Komplettanbieter im Militärfahrzeug-Markt

Transcrição

Komplettanbieter im Militärfahrzeug-Markt
1/2010
Die Zeitung des Rheinmetall-Konzerns
Nanos in der Hauptrolle
Verfahren vereinfachen Auf Höhenflug
Das Stichwort Nano-Technologie ist in aller Munde. Auch bei Kolbenschmidt Pierburg spielt das
Thema zunehmend eine Rolle – vor allem dann,
wenn Oberflächeneigenschaften verändert
werden (mehr zum Thema auf „Profil“-Seite 7).
Der „Expertenkreis Kriegswaffen- und Exportkontrolle“ feiert sein 20-jähriges Bestehen; aus diesem Anlass treffen sich seine 17 Mitglieder am
11. und 12. Mai dieses Jahres in der Düsseldorfer
Konzernzentrale von Rheinmetall (siehe S. 10).
MSI-Mitarbeiter Bernd Greiner begeistert sich von Kindesbeinen an für alles,
was fliegt. Was Wunder, dass der 39-Jährige
heute ferngesteuerte Gleitflugzeuge mit
Spannweiten von bis zu 110 Zentimetern anfertigt (s. S. 16).
Rheinmetall MAN Military Vehicles GmbH gegründet
Komplettanbieter im
Militärfahrzeug-Markt
meinschaftsunternehmen einen wichtigen Beitrag zur notwendigen nationalen und europäischen Konsolidierung
bei militärischen Fahrzeugsystemen“,
sagte Eberhardt weiter.
In einem ersten Schritt ist geplant,
die Entwicklungs- und Vertriebsaktivitäten beider Unternehmen auf dem
Gebiet der militärischen Radfahrzeuge
unter dem Dach der neuen Gesellschaft zusammenzuführen, die damit
die Produkt- und Marktverantwortung
übernimmt. In einem vertraglich vereinbarten zweiten Schritt werden bis Ende
2011 auch die Produktionskapazitäten
beider Unternehmen in den Werken
Kassel (Rheinmetall) und Wien (MAN
Nutzfahrzeuge) in dem Gemeinschaftsunternehmen integriert.
In der ersten Stufe werden bei RMMV
rund 370 Mitarbeiter beschäftigt sein;
nach Abschluss des zweiten Schritts
sind es zirka 1300 Mitarbeiter, die einen erwarteten Jahresumsatz von mehr
als einer Milliarde  erwirtschaften.
(Fortsetzung auf Seite 2)
Foto: Thomas Klink
„Mit der neuen Gesellschaft werden
wir die starken Marken von MAN und
Rheinmetall und die sich ergänzenden
technologischen
Kernkompetenzen
beider Partner zu einem global operierenden Systemhaus formieren, das mit
einer Stimme bei den militärischen Kunden auftreten wird mit dem Ziel, seine
Weltmarktposition zu verbessern“, sagte Dr.-Ing. Georg Pachta-Reyhofen, Vorstandssprecher der MAN Nutzfahrzeuge AG, bei der Vertragsunterzeichnung.
RMMV vereine die Automotive-Expertise von MAN im Nutzfahrzeugbau mit
dem militärspezifischen TechnologieKnow-how von Rheinmetall.
„Das neue Unternehmen folgt dem
Trend zur gemeinsamen Beschaffung
logistischer und taktischer Militärfahrzeuge, die sich in ihren Schutz- und
Mobilitätseigenschaften auf Grund der
aktuellen Einsatzbedingungen stark
angenähert haben“, erklärte Klaus
Eberhardt, Vorsitzender des Vorstands
der Rheinmetall AG. „Zugleich leisten
MAN und Rheinmetall mit dem Ge-
Fotos: MAN/Rheinmetall
dp Düsseldorf/München/Wien/Steyr. Rheinmetall AG und MAN Nutzfahrzeuge AG gründen ein gemeinsames Unternehmen für militärisch genutzte
Radfahrzeuge. Ein entsprechender Vertrag wurde jetzt zwischen beiden
Gesellschaftern unterzeichnet. Mit dem neuen Unternehmen, das als
Rheinmetall MAN Military Vehicles GmbH (RMMV) firmieren wird, entsteht
ein bedeutender Komplettanbieter im Markt für militärische Radfahrzeuge,
der die vollständige Palette der geschützten und ungeschützten Transport-, Führungs- und Funktionsfahrzeuge für die internationalen Streitkräfte abdeckt. An der neuen Gesellschaft mit Sitz in München wird Rheinmetall mit 51 Prozent und MAN Nutzfahrzeuge mit 49 Prozent beteiligt sein.
Hochmodern: ATAG-Fertigbearbeitung für den Sportwagenhersteller Porsche.
Mit der Rheinmetall MAN Military Vehicles GmbH entsteht ein bedeutender Komplettanbieter im Markt für
militärische Radfahrzeuge, der die vollständige Palette der geschützten und ungeschützten Transport-, Führungsund Funktionsfahrzeuge für die internationalen Streitkräfte abdeckt. In der neuen Gesellschaft mit Sitz in München,
an der Rheinmetall mit 51 Prozent und MAN Nutzfahrzeuge mit 49 Prozent beteiligt sein werden, werden sich die
beiden starken Marken von MAN und Rheinmetall und die sich ergänzenden technologischen Kernkompetenzen
beider Partner zu einem global operierenden Systemhaus formieren. Unsere Fotokollage zeigt das MAN-Fahrzeugsystem HX 18.330 4x4 IAC (Integrated Armour Cabin) und den Fuchs 2 ABC-Aufklärer für VAE (s. „Profil“-Seiten 4 + 5).
dp Düsseldorf. Rheinmetall sieht
2010 gute Perspektiven für die Rückkehr zu einem organischen Wachstum
und zu einer erheblichen Steigerung
bei den Ergebnissen. Diese optimistische Prognose gab der Vorstandsvorsitzende des Düsseldorfer Konzerns,
Klaus Eberhardt, am 23. März 2010 auf
der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens.
So erwartet der Unternehmensbereich Defence für 2010 ein organisches
Wachstum von mehr als fünf Prozent
und eine weitere Verbesserung beim
Ergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern (Ebit). Für 2011 wird ebenfalls mit
einem weiter steigenden Ergebnis gerechnet. Rheinmetall Defence sieht
auch für die kommenden Jahre gute
Chancen, das Mittelfristziel einer EbitRendite von zehn Prozent zu übertreffen. Voraussetzung dafür ist, dass die
laufenden Großprojekte planmäßig
realisiert werden können und kurzfristige, massive Eingriffe in die Verteidigungsbudgets ausbleiben.
Ausgehend von Expertenprognosen,
die für das laufende und das kommende Jahr einen Anstieg der weltweiten
Automobilproduktion um rund zehn
Prozent erwarten, rechnet der Unternehmensbereich Automotive mit einer
Trendwende in der Umsatzentwicklung und sieht gute Möglichkeiten für
ein Umsatzwachstum leicht über zehn
bezogene Rendite von acht Prozent zu
erreichen.
Bei einer – gemäß den Prognosen
– stabilen Aufwärtsentwicklung der
Automobilkonjunktur erwartet Rheinmetall im Konzern einen Umsatzanstieg auf rund 3,7 Milliarden  und
eine Verbesserung des Ergebnisses
vor Zinsen und Ertragsteuern (Ebit)
Gute Perspektiven für 2010
Prozent in 2010. Auf Basis der in den
vergangenen Monaten deutlich verbesserten Werks- und Kostenstrukturen sowie der damit einhergehenden
Absenkung des Break-Even-Punktes
prognostiziert der Unternehmensbereich Automotive für das laufende
Geschäftsjahr die Rückkehr zu einem
positiven Ergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern (Ebit) und eine weitere
Ergebnisverbesserung in 2011. Mittelfristig bleibt es Ziel des Unternehmensbereichs, eine auf den Umsatz
von 15 Millionen  im Jahr 2009 auf
220 Millionen  bis 250 Millionen 
in 2010. Für 2011 wird auch im Konzern mit weiter steigenden Umsätzen
und Ergebnissen gerechnet. Die prognostizierte Entwicklung wird durch
eine Finanz- und Vermögenssituation
getragen, die insbesondere durch die
frühzeitige Refinanzierung der Mitte
2010 fälligen Anleihe und die erfolgreich durchgeführte Kapitalerhöhung
ausreichende Handlungsmöglichkeiten eröffnet (siehe auch Seite 2).
KONZERN-GLOBAL
Foto: MAN
2
Antwort auf aktuelle Bedrohungsszenarien: Die HX- und SX-Militärfahrzeuge – hier der Fahrzeugtyp MAN SX 32.440 8x8 – wurden speziell unter Berücksichtigung der Sicherheitsbedürfnisse der Truppen entwickelt.
zuvor wurde noch eine negative Nettoliquidität in Höhe von minus 205
Millionen E verzeichnet. Zu dieser Verbesserung um 249 Millionen E haben
liarden E erhöhte Rheinmetall Defence
den Auftragsbestand zum Jahresende
2009 auf 4,590 Milliarden E, was einem
Zuwachs von 39 Prozent entspricht.
Beim Ergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern (Ebit) steigerte Rheinmetall
Defence den hohen Vorjahreswert von
194 Millionen E nochmals auf 215 Millionen E im Jahr 2009. Die Ebit-Rendite
verbesserte sich in 2009 auf 11,3 Prozent nach 10,7 Prozent im Jahr zuvor.
H Rheinmetall Automotive hat die
Krise erfolgreich bewältigt. Eine verbesserte Produktions- und Kostenstruktur sowie ein um 300 Millionen E
signifikant gesenkter Break-Even-Punkt
sollen das Unternehmen, gestützt auf
eine sich allmählich erholende Automobilkonjunktur, schon 2010 wieder in
die schwarzen Zahlen zurückführen.
Foto: Michael Rennertz
Wie Vorstandschef Klaus Eberhardt
am 23. März 2010 anlässlich der Bilanzpressekonferenz in Düsseldorf
skizzierte, habe der Konzern die Krise erfolgreich gemeistert und das in
ihn gesetzte Vertrauen der Aktionäre
bestätigt: „Mit einer enormen Kraftanstrengung ist es uns gelungen, operativ sogar besser abzuschneiden als
ursprünglich prognostiziert. Wir wollen schon in diesem Jahr wieder unser
früheres Ertragsniveau erreichen. Die
starke Defence-Sparte bleibt auf einem profitablen Wachstumspfad, und
in Automotive werden wir von einem
erheblich abgesenkten Break-EvenPunkt sowie von der branchenweiten
Erholung unmittelbar profitieren.“
Der Rheinmetall-Konzern erwirtschaftete im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 3,420 Milliarden
E (Vorjahr: 3.869 Mio E), was einem
Rückgang von zwölf Prozent entspricht.
Während der Unternehmensbereich
Defence beim Umsatz weiter zulegte,
verzeichnete der Automotive-Bereich
einen deutlichen Umsatzrückgang, der
die allgemeine Entwicklung in der Automobilwirtschaft widerspiegelte. Mit
55 Prozent am Konzernumsatz übertrifft die Verteidigungssparte beim Geschäftsvolumen erstmals den Bereich
Automotive und bestimmt zunehmend
die Geschäftsentwicklung im Konzern.
zahlen. Für das Geschäftsjahr 2010 stehen in beiden Sparten
beim Umsatz und beim Ergebnis die Zeichen wieder klar auf
Wachstum: Mit einem einschneidenden Restrukturierungs­
programm hat das Unternehmen seine Automotive-Sparte
auf die veränderte Marktsituation eingestellt. Dem Bereich
Defence bieten sich Wachstumschancen dank eines hohen
Auftragsbestands und eines Produktportfolios, das auf
die Einsatzerfordernisse der Streitkräfte ausgerichtet ist.
Wie Vorstandschef Klaus Eberhardt am
23. März 2010 anlässlich der diesjährigen Bilanzpressekonferenz in Düsseldorf skizzierte, habe der Konzern
die Krise erfolgreich gemeistert und
das in ihn gesetzte Vertrauen der
­Aktionäre bestätigt: „Es ist uns gelungen, operativ sogar besser abzuschnei­
den als ursprünglich prognostiziert.“
Um die Voraussetzungen für diesen
schnellen Turn-around zu schaffen, waren einschneidende Maßnahmen zur
Kostensenkung und Kapazitätsanpassung notwendig, die bereits mit Beginn
der Automobilkrise im vierten Quartal
2008 eingeleitet wurden. Die Fixkosten
wurden im Geschäftsjahr 2009 um 72
Millionen E gesenkt. Die Zahl der Beschäftigten ging im vergangenen Jahr
um 14 Prozent auf 10111 Mitarbeiter zurück. Im Zuge bereits vereinbarter Personalmaßnahmen werden weitere 500
Rheinmetall-Konzern kehrt schon in diesem Jahr zu früherer Ertragsstärke zurück
Die Zeichen stehen auf Wachstum
Das operative Ebit vor Maßnahmen
zur Krisenbewältigung belief sich im
Konzern auf 153 Millionen E. Trotz der
erheblichen Einmalaufwendungen zur
Krisenbewältigung bei Automotive in
Höhe von 138 Millionen E weist Rheinmetall im Konzern für das Geschäftsjahr 2009 ein positives Ebit in Höhe
von 15 Millionen E aus. Der entsprechende Vorjahreswert belief sich auf
245 Millionen E.
Bei einem um neun Millionen E verschlechterten Zinsergebnis und nach
Abzug der Ertragsteuern liegt das Konzernjahresergebnis 2009 bei minus 52
Millionen E; der Vorjahreswert lag bei
plus 142 Millionen E. Nach Abzug des
auf die Anteile anderer Gesellschafter
entfallenden Gewinns von sechs Millionen E ergibt sich ein Ergebnis je
Aktie von minus 1,60 E (Vorjahr: plus
4,09 E). Das operative Ergebnis je Aktie beläuft sich auf plus 1,50 E.
Die Rheinmetall AG konnte ihre Liquidität im Geschäftsjahr 2009 erheblich
verbessern. Zum Stichtag am 31. Dezember 2009 hat das Unternehmen
eine positive Nettoliquidität von 44
Millionen E ausgewiesen; ein Jahr
vor allem operative Maßnahmen wie
die strikte Reduzierung des Working
Capitals und gesunkene Investitionsausgaben, die den operativen Free
Cash Flow von 186 Millionen E maßgeblich bestimmt haben, beigetragen;
außerdem die erfolgreich durchgeführte Kapitalerhöhung mit einem Zufluss
von 102 Millionen E.
H Mit Höchstwerten bei Umsatz, Er­
gebnis und Rentabilität sowie beim
Auftragseingang zeigt sich die Defence-Sparte erneut in exzellenter Verfassung. Der Unternehmensbereich
erreichte im Geschäftsjahr 2009 mit
einem Geschäftsvolumen von 1,898
Milliarden E eine Umsatzsteigerung
von rund fünf Prozent gegenüber dem
Vorjahreswert von 1,814 Milliarden E.
Rheinmetall Defence verzeichnete
2009 Auftragseingänge im Wert von
3,153 Milliarden E und legte damit
bei den Bestellungen um 83 Prozent
gegenüber dem Vorjahr zu, in dem der
Auftragseingang bei 1,723 Milliarden
E lag. Vor allem dank des Vertrags zur
Serienfertigung des neuen Schützenpanzers Puma mit einem Gesamtwert
für Rheinmetall von annähernd 1,3 Mil-
Mitarbeiter im Geschäftsjahr 2010 aus
dem Unternehmen ausscheiden.
Im Geschäftsjahr 2009 erreichte der
Unternehmensbereich Automotive einen Umsatz von 1,522 Milliarden E; im
Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies
einen Rückgang um 533 Millionen E
oder 26 Prozent. Der Umsatzrückgang
entspricht damit der rückläufigen Automobilproduktion in den relevanten
Märkten der Triade (Westeuropa, Nafta,
Japan). Die Umsatzrückgänge schwächten sich im Jahresverlauf über die Quartale kontinuierlich ab. Das vierte Quartal
2009 zeigte erstmals wieder ein leichtes
Umsatzwachstum gegenüber dem – allerdings auch schon krisengezeichneten
– Vergleichsquartal des Jahres 2008.
Mit einem Ergebnis vor Zinsen und
Ertragsteuern (Ebit) von minus 187
Millionen E im Berichtsjahr wurde der
Vorjahreswert von plus 61 Millionen E
deutlich unterschritten. Das Ebit enthält allerdings Einmalaufwendungen
für Maßnahmen zur Krisenbewältigung
in Höhe von 138 Millionen E. Operativ
erwirtschaftete der Unternehmensbereich Automotive ein Ebit von minus
49 Millionen E.
Rheinmetall MAN Military Vehicles GmbH gegründet
Komplettanbieter im
Militärfahrzeug-Markt
(Fortsetzung von Seite 1)
Rheinmetall zählt mit einem Jahres­
umsatz von rund 1,9 Milliarden E im
Defence-Geschäft zu den weltweit
führenden Anbietern von Systemen
und Dienstleistungen vor allem für
die Landstreitkräfte. Im Segment der
geschützten Radfahrzeuge verfügt
das Unternehmen von der unteren
Ge­wicht­klasse (5 Tonnen) bis hin zu
Fahrzeugen von mehr als 30 Tonnen
über ein breites Produktspektrum.
Zu den bekanntesten Fahrzeugen gehört der Fuchs, der mit einer Gesamtstückzahl von 1250 Einheiten bei der
Bundeswehr und in den Streitkräften
von acht weiteren Nationen im Einsatz ist. Im Jahr 2008 hat Rheinmetall
Defence die Stork PWV in den Niederlanden übernommen und zeichnet im
deutsch-niederländischen Programm
zum Bau des gepanzerten Transportfahrzeugs Boxer für die Lieferung von insgesamt 285 Einheiten verantwortlich.
Die Verantwortung für die Entwicklung und den Bau von gepanzerten
Ketten­fahrzeugen und Turmsystemen
bleibt bei der Rheinmetall Landsysteme GmbH, einer 100-prozentigen
Tochtergesellschaft der Rheinmetall
AG. Bei Kettenfahrzeugen hat Rheinmetall 2009 mit dem Großauftrag für
den neuen Schützenpanzer Puma und
dem neuen Mörserkampfsystem für
die Bundeswehr sowie mit Auslands­
bestellungen für Berge- und Pionierpanzer im Gesamtvolumen von rund
1,5 Milliarden E herausragende Auftragserfolge erzielt.
Die MAN Nutzfahrzeuge Gruppe mit
Sitz in München (Deutschland) ist das
größte Unternehmen der MAN-Gruppe
und einer der führenden internatio­
nalen Anbieter von effizienten Nutzfahrzeugen und innovativen Transportlösungen. Im Geschäftsjahr 2008
erzielte das Unternehmen mit rund
36 000 Mitarbei­tern und mehr als
96 000 verkauften Lastkraftwagen
sowie über 7200 verkauften Bussen
und Busfahrgestellen der Marken MAN
und „Neoplan“ einen Umsatz von 10,6
Milliarden E.
Die MAN Nutzfahrzeuge Öster­reich AG
mit Sitz in Steyr umfasst als österreichi­
sche Tochtergesellschaft der MAN-Nutzfahrzeuge-Gruppe die Geschäftseinheit
Leichte/Mittlere Reihe (Produktion von
Nutzfahrzeugen dieser Baureihe in
Steyr) und die Geschäftseinheit Military
Division (Ent­wicklung, Produktion und
Vertrieb von militärischen Nutzfahrzeugen mit Schwerpunkt in Wien). In den
Werken Steyr und Wien beschäftigt MAN
rund 4000 Mitarbeiter; der Umsatz im
Jahr 2008 betrug 1,89 Milliarden E.
Papperger folgt
Moog im Vorstand
dp Düsseldorf. Armin Papperger (46)
ist mit Wirkung zum 1. Januar 2010 in
den Bereichsvorstand von Rheinmetall Defence berufen worden. Er folgt
damit Detlef Moog, der zum 31. Dezember 2009 altersbedingt aus dem
Unternehmen ausgeschieden und in
den Ruhestand gewechselt ist.
Detlef Moog ist 1980 in das Unter­
nehmen eingetreten und stand von
1997 bis 2007 an der Spitze der Geschäftsführung der Rheinmetall Waffe
Munition GmbH bzw. ihrer Vorgängergesellschaft W&M GmbH, sowie seit
2006 auch der Rheinmetall Landsysteme GmbH. 1998 wurde er in den
Vorstand der Defence-Sparte Rheinmetalls berufen, wo er seit 2006 die Gesamtverantwortung für die Geschäfts-
Foto: Christoph Schuhknecht
dp Düsseldorf. Die Rheinmetall AG hat die Performance
der Defence-Sparte weiter steigern können und weist für
das Geschäftsjahr 2009, trotz der krisenbedingt hohen Belastungen im Automotive-Geschäft, ein positives Ergebnis
vor Zinsen und Ertragsteuern (Ebit) von 15 Millionen ¤ aus.
Operativ haben beide Unternehmensbereiche besser abgeschnitten als ursprünglich prognostiziert. Das Unternehmen
will seinen Aktionären eine Dividende von 0,30 ¤ pro Aktie
Defence-Vorstand Armin Papperger
bereiche Fahrzeugsysteme, Waffe und
Munition sowie Antriebe trug.
Armin Papperger gehört dem Unternehmen seit 1990 an und hat in dieser
Zeit eine Reihe von Führungspositionen wahrgenommen. Die Funktion als
Leiter des Geschäfts­bereichs Waffe
und Munition, die er 2007 übernommen hat, wird er in Personalunion
weiter ausüben. Im Rheinmetall-Defence-Bereichsvorstand übernimmt er
die Verantwortung für die Geschäftsbereiche Fahrzeugsysteme, Waffe und
Munition sowie Antriebe.
