SCHULDRECHT

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SCHULDRECHT
SCHULDRECHT
I. EINLEITUNG
Schuldrechtliche Beziehung: relative Beziehung – Gläubiger A hat gegen Schuldner B einen
ANSPRUCH auf die Leistung von XXX.
Jede Falllösung sollte mit der richtigen KLAGE beendet werden: A hat gegen B die Klage XXX auf XXX.
ACTIO IN PERSONAM = Keine konkrete Klage, Überbegriff für schuldrechtliche Klagen gegen
Personen
ARTEN SCHULDRECHTLICHER ANSPRÜCHE:
1) Anspruch aus Vertrag
2) Anspruch aus Delikt
Aus einer unerlaubten Handlung wird ein schuldrechtlicher Anspruch
abgeleitet
–
Verschulden
nötig.
(zum
Beispiel
deliktischer
Schadenersatzanspruch, es gibt auch vertragliche Schadenersatzansprüche)
II. VERTRÄGE
VERTRAG = Zweiseitig verpflichtendes Rechtsgeschäft. Es muss Konsens herrschen – es braucht zwei
übereinstimmende Willenserklärungen.
Erste Frage bei der Fallprüfung: WELCHER VERTRAGSTYP LIEGT VOR? HERRSCHT KONSENS
ÜBER DIESEN VERTRAG? Was wurde in den Willenserklärungen festgelegt?
ID QUOD ACTUM EST = Was die Parteien ausgemacht haben; was soll Vertragsinhalt werden?
ARTEN VON VERTRÄGEN:
KONSENSUALVERTRAG: Vertrag kommt allein durch Konsens über Kaufgegenstand und Kaufpreis
zustande (z.B. Kaufvertrag).
[Kein Prinzip der Privatautonomie im Römischen Recht, Formalismus vorhanden.]
REALVERTRAG: Für das Zustandekommen eines Realvertrags braucht es auch den Konsens
(CONVENTIO), zusätzlich braucht es eine reale Sachhingabe (DATIO).
VERBALVERTRÄGE: Ein Verbalvertrag kommt dadurch zustande, dass die Parteien ein Versprechen in
vorgegebene Wortformeln kleiden. Der wichtigste römische Verbalvertrag ist die STIPULATION. Diese
ist nicht festgelegt auf einen bestimmten inhaltlichen Typus, sondern auf eine bestimmte Form. Die
Stipulation wird abgeschlossen, indem die Parteien zusammenkommen und durch ein formalisiertes
Frage-Antwort-Verfahren einem Versprechen Ausdruck verleihen.
LITTERALKONTRAKT
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INNOMINATVERTRÄGE: zum Beispiel der Tauschvertrag, der in keinen bestimmten Vertragstypus
hineinfällt.
BONAE FIDEI IUDICIA und IUDICIA STRICTI IURIS
Nach dem Beurteilungsspielraum des Richters lassen sich zwei Klagetypen unterscheiden: Als BONAE
FIDEI IUDICIA werden jene Klagen bezeichnet, die den Iudex anweisen, die Pflichten der Parteien EX
FIDE BONA festzulegen. Die Entscheidung ist dabei unter umfassender Berücksichtigung der
jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu treffen. Umstände, die dem Anspruch des Klägers
entgegenstehen, kann der Beklagte bei einem IUDICIUM STRICTI IURIS nur im Wege einer förmlichen
Einrede geltend machen. Dabei ist erforderlich, dass der Prätor auf Antrag des Beklagten eine
entsprechende EXCEPTIO in das Streitprogramm aufnimmt.
Bei einem BONAE FIDEI IUDICIUM bedarf es keiner EXCEPTIO im Streitprogramm, weil ein doloses
Verhalten des Klägers vom Iudex ohnehin aufgrund der BONA FIDES in die Beurteilung einzubeziehen
ist.
NATURALOBLIGATION: Der Gläubiger hat bei einer Naturalobligation keine Klage, aber wenn die
Schuld erfüllt wurde, kann der Leistende sie nicht zurückfordern.
SYNALLAGMATISCH: Zweiseitig verpflichtend  beide Vertragsparteien sind zu einer Leistung
verpflichtet.
III. REALVERTRÄGE
Für das Zustandekommen eines Realvertrags braucht es den Konsens (CONVENTIO), zusätzlich
braucht es eine reale Sachhingabe (DATIO).
Zu den römischen Realverträgen zählen MUTUUM (zinsenloses Darlehen), DEPOSITUM
(Verwahrung), COMMODATUM (Leihe) und PIGNUS (Pfandrealvertrag)
DATIO = Sachenrechtlich wird der Leihnehmer Fremdbesitzer (COMMODATUM), der
Darlehensnehmer wird Eigentümer (MUTUUM), bei den anderen Realverträgen wird der
Übernehmer Fremdbesitzer.
FALL 1 – ÜBUNGSBUCH
Für das Zustandekommen eines Realvertrages braucht es eine CONVENTIO und eine DATIO.
