Das große TIPP-KICK Buch

Transcrição

Das große TIPP-KICK Buch
Peter Hesse/Katrin Höfer
Das große TIPP-KICK Buch
Geschichte & Regeln
Technik & Zubehör
Prominente & Anekdoten
100-5_0001-0208.indd 3
07.08.2008 10:18:30 Uhr
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de
abrufbar.
ISBN 978-3-89994-100-5
Die Autoren:
Katrin Höfer ist Sport-Journalistin und hat schon zahlreiche Spielebücher bei humboldt veröffentlicht, u. a. zu Bowling und Kegeln. Zu diesem Buch hat sie Informationen zu Geschichte,
Herstellung, Spielmaterial, Regeln und Clubs zusammengetragen.
Peter Hesse lebt im Herzen des Ruhrgebiets. Er ist Verlags- und Produktionsleiter und leidenschaftlicher TIPP-KICK-Fan. In den vergangenen Jahren hat er zahlreiche Anekdoten zusammengetragen, Hintergründe beleuchtet und das Tipp Kick-Spiel in allen seinen Facetten ergründet.
Autoren und Verlag bedanken sich bei der Edwin Mieg OHG für die gute Zusammenarbeit und
die Bereitstellung von Fotos, insbesondere des historischen Bildmaterials.
Fotos Kapitel I und III: Edwin Mieg OHG, Pressestelle des Landes Baden-Württemberg
Fotos Angela Merkel: Frank Paul Kistner, Stuttgart
Fotos im Kapitel II: Peter Hesse, Jens Kaethner, Mathias Mieg, Jens Oellermann, Herrmann Rohde,
Jörg Stiepermann.
Grafiken: Jessica Emminger, Seiten 98, 135, 158
Originalausgabe
© 2008 humboldt
Ein Imprint der Schlüterschen Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,
Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover
www.schluetersche.de
www.humboldt.de
Autor und Verlag haben dieses Buch sorgfältig geprüft. Für eventuelle Fehler kann dennoch
keine Gewähr übernommen werden. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich
geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.
Lektorat:
Covergestaltung:
Innengestaltung:
Titelfoto:
Satz:
Druck:
Eckhard Schwettmann
DSP Zeitgeist GmbH, Ettlingen
akuSatz Andrea Kunkel, Stuttgart
Corbis
PER Medien+Marketing GmbH, Braunschweig
Grafisches Centrum Cuno GmbH & Co. KG, Calbe
Hergestellt in Deutschland.
Gedruckt auf Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft.
100-5_0001-0208.indd 4
07.08.2008 10:18:30 Uhr
Kolumne rechts: ÜS 2 (ohne Ziffer oder Sy
5
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
Von Arnd Zeigler
Kapitel I – Die wunderbare Welt des TIPP-KICK . . . . .
16
Von Katrin Höfer
1 TIPP-KICK: Eine Erfolgsgeschichte aus Deutschland . . . . .
Die ersten Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der erste Schritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der zweite Schritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der nächste Schritt – ein Generationenwechsel . . . . . . . . . .
Die Macher des Kleinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Spaß, aber auch Ernst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gute Zeiten, schlechte Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die jüngere Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
17
17
18
19
23
23
25
26
2 Rund um TIPP-KICK: Alles was das Herz begehrt . . . . . . .
Bälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Spielfiguren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Feilarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schussbein. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Bedienungsknopf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gewicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Torwart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Spielfiguren für Profis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Spielfeld. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Bauanleitung für eine Profi-Turnierplatte . . . . . . . . . . . . . .
28
29
29
30
30
31
32
32
33
35
36
37
100-5_0001-0208.indd 5
07.08.2008 10:18:30 Uhr
6
Inhalt
Bande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Netztore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Uhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Flutlicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Torwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
T-Shirts, Kappen, Sweatshirts und Taschen . . . . . . . . . . . . .
Große Bälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der Film „Aus der Tiefe des Raumes“ . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die CD „Wir spielen TIPP-KICK“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
40
41
42
43
43
44
45
46
3 Nur nicht streiten: Die TIPP-KICK-Spielregeln . . . . . . . .
Historische Regeln von 1934 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Inoffizielle Regeln in Kurzform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Offizielle TIPP-KICK-Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Regeln des Deutschen TIPP-KICK Verbandes in Kurzform . .
