und Unterernährung weltweit Eine unterschätzte Ursache

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und Unterernährung weltweit Eine unterschätzte Ursache
und Unterernährung
weltweit Eine
unterschätzte
Ursache
von Behinderung
2
Vorwort
Konsum und Lebensstil sowie globale Gerechtigkeit. Für den Betroffenen bedeutet HunErnährung ist ein menschliches Grundbedürf- ger großes Leid, der zu dauerhaften Behindenis. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass wir
rungen oder schlimmstenfalls zum Tod führen
überleben können. Aus diesem Grund gehört kann. Für die soziale und wirtschaftliche Entdas „Recht auf Nahrung“ zu den weltweit gül- wicklung eines Landes ist Hunger eine enorme
tigen Menschenrechten. In Deutschland und Belastung, da Arbeitskräfte und Produktivianderen westlichen Ländern haben die Mentät verloren gehen. Die Bekämpfung des weltschen genug zu essen und trinken. Lebensmit- weiten Hungers ist also nicht nur aus Gründen
tel sind hier im Überfluss vorhanden – viele
der Menschlichkeit notwendig, sondern bildet
Lebensmittel werden sogar weggeworfen!
die Basis für Entwicklung.
In einer globalisierten Welt können wir uns
Die vorliegende Broschüre gibt einen Überzu jeder Zeit fast jedes Nahrungsmittel kaublick über die weltweite Ernährungssituatifen. Sogar Obst, das bei uns nicht wächst,
on und erläutert die vielfältigen Ursachen von
wie etwa die Mango, bekommen wir in allen
Hunger und Unterernährung. Des Weiteren
Supermärkten.
erklärt sie den LeserInnen den Zusammenhang
Während bei uns also niemand hungern muss, zwischen Unterernährung und Behinderung in
sieht die Situation in ärmeren Ländern anders
Entwicklungsländern und zeigt auf, welchen
aus: Weltweit leiden fast eine Milliarde MenEinfluss Ernährung auf die internationalen
schen an Hunger, fast alle davon leben in
Millenniumsentwicklungsziele (MDG) hat.
den so genanten Entwicklungsländern. Die
Jede und jeder Einzelne von uns kann etwas
Ursachen von Hunger und Unterernährung
tun, um die Ursachen des weltweiten Hungers
sind vielfältig und umfassen Themen wie
zu bekämpfen. Was das genau ist, erfahren Sie
Armut, Wirtschaft, Klimawandel, westlicher
in dieser Broschüre!
3
1
Hunger weltweit
16 Mio
Anzahl der hungernden Menschen weltweit
49 Mio
Industriestaaten: 16 Mio.
Afrika: 239 Mio.
Asien und Pazifik: 563 Mio.
Lateinamerika und Karibik: 49 Mio.
Total 867 Millionen
Quellen: Food and Agriculture Organization of the United
Nations (FAO) und Deutsche Stiftung Weltbevölkerung
Während bei uns und in den anderen Industrieländern nur wenige Menschen hungern
müssen, gehört in vielen Entwicklungsländern der Hunger zum Alltag: Die Vereinten Nationen schätzen, dass von den sieben
Milliarden Menschen weltweit 868 Millionen Menschen an Hunger leiden.1
99 % aller hungernden Menschen leben
in Entwicklungsländern, vor allem in den
Ländern Asiens und Afrikas. Besonders in
Ländern, die schon länger unter Konflikten
oder Krisen leiden, ist Hunger weit verbreitet. Wenn man diese Zahlen mit der Gesamtbevölkerung in diesen Regionen vergleicht, ist die Anzahl der Hungernden in
Afrika am höchsten: 22 % der Bevölkerung
leiden dort an Hunger.2
Es ist kein Zufall, dass die meisten hungernden Menschen in Regionen leben, die
zu den ärmsten der Welt gehören. Denn
wer in Armut lebt, kann sich nicht ausreichend ernähren und leidet unter Hunger.
1
3
Food and Agriculture Organization of the United Nations
(FAO), online unter www.fao.org, 2012.
2
Weingärtner, L. Trentmann, C. und Deutsche Welthungerhilfe e.V.: Handbuch Welternährung, 2011.
4
Menschen mit Behinderung sind
besonders betroffen
Menschen mit Behinderung sind in Entwicklungsländern besonders von Armut
und Hunger bedroht. Nach den neuesten Zahlen schätzt die Weltbank, dass
1,29 Milliarden Menschen in absoluter Armut leben.3 Jeder Fünfte von ihnen hat eine
oder mehrere Behinderungen und ist daher
besonders von Hunger bedroht.
Weitere Infos:
Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e.V. (2011): Menschen mit Behinderung in
Entwicklungsländern
Weltbank: Pressemitteilung vom 29.2.2012, online unter
www.worldbank.org > News
563
563 Mio
Mio
239
239 Mio
Mio
Was ist Hunger?
Was sind Mangel-, Unter- und Fehlernährung?
Unter Hunger verstehen wir im Alltag ein un-
Unter Unterernährung, auch als quantitative angenehmes Gefühl, das uns zu verstehen gibt,
Mangelernährung bezeichnet, kann man also eine
dass wir zu wenig Nahrung zu uns genommen
dauerhafte ungenügende quantitative (Kalorien-
haben. Die Ernährungs- und Landwirtschafts-
anzahl) und qualitative (Proteine, Vitamine organisation der Vereinten Nationen (FAO) ver-
und Mineralstoffe) Versorgung mit Nahrung steht unter Hunger, wenn ein Mensch weniger
verstehen. Menschen, die chronisch Hunger ha-
als 1.800 Kalorien am Tag zu sich nimmt.1 Diese
ben, sind unterernährt. Unterernährung ist eine
Anzahl an Kalorien benötigt ein Mensch, um ein
Form der Fehlernährung, zu der auch die zu hohe
gesundes und aktives Leben führen zu können.
