Asset-Baumeister

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Asset-Baumeister
Clever anlegen, Steuern sparen, Vermögen sichern
Nr. 2/Mai 2012/€ 6,90
Luxemburg € 7,90 / Österreich € 7,90
Schweiz sfr 12,90 / ISSN: 1614-3256
UMDENKEN HILFT
Gut gemanagtes Sachvermögen ist
gefragt. Man muss es nur an den
neuen Bedarf anpassen Seite 6
IMMOBILIEN
Das Wechselspiel von Prognoseund Cashflow-Risiko bestimmt,
wie sicher Immobilien-Investments
sein können
Seite 14
LEUTE
Trotz Bank-Karriere viel neugierigen
Eigensinn behalten: Bernd Reber
im Exklusiv-Porträt Seite 28
Bernd Reber Doric Asset Finance
Asset-Baumeister
Mauern hatte der
geborene Oberpfälzer
schon vom Vater gelernt.
Nach Jahren in der
Citibank fügt Reber nun
die Bausteine zusammen,
die seine Doric Asset
Finance zu einer TopAdresse für fliegendes
Sachvermögen machen.
FLUGZEUG-MARKT
In der Krise haben sich FlugzeugFonds hervorragend bewährt. Dies
und anderes Ermutigendes vom
9. Fonds­ratingtag Seite 38
SCHUBKRAFT PUR
Dreimal die stärkste Turbine der Welt,
der erste DCM-Triebwerksfonds legt
sich mächtig ins Zeug Seite 40
DIE AIFM-VORGABE
Lars Tegtmeier und Mihail Topalov
von TKL erklären, was Sache ist –
und was zu tun
Seite 48
VERTRIEB
Was den Markt bewegt
Seite 57
GOLDFONDS
Mit hochkarätigen Versprechungen
locken Rohstoff-Fonds Trittbrettfahrer
zum späten Einstieg Seite 64
WACH GERÜTTELT Die Regulierung kommt und sie ist kein Papier-Tiger. Welche
Husarenstücke die Politik reitet und was der Branche blüht. Lesen Sie ab Seite 44
Der Trüffelsucher
aus der Oberpfalz
P
ragmatisch, bodenständig, gesellig –
dafür, dass Bernd Reber fast zwei
Jahrzehnte einer herrischen BankHierarchie ausgesetzt war, hat er sich kaum
glattschleifen lassen. Freilich gehen dem
früheren Citibank-Manager Asset-Finance-Anglizismen locker über die Lippen.
Trotzdem bleibt seine Sprache natürlich,
kommt das eine oder andere „A“ mehr als
„O“ heraus. Die Oberpfalz lässt grüßen.
Allerdings „ho:t“ der Maurersbub aus
Altenstadt an der Waldnaab erstaunlich
28 Fonds & Co. 02 | 12
viel „gescho:fft“, was ihm so nicht in die
Wiege gelegt war. Und was ihm so schnell
keiner nachmachen dürfte.
Reber hat das Erreichte nicht übermütig gemacht. In jedem Hotel-Foyer würde
der groß gewachsene Mann auch als gut
situierter Handwerksmeister durchgehen,
statt als einer der drei Chefs und Gründer
von Doric Asset Finance, dem größten
privaten Manager von A380-Riesenflugzeugen. Insgesamt managt die 2005 von
ihm und und zwei Mitstreitern, Mark
Lapidus und Peter Hein, gegründete
Doric-Gruppe bereits Sachvermögen im
Wert von gut 5,5 Milliarden US-Dollar.
Im Trio ist Reber der Zupacker ge­
blieben, auch wenn er seinen Part als
Doric-Baumeister etwas herunterspielt:
„Uns war allen Dreien klar, dass AssetFinanzierung in einer Großbank keine
große Zukunft hat“, erzählt er von den
konstituierenden Treffen im Taunus. „Außerdem wollten wir nicht zunehmend
nur Commities überzeugen, sondern
FOTOS: BERND ROSELIEB
Bernd Reber hat mit zwei Mitstreitern Doric Asset Finance gegründet. Meist als Asset-Manager und
Initiator von Flugzeugen erobert die Firma ihre dreifache Heimat: Offenbach, London und die Welt.