48
48
51
51
73
4 Spieler, Turniere und Fans: Die TIPP-KICK-Gemeinde . . .
76
5 TIPP-KICK macht schlau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
6 TIPP-KICK und Kunst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
7 TIPP-KICK als Botschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
8 85 Jahre TIPP-KICK:
Interview mit Mathias Mieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88
100-5_0001-0208.indd 6
07.08.2008 13:41:17 Uhr
Inhalt
Kapitel II – TIPP-KICK: Anekdoten,
Geschichten & Prominente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
99
Von Peter Hesse
1 Anpfiff – von Apothekenmöbeln
bis hin zum Tischflutlicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
100
2 In Hildesheim steht ein Clubhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . .
106
3 Bogenlampen und „Kickeriki“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
111
4 Rock’n’Roll und keine Experimente . . . . . . . . . . . . . . . .
114
5 Einschub: wie viel Physik steckt im Ball? . . . . . . . . . . . . .
118
6 Ein zeitloser Schlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
TIPP-KICK – Deutsche Meisterschaften . . . . . . . . . . . . . . . .
123
132
7 Rohstoff um jeden Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
134
8 Rüde Fouls und harte Knochen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
144
9 Prominente Spieler und deutsche Befindlichkeiten . . . .
151
10 Spieltechnik und noch mehr Fans . . . . . . . . . . . . . . . . . .
166
11 Einschub: TIPP-KICK medial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
171
12 Modern frisierte Gladiatoren im Brennglas der Medien
177
100-5_0001-0208.indd 7
07.08.2008 10:18:30 Uhr
8
Inhalt
13 Überleben im Haifischbecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
180
14 WM 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
182
15 Zwischen Kunst und Kopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
187
16 Epilog – Famous Last Words . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
190
Kapitel III – Adressen & Tipps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
192
192
192
193
194
194
203
204
TIPP-KICK Hersteller und Zentrale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Internationale TIPP-KICK-Vertretungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Interessante Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Verbände & Turniere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Vereine in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Vereine in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Vereine in der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
100-5_0001-0208.indd 8
07.08.2008 13:41:17 Uhr
9
100-5_0001-0208.indd 9
07.08.2008 10:18:31 Uhr
10
Vorwort
Von Arnd Zeigler
Meine bis heute anhaltende Leidenschaft für TIPP-KICK begann
schmerzhaft, irgendwann kurz nach der WM in Mexiko. Der ersten
WM in Mexiko, muss ich vielleicht ehrlicherweise dazu sagen.
Ich fand ein TIPP-KICK-Spiel in unserer Waschküche. Gehörte wohl
meinen älteren Brüdern. Es war der Karton, auf dem ein riesiger, gemalter TIPP-KICK-Spieler auf den Kopf gehauen wurde. Das Prinzip
des Spiels war deshalb auch für mich als Fünfjährigen leicht zu erfassen. Dass Problem war: in dem Karton befanden sich Spieler mit abgebrochenem Standfuß und abgeknibbeltem Druckknopf oben auf dem
Kopf. Es fehlte also der fingerfreundliche Kunststoffteil, und deshalb
musste man (bzw. ICH) beim Schießen jedes Mal auf den brutal spitzen Metallstift hauen, der übrig geblieben war, und das tat vor allem
bei Gewaltschüssen gemein weh und führte zu einem frühen Vorläufer des sogar heute noch seltenen „Zeigefingerpiercings“.
Dass sich trotz blutiger Fingerkuppen eine Leidenschaft daraus entwickelte, sagt eine Menge über die Anziehungskraft aus, die ein TIPP
KICK-Karton auf Kinder ausübt, die im Begriff sind, mit dem FußballVirus infiziert zu werden. Bald war ich süchtig nach den damals noch
gelbroten Bällen, den seinerzeit noch hellgrünen Torpfosten und den
noch geradezu rheumatisch wirkenden Torhütern, die nur nach links
oder rechts kippen konnten.
Ich war infiziert, obwohl mich meine großen Brüder jeweils vernichtend geschlagen haben, wieder und wieder, oder wie wir es damals
formuliert hätten: „ordentlich geschrubbt“. Alle Tricks halfen nicht.
Weder meine höchst illegale Methode, das Schussbein vor dem Abdrü-
100-5_0001-0208.indd 10
07.08.2008 10:18:33 Uhr
Vorwort
11
cken mit dem rechten Zeigefinger festzuhalten, um dadurch beim Loslassen Granatenbälle zu erzeugen, die das Augenlicht des
Gegenübers irreparabel zerstört hätten, wenn
alles ganz dumm gelaufen wäre.