Nahrungsaufnahme gehört, die zu Übergewicht
Neben der Kalorienanzahl ist die Ausgewogen-
führt.
heit der Ernährung wichtig. Das bedeutet, dass
der Mensch ausreichend Proteine, Vitamine und
Mineralstoffe aufnimmt. Ist dies nicht der Fall,
ist der Mensch mangelernährt. Diese Form der
Mangelernährung wird auch „versteckter Hunger“ genannt.
1
Concern Worldwide, Welthungerhilfe und International Food Policy Research Institut: Welthunger-Index,
2011.
5
2
Was sind die Ursachen von Hunger und
Unterernährung?
Eigentlich gibt es auf der Welt genügend
Nahrungsmittel für alle Menschen: Die
weltweite Ernte erbringt so viel, dass jeder
Mensch ein Drittel mehr an Kalorien aufnehmen könnte als er benötigt!1
Hunger entsteht also nicht nur dadurch,
dass zu wenig Nahrungsmittel produziert
werden, sondern, dass die Nahrung nicht
zu den Menschen gelangt, die sie benötigen. Dafür verantwortlich sind verschiedene Faktoren, wie Armut, die Welthandelsstruktur, Klimawandel oder Naturkatastrophen. Die Ursachen für Hunger sind
also nicht nur in den Entwicklungsländern
zu finden. In einer globalisierten Welt sind
auch die Industrieländer für den weltweiten
Hunger verantwortlich.
An den New Yorker
und anderen Börsen
wird auch mit Lebens­
mitteln spekuliert.
Dies führt oft zu
künstlicher Nachfrage
und dann zu Preis­
steigerungen.
Armut und steigende Nahrungsmittelpreise
Einer der Gründe, warum Menschen hungern müssen, ist Armut verbunden mit steigenden Lebensmittelpreisen der letzten Jahre. Menschen mit geringen Einkommen
können sich viele teure Lebensmittel nicht
mehr leisten und sich nicht richtig ernähren. Von 2003 bis 2008 verdreifachte sich
der Preis für Agrarrohstoffe.2 Fachleute
1
6
GLS Treuhand Zukunftstiftung Landwirtschaft und Stiftung Eine Welt, Eine Zukunft, Bonn 2009. /Handbuch
Welternährung.
2
Oxfam: Fact-Sheet zur Nahrungsmittelspekulation, on-
rechnen damit, dass die Preise für Agrarrohstoffe auch in Zukunft steigen werden: Für
Mais wird zwischen 2010 und 2030 um
eine Preissteigerung um bis zu 177 % vorausgesagt.3
Während wir in Deutschland nur 10 % unseres Einkommens für Lebensmittel ausgeben, sind es in Entwicklungsländern bis
zu 80 %.4 Dort führen schon geringe Preissteigerungen dazu, dass sich die Menschen
Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten
können. Für die Preissteigerungen gibt es
folgende Ursachen:
Spekulation mit Nahrungsmitteln
Neben Immobilien und Finanzprodukten
sind auch Nahrungsmittel und Agrarrohstoffe in den letzten Jahren immer mehr zu
Spekulationsobjekten geworden. Hedgefonds, Pensionsfonds und Investmentbanken investieren in Agrarrohstoffe, um von
den steigenden Preisen zu profitieren. Viele Spekulanten, die auf steigende Preise
von Agrarrohstoffen gewettet haben, haben
in den letzten Jahren große Gewinne erzielt. Diese Spekulationen schaffen jedoch
eine künstliche Nachfrage, die den Preis der
Agrarrohstoffe und der Lebensmittel nach
oben treibt. ExpertInnen gehen davon aus,
dass die Nahrungsmittelpreiskrise in den
Jahren 2007 und 2008 zum großen Teil von
Spekulanten ausgelöst wurde.5
Weitere Infos:
Oxfam Deutschland (2012): Mit Essen spielt man nicht!
Konkurrenz um landwirtschaftliche
Nutzung
Um dem Klimawandel und steigenden Ölpreisen zu begegnen, versuchen viele Länline unter: www.oxfam.de/publikationen/Nahrungsmittelspekulation
3
Oxfam: Extreme Weather Events and Crop Price Spikes in
a changing climate, 2012.
4
Oxfam Deutschland: Mit Essen spielt man nicht!, 2012.
5
Oxfam: Fact-Sheet zur Nahrungsmittelspekulation, und
John Baffes, Tassos Haniotis: Placing the 2006/08 Commodity Price Boom into Perspective, Policy Research Working Paper, The World Bank Development Prospects
Group, 2010.
Afrika drei Viertel des tiefgekühlten Hähnchenfleisches aus der EU.7 Dies hat zur Folge, dass die Bauern verarmen und die Entwicklungsländer immer abhängiger von den
Lebensmittelimporten werden. Begünstigt
Beispiel Mexiko: Die „Tortilla-Krise“ 2007/2008
Setzlinge in einer Palmölplantage zur Gewinnung von
Agro-Sprit. Wertvolle Anbaufläche für die Kultivierung
von Lebensmitteln geht so verloren. Foto: Moray McLeish,
World Resources Institute, 2010 (flickr, CC BY SA 2.0)
der vermehrt Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen anstatt aus Mineralölen zu
gewinnen. Nur noch 47 % der weltweiten
Getreideproduktion wird für die Ernährung
produziert. Zur Herstellung der so genannten Biotreibstoffe (auch Agrartreibstoffe genannt) werden Mais, Zuckerrohr, Ölpalmen oder Sojabohnen benutzt. Mais, Zucker und Soja gehören jedoch in vielen Ländern zu den Grundnahrungsmitteln. Wenn
die Nachfrage nach diesen Produkten wegen der Biotreibstoffe steigt, steigen auch
die Preise.
