Das Pulver für den Glanz
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Das Pulver für den Glanz
TECHNIK · IM LACKLABOR Basiswissen Das Pulver für den Glanz In entsprechender Tönung, Struktur und Qualität polymerisiert im Ofenraum der Pulverlack Jens Lindenau Die Teilchengröße und deren Verteilung ist die bestimmende Größe für die Qualität von Pulverlack. Ferner ist das Verfahren dank der Sammlung- und Rückgewinnung der Lacksprühverluste sehr wirtschaftlich. Angeboten werden die Oberflächen in verschiedenen Abstufungen von glänzend über halbmatt 32 Quelle: Bernard Bayilly/Fotolia.com oder matt. S eit Anfang der 50er Jahre werden Pulverlacke hergestellt und gelten somit als eine der jüngsten Lacktechnologien. Dabei sind ihre Anwendungsgebiete sehr vielfältig. Von Fassadenbeschichtungen, Haushaltsgeräten, wie Staubsaugern und Waschmaschinen, über Pipelines bis hin zu OEM-Klarlacken für den Automobilbereich – überall werden sie eingesetzt. Die Herstellung von Pulverlack Die Rohstoffe, dazu zählen Pigmente, Bindemittel, Härter, Füllstoffe und verschiedene Additive, wie z.B. Verlaufsadditive, werden eingewogen. Eine intensive Vormischung der Rohstoffe ist nun unabdingbar damit der gewünschte Farbton eingestellt werden kann. Über Ein- und Zweiwellen-Extruder werden nun die in Pulverform vorliegen- den Teilchen vermischt und verschmolzen. Nachdem das Extrudat abgekühlt ist, kann es anschließend gebrochen werden. Bei den zerkleinerten Teilchen spricht man von Flakes. Diese Flakes werden über sogenannte Sichtermühlen gemahlen. Es werden Teilchengrößen von 0 – 80 µm erreicht. Teilchengrößenverteilung beeinflusst die Lackqualität Teilchen, die kleiner als 10 µm sind (Feinstaub), beeinflussen die elektrostatische Applikation negativ. Sind die Teilchen zu groß (Überkorn) verursachen sie Lackfehler. Den Feinstaub wird über einen Zyklon abgetrennt, Überkörner hingegen durch das Sieben. Abschließend erfolgt das Homogenisieren bzw. die Herstellung Abb. 1: Darstellung einer glänzenden (links) und einer matten (rechts) Oberfläche FARBE UND LACK 8 • 2010 116. Jahrgang www.farbeundlack.de TECHNIK · IM LACKLABOR Basiswissen der Dry Blends. Dies ist die Mischung zweier unterschiedlich reaktiver Pulverlackkomponenten in Chipsform. Der fertig hergestellte Pulverlack kann nun verarbeitet werden. Die vollständige Rezyklierbarkeit ist ein Vorteil Für den Pulverlack spricht die hohe Materialausnutzung. Da der Feststoffgehalt 100 % beträgt, bedeutet dies eine nahezu vollständige Rezyklierbarkeit. Pulver, welches bei der Applikation nicht auf dem Substrat landet, der sogenannte Overspray, kann aufgefangen werden. Die bei Flüssiglacken entstehenden Abfallprobleme sind bei Pulverlacken vernachlässigbar, da der Overspray fast vollständig weiter verwendet werden kann. Ein weiterer Vorteil sind die niedrigeren Energiekosten beim Einbrennen. Studien führender Lackierkabinenhersteller ergaben, dass die größten Kosten einer herkömmlichen Nassauswaschung hauptsächlich durch die Luftkonditionierung (Zu- und Abluft/Luftzirkulation) in der Spritzkabine entstehen. Dies können knapp 60 % der Gesamtkosten sein. Zwar sind beim Pulverlack höhere Einbrenntemperaturen notwendig, jedoch ist die Luftkonditionierung nicht in dem Ausmaß notwendig, wie bei der Verarbeitung von Flüssiglacken. Auch die Personalkosten können gesenkt werden. Automatisierte Anlagen können mit weniger Personal betrieben werden. Die Reinigungskosten fallen geringer aus und Instandhaltungs- bzw. Wartungsarbeiten lassen sich ebenfalls kostengünstiger bewältigen. Darüber hinaus haben Pulverlacke den Vorteil, dass mit ihnen ein weiter Bereich von strukturierten Oberflächen einstellbar ist (z.B. Texturen wie Hammerschlag). In der Schichtdicke unflexibel Ein Nachteil ist, dass verhältnismäßig große Teilchen eingesetzt werden. Dadurch können geringe Schichtdicken mit hoher Oberflächenqualität nach dem aktuellen Stand der Technik noch nicht eingestellt werden. Ebenfalls erweist sich im Vergleich mit Flüssiglacken der Verlauf als nicht ideal. Eine Ausnahme sind die Acrylat-Pulverlacke. Hierbei ergibt sich jedoch das Problem, dass die herkömmlichen Pulverlacke mit den Acrylatpulver nicht verträglich sind. Geringste Verunreinigungen verursachen Lackfehler. Aus diesem Grunde muss eine separate Produktionsstätte für Acrylate betrieben werden. Ein weiteres Manko ist, dass wenn bei der Herstellung der Farbton nicht getroffen www.farbeundlack.de Abb. 2: REM- Aufnahmen von Oberflächen matter Pulverlacke im Vergleich mit a) 10 GE, b) 25 GE, c) 40 GE, d) 90 GE wird, dieser nicht