Und auch das Herum-Manipulieren an meinem überforderten Torwart führte nur zu
hässlichen Flecken auf dem Teppich: Irgendwann, so kurz nach der WM in Deutschland
(der ersten WM in Deutschland …) entdeckte ich auf dem Plastikgehäuse des Keepers eine Öffnung, unter der „Oil“ stand,
Arnd Zeigler
woraufhin ich den armen Mann mit Gallonen von Fahrradöl flutete. Half nicht das Geringste. Gab nur Ärger mit
Mama.
TIPP-KICK also macht Spaß, auch wenn es wehtut. Die Erfolgserlebnisse machen es toll: Irgendwann gelingt Dir Dein erster Gewaltschuss
in den Knick. Dein Bruder stellt erstaunt fest, dass Dein Torwart kaum
noch zu überwinden ist, während Dir selbst gegen ihn plötzlich
Lupfertore in Serie gelingen. Und das nicht nur, weil Du Deinem Kicker
einen Gerd-Müller-Vollbart gemalt hast.
Die Verbesserungen der Spieler tun ihr übriges. Paradiesisch schön
wurde der Spielverlauf, als die Firma Mieg sich den durch einen kleinen Metallzylinder zusätzlich beschwerten Spieler-Standfuß erdachte.
Vorher dauerte das Platzieren des eigenen Spielers zur Abwehr eines
Schusses manchmal so lange wie eine halbe Folge „Flipper“, wenn alles
dumm lief. Natürlich wurde man dadurch umgehend vom großen
100-5_0001-0208.indd 11
07.08.2008 10:18:33 Uhr
12
Vorwort
Bruder an die Hand geballert, und es gab Freistoß. Ein rechtes Mistspiel
konnte es sein, unser TIPP-KICK.
Mit dem nach vorne kippenden Torwart konnte ich mich lange Zeit
ebenso wenig anfreunden wie mit dem Kicker, der über den anatomisch beunruhigend anmutenden Schlenzfuß verfügte, mit dem man
seinen Gegenspieler notfalls auch aus 2 Zentimetern Entfernung noch
überlupfen konnte. Nein, ich wollte weiterhin meinen „SeitwärtsToni“ im Tor und meinen „Klumpfuß-Müller“ im Feld! Wäre ja noch
schöner!
Würde dann aber nicht schöner. Mit meinem altertümlichen Equipment begann mein Stern zu sinken. Meine Gegner überschnippelten
mich mit ihren niederträchtigen Schlenz-Metallern, und ihr Torwart konnte – im Gegensatz zu meinem – nicht nur zur Seite klappen
und hielt deswegen den Strafraum sauber. Also ging ich mit der Zeit,
holte mir Schlenzer und topmoderne Torhüter und gewann wieder
öfter.
Ich bin kein wirklich guter Spieler. Ich habe eine ziemlich gute Schusstechnik, mit der ich waffenscheinpflichtige Böllerschüsse hinbekomme, die meine Gegner oft verblüffen. Das ist aber auch schon alles, was
ich kann. Ich bin der klassische, stark limitierte Spieler, der seine Defizite durch Freude am Spiel wettzumachen versucht.
Das Tolle ist: Es macht nichts! Ich habe TIPP-KICK nach „Mexiko 70“
trotz blutiger Fingerkuppen gemocht, ich habe TIPP-KICK nach „München 74“ trotz ständig umkippender Abwehrspieler geschätzt und nach
„Espana 82“ liebte ich dieses Spiel trotz Niederlagen in Serie gegen
Spieler, die schon diese Schlenzfüße ihr eigen nannten.
100-5_0001-0208.indd 12
07.08.2008 10:18:33 Uhr
Vorwort
13
Ich weiß nicht, was noch kommen mag: Spieler mit einem eigenen
Navigationssystem, Schussbeine mit Turbolader oder Torhüter mit Autopilot? Keine Ahnung – und es ist auch egal. Ich werde am Ball bleiben
– notfalls bis zur dritten WM in Deutschland.
Arnd Zeigler
Bremen, im August 2008
Arnd Zeigler, Jahrgang 1965, ist Autor von Fußball-Büchern, Moderator der Fußballshow „Zeiglers wunderbare
Welt des Fußballs“ im WDR-Fernsehen und Stadionsprecher bei Werder Bremen. Seine lesenswerte Kolumne über
TIPP-KICK findet sich in dem Buch „1.000 ganz legale
Fußballtricks“ (humboldt, ISBN 978-3-89994-077-6).