Foto: lizdinovella (flickr, CC BY SA 2.0)
In Mexiko kam es in den Jahren 2007 und 2008 zu großen Demonstrationen, weil viele arme Menschen sich die Tortilla, ein Grundnahrungsmittel aus Mais, nicht mehr leisten konnten. Grund hierfür war ein hoher Anstieg des Maispreises in den USA, weil dort immer mehr Mais zu
Bioethanol verarbeitet wurde. In den Jahren vor dem Preisanstieg hatten amerikanische Agrarunternehmen wegen hoher Subventionen Mais
Preisdumping durch Handels- und
Agrarpolitik
Viele Industrieländer subventionieren die
Produktion von Grundnahrungsmitteln wie
Getreide, Fleisch, Milcherzeugnisse, Obst
und Gemüse. Allein die Europäische Union (EU) nutzt 40 % der europäischen Steuergelder (60 Milliarden Euro), um die europäische Landwirtschaft zu subventionieren.6
Dadurch können die europäischen Landwirtschaftsbetriebe ihre Produkte zu billigen Preisen in Entwicklungsländer exportieren. Viele einheimische Bauern in den
Entwicklungsländern stellen dort die Produktion ein, da sie ihre Produkte wegen der
billigen Konkurrenz aus Europa nicht mehr
verkaufen können. Im Jahr 2010 kam in
6
Bund: Agrarsubventionen umlenken, online unter www.bund.net/themen_und_projekte/landwirtschaft/
subventionen_umlenken/
zu einem niedrigen Preis produzieren können. Ein Freihandelsabkommen der nordamerikanischen Länder (NAFTA) hatte zudem den unbegrenzten Export des Maises nach Mexiko ermöglicht. Viele mexikanische
Mais-Bauern hatten nicht mit den niedrigen (subventionierten) Preisen
aus den USA konkurrieren können und den Maisanbau eingestellt. Mexiko war in den Jahren 2007 und 2008 daher stark abhängig vom amerikanischen Mais. Mit Anstieg des Mais-Preises in den USA stiegen folglich
auch in Mexiko die Preise für Mais und Tortilla enorm an.
wird diese Entwicklung durch Freihandelsabkommen, die zwischen wirtschaftlich ungleichen Partnern abgeschlossen werden.
Durch diese können sich ärmere Länder
nicht mehr mit Zöllen vor billigen Importen schützen.
Mehr Infos auch unter www.deine-stimme-gegen-armut.de/blog/
7
Evanglischer Entwicklungsdienst: Kein Chicken schicken,
2010.
7
beiter unter ungerechten Bedingungen auf
ihrem ehemals eigenen Land arbeiten oder in
die Städte ziehen, um nach Arbeit zu suchen.
Außerdem hat die industrielle Landwirtschaft häufig negative ökologische Auswirkungen, zum Beispiel durch Wasserknappheit, die Rodung von Wäldern oder Verschlechterung der Böden durch Monokultivierung.
Die Kupfermine Mina
Tintaya in Peru verursacht Wasserverschmutzung, Landvertreibung und
Erkrankungen­ in der
Region. Foto: David
Baggins (flickr, cc 2.0)
Rechts: Monsunüberschwemmung
in Indien. Foto: Mani
Kumar, Oxfam (www.
oxfam.de)
Landgrabbing
Man sprich von „Landgrabbing“, wenn
Großkonzerne oder Länder in Entwicklungsländern im großen Stil Agrarflächen
aufkaufen – oft zu Lasten der lokalen Kleinbauern. Durch die steigende Nachfrage
nach Lebensmitteln und Biotreibstoffen ist
auch die Nachfrage nach landwirtschaftlich
nutzbarem Boden gestiegen. Die Preise für
diesen steigen mit der Nachfrage und der
Verkauf von Boden wird attraktiver für viele Länder. Bevölkerungsreiche Länder wie
China kaufen oder pachten große Landflächen in anderen Ländern, um Agrarrohstoffe in großen Mengen für ihre eigene Bevölkerung zu produzieren. Viele Unternehmen tun dies ebenfalls, um Agrarrohstoffe für die stark nachgefragten Biotreibstoffe
zu produzieren. Das Land wird häufig unter intransparenten Bedingungen erworben
– vor allem in Ländern, wo die Landrechte nicht eindeutig sind und kein gerechtes
Rechtssystem besteht.
Investitionen in Landwirtschaft sind positiv, wenn sie auch der lokalen Bevölkerung
zu Gute kommen, etwa neue Arbeitsplätze geschaffen werden oder auch Kleinbauern von neuen Anbaumethoden profitieren.
Problematisch wird es jedoch, wenn bestehende Landrechte verletzt werden und lokale Kleinbauern oder Viehzüchter ihr Land
verlieren. Infolgedessen produzieren diese weniger Nahrungsmittel für den lokalen
Markt. Zudem verlieren viele Bauern ihre
Lebensgrundlage und müssen als Landar-
Weltweiter Klimawandel
Auch der weltweite Klimawandel hat Folgen für die Nahrungssicherheit. Veränderte Temperaturen und Niederschlagsmengen haben Einfluss auf Boden und Wasser, die für die Produktion von Lebensmitteln gebraucht werden. Zwar gibt es weltweit genügend Nahrung, jedoch sieht die
Situation in einigen Regionen der Welt anders aus. Für Afrika, das schon heute mit
sehr schwierigen klimatischen Anbaubedingungen zu kämpfen hat, könnten in
den nächsten zehn Jahren bis zu 50 % der
Ernte durch Trockenheit verloren gehen.
Vermehrte Dürren und Flutkatastrophen
könnten in Zukunft noch mehr Ernten vernichten. ExpertInnen schätzen, dass die Anzahl der von Hunger bedrohten Menschen
durch den Klimawandel bis zum Jahr 2050
um 10 bis 20 % steigen wird. 8
Wachsende Weltbevölkerung
Zurzeit leben 7 Milliarden Menschen auf
der Welt. Es wird davon ausgegangen, dass
8
Handbuch der Welternährung.
