf u. Schraffa: Relationship; Jaschinski, Bonacker u. Alshuth: Accommodation,
convergence.
44 Vgl. Ziefle: CRT screens.
238
Martina Ziefle
2.4.3 Leuchtdichte und Kontrast
Der dritte markante Bildfaktor, der die visuelle Leistung an digitalen Medien
beeinflusst, ist die Leuchtdichte und der Kontrast zwischen Zeichen und Bildhintergrund.45 Der Kontrast stellt immer ein Verhältnis zwischen zwei unterschiedlichen Leuchtdichteverteilungen dar (Buchstaben/Hintergrund). Niedrige Kontraste führen zu beträchtlichen Leseeinbußen in der Größenordnung von 10–
20%. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass Kontrastangaben (wie z. B. 1:10) zwar
anzeigen, dass das Zeichen zwar zehn Mal heller ist im Vergleich zum Bildhintergrund, jedoch aber keine Angaben darüber zulassen, welche absoluten Helligkeiten bzw. Leuchtdichten in das Kontrastverhältnis eingeflossen sind. Hier
müssen also noch zusätzliche Informationen über die absolute Helligkeit eingeholt werden.
2.4.4 Darstellungspolarität
Neben dem Leuchtdichtekontrast, der durch die unterschiedlichen Helligkeiten
zwischen Text und Bildhintergrund entsteht, sind weitere Beleuchtungsfaktoren
von Bedeutung. Ein solcher Faktor stellt zum einen die Polarität der Darstellung
dar, also die Frage, ob weiße Buchstaben auf dunklem Untergrund oder dunkle
Buchstaben auf hellem Untergrund gelesen werden müssen. Im Allgemeinen
gilt, dass Darstellungen mit positiver Polarität (dunkle Buchstaben auf hellem
Untergrund) zu einer besseren Leseleistung führen im Vergleich zu Negativdarstellungen.46 Die Überlegenheit der positiven über die negative Polarität ist
nicht auf unterschiedliche Kontrastverhältnisse zurückführbar. Denn der
Leuchtdichtekontrast ist bei beiden Polaritäten identisch – gehen doch dieselben Helligkeiten des Zeichens und des Hintergrundes in die Kontrastberechnung ein. Die Überlegenheit der Leistung bei positiver Polarität wird auf die
45 Vgl. Van Schaik, Paul u. Jonathan Ling: „The effects of frame layout and differential
background contrast on visual search performance in web pages“. In: Interacting with
Computers (2001) H. 13, S. 513–525; Ziefle, Martina, Thomas Gröger u. Dietmar Sommer: „Visual
costs of the inhomogeneity of contrast and luminance by viewing TFT-LCD screens off-axis“. In:
International Journal of Occupational Safety and Ergonomics 9 (2003) H. 4, S. 507–517; Oetjen,
Ziefle u. Gröger: Work with visually suboptimal displays; Schlick u. a.: Visual Displays.
46 Vgl. Bauer, Dieter u. Carl Richard Cavonius: „Improving the legibility of visual display units
through contrast reversal“. In: Ergonomic aspects of visual display terminals. Hg. v. Etienne
Grandjean u. Enrico C. Vigliani. London 1980, S. 137–142; Buchner, Axel, Susanne Mayr u.
Martin Brandt: „The advantage of positive text-background polarity is due to high display
luminance“. In: Ergonomics 52 (2009) H. 7, S. 882–886.
Lesen an digitalen Medien
239
einfache Tatsache zurückgeführt, dass das menschliche Auge über Licht integriert und die relative Verfügbarkeit an Beleuchtungsstärke bei hellem Untergrund höher ist als bei dunklem Untergrund. Die Darstellung digitaler Information in positiver Polarität ist mit der hellen Umgebung in Arbeitsräumen kompatibel. Hingegen muss bei Negativdarstellungen das Auge bei Blickwechseln vom
Bildschirm auf die Umgebung umadaptieren, was mit visuellen Ermüdungserscheinungen einhergeht.
