NiedersachsenMetall report 2/2012
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NiedersachsenMetall report 2/2012
Impulse ideen Initiativen 2 2012 IMPRESSUM Herausgeber NiedersachsenMetall – Verband der Metallindustriellen Niedersachsens e.V. Schiffgraben 36 D-30175 Hannover Telefon(05 11) 85 05 - 0 Telefax (05 11) 85 05 - 203 www.niedersachsenmetall.de [email protected] Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes Werner Fricke Redaktion Werner Fricke, Lothar Steckel Fotos Chris Gossmann, Marcus Lorenczat, Frank Schinski Konzept und Design GuS Kommunikation, Bremen www.gus-bremen.de Druck Dieckmann Druck, Hannover www.dieckmanndruck.de Erscheinungsweise vierteljährlich Wir machen uns für Sie stark Eingeweiht: Haus der Industrie Zentrum für Wirtschaft und Kultur 14 2 INHALT EDITORIAL LIEBE LESERINNEN UND LESER, die Resonanz auf die „Nummer eins“ unseres neuen Magazins hat uns positiv überrascht: Sie war nicht nur außergewöhnlich stark, sondern auch durchgehend mit Zustimmung versehen. Wir wissen: Es war die richtige Entscheidung, Sie mit einer regelmäßig erscheinenden Publikation auf dem Laufenden zu halten. NiedersachsenMetall und seine Mitglieder entwickeln sich ständig weiter – das möchten wir Ihnen auch in dieser Ausgabe an vielen Beispielen zeigen. Unsere Branche setzt Impulse, entwickelt Ideen und ergreift Initiativen. Unsere Unternehmen generieren 60 Prozent des deutschen Exports und sind Weltmarktführer auf zwei Dritteln aller M+E-relevanten Märkte. Mit anderen Worten: Wir sind das Herz der Wirtschaft! Darauf können wir auch ein wenig stolz sein. Die Reportagen über die Jensen GmbH (Seite 24) und den Fahrzeugbauer Krone (Seite 8) zeigen dies besonders eindrucksvoll. Ihre Kunden kommen aus aller Herren Länder, doch die Wertschöpfung erfolgt am Standort Niedersachsen. TARIFRUNDE 4 Bis an die Grenze der Belastbarkeit Betriebliche Handlungsfreiheit bleibt erhalten REPORTAGE 8 Bauern und Trucker fahren auf Krone ab Krone Gruppe setzt Maßstäbe in Landmaschinentechnik und Nutzfahrzeugbau 24 Mit Archimedes zur weißen Weste Jensen GmbH baut in Harsum Wäschereimaschinen für die Welt 4 Wer eine große Industrie mit elf Branchen vertritt, steht vor der Herausforderung, eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen zu vereinen. Die kürzlich beendete Tarifrunde zeigt, wie schwierig dies ist und wie dringend notwendig für unsere Firmen Flexibilität und Öffnungsklauseln sind. Das jüngste Tarifergebnis ist eine Gratwanderung – und für viele von uns gerade noch verkraftbar (Seite 4). INTERVIEW 12 Sicherheit in Umweltfragen Staats- und Verwaltungsrechtler Prof. Dr. Edmund Brandt im Gespräch Liebe Leserinnen und Leser, in unserem aktuellen NiedersachsenMetall report widmen wir uns einer Auswahl von Themen, die erneut die Vielfalt unserer Aktivitäten vor Augen führt. Er präsentiert Menschen, Ideen und Projekte. TITELTHEMA 14 Hier spielt die Musik NiedersachsenMetall eröffnet Haus der Industrie in Hildesheim FÜR SIE 8 Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre! 18 Technikum Warm-up fürs Ingenieurstudium 19 Wer wird Ideenfänger? Schülerwettbewerb zur IdeenExpo 2013 gestartet 20 Zum Anpfiff in die Bischofsmühle Jahresversammlung von NiedersachsenMetall 22 Wenn die Belegschaft älter wird Demografieagentur will Strategien bündeln RÜCKBLICK 27 Talente suchen Arbeitgeber Im Speed-Dating zum neuen Job Wir machen uns für Sie stark Ihr Dr. Volker Schmidt NiedersachsenMetall Verband der Metallindustriellen Niedersachsens e. V. 27 TITEL Der Umbau der historischen Bischofsmühle in Hildesheim zu einem modernen Zentrum für Wirtschaft und Kultur ist vollendet. Zur offiziellen Einweihung kamen mehr als 200 Gäste. Titelfoto: Chris Gossmann NiedersachsenMetall report 2 I 2012 3 4 TARIFRUNDE TARIFRUNDE 5 Handschlag nach abgeschlossenen Verhandlungen: NiedersachsenMetallPräsident Wolfgang Niemsch und IG Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine. „Der Tarifabschluss sichert Kompromiss An der Schmerzgrenze > hannover Weithin sichtbar: Die Arbeitgeber brachten ihre Argumente auf Spezialfahrzeugen an den Mann. NiedersachsenMetall Der Tarifabschluss 2012 ist für manche Betriebe nur schwer verkraftbar – aber unternehmerische Handlungsfreiheit und Flexibilität bleiben gewahrt K leine Betriebe mit wenigen Dutzend Mitarbeitern und weltumspannende Konzerne mit Tausenden Beschäftigten, florierende Mittelständler mit vollen Auftragsbüchern und Unternehmen, die täglich kämpfen müssen – die Palette der NiedersachsenMetall-Mitglieder könnte bunter und vielfältiger nicht sein. Ihnen allen soll der neue Anzug, den die Tarifpartner geschneidert haben, passen. Nach vier Verhandlungsrunden ist solide Konfektionsware herausgekommen – ansehnlich zwar und durchaus tragbar, aber an manchen Stellen doch auf Kante genäht. Die Gewerkschaft hatte schon lange vor der eigentlichen Tarifrunde mit ihrer Kombiforderung nach unbefristeter Übernahmegarantie für Azubis und einem Vetorecht des Betriebsrats gegen den Einsatz von Zeitarbeit die Entgeltrunde belastet. Damit nicht genug: Noch vor der ersten Verhandlung hatte die IG Metall den Arbeitgebern ein Ultimatum gestellt und mit Arbeitskampf gedroht. Umso mehr ist es als Erfolg