8
die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050
auf 9,5 Milliarden anwachsen wird. Während in den Industrieländern die Anzahl der
Menschen gleich bleibt oder sogar leicht zurück geht, werden in den Entwicklungsländern die Bevölkerungszahlen steigen. Dort
ist Hunger weit verbreitet und bei steigenden Bevölkerungszahlen wird sich die Ernährungssituation noch weiter verschlechtern.
Konflikte und Katastrophen
Konflikte und Naturkatastrophen sind
ebenfalls Ursachen von Hunger. Wenn in
Ländern Kriege ausbrechen oder ein Erdbeben ganze Landesteile zerstört, sterben
nicht nur viele Menschen. Felder und Ernten werden vernichtet und Vieh getötet, so
dass kaum noch Lebensmittel produziert
werden können. Transportwege werden zerstört und Märkte können nicht stattfinden,
so dass die wenigen Lebensmitteln nicht zu
den Menschen gelangen. In dieser Notsituation ist es in vielen Fällen Aufgabe von
internationalen Organisationen, die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten schnell sicher zu stellen. Diese schnelle
Hilfe wird auch Humanitäre Hilfe genannt.
Im Gegensatz zum chronischen Hunger,
beziehungsweise Unterernährung, spricht
man in diesem Fall auch vom akuten Hunger, da die Menschen nur während der Notsituation unter Hunger leiden. Allerdings
finden Kriege und Naturkatastrophen oft-
Viele Menschen leben mals in Regionen statt, in denen die Menschen ohnehin unterernährt sind. Umgekehrt kann auch Hunger der Grund für gewaltsame Konflikte sein. So kam es während der Nahrungsmittelpreiskrise 2007
und 2008 zu gewalttätigen Protesten in Asien und Südamerika, weil sich die Menschen
wegen der hohen Preise kaum noch Lebensmittel leisten konnten.
in äußerster Armut.
Sie sind gezwungen in
improvisierten Behausungen zu leben, die
ihnen weder Stromnoch Wasserversorgung oder Schutz vor
Umwelteinflüssen bieten. Foto: Ärzte für die
Dritte Welt – German
Fehlendes Wissen und schlechte
Gesundheit
Trotz ausreichender Nahrung, kann es vorkommen, dass Menschen unterernährt
sind. Sie ernähren sich einseitig und nehmen zu wenige Nährstoffe wie Vitamine,
Eisen, oder Jod zu sich. Dies kann an fehlendem Wissen liegen, wenn beispielsweise Frauen während der Schwangerschaft zu
wenige Vitamine und Jod aufnehmen oder
ihre Säuglinge aus Unwissenheit zu früh
der Muttermilch entziehen. Auch kann ein
schlechter Gesundheitszustand der Grund
für Unterernährung sein, besonders in jenen Ländern, wo die medizinische Grundversorgung unzureichend ist. Krankheiten führen dazu, dass der Körper Nährstoffe
nicht aufnimmt oder ausscheidet, zum Beispiel bei Durchfall. Anderseits erhöht Unterernährung das Risiko für Krankheiten,
da der geschwächte Körper die Nährstoffe nicht richtig aufnimmt und das Immunsystem schwach bleibt. Es entsteht ein Teufelskreis.
Doctors e.V.
Menschen auf der Flucht im Sudan 2008.
Foto: UN Photo/Tim McKulka (flickr, cc BY-SA 2.0)
9
3
Inwieweit trägt Unterernährung zum
Entstehen von Behinderungen bei?
25.000 Menschen sterben täglich an Krankheiten, die von Unterernährung und Hunger ausgelöst werden.1 Diese Zahl ist erschreckend und erfordert zu Recht unsere
Aufmerksamkeit. Was jedoch bisher wenig
Aufmerksamkeit erregt, ist eine andere Folge von Hunger und Unterernährung: Ein
Fünftel aller Behinderungen weltweit sind
eine Folge von Unterernährung. Besonders
bei Kleinkindern (0-5 Jahre) können Hunger und Unterernährung zu langfristigen
körperlichen und intellektuellen Beeinträchtigungen führen. Die ersten Lebensjahre
sind entscheidend für die weitere Entwicklung des Menschen und schon die Unterernährung der Mutter während der Schwangerschaft kann die menschliche Entwicklung massiv beeinträchtigen. Zu den häufigsten Formen der Mangelernährung,
die zu Behinderung führen gehören Protein-Energie-Mangel,
Vitamin A-Mangel, Vitamin
D-Mangel und Jodmangel.
Weltweit haben 1 Milliarde Menschen eine Behinderung
Vitamin A-Mangel
Vitamin A benötigt der Körper bei allen Körpergeweben und zur Stärkung des Immunsystems. Vitamin A kommt vor allem in FrüchInfektionskrankheiten: 11 % Nicht-Infektionskrankheiten: 20 %
ten, Gemüse, Eiern, Fisch und Milch vor.
angeborene Behinderung: 20 % Andere (inkl. Altern): 13 %
Es wird geschätzt, dass weltweit 200 bis 300
Quelle: UN Figures in Overcoming Obstacles to the Integration of Disabled People,
Millionen Kinder im Vorschulalter an Vitamin
UNESCO, DAA, 1995.
A-Mangel leiden. Vitamin A-Mangel ist eine
Protein-Energie-Mangel (PEM)
der meisten Ursachen für Blindheit, bei KinDie zu geringe Aufnahme von Proteinen und dern sogar die häufigste. 250 000 bis 500 000
Kohlenhydraten führt zu Untergewicht und Kinder erblinden jährlich, weil sie zu wenig
einer Schwächung der menschlichen Organe. Vitamin A zu sich nehmen.5 Vitamin A-ManDer geschwächte Körper ist anfälliger für In- gel beeinträchtigt nicht nur die Augen, sonfektionskrankheiten wie zum Beispiel Durch- dern schwächt die Gesundheit von Kindern
fall, was wiederum die Unterernährung verinsgesamt. Bereits ein geringer Vitamin Astärkt, da die im Körper ohnehin wenig vor- Mangel erhöht das Risiko für Durchfall, Mahandenen Nährstoffe durch den Durchfall
sern und Lungenentzündung.