2.4.5 Umgebungsbeleuchtung
Daneben spielt die Umgebungsbeleuchtung des Raumes eine zentrale Rolle.47
Bei selbstleuchtenden Medien verringert eine helle Umgebungsbeleuchtung den
Zeichenkontrast (durch überlagernde Beleuchtungscharakteristiken), in abgedunkelten Räumen ist der Zeichenkontrast maximal.48 Aber auch hier stellen
sich schnell negative Effekte auf die Leseleistung ein.49 Ist der Kontrast zwischen
Umgebungsbeleuchtung und Bilduntergrund auf elektronischen Medien zu groß,
stellt sich Kontrastblendung ein.50
2.4.6 Anisotropie
Gerade bei der Darstellung digitaler Information auf LCD-Bildschirmen spielen
der Kontrast zwischen Zeichen und Hintergrund und die Leuchtdichte eine zent47 Vgl. Shen, I-Hsuan, Kong-King Shieh u. a.: „Lighting, font style, and polarity on visual
performance and visual fatigue with electronic paper displays“. In: Displays 30 (2009) H. 2,
S. 53–58; Shieh, Kong-King u. Chin-Chiuan Lin: „Effects of screen type, ambient illumination,
and color combination on VDT visual performance and subjective preference“. In: International
Journal of Industrial Ergonomics 26 (2000) H. 5, S. 527–536; Wang, An-Hsiang, Hui-Tzu Kuo u.
Shie-Chang Jeng: „Effects of ambient illuminance on users’ visual performance using various
electronic displays“. In: Journal of the Society for Information Displays 17 (2009) H. 8, S. 665–
669.
48 Vgl. Sheedy, James E.: „Office Lighting for Computer Use“. In: Visual Ergonomics Handbook.
Hg. v. Jeffrey Anshel. Boca Raton 2005, S. 37–51.
49 Vgl. Kokoschka, Siegfried u. Peter J. Haubner: „Luminance ratios at visual display
workstations and visual performance“. In: Lighting Research Technology 17 (1986) H. 3,
S. 138–144.
50 Vgl. Kubota, Satoru: „Effects of Reflection Properties of Liquid-Crystal Displays on
Subjective Ratings of Disturbing Reflected Glare“. In: Journal of Light Visual Environment (1997)
H. 21, S. 33–42; Schenkman, Bo, Tadahiko Fukuda u. Bo Persson: „Glare from monitors
measured with subjective scales and eye movements“. In: Displays 20 (1999) H. 1, S. 11–21.
240
Martina Ziefle
rale Rolle.51 Zwar hat diese Bildschirmtechnologie einen enormen Fortschritt in
der Darstellungsqualität gebracht (durch den Verzicht auf Bildwiederholfrequenzen). Allerdings hat die LCD-Darstellung ebenfalls einen charakteristischen
Nachteil. Die elektronisch dargestellte Information ist nur dann ‚perfekt‘ sichtbar, wenn Nutzer sich direkt vor dem Bildschirm befinden und zentral auf die
Bildschirmmitte blicken. Wann immer diese zentrale Blickposition nicht eingenommen werden kann (wie dies in realen Nutzungssituationen recht häufig der
Fall ist), nimmt die Sichtbarkeit der Bilddarstellung ab (Abb. 3).
Abb. 3: Beispiel für einen Arbeitsplatz in einer Verkehrsleitzentrale. Die Bildschirmarbeiter
sitzen vor mehreren Monitoren und sind durch unterschiedliche Betrachtungswinkel auf
verschiedene Bildschirme mit Effekten der Anisotropie konfrontiert.
Diese der LCD-Bildschirmtechnologie eigene Charakteristik nennt sich Anisotropie.52 Ein Display ist anisotrop, wenn Leuchtdichte und Kontrast um mehr als
10% zwischen dem zentralen und dem seitlichen Betrachtungswinkel variieren
(ISO 13406‑2 2001). Diese Schwankungen liegen in den photometrischen Eigenschaften der Technologie begründet. Leuchtdichte und Kontrast sind bei LCDMonitoren nicht konstant über der Bildschirmoberfläche, sondern sie nehmen
mit ansteigendem seitlichen Betrachtungswinkel ab.53
51 Vgl. Hollands, Justin G., Herbert Parker u. a.: „LCD versus CRT Displays: A Comparison of
visual search performance for colored symbols“. In: Human Factors 44 (2002) H. 2, S. 210–221;
Ziefle, Gröger u. Sommer; Visual costs; Oetjen, Sophie u. Martina Ziefle: „Effects of anisotropy
on visual performance regarding different font sizes“. In: Work with computing systems. Hg. v.