BERND REBER / LEUTE
weiter vor allem gute Transaktionen und
den besten Preis verhandeln. Dazu muss
man nah am Asset arbeiten. Die Bank
betrachtete Management aber immer
mehr als unerwünschte Kostenstelle.
„Und Headcounts waren verhasst.“
Etwas Besseres als das (profitable) Dahinschleppen in der Bank finden wir überall,
sagten sich daher Bernd Reber, Mark Lapidus, sein Londoner Pendant in der AssetFinanzierung, und Peter Hein. Der Jurist
arbeitete bei Allen & Overy (NewYork) für
die Bank. Mit den Dreien wechselte fast das
gesamte Team. Insgesamt 25 eingespielte
Citigroup-Mitarbeiter wagten den Absprung zu einer kleinen Firma in Offenbach, bei der zunächst Ehefrau Petra als
dritte mit im Bunde war. Reber selbst ließ
sein (Ex-)Arbeitgeber als letzten ziehen.
Die Standortfrage war dabei die erste
Hürde. „Ohne Adresse konnten wir die
GmbH nicht eintragen lassen“, erzählt der
Ex-Citibanker. „Und ohne eingetragene
GmbH konnten wir kein Büro anmieten.“ Statt sich mit millionenschweren
Fliegern zu beschäftigen, befasste sich das
Management also mit Büroausstattung –
„Jeden Kopierer und Rechner mussten
wir direkt bar bezahlen, genauso das Papier“ – und mit dem örtlichen Gewerbeamt – „An welcher Adresse wollen Sie
jetzt unternehmerisch tätig werden?“
In der Verteilung geschäftiger Geschmeidigkeit, akribischer Detail-Besessenheit
und kantig neugieriger Trüffelsuche ist
Bernd Rebers Platz schnell ausgemacht.
Für einen Chancenfinder ist sein eigenwillig vorausahnender Geschäftssinn genau das richtige Werkzeug: „Früher hatten die Indianer das Ohr auf den Gleisen,
heute muss man sensibel sein, wenn sich
erste Stimmen mehren. Dann heißt es
aufgepasst.“ Für Reber und sein DoricTeam bedeutet das, die neue Positionierung bereits gefunden zu haben, wenn aus
dem Geraune ein Getöse wird. „Wer dann
erst zu suchen anfängt, hat ein Problem.“
Andere Initiatoren beneiden Bernd
Reber um sein strategisches Getriebensein und Geschick. Mit Pacta, dem Nachfolger der genossenschaftlichenVertriebsGesellschaft, die Doric (zusammen mit
Nordcapital) gehört, hat Reber eine
Flanke gesichert und mit dem Partner
Hansa Treuhand noch verstärkt. Fast zeitgleich erschloß sich Doric mit der ersten
Nimrod-Platzierung nach dem deutschen
Heimatmarkt (24 Geschlossene Fonds,
37 000 Zeichnungen) die Londoner
Zweitheimat, diesmal für institutio­nelle
Investoren. Reber kommt gerade aus
Asien zurück und berichtet von starkem
Interesse bei Pensionskassen. Nicht alles
Verzögerung ankam – bedeutete Mittelmaß Stillstand. Dem entwischte Reber
junior schon mit der ersten großen He­­r­
ausforderung. 1967 lotste ein örtlicher
Unternehmer den sechsjährigen Schulbuben in den Eishockey-Verein.
Reber enttäuschte die hochgespannten
Erwartungen nicht und kämpfte sich bis
in die erste Liga vor. „Ich habe zwar oft
„Außerdem wollten wir nicht zunehmend nur
Commities überzeugen, sondern weiter vor allem
gute Transaktionen und den besten Preis ver­handeln
– und möglichst nah am Asset arbeiten.“
lasse sich direkt „passporten“, doch das
Doric-Nimrod-Flugzeugkonzept mit geringen Modifikationen rasch exportieren.