zu bewerten, dass trotz dieser hoch emotionalisierten Atmosphäre ein Kompromiss gefunden wurde, der betriebliche Handlungsspielräume wahrt, den Kostenanstieg im Rahmen hält und dem Fachkräftemangel entgegenwirkt. Hans-Joachim Scheja, Tarifkommissionsvorsitzender der Bezirksgruppe Osnabrück-Emsland von NiedersachsenMetall und Personalleiter von KME Germany in Osnabrück, einem der weltweit größten Hersteller von Produkten aus Kupfer und Kupferlegierungen, bewertet die zurückliegende Tarifrunde als „überemotionalisiert und mit einem am Ende schwer erzielten Kompromiss“. Die Gewerkschaft habe mit ihren Forderungen das Klima eher aufgeheizt, als konstruktiv an Lösungen gearbeitet. Dennoch kann er mit dem Ergebnis leben. „Der Tarifabschluss bringt unseren Mitarbeitern ein deutliches Reallohnplus, sichert unseren Betrieben einen Flexibilitätspuffer und hält die Ausbildung auf hohem Niveau.“ e unseren Betrieben einen Flexibilitätspuffer und hält die Ausbildung auf hohem Niveau.“ Hans-Joachim Scheja, Tarifkommissionsvorsitzender der Bezirksgruppe Osnabrück-Emsland und Personalleiter der KME Germany AG & Co. KG, Osnabrück report 2 I 2012 6 TARIFRUNDE TARIFRUNDE 7 Der Tarifabschluss 2012 „Der Arbeitgeber kann selbst „Wir hätten gern eine längere bestimmen, für wie viele Auszubil- Laufzeit des Tarifvertrages dende die unbefristete Übernahme gehabt. Ein Abschluss für 24 gilt. Das erhält die Motivation von Monate wäre aus Gründen der Azubis und Betrieben.“ Planungssicherheit besser.“ Lothar Murtzen, Personalleiter KSM Castings GmbH, Hildesheim Dr. Thomas Reck, Geschäftsführer Thermo Electron LED GmbH, Osterode Ein solch hohes Ausbildungsniveau hält das Hildesheimer Traditionsunternehmen KSM Castings seit Jahren. Hervorgegangen aus der 1947 gegründeten Kloth-Senking Metallgießerei, gehört die Gießerei seit einem Jahr zum chinesischen Industrieinvestor CITIC Dicastal Wheel Manufacturing Co., Ltd. Insgesamt beschäftigt die KSM Castings Group 2 800 Mitarbeiter. Sie stellen an sechs Standorten Leichtmetallprodukte für die Automobilindustrie her: Quer- und Längsträger, Teile für die Lenkung und den Rahmen, Ölwannen, Motor- und Getriebekomponenten und vieles mehr. Sogar einen Formel 1-Motor haben die Spezialisten schon gegossen. Personalleiter Lothar Murtzen ist besonders stolz auf die Ausbildungsleistung des Unternehmens am Standort. „60 junge Leute sind permanent in Hildesheim in Ausbildung: Industriemechaniker, Mechatroniker, Werkzeugmacher, Industriekaufleute, IT-Systemelektroniker. Wir legen viel Wert auf Praxisnähe, haben eine eigene Ausbildungswerkstatt und übernehmen am Ende nahezu jeden.“ Dass der aktuelle Tarifabschluss nun eine unbefristete Übernahme vorschreibt, dem Arbeitgeber aber die Möglichkeit gibt, selbst zu bestimmen, für welche und wie viele Auszubildende das gilt, sieht er als vertretbaren Kompromiss an. NiedersachsenMetall Ähnlich ist auch die Stimmungslage bei Dr. Thomas Reck, Geschäftsführer der Thermo Electron LED GmbH in Osterode am Harz. Das 320 Mitarbeiter starke Unternehmen fertigt als Teil des US-amerikanischen Weltkonzerns Thermo Fisher Scientific Hightech-Zentrifugen für die Medizintechnik. „Wir sind als Center of Excellence im Bereich Separationstechnologie einzigartig im gesamten Konzern, stehen aber auch täglich vor der Herausforderung, unsere Leistung wettbewerbsfähig anbieten zu können“, sagt der Physiker. „Die amerikanische Mutter sagt uns: Wenn ihr schon die höchsten Lohnkosten habt, dann müsst ihr auch die Besten sein.“ Bisher ist das gelungen, ein sehr großer Anteil der Produkte aus dem Südharz wird in alle Welt exportiert. Das funktioniert nur mit höchster Produktivität, Qualität und Flexibilität. „Eine bedingungslose verpflichtende Azubi-Übernahme wäre kontraproduktiv gewesen“, sagt Reck. Die jetzt erzielte Einigung beim Entgelt trifft nicht auf sein uneingeschränktes Lob. „Wir hätten aus Gründen der Planungssicherheit lieber eine längere Laufzeit gehabt. Ein Abschluss für 24 Monate wäre für uns besser gewesen.“ Das Thema Zeitarbeit sieht Reck gelassen. „Auch wir beschäftigen Zeitarbeiter zur Bewältigung von Spitzen. Aber wir haben schon immer Zeitarbeit in unbefristete Einstellungen umgewandelt, allein 22 Mitarbeiter sind in den vergangenen zwei Jahren so zu uns gekommen.“ j Entgelte: Sie werden rückwirkend zum 1. Mai um 4,3 Prozent erhöht. Der Vertrag läuft über 13 Monate. Für das laufende Jahr ergibt sich eine Belastung von 3,41 Prozent, über die gesamte Laufzeit liegt die Belastung bei vier Prozent. Zeitarbeit: Zeitarbeitnehmer dürfen für 18 Monate im gleichen Betrieb eingesetzt werden; nach 24 Monaten muss ein Übernahmeangebot gemacht werden. Unternehmen können im Einvernehmen mit ihrem Betriebsrat ohne Zustimmung der Tarifvertragsparteien davon abweichen. Die freiwillige Betriebsvereinbarung ersetzt dann alle anderen Regelungen. Der Verlust an externer Flexibilität soll dann aber durch eine Ausweitung der internen Flexibilität ausgeglichen werden – zum Beispiel durch einen höheren Anteil der Beschäftigten, die bis zu 40 Wochenstunden arbeiten dürfen. Ausbildung: Weniger Qualifizierte werden im Rahmen einer neun- bis zwölfmonatigen Einstiegsqualifizierung gefördert, die mit Mitteln des