Halimahtun M. Khalid, Martin G. Helander u. Alvin Yeo. Kuala Lumpur 2004, S. 442–447;
Oetjen, Sophie u. Martina Ziefle: „A visual ergonomic evaluation of different screen
technologies“. In: Applied Ergonomics (2009) H. 40, S. 69–81.
52 Altgriechisch bedeutet Anisotropie „nicht an allen Stellen gleich“.
53 Vgl.Ziefle, Gröger u. Sommer: Visual costs.
Lesen an digitalen Medien
241
Die Schwankungen der photometrischen Werte bei anisotropen Bildschirmen sind beträchtlich. Die empirisch quantifizierten Kontrast- und Leuchtdichteveränderungen bei verschiedenen Bildschirmen in Abhängigkeit vom Betrachtungswinkel sind in Abbildung 4 dargestellt.
Abb. 4: Veränderungen von Leuchtdichten und Kontrast als Funktion des Betrachtungswinkels
bei verschiedenen Bildschirmtypen
Visuell ergonomische Untersuchungen zur Leseleistung zeigen, dass die durch
Anisotropie verursachten Kontrastvariationen über der Bildschirmoberfläche zu
nachweisbaren und beachtlichen Leistungseinbußen führen können.54 Bei jungen Erwachsenen liegen die durch Anisotropie verursachten Performanzeinbußen zwischen 10 und 20%. Effekte der Anisotropie lassen sich jedoch nicht nur
bei jungen Erwachsenen beobachten, sondern sind bei Nutzern aller Altersgruppen grundsätzlich beobachtbar (Abb. 5). Sie zeigen sich besonders ausgeprägt
bei Jugendlichen zwischen 10 und 16 Jahren und bei Erwachsenen mittleren und
höheren Alters (40–60 Jahre).
54 Vgl. Oetjen u. Ziefle: The effects of LCD anisotropy; Oetjen u. Ziefle: A visual ergonomic
evaluation.
242
Martina Ziefle
Abb. 5: Links: Anisotropieeffekte auf die Erkennungsgeschwindigkeit in visuelle Suchaufgaben
am Kathodenstrahlmonitor (links) und LCD (rechts). Dargestellt sind Leistungskurven in
Abhängigkeit verschiedener Blickpositionen in drei Altersgruppen.
Obwohl Notebook-Computer inzwischen stationäre Rechner und Bildschirme
nahezu ersetzt haben,55 muss als visuell ergonomischer Nachteil konstatiert werden, dass die Anisotropie an den Bildschirmen mobiler Computer stärker ausgeprägt ist. Dies hat damit zu tun, dass andere LCD-Technologien bei mobilen
Computern aufgrund des im Vergleich zu stationären Computerbildschirmen
erhöhten Energiebedarfs56 verwendet werden. Experimentelle Untersuchungen
zur visuellen Leistung belegen die stärkere Anfälligkeit von Notebook-Computer
im Hinblick auf anisotropiebedingte Leistungseinbußen.57
Unter einer solchen kritischen Prüfung der visuellen Leistung erweist sich
der Notebook-Computer als das Medium, an dem die visuelle Leistung im Vergleich zu einem stationären Kathodenstrahlmonitor und einem LCD-Monitor am
schwächsten ausfällt. Dies zeigt sich sowohl in der Zeit, die Probanden benöti-
55 Vgl. Kirsch, Christian: „Laptops als Ersatz für Desktop-PCs. Überall im Büro [Laptops as a
replacement for desktop PCs. The office is everywhere]”. In: iX (2004) H. 12, S. 40–45; King,
Christopher N.: „Electroluminescent displays, SID 96 Seminar Lecture Notes“. In: Soc. For
Information Display (1996) H. 9, S. 1–36.
56 Schlick u. a.: Visual Displays.
57 Vgl. Oetjen u. Ziefle: A visual ergonomic evaluation; Ziefle: Visual ergonomic issues.
Lesen an digitalen Medien
243
gen, um in visuellen Suchaufgaben einen Zielreiz zu entdecken als auch in der
Genauigkeit, mit der Zielbuchstaben richtig erkannt werden (Abb. 6).
Jedoch muss in diesem Kontext darauf hingewiesen werden, dass der hier
belegte visuell ergonomische Nachteil des mobilen Computers natürlich nicht
berücksichtigt, dass es bei einer mobilen Nutzung eines Laptops von Vorteil sein
kann, dass Informationen während der Fahrt von anderen Mitfahrern nicht gut
eingesehen werden können (Schutz der Privatsphäre, Datenschutz). Zudem hat
die durch Laptops ermöglichte Unabhängigkeit des Zugriffs und Bearbeitung
digitaler Information für viele Nutzer so viele andere Vorteile (Flexibilität, Unabhängigkeit von Zeit und Ort), dass visuell ergonomische Nachteile in der Leseeffizienz in Kauf genommen werden.