Mangelernährung: 20 % ausgeschieden werden. Unterernährte Neugeborene und Kleinkinder haben insgesamt
ein viermal höheres Risiko, an weiteren, relativ leicht behandelbaren Infektionskrankheiten zu sterben.2
Mangelernährte Mütter bringen oft untergewichtige Kinder zur Welt, die ein 20 % höheres Risiko haben, vor ihrem fünften Geburtstag zu sterben. Bis zu 17 Millionen untergewichtige Kinder werden weltweit jedes Jahr geboren.3 Wenn schwangere Frauen an Unterernährung leiden, führt dies
zu gravierenden Entwicklungsverzögerungen beim Kind. Beispielsweise spielen Proteine eine wichtige Rolle bei der Entwicklung
des Gehirns. Schon kurze Phasen der Unterernährung können große Schäden verursachen, die nicht mehr rückgängig zu machen
sind. Auch die Sprachentwicklung des Kindes kann durch die Unterernährung negativ
beeinträchtigt werden. Nach Angaben von
UNICEF erreichen weltweit 200 Millionen
Kinder unter fünf Jahren nicht ihr kognitives
und sozial-emotionales Potenzial.4
1
Unfall, Krieg und Trauma: 16 %
Handbuch der Welternährung.
10
2
UN World Food Programme: Hunger fordert einen hohen Preis:
Folgen von Unterernährung für Frauen und Kinder, 2007.
3
UNICEF: A World Fit for Children, 2007.
4
Tagung „Inklusive frühkindliche Entwicklung“, Bonn 2010.
5
Zeitschrift Behinderung und Dritte Welt 1/2001.
Das Mädchen aus den Anden8
Über ein 4 ½ jähriges Mädchen aus den ecuadorianischen Anden berichtet der Wissenschaftler Cruz: „Das Mädchen ist seinem Alter entsprechend leicht unterernährt, leicht irritierbar, kann keine Lautäußerungen
ohne gutturale Laute vollziehen, kann den Blick nicht fixieren und ist vollständig von der Mutter abhängig. Es kann nicht allein sitzen, stehen oder
gehen, folgt auch simplen Anweisungen nicht und schenkt nur der Stimme der Mutter Beachtung. (…)“
Das Mädchen hat den Entwicklungsstand eines Neugeborenen und würBeratung einer Mutter im Rahmen des Feeding-Projek-
de nach unserem Verständnis als schwerstbehindert (Paralisis Central An-
tes in Bangladesch. In diesem Programm bekommen
dina, PCA/Andine Cerebralparese) gelten. Die Schwangerschaft bei die-
unterernährte Kinder jeden Tag eine ausgewogene
sem Mädchen verlief völlig normal. Das Mädchen kam in einem Kranken-
Mahlzeit und Mütter lernen, wie man ausgewogene
haus zur Welt, wo es ebenfalls keine Komplikationen gab (z.B. Sauerstoff-
Mahlzeiten zubereitet. Foto: Ärzte für die Dritte Welt –
mangel). Nach Cruz war die Behinderung des Mädchens auf die Kombina-
German Doctors e.V.
tion von Protein- und Jodmangel zurückzuführen. Vitamin A-Mangel und seine Folgen für einen Jungen aus Burkina Faso:9
Vitamin D-Mangel
Ouargaye liegt in der Region Centre-Est in Burkina Faso. Wegen des trocke-
Vitamin-D-Mangel bei Kleinkindern verursacht Knochenschäden. Die Knochen werden
nicht fest und verbiegen sich. Lebenslange
Gehbehinderungen sind zum Beispiel Folge
dieses Mangels. Eine calciumreiche Ernährung
und Sonnenlicht können dies verhindern.
nen Klimas in dieser Region kommt es häufig zu Ernährungsengpässen. Viele Menschen dort leben am Existenzminimum und können sich dann die
fehlende Nahrung nicht kaufen. Remi ist 6 Jahre alt. Seine Familie besitzt
Jodmangel
Jod wird für die Produktion von Schilddrüsenhormonen benötigt, die bei lebenswichtigen Stoffwechselprozessen eine Rolle spielen. Jod wird in der Regel über Fisch und
Meeresfrüchte aufgenommen. Daher leiden
besonders Menschen, die in Bergregionen
wohnen, unter Jodmangel. Weltweit sind 1,9
Milliarden Menschen davon betroffen.6 Jodmangel kann während der Schwangerschaft
beim Kind zu bleibenden Hirnschäden führen. In besonders schweren Fällen führt Jodmangel vor der Geburt zu Kretinismus, einem Zwergwuchs mit schweren körperlichen
und intellektuellen Beeinträchtigungen. Es
wird geschätzt, dass Jodmangel jährlich bei
20 Millionen Säuglingen die Ursache für intellektuelle Beeinträchtigung ist.7
Die Folgen von Unterernährung verdeutlichen die folgenden Beispiele.
6
UN Standing Committee on Nutrition: World Nutrition
Situation 5th report, 2005.
7
Handbuch Welternährung.
ein paar kleine Felder und ein paar Ziegen und kann sich nicht immer ausreichend ernähren. Die Unterernährung hat Auswirkungen auf Remi: Seine Sehfähigkeit verschlechtert sich, besonders in der Dämmerung findet sich
der Junge kaum noch zurecht. Die Sorge der Eltern ist groß, bedeutet ein blindes Kind in Burkina Faso doch eine erhebliche zusätzliche Belastung für die
Familie, da der Junge sich bei einer Erblindung nicht mehr alleine zurechtfinden könnte und auf Hilfe von anderen angewiesen wäre.