Drucktermin dieser Ausgabe: 23. April 2010
Nachdruck gestattet, Belegexemplar erbeten.
Herausgeber: Rheinmetall AG
Verantwortlich: Peter Rücker
Chefredaktion: Rolf D. Schneider
Anschrift: Redaktion „Das Profil“
Postfach 104261, 40033 Düsseldorf
[email protected]
Satz: Strack + Storch KG
Gladbacher Straße 15
40219 Düsseldorf
Druck: DAMO Digitaltechnik GmbH
Heinrich-Malina-Str. 101
47809 Krefeld
KONZERN-GLOBAL
Marzi: Der Stellenwert der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in
Deutschland muss auf zwei Ebenen
bewertet werden. Da ist zum einen die
nationale Sicht. Hier geht es darum,
mit den Systemhäusern und unter Einbeziehen der großen Zahl kleiner und
mittelständischer Unternehmen Kernfähigkeiten zu sichern, die im Sinne
unserer außen- und sicherheitspolitischen Verantwortung und Handlungsfähigkeit als Basis erforderlich sind.
Profil: Und wie sieht es auf dem internationalen Parkett aus?
Marzi: Mit Blick auf die Einordnung
im internationalen Rahmen geht es um
die Wettbewerbsfähigkeit der von meinem Verband vertretenen Industrie und
Unternehmen. Nur mit entsprechenden
Kompetenzfeldern wird es möglich
sein, Deutschland als Hochtechnologie- und damit als Wirtschaftsstandort
zu sichern.
Profil: Was muss bzw. sollte ein Verband vor diesem Hintergrund leisten?
Marzi: Der Verband muss sich in den
Feldern „Sicherheit“ und „Verteidigung“ in Politik, Administration und
nicht zuletzt auch in unserer Gesellschaft für eine positive Einstellung einsetzen. Dazu gehört das Einbringen unserer Interessen auf Bundesebene (z.B.
beim Bundesverteidigungsministerium
und beim Bundeswirtschaftsministerium) und auf der Ebene der Länder
ebenso wie im internationalen Rahmen
und bei den dazu gehörenden Institutionen wie z.B. die EU-Kommission und
die European Defence Agency (EDA).
Deshalb wollen wir national mit dem
BDI als Verband der Verbände und anderen nationalen Organisationen wie
z.B. der DWT (Deutsche Gesellschaft
für Wehrtechnik e.V.) zusammenarbeiten, international mit den dort etablierten Organisationen und Verbänden wie
z.B. der ASD (AeroSpace and Defence
Industries Association of Europe). Wir
wollen uns als Verband von Beginn an
in das Erarbeiten von Verordnungen,
Richtlinien und Gesetzen einbringen.
Profil: Was bedeutet dies konkret?
Marzi: Im Sinne eines erweiterten
Begriffes von Sicherheit, der unsere
Abhängigkeit z.B. von Rohstoffen und
sicheren Verbindungswegen berücksichtigt, wollen wir den Stellenwert
der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie für unsere Außenund Sicherheitspolitik, die Bedeutung
des Standortes Deutschland für Spitzen- und Zukunftstechnologien und
damit für qualifizierte Arbeitsplätze
in Deutschland verdeutlichen. Ebenso
wird sich der Verband für die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen für
unsere Unternehmen einsetzen.
Profil: Die bundesdeutsche Verteidigungswirtschaft war bislang innerhalb
des BDI in speziellen Organen engagiert. Was waren die Gründe, einen
eigenen Bundesverband der Sicherheits- und Verteidigungsbranche zu
gründen? Bitte skizzieren Sie kurz, wie
die sieben Gründungsmitglieder zur
ihrer Entscheidung kamen, den BDSV
ins Leben zu rufen.
Marzi: Ein Blick auf die Situation in
Europa zeigt, dass durchweg Konsolidierung in der Verbandslandschaft,
Ausrichten auf künftig relevante Themenfelder und Zusammenbringen der
Felder „Sicherheit“ und „Verteidigung“
notwendig und ohne Alternative sind.
Die Übersetzung in der Sprache der
internationalen Gemeinschaft mit „Security“ und „Defence“ macht diesen
Ansatz noch überzeugender.
Die so vom inhaltlichen Ansatz gewollte, branchenbezogene Vertretung
führt zu einer Bündelung und damit
Schärfung der Interessenvertretung.
Zudem bieten wir dem öffentlichen
Auftraggeber ebenso wie der Politik
den kompetenten Ansprechpartner.
win/rds Berlin/Düsseldorf. Zum 1. Januar dieses
Jahres nahm der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V. (BDSV) mit
Sitz in Berlin offiziell seine Arbeit auf. Der im September 2009 neu gegründete Verband, dem mittlerweile
23 namhafte Branchenunternehmen angehören, hat
sich zum Ziel gesetzt, die Zusammenarbeit mit Entscheidungsträgern in der Politik und im Militärwesen
im In- und Ausland zu intensivieren. Zu den operativen und strategischen Schwerpunkten der Arbeit gehören beispielsweise die Themenfelder „Forschung
und Technologie“, „Export“, „Level Playing Field“ und
„Mittelstandsaspekte“. Den Vorstand des Verbandes,
der auch dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) angehören wird, bilden die Firmenchefs der
sieben BDSV-Gründerunternehmen Diehl, EADS, ESG,
Lürssen, KMW, Rheinmetall Defence und ThyssenKrupp Marine Systems. Zum ersten Verbandspräsidenten wurde Friedrich Lürßen gewählt; seine Stellvertreter sind Rheinmetall-Vorstandschef Klaus Eberhardt
und Dr. Stefan Zoller, Vorstandsmitglied der EADS für
Verteidigung und Sicherheit sowie Vorsitzender der
Geschäftsführung der EADS Deutschland GmbH. –
Hauptgeschäftsführer des BDSV ist Generalleutnant
a.D. Heinz Marzi. Im Gespräch mit der „Profil“-Redaktion erläutert der gebürtige Westfale (Castrop-Rauxel)
die Bedeutung und Tragweite des neuen Verbandes
als Interessenvertretung der bundesdeutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Marzi, der
1966 als Offiziersanwärter in die Luftwaffe eintrat,
war zuletzt vom 1. April 2004 bis zum 31. März 2009
als Stellvertreter des Inspekteurs der Luftwaffe tätig.
Zu den jüngsten Stationen seiner langjährigen militärischen Karriere zählen unter anderem seine Tätigkeiten als Chef des Stabes des Luftwaffenkommandos
Nord in Kalkar (1998 – 2000) sowie als Kommandeur
der Offiziersschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck
(2000 – 2001). Im Anschluss daran koordinierte er
als Chef des Stabes im Führungsstab der Luftwaffe
des Bundesministeriums der Verteidigung in Bonn
die zukünftige Luftwaffenpolitik der Bundeswehr
(2001 – 2004), bevor er bis zum Ende seiner Bundeswehrlaufbahn im April vergangenen Jahres als zweithöchster Offizier in der deutschen Luftwaffe arbeitete.
Der 63-jährige Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik
ist verheiratet und Vater einer erwachsenen Tochter.
„Profil“-Interview mit BDSV-Geschäftsführer Heinz Marzi
„Nachhaltige Sicherung qualifizierter
Arbeitsplätze steht ganz oben an“
Profil: Was sind die strategischen
Ziele des Verbandes, dessen Platz
auch aus Sicht des Bundesverbandes
der Deutschen Industrie unter dem
Dach des BDI ist?
Profil: Sie sei dennoch an dieser Stelle
– an Ihre Adresse gerichtet – gestattet.
Marzi: Selbstverständlich. Ich will
aus meiner Sicht eine Bewertung versuchen: Rheinmetall zieht – wie alle
anderen Unternehmen auch – Bilanz,
welche Unternehmensinteressen es zu
vertreten gilt, wie man sich dazu am
zweckmäßigsten organisiert, und welche Kosten damit einhergehen. Letztlich gilt es die Rahmenbedingungen zu
schaffen, um Geld zu verdienen und die
Mitarbeiter in Lohn und Brot zu halten.
Die Antwort der Firma Rheinmetall heiß
also konsequenterweise: BDSV!
Marzi: Ich knüpfe mit meiner Antwort
an die schon vorher gemachte Aussage an: strategische Fragestellungen für
unser Land nach Konkurrenzfähigkeit
und Sicherheit des Hochtechnologie­
standortes
Deutschland,
Exportmöglichkeiten, gleiche Rahmenbedingungen im europäischen und
internationalen Kontext, genügender
Mitteleinsatz bei Forschung und Technologie und – last but not least – Vertreten der Interessen der klein- und
mittelständischen Unternehmen. Damit steht insgesamt also auch die Sicherung qualifizierter Arbeitsplätze auf
der Agenda des BDSV ganz oben an.
Profil: Was unterscheidet den BDSV
in seiner Arbeit im Vergleich zu seiner
Vorgängerorganisation
Ausschuss
Verteidigungswirtschaft (AVW)?
Marzi: Wir sollten darüber Einvernehmen haben, dass es keine Vorgängerorganisation zum BDSV gibt.
Der von Ihnen angesprochene AVW
war auch von Industrieunternehmen
projektfinanziert. Und die Gründungsmitglieder des BDSV waren einhellig
der Meinung, dass der Einsatz dieser
Mittel direkt für einen eigenständigen
Verband der effizientere Weg ist. Vor
diesem Hintergrund hat die Mitgliederversammlung des AVW am 14. Oktober 2009 beschlossen, an den BDI
die Bitte nach Übertragung aller Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Mitgliedschaften des AVW auf den BDSV
zu richten.
Profil: Wie ist der neue Verband aufgestellt?
Marzi: Der BDSV wird von seinen Mitgliedern und den darüber vertretenen,
derzeit etwa 50 Unternehmen getragen
und finanziert. Er kann diese Interessen unter aktiver Mitarbeit der Unternehmen direkt und uneingeschränkt
vertreten und deshalb ein ganz anderes Gewicht in den Arbeits- und Abstimmungsprozessen entwickeln.
Profil: Welche Vorteile kann die Defence-Branche durch einen eigenen
Bundesverband erwarten?
Marzi: Qualität, Schlagkraft, Durchsetzen der Interessen, Sichern der
Wettbewerbsfähigkeit!
Profil: Welche Bedeutung hat dies
wiederum ganz konkret für den Düsseldorfer Defence-Spezialisten Rheinmetall?
Marzi: Diese Frage müssten Sie eigentlich Ihrem Konzernchef, dem
Rheinmetall-Vorstandsvorsitzenden
Klaus Eberhard, als einem der Gründungsmitglieder und Vizepräsidenten
des BDSV stellen.
sich die übrigen, eher klein- und mittelständisch aufgestellten Unternehmen
wieder, die bisher ebenfalls dem AVW
angehörten? Werden diese Firmen nunmehr außen vor gelassen, wenn es um
die Vertretung ihrer branchenspezifischen Interessen geht?
Marzi: Eben nicht! Ein Blick auf den
momentanen Mitgliederstand und die
darüber vertretenen Unternehmen beantwortet im Kern Ihre Frage: 23 Mitglieder mit etwa 50 vertretenen Unternehmen mit einer stetig wachsenden
Zahl an klein- und mittelständischen
Unternehmen wie z.B. Autoflug, Berner
und Mattner, Abbeking & Rasmussen.
Mein Fazit: Kein Unternehmen steht
vor der Tür, wenn es dies nicht will. Im
Übrigen braucht die Branche und damit
auch der BDSV die Kompetenzen gerade auch der kleineren und mittleren
Unternehmen. Große und Kleine sind
Partner in einem Boot, also ein Team.
Profil: Der BDSV ist, wie Sie eben
skizziert haben, offen für weitere Mitglieder. Der Verband richtet sich dabei also auch an die eher klein- bzw.
mittelständisch strukturierten Unternehmen, die nicht unbedingt über die
Marktpräsenz und Marktmacht der
sieben Gründungsmitglieder verfügen.
Wird diesen Firmen innerhalb des neuen Verbandes dann lediglich eine un­
tergeordnete Rolle zukommen, wenn
man in Betracht zieht, dass die größten Firmen der deutschen Sicherheitsund Verteidigungsindustrie den BDSV
gezielt aus der Taufe gehoben haben?
Foto: Ariane Gehlert
Profil: Zunächst einmal grundsätzlich gefragt: Welchen Stellenwert
nimmt die Bundesrepublik Deutschland als Standort der wehrtechnischen
Industrie überhaupt ein, wenn es zum
Beispiel um Fragen der Attraktivität,
der technisch-technologischen Führungsrolle, der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und – last but not
least – der branchenspezifischen Arbeitsplatzsicherheit geht?
3
Führt seit Anfang dieses Jahres als
Haupt­geschäftsführer den neu gegründeten Bundesverbandes der Deutschen
Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV): Generalleutnant a. D. Heinz
Marzi, zuletzt vom 1. April 2004 bis 31.
März 2009 als Stellvertreter des Inspekteurs der deutschen Luftwaffe tätig. Im
„Profil“-Interview erläutert der 63-Jährige die operativen und strategischen
Zielsetzungen des BDSV, der die Zusammenarbeit mit Entscheidungsträgern in
der Politik und im Militärwesen im Inund Ausland gezielt intensivieren will.
Profil: Halten wir noch einmal fest: Sieben führende bundesdeutsche Wehrtechnik-Unternehmen – nämlich Diehl,
EADS, ESG, Lürssen, KMW, Rheinmetall Defence und ThyssenKrupp Marine
Systems – gründeten am 18. September 2009 den BDSV; in dieser „Gründerstruktur“ spiegeln sich kundenseitig
die drei Waffengattungen Heer, Marine
und Luftwaffe wider. Wo indes finden
Marzi: Nun, nur mit dem Voranschreiten der größeren Firmen der Branche
quasi in einer „Leitwolffunktion“ war
die Gründung des BDSV machbar. Dessen Vorstand – d.h. nach bisherigem
Stand die sieben Gründungsmitglieder
– hat entschieden, dass zur Arbeitsstruktur und -fähigkeit des BDSV ein
Ausschuss „Mittelstandsaspekte“ gehören wird. Der Leiter des Ausschusses
wird dem Vorstand direkt berichten.
Von einer untergeordneten Rolle kann
also nicht die Rede sein.
Profil: Wie wird die Zusammenarbeit
mit den Entscheidungsträgern und Organisationen in Politik und Militär zukünftig aussehen? Was macht der BDSV
anders – wo setzt er die Akzente neu?
Marzi: Die Zusammenarbeit mit dem
Bundesverteidigungsministerium und
der Bundeswehr, aber auch mit dem
Bundeswirtschaftsministerium
und
anderen Ressorts und Bereichen war
bereits gut. Gutes muss man nicht neu
erfinden. Sicherlich gibt es aber Möglichkeiten, an der einen oder anderen
Stelle noch präziser, noch direkter und
noch umfassender an die jeweiligen
Bearbeiter und Entscheidungsträger
heranzugehen.
Unser Ziel muss es sein, die Herausforderungen für unsere Branche und
zugleich den Stellenwert der Branche
für den Standort Deutschland und unsere Wirtschaftsinteressen insgesamt
an die politischen Mandatsträger heranzutragen und diese dafür zu sensibilisieren. Wir wollen so zur Schaffung
der für unsere Unternehmen erforderlichen Rahmenbedingungen beitragen.
Profil: Bleiben wir im Lande: Gibt es
bereits ganz konkrete Projekte zur Zusammenarbeit mit der Politik bzw. militärischen Entscheidungsträgern von
Bundesverteidigungsministerium und
Bundeswehr?
Marzi: Aktuell beschäftigt uns die
Umsetzung des so genannten „Defence
Package“ – zwei EU-Richtlinien zur
Verbringung wehrtechnischen Geräts
innerhalb der EU bzw. der EU-einheitlichen, transparenten und wettbewerbsorientierten Vergabe von Aufträgen im
Bereich „Verteidigung“ – in nationales
Recht. Dabei sind wir im engen Dialog
mit dem federführenden Bundeswirtschaftsministerium.
Profil: Und wenn Sie einmal über die
Landesgrenzen blicken: Was hat sich
der BDSV international auf die Fahnen
geschrieben?
Marzi: Ganz klar: eine europaweite
verbindliche und vor allem einheitliche
Offsetregelung mit dem langfristigen
Ziel der völligen Beseitigung solcher
Kompensationsforderungen
sowie
gleichen Rahmenbedingungen für den
Export.
Profil: Was bedeutet für Sie persönlich Ihre neue Aufgabe an der Spitze
des Verbandes?
Marzi: Einarbeiten in die Rahmenbedingungen und Besonderheiten
einer verbandsorientierten Welt; Einsetzen für die inhaltlich notwendigen
und zukunftsorientierten Schritte und
Entscheidungen; dabei Nutzen meiner
Kenntnisse in den Sachtthemen und in
der politischen Arbeit.
Profil: Sie gelten als hochangesehener Ex-Offizier mit breit gefächerter nationaler und internationaler Erfahrung
in politisch-militärischen und operationellen Angelegenheiten. Was sehen
Sie in Ihrer neuen Funktion als BDSVChef als größte Herausforderung?
Marzi: Zunächst einmal möchte ich
den BDSV mit meinem Team arbeitsfähig machen. Des Weiteren heißt es,
Vorurteile und Widerstände auszuräumen – z.B. die Unterstellung, wir seien
ein Verband der Großen. Ferner wollen
wir die Zusammenarbeit mit den Ressorts, mit der Bundeswehr und auch
mit der Polizei aktiv gestalten. Im Übrigen gilt es, daran mitzuwirken, den
Technologie- und Wirtschaftsstandort
Deutschland und damit Arbeitsplätze
auch für die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie zu sichern.
Profil: Sie sind jetzt rund 100 Tage
offiziell im Amt. Wie lautet Ihr Fazit der
ersten Monate als Geschäftsführer des
BDSV? Hat man schon greifbare Ergebnisse im Hinblick auf die (weiter oben)
angesprochenen Ziele des Verbandes
erreichen können?
Marzi: Wir sind ein gutes Stück vorangekommen:
H mit sieben Gründungsmitgliedern
gestartet – heute stehen wir bei 23 Mitgliedern, darüber sind etwa 50 Unternehmen durch den BDSV vertreten.
H Wir sind in der Nachfolge des BDI
Mitglied im ASD und in der DWT geworden mit dem ausdrücklichen Hinweis
von Seiten des BDI, dass dies unter
Übernahme aller Aufgaben und Verantwortlichkeiten geschieht.
H Immer mehr Personen und Institutionen begreifen uns als den kompetenten Partner in Fragen der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie.
Profil: Stichwort Ausblick: Welche
Akzente wird der BDSV bis zum Jahresende 2010 noch setzen?
Marzi: Wir wollen…
H weitere Mitglieder gewinnen;
H mit Sach- und Fachkompetenz überzeugen;
H inhaltlich die Interessen unserer Unternehmen und der gesamten Branche
deutlich machen und deren Um- und
Durchsetzung mitgestalten.
Fotos (13): MAN
BREIT GEFÄCHTERE PRODUKTPALETTE:
Durch das Joint Venture mit der MAN Nutzfahrzeuge AG (München) hat die Rheinmetall AG einen international renommierten und hoch
kompetenten Kooperationspartner im Bereich der militärischen Nutzfahrzeuge gewinnen können. Mobilität, Zuverlässigkeit, Wirtschaftlichkeit und Effizienz – das sind die Attribute, mit denen die Transport- und Funktionsfahrzeuge, produziert durch die österreichische Tochtergesellschaft MAN Nutzfahrzeuge Österreich AG (Steyr/Wien), überzeugen. Ob im Wüstensand, auf
holperigen Straßen im Gebirge oder bei extremen Temperaturen – die anpassungsfähigen, allradangetriebenen Trucks der Produktlinien „Medium Mobility Truck System“ (TG-Baureihen),
„High Mobility Truck System“ (HX-Serie) und „Extreme Mobility Truck System“ (SX-Serie) wirft so leicht nichts aus der Bahn. Die innovativen Truck-Systeme offerieren Soldaten hohe Mobilität
sowie optimalen Schutz und bestmögliche Sicherheit bei Einsätzen aller Art. Zudem spiegelt die Verschiedenartigkeit der Systemlösungen ein ausgeprägtes und kundenorientiertes Maß an
konzeptioneller Flexibilität wider und lässt keine Wünsche offen, da alle Einsatzbereiche abgedeckt werden können. So findet man, wie diese „Profil“-Doppelseite ohne Anspruch auf Vollständigkeit zeigt, von Fahrzeugen mit Tankaufsätzen (Mitte unten) über Abschlepp-Bergefahrzeuge (oben rechts) bis hin zum geschützten SX-45-„Multi“-Fahrzeugsystem (Multi = Mechanisierte Umschlag – Lagerung – Transport – Integration) zum Transport von hakenfähigen Lasten (inklusive „Multi“-fähigem Container zur Personenbeförderung) oder genormten 20ft-Lasten
(linke Seite oben Mitte) eine Vielzahl militärischer Radfahrzeuge im MAN-Programm. Geländegängigkeit und Widerstandsfähigkeit, vor allem aber Anpassungsfähigkeit zeichnen die
Systemlösungen des neuen Rheinmetall-Partners aus und dienen als fundierte Basis der zukünftigen Zusammenarbeit in der neu formierten Rheinmetall MAN Military Vehicles GmbH. sl
KONZERN-GLOBAL
6
Medienecho zur Bilanzpressekonferenz 2010 der Rheinmetall AG in Düsseldorf
„Schlussstrich unter das Krisenjahr“
den Sparten beim Umsatz und beim Ergebnis wieder klar
auf Wachstum. Diese deutlichen Signale spiegeln sich
natürlich auch in der Kommentierung namhafter Medien wider: „Rheinmetall will 2011 Vorkrisenniveau erreichen“, „Rheinmetall greift wieder an“, „Konzern zieht
Schlussstrich unter das Krisenjahr 2009“ und „Rheinmetall wagt sich aus der Deckung“ – so oder ähnlich lauteten die Headlines der Berichte, mit denen die Presse die
breite Öffentlichkeit über die unternehmerische Entwicklung des international aufgestellten Konzerns informierten, und zwar in der Rückschau ebenso wie im Ausblick.