Abb. 6: Effekte der Anisotropie auf die Erkennungsgeschwindigkeit an drei verschiedenen
Bildschirmtypen (CRT, LCD, Notebook) und in Abhängigkeit von fünf Blickwinkelpositionen
(eine zentrale und vier seitliche Blickwinkel).
2.5 Informationsdarstellung bei Small Screen Devices
Die Durchdringung heutiger Gesellschaften mit mobilen Endgeräten (sogenannte
Small Screen Devices) stellt eine der schnellsten und raumgreifendsten technologischen Entwicklungen in den vergangenen 15 Jahren dar. Aktuelle Statistiken
weisen darauf hin, dass momentan bereits die stattliche Summe von vier Billionen GSM-Verbindungen (Global System for Mobile Communications) existieren,
die über verschiedene Gerätetypen abgerufen werden (Mobiltelefone, Smartphones, Communicators oder Smart Pads). Die Aktualität und die hohe Akzeptanz
dieser Geräte und der Nutzen digitaler Information ist nicht nur dem ubiquitären
und schnellen Zugriff geschuldet, sondern auch der Aktualität der Information,
ihrer raumzeitlichen Verfügbarkeit und der Attraktivität mobiler Dienste. Geschätzt wird, dass im Jahr 2012 mehr als 445 Millionen Menschen mobile Dienstleistungen in allen Bereichen des Lebens nutzen werden (Kauf von Konsumarti-
244
Martina Ziefle
keln, mobile Dienstleistungen in den Bereichen Lebenshaltung, Sport, Kommunikation, Gesundheit etc.).58
Solche mobilen Endgeräte unterscheiden sich im Hinblick auf ihre physikalischen Abmessungen, der (farbigen) Informationsdarstellung, ihrer Helligkeit
oder der Art und Weise wie Nutzer mit ihrem Gerät interagieren (Stift, Tastatur,
Touchinput). Ein Merkmal ist jedoch allen Geräten gemeinsam: Das Sichtfenster,
mit dem der Nutzer Information abruft, ist beschränkt (Miniaturisierung) und
dies hat einen beträchtlichen Einfluss auf die Sichtbarkeit der Information und
die Effizienz, mit der diese Geräte bedient werden können. Jenseits der bereits
diskutierten visuellen Bild- und Textfaktoren (Farb-)Kontrast, Leuchtdichte, Auflösung) unterscheiden sich die Geräte darin, wie viele Textzeilen und Menüfunktionen pro Sichtfenster dargestellt werden können, bevor der Nutzer ‚scrollen‘
muss und ein weiteres Fenster sehen kann. Momentan erhältliche Mobiltelefone
(Nokia, Motorola, Samsung, Sony Ericsson) haben Displaygrößen zwischen 5
und 6 cm (Länge) und 2,5–5 cm (Breite). Auf den Sichtfenstern können gleichzeitig zwischen zwei und acht Zeilen dargestellt werden. Die Buchstabengrößen
variieren ebenfalls (zwischen 2 und 5 mm).
Aus visuell ergonomischer Sicht ist eine gut lesbare Informationsdarstellung
sehr schwierig, denn es muss ein sensibler Trade-off zwischen der Buchstabengröße und der Zeilendichte gefunden werden. Nun könnte argumentiert werden,
dass solche Trade-offs zunehmend an Wichtigkeit verlieren, weil momentan ein
positiver Trend zu wieder größeren Sichtfenstern bei Smartphones zu verzeichnen ist (z. B. beim I-Phone, das bis zu 20 Zeilen auf seinem Multitouch Display
darstellen kann).