Vereins für Beschäftigungsförderung – eine von den Tarifparteien gegründete Einrichtung – unterstützt wird. NiedersachsenMetall leistet damit zusätzlich zur Initiative zur Einstellung von Hauptschülern einen weiteren nachhaltigen Beitrag zur Förderung von Jugendlichen mit schlechteren Ausbildungschancen. Auszubildende: Statt sie für 12 Monate zu übernehmen, muss das Unternehmen den Ausgebildeten künftig eine unbefristete Stelle anbieten. Diese Verpflichtung gilt aber nur für jene Ausgebildeten, die das Unternehmen tatsächlich benötigt. Den tatsächlichen Bedarf kann der Arbeitgeber festlegen. report 2 I 2012 8 REPORTAGE REPORTAGE 9 Täglich ein Häcksler in XXL: Blick in die „BIG X“-Fertigung. Bauern und Trucker fahren auf Krone ab Die Krone Gruppe im Emsland setzt MaSSstäbe in der Landmaschinentechnik und beim Fahrzeugbau > Spelle/Werlte NiedersachsenMetall Die Krone Gruppe E igentlich wollte Helmut Lange gar nicht so lange bleiben. Nach der Bundeswehr Geld verdienen, schnell einen Kredit abzahlen und dann mal weitersehen. Inzwischen sind mehr als 20 Jahre vergangen und bis heute hält der gelernte Zerspanungsmechaniker der Maschinenfabrik Bernard Krone GmbH die Treue. Kein Einzelfall. Das Unternehmen setzt auf seine Mitarbeiter als wichtigsten Erfolgsfaktor, wie Wilhelm Voß, Geschäftsführer des Landmaschinenherstellers, betont. „Wir möchten unsere Fachkräfte möglichst dauerhaft an uns binden, schließlich wollen wir auch zukünftig erfolgreich sein.“ Krone produziert mit 1 100 Mitarbeitern in Spelle bei Osnabrück Maschinen rund ums Grünfutter. Ob Gras oder Klee gemäht oder Mais geerntet werden muss, das familiengeführte Unternehmen liefert die passenden Geräte dafür. Viele davon werden an Traktoren montiert oder angehängt. Stars sind zwei selbstfahrende Maschinen: der Mäher „Big M“ und der Feldhäcksler „Big X“. Das Big kommt nicht von ungefähr. Die Landmaschinen leisten zwischen 500 und 1 100 PS. Der Mäher kann auf einer Breite von 13,20 Metern Gras schneiden und der Häcksler, die derzeit stärkste Landmaschine der Welt, 14 Reihen Mais auf einmal ernten. Hohe Flexibilität, exakte Fertigung und Eins-A-Qualität sind für Krone ein Muss, kurze Entscheidungswege und schnelle Entwicklungszeiten ein Erfolgsgarant. „Die Entwicklungszyklen werden immer kürzer, darauf haben wir uns eingestellt“, sagt Geschäftsführer Voß. Das jüngste bahnbrechende Produkt aus Spelle steht beispielhaft dafür: eine Ballenpresse, die in einem Arbeitsgang Ballen pressen und wickeln kann – für die Landtechnik geradezu eine Revolution. Und noch etwas ist entscheidend für den Erfolg: die Nähe zum Kunden. „Wir sind ganz nah dran an den Bedürfnissen von Landwirten und Lohnunternehmern“, sagt Voß. Nah dran ist Krone auch am Nachwuchs. Im Rahmen der „Young Professionals Tour“ fahren die Landtechniker mit einem 850-PS-Häcksler direkt auf die Schulhöfe der Region und wecken so die Neugier auf Technik im XXL-Format. e Das 1906 gegründete Unternehmen teilt sich in die Bereiche Landtechnik, Nutzfahrzeuge und Landtechnik-Handel auf. Insgesamt hat die Gruppe im Wirtschaftsjahr 2010/2011 (1.8. bis 31.7) rund 1,3 Milliarden Euro Umsatz mit etwa 2 100 Mitarbeitern erzielt. Davon entfallen rund 800 Millionen Euro auf die Nutzfahrzeugsparte, 410 Millionen Euro auf die Landtechnik und etwa 100 Millionen Euro auf den Handelsbereich. Das Unternehmen ist in der dritten Generation familiengeführt. i www.krone.de „Unsere Mitarbeiter und unsere Innovationskraft sind die Erfolgsgaranten unseres Geschäfts.“ Wilhelm Voß, Geschäftsführer Maschinenfabrik Bernard Krone GmbH, Spelle report 2 I 2012 10 REPORTAGE IM DIALOG Der Profi Liner (links) ist das Basismodell der Pritschenauflieger von Krone. Täglich erreichen mehr als 100 Metallrahmen das Werk (rechts). im dialog Damit unsere Unternehmen im internationalen Wettbewerb bestehen können, müssen die Rahmenbedingungen am Standort Niedersachsen stimmen. NiedersachsenMetall berät die politischen Entscheider über mögliche Folgen der Gesetzgebung für Unternehmen und setzt sich gezielt für die Anliegen seiner Mitglieder ein. In wenigen Jahren an die internationale Spitze „Wir haben mit Neuentwicklungen und hoher Produktqualität eine stabile Marktposition erreicht.“ Dr. Frank Albers, Vertriebschef Fahrzeugwerk Bernard Krone GmbH, Werlte NiedersachsenMetall In Werlte stellt das Schwesterunternehmen Fahrzeugwerk Bernard Krone GmbH pro Tag etwa 110 LKW-Sattelauflieger, so genannte Trailer, her. Ob Pritschen- oder Kühlsattelauflieger, Anhänger, Wechselsysteme oder Koffersattelauflieger – das Werk im emsländischen Werlte gehört zu den führenden Trailer-Produzenten weltweit und gilt in der Branche als Senkrechtstarter. „Wir haben 1971 mit der Herstellung von Nutzfahrzeugen begonnen“, sagt Vertriebs- und Marketingchef Dr. Frank Albers. Gerade einmal 100 LKW-Anhänger wurden damals produziert. Nur zehn Jahre später verließen bereits jährlich 2 000 Einheiten das Werk. „Heute produzieren wir die fünfzehnfache Zahl an Nutzfahrzeugen und decken dabei eine wesentlich breitere Produktpalette ab“, setzt Albers hinzu. Vor allem Neuentwicklungen und die hohe Qualität der Produkte sorgten für den schnellen Weg an die Spitze der Nutzfahrzeughersteller. So baute Krone den ersten Trailer, der eine spezielle Mulde zum Transport von Stahlrollen hatte. 