Der Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern konzentriert sich
mehr und mehr auf sein Rüstungsgeschäft. Der Umsatz
der Sparte Defence wachse
bis zum Jahr 2015 voraussichtlich auf 4 bis 4,5 Mrd. E, sagte Vorstandschef Klaus Eberhardt.
Das wäre mehr als eine Verdoppelung gegenüber 2009. „Im vergangenen Jahr übertraf Defence mit
einem Umsatzanteil von 55 Prozent
erstmals die Sparte Automotive“,
so Eberhardt bei der Vorstellung
der Jahresergebnisse 2009. Die
Rüstungsetats sind von der Krise
!
Das vergangene Jahr war für
Rheinmetall kein einfaches. Der Bereich Automotive
(Kolbenschmidt
Pierburg,
KSPG) litt ausgerechnet im
Jubiläums­jahr (100 Jahre) un­
ter der Absatzkrise besonders stark,
während die Verteidigungssparte
die Fahne hoch hielt. Am Ende lief
es operativ dann sogar besser als
zunächst befürchtet, wozu auch ein
eingeleitetes Restrukturierungsprogramm beigetragen hatte. Trotz des
Konzernverlusts von 52 Mio. E für
2009 soll es deshalb eine Dividende
von immerhin 0,30 E/Aktie geben.
FTD
Platow-Brief
unberührt. Sämtliche Staaten geben in diesem Jahr laut Rheinmetall
1240 Mrd. E für Waffen, Panzer oder
Fluggerät aus – 10 Mrd. E mehr als
im Vorjahr. Für die nächsten Jahre
rechnen Experten trotz der hohen
Schulden der öffentlichen Haushalte mit leichten Zuwächsen. Vor allem
im Nahen Osten und Asien werden
die Verteidigungshaushalte weiter
aufgestockt, erwartet Eberhardt. In
den USA, dem mit Abstand größten
Markt der Welt, habe der Konzern
mit der Eröffnung einer Munitionsfabrik in Camden im Staat Arkansas
2009 „den Durchbruch geschafft“.
Als einer der wenigen Unternehmens­
lenker hat sich Rheinmetall-Chef
Klaus Eberhardt mit einer ersten
exakten Prognose für 2010 aus der
Deckung gewagt. Angestrebt wird
ein Umsatzanstieg auf 3,7 Mrd. E
sowie ein Ebit im Bereich von 220
Mio. bis 250 Mio. E, was jedoch unter dem akt. Konsens liegt.
Der CEO setzt 2010 auf die Trends
zur Kraftstoff- und Emissionsredu­
zierung sowie dem Downsizing von
Motoren, die zu einer Sonderkonjunktur in der Automotivesparte führen. Er ist deshalb zuversichtlich, in
diesem Segment bereits 2012 das
!
!
Umsatzniveau von vor der Krise wieder erreichen zu können (mehr als
2,2 Mrd. E). Zum Treiber werden dabei das Ausland (Anteil: 67,5%) und
speziell die Boommärkte China und
Indien. Im Reich der Mitte hat KSPG
im vergangenen Jahr einen Umsatz
von 155 Mio. E eingefahren.
Trotz der teils prekären Haushaltssituationen vieler Staaten erwartet
Eberhardt im Segment Defence auch
in den kommenden Monaten einen
ordentlichen Auftragseingang. Es
zahlt sich hier die eingeleitete Internationalisierung aus. Zwei Drittel der Defence-Umsätze werden
mit Nato-Staaten oder befreundeten
Partnern erzielt. Daneben setzt der
Vormann auf den Ausbau des USAStandbeins, das Joint Venture in den
VAE, die Kooperation mit MAN sowie
die Weiterentwicklung der zuge­
kauften südafrikanischen Denel, die
2009 den Turnaround geschafft und
bereits eine Marge von 9% eingefahren hat. Weitere Partnerschaften
und Übernahmen hat Eberhardt fest
im Blick. Die per 31. 12. 2009 er­
reichte Nettoliquidität von 44 Mio.
E verschafft dem Management ge­
nügend Spielraum für mögliche
weitere (kleinere) Zukäufe.
Grafik: Joachim Oszinda
rds Düsseldorf. Die Botschaft, die der Vorstand der
Rheinmetall AG am 23. März 2010 auf der Bilanzpressekonferenz in der Düsseldorfer Konzernzentrale verkündete, war klar und eindeutig: Das Unternehmen hat die
Performance der Defence-Sparte weiter steigern können
und weist für das Geschäftsjahr 2009 – trotz der krisenbedingt hohen Belastungen im Automotive-Geschäft
– ein positives Ergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern
(Ebit) von 15 Millionen E aus. Und auch hinsichtlich der
weiteren Entwicklung gibt man sich optimistisch: Bereits
im laufenden Geschäftsjahr stehen die Zeichen in bei-
Das Verlustjahr 2009 soll
für den Rüstungskonzern
und
­Automobilzulieferer
Rheinmetall eine Ausnahme
bleiben. „Wir wollen schon
in diesem Jahr wieder unser
früheres Ertragsniveau erreichen“,
sagte der Vorstandsvorsitzende
Klaus Eberhardt bei der Vorlage der
Bilanz in Düsseldorf. Aufgrund der
!
Klaus Eberhardt, dem Chef
des Rheinmetall-Konzerns,
geht es wie vielen Chefs börsennotierter Firmen, die in
mehr als einem Arbeitsgebiet
tätig sind. Immer dann, wenn
es in einer Sparte nicht läuft, bestürzen ihn Analysten mit der Frage, ob
es denn nicht angezeigt sei, diesen
Bereich abzugeben und sich auf ein
Handelsblatt
Die Welt
Süddeutsche Zeitung
von 15 Mio. E auf 220 Mio. E oder
im Optimalfall sogar auf 250 Mio.
E steigen. An der unter Investoren
umstrittenen Zwei-Säulen-Strategie
hält Eberhardt fest.
Bereits im Jahr 2011 werde der
Konzern besser dastehen als vor der
Krise, kündigte Eberhardt an. In der
Rüstungssparte sorgt vor allem der
Krise der Automobilbranche hatte
Rheinmetall 2009 ein Ergebnis vor
Zinsen und Steuern von lediglich 15
Mio. E und einen Nettoverlust von
52 Mio. E verzeichnet. In diesem
Jahr rechnet der Konzern mit einem
operativen Ergebnis zwischen 220
und 250 Mio. E sowie einem deutlich positiven Gewinn nach Steuern.
Feld zu konzentrieren. Wer dann
tapfer seine Strategie verteidigt und
die Vorzüge eines gemischten Portfolios preist, wird rasch als unmodern bezeichnet. Die Kapitalmärkte
bedenken die Aktien solcher Firmen
mitunter gar mit einem Kursabschlag
– zur Strafe dafür, dass sie sich dem
Zeitgeist verweigern.
Rheinmetall-Chef Klaus Eberhardt hat die Wirtschaftskrise
abgehakt. Wie der Manager
bei der Bilanzvorlage sagte,
erwartet der in Rüstung und
Autozulieferung tätige MDaxKonzern für 2010 ein Umsatzplus
von mehr als acht Prozent auf 3,7
Mrd. E. Das operative Ergebnis
vor Zinsen und Steuern (Ebit) soll
!
Der Autozulieferer und Rüstungskonzern Rheinmetall geht
davon aus, 2010 wieder ein positives Ergebnis zu erreichen,
nachdem im vergangenen Jahr
ein deutlicher Verlust zu verzeichnen war. Wachstumsimpulse sollen auch von kleinen und mittleren Firmenzukäufen kommen.
Für das laufende Geschäftsjahr stellt
Rheinmetall ein Ergebnis vor Steuern
und Zinsen (Ebit) in Höhe von 220 Mio.
bis 250 Mio. E in Aussicht. Bei einem
Zinsergebnis auf dem Niveau von 2009
und einer Steuerquote von 30% könne ein „deutlich positives Ergebnis“
erreicht werden, sagte Vorstandsvorsitzender Klaus Eberhardt bei der Bilanzvorlage in Düsseldorf, ohne eine
konkrete Zahl zu nennen.
Der Konzernumsatz soll 2010 bei 3,7
Mrd. E liegen. Für die Verteidigungssparte Defence geht Rheinmetall von
Milliardenauftrag für den Schützenpanzer Puma für Impulse. Weiteren
Schub bringt das kürzlich geschlos­
sene Joint Venture mit MAN, an dem
die Düsseldorfer die Mehrheit halten
werden . . .
Immerhin gelang es Rheinmetall,
die Liquidität stark zu erhöhen. Am
Bilanzstichtag hatte der Konzern 557
Mio. E in der Kasse. Nach Abzug von
Finanzschulden verfügt Rheinmetall
nun über ein Nettoguthaben von 44
Mio. E. Wie andere Industriekonzerne investierte Rheinmetall 2009
nur das Nötigste, fuhr die Vorräte
radikal herunter und trieb Forderungen früher ein. Obendrein spülte
eine Kapitalerhöhung 102 Mio. E in
die Kasse.
einem Umsatzwachstum von mehr als
5% und einer weiteren Verbesserung
des Ebit aus. Die Automotive-Sparte hat
gemäß Konzernausblick gute Chancen
auf ein Umsatzwachstum von knapp
über 10 % (ausgehend von einer Erholung der weltweiten Automobilmärkte)
und eine Rückkehr zu einem positiven
Ebit. Das Umsatz- und Renditeniveau
an die ausgezahlten Dividenden der
Vorjahre anknüpfen, sagte Eberhardt.
Rheinmetall plant 2010 weitere Unternehmenszukäufe, nachdem die
Düsseldorfer im Januar (2010) ein
Joint Venture für Militärfahrzeuge mit
dem Münchner Lkw-Hersteller MAN
geschlossen haben. In Frage kommen
laut Konzernchef Eberhardt nun kleine-
!
MAN soll ab 2012 einen Umsatz von 1
Mrd. E erwirtschaften. Bis dahin wird
Rheinmetall eine in zwei Raten fällige
Ausgleichszahlung an MAN leisten.
Die erste Rate werde beim noch zu erfolgenden Closing im ersten Halbjahr
gezahlt werden, die zweite nach Integ­
ration der Produktionskapazitäten der
beiden Unternehmen Ende 2011, ­sagte
Börsen-Zeitung
des Vorkrisenjahrs 2007 (4 Mrd. Erlöse
und ein Ebit von 270 Mio. E) traut sich
Rheinmetall wieder ab 2011 zu. Die für
das Geschäftsjahr 2009 vorgeschlagene Dividende von 0,30 E je Aktie
spiegelt laut Vorstand Eberhardt Kontinuität in der Gewinnausschüttung wieder. 2010 werde der Gewinnanteil aber
deutlich über diesem Wert liegen und
re und mittlere Zukäufe in der Größenordnung von 20 Mio. bis 100 Mio. E
Umsatz. Zwei bis drei Zukäufe seien in
der Verteidigungssparte schon im ersten Halbjahr möglich. Bei Automotive
blicke man in den Wachstumsmärkten
Indien und China auf Akquisitionen,
die den Marktzugang dort erleichtern.
Das Gemeinschaftsunternehmen mit
Eberhardt. Über die Höhe der Ausgleichszahlungen hätten beide Partner
Stillschweigen vereinbart, es sei jedoch ein für Rheinmetall „verdaubarer
Preis“.
Das vergangene Geschäftsjahr endete für Rheinmetall mit einem Verlust von
52 Mio. E. Dass der Fehlbetrag nicht
noch höher ausfiel, ist der ertragsstar-
Eberhardt tut gut daran, sich davon
nicht beirren zu lassen. Denn wer in
längeren Zeiträumen denkt, weiß,
dass die Rollen in einem gemischten Portfolio rasch wechseln können:
Eine Sparte, die heute in der Krise
steckt und das Ergebnis belastet,
kann morgen gesunden. Dann stützt
sie vielleicht ein anderes kriselndes
Geschäftsfeld. So war es auch bei
Rheinmetall. Ohne die Erträge der
derzeit schwachen Sparte Automotive
hätte der Konzern vor ein paar Jahren
den Umbau im Bereich Wehrtechnik
nicht so leicht finanzieren können.
Jetzt stützt die Wehrtechnik das Autogeschäft. Manche nennen das Portfoliostrategie, andere fordern schlicht:
Lege nie alle Eier in einen Korb.
ken Verteidigungssparte zu verdanken,
deren Erlöse erstmals das Automotive-Geschäft übertrafen. Defence verzeichnete 2009 Auftragseingänge in
Höhe von 3,15 Mrd. E, darunter allein
1,3 Mrd. E für die neuen BundeswehrSchützenpanzer der Marke „Puma“.
Die Automotive-Sparte wurde einem
umfassenden Sparprogramm unterzogen, das die Schließung von vier
Werken und den Abbau eines Viertels
der Belegschaft vorsah. Ein Verkauf
von Automotive kommt laut Konzernchef Eberhardt dennoch nicht in Frage.
Das ausgewogene Konzernportfolio
von Rheinmetall werde von Anlegern
geschätzt. Eberhardt erinnerte hierzu
an die Zeit nach dem Kalten Krieg: Die
so genannte „Friedensdividende“ der
neunziger Jahre sei für Rheinmetall negativ ausgefallen und habe nur durch
das damals gute Abschneiden von Automotive bezahlt werden können.
Rheinmetall Automotive setzt auf Nano-Technologie
Neckarsulm. Ein Nanometer (nm)
ist ein Millionstel Millimeter – für das
menschliche Auge nicht sichtbar, ist
dieses Maß eine fast unvorstellbar
kleine Größenordnung. Von NanoPartikeln spricht man, wenn Teilchen
zwischen einem und 100 Nanometer
groß sind. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist etwa 2000 Mal dicker
als ein Nano-Teilchen.
Wenn Winzlinge die
Hauptrolle übernehmen
Die neue Legierung besitzt im Vergleich zur KS 1295 eine um etwa 20 bis
25 Prozent höhere Festigkeit und wirkt
mit ihren besonderen Eigenschaften
einer möglichen Deformation der hochbelasteten Kolben entgegen. Außer-
spiel gelungen, Carbon Nanotubes in
den Werkstoff Aluminium einzubringen
und damit deutlich verbesserte Festigkeitseigenschaften des Materials zu
erreichen.
Langfristig könnten mit den neuen
Werkstoffen zum Beispiel leichtere
Bauteile bei gleicher Tragfähigkeit hergestellt werden – dies bringt Vorteile
in Sachen Leichtbau, einem zentralen
Thema der Automobilindustrie. Weitere Einsatzgebiete wären im Flugzeugbau oder der Medizintechnik denkbar,
die von leichteren Implantaten mit längerer Lebensdauer profitieren könnte.
Manuela Schall
KS 309 ist eine Hochleistungslegierung mit äußerst guten Gusseigenschaften.
Sie wurde unter Einsatz modernster Technologie entwickelt und enthält fein verteilte Partikel im mit dem menschlichen Auge nicht fassbaren Nanometerbereich.
Innerhalb der Nano-Größenordnung
betritt die Wissenschaft einen Grenzbereich, in dem die Oberflächeneigenschaften von Materialien verändert werden können. Nano-Materialien spielen
aktuell eine wichtige Rolle und werden
zumeist chemisch oder mittels mechanischer Methoden hergestellt. Ein
Beispiel: Die Größenordnung der Transistoren eines heute handelsüblichen
Mikroprozessors liegen im Bereich der
Nano-Technologie – hier werden Struk-
Feynman, der 1959 einen Vortrag hielt
mit dem Titel „There ist plenty of room
at the bottom“, zu deutsch: „Ganz
unten ist noch viel Platz“. Darin skizzierte er eine kühne Idee: Indem man
einzelne Atome manipuliere, ließe
sich im Prinzip jeder beliebige Stoff
herstellen.
Das Wort „nános“ kommt übrigens
aus dem Altgriechischen und bedeutet „Zwerg“. Die Vorsilbe „nano“
ist heute ähnlich beliebt wie in den
achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts das Wort „mikro“ (wie in „Mikrochip“ oder „Microsoft“) oder in
den 1990ern die Vorsilbe „e-“ wie in
e-Banking oder e-Business.
msc
Zukunftsmusik: Nanowürfel sind das Speichermedium für mit Wasserstoff betriebene Minibrennstoffzellen im Laptop oder Handy.
msc Neckarsulm. Das Thema NanoT­ echnologie spielt in der Kolbenschmidt-Pierburg-Gruppe schon seit
längerer Zeit eine Rolle. „Das Profil“
sprach darüber mit Dr. Hans-Joachim
Esch, der bereits seit 1999 innerhalb
der Firmengruppe beschäftigt ist.
Zunächst Sprecher der Geschäftsführung der Kolbenschmidt GmbH in Neckarsulm, war er von 2002 bis Ende
2009 Vorsitzender der Geschäftsführung der Pierburg GmbH in Neuss.
Seit 1. Januar dieses Jahres ist er als
Generalbevollmächtigter Forschung
und Technologie zuständig für die
Vorentwicklung und die zentrale Entwicklung; dort sind verschiedene
geschäftsbereichsübergreifende Entwicklungsfunktionen wie Simulation
oder Motorenprüfstände, aber auch
die Elektronikentwicklung, zusammengefasst. Außerdem nimmt er die
Koordination aller Entwicklungsabteilungen des Konzerns wahr.
Profil: Das Stichwort Nano-Technologie ist in aller Munde. Was sagen
Sie zu den Möglichkeiten und Grenzen dieser Technologie?
Vergleich zu den bisherigen Beschichtungen noch weiter zu reduzieren. Hier
liefert Nano-Technologie einen Beitrag
zum aktuellen Thema Kraftstoffreduzierung. Bei unseren Kunden stehen innovative Lösungen wie diese hoch im Kurs
und werden sehr gut angenommen.
Profil: Was tut sich sonst noch im
Automotive-Bereich?
Esch: Ein weiteres Beispiel gibt es
bei der KS Gleitlager GmbH. Sie liefert
in Großserie ein Stahl-Kunststoff-Verbundgleitlager, bei dem in die Kunststoffschicht Nano-Partikel eingesetzt
werden. Diese Partikel mindern den
Verschleiß, so dass dieses Lager in
geschmierten Anwendungen mit hohem Mischreibungsanteil eine exzellente Performance erreicht.
Fotos (2): Thomas Klink
den, Verfahren und Kompetenzen hat
KS Kolbenschmidt die Hochleistungslegierung KS 309 entwickelt. Sie enthält
unter anderem fein verteilte Partikel im
Nanometerbereich, die im Gegensatz
zu
Kupfer-Aluminium-Verbindungen
auch die heute in modernen hochaufgeladenen Ottomotoren durchaus üblichen Kolben-Temperaturen von über
300 Grad Celsius Grad aushalten.
dem wurden die Fließeigenschaften
des Materials so verbessert, dass es
sich hervorragend gießen lässt. Somit
können besonders dünne Wandstärken gegossen und in letzter Konsequenz neue Potenziale im Leichtbau
erschlossen werden.
Auch in Zukunft werden neue Verbundwerkstoffe mit Nano-Teilchen
den Ton angeben: Leichter sollen sie
sein, besser gedämpft und weniger
Reibung sowie eine verbesserte Wärmeleitung aufweisen. Das Forschungsprojekt „CaNaMAT“ – dahinter verbirgt
sich der Begriff „Carbon Nanotubes in
Magnesium, Aluminium und Titan“ –
hat die Entwicklung neuer Werkstoffe
zum Ziel. Es wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) über den Projektträger Jülich
gefördert und vereint seit 1. Februar
2008 verschiedene Projektpartner wie
zum Beispiel die Fraunhofer Gesellschaft oder die Audi AG.
Unter der Federführung der KS Kolbenschmidt GmbH entwickeln diese
Partner gemeinsam neue Verbundwerkstoffe aus Leichtmetallen und
Carbon Nanotubes. Letztere sind röhrenförmige Gebilde aus Kohlenstoff,
die sich ihrer Größe nach im Nanobereich befinden und etliche Vorteile mit
sich bringen. In Legierungen eingefügt
bewirken sie Gewichtsreduzierungen,
mindern Reibungsverluste und sorgen
für eine verbesserte Wärmeleitung.
Zweck des gemeinschaftlichen Forschungsvorhabens ist zunächst, geeignete Verbundwerkstoffe aus Leichtmetallen und Carbon Nanotubes zu
entwickeln, die mit gängigen mechanischen Bearbeitungsverfahren wie
Fräsen, Drehen oder Bohren bearbeitet
werden können. Gleichzeitig sollen diese Werkstoffe die bereits genannten
verbesserten Eigenschaften aufweisen. Gegen Ende des Projekts ist das
Ziel, aus den besten Kompositen Muster aus verschiedenen Anwendungsbereichen anzufertigen. Erste Ergebnisse
liegen bereits vor: So ist es zum Bei-
„Ganz unten ist
noch viel Platz“
Foto: BASF
Neckarsulm. Das Stichwort NanoTechnologie ist in aller Munde. Zu den
beliebtesten Produkten mit den winzigen Teilchen zählen Pigmente und andere Zusatzstoffe für Lacke und Kunststoffe, wie beispielsweise Kieselsäuren
oder Ruß. Was kaum jemand weiß: Sie
sind zum Teil schon seit über vierzig
Jahren auf dem Markt und wurden oft
erst in jüngster Zeit mit der Vorsilbe
„Nano“ versehen. Auch die KS Kolbenschmidt GmbH nutzt seit einiger Zeit
gezielt die Vorteile von Nano-Partikeln:
Die Winzlinge spielen die Hauptrolle in
Schaftbeschichtungen, Legierungen
und werden in Forschungsprojekten
stetig weiterentwickelt.