Eine begrenzte Darstellungsfläche stellt im Hinblick auf eine leistungsoptimale Informationsverarbeitung aus ergonomischer Sicht also eine besondere
Herausforderung dar. Auf den ersten Blick scheint diese Herausforderung vornehmlich visuell-ergonomischer Natur zu sein. Demnach muss im visuellen
Interface-Design darauf geachtet werden, dass dargestellte Objekte und Zeichen
groß genug sind, um leicht und problemlos erkannt zu werden, und die Textdichte nicht zu hoch ist, um Maskierungseffekte zu vermeiden. Dies ist für alle
Nutzer von großer Wichtigkeit, aber ungleich stärker für ältere Nutzer, deren
visuelle Funktionen altersbedingt nachlassen.59 Aber es sind eben nicht nur
visuelle Aspekte, die in diesem Kontext berücksichtigt werden müssen. Es geht
58 Informa Telecoms and Media Global mobile forecasts, 2008. www.intomobile.com/2008
(Stand: 31.12.2008).
59 Brodie, Chattratichart u. a.: Future design of mobile phone experience; Omori, Masako,
Tomoyuki Watanabe u. a.: „Visibility and characteristics of the mobile phones for elderly
people“. In: Behaviour Information Technology 21 (2002) H. 5, S. 313–316.
Lesen an digitalen Medien
245
auch darum, dass Nutzer bei der Kommunikation und Interaktion mit dem
kleinen Sichtfenster einen Überblick über die vorhandenen Funktionen und
Menüebenen erhalten müssen, um eine kognitive Orientierung beizubehalten
und sich nicht im ‚Dschungel‘ der Funktionen zu verlieren.60 Dadurch, dass man
durch ein komplexes Menü von Funktionen navigieren muss, das die meiste Zeit
nicht sichtbar oder nur fragmentarisch abgebildet ist (kleines Sichtfenster), sind
viele Nutzer kontinuierlich auf der Suche nach Funktionen oder verirren sich
zunehmend während der Gerätebedienung.
Um das Problem der Informationsdarstellung auf kleinen Displays zu lösen,
sind verschiedene Techniken entwickelt worden. Eine dieser Techniken ist die
schnelle serielle Darbietung von Information (‚Rapid Serial Visual Presentation‘,
RSVP). Sie beruht auf der Idee, Information zeitlich anstatt räumlich zu portionieren.61 Mit dieser Technik werden verschiedene Wörter (oder Funktionen) an
einem bestimmten Ort im Display dargestellt und kurz darauf abgelöst durch die
nächste Gruppe von Wörtern usw. Nutzer haben also die Aufgabe, die seriell
dargestellten Textfragmente zusammenzusetzen und auf diese Weise nachzuvollziehen. Eine vergleichbare Technik ist die ‚Times Square Methode‘ (TSM), die
nicht mit statischer Information arbeitet, sondern den Text in einer bestimmten
Geschwindigkeit am Auge des Betrachters „vorbeifahren“ lässt (Wort für Wort
bzw. Satz für Satz). Natürlich lässt sich mit einiger Übung eine passable Leseleistung erreichen, aber solche Darstellungsformen stellen für unser informationsverarbeitendes System eine enorme Aufmerksamkeits- und Gedächtnisbelastung dar. Jenseits dessen sind solche Techniken gänzlich ungeeignet für Notfall- oder Stresssituationen, in denen die auf dem Mobiltelefon dargestellte
Information (über)lebenswichtig ist (wie beispielsweise bei Small Screen Devices
im medizinischen Kontext).62
60 Vgl. Ziefle, Martina u. Susanne Bay: „How older adults meet cognitive complexity: Aging
effects on the usability of different cellular phones“. In: Behavior Information Technology 24
(2005) H. 5, S. 375–389; Ziefle, Martina u. Susanne Bay: „How to overcome disorientation in
mobile phone menus: a comparison of two different types of navigation aids“. In: Human
Computer Interaction 21 (2006) H. 4, S. 393–433; Ziefle: Instruction format; Ziefle, Martina:
„Modelling mobile devices for the elderly“. In: Advances in Ergonomics Modeling and Usability
Evaluation. Hg. v. Halimahtun Khalid, Alan Hedge u. Tareq Z. Ahram. Boca Raton 2010, S. 280–
290.
61 Vgl. Rahman, Tarjin u. Paul Muter: „Designing an interface to optimize reading with small
display windows“. In: Human Factors 41 (1999) H. 1, S. 106–117; Goldstein, Mikael, Gustav
Öqvist u. a.: „Enhancing the reading experience: Using adaptive and sonified RSVP for reading
on small displays“. In: Proceedings of the Mobile HCI. Berlin 2001, S. 1–9.