1981 entwickelte das Unternehmen die Kurzkupplung, 1990 den Mega Trailer. Der bot bei gleichen äußeren Abmessungen wesentlich mehr Stauraum als Wettbewerbsmodelle. 1997 führte Krone als weltweit erstes Trailer-Unternehmen die kathodische Tauchlackierung (KTL) und die Pulverbeschichtung als Langzeitschutz gegen Rost ein. Es folgten pfiffige Ladungssicherungssysteme und energieeffiziente Trailer sowie als jüngste Entwicklung ein vakuumisolierter Kühlsattelauflieger, der bis zu 25 Prozent an Kühl-, sprich Energiekosten einsparen kann. In der ländlichen Region Werlte ist Krone ein industrieller Leuchtturm. „Wir bieten bei uns im Werk krisenfeste Arbeitsplätze und arbeiten mit zahlreichen Unternehmen in der Region zusammen“, sagt Albers. Er schätzt, dass rund 2 500 Arbeitsplätze an der Wertschöpfung der Nutzfahrzeuge beteiligt sind. j 11 Präsenz auf Parteitagen Politischer Freitagmittag Reger Besuch: NiedersachsenMetall präsentiert sich regelmäßig auf den politischen Veranstaltungen unterschiedlichster Parteien. Konstruktiver Dialog sorgt für einen Austausch der Positionen und schafft kurze direkte Wege zu den politischen Entscheidern. Unser Foto zeigt Bundesarbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen und Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister im regen Gedankenaustausch mit NiedersachsenMetall-Pressesprecher Werner Fricke. Austausch über die Umweltpolitik des Landes: Dr. Stefan Birkner, Umweltminister des Landes, war zu Gast beim Politischen Freitagmittag von NiedersachsenMetall. Einziges Thema: Energiewende. Birkner überzeugte die Zuhörer mit Kompetenz und zeigte viel Verständnis für die Sorgen der Industrie. Ein Dankeschön für die Ausführungen und die anschließende Diskussion mit den Unternehmensvertretern gab es von Dr. Volker Schmidt. Umwelt- und energierechtliche Beratung gehören übrigens seit kurzem zur Dienstleistung des Verbandes (siehe Seite 12). report 2 I 2012 12 INTERVIEW Neues Dienstleistungsangebot » Wege durchs Dickicht des Umwelt- und Energierecht-Dschungels « INTERVIEW Wie können Sie den Unternehmen helfen? Wie sieht Ihre Hilfestellung konkret aus? Prof. Brandt: Wir sehen unsere Aufgabe darin, die Vorgaben und Richtlinien aufzuarbeiten und verständlich darzustellen. Ebenso wichtig ist es, frühzeitig über Entwicklungen in der Gesetzgebung zu informieren und sich entsprechend darauf einzustellen. Ich nenne das proaktives Handeln. Damit meine ich, dass wir die Unternehmen schon im Vorfeld von Entscheidungen für bestimmte Entwicklungen sensibilisieren wollen. So können wir ihnen Wege zum erfolgreichen Umgang mit rechtlichen Vorgaben aufzeigen und gemeinsam Spielräume gestalten. Prof. Brandt: Gemeinsam mit den Unternehmen gehen wir im Betrieb Segment für Segment durch, identifizieren Problemlagen und spielen verschiedene Szenarien durch. Wie sind die Unternehmen in bestimmten Bereichen aufgestellt? Welche Probleme ergeben sich? Wohin geht die Reise? Diese Fragen müssen beantwortet werden, daraus ergeben sich konkrete Handlungsempfehlungen. Prof. Brandt: Ist es aber nicht, ganz im Gegenteil. Wir gehen äußerst praxisbezogen an die Aufgaben heran. So, wie auch unser gesamtes Institut aufgestellt ist. Wir machen den Betrieben ganz konkrete Vorschläge, da bleibt keine Frage offen. Sie brennen zahlreichen Betrieben der Metall- und Elektro-Industrie unter den Nägeln: Fragen des Umweltund Energierechts. Dabei geht es nicht nur darum, dass Behörden oft nachträglich umweltrechtliche Anordnungen für bereits genehmigte Anlagen erlassen. Vielmehr müssen sich die Unternehmen schon heute mit künftigen Entwicklungen der Gesetzgebung und der Rechtsprechung und deren Auswirkungen auf ihre Produktion auseinandersetzen. Ein Thema mit vielen juristischen Fallstricken. NiedersachsenMetall hat deshalb sein Dienstleistungspaket erweitert und bietet kompetente Beratung bei Fragen im Umwelt- und Energierecht an. Mit dem Institut für Rechtswissenschaften der Technischen Universität Braunschweig, Lehrstuhl Staats- und Verwaltungsrecht sowie Verwaltungswissenschaften, wurde ein kompetenter Kooperations- und Ansprechpartner gewonnen. Der Institutsleiter, Prof. Dr. Edmund Brandt, stand dem NiedersachsenMetall report Rede und Antwort. Herr Professor Brandt, was kommt in Sachen Umwelt- und Energierechtsprechung auf die Betriebe zu? „Wir wollen die Unternehmen schon im Vorfeld von Entscheidungen fundiert beraten. So können sie Spielräume selbst gestalten und rechtliche Vorgaben erfüllen. Ich nenne das proaktives Handeln.