„Nanofriks“ ist, wie der Name schon
sagt, eine Kolbenschaftbeschichtung
mit Nanoteilchen. Sie wurde erstmalig
auf der Internationalen Automobilausstellung 2007 vorgestellt und wird seit
2008 bei einem großen europäischen
Kunden in Serie eingesetzt. Seitdem
folgten weitere Serienprojekte in Europa, Nordamerika und Japan. Die spezielle Laufschicht der Nanofriks-Kolben
besteht unter anderem aus Kohlenstofffasern im Mikrometerbereich sowie
Partikeln im Nanometerbereich. Sie verbessern die Verschleiß- und Reibungseigenschaften bei hochbelasteten Kolben
und tragen damit zur Verbrauchs- und
Schadstoffreduzierung bei.
Mittlerweile bestätigten motorische Reibleistungsuntersuchungen,
dass die Nano-Schaftbeschichtung
im Vergleich zu bestehenden Kolbenbeschichtungen bis zu zehn Prozent
weniger Reibung und bis zu fünfzig
Prozent weniger Verschleiß aufweist.
Zum Einsatz kommt die innovative
Beschichtung unter anderem auch im
Leichtbaukolben „Liteks2“, der seit
seiner Einführung vor zwei Jahren die
Hauptrolle in allen aktuellen globalen
Otto-Serienprojekten der KS Kolbenschmidt GmbH spielt.
Auch auf der Werkstoffseite haben
Nano-Partikel Einzug gehalten: Unter
Einsatz aller heute verfügbaren Metho-
turen von 32 nm Breite erreicht. Weitere nano-technologische Produkte sind
beispielsweise Pigmente und Zusatzstoffe für Lacke und Kunststoffe.
Seit einiger Zeit gibt es auch Kleidungsstücke, die einen Nano-Verbund aufweisen und damit schmutzabweisend wirken. Dies beruht
darauf, dass die Schmutzteilchen auf
den winzigen Nano-Elementen nicht
anhaften können. Weitere typische
Einsatzgebiete der Nano-Technologie
sind unter anderem die Beschichtung
von Oberflächen mit Nano-Partikeln
oder medizinische Anwendungen wie
die Herstellung von zahnärztlichen
Füllungsmaterialien. Auch der Lotuseffekt, der selbstreinigende Oberflächen ermöglicht, beruht auf der Verwendung von Nano-Partikeln.
Als Vater der Nano-Technologie gilt
der amerikanische Physiker Richard
Dr. Hans-Joachim Esch: Immer dann,
wenn Oberflächeneigenschaften beeinflusst werden sollen, ist es denkbar, Nano-Technologie einzusetzen.
Profil: Und wie sieht die Zukunft
aus? Wo sehen Sie persönlich künftige mögliche Einsatzgebiete von Nano-Partikeln?
Esch: Die oben genannten Beispiele
sind sicherlich nur ein Anfang. Immer
dann, wenn Oberflächeneigenschaften beeinflusst werden sollen – bei-
Interview mit F&T-Experte Dr. Hans-Joachim Esch von Kolbenschmidt Pierburg
Oberflächeneigenschaft im Visier
Esch: Wie Sie sagen: Der Begriff
Nano-Technologie ist in den vergangenen Jahren sehr populär geworden.
Ohne auf die naturwissenschaftlichen
Details eingehen zu wollen, beschäftigt sich diese Technologie mit sehr
kleinen Strukturen (1 Nanometer entspricht einem Millionstel Millimeter).
Profil: Populär geworden ...
Esch: ...ist Nano-Technologie vor
allem mit Produkten, deren Oberflächeneigenschaften gezielt verändert
wurden. Der so genannte Lotusblüteneffekt ist so eine typische Anwendung
mit Nano-Partikeln, die bewirkt, dass
Wasser an den entsprechend behan-
delten Oberflächen nicht anhaftet und
abtropft oder Schmutzpartikel sich
nicht an der Oberfläche halten können. Die Möglichkeit der Veränderung
von Oberflächeneigenschaften spielt
natürlich auch für einige unserer Produkte eine wichtige Rolle.
Profil: Können Sie hier ein paar Beispiele nennen?
Esch: Der Geschäftsbereich KS Kolbenschmidt hat in den zurückliegenden Jahren eine neuartige Kolbenschaftbeschichtung entwickelt, die auf
Nano-Technologie beruht. Sie ermöglicht es, die Reibungsverluste zwischen
Kolbenschaft und Zylinderlaufbahn im
spielsweise um Reibung zu vermindern
oder das Anhaften von Flüssigkeiten
und Feststoffen zu reduzieren – ist es
denkbar, Nano-Technologie einzusetzen. Wie an der momentanen öffentlichen Diskussion unschwer zu sehen
ist, birgt diese Technologie natürlich
auch Risiken, die wir sehr genau im
Auge behalten. Bestimmte Carbon
Nanotubes (CNTs) könnten sich beispielsweise negativ auf den menschlichen Metabolismus auswirken. Aus
diesem Grund prüfen wir die Risiken
der Nano-Technologie genau und setzen potenziell gesundheitsschädliche
Nano-Partikel erst gar nicht ein.
Rheinmetall Defence zeigte den Besuchern des Symposiums „Heereslogistik der Zukunft“ auf dem Stand in Halle 20 ein breites Spektrum von Fahrzeugen und Technologien, das von fachkundigem Personal erläutert wurde. Im Zentrum des Auftritts stand das Konzept „Embedded Logistics“, das unter Federführung des Defence-Geschäftsbereiches Fahrzeugsysteme mit den Partnern ESG und IBM präsentiert wurde.
Aachen/Düsseldorf. Nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt hatte Oberst Walter Ohm, der General der Heereslogistiktruppen und Kommandeur der Technischen Schule Landsysteme und Fachschule des Heeres für Technik (TSL/
FSHT) zahlreiche Führungskräfte der Logistik für Landstreitkräfte, Vertreter des Rüstungsbereichs und des Bundesamtes
für Wehrtechnik und Beschaffung sowie die Industrie zum Symposium „Heereslogistik der Zukunft“ an der in Aachen
ansässigen Facheinrichtung der Bundeswehr eingeladen. Wesentliche Aufgabe der konzeptionellen Arbeit in Heeresamt,
Streitkräfteunterstützungskommando und im Bereich Weiterentwicklung der TSL/FSHT und nicht zuletzt im Bundesministerium der Verteidigung ist es, die Erfahrungen aus dem Einsatz in Verfahren, Handlungsabläufe und Geräte umzusetzen. Die Redner des Symposiums, an ihrer Spitze der Stellvertreter des Inspekteurs des Heeres, Generalleutnant Günter
Weiler, beschrieben den Sachstand und die Leitlinien des Heeres, Herausforderungen an die Logistik im Einsatz sowie
konzeptionelle Ansätze der (Heeres-)Logistik aus verschiedener nationaler und internationaler Sicht. Vertreter der Truppe und der Industrie referierten am zweiten Tag der Veranstaltung über Life-Cycle-Management, Ausstattung der Heereslogistiktruppe der Zukunft und moderne Wege der Materialerhaltung. Einen Eindruck von den technischen Möglichkeiten
zeitgemäßer Logistik erhielten die Symposiumsteilnehmer durch die Life-Vorführung von Gefechtsschadensinstandsetzung mit leistungsfähigem Werkzeug und der Nutzung moderner Kommunikationsmittel der Telemaintenance. In der
begleitenden Ausstellung präsentierten fast vierzig große und kleine Aussteller ihre Produkte rund um die Logistik.
Rheinmetall Defence zeigte den Besuchern auf dem Stand in Halle 20
ein breites Spektrum von Fahrzeugen
und Technologien, das von fachkundigem Personal dem interessierten
Publikum erläutert wurde. Im Zentrum
des Rheinmetall-Auftritts stand das
Konzept „Embedded Logistics“ (EmLo
– siehe auch „Das Profil“ 1/2009),
das unter Federführung der Rheinmetall Landsysteme GmbH (DefenceGeschäftsbereich Fahrzeugsysteme)
in Kiel mit den Partnern ESG und IBM
präsentiert wurde.
Mit einem im Fahrzeug- oder Waffensystem integrierten EmLo-Rechner
werden wichtige Betriebs- und Umweltdaten erfasst und für die Nutzer aufbereitet, wie Stefan Gaide (Bereichsleiter
Service) in seinem Vortrag vor dem
Plenum des Symposiums erläuterte.
Variante für den Sanitätsdienst wurde
mit zusätzlicher Sensorik und einem
EmLo-Rechner zur Betriebsdatenerfassung ausgestattet. Das Fahrzeug wird
in 2010 in Afghanistan im Einsatz erprobt. Mit dieser Ausstattung können
zum einen Nutzungsprofile im operativen Einsatz erfasst und zum anderen
die Anbindung an SASPF erprobt werden.
H Bereits kurz nach seinem Rollout
war auf dem Symposium in Aachen
auch ein Boxer in der niederländischen
Sanitätsvariante ausgestellt, bei dem
ein EmLo-Rechner die vom CAN-BusSystem zur Vefügung gestellten Betriebsdaten analysiert und verarbeitet.
Neben der Speicherung wurden die Daten über flexible und dynamische Vernetzung (zusammen mit dem Partner
IBM) an das bereits erwähnte Life­c ycle
Stefan vom Stein, verantwortlich für
die systemspezifische Softwareentwicklung, führte durch die Lageentwicklung, die mit der EmLo-gestützten
qualifizierten Schadensmeldung durch
die Besatzung an den Systeminstandsetzungsfeldwebel begann. Schnell
war der Fehler in der Hydraulik des
Räumschilds gefunden, der zum Ausfall des Bergepanzers führte. Der Instandsetzer fand – EmLo-basiert – die
vor Ort realisierbare Behelfslösung, mit
der das Fahrzeug wieder bedingt einsatzbereit wurde. Das Räumschild wurde im Notbetrieb in Fahrstellung gehoben; und noch bevor sich das Fahrzeug
in Marsch setzen konnte, erfolgte die
Meldung an die Einsatzzentrale. Dort
wurde das für eine vorschriftsgerechte
Instandsetzung erforderliche Ersatzteil aus einem OSP-Container (OSP =
Fotos(13): Kornelia Danetzki
„Netzwerkbasiert“ ist
das Gebot der Zukunft
Dazu werden die von der Fahrzeugelektronik bereitgestellten Daten genutzt,
gegebenenfalls ergänzt durch Daten,
die von zusätzlichen Messwertgebern erzeugt werden. Je nach Bedarf
des Kunden können die aufbereiteten
Daten dem Nutzer auf Fahrzeug-, Einheits- bzw. Verbands­ebene oder auch
in zentralen Stellen (z.B. der Nutzungsleitung) übermittelt werden.
Die Informationen werden in der elekt­
ronischen Fahrzeugakte strukturiert
abgelegt. Damit ist eine standardisierte Basis für die Planung und Durchführung der vorbereitenden Materialerhaltung geschaffen, die gleichzeitig als
Unterstützung für die Störungsbehebung im Einsatz (Gefechtsschadensinstandsetzung = GSI) genutzt werden
kann. Über Datenverbindungen können
im Rahmen von Telemaintenance über
das Bundeswehr-Helpdesk oder Firmenportale wie das LifeCycle Support
Portal von Rheinmetall Landsysteme
fallbezogen detaillierte Informationen
abgerufen werden, die die Arbeit des
Instandsetzers der Zukunft wirkungsvoll unterstützen können.
Basis der EmLo-Demonstration waren drei Fahrzeuge aus dem Rheinmetall-Systemportfolio, deren unterschiedliche Ausbaustufen von
„EmLo“-Projektleiter Jürgen Besuch
erläutert wurden:
H Ein leichtgepanzertes, luftverladbares Kettenfahrzeug Bv206S in der
Support Portal geliefert. Beispielhaft
wurden Analysemöglichkeiten im
Rahmen des Flottenmanagements zur
Einsatz- und Instandsetzungsplanung
gezeigt.
H Am weitesten fortgeschritten war
die gemeinsam mit der Firma ESG entwickelte EmLo-Applikation beim Technologieträger Bergepanzer 3 Büffel.
Neben dem EmLo-Rechner – dem
Grundelement zur Datenerfasssung,
-speicherung und -aufbereitung – waren Schnittstellen für die Besatzung
und den Instandsetzer der Zukunft
(Defence-Geschäftsbereich Verteidigungelektronik – „Das Profil“ 5/2007)
vorhanden. Des Weiteren gab es
Schnittstellen für das SAP-System
der RLS und das SAP-System der Bundeswehr (SASPF), das auf der durch
die Firma SAP beigestellte Mobile Defence Solution realisiert wurde, sowie
zum
Führungsinformationssystem
„Iniochos“ (Geschäftsbereich Verteidigungselektronik – „Das Profil“
4/2009).
Damit diente der EmLo-Bergepanzer
zur Demonstration der Vorteile von
EmLo und der Einbindung des Instandsetzers der Zukunft, die während der
Ausstellungstage mehrfach vor zahlreichem Publikum (Soldaten, militärische Beschaffer aus mehreren Nationen sowie Vertreter des Wettwerbs) in
Form einer Live-Vorführung präsentiert
wurden.
Operational support package; Servicecontainer der RLS) bereitgestellt.
Nach einem Zeitsprung hatte der
Bergepanzer seinen Stützpunkt wieder erreicht, und das Ergebnis der
Arbeiten nach der Benutzung war im
System verfügbar. Damit konnte im
Führungssystem neben der Tagesbilanz eine Reichweitenprognose für
die weitere Einsatzplanung erstellt
werden. In der Instandsetzungseinrichtung wurde das defekte Bauteil
ausgetauscht, im Bestand umgebucht und in der Bauzustandsübersicht festgehalten. Für die Einsatzführung wechselte die Verfügbarkeit des
Bergepanzers wieder auf grün. EmLo
hatte sich als Basis für die optimale
Unterstützung im Einsatz, von der
Fehlermeldung bis zur vollständigen
Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft des Geräts, erwiesen.
Neben den EmLo-Fahrzeugen waren
in Aachen zudem die im Einsatz bewährten Fachzeugsysteme Yak in der
Feldjägervariante und der Fuchs 1 A8,
das gegenwärtig am besten gegen Minen und IED geschützte 6x6 Radfahrzeug im Einsatz bei der Bundeswehr,
sowie der gemeinsam mit der RUAG
Land Systems (Thun) entwickelte Pionierpanzer „Kodiak“ auf Basis des
Kampfpanzers Leopard 2, der kurz vor
der Auslieferung an den Schweizer
Kunden steht, zu sehen.
Gerhard Heiming
Fotos (5):Thomas Klink
Fertigungszentrum Unterlüß (FZU) – unter diesem Label bietet
der Rheinmetall-Geschäftsbereich Waffe und Munition im niedersächsischen Unterlüß Kunden innerhalb und außerhalb
des Düsseldorfer Konzerns ein hochmodern ausgestattetes
Kompetenzzentrum für mechanische Fertigung. Qualifizierte
Expertenteams, modernste Werkzeugtechnologie, präzise
Bearbeitungsmethoden und ein ausgeprägtes Qualitätsmanagement gehören dabei zu den Benefits, die den Kundennutzen charakterisieren. Werkleiter Karsten Lunkeit
von der Rheinmetall Waffe Munition GmbH beschreibt es
im Detail: „Der Auftraggeber liefert uns heute ein 3-D-Volumenmodell und erhält innerhalb kürzester Zeit ein fertiges Werkstück. Selbstverständlich bieten wir technische
Unterstützung in vielfältigster Form, z.B. auch in der Erstellung des erwähnten Volumenmodells. Hervorheben möchte ich die 5-Achsenbearbeitung im Bereich Fräsen und DrehFräsen. Hier sind wir technisch bestens aufgestellt mit allen
Vorteilen für unsere Kunden: Qualität, Maßhaltigkeit und
Komplexität des Werkstückes.“ In der kommenden Ausgabe
der Rheinmetall-Konzernzeitung „Das Profil“ wird das FZU-Team
und dessen Leistungsportfolio ausführlich vorgestellt.
rds
KONZERN-GLOBAL
10
Profil: Was macht der
Expertenkreis genau?
Schuur: Der Expertenkreis
dient
nicht nur den insgesamt 14 Mitgliedsunternehmen, sondern vielmehr der
gesamten wehrtechnischen Branche in
Deutschland. Bei unserer Arbeit geht
es vor allem um die gegenseitige Hilfe
und Unterstützung im Tagesgeschäft:
Während unserer zweimal jährlich
stattfindenden Treffen sprechen wir vor
allem über Lösungen von Rechts- und
Verfahrensfragen, die sich im Zusammenhang mit dem Kriegswaffenkontrollgesetz und dem Außenwirtschaftsgesetz ergeben. Ein sehr wichtiges
Thema ist dabei die Vereinfachung von
Verwaltungsverfahren, zum Beispiel
beim Transport wehrtechnischer Güter
innerhalb Deutschlands.
Profil: Wer gehört dem Forum an?
Schuur: Insgesamt zählen wir 17
Mitglieder. Dazu gehören Unternehmen aus dem Rheinmetall-Konzern
mit seinen Geschäftsbereichen Fahrzeugsysteme (Rheinmetall Landsysteme GmbH), Waffe und Munition
(Rheinmetall Waffe Munition GmbH),
Verteidigungselektronik und Simulation/Ausbildung (beide Rheinmetall Defence Electronics GmbH) sowie
Flugabwehr (Rheinmetall Air Defence
AG). Hinzu kommen die Firmen Diehl,
Krauss-Maffei Wegmann, MTU Aero
Engines und EADS mit ihren Tochtergesellschaften Eurocopter und MBDA/
LFK-Lenkflugkörper sowie mittelständi-
ist die Vereinfachung von Verwaltungsverfahren, und zwar im beiderseitigen
Interesse, ohne dabei die Sicherheitsstandards oder das Kontrollniveau zu
senken.
Profil: Mit welchen Problemstellungen befassen Sie sich derzeit konkret?
Schuur: Ich will Sie nicht mit Fachvokabeln langweilen, aber momentan befassen wir uns beispielsweise mit den
US-Exportgesetzen und mit „Atlas Ausfuhr“ (Automatisiertes Tarif- und Lokales Zoll-Abwicklungs-System), dem
neuen DV-gestützten Abwicklungsverfahren des Zolls. Allerdings gibt es bei
uns auch Themen, die seit Jahren auf
der Agenda stehen.
Profil: Was denn zum Beispiel?
Schuur: Das sind vor allem grundsätzliche Abwicklungsfragen zum
Umgang mit Kriegswaffen. Auch weil
nahezu jedes Jahr ein Unternehmen
hinzugekommen ist, haben wir bestimmte elementare Fragestellungen
wiederholt behandelt.
Profil: Welchen Vorteil hat der Expertenkreis speziell für kleine und mittelständische Unternehmen?
Schuur: Gleichberechtigung und Austausch! Der Expertenkreis ist keine Vereinigung, bei der kleine und mittelständische Firmen nur Beisitzer sind und alles
abnicken. Wie schon gesagt: Wir besprechen Themen zunächst aus (übergeordneter) Branchensicht und erst dann als
(individuelle) Unternehmen. Von daher
ist es sehr gut, wenn wir unterschiedliche unternehmerische Sichtweisen auf
ein und dasselbe Thema haben.
Composing: Kristina Frei – Foto: Ariane Gehlert
win/rds Düsseldorf. Der „Expertenkreis Kriegswaffen- und Exportkontrolle“
(KWKG/AWG) feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass
treffen sich seine 17 Mitglieder – 14 wehrtechnische Unternehmen, das Bundesverteidigungsministeriums (BMVg), das Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie (BMWi) sowie das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
(BAFA) – am 11. und 12. Mai dieses Jahres in der Düsseldorfer Konzernzentrale
von Rheinmetall, einer der „Väter“ der mittlerweile bundesweit aufgestellten Initiative. In seinen Anfängen eher informell konstituiert, hat sich der Expertenkreis
inzwischen zu einer anerkannten Institution etabliert. Er unterstützt die Vertreter der Wirtschaft sowie die involvierten Ministerien und Ämter bei der Klärung
branchenspezifischer Fragen. „Das Profil“ sprach mit Diplom-Volkswirt Hermann
Schuur, Leiter der Abteilung für Kriegswaffen und Exportkontrolle bei Rheinmetall
Defence. Der 64-Jährige arbeitet seit 1970 im Unternehmen, gehört zu den Initiatoren des Expertenkreises und ist ein profunder Kenner der komplexen Materie.
Die richtige Mischung macht’s: Der unter anderem von Rheinmetall-Fachleuten konstituierte „Expertenkreis Kriegswaffenund Exportkontrolle“ – ein fachkundiges Forum, dessen einzelne Teile sich zu einem kompetenten Mosaik zusammenfügen.
gen haben den Arbeitskreis in den ersten Jahren entscheidend geprägt.
Profil: Was noch?
Schuur: Als eine der greifbarsten
Änderungen konnten wir die Erlaubnis von Dauergenehmigungen zum
Versand von Kriegswaffen innerhalb
Deutschlands erwirken, die heute allen
Beteiligten – Unternehmen wie Behörden – sehr viel Arbeit erspart. Früher
mussten wir für jeden Transport eigens
eine Genehmigung beantragen.