62 Vgl. Calero Valdez, André, Martina Ziefle u. a.: „Task performance in mobile and ambient
interfaces. Does size matter for usability of electronic diabetes assistants?“ In: Proceedings of
246
Martina Ziefle
Somit kann festgehalten werden, dass visuelle und kognitive Anforderungen
gleichzeitig zu bewältigen sind, die sich darüber hinaus gegenläufig verhalten.
Die eine Strategie wäre, auf Sichtbarkeit zu setzen, große Fonts, wenig Textdichte (visuelle Komponente). Die andere Strategie wäre, so viel wie möglich in
einem Display darzustellen, um Nutzern die maximal mögliche Vorschau auf die
weiteren Funktionen zu geben und ihnen damit eine kognitive Orientiertheit
über die Menüfunktionen zu ermöglichen. Frage ist, ob es einen sensiblen Punkt
gibt, an dem die Vorteile der einen Anforderung (visuell) die Nachteile der
anderen Anforderung (kognitiv) überwiegen. Solche Fragen können nur experimentell gelöst werden. Eine erste Studie untersuchte die Rolle der „Vorschaugröße“ im kleinen Sichtfenster eines Mobiltelefons.63 Junge Erwachsene hatten
die Aufgabe, gewöhnliche Aufgaben an einem Mobiltelefon zu lösen. Experimentell variiert wurde die Anzahl der pro Display verfügbaren Textzeilen bzw. Anzahl der Funktionen (eine, drei und sieben). Die besten Ergebnisse wurden mit
dem mittleren Display erreicht, in dem drei Funktionen pro Display dargestellt
waren. In der Bedingung mit nur einer Funktion pro Display (die eine sehr gute
Sichtbarkeit, aber eine geringe Vorschau ermöglichte) führten die Probanden
40% mehr Umwegschritte aus – einfach weil ihnen die Orientierung im Menü
verlorenging. Dies verdeutlicht die Wichtigkeit der Vorschau (kognitive Orientierung). Bei einer hohen Informationsdichte (sieben Zeilen pro Display) zeigte sich
wieder eine Leistungsverschlechterung (30%), woraus sich schließen lässt, dass
die visuelle Komponente für die leistungsoptimale Aufgabenbearbeitung ebenfalls eine Rolle spielt.
Eine weitere Studie thematisierte den Trade-off zwischen Lesbarkeit einerseits (Fontgröße) und Vorausschau (Anzahl der Zeilen pro Display) andererseits.64 Variiert wurden zwei Fontgrößen (8 pt und 12 pt) sowie die Darstellung
von einer bzw. fünf Textzeilen, die gleichzeitig auf dem Display des Mobiltelefons zu sehen waren. Da wir nicht immer davon ausgehen können, dass junge,
gutsichtige Nutzer ein Mobiltelefon bedienen, wurden in diesem Experiment
Erwachsene mittleren und höheren Lebensalters (40–65 Jahre) untersucht, die
aufgrund visueller Einschränkungen und einer geringeren technischen Vorer-
the International Conference on Information Society (i-Society 2010/IEEE). Hg. v. Charles
Shoniregun u. Galyna Akmayeva. London 2010, S. 526–533.
63 Vgl. Bay, Susanne u. Martina Ziefle: „Effects of menu foresight on information access in
small screen devices“. In: 48th annual meeting of the Human Factors and Ergonomic Society.
Santa Monica 2004, S. 1841–1845; Ziefle, Martina u. Susanne Bay: „How to overcome
disorientation in mobile phone menus: a comparison of two different types of navigation aids“.
In: Human Computer Interaction 21 (2006) H. 4, S. 393–433.
64 Vgl. Ziefle: Information presentation in small screen devices.
Lesen an digitalen Medien
247
fahrung ohnehin mehr Schwierigkeiten im Umgang mit technischen Artefakten
zeigen.65 Die Probanden hatten wiederum mehrere gewöhnliche Aufgaben am
Mobiltelefon zu lösen. Gemessen wurden in Abhängigkeit von der variierten
Fontgröße und der Menüvorschau die Effektivität der gelösten Aufgaben, aber
auch die Zeit, die die Probanden dafür benötigten. Darüber hinaus wurden Verirrungsmaße ermittelt, wie die Anzahl unnötiger Menüaktionen und die Anzahl
der Rücksprünge zum Startmenü, die immer dann ausgeführt werden, wenn
Nutzer sich komplett verirrt haben und mitten in der Aufgabenbearbeitung
wieder von ganz vorne anfangen.