mehr korrigiert werden kann. Zudem ist eine aufwendige Reinigung beim Farbwechsel notwendig. Dies alles sind Kriterien, die einen Einfluss darauf haben können, ob man sich für eine Pulver- oder Nassapplikation entscheidet. Matte Oberflächen sind im Trend Die Trends bei Pulverlacken gehen dahin, die technischen Eigenschaften, wie Bewitterungsstabilität, und die Verarbeitungseigenschaften zu verbessen. Aber auch die Optik spielt eine wesentliche Rolle. Die Beschichtungen sollen bunter, metallischer oder einfach matt sein.Im folgenden Text wird auf den Trend der mattierten Pulverlacke eingegangen. Dazu gilt es zuerst zu klären, wie der matte Effekt zustande kommt. Für diesen ist die Oberfläche verantwortlich. Je rauer diese ist, desto matter erscheint sie. (Siehe Abb 1) Bei einer hochglänzenden Oberfläche wird das einfallende Licht gerichtet reflektiert. Die Oberfläche hat einen sehr hohen Glanzgrad. Bei einer matten Oberfläche wird das Licht an der Oberfläche diffus gestreut. Es wird weniger Licht gerichtet reflektiert und somit hat die Beschichtung einen niedrigeren Glanzgrad. Beschichtete Materialien können so nach ihren Glanzeinheiten (GE) eingeteilt werden. 33 Im 60° Winkel werden die Beschichtungen folgendermaßen eingestuft: Hochglänzende Beschichtungen – ca. 90 GE Seidenglänzende Beschichtungen – ca. 70 GE Seidenmatte Beschichtungen – ca. 50 GE Matte Beschichtungen – ca. 30 GE Stumpfmatte Beschichtungen – < 10 GE Vier Verfahren für matte Beschichtungen Etwa 40% aller Pulverlacke im Innenwie im Außenbereich werden mattiert. Das Mattieren von Pulverlacken hat neben ästhetischen Gründen den Vorteil, dass unerwünschte Oberflächendefekte, wie Kratzer und Schmutz, weniger wahrgenommen werden. Diese Beschichtungen können durch vier verschiedene Prinzipien erreicht werden. – Durch Zugabe von Zusätzen. Dazu zählen Füllstoffe, Wachse oder Kieselsäure. Werden Wachse eingesetzt, so haben diese die Aufgabe beim Einbrennen an die Oberfläche zu wandern und sich dort als Mikrotropfen anzureichern. – Die zweite Möglichkeit, aber kaum noch relevante Methode, ist das Einsetzen von bifunktionellen Rohstoffen. 116. Jahrgang 8 • 2010 FARBE UND LACK TECHNIK · IM LACKLABOR Basiswissen Die zwei effektivsten und auch in der Praxis am häufigsten verwendeten Verfahren sind – das One Shot – Verfahren und das Dry Blend-Verfahren. Beide erreichen ihre Wirkung über die unterschiedliche Reaktivität der eingesetzten Komponenten. Durch diese kommt es bei der Filmbildung während der Härtung zu Unverträglichkeiten zwischen der reaktiven und der weniger reaktiven Komponente und somit zu der gewollten Oberflächenstörung. Der Unterschied zwischen den beiden Verfahren liegt darin, dass beim One Shot-Verfahren die verschiedenen Komponenten bereits während des Extrudierens gemischt werden. Beim Dry Blend-Verfahren erfolgt die Mischung danach. Die Rauigkeit bestimmt den Glanzgrad Abbildungen 2a bis 2d zeigen in einer Rasterelektronenmikroskopie (REM) – Aufnahme die Oberfläche eines matten Pulverlackes der mit dem Dry Blend-Verfahren hergestellt wurde. Auf den Abbildungen ist gut zu erkennen, dass gilt: Je rauer die Oberfläche des Lackes, desto niedriger ist dessen Glanzgrad. Abbildung 2a zeigt die Oberfläche bei dem der Reaktivitätsunterschied der eingesetzten Komponenten am höchsten ist und somit 10 GE erzielt werden konnten. Abbildung 2c zeigt die Oberfläche, bei der der Reaktivitätsunterschied geringer ist und somit 40 Glanzeinheiten erreicht wurden. Dieser Artikel entstand in Zusammen arbeit mit dem: www.vslf.ch 34 Farbe und Lack Edition Lackrohstoffkunde Bereits in der dritten Auflage bietet dieses Nachschlagewerk eine breite Übersicht der wichtigsten Lackrohstoffe wie: Lackharze, Pigmente, Füllstoffe, Lösemittel, Additive und informiert über deren Zusammensetzung und Verwendung. Jetzt neu dabei: Umweltpolitische Aspekte, wie die Einsparung von Energie- und Rohstoffressourcen sowie emissionsarme Beschichtungssysteme. Ferner befasst sich der Autor mit neuartigen Technologien, wie z.B. dem Dual-Cure-Verfahren sowie der Anwendung UV-härtbarer Wasserlacke. Dank seines verständlichen und umfassenden Aufbaus ist das Buch die ideale Einstiegshilfe für angehende Lackexperten. >> Lackrohstoffkunde Paolo Nanetti Dezember 2008, 238 Seiten, gebunden 69,- € Bestell-Nr. 15418 frei n Versandkoste Bestellung unter: shop.farbeundlack.de Vincentz Network Postfach 6247 · 30062 Hannover · Deutschland Tel. +49 511 9910-033 · Fax +49 511 9910-029 [email protected] · www.farbeundlack.de/buecher FARBE UND LACK 8 • 2010 116. Jahrgang www.farbeundlack.de