Treffen besprechen können. Heute profitieren wir ganz besonders vom direkten Gedankenaustausch und von der
unmittelbar möglichen Fachexpertise
der Behördenvertreter: Selbst schwierigere Fragestellungen lassen sich in der
Praxis „face to face“ zügig klären.
Profil: Inzwischen ist der Expertenkreis eine feste Brancheninstitution
geworden. Was würden Sie als wichtigste Meilensteine seiner 20-jährigen
Geschichte bezeichnen?
glieder in unserem Kreis aufzunehmen.
Allerdings denke ich, dass sich bereits
die wichtigsten Rüstungsfirmen innerhalb dieses Forums befinden.
Profil: Können Sie sich vorstellen,
auch Mitglieder bei sich aufzunehmen,
die Dual-Use-Produkte herstellen?
Schuur: Grundsätzlich gesehen,
spricht nichts dagegen. Allerdings
sind die Hersteller von Dual-UseProdukten viel besser in ihren Fachverbänden aufgehoben als in einem
Interview mit Hermann Schuur zum Expertenkreis Kriegswaffen- und Exportkontrolle
Im Zentrum unserer Arbeit steht die
Vereinfachung von Verwaltungsverfahren
sche Unternehmen wie Heckler & Koch,
Dynamit Nobel Defence und Junghans
Microtec. Seit Ende der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts zählen zudem
Vertreter von BMVg, BMWi und BAFA zu
unseren Mitgliedern.
Profil: Ein Arbeitskreis, bestehend
aus den Vertretern der wehrtechnischen Industrie und der Behörden, der
sich regelmäßig trifft, um über Rechtsfragen zu diskutieren – ist das nicht
ein eher ungewöhnliches Konstrukt?
Schuur: Ganz im Gegenteil: Hinter
diesem Gremium steht keinesfalls die
Absicht, Gesetze in irgendeiner Weise
zu umgehen oder gar auszuhebeln.
Im Vordergrund unserer Arbeit stehen
der Austausch und die wechselseitige
Beratung. Ein weiteres wichtiges Ziel
Profil: Können Sie Beispiele für Projekte bzw. Maßnahmen geben, mit denen
sich der Arbeitskreis im Laufe seines
Bestehens erfolgreich beschäftigt hat?
akn Neckarsulm/Thionville. Um innerhalb des KS-Produktionssystems
die stete Leistung der Mitarbeiter für
hervorragende Optimierungsprojekte
zu honorieren, hat der Geschäftsbereich KS Kolbenschmidt den „Best
Project Award“ ins Leben gerufen. Das
Kolbenschmidt-Werk mit dem besten
Optimierungsprojekt erhält zukünftig
die jährliche Auszeichnung.
Das bei KS Kolbenschmidt in allen
Werken etablierte KS-Produktionssystem beruht im Wesentlichen auf
drei Säulen: Six Sigma, Lean und Total
Productive Management (TPM). Ziel
des Produktionssystems ist, durch
kontinuierliche qualitative und quantitative Verbesserungen dem steigenden Wettbewerb standhalten zu können und sich bestmöglich am Markt
Schuur: In erster Linie hat er das Vertrauen in unsere Branche und deren
Renommee nachhaltig gestärkt. Als
Beispiel sei der mehr als 600 Seiten umfassende Kommentar zum Kriegswaffenkontrollgesetz unseres Mitglieds Dr.
Klaus Pottmeyer (Rechtsanwalt; Zentrale Rechtsabteilung der Rheinmetall AG)
genannt, der das Thema „Kriegswaffen- und Exportkontrolle innerhalb der
Unternehmen der Rheinmetall-Gruppe“
juristisch begleitet und koordiniert. Dieser Kommentar gehört heute zur Standardliteratur auf diesem Themenfeld.
Viele dort behandelte Problemstellun-
Profil: Vertreter der Bundesministerien für Verteidigung und für Wirtschaft
sowie des Bundesamtes für Wirtschaft
und Ausfuhrkontrolle zählen zu den
Mitgliedern. Seit wann und wie kam es
dazu?
Schuur: Es hat sich schnell herumgesprochen, dass sich in der Industrie ein
derartiger Expertenkreis gebildet hat.
Dass Behördenvertreter mit uns seit
nunmehr über zehn Jahren an einem
Tisch sitzen, ist der beste Beweis dafür,
dass man unsere Arbeit ernst nimmt.
Profil: Wie hat deren Beitritt den Expertenkreis beeinflusst?
Schuur: Die Arbeit ist wesentlich effizienter geworden. Früher haben wir Fragen an die Ämter ausarbeiten müssen
und deren Antwort erst beim nächsten
Schuur: Wir haben definitiv eine Sensibilisierung für dieses Rechtsthema in
den Unternehmen bewirken können.
Der Arbeitskreis hat sich intensiv damit
beschäftigt, wie die verschiedenen Unternehmen das Thema Exportkontrolle
in der Praxis umgesetzt haben und, wie
es kontinuierlich verbessert werden
kann. Das Ergebnis dieser Aktivitäten
spiegelt sich unter anderem in den
geschaffenen Organisations- und Prozessanweisungen,
Mitarbeiterschulungen sowie den elektronischen Lernprogrammen zur Kriegswaffen- und
Exportkontrolle wider.
Profil: Wird der Expertenkreis noch
weiter wachsen?
Schuur: Wir sind kein geschlossener
Zirkel und gerne bereit, weitere Mit-
Expertenkreis der wehrtechnischen
Industrie.
Profil: Womit wird sich der Expertenkreis in der nächsten Zeit befassen?
Schuur: Wir beschäftigen uns derzeit
intensiv mit der neuen Intra-EU-Transfer-Richtlinie 2009/43, die zum 30. Juni
vergangenen Jahres in Kraft getreten
ist. Diese wird den geschäftlichen Alltag von wehrtechnischen Unternehmen in allen 27 Mitgliedsstaaten der
Europäischen Union nachhaltig beeinflussen. Auf der Grundlage der Richtlinie sollen Rüstungsgütertransfers
innerhalb der EU zukünftig vereinfacht
werden. Allerdings wird dies mit mehr
Verantwortung und einem erhöhten
Kontrollaufwand in den Unternehmen
verbunden sein.
zu positionieren. Das System vereint
weltweit erfolgreich erprobte Optimierungstechniken: Dabei beinhaltet Six
Sigma Techniken zur Verbesserung der
Qualität; die Anwendung von Lean wie
auch von TPM tragen zur Reduzierung
Einsparungen allein durch Verbesserungsprojekte in den KolbenschmidtWerken weltweit zu realisieren. Selbst
im Geschäftsjahr 2009, welches stark
von Kurzarbeit geprägten war, ist es
den Werken gleichwohl gelungen, rund
an das beste Optimierungsprojekt verliehen werden soll.
Sämtliche KS-Kolbenschmidt-Werke haben daraufhin einen Projektvorschlag eingereicht. Die Themenschwerpunkte erstreckten sich von
Gewinner des ersten „Best Project
Awards 2009“ ist das Team von KS
Kolbenschmidt France in Thionville.
In deren Optimierungsprojekt ging
es darum, den gesonderten Bearbeitungsschritt des Speiser-Absägens am
Kolbenrohling nach dem Gießvorgang
abzuschaffen. Dem Team ist es gelungen, diesen Prozessschritt direkt in die
vollautomatische Bearbeitungslinie
zu integrieren, d.h. der Kolbenrohling
gelangt ohne Zwischenschritt direkt
von der Gießerei in die zerspanende
Bearbeitung. Mittels dieser Maßnahme gelang es, 131 000 E einzusparen.
Überreicht wurde der Award von Tjark
Coners, Leiter Bereich Qualität und
Operational Excellence (OPEX) bei der
KS Kolbenschmidt und der KS Aluminium-Technologie.
„Best Project Award“ ausgelobt
von Prozesskosten bei. Die TPM-Philosophie basiert auf den japanischen
Grundsätzen „Gehe zu = Gemba“ (An
den Ort des Geschens), „Beobachte =
Gebutsu“ (Sieh dir die Realität an) und
„Suche nach = Muda“ (Erkenne Verluste und Verschwendung).
In den vergangenen vier Jahren ist es
gelungen, rund zehn Millionen E an
drei Millionen E durch strukturierte
Optimierungsarbeit zu generieren.
Um die hervorragende Leistung der
Mitarbeiter in den Projektteams auszuzeichnen, wurde für das Jahr 2009
erstmalig der „Best Project Award“
durch das Operational ExcellenceTeam (OPEX) ausgeschrieben. Ein
Wanderpokal, der künftig jedes Jahr
Reduzierung der Qualitätskosten
über Effizienssteigerung bis hin zu
Reduzierung von Fix- und Proportionalkosten.
Die Ermittlung des Gewinners erfolgte nach gegenseitiger Projektpräsentation via WebEx sowie einem
Voting-System, an dem alle Werkleiter
beteiligt waren.
Der Defence-Geschäftsbereich „Waffe und Munition“
(Rheinmetall Waffe Munition GmbH = RWM) hat seine
Strategieprozesse mit einem Innovationsmanagement um
einen weiteren wichtigen Baustein ergänzt. Dabei können
die Mitarbeiter neue Geschäftsideen vorschlagen, die dann
in einem genau definierten Verfahren eingehend bewertet
werden. Was auf den ersten Blick wie eine Variante des betrieblichen Vorschlagswesens aussieht, entpuppt sich bei
genauerem Hinsehen als Instrument zur gezielten Entwicklung und Vermarktung neuer Geschäftsideen. Seitdem das
Innovationsmanagement im September 2008 eingeführt
wurde, sind bereits 221 Vorschläge eingegangen, von denen einer bereits durch das Bundesministerium der Verteidigung gefördert wird. Damit ist das neue Instrument auf
Durch das neue
Innovationsmanagement können in Deutschland, Österreich
und der Schweiz
beschäf tig te
RWM-Mitarbeiter, sofern ihre innovativen Ideen
Aussicht auf geschäftlichen Erfolg
haben, letztlich auch unmittelbar auf
die Strategie ihres Unternehmens
einwirken. Dem Einfallsreichtum
sind dabei keine Grenzen gesetzt.
Ob es sich um neue Produkte und
Dienstleistungen oder um neue Geschäftsmodelle handelt – alle Vorschläge sind willkommen. In einem
zweistufigen Prozess, der ähnlich
wie ein Trichter wirkt, filtern die Innovationsexperten des Defence-Geschäftsbereiches Waffe und Munition diejenigen Ideen heraus, die am
Markt bestehen könn(t)en. Die Entscheidung über die Umsetzung liegt
dann bei der Geschäftsführung.
dem besten Weg, einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen
Steigerung des Unternehmenswertes zu leisten. In der Welt
des 21. Jahrhunderts werden die Streitkräfte mit veränderten Konflikten und Einsatzszenarien konfrontiert, die andere Ausrüstung, Ausbildung und Strukturen erfordern. Durch
das neue Innovationsmanagement, das unter Federführung
der Hauptabteilung Business Development installiert worden ist, können im ersten Schritt alle RWM-Mitarbeiter in
Deutschland, Österreich und der Schweiz sich mit ihren
Ideen an der Gestaltung dieser Herausforderung beteiligen. „Wir verstehen uns sozusagen als neutrale Ringecke,
die alle Vorschläge bewertet und dann gegebenenfalls der
­Geschäftsführung zur Entscheidung vorlegt“, erklärt Dr.
Carl Fredin, stellvertretender Leiter Business Development.
Geschäftsbereich „Waffe und Munition“ setzt auf modernes Innovationsmanagement
Brain-Pool für pfiffige Geschäftsideen
Unterlüß. Der Defence-Geschäftsbereich „Waffe und Munition“, der in fünf
Produktbereiche unterteilt ist und an
20 Standorten in Deutschland, Europa
und in Übersee insgesamt 3500 Mitarbeiter beschäftigt, zählt zu den international führenden Anbietern so genannter Wirk- und Schutzsysteme. Das
Portfolio reicht von groß- und mittelkalibrigen Waffenanlagen einschließlich
der entsprechenden Munitionsfamilien
über Komponenten und Systeme zum
Schutz von Fahrzeugen, Flugzeugen
und Schiffen bis hin zu Anlagen zur Munitionsaufbereitung und -entsorgung.
Dass das innovative Projekt bei der
Rheinmetall Waffe Munition GmbH
auf fruchtbaren Boden fällt, zeigen
(nicht nur) die drei hier vorgestellten
Vorschläge, die bereits alle Hürden
genommen haben und sich derzeit
in der Umsetzung befinden.
H Mit dem Luftdruck-Waffensystems „Paskal“ – die Abkürzung
steht für Waffensystem mit pneumatisch angetriebener Skalierung
der Geschoss­ener­gie – können sowohl Gummigeschosse als auch
Tränengas- und Nebelgranaten des
Kalibers 40 mm verschossen werden. Über einen Gasdrucklader lässt
sich die Mündungsgeschwindigkeit
exakt regulieren. Damit kann die
Reichweite der jeweiligen Einsatzsituation angepasst und so verhindert
werden, dass die Geschosse tödlich
wirken. Deshalb ist „Paskal“ insbe-
Der Hauptsitz befindet sich in Unterlüß, einem Ort in der Südheide mit rund
4000 Einwohnern. „Hier sind sowohl die
Geschäftsführung als auch die Leitungen von Entwicklung, Vertrieb und Busi-
werden kann. „Es genügen elf Klicks
und zwei Texteingaben, schon ist eine
Geschäftsidee eingereicht“, so Sascha
Turge, Prozesskoordinator Innovationsmanagement. Natürlich können
Vorschläge ebenso per E-Mail oder
Hauspost gemacht werden.
Zunächst werden alle Ideen streng vertraulich behandelt. Später kann jeder
Mitarbeiter die öffentlichen Vorschläge
im Intranet einsehen und auch erkennen, in welchem Bearbeitungsstadium
sie sich befinden. Außerdem gibt es dort
ein Schlagwortverzeichnis, aus dem
hervorgeht, zu welchen Themen bereits
Vorschläge gemacht wurden. Neben
ausformulierten Ideen werden oft auch
lediglich Probleme geschildert. „Das
bringt uns dann dazu, darüber nachzudenken, ob es nicht bereits entspre-
sich ebenso wie die Marktgegebenheiten im Laufe der Zeit ändern.“
Unter den bisher 221 eingegangenen Vorschlägen waren 142 echte Geschäftsideen; acht davon wurden vom
Innovationskomitee zur Umsetzung
weitergeleitet, und drei sind von der
RWM-Geschäftsführung freigegeben
und befinden sich schon in der Umsetzungsphase. Dazu gehören das
skalierbare Luftdruck-Waffensystem
„Paskal“, ein so genanntes „präzise
stabilisiertes Lastenschloss“ für den
Kampfhubschrauber „Tiger“ und ein für
RWM neuartiges Service-Konzept, das
die Handhabung der hauseigenen Waffensysteme deutlich erleichtern wird.
Darüber, ob ein Vorschlag angenommen oder abgelehnt wird, entscheidet
ein Innovations-Komitee, in dem so-
Sucht Ideen: Dr. Carl Fredin
ein Vierteljahr. Wenn das InnovationsKomitee grünes Licht gibt, werden die
Vorschläge in der ProduktplanungsTagung von der Geschäftsführung behandelt. Fredin: „Diese Tagung findet
zweimal im Jahr statt. Sollte es einmal
ganz eilig sein, können wir mit einem
Vorschlag auch jederzeit in die Geschäftsführungssitzungen gehen.“
RWM ist der erste Geschäftsbereich
von Rheinmetall Defence, der über ein
derart modern strukturiertes Innovationsmanagement verfügt. Natürlich
sind auch schon Gespräche mit anderen Geschäftsbereichen geführt
worden. Der Geschäftsbereich „Flugabwehr“ hat bereits sein Interesse
bekundet. „Ob die Kollegen unseren
Prozess einszueins übernehmen, ist
noch offen. Denn schließlich müssen
H Bei dem zweiten Projekt handelt
es sich um ein so genanntes „präzise stabilisiertes Lastenschloss“,
das speziell für die Nachrüstung
des Kampfhubschraubers „Tiger“
konzipiert worden ist. Da die Bordkanonen bei dem Modell, das die
Bundeswehr einsetzt, auf beiden
Seiten starr montiert sind, muss der
Pilot seine Ziele mit der gesamten
Maschine anvisieren. Das neue System, das zwischen Halterung und
Kanone montiert wird, ermöglicht
es, Ziele auch unabhängig von der
Flugrichtung zu bekämpfen. Kunden
sind Eurocopter und das Bundesministerium der Verteidigung.
H Der dritte Vorschlag bezieht sich
auf ein Service-Konzept, das sowohl
die Fehleranalyse als auch die Ersatzteilbeschaffung umfasst (siehe
dazu auch „Profil 1/2007“: EmLoThematik). Im Kern geht es darum,
die Diagnose von Waffensystemen
überall auf der Welt per Funkverbindung durchzuführen. Dazu könnte
beispielsweise ein Helm-Set mit
Kamera, Kopfhörern und Display
dienen. So stünden Handbücher
elektronisch zur Verfügung, oder ein
RWM-Experte in Deutschland könnte die Person vor Ort online unterstützen und – falls notwendig – die
erforderlichen Ersatzteile sofort auf
den Weg bringen. In Zukunft wäre es
auch denkbar, Waffensysteme mit
Sensoren zu versehen, deren Informationen sich ähnlich wie bei modernen Autos über einen DiagnoseStecker auslesen lassen.
tho
Innovationsmanagement als strategisches Instrument der Unternehmensentwicklung – im Defence-Geschäftsbereich „Waffe und Munition“ seit 2008 gelebter Arbeitsalltag.
ness Development ansässig. Außerdem chende Lösungen gibt oder sich solche wohl die Produktbereichs- und Ver- stets die jeweiligen Gegebenheiten im
verfügen wir an diesem Standort über Lösungen aus dem Pool aller vorhande- triebsleiter als auch Fachleute aus spezifischen Markt- und Produktsegdas größte und am besten ausgestatte- nen Vorschläge kombinieren lassen“, er- Entwicklung und Fertigung sowie die ment berücksichtigt werden“, erläuHauptabteilung Business Develop- tert Fredin. Sein Fachkollege Haak fügt
te und privatwirtschaftlich betriebene klärt RWM-Strategieexperte Haak.
Erprobungszentrum in Europa“, erläuDie bisher eingegangenen Vorschlä- ment vertreten sind. Die Sitzungen fin- hinzu: „Wir haben uns im Vorfeld auch
tert Fredin. Über 600 verschiedene Pro- ge beziehen sich vorwiegend auf neue den normalerweise alle sechs Wochen zunächst bei Kolbenschmidt Pierburg
dukte, die heute das Portfolio von RWM Waffen und Munitionsarten, mitunter im Wechsel an den einzelnen Firmen- informiert, wo bereits ein Innovatiausmachen, unterstreichen die Innova- auch auf Dienstleistungen oder Soft- standorten statt. „Die Produkt- und onsmanagement aufgesetzt worden
tionskraft dieses Geschäftsbereichs.
ware-Lösungen. Damit das Innovati- Fachbereichs-übergreifende Besetzung war. Das dort installierte Verfahren
Bevor das Innovationsmanagement onsmanagement die Ideen befürwortet, ermöglicht es, die Vorschläge aus allen beinhaltet auch das betriebliche Vorim September 2008 gestartet wurde, müssen sie ein hohes innovatives und Blickwinkeln zu analysieren, Risiken zu schlagswesen und erwies sich für unfanden an allen deutschen Standorten wirtschaftliches Potenzial haben. „Ein identifizieren und die Erfolgsaussich- sere Vorstellungen als zu aufwändig.“
Damit das Innovationsmanagement
sowie in der Schweiz und in Österreich potenzieller Kunde sollte bereit sein, ten abzuschätzen“, erläutert Fredin.
Die Beurteilung erfolgt in einem zwei- bei RWM auch weiterhin auf regen ZuVeranstaltungen statt, in denen die dafür Geld zu bezahlen“, bringt InnovaMitarbeiter über Sinn und Zweck dieses tionsfachmann Fredin es auf den Punkt. stufigen Prozess. Zunächst werden der spruch der Mitarbeiter stößt, soll die
neuen strategischen Instruments infor- Sonst werden die Vorschläge entweder Innovationsgrad und das Geschäfts- Präsenz an den Standorten so schnell
miert wurden. Dazu Fredin: „Im Kern ist an das betriebliche Vorschlagswesen, modell der Vorschläge untersucht und wie möglich durch lokale Anspreches darauf ausgerichtet, vermarktungs- die Produktbereiche sowie andere nach einem festgelegten Punktesystem partner ausgebaut werden. Auch über
Workshops und Werbekampagfähige Geschäftsideen hervornen wird nachgedacht. Indes:
zubringen. Darin besteht auch
Das Innovationsmanagement
der wesentliche Unterschied
muss nicht ausschließlich
zum betrieblichen Vorschlagsauf die Ideen der Mitarbeiter
wesen, das in erster Linie auf
fokussiert bleiben. Eine Möginterne Verbesserungen – beilichkeit, die Kreise weiter zu
spielsweise bei Fertigungsproziehen und damit über den
zessen – abzielt, die der Kunde
Tellerrand zu blicken, ist ein
nur indirekt wahrnimmt.“ Zuinstitutionalisiertes Technodem werden beim Innovations­
logie-Monitoring, mit dem somanagement keine Geld- oder
wohl führende Hochschulen
Sachprämien vergeben.
und Institute als auch komDennoch sind in den ersten
petente Gründerzentren und
vierzehn Monaten weit über
Start-up-Unternehmen
als
200 Vorschläge eingegangen.
mögliche Projektpartner iden„Von diesem Erfolg waren
wir selbst überrascht. Denn Haben das „Paskal“-Waffensystem im Rahmen des Innovationsmanagements als Kernteam verant- tifiziert werden können. „Oft
eigentlich hatten wir nur mit wortlich begleitet (v.l.n.r.): Dr. Ulrich Steffens, Sascha Turge, Dr. Hans-Karl Haak und Rolf Körver. sind dort innovative Ideen
vorhanden, die bereits mehrund 30 gerechnet“, sagt Dr.