“ Prof. Brandt: Eine ganze Menge. Ich möchte jetzt keine Horrorszenarien an die Wand malen, aber es zeichnet sich heute schon ab, dass die Umwelt- und Energierechtgesetzgebung – vor allem veranlasst durch europäische Gesetzgebung – unübersichtlicher und komplizierter werden wird. Stichpunkte sind der Umgang mit gefährlichen Stoffen, die Steigerung der Energieeffizienz im Wärmesektor und natürlich auch die zu erwartenden Veränderungen im Immissionsschutzrecht. Klingt zunächst theoretisch … Geballte Kompetenz bei der Auftaktveranstaltung zum Umwelt- und Energierecht in Hannover: NiedersachsenMetall-Hauptgeschäftsführer Dr. Volker Schmidt (rechts) begrüßte gemeinsam mit der Verbandsjuristin Anja Vollbrecht die Professoren der TU Braunschweig Dr. Andreas Klees (links), Dr. Hans Walter Louis (Mitte) und Dr. Edmund Brandt (2.v.r.). i Anja Vollbrecht, Rechtsanwältin Wie kann sich der Mitgliedsbetrieb an Sie wenden, und welche Vorteile bringt die Kooperation? Prof. Brandt: Die Unternehmen wenden sich am besten über den Verband an uns. NiedersachsenMetall hat außerordentlich kompetente Juristen, die in engem Kontakt mit unserem Institut stehen. Der Vorteil der Kooperation, die übrigens meines Wissens nach in Deutschland bisher einzigartig ist, liegt in der fachlich fundierten und nicht auf einzelne Umweltbereiche beschränkten Beratung, die obendrein für Mitgliedsunternehmen völlig kostenlos ist. Telefon 0511 8505-239 Prof. Dr. Edmund Brandt NiedersachsenMetall report 2 I 2012 13 14 TITELTHEMA TITELTHEMA HIER SPIELT DIE MUSIK NiedersachsenMetall eröffnet Haus der Industrie E > HILDESHEIM in Ort mit wechselvoller Geschichte – das ist die Bischofsmühle im Herzen Hildesheims. Einst gehörte sie dem bischöflichen Stuhl und wechselte später häufig die Eigentümer. Öl wurde hier gepresst und Getreide gemahlen. Der Zweite Weltkrieg hinterließ nur noch einen Gebäudestumpf. Jetzt hat der Bau eine neue Bestimmung erhalten: Als „Haus der Industrie“ repräsentiert die Bischofsmühle die regionale Wirtschaft, dient zahlreichen Arbeitgeberverbänden als Domizil und steht zugleich der Öffentlichkeit zur Verfügung. e Freude über das architektonische Meisterstück im Herzen Hildesheims: NiedersachsenMetall-Präsident Wolfgang Niemsch und der Hildesheimer Bundestagsabgeordnete Eckart von Klaeden. NiedersachsenMetall Mann am Klavier: Jazz-Pianist Paul Kuhn begeisterte die Gäste. Symbolische Schlüsselübergabe: Robert Cholewa, Vorsitzender AGV-Hildesheim, Wolfgang Niemsch, Heike Hafenmaier, AGV-Geschäftsführerin, NiedersachsenMetall-Repräsentant Christoph Putzer, Dr. Volker Schmidt, Architekt Rainer Lorey und Hildesheims Oberbürgermeister Kurt Machens. report 2 I 2012 15 16 TITELTHEMA TITELTHEMA NiedersachsenMetall hat in rund einjähriger Bauzeit auf den Mauern der alten Bischofsmühle ein modernes Zentrum für Wirtschaft und Kultur geschaffen, ideal positioniert in exponierter Innenstadtlage und durch die moderne, offene und transparente Architektur überzeugend. Während der offiziellen Einweihungsparty Ende April betonte NiedersachsenMetall-Präsident Wolfgang Niemsch die Bedeutung des Hauses: „Wir sehen unser Engagement als Beitrag zur Verbesserung des regionalen Wirtschaftsstandortes. Die Arbeitgeberverbände sollen eine stärker sichtbare Repräsentanz erhalten.“ Das ist voll und ganz gelungen, findet NiedersachsenMetall-Hauptgeschäftsführer Dr. Volker Schmidt. Der Verband zeige mit dem architektonischen Meisterwerk, dass er ein integraler Bestandteil der Gesellschaft sei. „Es ist nur konsequent, das neue Gebäude verstärkt der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.“ Mehr als 200 Gäste überzeugten sich bei frühlingshaftem Wetter vom gelungenen Umbau. Sie genossen vom Dachgarten den Blick auf die rauschende Innerste, streiften durch die gläsernen Büros und besichtigten die großzügigen Veranstaltungsräume. Zum Höhepunkt des Tages gingen viele in den Keller. Hier hat der Jazzclub „Cyclus 66“ sein neues Domizil erhalten, und hier spielte Überraschungs- und Ehrengast Paul Kuhn zur Feier des Tages. Der 84-jährige Jazz-Pianist begeisterte mit Songs von Duke Ellington und Frank Sinatra, begleitete Sängerin Gaby Goldbeck und zeigte mit Bassist Gary Todd und Schlagzeuger Gregor Beck, dass Musik kein Alter kennt. j Cyclus 66 – Kultur für die Stadt Jazz-Fans: Birgit und Albert Steffen (Jensen GmbH), Axel Busch (stellvertr. Hauptgeschäftsführer NiedersachsenMetall) und Hans-Joachim Scheja (Personalleiter KME Osnabrück). Oberbürgermeister Kurt Machens bezeichnete den Bau als Investition an der richtigen Stelle der Stadt. Zur Musik in den Keller: Robert Stafflage und Dr. Volker Schmidt. Jazz vom Feinsten: Gaby Goldbeck und Paul Kuhn verzauberten ihr Publikum. 1966 gründeten junge Schauspieler des Stadttheaters gemeinsam mit kulturbegeisterten Hildesheimern den Cyclus 66 e.V. Seit 1971 ist der Verein in der Bischofsmühle zu Hause. Der Verein hat derzeit etwa 350 Mitglieder. Sie leisten ehrenamtlich mehr als 5 000 Arbeitsstunden pro Jahr und ermöglichen jährlich rund 70 Kulturveranstaltungen. Das Programm umfasst überwiegend Konzerte, aber auch Veranstaltungen aus den Bereichen Kabarett, Lesungen und Kleinkunst. Seit 1979 organisiert der Verein in Zusammenarbeit mit dem Stadttheater, jetzt Theater für Niedersachsen, die Jazztime Hildesheim. Das dreitägige Jazz-Festival, stets zu Pfingsten, hat sich wie die Bischofsmühle im Laufe der Jahre zu einem kulturellen Markenzeichen Hildesheims entwickelt. i www.cyclus66.de NiedersachsenMetall report 2 I 2012 17 18 FÜR SIE FÜR SIE teilnehmende Hochschulen „Technikum“ Warm-Up fürs Ingenieurstudium > osnabrück/HANNOVER E in weiterer Schritt, dem Fachkräftemangel aktiv entgegenzuwirken, folgt im Herbst landesweit: das „Niedersachsen-Technikum“. Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur will damit junge Frauen für das Studium von MINT-Fächern und für technische Berufe begeistern. Elf Hochschulen haben bereits ihre Kooperation zugesagt. Ebenfalls unterstützt wird das vom Ministerium mit 800 000 Euro geförderte Projekt von NiedersachsenMetall und der Volkswagen AG. Das „Niedersachsen-Technikum“ bietet eine Kombination aus Betriebspraxis und Schnupperstudium. Im Rahmen eines sechsmonatigen Praktikums in einem Unternehmen besuchen die Teilnehmerinnen einmal wöchentlich Vorlesungen und Seminare in den beteiligten Hochschulen. Vorteil: Die jungen Frauen können konkrete Berufe kennenlernen und gleichzeitig die dazu passenden Studienangebote erkunden. In Osnabrück sind bereits zwei Probedurchgänge erfolgreich gelaufen. Zahlreiche Unternehmen der Metallund Elektro-Industrie haben die Pilotphase gemeinsam mit der Hochschule Osnabrück organisiert. Der Erfolg spricht für sich: Alle 16 Teilnehmerinnen haben ein Studium oder eine technische Ausbildung aufgenommen. » Leibniz Universität Hannover » Hochschule Hannover » Carl von Ossietzky Universität Oldenburg » Jade Hochschule » TU Clausthal » HAWK Hildesheim » Universität Hildesheim » TU Braunschweig » Ostfalia Hochschule » Universität Osnabrück » Hochschule Osnabrück » Hochschule Emden/Leer Ramona Heye ist eine von ihnen. Sie hat ihr „Technikum“ in dem auf Kupferverarbeitung spezialisierten Unternehmen KME in Osnabrück absolviert. Dort durfte sie verschiedene Abteilungen durchlaufen und überall mit anpacken. Inzwischen macht sie ein duales Studium an der Hochschule Osnabrück mit festen Praxisblöcken bei KME. Um auch das jetzt startende landesweite „Niedersachsen-Technikum“ zu einem Erfolg zu führen, rühren NiedersachsenMetall und die Stiftung des Verbands die Werbetrommel. Stiftungs-Geschäftsführer Olaf Brandes: „Wir werben in unseren 300 Mitgliedsbetrieben gezielt für das Technikum.“ Und VW hat bereits 25 vergütete Praktikumsstellen zugesagt. NiedersachsenMetall i Wer wird Ideenfänger? > hannover Schülerwettbewerb zur IdeenExpo 2013 gestartet D ie Stiftung NiedersachsenMetall hat den Startschuss für die vierte Runde des Schülerwettbewerbes zur IdeenExpo gegeben. Erstmals haben auch Schüler außerhalb Niedersachsens die Chance, mit ihren kreativen, praktischen und innovativen Ideen für naturwissenschaftlich-technische Erfindungen die Jury zu überzeugen und damit zum Aussteller auf der IdeenExpo 2013 zu werden. Neu in der vierten Auflage des Wettbewerbs ist, dass das Reportagemagazin GEO und das Wissenschaftsmagazin für Kinder GEOlino den Ideenfang als Medienpartner unterstützen. Aus „Niedersachsen geht auf Ideenfang“ ist damit „Ideenfang: Erfinden – Entdecken – Entwickeln“ geworden. Auch außerhalb Niedersachsens auf Ideenfang gehen Am Wettbewerb teilnehmen können alle Schüler allgemein- und berufsbildender Schulen, die sich in einem Team von mindestens drei Personen zusammenfinden und gemeinsam mit einer Lehrkraft neue Ideen entwickeln und umsetzen. Die Beiträge aus den Jahrgängen 1-4, 5-9 und 10-13 treten jeweils gegeneinander an. Die Teams, die mit ihren Ideen die Jury in der Vorund Zwischenrunde überzeugen, bekommen die Chance, sich in der Endrunde auf der IdeenExpo den neugierigen Besuchern zu präsentieren, Kontakte zu knüpfen und einmalige Erfahrungen zu sammeln. Nach der Vorrunde erhalten die Sieger-Teams Fördergelder, mit denen sie ihre Projektarbeit weiter vorantreiben können. Die Schulen, deren Teams es bis auf die IdeenExpo schaffen, werden nach der Veranstaltung als „Partnerschule der IdeenExpo 2013“ ausgezeichnet. Zudem winken Gewinne von jeweils 2 500 Euro und zusätzlich ein technisches Gruppenevent im Wert von bis zu 1 000 Euro! Olaf Brandes, Geschäftsführer Stiftung NiedersachsenMetall Telefon 0511 8505-218 www.niedersachsen-technikum.de i www.stiftung-niedersachsenmetall.de report 2 I 2012 19 20 FÜR SIE FÜR SIE Jahresversammlung wählt Albert Steffen zum neuen Verhandlungsführer VON NiedersachsenMetall Zum Anpfiff in die Bischofsmühle > Hildesheim NiedersachsenMetall E M-Fieber an der Innerste: Das Fußball-Europameisterschaftsspiel Niederlande – Deutschland bildete den krönenden Abschluss der Jahresversammlung 2012 von NiedersachsenMetall. Der Verband hatte ins neue „Haus der Industrie“ im Herzen Hildesheims geladen. Bevor Mitglieder und Gäste sich zum Public Viewing versammelten, waren die Regularien abzuarbeiten. Die Mitgliederversammlung stimmte dem Tarifabschluss mit der IG Metall zu. Sie beschloss, auch 2012 jeden Ausbildungsplatz für Hauptschüler in der niedersächsischen Metall- und ElektroIndustrie mit 5 000 Euro zu fördern. Außerdem stellt der Verband für die IdeenExpo 2013 insgesamt 1,8 Millionen Euro zur Verfügung und unterstützt das Land Niedersachsen bei der Einrichtung einer Servicestelle zur „Offenen Hochschule Niedersachsen“ (OHN). Zum neuen Verhandlungsführer der Tarifkommission wurde Albert Steffen, Jensen GmbH in Harsum, gewählt. Rechnungsprüfer ist Lothar Murtzen, KSM Castings, Hildesheim. report 2 I 2012 21 22 FÜR SIE FÜR SIE Der niedersächsische DGB-Vorsitzende Hartmut Tölle, Ministerpräsident David McAllister und Dr. Volker Schmidt stellen die neue Demografie-Agentur vor. Wenn die Belegschaft älter wird Neue Demografieagentur will Strategien bündeln und Netzwerke aufbauen > Hannover/Hameln Wie man die GesunDheit fördert und die Produktivität steigert, zeigt Volvo A nfang April hat die „Demografieagentur für die niedersächsische Wirtschaft GmbH i.G.