Abbildung 7 zeigt die Ergebnisse. Deutlich wird, dass es bei einer nutzergerechten Darstellung digitaler Information auf einem Small Screen Device um
eine Kombination visueller und kognitiver Anforderungen geht, die gleichzeitig
berücksichtigt werden muss. Die beste Navigationsleistung wurde in der Bedingung erreicht, in der ein großer Font (12 pt) und eine große Vorschau (5 Funktionen) vorhanden ist. Wenn man eine Gewichtung vornehmen muss, also darüber entscheiden, welche der beiden Facetten wichtiger als die andere ist, dann
ist es für ältere Nutzer wichtiger, dass sie sich orientieren können (kognitive
Vorschau), allerdings natürlich nur, wenn die grundsätzliche Lesbarkeit der
Zeichen gegeben ist (und das ist bei 8-Punkt-Schriften auf einem selbstleuchtenden Medium wie dem Mobiltelefon der Fall).
Abb. 7: Effekte der Fontgröße und der Menüvorschau im Mobiltelefon. Von links nach rechts:
Anzahl gelöster Aufgaben, Bearbeitungszeit, Anzahl der unnötigen Rückschritte im Menü,
Anzahl der kompletten Neustarts.
65 Vgl. Ziefle: Instruction format; Ziefle, Martina u. Susanne Bay: „Transgenerational Designs
in Mobile Technology“. In: Handbook of Research on User Interface Design and Evaluation for
Mobile Technology. Hg. v. Joanna Lumsden. Hershey 2008, S. 122–140.
248
Martina Ziefle
3 Interaktion: neue Formen des Umgangs mit
Information bei digitalen Medien
Der beschriebene Zugang der Bewertung digital dargestellter Information – die
Messung der Effektivität und der Effizienz der Leseleistung – ist natürlich ein
sehr spezifischer und – berücksichtigt man zukünftige Anwendungsgebiete digitaler Information und Kommunikation – ein sehr eingeschränkter. Der traditionelle Bewertungszugang geht davon aus, dass wir digitale Information ‚entnehmen‘ und ‚verarbeiten‘ und dass sich dieser Prozess möglichst reibungslos,
schnell und fehlersicher vollziehen soll, richtet sich somit auf pragmatische
Facetten einer Technologie. Er geht weiterhin davon aus, dass es sich beim
Computer und anderen digitalen Darstellungsmedien um sichtbare, von uns und
unserer Raumumgebung unabhängige Artefakte handelt, die isoliert voneinander genutzt werden, ohne dass die Geräte untereinander verbunden sind oder
gar eine regelhafte Verbindung zu anderen Lebenswelten haben.
Bereits jetzt zeichnet sich jedoch ab, dass zukünftige Anwendungsszenarien
von elektronischen Displays und die Verwendung digitaler Information Menschen und Technik in einer völlig anderen Form konzeptualisieren.66 Digitale
Informationen sind nicht auf sichtbare Artefakte beschränkt. Sie werden in
Alltagsgegenstände, in Raumumgebungen oder in Kleidung integriert. Gerade
bei der Vorstellung, dass – bedingt durch den demographischen Wandel –
immer mehr ältere Menschen alleine leben und nicht genügend familiäres oder
professionelles Pflegepersonal zur Verfügung steht, damit die Älteren in Würde
daheim alt werden können, sind technische Lösungen bzw. Assistenzsysteme
gefragt, die holistisch und nutzerzentriert in Wohnumgebungen „unsichtbar“
integriert werden. So ist es denkbar, grundsätzlich technisch machbar und
bereits handwerklich in experimentellen Szenarien umgesetzt, dass Wände und
Fußböden einer Wohnumgebung intelligent sind, also digitale Information „aufnehmen“ können: Der Fußboden registriert beispielsweise, dass ein Bewohner
gefallen ist.67 Solche Wohnumgebungen können darüber hinaus Informationen
„verarbeiten“: Der Bewohner kann beispielsweise seine Lebensmittelbestellung
66 Brown, Stuart F.: „Hands-On Computing: How Multi-Touch Screens Could Change the Way
We Interact with Computers and Each Other“. In: Scientific American Magazine 2008; Heidrich,
Felix, Martina Ziefle u. a.: „Interacting with Smart Walls: A Multi-Dimensional Analysis of Input
Technologies for Augmented Environments“. In: Proceedings of the ACM Augmented Human
Conference (AH’11). New York 2011, S. 1–8.