Hans-Karl Haak, Consultant Business Geschäftsbereiche von Rheinmetall bewertet. Wenn sich dann unter dem rere Entwicklungsstufen durchlaufen
Development. Um es den Mitarbei- Defence weitergeleitet oder in der Da- Strich herausstellt, dass die Idee er- haben. Aber für die Herstellung von
tern möglichst einfach zu machen, tenbank des Innovationsmanagements folgreich sein könnte, wird im zweiten Serienprodukten sowie eine erfolgreiihre Vorschläge einzureichen, wurde gespeichert: „Unter Umständen schau- Schritt eine Machbarkeitsstudie durch- che Markteinführung benötigen diese
eine Datenbank erstellt, die über die en wir uns die eine oder andere Idee geführt, in der es vor allem um die Reali- Institutionen einen industriellen PartStartseite des Intranets von Rheinme- später noch einmal an. Denn die tech- sierungswahrscheinlichkeit geht. In der ner wie Rheinmetall“, ist Dr. Carl Fredin
tall Defence (gate²defence) erreicht nologischen Voraussetzungen können Regel dauert das gesamte Verfahren überzeugt. Dr. Thomas Oelschlägel
Fotos (2): Katja Knöfel
sondere für Auslandseinsätze der
Bundeswehr geeignet, bei denen in
manchen Gegenden noch gekämpft
wird, in anderen dagegen schon polizeiliche Ordnungsaufgaben wahrgenommen werden müssen. Die Entwicklung dieses Waffensystems zur
Serienreife wird vom Bundesministerium der Verteidigung mit einem
Millionen-¤-Betrag gefördert.
Composing: Kristina Frei
Projekte
im Köcher
Rainer Stock
Neben Kolbenschmidt Pierburg nutzen viele Unternehmen diese Zeit
sinnvoll, um ihre Angestellten weiterzubilden. Das Werk der Pierburg GmbH
in Berlin stellt dies unter dem Motto
„Fortschritt statt Stillstand“ bereits
erfolgreich unter Beweis, wie der Beitrag auf dieser „Profil“-Seite zeigt.
Die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen während der Kurzarbeit bietet
vor allem geringer qualifizierten Mitarbeitern die Chance, sich weiterzubilden
– um sich zum einen am Arbeitsmarkt
deutlich besser positionieren zu kön-
Die konjunkturell bedingte Kurzarbeit ermöglicht es dem Arbeitgeber,
seine Mitarbeiter auch dann weiterzubeschäftigen, wenn es in wirtschaftlichen Krisenzeiten an Aufträgen
mangelt. Statt Arbeitnehmer zu entlassen, können die Unternehmen bei
der Bundesagentur für Arbeit mit Sitz
in Nürnberg Kurzarbeitergeld beantragen. So haben im Jahr 2009 etwa
36 000 Unternehmen – darunter auch
Firmen der Kolbenschmidt Pierburg
AG – rund 1,2 Millionen Mitarbeiter
zur Kurzarbeit angemeldet; das sind
immerhin etwa 3,4 Prozent der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung
in der Bundesrepublik Deutschland.
Im Umkehrschluss bedeutet dies,
dass durch die Pufferfunktion der
Kurzarbeit die erwähnten etwa 1,2
Millionen Stellen kurzfristig gesichert
werden konnten.
„Büffeln“ in
Kurzarbeit
nen, zum anderen die Aufstiegschancen
innerhalb des eigenen Unternehmens
optimaler nutzen zu können. So besteht
die Möglichkeit, einen Berufsabschluss
zu erwerben, oder sich dafür zumindest
zum Teil zu qualifizieren.
Auch die Unternehmen stärken ihre
Marktposition durch besser qualifiziertes Personal. Die umfangreiche staatliche Subventionierung, die zu einem
Drittel aus dem 5,1 Milliarden E großen
Kurzarbeiter-Etat des aktuellen Haushalts der Bundesagentur für Arbeit
finanziert wird, unterstützt die Unter-
nehmen bei der Durchführung dieser
Weiterbildungsmaßnahmen.
Die kurzarbeitenden Mitarbeiter erhalten während dieser Phase Ersatzzahlungen in Höhe von 67 Prozent des
Lohnes; Kinderlose bekommen 60
Prozent. In den ersten sechs Monaten
der Kurzarbeit wird die Hälfte der Sozialversicherungsabgaben vom Staat
übernommen; vom siebten Monat an
gilt dies sogar in vollem Umfang.
Für Mitarbeiter, die eine Tätigkeit
ausüben, die im direkten Zusammenhang mit der erworbenen Ausbildung
steht, erhalten die Unternehmen zwischen 20 Prozent und 80 Prozent der
Weiterbildungsgebühren aus dem
Europäischen Sozialfonds erstattet,
beispielsweise für Computer- oder
Sprachkurse oder den Erwerb des Gabelstaplerführerscheins.
Zusätzlich besteht bei längeren Qualifizierungsmaßnahmen von gering qualifizierten Mitarbeitern, die zum Zweck
der Schulung von der Arbeit freizustellen sind, die Möglichkeit der Übernehme der kompletten Lohnkosten durch
das Arbeitsamt. Auch die Weiterbildungskosten werden bei geringer qualifizierten Mitarbeitern zu 100 Prozent
übernommen; darüber hinaus werden
anfallende Fahrt- und Kinderbetreuungskosten bezuschusst.
Getreu der Devise des römischen
Philosophen, Dramatikers und Staats-
Freuen sich im Berliner Werk der Pierburg GmbH zusammen mit Werkleiter Dr. Michael Mielke (r.) über die erfolgreich absolvierten
Qualifizierungsmaßnahmen während der Kurzarbeit (v.l.n.r.): Attila Yagiz, Aladdin Kaplan, Giulia Iaquinta und Hamdi Gürleyen.
„Fortschritt statt Stillstand“ qualifiziert Pierburg-Mitarbeiter im Berliner Werk
„Am Ball bleiben lohnt sich immer“
oho Düsseldorf/Bremen. Rheinmetall Defence ist mit der Herstellung
des Vorseriensystems der Soldaten­
ausstattung „Infanterist der Zukunft
– Erweitertes System“ (IdZ–ES) beauftragt worden. Damit wurde ein
entscheidender Meilenstein auf dem
Weg zur Einführung des Infanterie­
systems bei der Bundeswehr erreicht.
Ein entsprechender Vertrag mit einem Auftragsvolumen in zweistelliger
Millionenhöhe wurde unlängst beim
Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung in Koblenz unterzeichnet.
Der Rheinmetall-Geschäftsbereich Ver­
teidigungselektronik kann damit einen
weiteren Erfolg in der Schaffung des
weltweit modernsten Infanteriesystems verzeichnen.
Das „Erweiterte System“ hat gemeinsame Wurzeln mit dem vorangegangenen Basissystem „Infanterist
klappen, Regel- und Antriebsklappen
sowie elektrische Antriebsmodule für
Diesel- und Ottomotoren.
Attila Yagiz ist einer von den 1,2 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland,
die 2009 von ihren Arbeitgebern zur
Kurzarbeit angemeldet wurden. Häufig
wird diese Zeit für Qualifizierungsmaßnahmen und Weiterbildungen der Angestellten genutzt. Auch das PierburgWerk in Berlin zählt zu den Firmen,
die dieses Angebot wahrgenommen
haben. Dabei gewährt das Arbeitsamt
Berlin Mitte Lohnkostenzuschüsse in
Höhe des regelmäßigen Entgeltes und
übernimmt auch die gesamten Kosten
für die Qualifizierungen.
Unter dem Motto „Fortschritt statt Stillstand“ laufen derzeit verschiedene Maßnahmen am Berliner Standort des Neusser Automobilzulieferers. Unter anderem
absolvieren neun Mitarbeiter im Moment
eine Ausbildung zum Facharbeiter; vier
weitere – unter ihnen der Deutschtürke
mannes Lucius Annaeus Seneca (4 –
65 n. Chr.) – „Es ist nicht wenig Zeit,
die wir haben, sondern es ist viel Zeit,
die wir nicht nutzen“ – nutzt das Berliner Werk der Pierburg GmbH mithin
die vorhandene Zeit, um bestimmten
Mitarbeitern eine Weiterbildung zu
ermöglichen, statt die unternehmerischen Hände in den Schoß zu legen.
Sabine Langen
Yagiz – haben sie bereits abgeschlossen
und erfolgreich bestanden.
Personalleiterin Brandenburg ergänzt: „Die zusätzlichen Angebote,
die wir bereitgestellt haben, sollen die
Mitarbeiter motivieren, um ihr angestrebtes Lernziel zu erreichen. Diese
Möglichkeit wurde von ihnen dankend
angenommen. Die Resonanz auf die
Angebote ist sehr groß und beweist,
mit welchem Ehrgeiz sie sich auf die
Prüfung bei der IHK vorbereiten.“
Ein Erfolg, der insbesondere Personalchefin Kathrin Brandenburg freut:
„Mit Hilfe der Qualifizierungsmaßnahmen sind wir als Unternehmen in der
Lage, das Ausbildungsniveau unserer
Mitarbeiter gezielt zu steigern. Nicht
zuletzt tragen Besserqualifizierte dazu
bei, die Arbeitsabläufe im Werk zu verbessern, da wir durch sie nun noch
mehr Facharbeiter haben, die Maschinen und Anlagen einrichten, führen
und warten können. Damit sind wir auf
kommende Anforderungen viel besser
vorbereitet.“
Ein deutlich besseres „Standing“ haben natürlich auch die frischgebackenen Facharbeiter: Sie können sich zum
Beispiel jetzt intern auf frei werdende
und besser dotierte Stellen bewerben,
was vor den Maßnahmen nicht möglich
war. Brandenburg: „Natürlich steigen
mit der erfolgreichen Qualifizierung
zudem die grundsätzlichen Chancen
auf dem Arbeitsmarkt.“
Was das Auswahlverfahren für die
Projektteilnehmer angeht, so konnten
sich interessierte Mitarbeiter melden.
Anschließend mussten alle Interessenten einen Test durchlaufen, bei dem
vor allem Mathematik- und Logikaufgaben gestellt wurden. Brandenburg:
„Dabei erzielte einer der Teilnehmer
eine so hohe Punktzahl, dass er nun
eine zweieinhalbjährige Ausbildung
zum Mechatroniker machen kann.“
Personalchefin Kathrin Brandenburg: Durch die Qualifizierungsmaßnahmen sind
wir in der Lage, das Ausbildungsniveau unserer Mitarbeiter gezielt zu steigern.
Zusätzlich zum regulären Unterricht
bietet Pierburg weitere Vorbereitungskurse und gemeinsam mit dem Berliner
Berufsfortbildungswerk Nachhilfeangebote im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei der IHK an, die gut angenommen werden: „Wir haben dort noch
einmal Lerninhalte wiederholen können
und uns so konzentriert auf die Prüfung
vorbereitet. Ohne die Kurse wäre es um
einiges schwieriger geworden“, lobt Attila Yagiz das Zusatzangebot, das ihm
und seinen lernenden Mitstreitern die
berufliche Qualifizierung ermöglichte.
der Zukunft“, das die Bundeswehr
2005 in einem ersten Schritt zur
Deckung des kurzfristigen Bedarfs
beschafft hatte. Den Projektierungsauftrag für das „Erweiterte System“
hatte Rheinmetall Mitte 2006 gegen
starke nationale und internationale
Konkurrenz im Wettbewerb gewon-
2011 kann die Serienlieferung dann
ab 2012 erfolgen.
Die nun erfolgte Beauftragung des
Vorseriensystems ist ein bedeutender Schritt, um die infanteristischen
Kräfte der Bundeswehr mit einem
zukunftsweisenden System auszu­
statten und die Fähigkeiten der
Fotos (2): Kristina Frei
win Berlin. Für Pierburg-Mitarbeiter
Attila Yagiz war es eine einzigartige und
vor allem einmalige Chance: Mit leuch­
tenden Augen erinnert sich der 41-Jährige auch jetzt noch gerne an den Moment vor wenigen Wochen zurück, an
dem er seine Prüfung zum Facharbeiter
vor der Industrie- und Handelskammer
Berlin (IHK) bestand. Nach 15 Monaten
Ausbildung hielt er endlich die begehrte
Urkunde in seinen Händen. Vor seiner
Ausbildung gehörten für den ehemaligen Hilfsarbeiter Schweißen, Fräsen
und Instandhalten zu seinen Tätigkeiten; jetzt wartet und beaufsichtigt er
Maschinen während der zum Teil hochkomplexen Herstellungsprozesse.
„Früher hatte ich keine Ausbildung,
jetzt habe ich einen Berufsabschluss in
der Tasche. Ich bin am Ball geblieben,
es hat sich wirklich richtig gelohnt“, erklärt Attila Yagiz stolz, der schon seit
1989 bei Pierburg in Berlin arbeitet.
Insgesamt sind in den sechs modernen
Produktionshallen an der Scheringstraße 2 im Berliner Stadtteil Wedding
324 Mitarbeiter beschäftigt, 80 davon
auf Helferebene; sie fertigen Drossel-
Foto: Christoph Schuhknecht
Auch wenn sich
die dunklen Wolken am konjunkturellen Horizont
allmählich lichten, so befinden
sich die nationale und die globale Wirtschaft noch
immer in der schwersten Rezession
seit dem 2. Weltkrieg. Sicher ist auch:
Ohne das (in Deutschland praktizierte) Instrument der Kurzarbeit hätte die
Krise ein weitaus fataleres Ausmaß angenommen.
Nutzers und neuen Erkenntnissen, die
aus umfangreichen Erprobungen resultieren, handelt es sich vielmehr um
eine weitgehende Neuentwicklung.
Nachdem Rheinmetall bereits 2008
vertragsgemäß
Systemdemonstratoren ausgeliefert hat, sind die Erkenntnisse aus der jetzt ausgelau-
IdZ-ES-Soldatensystem geht in Vorserie
nen. Dieses erweiterte System soll
die erkannten Defizite des Basissystems insbesondere in der Führungsfähigkeit und in der Wirksamkeit im
Einsatz schließen.
IdZ-ES ist dabei mehr als nur eine
Ergänzung und Weiterführung des
Basissystems. Ausgehend von einem
gewachsenen Anforderungsprofil des
fenen Projektierungsphase in die
Spezifikationen des Vorseriensystems eingeflossen, das nun unter
Vertrag genommen wurde. Anhand
dieses Vorseriensystems soll Anfang
2011 der Nachweis der Herstellbarkeit
geführt werden, der Voraussetzung
für einen Serienvertrag ist. Bei einer
entsprechen­den Beauftragung in
Streitkräfte einsatzbezogen signifikant zu verbessern.
Herausragendes Merkmal an IdZ-ES
ist sein gesamtheitlicher Systemansatz, der den komplexen operationellen Anforderungen an ein modernes
Soldatensystem Rechnung trägt. IdZES zielt vor allem darauf ab, die zehn
Mann starke Infanteriegruppe mit ih-
Im Schnitt sind die Mitarbeiter in den
Umschulungsmaßnahmen 49 Jahre alt,
haben Familie und arbeiten bereits seit
23 Jahren im Werk. Zu ihnen zählt auch
Manuela Bartels, die derzeit noch die
15-monatige Ausbildung durchläuft.
Dreimal in der Woche steht die Theorie
auf den Stundenplan, bei der beispielsweise Fächer wie Technik, Fachkunde
oder auch Sozialkunde gelehrt und gelernt werden. Während der übrigen Tage
folgt für das sechsköpfige Team – neben Kurssprecherin Bartels fünf männliche Mitstreiter – die Praxis: „Früher
arbeitete ich in der Montage und Endkontrolle – jetzt erfüllt sich für mich ein
lang gehegter Traum. Zunächst meinte
meine Familie zwar, ich sei vielleicht zu
alt, um noch einmal die Schulbank zu
drücken. Aber ich wollte schon immer
in der Fertigung an den modernen Laufbändern mitarbeiten. Das ist mein Ziel,
und dafür lerne ich jetzt.“
Dass derartige, gezielt aus Steuermitteln finanzierte Förderprojekte
ohne die schwerste Wirtschaftskrise
in der Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland nicht bzw. nicht in diesem Umfang zum Tragen gekommen
wären, liegt für die Verantwortlichen
(nicht nur) im Berliner Pierburg-Werk
gleichwohl klar auf der Hand. Noch
einmal Kathrin Brandenburg: „Wohl
kaum ein Unternehmen könnte es sich
sonst leisten, 13 Mitarbeiter für einen
Zeitraum von 15 oder sogar 28 Monaten bezahlt freizustellen. Nur aufgrund
der großartigen Kooperation mit dem
Arbeitsamt Berlin Mitte und dem örtlichen Berufsfortbildungswerk ließen
sich derartige Qualifizierungsmaßnahmen realisieren.“
rem Fahrzeug inklusive der Basisstation in die vernetzte Operationsführung
einzubinden. Dieses Netzwerk aus
Aufklärungs-, Führungs- und Waffenwirkungskomponenten
ermöglicht
den schnellen Austausch von Informationen und lässt ein gemeinsames
Lagebild als Grundlage für die Planung und Führung von Einsätzen entstehen.
Auf seinem Helmdisplay erhält der
Soldat alle für ihn relevanten Daten
zur taktischen Lage, zur Position eigener Kräfte, zum Auftrag und zum
Systemstatus. GPS- und inertiales
Navigationssystem sowie digitaler
Magnetkompass sind vorhanden. Weiterhin zeichnet sich das System durch
eine ergonomische Gestaltung – insbesondere durch Gewichtsreduzierung,
Miniaturisierung und bessere Integration der Einzelkomponenten – aus.
Die Abteilung RWM Operations
unter der Leitung von Direktor Oper­
ations Hendrik Albrecht definierte
die Ziele, um die ARM Inc. erfolgreich in das Managementsystem
des Unternehmens zu integrieren.
Uwe Müller, bis vor kurzem als Abteilungsleiter für Prozess- und Qualitätsmanagement im Geschäftsbereich
RWM
verantwortlich,
be­g leitete dann von Mitte März
2009 an den Prozess vor Ort.
Müller, seit Januar 2010 Abteilungsleiter im RWM-Werk Silberhütte, berichtet:
„Nach einer schnellen Bestandsaufnahme galt es mit den amerikanischen
Kollegen eine Prozesslandkarte für die
ARM zu erarbeiten. Diese musste den
Gegebenheiten vor Ort gerecht werden bei gleichzeitiger Einhaltung der
notwendigen RWM-Standards.“ Das
bedeutet: Vorgänge wie Beschaffung,
Auftragsabwicklung (Order Processing)
oder Lieferantenbewertung werden
nach den im gesamten Geschäftsbereich gültigen Regeln durchgeführt,
während z.B. Wareneingangsprüfung
oder Betrieb der Produktion als so genannte standortspezifische Prozesse
den Bedingungen in den USA angepasst wurden.
Die Aufgabe in den Vereinigten
Staaten von Amerika barg Heraus-
Anerkanntes
TÜV-Zertifikat
forderungen, wie Müller sagt. „Beispiel Zeitverschiebung: Für Kommunikation gab es immer nur relativ
enge Zeitfenster.“ Hilfreich erwiesen
sich in diesem Zusammenhang bei
der transatlantischen Zusammenarbeit vor allem die Möglichkeiten
der neuen internetbasierten Kommunikationsmittel im Konzernportal
„gate²defence“. Müller: „Von den
neuen Tools im Intranet haben wir
die Webkonferenz und den virtuellen externen Team-Raum intensiv
genutzt.“ Der Vorteil: Alle ProjektTeilnehmer hatten in diesem Raum
die Möglichkeit, sich völlig unabhängig von der Zeitverschiebung
über den aktuellen Sachstand zu informieren oder in den Dokumenten
zu arbeiten.
bs
Fotos (2): Katja Knöfel
Die American Rheinme­
tall Munitions (ARM)
Inc. in Stafford im USBundesstaat Virginia
(„Das Profil“ 4/2009)
hat im August 2009
das erstrebte Zertifikat nach der DIN
EN ISO 9001 erteilt bekommen. Der
TÜV Süd – als akkreditierte Zertifizierungsstelle zuständig für die
Auditierung – bestätigte der amerikanischen Tochter der Rheinmetall
Waffe Munition GmbH (RWM) damit
den hohen Standard ihres Prozessund Qualitätsmanagements.
Klar strukturierte Prozesskette: RWM-Mitarbeiter Christian Stolte war als Spezialist für den Aufbau des Firmenstandortes Camden der Tochtergesellschaft American Rheinmetall Munitions Inc. ständig mit Aspekten des Prozess- und Qualitätsmanagements beschäftigt. Für „Das Profil“ demonstriert der 30-jährige Diplom-Ingenieur noch einmal die Entwicklung spezieller Prozess-Charts, die in Camden im US-Bundesstaat Arkansas die Grundlage für das dortige Qualitätsmanagement-System darstellten.