100-5_0001-0208.indd 13
07.08.2008 10:18:33 Uhr
14
Original-Patent von 1924
100-5_0001-0208.indd 14
07.08.2008 10:18:35 Uhr
Original-Patent von 1924
100-5_0001-0208.indd 15
15
07.08.2008 10:18:38 Uhr
I Die wunderbare Welt
des TIPP-KICK
Zusammengestellt von Katrin Höfer
100-5_0001-0208.indd 16
07.08.2008 10:18:40 Uhr
17
1 TIPP-KICK:
Eine Erfolgsgeschichte
aus Deutschland
Im Jahre 1923 sollte der junge Schwenninger Exportkaufmann Edwin Mieg die indische Verkaufsniederlassung der
Firma Junghans-Uhren übernehmen. Doch es kam alles ganz
anders. Zum Glück für alle TIPP-KICK-Fans!
Die ersten Jahre
Junghans vergab die versprochene Stelle an einen anderen Bewerber.
Anlass genug für Edwin Mieg, um von der Uhren- zur Spielwarenindustrie zu wechseln Ein berufliches Abenteuer bahnte sich an – aber
anders als gedacht.
Der erste Schritt
Edwin Mieg entwickelte eine – aus heutiger
Sicht – geniale Spielidee zur Marktreife und
verselbstständigte sich mit TIPP-KICK bereits
im Jahre 1924. Ausgestattet mit einer gewissen Portion Mut wagte Edwin Mieg den ersten Schritt zur Umsetzung der Spielidee und
trieb die Produktion dieses Spiels tatkräftig
voran.
Das Patent wurde von einem Stuttgarter Möbelfabrikanten namens Karl Mayer erworben, der das Spiel 1921 zum Patent anmeldete
100-5_0001-0208.indd 17
Edwin Mieg entwickelte die
TIPP-KICK-Idee zur Marktreife.
07.08.2008 10:18:42 Uhr
18
Die wunderbare Welt des TIPP-KICK
(Reichspatent 387569 vom 15. September 1921 für ein „Fußballbrettspiel“) Die Einzelfirma EDWIN MIEG war gegründet.
Schon mit dem Prototyp wurde wie heute gespielt: Mit einer Blechfigur, deren Fuß sich auf K(n)opfdruck bewegen ließ, galt es einen
zweifarbigen Korkwürfel in ein Tor zu schießen. Wegen der geringen
Masse des Blechspielers war dies nicht einfach. Die erste Verbesserung
erfuhren die Kicker schon sehr bald: Ab dem Jahre 1925 ließ Edwin
Mieg die Figuren aus Blei gießen.
Der zweite Schritt
Auf der Leipziger Spielwarenmesse 1926 stellte die junge Firma das
Spiel zum ersten Mal „inoffiziell“ vor. Edwin Mieg hatte nur sehr wenig Geld zur Verfügung und konnte sich keinen eigenen Stand leisten.
Er verlegte seine Aktivitäten vor die Tore der Messehalle. Auf dem
Treppenabsatz, vor dem Eingang zu den Messehallen baute er sein Spiel
auf und ließ die interessierten Besucher TIPP-KICK spielen. Viele Interessierte blieben stehen und bildeten Zuschauertrauben. Dies blieb
natürlich nicht unentdeckt, was zur Folge hatte, dass Wachleute Edwin
Mieg „vertrieben“.
Unbeeindruckt hiervon und
motiviert vom positiven Anklang seines Spiels, ging Edwin
Mieg aber zum nächsten Eingang und verkaufte so in Leipzig
seine ersten paar hundert TIPPKICK Spiele. Eine kleine klassische deutsche Erfolgsgeschichte sollte ihren Anfang nehmen.
Die erste Auslieferung des TIPP-KICKSpiels erfolgte mit einem Pferdewagen.
100-5_0001-0208.indd 18
07.08.2008 10:18:43 Uhr
Tipp-Kick: Eine Erfolgsgeschichte aus Deutschland
19
Peter und Hansjörg Mieg bei ihrer liebsten Das TIPP-KICK-Fabrikgebäude
Freizeitbeschäftigung: TIPP-KICK!
in der Hardtstraße 21 (Neubau 1938).
Der nächste Schritt –
ein Generationenwechsel
Im Jahre 1938 baute Edwin Mieg ein
eigenes Fabrikgebäude in der Hardtstraße 21 in Schwenningen am
Neckar. Die stetig wachsende Nachfrage nach TIPP-KICK Spielen ließ
diese Investition zu. Die Kicker aus
Zink konnten nun in der eigenen
Fabrik gegossen werden.