Große Erwartungen erfüllen ist für Bernd
Reber so etwas wie ein (Über-)Lebens­
projekt. Keine 20 Kilometer von der Zonengrenze geboren – wo sich damals
noch Fuchs und Hase gute Nacht sagten
und das Kino-Programm mit einem Jahr
nur auf der Reservebank gese­ssen“, erinnert sich der spätere Blueliner Reber, der
bis in seine Studienzeit gegnerische Pucks
stoppte und dreimal die Woche hart trainierte: „Aber ich war immer dabei, auf
Zack und einsatzklar.“
Eines hat sich der Geschäftsführer von
Doric Asset Finance aus dieser Zeit bewahrt: Er reist zu wichtigen Verhandlungen bereits am Vortag an. „Damals war
bei den Spielen jedem klar, dass der auswärtige Gegner nicht schlechter sein
musste, um zu verlieren. Es genügte schon
der weite Weg, um ihn zu schwächen.“
Noch eine Einsicht rührt aus dieser Zeit:
VITA
Bernd Reber (geb. 17. März 1960) entschloss sich
bei der Bundeswehr (Panzergrenadiere), Volkswirtschaft zu studieren, heiratete und ging dann als
BayernLB-Trainee nach London. Von der Citibank
abgeworben, startete er als Steuerreferent, beriet
Asset Deals und bekam 1995 ein eigenes Team.
Reber sorgte für funktionierendes Management
von Sachvermögen (Zentraleuropa), darunter die
ersten Flugzeug- und alle Geschlossenen Fonds aus
dem Joint Venture mit den Geno Banken.
2005 gründete er mit Kollegen Doric Asset Finance,
heute weltweit einer der Top 15 Leasing-FlugzeugManager und die klare Nr. 1 beim Airbus A380.
Toleranz entsteht nicht aus dem Nichts,
sondern pragmatisch durch den Mangel
an Alternativen. In der Abgeschiedenheit
Altenstadts konnte man beim Fußballspielen – heute ist Reber wie sein erwachsener Sohn Kaiserslautern-Fan „die
haben bei mir 1860 München abgelöst“
– nicht einfach den Kontakt abbrechen,
nur weil einem etwas nicht passte.
„Das Kontrastprogramm war lausig,
wenn man die 70 Bände Karl May schon
durchgearbeitet hatte“, erzählt er. „Wer
nach Hause lief und gemoppelt hat,
schnitt sich ins eigene Fleisch.“ Denn wer
die anderen außen vorließ, kickte sich
selbst aus dem Verkehr – die Gruppe ging
auf Abtrünnlinge nicht zu. Reber: „Da
musste ich schon selbst nachgeben. Das
lehrte mich schnell, Konfrontationen sofort und zielgerichtet auszutragen.“ »
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LEUTE / BERND REBER
„Wenn sich
die Stimmen
mehren, muss
man bereits
aktiv werden.“
» Zum Lernprogramm der Altenstädter
Jugend gehörte, dass man besondere Wünsche nicht einfach erfüllt bekam, – um sie
musste man sich lang machen. „Mir waren
damals Schallplatten wichtig“, erzählt der
Doric-Mann. „Erst war meine Sammlung
klein. Auf meinem Telefunken Mister Hit
mit dem Deckellautsprecher spielte ich sie
rauf und runter“, erzählt er. Später wuchs
seine Sammlung beachtlich und DJ Reber
sorgte mit einem deutlich edleren DualPlattenspieler auf Parties dafür, dass ordentlich der Punk abging, damals allerdings
noch zu Supertramp-Rhythmen.
Um so weit zu kommen, hatte Reber
allerdings zuvor etliche Schichten in der
Porzellanfabrik zubringen müssen, „am
besten solche mit Nachtzulage und Säurezuschlag“. Ein anderer lukrativer Job
war, mit dem Vater auf dem Bau zu schuften. „Das klappte schon damals ganz gut.
Mit meinem alten Herrn habe ich bis
heute ein gutes Verhältnis“, sagt er.
Eines, das pragmatisch war, etwa als der
Junior – vorher Besitzer eines rasant getunten Mofas – sich am Tag seiner Führerscheinprüfung den Audi seines Vaters
auslieh. DieVollkasko zahlte – der 18-Jährige bekam einen R4 für 350 Mark mit
1,5 Jahren TÜV abgezweigt. Fertig.