Ein Augenarzt findet schnell heraus, dass Remi unterernährt ist und unter
Vitamin-A-Mangel leidet. Remi bekommt hoch dosiertes Vitamin A in Form
von Kapseln. Remis Augenlicht kann gerettet werden. Um den Vitamin AMangel bei Kindern in Ländern wie Burkina Faso nachhaltig zu beheben,
muss die Unterernährung bekämpft werden. Maßnahmen für Nahrungssicherheit sind daher ganz wichtig. 8
Zitat und Schilderung nach G. Weigt in: Zeitschrift für Heilpädagogik, 39. Jahrg. 1988, Heft 4: Mangelernährung und Behinderung – Probleme in der Dritten Welt, S.228f.
9
Quelle: Licht für die Welt Österreich
11
4
Was haben Ernährung und Behinderung
mit den Millenniumsentwicklungszielen
(MDG) zu tun?
Im Jahr 2000 verabschiedeten 189 Staatsund Regierungschefs acht Entwicklungsziele (Millennium Development Goals,
MDGs), die bis zum Jahr 2015 erreicht
werden sollen. Das übergeordnete Ziel ist die Halbierung
des weltweiten Hungers und
der Armut. Die MDGs sind
zurzeit die wichtigsten Entwicklungsziele, an denen sich
fast alle staatlichen und nicht-
staatlichen Akteure der Entwicklungszusammenarbeit orientieren. Mit der Verabschiedung der Millenniumserklärung haben sowohl Entwicklungs- als auch Industrieländer versprochen, Maßnahmen zu ergreifen, um die MDGs
bis 2015 zu erreichen.
Was hat Unterernährung mit
den acht Entwicklungszielen
zu tun? Und was mit Behinderung?
Die acht Millenniumsentwicklungsziele der Vereinten Nationen bis 2015
MDG 1:
MDG 2:
weltweit 200 Millionen Kindern unter
Den Anteil der Welt-
Grundschulbildung
fünf Jahren nicht ihr kognitives und so-
bevölkerung, der
für alle ermöglichen
zial-emotionales Potenzial.1 Die einge-
unter extremen
Hunger und Armut leidet, halbieren
schränkte intellektuelle LeistungsfähigHunger und Unterernährung haben
keit des Kindes hat Auswirkungen auf
­enorme negative Auswirkungen auf die
seine Schulleistungen, verringert seine
Die Bekämpfung des Hungers welt-
Entwicklung des Kindes. Neben den kör-
Chance auf dem Arbeitsmarkt und erhöht
weit ist eines der wichtigsten Ziele der
perlichen Beeinträchtigungen wie etwa
somit das Risiko in Armut zu leben.
MDGs. Obwohl hier einige Erfolge –
Knochenschäden, Mobilitätseinschrän-
insbesondere in Asien – erzielt wur-
kungen oder Blindheit sind es vor allem
MDG 3:
den, hungern immer noch 867 Millio-
die intellektuellen Beeinträchtigungen,
Die Gleichstellung der
nen Menschen. die sich negativ auf das intellektuelle Po-
Geschlechter fördern
Unterernährte Menschen haben ein
tenzial des Kindes auswirken.
geringeres körperliches und geistiges
Der beschriebene Mangel an Jod, Prote-
In einigen Gesellschaften haben Frau-
Leistungsvermögen als ausreichend
inen und Energie hemmt die Entwicklung
en nicht die gleichen Rechte wie Männer.
­ernährte Menschen. Sie sind weniger
des Gehirns und der Sprache und kann
Bei Lebensmittelknappheit werden zu-
produktiv und können ihr Einkommen
zu schwerer intellektueller Beeinträchti-
nächst die Männer versorgt.
nicht selbst erwirtschaften.
gung führen (z.B. Kretinismus). ­ Eine frühe
Frauen mit Behinderung werden oft we-
Menschen mit Behinderung sind be-
kognitive Stimulation (z.B. Vorlesen und
gen ihrer Rolle als Frau und als Mensch
sonders von Armut und Hunger be-
Spielen) könnte die Folgen von Protein-
mit Behinderung doppelt diskriminiert.
droht.
und Energie-Mangel abmildern. Kinder,
Die Chancen, dass unterernährte Mäd-
die unter Armutsbedingungen aufwach-
chen eine Schulbildung und eine Zu-
sen, erfahren diese Stimulation selten.
kunftsperspektive erhalten, sind daher
Nach Angaben von UNICEF erreichen
noch geringer als bei Jungen.
1 Tagung „Inklusive frühkindliche Entwicklung“.
12
MDG 4:
MDG 6:
sourcen. Dort, wo Menschen unter
Kindersterblichkeit
HIV/ AIDS, Malaria
Hunger leiden, müssen alle verfügba-
verringern
und andere Krankhei-
ren Ressourcen genutzt werden, um
ten bekämpfen
die Lebensmittelversorgung sicher zu
Unterernährung ist dafür verantwort-
stellen. Der Schutz der Umwelt ist für
lich, dass 5,6 Millionen Kinder vor ihrem
Unterernährung schwächt den Kör-
hungernde Menschen aus verständ-
fünften Lebensjahr sterben. Die Sterb-
per und erhöht das Risiko für Krankhei-
lichen Gründen von geringer Bedeu-
lichkeit bei Kindern mit Behinderung ist
ten und Infektionen. Bei Infizierten be-
tung.
sogar noch höher.
schleunigt Unterernährung den Ausbruch von AIDS.