Edwin Mieg starb im Jahre 1948,
und sein Söhne Peter und Hansjörg
Mieg übernahmen die Firma. Das
Spiel blieb bis in die Fünfzigerjahre
unverändert. Im Weltmeisterschaftsjahr 1954 kam es zum großen Durchbruch von TIPP-KICK. 180 000 Spiele
wurden allein im Jahr des WMTitelgewinns in Deutschland verkauft!
100-5_0001-0208.indd 19
Peter und Hansjörg Mieg in einer
Fotomontage als TIPP-KICK-Spieler.
Die 2. Generation:
Peter Mieg
entwickelte
den
„fallenden“
Torwart.
07.08.2008 10:18:44 Uhr
20
Die wunderbare Welt des TIPP-KICK
In solchen Schachteln wurde TIPP-KICK von 1923 bis 1944 verkauft.
TIPP-KICK 1943.
Produziert im neuen Fabrikgebäude in der Hardtstraße: TIPP-KICK-Schachtel
von 1938 bis 1954.
Fußballweltmeister 1954! In solchen Schachteln wurde TIPP-KICK
von 1954 bis 1964 verkauft.
100-5_0001-0208.indd 20
07.08.2008 10:18:47 Uhr
Tipp-Kick: Eine Erfolgsgeschichte aus Deutschland
21
Modernisierter Auftritt: TIPP-KICK-Spiele von 1964 bis 1968.
„Bomber“ Gerd Müller als Werbeträger: TIPP-KICK –Spiele von 1970 bis 1980.
Ein Spaß für die ganze Familie: TIPP-KICK –Spiele von 1980 bis 1992.
Computerzeitalter und Jahrtausendwechsel:
TIPP-KICK–Spiele von 1991 bis 2001 als Spiegel der Zeit.
100-5_0001-0208.indd 21
07.08.2008 10:18:50 Uhr
22
Die wunderbare Welt des TIPP-KICK
Werbung aus dem Jahr 1950.
Zwei TIPP-KICK-Zinkfiguren von 1938.
100-5_0001-0208.indd 22
07.08.2008 10:18:54 Uhr
Tipp-Kick: Eine Erfolgsgeschichte aus Deutschland
Peter Mieg entwickelte zusammen mit
seinem engagierten Betriebsleiter Franz
Rusch den fallenden Torwart „Toni“.
Dieser Torwart – unverändert bis heute
– ist aus Kunststoff und kann auf Knopfdruck nach rechts oder links fallen.
Gerd Müller erwies sich übrigens als
echter Fan und war mit eher symbolischen 1.000 DM einverstanden.
23
„Torwart Toni“, natürlich benannt nach
Toni Turek, dem Weltmeister von 1954:
„Toni, Du bist ein Fußballgott!“.
Die Macher des Kleinen
An der Authentizität des Spiels ist nichts verändert worden, aber die
Bälle und Tore werden seit dem Jahre 1954 auch aus Kunststoff hergestellt. Größere Spielfelder und stabilere Spielpläne entstanden und
auch eine schöne Spieluhr wurde in der Uhrenstadt Schwenningen
produziert. Im Jahre 1963 bezog die
Firma Mieg ihr neues Produktionsgebäude im Industriegebiet Dickenhardt
in Schwenningen. Schon ab 1959 wurden auf eigens dafür geschaffenen Turniertischen alle zwei Jahre Deutsche
Einzelmeisterschaften ausgespielt, die
ab 1974 jährlich ausgetragen werden.
Spaß, aber auch Ernst
Mit dem Beginn der Fußball-Bundesliga (1963) wurden die Mannschaften auch als TIPP-KICK Spieler produziert (Bundesliga Top-Kicker). Im
Jahre 1967 wurde ein bis dahin unbekannter junger Fußballspieler auf
der neuen TIPP-KICK Verpackung abgebildet. Für nur 1.000 DM Honorar erhielt die Firma Mieg die Rechte am Namen und an der Abbildung
100-5_0001-0208.indd 23
07.08.2008 10:18:57 Uhr
24
Die wunderbare Welt des TIPP-KICK
BundesligaSaison 1969: Alle
Mannschaften
gab es auch als
TIPP-KICK-Figuren.
des unbekannten Spielers Gerd Müller. Rechtzeitig zur WM 1974 in
Deutschland konnten die Spiele mit TIPP-KICK Star-Kickern in den
Farben der teilnehmenden Nationalteams nachgespielt werden.