Zehn Jahre Prozess- und Qualitätsmanagement bei Rheinmetall Waffe und Munition – US-Tochter ARM integriert
Klar strukturierte Kette der Geschäftsprozesse
Düsseldorf/Unterlüß. Prozess- und
Qualitätsmanagement (PQM) ist mitunter nicht immer so „sichtbar“ wie andere Formen des Managements – aber
deshalb keinesfalls weniger wichtig für
den Erfolg eines Unternehmens. Denn
ein ganzheitlich ausgerichtetes Prozessmanagement greift in die Aufgaben
und Schnittstellen aller Abteilungen ein
und integriert diese in ein Gesamtkonzept. Das Ziel dabei: Verfahren sollen
nicht gut, sondern optimal an den Geschäftszielen ausgerichtet sein. Im Defence-Geschäftsbereich Waffe und Munition hat man die Bedeutung aktiver
Prozesssteuerung früh erkannt und im
Jahr 2000 Prozessmanagement in die
bestehenden QualitätsmanagementStrukturen integriert. Seit einem Jahrzehnt wird damit erfolgreich gearbeitet
– Anlass genug zu einer aktuellen Bestandsaufnahme.
„Wenn man sich ein Unternehmen als
Puzzle vorstellt – dann sorgen wir dafür, dass die einzelnen Teile gut zusammenpassen“, erklärt Uwe Müller die
Aufgabe seines Teams für Prozess- und
Qualitätsmanagement im Geschäftsbereich Waffe und Munition, für das
er bis Januar 2010 als Abteilungsleiter
verantwortlich war. Die Gestaltung und
die Optimierung von Abläufen und Verfahren im Unternehmen sind dabei kein
Selbstzweck: „Natürlich ist PQM nur
eine von vielen Funktionen des Unternehmens. Doch Prozesse sind das ‚A
und O‘ für reibungslose Abläufe. Sie
sind der organisatorische Rahmen für
alle Arbeitsaufgaben im Unternehmen“,
so Müller, der jetzt als Abteilungsleiter
im Werk Silberhütte tätig ist.
Im Geschäftsbereich Rheinmetall
Waffe und Munition werden den Mitarbeitern alle Informationen zu Prozessen und Organisation benutzerfreundlich im Intranet angeboten. Dafür steht
seit Juli 2006 die Datenbank ConSense IMS Enterprise zur Verfügung. Hier
sind alle relevanten Datensätze für die
firmenspezifischen Geschäftsprozesse zentral abgelegt. „Die Umstellung
von einem PDF-System auf das Datenbanksystem war ein echter Meilenstein
arbeiter bei der Bearbeitung ihrer
täglichen Aufgaben. „Am Ende muss
es heißen: Der Kunde bekommt seine Leistung schneller und besser als
vorher, und das mit weniger Aufwand
der Mitarbeiter“, führt Müller aus:
„Unsere Mitarbeiter sollen ihre Arbeitsschwerpunkt auf die inhaltliche
Ebene legen. Der Ablauf und die Anforderungen im Unternehmen müssen klar sein. Im Ergebnis soll sich die
Kreativität der Arbeitsergebnisse in
Uwe Müller: Im Geschäftsbereich Rheinmetall Waffe und Munition werden den Mitarbeitern alle Informationen zu Prozessen und Organisation benutzerfreundlich im Intranet angeboten. Dafür steht seit Juli 2006 eine spezielle Datenbank zur Verfügung.
für uns. Es sind jetzt Verlinkungen zu
externen Anwendungen möglich, und
alle RMW-Standorte haben in Sekundenschnelle von einem zentralen Server den gleichen Informationsstand“,
erläutert Müller.
Vorrangiges Ziel des Prozess- und
Qualitätsmanagements ist eine von
Anfang an klar strukturierte Kette aller Geschäftsprozesse. Das steigert
die Effizienz bei der Abwicklung von
Aufträgen – und unterstützt die Mit-
„doubleU“ ist
neues Projekt
win Düsseldorf. Das ambitionierte
Projekt der Unternehmerstadt geht
seiner Vollendung entgegen: Ein wei­
terer Beleg dafür ist das kürzlich von
der Rheinmetall Immobilien GmbH
(RIG) und den Projektentwicklern „die
developer“ neu vorgestellte Bürohaus mit Namen „doubleU“ (l. Foto),
mit dem ein weiteres Areal auf dem
ehemaligen Rheinmetall-Gelände in
Düsseldorf-Derendorf architektonisch
erschlossen und wirtschaftlich genutzt
wird. Während sich das erste gemeinsame Projekt „Lighthouse“ („Das Profil“ 4/2009) nur wenige Meter weiter
in seiner Fertigstellung befindet, entsteht an der Derendorfer Allee für 40
Millionen E das neue Bürogebäude.
Das siebenstöckige „doubleU“ bietet
eine nutzbare Bürofläche von 12 500
Quadratmetern und eine Tiefgarage
mit 240 Stellplätzen und wird ein
modernes Beispiel konsequent durchdachter Bauplanung werden: Neben
flexiblen Büroaufteilungen in unterschiedlichen Nutzungsgrößen bietet es
eine wertige Büroausstattung – inklu­
sive Betonkerntemperierung und unterstützender Lüftung. Zudem wurde
bei der Konzeption des Gebäudes ein
den Inhalten und nicht im Prozessablauf oder der Art der Dokumentation
wiederfinden.“
Schon im Jahr 2000 hat man bei RWM
mit der Integration von Prozessmanagement begonnen. Und war damit
den meisten Industrieunternehmen
in Deutschland einen Schritt voraus.
Seitdem wurden viele Fortschritte gemacht, wie Müller berichtet: „Der Wille, unsere Prozessvorgaben als Basis
bei der Bewältigung der Aufgaben zu
besonderer Fokus auf eine nachhaltige
Gestaltung gelegt und diese auch nach
den Maßstäben der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V.
(DGNB) zertifiziert.
Dabei konnte die doubleU devel­
opment GmbH bereits einen ersten
Vertriebserfolg vermelden: Schon
Monate vor dem Baubeginn sicherte sich die Kommunikationsagentur
Mediaedge:cia GmbH rund 5000 der
insgesamt 12 500 Quadratmeter Miet­
fläche. Der zehnjährige Mietvertrag
wird im September 2011 anlaufen.
RIG-Geschäftsführer Dr. H. Jürgen
Wolff zeigt sich denn auch zuversichtlich: „Mit dem doubleU setzen wir einen weiteren Meilenstein beim Bau
der Unternehmerstadt. Die Tatsache,
dass bereits im Vorfeld fast die Hälfte der Bürofläche an Mediaedge:cia
vermie­tet werden konnte, ist ein Beweis für die große Attraktivität, die
unser Projekt als Wohn- und Büro­
standort besitzt.“
Mit diesem jüngsten Investitions­
projekt geht die Unternehmerstadt
nach bislang fast zehnjähriger Projektdauer und einem Investitionsvolumen von 500 Millionen ¤ in die
Endrunde ihrer Fertigstellung. Inzwi­
schen sind 75 Prozent der Immobilien
auf dem 90 000 Quadratmeter großen
ehemaligen Rheinmetall-Gelände im
Bau oder bereits fertig gestellt.
nehmen, hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen.“
Die Akzeptanz unter den Mitarbeitern
kommt nicht von ungefähr: Die Prozessmanager haben in enger Abstimmung
mit den Leitern für Qualitätssicherung
aus den Werken ein ausgewogenes
System entwickelt, das einen gemeinsamen Rahmen für den gesamten Geschäftsbereich darstellt, aber auch
genug Flexibilität bietet, um den Besonderheiten der einzelnen Niederlassungen gerecht zu werden. Einerseits
Schlüsselprozesse, die überall im gesamten Unternehmen einheitlich sind,
und andererseits standortspezifische
Prozesse ergänzen sich dabei optimal.
Und man hat immer ein offenes Ohr
für Vorschläge aus den Werken, wie
Müller betont: „Wir sitzen nicht im
‚Elfenbeinturm‘. Bei der Ausarbeitung
oder Verbesserung von Abläufen nehmen Prozessbetreuer aus den Abteilungen maßgeblichen Einfluss mit
ihrem Fachwissen. In diesem System
ist immer Platz zur Diskussion von Verbesserungen und Veränderungen.“
Zuletzt wurde die American Rheinmetall Munitions Inc. in den USA in
das Managementsystem integriert
(lesen Sie dazu „Anerkanntes TÜVZertifikat“). Gleichzeitig werden die
Werke dabei nach der DIN EN ISO 9001
zertifiziert. Mit ARM Inc. haben mittlerweile schon dreizehn Standorte
des Geschäftsbereiches das weltweit
anerkannte Prüfzeichen des TÜV Süd
für Qualitätsmanagementsysteme er­
halten – eine beeindruckende Bestätigung der Arbeit der hauseigenen Prozessmanager.
Bernhard Schenk
Defence-Sparte
von SEI gekauft
oho Düsseldorf/ Ghedi. Durch einen
Zukauf in Italien erweitert der Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern sein
Portfolio und stärkt gleichzeitig seine
Position als führendes Systemhaus
in der europäischen Wehrtechnik.
Rheinmetall hat mit der französischen
EPC Groupe (Paris) die Übernahme des
wehrtechnischen Geschäftsbetriebs
und der Vermögenswerte ihrer italienischen Tochtergesellschaft SEI SpA (Società Esplosivi Industriali) vertraglich
vereinbart. Rheinmetall wird die Aktivitäten des Unternehmens, das sich vor
allem auf dem Feld der Munitionsentwicklung und -produktion engagiert,
künftig unter dem Namen RWM Italia
Munitions S.r.l. fortführen. Rheinmetall
stärkt mit dem Zukauf seine Stellung
als Anbieter von militärischer Ausrüstung im italienischen Markt und in Europa und erweitert eigene Kapazitäten
durch die hochmodernen Fertigungsanlagen der SEI. Strategische Bedeutung erlangt die Akquisition insbesondere durch die gezielte Ausweitung der
Rheinmetall-Aktivitäten auf die Versorgung der internationalen Marine- und
Luftstreitkräfte, für die SEI ein namhafter Ausrüster ist.
Foto: Dietmar Kunde/PIZ Heer
Marder-Schützenpanzer beim Einnebeln – aufgenommen im Juni 2009 während einer Informationsübung der Panzerlehrbrigade 9 und des Ausbildungszentrums Munster auf dem Truppenübungsplatz in Munster.
Kassel. Von Beginn an war die Firma
Henschel & Sohn in Kassel als Generalunternehmer in die Planungen einbezogen. Henschel war gemeinsam
mit der Schweizer Firma Mowag, die
allerdings 1968 aus dem Entwicklerkreis ausschied, für die gesamte Fahrzeugentwicklung verantwortlich. Die
Entwicklung des Zwei-Mann-Turmes
(Fahrer und Kommandant) wurde an
Keller und Knappich (Kuka) in Augsburg vergeben, und für die Bewaffnung
wurde die neue Rheinmetall-Maschinenkanone Mk 20 Rh 202 ausgewählt
nebst dem Maschinengewehr MG 1.
Als zusätzliche Bewaffnung kam später das Raketenabwehrsystem „Milan“
von Euromissile dazu. Gegenüber dem
HS 30 wurde die Besatzung auf bis zu
neun Soldaten vergrößert, für die auch
eine bedeutend bessere Ausstiegsmöglichkeit geschaffen wurde.
Foto (l.): Christian Kaiser/PIZ Heer
Zwischen 1961 und 1963 wurden verschiedene Marder-Prototypen getestet, aber bis zur endgültigen Auftragsvergabe 1969 sollten noch einige Jahre
ins Land gehen. Diese geschah erst
unter außenpolitischem Druck und auf
Drängen der Nato, denn die Sowjetunion hatte 1968 militärisch in der Tschechoslowakei eingegriffen und mit der
Besetzung Prags den dortigen Aufstand – den „Prager Frühling“ – beendet. Schließlich wurden am 7. Mai 1971
die ersten Serienfahrzeuge des sowohl
bei Henschel als auch bei Atlas-MaK
in Kiel gebauten Marder bei der Bundeswehr eingeführt. Sie lösten nach
und nach die 2176 HS-30-Fahrzeuge
ab – es sollte das bis dahin teuerste
Beschaffungsprojekt der Bundeswehr
werden.
Was jedoch nicht hieß, dass die
Entwicklung damit beendet war. Im
Gegenteil: In den folgenden Jahren
erfuhr der Marder mehrere bedeutende Kampfwertsteigerungen, die erste
bereits in den Jahren 1979 bis 1982.
Diese betraf in erster Linie die Primärbewaffnung: Die Rheinmetall-Kanone
Rh 202 wurde mit einer doppelten Munitionszuführung ausgestattet, die es
der Besatzung künftig erlaubte, zwei
verschiedene Munitionssorten, nämlich Sprengbrand- oder panzerbrechende Munition, zu verschießen. Einige Fahrzeuge wurden außerdem mit
einer Wärmebildkamera für Nachteinsätze versehen. Im Rahmen einer Depotinstandsetzung wurden zwischen
1984 und 1989 an allen Fahrzeugen
Seit seiner ersten Auslieferung im Jahr 1971 war der Schützenpanzer Marder für viele Jahre das Standardfahrzeug
der Panzergrenadiertruppe der Bundeswehr. An seiner Entwicklung waren vor allem die Vorgängergesellschaften der heutigen Rheinmetall Landsysteme GmbH (Defence-Geschäftsbereich Fahrzeugsysteme), Henschel als
Generalunternehmer und die Firma Kuka (Augsburg) für die Turmentwicklung sowie die damalige Rheinmetall
GmbH (Bewaffnung) beteiligt. Die Forderung der sich noch in der Gründung befindlichen Bundeswehr nach einem
eigenen Schützenpanzer hatte bereits im Jahre 1958 zur Einführung des Kettenfahrzeuges HS 30 von Hispano
Suiza geführt. Dieses war jedoch technisch derart unvollkommen, dass nicht nur bereits in der Vertrags- und Beschaffungsphase dieses Panzers ein neues Leistungsprofil definiert wurde, sondern die Umstände der Beschaffung auch zum ersten parlamentarischen Untersuchungsausschuss in der jungen Bundesrepublik Deutschland
führten. Die Bundeswehr musste sich noch einige Jahre mit dem ungenügend erprobten und unzuverlässigen HS
30 begnügen, denn ein zweites Mal ließ sich das Beschaffungsamt nicht mehr unter Zeitdruck setzen. Anders als
beim HS 30 vergingen von der ersten Systemdefinition im Jahre 1959 bis zur Serienauslieferung des neuen Fahrzeuges zwölf Jahre. Aufgrund der Erfahrungen aus dem 2. Weltkrieg sollte der neue Schützenpanzer der Kampfpanzertruppe in gleichem Tempo folgen und ihr im Gefecht infanteristischen Schutz geben können. Dies bedeutete für den „Marder“ genannten neuen Panzer: Er benötigte einen schnellen Motor, eine starke Panzerung und eine
mindestens 2000 Meter weit reichende Kanone als Primär- und ein Maschinengewehr als Sekundärbewaffnung.
Vor rund 50 Jahren startete man mit der Entwicklung des Schützenpanzers Marder
„Das“ Fahrzeug der Panzergrenadiere
Der Marder 1 A5 ist ein Panzer mit modernstem Schutz, der je nachträglich in ein bereits existierendes Fahrzeug eingebaut wurde.
Änderungen am Panzerturm und dem
Fahrwerk vorgenommen. Die bis dahin
am Heck angebrachte MG-Lafette fiel
wegen geringen Nutzens weg, und die
Panzer bekamen eine moderne Funkanlage sowie ein Nachtsichtgerät für
das Panzerabwehr-Lenkwaffensystem
„Milan“.
Das dritte „Upgrade“ zum Marder 1 A3
knüpfte nahtlos an das zweite an, da
der Schützenpanzer einigen Anforderungen an ein modernes Fahrzeug der
neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts
nicht mehr genügte. Zur Vernichtung
feindlicher Schützenpanzer benötigte
man eine Maschinenkanone größeren
Kalibers. Vorgesehen war dafür die
Rheinmetall-Maschinenkanone 35 mm
MK Rh 503. Aber diese Forderung blieb
unerfüllt, da der Marder einen dafür
benötigten größeren Turm nicht aufnehmen konnte, ohne die so genannte
„Absitzstärke“, also die Besatzung,
zu reduzieren. Bis 1989 aber konnten
die beauftragten Firmen Henschel und
Kuka den ballistischen Schutz an den
mittlerweile 2100 im Dienst stehenden
Fahrzeugen deutlich verbessern.
Zweimal änderte sich in der Zeit danach die militärische Bedrohungslage
schlagartig: Mit dem Fall der Berliner
Mauer vor nunmehr 20 Jahren und der
Auflösung des Warschauer Paktes entfiel die Notwendigkeit, eine gewaltige
Panzerflotte einer mächtigen Sowjetarmee gegenüberstellen zu müssen.
Aus diesem Grunde verschwand das
längst angelaufene Beschaffungsprogramm eines kurz zuvor noch für notwendig erachteten neuen Schützenpanzers „Marder 2“ im Dezember 1992
sang- und klanglos aus der Haushaltsplanung.
Die einzige Verbesserung am Marder
1 A3, die in den folgenden Jahren von
den Haushaltsplanern akzeptiert wurde, war der verbesserte Minenschutz.
Im Jahre 1996 war die Besatzung eines
dänischen Kampfpanzers Leopard 1 in
Bosnien durch Mineneinwirkung verletzt worden. Diese Erfahrung führte
zu der Forderung, dass in den immer
weiter zunehmenden Auslandseinsätzen der Bundeswehr zur Eindämmung
sowohl der Bürgerkriege auf dem Balkan als auch der neuen militärischen
Bedrohung durch den weltweiten Terrorismus ein höchstmöglicher Schutz
der Soldaten notwendig sei.
Am 31. Juli 2002 wurde der Vertrag
zur Verbesserung des Minenschutzes
zwischen Rheinmetall Landsysteme
und dem Bundesamt für Wehrtechnik
und Beschaffung geschlossen. Bereits
ein halbes Jahr später rollte der erste
dieser derart verbesserten Marder 1
A5 bei der Panzergrenadiertruppe vor.
Seither wurden insgesamt 74 Fahrzeuge ausgeliefert, die ersten an die KforTruppe im Kosovo. Seit Frühjahr 2009
befinden sich vier „Marder“ beim Bundeswehrkontingent der Isaf-Schutztruppe in Kunduz in Afghanistan.
Die Bundeswehr hatte mit dem Marder 1 A5 einen Panzer mit dem modernsten Schutz erhalten, der je nachträglich in ein existierendes Fahrzeug
eingebaut wurde. Verstärkte Minen mit
großen Sprengmassen und modernen
Zündern, von Terroristen in Krisengebieten irregulär und undokumentiert
verlegt, verlangten einen Schutz gegen Panzerabwehrblastminen: Der
Wannenboden wurde verstärkt und
der Innenraum komplett umgebaut,
damit die Besatzung keine Verletzungen durch die Befestigung der Sitze
am beschleunigt deformierten Boden,
das Anschlagen an die Decke oder Seitenwände oder durch Gegenstände,
die als Sekundärgeschosse fungieren,
erleidet. Zum Schutz gegen höhere
Sprengmassen wurde ein stabilerer
Unterboden geschaffen. Eine dritte
Gefahr wurde während der Entwicklungsarbeiten erkannt: die projektilbildenden Minen mit Durchschlagskraft.
Aus Gewichtsgründen konnte keine
weitere Verdickung aus homogenem
Panzerstahl vorgenommen werden, so
wurde ein Schichtaufbau aus unterschiedlichen Materialien gewählt.
Aber der mit einem Minenschutz versehene Marder 1A5 war bzw. ist nur
ein Zwischenschritt: Mit dem neuen
Schützenpanzer Puma kommt jetzt ein
Nachfolgefahrzeug zum Einsatz, das
den dann seit mehr als 30 Jahren zuverlässig im Dienst stehenden Schützenpanzer Marder ablösen wird. Vor
allem aufgrund des nochmals verbesserten Minenschutzes und der Luftverladbarkeit bietet der Puma bessere Bedingungen für den Auslandseinsatz.
Dr. Christian Leitzbach
KONZERN-GLOBAL
KSPG-Jubiläumsbuch im Droste-Verlag erschienen
Blicke in hochmoderne Arbeitswelten
laden ein zum Blättern, Staunen und
schließlich auch zum Schmökern.
Steter Wandel ist auch
in Zukunft die Konstante
Der Text erzählt kurz und knapp –
selbstredend historisch korrekt, wenn
auch nicht vollständig – die bewegten
Geschichten aus zehn Jahrzehnten;
dabei hat der Autor auch die unangenehmen Ereignisse lobenswerter Weise
nicht ausgespart. Der Leser erfährt in
den ersten Kapiteln, wie sowohl Pierburg als auch Kolbenschmidt an ihren
ersten Produktions- und Vertriebsstätten in Berlin bzw. Heilbronn mit ganz
anderen Produkten starteten als denen,
mit denen sie später weltberühmt wurden, dem Vergaser bzw. dem Kolben.
Wie sich diese beiden Produkte in
den nachfolgenden Jahrzehnten entwickelten, wird ebenso erzählt wie der
Aufbau neuer Geschäftsbereiche, aus
denen sich schließlich Pierburg und
Kolbenschmidt in der Form entwickelten, wie sie heute am Markt stehen.
Auch dass während des Zweiten Weltkrieges Zwangsarbeiter beschäftigt
wurden, wird nicht verschwiegen – neben der Kriegswirtschaft und den Zerstörungen ist dies ein wichtiger Aspekt
im Kapitel „Schwere Jahre“.