MDG 8:
MDG 5:
Bei Malaria-Kranken reduziert sie die
Eine globale Partner-
Die Gesundheit der
Überlebenschancen. Menschen mit Be-
schaft für Entwicklung
Mütter verbessern
hinderung sind eine besonders gefähr-
aufbauen
dete Gruppe für HIV/Aids und andere
Unterernährte schwangere Frauen brin-
schwere Krankheiten.
gen untergewichtige Kinder zur Welt,
Hunger und Unterernährung können
zum Ausbruch von gewalttätigen Kon-
die ein hohes Sterberisiko haben. Wenn
MDG 7:
flikten führen, die ganze Regionen de-
eine Frau während der Schwangerschaft
Zum Schutz der
stabilisieren.
nicht genügend Nährstoffe aufnimmt,
Umwelt beitragen
Für eine globale Partnerschaft für Ent-
erhöht dies das Risiko für eine körperli-
wicklung brauchen wir gleichberech-
che und intellektuelle Beeinträchtigung
Ernährungsunsicherheit führt zu nicht
des Kindes.
nachhaltiger Nutzung natürlicher Res-
Für Hunger und Unterernährung in der Welt
gibt es viele Gründe. Um das Problem zu lösen,­
sind daher vielfältige Maßnahmen notwendig.­
Alle diese Maßnahmen können in einer globa­
lisierten Welt nur gemeinsam von den Entwicklungs- und Industrieländern durchgeführt
werden. Es ist Aufgabe der internationalen Politik und der Wirtschaft solche Maßnahmen
zu ergreifen. Beispielsweise muss die Landwirtschaft, insbesondere die kleinbäuerliche Produktion, in den von Ernährungsunsicherheit
betroffenen Ländern gefördert werden und
zwar jene, die für die Nahrungsmittelproduktion zuständig ist. Gleichzeitig müssen auch Investitionen in Gesundheit und Bildung getätigt werden, da ein schlechtes Gesundheitsund Bildungssystem Unterernährung verstärkt.
Bei allen diesen Maßnahmen, die besonders
die Entwicklungsländer betreffen, sollten Menschen mit Behinderung von Beginn an berücksichtigt werden.
tigte und stabile Partner.
Da Hunger und Unterernährung auch globale Ursachen haben, stehen auch die Industrieländer in der Pflicht. Wie bereits erläutert, trägt der Klimawandel, der zum großen Teil von den Industrieländern zu verantworten ist, zur Ernährungsunsicherheit bei
und sollte aufgehalten werden. Das Gleiche
gilt für die Preisschwankungen bei Lebensmitteln und die Abhängigkeit armer Länder
von Lebensmittelimporten, die ebenfalls für
Nahrungsunsicherheit verantwortlich sind.
Weitere Infos:
Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e.V. (2011): Inklusion von Menschen mit Behinderung in der Entwicklungszusammenarbeit
www.un-kampagne.de
UN SCN (2004) The 5th Report on the World
Nutrition Situation. Nutrition for Improved Development Outcomes. Genf 2004
FAO (2012): The State of Food Insecurity in the
Word
13
5
Was kann ich persönlich tun,
um Hunger weltweit zu bekämpfen?
Wir als KonsumentInnen haben Einfluss auf die globalen Ursachen
und können daher mithelfen, Hunger und Armut zu bekämpfen.
Dabei geht es gleichzeitig um unser Essen und unsere Lebensqualität!
Globale Ursachen für Hunger und Unterernährung
und was wir persönlich dagegen tun können
Oben: Am Fairtrade-­
Siegel erkennt man
fair gehandelte Waren.
Unten: Die bezev-
Ausstellung über
Menschen mit Behinderung in Entwicklungsländern.
Foto: bezev
Kein Zugang zu Nahrung wegen finanzieller Armut
Kaufen Sie mehr Produkte aus Fairem
Handel
Der Faire Handel garantiert den ProduzentInnen im Süden faire Löhne und Arbeitsbedingungen und den KonsumentInnen
im Norden qualitativ hochwertige Produkte. Der Faire Handel gibt den Kleinbauern
langfristige­Sicherheit und stärkt die Landwirtschaft in den Ländern. Einige fair gehandelte Produkte werden von Menschen mit
Behinderung produziert und tragen dazu
bei, dass sie ihr Einkommen selbst erwirtschaften und unabhängig leben können. Als
Konsumenten können wir durch unser Einkaufsverhalten Macht ausüben: Wenn sich
mehr Menschen für Produkte aus dem Fairen Handel entscheiden, werden mehr Supermärkte Produkte aus Fairem Handel in
ihr Sortiment aufnehmen und weitere Un-
ternehmen vermehrt auf faire Produktion
setzen. Auch bei unserer Arbeitsstelle und in
den Schulen können wir uns dafür einsetzen, dass Produkte aus dem Fairen Handel
gekauft werden. Uns als KonsumentIn darf
es nicht egal sein, wie und unter welchen Bedingungen unsere Lebensmittel hergestellt
werden. Schließlich geht es auch um unsere
Gesundheit und Lebensqualität.
Infos und Einkaufsmöglichkeiten:
www.fairtrade.de
www.weltladen.de
Unterstützen Sie Organisationen und
Vereine, die sich gegen Armut einsetzen
In Deutschland gibt es viele Organisationen und Vereine, die sich mit konkreten
Programmen und Projekten gegen Hunger, Unterernährung und Armut in anderen
Ländern einsetzen. Andere üben Druck auf
Politik und Unternehmen aus, damit diese sich gegen den weltweiten Hunger einsetzen oder zumindest nicht zur Verschärfung der Ernährungsunsicherheit beitragen. Wenn wir diese Vereine und Organisationen unterstützen, dann fördern wir auch
die Nahrungssicherheit in der Welt.
Entwicklungspolitische Vereine und Organisationen in Deutschland:
www.venro.org/mitglieder.html
www.engagement-global.de/nro-portraits.html
www.dzi.de/spenderberatung/
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Steigende Lebensmittelpreise durch
Spekulation an den Finanzmärkten mit
Lebensmitteln und Verwendung von
Agrarrohstoffen für Biotreibstoffe
Unterstützen Sie Initiativen und Kampagnen
Die Spekulation mit Lebensmitteln und
die Verwendung von Agrarrohstoffen für
Biotreibstoffe sind mit verantwortlich dafür, dass Lebensmittel teurer geworden sind
und sich viele Menschen diese nicht mehr
leisten können. Wir können Kampagnen
und Organisationen unterstützen, die sich
für strengere Regeln für Lebensmittelspekulationen oder gegen die Verwendung von
Agrarrohstoffen für Biotreibstoffe einsetzen.