Innovationen und ständige Verbesserungen rund um das TIPP-KICK
Spiel mit seinem umfangreichen Zubehör gehören zur Tagesordnung.
So wurden im Jahre 1978 textile Netztore eingeführt, bevor vier Jahre
später der Star-Keeper – ein Torwart, der sich zusätzlich nach vorne
hechten kann – Einzug hielt. In den 80-er und 90-er Jahren kommen
bis zu fünf verschiedene Ausführungen des TIPP-KICK Spiels auf den
Markt – für jede Zielgruppe eine.
TIPP-KICK-Turnier in den Siebzigerjahren.
TIPP-KICK-Turnier in den Sechzigerjahren.
100-5_0001-0208.indd 24
07.08.2008 10:18:59 Uhr
Tipp-Kick: Eine Erfolgsgeschichte aus Deutschland
25
Gute Zeiten,
schlechte Zeiten
TIPP-KICK kann als „Fußball im
Kleinen“ bezeichnet werden. Dies
gilt auch im besonderen aus wirtschaftlicher Sicht. Immer wenn „die
Großen Probleme“ hatten, dann
spürten diese auch „die Macher des
Kleinen“.
Der Bundesligaskandal in den 70-er
Jahren führte zu einem starken
Einbruch der Verkaufszahlen und
auch das schlechte Abschneiden bei
Weltmeisterschaften wie z. B. 1978
in Argentinien („Die Schmach von
Cordoba“) oder 1994 in den USA
(Stefan Effenbergs unrühmlicher
Auftritt und Abgang) wirkten sich
negativ auf die Jahresbilanzen aus.
100-5_0001-0208.indd 25
Auslieferung mit dem damaligen
TIPP-KICK VW-Bus.
TIPP-KICK in lebensgroß, hier
im Aktuellen Sportstudio mit Thomas
Gottschalk in den Achtzigerjahren.
07.08.2008 10:19:00 Uhr
26
Die wunderbare Welt des TIPP-KICK
Die jüngere Geschichte
Ende der Neunzigerjahre entstand in der
Wirtschaft ein neuer Trend und damit
ein für die Firma neues, lukratives
Geschäftsfeld: TIPP-KICK Spiele werden
vermehrt von Firmen als Werbegeschenke eingesetzt. Dieser Trend wurde
durch die Perspektive der WM im eigenen Land 2006 noch verstärkt.
TIPP-KICK besitzt einen sehr hohen Bekanntheitsgrad in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Traditionell
wird das Spiel vor allem in diesen LänEin beliebtes Werbegeschenk
dern gespielt und verkauft. Im restlichen für Firmen: TIPP-KICK-Spiele.
Europa ist die Verbreitung des Spiels noch
ausbaufähig – auch weil es dort vereinzelt andere Fußballspiele auf
dem Markt gab, die „in“ waren. Einer der Hauptkonkurrenten von
TIPP-KICK ist das aus England stammende Spiel SUBBUTEO.
TIPP-KICK-Editionen für die 2008er-EM-Gastgeberländer Österreich und Schweiz.
100-5_0001-0208.indd 26
07.08.2008 10:19:03 Uhr
Tipp-Kick: Eine Erfolgsgeschichte aus Deutschland
27
Die englische „Classic“-Edition von TIPP-KICK.
Vermehrte Anstrengungen, um in weiteren Ländern den Vertrieb des
Spieles anzukurbeln, hat sich die Firma Mieg, die seit den 90-er Jahren
in der 3. Generation, von Mathias und Jochen Mieg, geführt wird, zum
Ziel gesetzt.
Durch das Problem der starken Nachfrageschwankungen hat die Firma
Mieg viele Produktionsprozesse, die bis zum Jahre 1998 noch im Haus
angesiedelt waren, an Zulieferer vergeben.
So wurden die Gießerei und die Kunststoffspritzerei ausgelagert. Die
Kicker werden in einer 8 km entfernten Gießerei gegossen, die Kunststoffteile liefert eine Kunststoffspritzerei, die 300 m vom Firmensitz
entfernt ist. Über 80 Prozent der Kicker und Torhüter werden in Tunesien bemalt.
Abends auf der
Berghütte das
richtige Spiel:
TIPP-KICK.
100-5_0001-0208.indd 27
07.08.2008 10:19:10 Uhr

Documentos relacionados