Was die Kolbenschmidt Pierburg AG
heute bewegt, und welchen Weg sie
bis dahin gegangen ist – viele Jahre getrennt, seit 1997 gemeinsam –, das zeigt
sich nicht nur in den Bildern und Texten
über die Produkte oder die Herstellungsweisen, sondern auch über die Märkte,
vornehmlich im Ausland. Das Kapitel
„Die Welt wird klein“ veranschaulicht,
wie sich die beiden Unternehmen von
kleinsten Anfängen über fast alle Kontinente ausgebreitet haben und heute
ihre Produkte weltweit verkaufen.
„Der Wandel ist die Konstante“ –
damit überschreibt der Vorstand der
Kolbenschmidt Pierburg AG sein Geleitwort zu diesem Buch. Wandel hat
aber nicht nur in der Vergangenheit
stattgefunden, sondern es wird ihn
auch in Zukunft geben. Die Beschäftigung mit der Geschichte, so Autor
Stefan Schlott im letzten Kapitel des
Buches, soll eine Chance bieten für
die Zukunft. Sie biete die Möglichkeit,
„größere Zusammenhänge zu erkennen und vor allem, einmal begangene
Fehler nicht zu wiederholen“. Das Hier
und Jetzt findet deswegen genauso in
dem Buch statt wie das Morgen.
Fazit: „Mit Leidenschaft Entwickler“
ist ein gelungenes Buch, dem man
auch ansieht, wie viel Arbeit hineingesteckt wurde. Seine ausführliche
Lektüre bietet ebenso wie das einfache Durchblättern eine schöne Gelegenheit, die beiden Jubliläumsunternehmen Pierburg und Kolbenschmidt
etwas besser kennenzulernen – gerade auch für die Mitarbeiter des jeweils
anderen Unternehmens.
Foto: Michael Rennertz
Seit Beginn dieses Jahres ist es nun
auf dem Markt – das
von dem Automobil­
journalisten Stefan
Schlott verfasste Jubiläumsbuch „Mit Leidenschaft Entwickler“
(siehe auch „Das Profil“ 4/2009). Auf 167
Seiten erzählt Schlott
die spannende Geschichte zweier Unternehmen, die seit 100 Jahren denselben
Markt bedienen – die internationale
Automobilindustrie. In abgegrenzten
Kapiteln werden historische und aktuelle Themen beleuchtet, die mal nur Pierburg, mal nur Kolbenschmidt, häufig
aber auch beide Unternehmen betreffen. Dabei verzichtet der Autor auf eine
detailreiche chronologische Erzählweise oder auf die für den Laien ohnehin
nur mühsam verständliche, ausführliche technische Darstellung einzelner
Produkte oder Entwicklungen.
Der Zugang zu diesem Buch erschließt sich in erster Linie über die
Bilder. Diese überwiegen eindeutig den Text, und gerade das macht
das Werk auch richtig attraktiv. Alte
Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Produktionsstätten aus den 1960er Jahren
des 20. Jahrhunderts, die uns heute so
fremd erscheinen, Werbeanzeigen aus
allen Jahrzehnten, die ein Kaleidoskop
der Phantasie von Werbeschaffenden
zeigen, schöne Aufnahmen von nie
vergessenen Kultautos oder die vielen
15
„Mit Leidenschaft Entwickler“: Dipl.-Volkswirt Felix Droste (r.), Geschäftsführer des
gleichnamigen Düsseldorfer Verlages, und Vorstandschef Dr. Gerd Kleinert von der
Kolbenschmidt Pierburg AG mit dem Jubiläumsbuch zum 100-jährigen Bestehen.
Indes – es kam noch viel besser.
Im vergangenen November erfuhr
Bech­told, dass er das beste Abschlusszeugnis aller Werkstoffprüfer
in Baden-Württemberg in der Tasche
hatte: „Ich wurde zunächst zu einer
Feierstunde für die besten Auszubildenden auf Landesebene nach Mannheim eingeladen. Es ging aber noch
weiter: Im Dezember 2009 wurden wir
als bundesbeste Auszubildende – die
IHK wählte aus jedem Berufsfeld den
Besten bzw. die Beste aus – von Bundespräsident Köhler empfangen und
nach einem Grußwort mit einer Urkunde geehrt. Kurz zuvor fand im Hause
Kolbenschmidt Pierburg auch die Auszeichnung durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. Gerd Kleinert statt.“
Der 26-Jährige hat einen außergewöhnlich langen Weg hinter sich, an
dem er konsequent festhielt, bis er
am Ziel war. Heute weiß er, dass der
Beruf des Werkstoffprüfers genau
das Richtige für ihn ist. Dieser Weg
hat sich erst im Laufe seiner ersten,
einer kaufmännischen, Ausbildung
herauskristallisiert: „Nach Abschluss
der Mittleren Reife in der Realschule
in Gundelsheim habe ich zunächst die
Ausbildung zum Industriekaufmann
bei der Firma Amphenol-Tuchel in Heil-
„Mit Leidenschaft Entwickler“ ist im
Düsseldorfer Droste-Verlag erschienen
und kostet 22,95 E. Zu beziehen ist es
über den Buchhandel, den InternetBuchhandel oder über www.drostebuchverlag.de. Dr. Christian Leitzbach
Neckarsulm. Kai Bechtold gehörte im vergangenen Jahr zu den 209 besten Auszubildenden der insgesamt 80 Industrie- und Handelskammern in der Bundesrepublik Deutschland. Mehr noch: Er wurde im Dezember 2009 von Bundespräsident Horst Köhler als bundesweit bester Werkstoffprüfer in Berlin geehrt. Seine
Ausbildung zum Werkstoffprüfer hat er bei der KS Aluminium-Technlologie GmbH
(ATAG) in Neckarsulm absolviert. Der gebürtige Gundelsheimer war im zweiten
Halbjahr 2009 stark gefragt und hatte aufgrund seiner persönlichen Leistung
einen gleichermaßen dicht gedrängten und repräsentativen Terminkalender.
Aus gutem Grund, war er doch mit einem Mal ein gefragter Mann: „Nach meiner
Ausbildung, die ich mit der Gesamtnote 1,0 abgeschlossen hatte, zusammengesetzt aus der schriftlichen und der praktischen Prüfung, war ich sehr viel unterwegs. Zunächst kam die Nachricht der IHK Heilbronn Franken, dass ich Kreisund Regionsbester im Landkreis Heilbronn geworden war – klar war ich stolz.“
ßend bei der ATAG für eine dreijährige Ausbildung zum Werkstoffprüfer
beworben. Ich war der erste, den das
Unternehmen in diesem Beruf ausgebildet hat. Normalerweise dauert diese Ausbildung dreieinhalb Jahre; ich
konnte dank der Fachhochschulreife
um ein halbes Jahr verkürzen.“
Die gesamte Lehrzeit lief erfolgreich ab. Im dritten Jahr setzte die
Abschlussprüfung den Glanzpunkt.
Die sehr gute Prüfungsnote ergab sich
aus entsprechenden Leistungen in der
schriftlichen Prüfung und im praktischen Prüfungsverfahren. Dieses fand
bei der ATAG statt und wurde von drei
Prüfern der IHK abgenommen. Dabei
musste der passionierte Tennisspieler
Aufgabenpensum bewältigte er mit
Bravour, unterm Strich wurden 95 Prozent der Aufgaben exzellent gelöst.
Nach gelungener Prüfung arbeitete
Bechtold zunächst weiterhin bei der
Firma ATAG; vor kurzem wurde er von
Kolbenschmidt Pierburg übernommen,
um für die gesamte Gruppe als Werkstoffprüfer in der Vorentwicklung tätig zu sein,
die im Moment neu strukturiert wird.
Der trotz aller Erfolge bescheiden gebliebene 26-Jährige möchte weiterhin
im praktischen Bereich tätig sein. Ob
er später „seinen“ Techniker machen
wird, ist derzeit noch offen; im Moment
ist er froh, in seinem Traumberuf angekommen zu sein – ein Ziel, das ihn stets
vorangetrieben hat: „Im Laufe der Jah-
Kai Bechtold von KSPG ist der bundesweit beste Werkstoffprüfer
Mit Ausdauer und viel Fleiß
bronn gemacht. Dort war ich unter anderem im Bereich After-Sales-Service
für Probleme technischer Art zuständig. Dabei weckte die Zusammenarbeit mit der Fertigungsüberwachung
und Qualitätssicherung das Interesse
an der technischen Bearbeitung der
Reklamationen.
Foto: Thomas Klink
Kai Bechtold – hier bei der Zugprobe in einer Universalprüfmaschine – wurde vor kurzem von Bundespräsident Horst Köhler als bundesweit bester Werkstoffprüfer in Berlin geehrt. Seine Ausbildung absolvierte
der 26-Jährige bei der KS Aluminium-Technlologie
GmbH in Neckarsulm; seit kurzem ­arbeitet er
bei der Kolbenschmidt Pierburg AG in
der neuen zentralen Vorentwicklung.
Bechtold weiter: „Ich habe jedoch
festgestellt, dass ich als Kaufmann nicht
über ausreichende Kenntnisse verfüge,
um diesen Anforderungen gewachsen
zu sein. Also holte ich nach Beendigung
der kaufmännischen Ausbildung am Berufskolleg der Johann-Jakob-WidmannSchule in Heilbronn, einer zweijährigen
Vollzeitschule, die Fachhochschulreife
nach, um hier gleichzeitig die Lücken
in Physik und Mathematik schließen
zu können. Finanziert habe ich mir das
Ganze im ersten Jahr durch Aushilfsjobs
bei meinem ehemaligen Arbeitgeber,
der Firma Amphenol.“
Im zweiten Schuljahr konzentrierte sich Kai Bechtold dann voll auf die
Schule: „Um meine technischen Kenntnisse zu perfektionieren und praktisch
auszuüben, habe ich mich anschlie-
insgesamt fünf Aufgaben lösen, und
zwar innerhalb von zwölf Stunden.
Bechtold: „Darunter war beispielsweise ein Zugversuch an einem Aluminium-Werkstück; ich musste eine mir
vorgelegte Probe entsprechend der
DIN-Richtlinien untersuchen, das heißt
die Zugfestigkeit und die Dehnung ermitteln. Die Probe habe ich dann an
entsprechender Stelle markiert und gebrochen, um sie vermessen zu können,
und anschließend per Computer ausgewertet. Wichtig war dabei, die Proben so vorzubereiten, dass die Werte
optimal ermittelt werden konnten.“
Eine weitere Aufgabe bestand darin,
per Ultraschallverfahren eine Prüfung
an einem Aluminium-Quader durchzuführen, der zuvor mit Löchern präpariert und anschließend verschweißt
und zulackiert worden war. Werkstoffprüfer Bechtold: „Anhand des Ausschlags der Schallwellen musste ich
die Messung vornehmen und anschließend eine Skizze erstellen, die alle
Bohrungen aufzeigt. Wichtig dabei war
auch, die richtige Stelle zu erkennen,
an der am Besten gemessen wird.“ Das
re, vor allem während meiner 2. Ausbildung, sind mein Interesse an und meine
Fähigkeiten in Physik und Mathematik
deutlich gestiegen, was ich in dieser
Form unmittelbar nach meiner Schulzeit
nie für möglich gehalten hätte.“
Dass er grundsätzlich ausdauernd,
aufgeschlossen und neugierig ist, beweist zudem seine Vorliebe für das
Geocoaching, eine Art Schatzsuche per
Global Postitioning System (GPS) und
Internet – ein eher ausgefallenes Hobby.
Dabei wird ein wetterfester und mit GPS
ausgestatteter Behälter, der so genannte Cache, versteckt. Diese Art moderner
Schnitzeljagd gibt es in Deutschland
erst seit dem Jahr 2000; das Forum im
Internet besteht inzwischen aus mehr
als 120 000 Mitgliedern.
Seine Neugierde und die, wie er betont, „alten, konservativen Tugenden
wie Fleiß, Respekt und Durchhaltevermögen“ haben den frischgebackenen
Werkstoffexperten von Kolbenschmidt
Pierburg stets motiviert und ihm damit
gewiss auch den nötigen „Dreh“ für
seinen fulminanten Ausbildungsabschluss geliefert.
Karin Brück
Neuenstadt. werden. Da ich Modellbauer bin, beSo widmete sich Bernd Greiner wieAus dem vorzuge ich natürlich ein stabiles Ge- der ganz dem Modellflug, genauer geKeller ertönt ein rüst um mich herum und nicht so eine sagt: dem experimentellen Modellflug.
Geräusch,
das entfernt an einen schwabbelige Luftmatratze.“ Deshalb Dabei geht es nicht um den möglichst
Föhn erinnert, nur lauter. Betritt man machte Greiner mit 18 Jahren an einer originalgetreuen Nachbau von Flugden Raum, so entpuppt er sich als Flugschule auf der Schwäbischen Alb zeugen, sondern vielmehr um die ReaWerkstatt. An den Wänden befinden den Drachenflugschein. „Das Gefühl lisierung exotischer Entwürfe. „Hier ist
sich vollgestopfte Regale und darunter ist grandios, sei es bei dynamischen der Modellbauer gefragt, der sich anmehrere Maschinen. In der Mitte steht Hang- oder bei thermischen Steigflü- hand von Bauplänen oder über Interein großer Tisch, und darauf ist ein gen“, gerät er rückblickend ins Schwär- netforen das nötige Wissen aneignet.“
elektrisch betriebener Motor mit Pro- men. Aber die Drachenfliegerei ist sehr Zwar gibt es inzwischen Modellbausätpeller montiert, der sich mit rund 7000 zeitaufwändig. Denn geeignete Flug- ze und entsprechende Elektromotoren
Umdrehungen pro Minute dreht. „Für reviere wie beispielsweise das Allgäu in Hülle und Fülle zu kaufen, aber für
mich klingt das wie MuBernd Greiner besteht
sik“, sagt Bernd Greiner.
der besondere Reiz seiKein Wunder, denn er ist
nes Hobbys nach wie
passionierter Flugzeug- Bernd Greiner experimentiert beim Modellflug
vor darin, alles selber
modellbauer.
zu machen. BisweiDer 39-Jährige, der
len nimmt er auch mal
als Gruppenleiter im
einen Bausatz in die
P roduk t management
Hand. Dann wird aber
der MS Motor Service
so lange rumgebaut,
International
GmbH
bis
Geschwindigkeit
(MSI) im baden-würtund Flugdauer des Motembergischen Neuendells deutlich verbesstadt arbeitet, hatte
sert sind.
sich schon in der KindSeine Werkstatt ist
heit für alles begeistert, was fliegen waren für ihn nur nach längeren Auto- dazu bestens ausgestattet. „So mankann. Als er sieben Jahre alt war, fahrten zu erreichen. Außerdem fehlte cher Euro ist in den vergangenen Jahschenkten ihm seine Eltern den ers- ihm das Tüfteln und Basteln; schließ- ren in meinen Maschinenpark geflosten Modellbausatz mit dem schönen lich kann man Hängegleiter nicht im sen und damit buchstäblich in den
Namen „Der kleine Uhu“. Mit Hilfe Do-it-yourself-Verfahren bauen.
Keller gegangen“, sagt er mit einem
seiner älteren Brüder baute er diesen
Eines Tages fiel ihm eine Modell- Augenzwinkern. Mit einer Dreh- sodamals sehr populären Segelflieger bau-Zeitschrift in die Hand. Darin wie einer Fräsmaschine lassen sich
zusammen. Das Modell, das aus Bal- wurde unter der Überschrift „Umrüs- Motorkomponenten herstellen. Spansa- und Kiefernholz bestand, flog ten von CD-ROM-Motoren“ erläutert, nung und Propellerdrehzahl können
auch mehrere Male über weite Stre- wie aus Elektronikschrott leistungs- mit verschiedenen Messgeräten becken, bis es schließlich unsanft in fähige elektrische Antriebe gebaut stimmt werden. Ein spezielles Comeinem Holzstapel niederging. „Das werden können. „Damals, es war, puterprogramm rechnet dann den
Neue Motoren aus
Elektronikschrott
Fotos: Thomas Klink
Bernd Greiner widmet sich dem experimentellen Modellflug. Dabei geht es nicht um
den möglichst originalgetreuen Nachbau von Flugzeugen, sondern um die Realisierung exotischer Entwürfe. Zwar gibt es inzwischen Modellbausätze und entsprechende Elektromotoren in Hülle und Fülle, aber für den 39-Jährigen besteht der
besondere Reiz seines Hobbys nach wie vor darin, „alles selber zu machen“. Bisweilen nimmt er auch mal einen Bausatz in die Hand: Dann wird aber so lange rumgebaut, bis Geschwindigkeit und Flugdauer des Modells deutlich verbessert sind.
war meine erste, aber beileibe nicht
letzte Bruchlandung“, erinnert sich
Bernd Greiner.
Von da an baute er immer größere,
schließlich auch ferngesteuerte Gleitflugzeuge mit Spannweiten von bis zu
110 Zentimetern. Mit zunehmendem
Alter wollte er aber auch selbst fliegen. „Die einfachste Möglichkeit dazu
sind Gleitschirme oder Drachen, die
im Fachjargon Hängegleiter genannt
glaube ich, im Jahr 2003, konnte man
solche Hochleistungsmotoren nicht
einfach kaufen. Und der Ansatz, aus
Schrott elektrische Antriebe zu bauen, die alles Bisherige in den Schatten stellen, war natürlich genau mein
Ding.“ Fast zur selben Zeit machte auch die Speichertechnik einen
großen Sprung nach vorn. Denn die
neuen Lithium-Polymere-Akkus boten eine größere Speicherdichte bei
geringerem Gewicht, also genau das
Richtige für den Modellbau.
Leistungs- und Wirkungsgrad des Antriebes exakt aus. Schließlich ist noch
eine Vakuumpumpe vorhanden. Denn
wenn mit Faserverbundwerkstoffen
gearbeitet wird, ist es wichtig, einen
hohen Faser- und einen möglichst geringen Kunststoffanteil zu erreichen,
was mit Handlaminierverfahren nur
schwerlich gelingt.
noch mehr Festigkeit drin ist. Dann bin
ich beispielsweise von der herkömmlichen Holzrippenbauweise auf eine
neue Technik wie Styropor umgestiegen, das man mit einem heißen Draht
ausschneiden kann.“ Die Fläche der
Profile wird anschließend mit Furnier,
Balsaholz oder glasfaserverstärkten
Kunststoffen beplankt.
In den zurückliegenden fünf Jahren
hat Bernd Greiner zwölf ferngesteuerte Modellflugzeuge mit Spannweiten
zwischen 70 und 350 Zentimetern gebaut, manche davon sogar mehrmals.
„Mitunter habe ich gemerkt, dass
mit einer optimierten
Bauweise
Besonders angetan haben es ihm
so genannte Nurflügler, das sind Flugzeuge ohne Differenzierung zwischen
Tragflächen und Rumpf wie der USamerikanische „Tarnkappen“-Bomber
B-2 Spirit. Zu dieser Kategorie gehört
auch sein Lieblingsmodell „Elipstick“.
Es besteht lediglich aus 3 x 6 Millimeter starken Balsaholzleisten, ist mit einer transparenten Kunststofffolie bespannt und natürlich mit einem Motor
Marke Eigenbau ausgestattet.
Vor allem in den Sommermonaten geht es im Schnitt alle zwei
Wochen für mehrere Stunden
zum Fliegen. Dann werden
die Modelle so richtig auf
Herz und Nieren getestet. Dabei erzielen sie
Geschw indig keiten
von bis zu 150 Stund e nk il o m e te r n
und eine Flugdauer
von
über einer
Stunde.
Möglich
w i r d
dies,
weil
die
Motoren, die modernste NeodymMagnete besitzen, Wirkungsgrade von
80 Prozent und mehr erreichen. „Aus
diesem Grund wird der elektrische Antrieb in Zukunft auch immer öfter im
Automobilbau eingesetzt werden“, ist
Bernd Greiner sicher.
Elektroautos werden sicherlich eine
immer wichtigere Rolle im Straßenverkehr spielen – das auch auf dem Automobilsektor immer mehr Wege zum
bzw. über den Strom führen (werden),
war nicht zuletzt das Thema auf der
diesjährigen 63. Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am
Main. Zudem schon heute immer mehr
Komponenten vom Motor abgekoppelt
und elektrisch betrieben werden. Dazu
gehört zum Beispiel eine Kühlmittelpumpe von Kolbenschmidt Pierburg
(KSPG), die auf einen mechanischen
Antrieb über Keil- oder Zahnriemen
verzichtet. Diese Pumpe funktioniert
übrigens nach demselben elektrischen Prinzip wie die HochleistungsMotoren von Modellflugzeugen. Bernd
Greiner kann also durchaus Beruf und
Hobby miteinander verbinden, auch
wenn es zurzeit noch keine direkten
Berührungspunkte gibt. Denn MSI ist
die Vertriebsorganisation für das so
genannte Aftermarket-Geschäft von
KSPG. „Wir kommen immer erst dann
ins Spiel, wenn die Herstellergarantie
abgelaufen ist. Dennoch mache ich mir
natürlich schon heute Gedanken über
den Ersatzteilbedarf von morgen.“
Als Flugzeugmodellbauer verfolgt
Bernd Greiner mit besonderem Interesse die Aktivitäten von Rheinmetall
auf dem Gebiet der unbemannten Luftfahrzeuge, wo das Unternehmen weltweit zu den Technologieführern gehört.
Diese auch als Drohnen bekannten
Flugobjekte werden im militärischen
Bereich vor allem zur Überwachung,
Erkundung und Aufklärung eingesetzt.
„Ich würde den Kollegen bei Defence
gerne mal über die Schultern schauen, sozusagen von Modellbauer zu
Modellbauer“, so sein Wunsch. Mal
schauen, was sich machen lässt…
Dr. Thomas Oelschlägel

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