“ ihre Arbeit aufgenommen. Sie wurde von NiedersachsenMetall, dem DGB Niedersachsen, der AOK, dem Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft und der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland gegründet. Die in Hannover ansässige Agentur will positive Ansätze für eine „demografiefeste Arbeitswelt“ bündeln und entwickeln. NiedersachsenMetall-Hauptgeschäftsführer Dr. Volker Schmidt: „Wir wollen einen Beitrag leisten für den Erhalt der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit unserer Mitarbeiter. Die Agentur ist ein Beispiel für gelebte Sozialpartnerschaft. Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften gehen in Niedersachsen die demografische Herausforderung gemeinsam an.“ Gefördert wird das Projekt vom Land Niedersachsen und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Dass Gesundheitsschutz und Produktivität sich ergänzen, zeigt ein Beispiel aus Hameln. Dort entwickelt, baut und vermarktet Volvo Construction Equipment, ABG, mit 550 Mitarbeitern schwere Straßenbaumaschinen. Dabei müssen die Mitarbeiter in der Produktion auf fast jeder Fertigungsstufe mit schweren Werkstücken hantieren. Kurze Wege – gleiche Höhe: Ralf Klöpfer greift sich ein Bauteil aus dem direkt angrenzenden Lager. NiedersachsenMetall i Werner Jesse, Büroleiter Geschäftsführung Telefon 0511 8505-287 Erleichtert die Arbeit: Mit einem schwenkbaren Kran hebt Boris Rennemann eine Antriebswelle an. Armin Jandel, Produktionsleiter der Vorfertigung, erläutert: „Vor allem die Vormontage der Antriebswellen war bis vor einiger Zeit mit hohem körperlichen Einsatz verbunden. Die Mitarbeiter mussten die schweren Wellen nicht nur selbst bewegen, sondern auch Lager und Lagerdeckel mit Gummihämmern festschlagen.“ Das ging auf Knochen und Gelenke und hatte manchmal Krankmeldungen zur Folge. Inzwischen wurde gemeinsam mit den Mitarbeitern der Arbeitsplatz ergonomisch völlig neu gestaltet. Mit einem flexibel schwenkbaren Kran können die Wellen angehoben und transportiert werden. Auch der Hammer hat ausgedient: Zwei automatisch arbeitende Pressen drücken die Lager auf die Wellen. Statt wie früher Muskelkraft einzusetzen, reicht nun ein Druck auf den Joystick. Damit nicht genug: Alle zu verbauenden Teile befinden sich in einem Regal auf Arbeitshöhe. Der Boden wurde mit Gummimatten ausgelegt, die das andauernde Stehen an der Werkbank erleichtern. Zudem sind alle Teile in Griffweite verfügbar. Mitarbeiter Boris Rennemann findet’s gut: „Nicht mehr bücken, weniger heben und kürzere Wege. Das ist mit dem Arbeitsplatz von früher nicht mehr zu vergleichen.“ Auch der Betrieb profitiert. „Die Produktivität steigt, die Krankmeldungen gehen zurück und die Mitarbeiter sind zufriedener“, freut sich Armin Jandel. © Sebastian Kaulitzki - Fotolia.com report 2 I 2012 23 24 REPORTAGE REPORTAGE Mit Archimedes zur weiSSen Weste Riesige Dimensionen: Eine Waschstraße von Jensen kann bis zu 24 Meter lang werden. Kernkompetenz Trommelproduktion Arbeit für Spezialisten: Schweißarbeiten im Inneren der Trommel Welche Dimensionen eine Waschstraße von Jensen hat, wird beim Gang durch die Produktion mit Betriebsleiter Günter Hesse deutlich. Eine 24 Meter lange Drehbank bildet das Herz der Trommelfertigung. Auf ihr können die größten Waschtrommeln mit bis zu 20 Kammern bearbeitet werden. Das Zusammenschweißen der einzelnen Kammern zu einer riesigen Trommel ist eine Kunst, die nicht jeder beherrscht. „Eine unserer Kernkompetenzen“, bekräftigt Hesse. „Hier arbeiten nur unsere erfahrensten Schweißfachleute.“ Jensen GmbH baut in Harsum Wäschereimaschinen für Kunden in aller Welt > HARSUM W aschen, trocknen, bügeln und zusammenlegen? Ja bitte! Aber in blütenreiner Qualität, so schonend wie möglich und natürlich kostengünstig. Derlei Ansprüche seiner weltweiten Kundschaft kennt Albert Steffen gut. Der Prokurist und Vertriebsmanager der Jensen GmbH weiß, was Großwäschereien und deren Abnehmer – Krankenhäuser, Altenheime, Touristikunternehmen – wünschen. „Verbrauchsund wartungsarme Systeme, die so wirtschaftlich wie möglich arbeiten, höchste Qualität liefern und zudem noch prozessübergreifend gesteuert werden können“, fasst er zusammen. In Harsum bei Hildesheim bauen etwa 250 Jensen-Mitarbeiter – Ingenieure, Techniker und Facharbeiter – genau solche Produkte. Rund 100 Großanlagen verlassen pro Jahr den Betrieb, die meisten davon gehen in den Export. „Zurzeit bauen wir beispielsweise Anlagen für Kunden in der Türkei, Italien, Indien und China“, sagt Steffen. NiedersachsenMetall Mit Archimedes zum Erfolg Prinzip aus dem 3. Jahrhundert vor Christus: die archimedische Schraube. Ein Blick ins Innere der Trommel verrät das technische Erfolgsgeheimnis. Der Transport der Wäsche von einer Kammer zur nächsten und durch die gesamte Maschine hindurch geschieht nach dem Prinzip der archimedischen Schraube, die sich wie eine Schnecke durch die Maschine windet. „Das Prinzip haben wir uns patentieren lassen“, sagt Hesse. Die computergestützte Steuerung der