Infos und Engagementmöglichkeiten:
www.oxfam.de/gegenspekulation
www.foodwatch.de/ackermann-aktion
Schwächung der Landwirtschaft in den
Entwicklungsländern durch ungerechte
Welthandelspolitik und Landgrabbing
Unterstützen Sie Initiativen und Kampagnen
Damit die Ernährungssicherheit in Entwicklungsländern nicht von Agrarunternehmen und schwankenden Weltmarktpreisen
abhängig ist, müssen Regierungen in Industrieländern verschiedene Maßnahmen ergreifen, beispielsweise die Agrar-Subventionen reduzieren.
Durch Landgrabbing verlieren viele Kleinbauern in Entwicklungsländern fruchtbaren
Boden. Ihre Landrechte werden verletzt
und die lokale Landwirtschaft geschwächt.
Infos und Engagementmöglichkeiten:
www.deinestimmegegenarmut.de www.fian.de
Große Ernteverluste durch Klimawandel
Kaufen Sie regionale und saisonale Produkte
Obst und Gemüse gehören zu einer gesunden
und ausgewogenen Ernährung. Heute bekommen wir fast alle Obst- und Gemüsesorten zu
jeder Jahreszeit. Oft werden diese jedoch aus
fernen Ländern transportiert, auch wenn diese bei uns wachsen. Beispielsweise werden in
unseren Supermärkten Äpfel und Birnen aus
Südafrika oder Südamerika angeboten. Durch
die langen Transportwege wird viel Energie verbraucht und es werden viele Schadstoffe ausgestoßen. Daher ist es besser, wenn wir
Obst und Gemüse aus der Region und in der
entsprechenden Jahreszeit kaufen.
Natürlich gibt es auch Obst, das nicht bei uns
wächst, etwa Bananen, Mangos oder Apfelsinen. Hier können wir als Verbraucher zumindest darauf achten, dass diese unter fairen Bedingungen hergestellt wurden.
Infos zu saisonalem Obst und Gemüse:
www.regional-saisonal.de/saisonkalender
www.aid.de/ernaehrung/saisonkalender.php
Kaufen Sie gutes Fleisch
Im Fleisch sind wichtige Nährstoffe wie Eisen,
Jod oder Omega 3-Fettsäuren. Für viele Menschen ist es Teil der Ernährung. In Entwicklungsländern können die Menschen nicht immer genügend davon essen, in den Industrie­
ländern aber wird viel mehr konsumiert als
nötig wäre. Zu viel Fleischkonsum ist zum einen schädlich für die Gesundheit und zum
anderen trägt er zum Klimawandel bei. Für
die Produktion werden in einigen Regionen
wie Süd­amerika Wälder für Weiden abgeholzt
und bei Verdauungsprozessen der Milliarden
Tiere entstehen Gase, die für den Treibhauseffekt mitverantwortlich sind – zum Beispiel
Methan. Darüber hinaus werden für die Fütterung große Mengen an Getreide verbraucht,
was wiederum den Preis für Getreide in die
Höhe treibt. Wenn wir weniger Fleisch konsumieren, könnten große Anbauflächen und
Getreidemengen für die menschliche Ernährung genutzt werden, statt für die Viehmast.
Wer ab und zu auf Fleisch verzichtet, kann
sich dafür qualitativ gutes Fleisch (z.B. BioFleisch) aus der Region leisten.
Wenn schon Fleisch,
dann aus nachhaltiger
Produktion und aus
der Region. Foto: ­
www. oekolandbau.de
Infos zu den Auswirkungen des Fleischkonsums
http://fleischfrage.wwf.de
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Hunger
und Unterernährung sind die größten globalen Herausforderungen unserer Zeit. Sie sind Ursache von Behinderungen
und führen schlimmstenfalls zum Tod. Die ungerechte Nahrungssituation verhindert eine nachhaltige Entwicklung in
den Entwicklungsländern und bedroht den weltweiten Frieden. Die Broschüre gibt einen Überblick über die weltweite Ernährungssituation und erläutert die vielfältigen Ursachen
von Hunger und Unterernährung. Des Weiteren erklärt sie
dem Leser den Zusammenhang zwischen Unterernährung
Herausgeber:
und Behinderung in Entwicklungsländern und erklärt, was
Behinderung und Entwicklungs­
wir im Alltag tun können, um die Ursachen des weltweiten
zusammenarbeit e.V. (bezev)
Hungers zu bekämpfen. Die Broschüre enthält eine CD mit
Wandastr. 9, 45136 Essen
dem Inhalt als HTML-Version und ist auch in Leichter Spra-
Tel: ­+49 (0)201/ 17 88 963
che verfasst.
Fax: +49 (0)201/ 17 89 026
[email protected]
Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e.V. (bezev)
www.bezev.de
engagiert sich für eine gerechte und soziale Welt, in der
alle Menschen die gleichen Entwicklungs- und Teilhabe­
Redaktion: Benedikt Nerger,
chancen haben. bezev fördert eine inklusive Entwicklung
Gabriele Weigt
und stärkt die gleichberechtigte Beteiligung von Menschen
Gestaltung: Christian Bauer,
mit Behinderung bei entwicklungspolitischen und huma-
studiofuergestaltung.net
nitären Initiativen mit Schwerpunkt in Afrika, Asien und La-
Druck: Druckerei Nolte, Iserlohn
teinamerika.
Essen 2012
Neben Projekten im Ausland und einem Freiwilligendienst
ist bezev in der entwicklungspolitischen Informations-,
Der Herausgeber ist für den Inhalt
allein verantwortlich.
Mit finanzieller Unterstützung von
Bildungs- und Lobbyarbeit aktiv.

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