67 Leusmann, Philipp, Christian Möllering u. a.: „Your Floor Knows Where You Are: Sensing and
Acquisition of Movement Data“. Full paper at the Workshop on Managing Health Information in
Lesen an digitalen Medien
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beim Supermarkt über ein multitouchfähiges digitales Display, das gleichzeitig
seine Wohnzimmerwand ist, aufgeben, genauso wie die Wand ein Kommunikationsfenster darstellen kann. So könnte beispielsweise eine digitale Sprechstunde mit dem Arzt – zusätzlich zur normalen persönlichen Sprechstunde – dazu
führen, dass der Bewohner in kürzeren Intervallen als dies normalerweise üblich
ist, medizinische Beratung einholen kann.68
Abbildung 8 zeigt eine Umsetzung eines digitalisierten Wohnzimmers im
Future Care Lab an der RWTH Aachen.69 Nicht nur der Fußboden, sondern auch
die Wand oder das Sofa sind Ein- und Ausgabegeräte, mittels derer Bewohner
den Umgang mit digitaler Information in ihr Leben integrieren können.
Abb. 8: Fotoimpressionen aus verschiedenen Nutzungsszenarien in der intelligenten
Wohnumgebung im Future Care Lab (Bilder: Kai Kasugai)
Klar ist, dass in solchen Zukunftsszenarien nicht nur die Effektivität und die
Effizienz der Informationsentnahmeleistung das Benchmark-Kriterium für die
Gestaltung technischer Geräte sein kann. In solchen realweltlichen und holistisch konzeptualisierten Umgebungen, die Teil des Lebensraumes von Menschen
sind, gelten ungleich komplexere Anforderungen. So müssen neue Interaktionsformen und Kommunikationsetiketten untersucht werden, wie beispielsweise
Mobile Applications (HIMoA 2011). IEEE 12th International Conference on Mobile Data
Management (MDM 2011).
68 Heidrich u. a.:Interacting with Smart Walls; Klack, Lars, Thomas Schmitz-Rode u. a.:
„Integrated Home Monitoring and Compliance Optimization for Patients with Mechanical
Circulatory Support Devices (MCSDs)“. In: Annals of Biomedical Engineering 39 (2011) H. 12,
S. 2911–2921.
69 Ziefle, Martina, Carsten Röcker u. a.: „A Multi-Disciplinary Approach to Ambient Assisted
Living“. In: E-Health, Assistive Technologies and Applications for Assisted Living: Challenges
and Solutions. Hg. v. Röcker, Carsten u. Martina Ziefle. Hershey, P.A. 2011, S. 76–93.
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Martina Ziefle
Gesten als Eingabemodalitäten.70 Ebenfalls spielen die unterschiedlichen Wünsche und Bedürfnisse der Bewohner an eine angenehme und die Privatsphäre
respektierende Gerätegestaltung eine Rolle.71
Literaturhinweise
Holzinger, Andreas, Markus Baernthaler u. a.: Investigating paper vs. screen in real-life hospital
workflows: Performance contradicts perceived superiority of paper in the user experience”.
In: International Journal of Human-Computer Studies (2011a) H. 69, S. 563–570.
Morrison, Robert u. Albrecht Inhoff: Visual factors and eye movements in reading. In: Visible
Language, 15 (1981), S. 129–146.
Tinker, Miles: The Legibility of Print. Iowa State University Press 1963.
Schlick, Christopher M., Carsten Winkelholz u. a.: „Visual Displays“. In: The Human Computer
Interaction Handbook: Fundamentals, Evolving Technologies and Emerging Applications.
Hg. v. Julie A. Jacko. (Im Druck)
Ziefle, Martina: Lesen am Bildschirm [Reading from screens]. Münster 2002.
70 Brown: Hands-On Computing; Saffer, Dan: Designing Gestural Interfaces: Touchscreens and
Interactive Devices. O’Reilly Media 2008; Heidrich u. a.: Interacting with Smart Walls.
71 Wilkowska, Wiktoria u. Martina Ziefle: „User diversity as a challenge for the integration of
medical technology into future home environments“. In: Human-Centred Design of eHealth
Technologies. Concepts, Methods and Applications. Hg. v. Ziefle, Martina u. Carsten Röcker.
Hersehy, P.A. 2011, S. 95–126.

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