In die Fußstapfen des Vaters treten wollte
er schon damals nicht mehr. Er wollte weg,
ganz weg, nicht nur zu Konzerten ins nahe
Prag. Doch obwohl er sich bald seinen eigenen Weg suchte, die Prägung wirkte fort.
Selbst im Namen seines heutigen Unternehmens steckt etwas von diesem Erbe.
Statt des eher prosai­schen Namens HLR,
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der zur Debatte stand, verleihen die dorischen Säulen griechischer Tempel der
Firma Volumen und Klang.
Reber hat den Namen aus vielen anderen herausgepickt. Überhaupt gehen
dem Doric-Manager Vergleiche mit Stein
und Mörtel besonders leicht von den
Lippen. Die hatte er quasi mit dem Vaterschweiß von Kindesbeinen an eingesogen.
Sein Vater schuftete draußen und überließ
– abgeschafft – zuhause der Mutter das
Regiment, Haushalt und die zwei Buben.
Zumindest die klare Aufteilung überzeugte den Junior. Er fand in seiner Ehefrau Petra eine, die ihm immer zuverlässig
den Rücken freihielt und während der
vielen Abwesenheiten des Ehemanns das
kleine Familienunternehmen managte.
Sohn und Tochter der beiden sind allerdings bereits erwachsen und ausgeflogen.
Das Konzept war solide, Reber feiert in
diesem Jahr silberne Hochzeit – und kletterte damals nach dem Ja-Wort schnell die
Erfolgsleiter hoch. Von der damaligen
Beamtenbank BayernLB ließ er sich ohne
Widerstreben von der amerikanischen
Citibank abwerben. Und startete dort viel
tiefer unten als eigentlich erwartet.
Denn zwischen Anstellung und Arbeits­
beginn ging die amerikanische Mutter
Citicorp erst einmal pleite, was unter
Chapter 11 ein harter Schlag, aber noch
kein Beinbruch ist. In Deutschland lernte
Bernd Reber also erst einmal, was ein
DCM-Paper ist. Solche Don’t-comeMonday-Briefchen lagen während der
Insolvenz oft nach der Mittagspause auf den
Schreibtischen. Allerdings blieben junge
Kollegen wie Reber von diesen Kündigungen à l’americaine weitgehend verschont. Und nachdem sich die Bank wieder
berappelt hatte, fand sich, wer wie er zupacken konnte, auf einem Karrierepfad wieder, der steil nach oben wies. „In dieser Zeit
mauserte sich die Citigroup zum Vorzeigeunternehmen. Selbst die Deutsche Bank
nahm sie sich zum Vorbild“, erzählt Reber
irgendwie stolz. „Citi war hellwach – die
erste Bank mit eigenem KreditkartenSystem, mit Online-Banking …“
Zum Sachvermögen brachten den jungen
Citibanker seine Nebenfächer im Volkswirtschaftsstudium: Steuerrecht und Wirtschaftsprüfung. Bei seinem amerikanischen
Arbeitgeber hieß das Asset Finance – und
wurde schnell zu Rebers Hauptbeschäftigung. Erst beriet er Bank und deren hochkarätige Klienten zur vorteilhaften steuerlichen Strukturierung ihrer Asset-Deals.
Dann bekam er 1995 die Verantwortung
für den Bereich Projektfinanzierung übertragen. Erst als Advisor, dann mit eigenem
Team sorgte er für die ersten Flugzeugfonds
unter dem Citi-Logo. Später (ab 1998) für
alle Produkte der Geno Asset Finance,
einem Joint Venture von Citi und Genossenschaftsbanken.
Zu den finanzierten Fliegern gehörte die
zehnte Gamma Trans Leasing Verwaltungs
GmbH & Co. KG. Im Dezember 1997
übergab diese eine Boeing B 777 200-IGW
– das Vorgängermodell der Langstreckenversion 200-ER – an Emirates. Der Finance
Lease lief 2008 aus. Plangemäß, fast, als wäre
der damalige Prospekt in dorischen Stein
gemeißelt gewesen. { Ludwig Riepl