Wäschereianlagen ist eine weitere Kernkompetenz. Klar, dass die Entwicklung und Fertigung der Steuerungen ebenfalls vor Ort erfolgt. Der Erfolg des Zusammenspiels zwischen Konstruktion, Mechanik und Elektronik ist messbar. Weil jeder Tropfen Wasser, der wiederverwendet werden kann, auch genutzt wird, begnügen sich Jensen-Anlagen mit drei bis acht Litern Wasser pro Kilogramm Wäsche. Zum Vergleich: Maschinen in Privathaushalten verbrauchen rund 20 Liter für dieselbe Menge Wäsche. e report 2 I 2012 25 26 REPORTAGE RÜCKBLICK 27 i Olaf Brandes, Telefon 0511 8505-218 Im Speed-Dating zum neuen Job > Hannover Prokurist Albert Steffen (links) und Betriebsleiter Günter Hesse. Zerspanungsmechaniker Sebastian Wardyn prüft einen Klemmring. Die jensen-Gruppe Die Jensen-Gruppe hat ihren Ursprung in einer 1937 auf der dänischen Insel Bornholm gegründeten Werkstatt. 1960 wurde die erste Wäsche-Faltmaschine entwickelt. Heute beschäftigt das Unternehmen weltweit 1 170 Mitarbeiter. 2011 erreichte es einen Umsatz von 216 Millionen Euro. Sechs Produktionsstätten arbeiten in Deutschland, Dänemark, der Schweiz, Schweden, den USA und China. Das Hildesheimer Senkingwerk wurde 1998 gekauft, drei Jahre später wurde die Fertigungsstätte nach Harsum verlegt. 250 Mitarbeiter planen, entwickeln, produzieren, installieren und warten Maschinen und Systeme für Miettextilbetriebe, Industrie-, Zentralsowie Krankenhaus- und Hotelwäschereien. i www.jensen-group.com NiedersachsenMetall Nach dem Waschvorgang wird die Wäsche in Pressen oder Zentrifugen entwässert und gelangt danach in die Trockner. Am Ende der Bearbeitung steht das Zusammenlegen und Sortieren. „Hier in Harsum bauen wir Waschmaschinen, Pressen, Zentrifugen und Trockner“, sagt Steffen. „Aber wir bieten natürlich die gesamte Produktpalette der Jensen-Gruppe an und unterstützen unsere Kunden auch bei Planung und Bau schlüsselfertiger Projekte.“ Die Wirtschaftskrise 2008 hatte auch Jensen getroffen, aber nun geht es wieder aufwärts. „Wir sind gut ausgelastet, arbeiten im Zwei- und teilweise Drei-Schichtsystem“, sagt der Betriebsleiter. Auch langfristig sind die Aussichten positiv: Die Nachfrage der Großwäschereien nach Waschstraßen wird steigen, ist Vertriebschef Steffen überzeugt. Die Gründe dafür sind vielfältig: Der Tourismus boomt, die Ausgaben für Alten- und Gesundheitspflege gehen in die Höhe, zugleich wird Wasser knapper. Weil auch Arbeit immer teurer wird, wächst der Bedarf an Wäschereiautomatisierung. Aber: Auch in diesem Markt kann nur bestehen, wer sich fortwährend weiterentwickelt. „Deshalb haben wir eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung eingerichtet“, berichtet Steffen. Maschinen von der Stange gibt’s nicht. „Von den rund 3 000 Anlagen, die wir seit der Übernahme durch die Jensen-Gruppe gebaut haben, ist keine exakt so wie die andere“, sagt er. j W ährend in vielen Regionen Europas und der Welt wirtschaftliches Krisenklima, Strukturschwäche und Arbeitslosigkeit herrschen, mangelt es in Deutschland an qualifizierten Fachkräften. Sie zu gewinnen, ist nicht leicht. Die Metall- und Elektroindustrie geht daher neue Wege. Der Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall, die Regionaldirektion NiedersachsenBremen der Bundesagentur für Arbeit, das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur und die Deutsche Messe AG haben sich anlässlich der diesjährigen CeBIT etwas Besonderes einfallen lassen: einen Speed-Dating-Tag für High Potentials. Teilnehmer an der innovativen Jobbörse waren 53 künftige Hochschulabsolventen aus aller Herren Länder. Die jungen Leute studieren in Deutschland, stehen kurz vor ihrem Examen und bringen in der Regel exzellente Noten mit. Neben den „Speed-Dates“ mit acht namhaften Unternehmen aus ganz Deutschland gab es für die künftigen Fach- und Führungskräfte auf einer angeschlossenen Firmenkontaktmesse die Möglichkeit, mit mehr als 50 potenziellen Arbeitgebern ungezwungen über Bewerberprofile oder konkrete Stellenangebote zu plaudern. Die Idee wurde von den Unternehmen begeistert angenommen. Claudia Mahrendorf, Personalmanagerin bei Wabco Vehicle Control Systems, sagt: „Wir suchen Talente mit Persönlichkeit, die genauso international ausgerichtet sind wie unser Unternehmen. Nur so können weltweite Netzwerke funktionieren. Während des Speed-Datings waren einige Kandidaten dabei.“ Ariane Waschke, Personalentwicklerin bei MAN: „Wenn ein junger Mensch Tausende von Kilometern von seiner Heimat entfernt ein Studium aufnimmt, kann eine gewisse MAN-Personalentwicklerin Ariane Waschke: „Wir suchen flexible Fachkräfte mit internationalem Background.“ Grundmobilität schon vorausgesetzt werden. Genau diese Leute suchen wir, flexibel und mit internationalem Background.“ Michael Nagel, Manager Forschung und Entwicklung bei den Amazonen-Werken, sieht auch einen Imagegewinn für sein Unternehmen: „Die Amazonen-Werke sind als Landmaschinenhersteller in den letzten Jahrzehnten zu einem sehr ITund elektroniklastigen Arbeitgeber geworden. Vielen Studienabsolventen ist das gar nicht klar. Die Kontaktmesse war eine tolle Möglichkeit, uns als modernen, internationalen Konzern mit 80 Prozent Exportanteil in den Mittelpunkt zu rücken.“ report 2 I 2012