Conventio liegt vor, weil zwischen Brontes und Ariadne eine unentgeltliche
Gebrauchsüberlassung vereinbart wurde. Datio liegt nicht vor, weil die Sache nicht
übergeben wird. Daher kommt kein gültiger Leihevertrag zustande. ANTWORT: Es gibt keinen
gültigen Vertrag, der einen Anspruch aus dem Vertrag rechtfertigen würde, d.h. für den
Schadenersatzanspruch besteht keine Rechtsgrundlage – Brontes hat keine Möglichkeit den
Schaden gegenüber Ariadne geltend zu machen.
Andere Möglichkeit, zu argumentieren: -) Anspruch aus dem vorvertraglichen Verhältnis
(Culpa in contrahendo) ist nicht möglich, da dies im römischen Recht nur beim Kaufvertrag
belegt ist. -) Durch die Vereinbarung wurde ein Vorvertrag geschlossen: Dies wäre aber nur
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durch Stipulation möglich, die Vertragspartner hätten die Vereinbarung als Stipulation
abschließen müssen.
MUTUUM
Das Mutuum entsteht durch die mit Übereignung verbundene Hingabe einer bestimmten Menge
vertretbarer Sachen im Einverständnis, dass der Empfänger nach einer bestimmten Zeit ebensoviel
derselben Gattung zurückgeben soll. (Vertretbare Sachen sind solche, die im Geschäftsverkehr nach
Maß, Zahl oder Gewicht erfasst werden)
VORAUSSETZUNGEN FÜR DAS ZUSTANDEKOMMEN EINES MUTUUM:
1) CONVENTIO: eine entsprechende Darlehens-CONVENTIO muss vorliegen.
2) DATIO: reale Hingabe der Darlehensvaluta + die Darlehensvaluta muss eine vertretbare Sache sein
+ die Darlehensvaluta muss dem Darlehensgeber gehören und/oder seiner sachenrechtlichen
Verfügung durch Datio unterliegen
ZINSEN = ein Entgelt, d.i. eine vereinbarte Leistung für eine Gegenleistung. (Entgeltlicher
Vertrag). Das römisch-rechtliche Darlehen ist ein unentgeltlicher Vertrag, es gibt keinen
Spielraum für Zinsen. Durch Stipulation wäre es möglich, auch für ein Darlehen Zinsen zu
verlangen.
Der Darlehensgeber hat gegen den Darlehensnehmer die KLAGE der ACTIO CERTAE CREDITAE
PECUNIAE (bei Geld) oder CONDICTIO TRITICARIA (bei Naturalien). Die Klage des Darlehensgebers ist
die CONDICTIO, sie ist ein IUDICIUM STRICTI IURIS. Sie geht auf Leistung einer bestimmten Sache
bzw. Menge von Sachen (CERTA RES) oder einer bestimmten Summe Geldes (CERTA PECUNIA).
Wenn der Beklagte Einwendungen hat, muss er eine förmliche Einrede vorbringen.
Wenn die Sache zufällig untergeht, haftet vor der Datio der Darlehensgeber und nach der Datio der
Darlehensnehmer. Der Darlehensnehmer haftet, weil er mit Zustandekommen des Vertrages
Eigentümer geworden ist. (CASUM SENTIT DOMINUS)
CASE 1 – CASEBOOK
In der ersten Variante werden zehn Geldstücke übergeben, sodass der Darlehensnehmer 9
Geldstücke schulden soll. In der Conventio sind neun Geldstücke umfasst, übergeben werden
zehn Geldstücke. (Geld ist vertretbare Sache, Eigentum muss übertragen werden) In welcher
Höhe kommt ein Darlehen zustande? Über neun Geldstücke kommt ein gültiges Darlehen
zustande. Zehntes Geldstück: Wenn Schenkung, dann muss ein Schenkungswille vorliegen –
eine Sache unentgeltlich zu übertragen, ohne Gegenleistung. Hat sich der andere eine
Gegenleistung erwartet, kann das Geldstück mit der Condictio indebiti zurückgefordert
werden. Oder Conditio Data Causa non Secuta.
In der zweiten Variante werden zehn Geldstücke übergeben, sodass der Darlehensnehmer 11
Geldstücke schulden soll. Das Darlehen kommt über zehn Geldstücke zustande – die Datio ist
über zehn Geldstücke erfolgt, jedes weitere Geldstück, das zurückgestellt werden muss,
wären Zinsen. Über alle elf Geldstücke müsste eine Stipulation vereinbart werden – es würde
aus praktischen Gründen wohl gar kein Darlehensvertrag geschlossen werden.
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FALL 3 – ÜBUNGSBUCH
Felix ersucht Gaia um ein Darlehen von 700. Gaia hat kein Geld und bittet Hermes, der Gaia
1000 schuldet, an Felix 700 auszuzahlen. Felix zahlt aber nur 500 aus.
Es liegt eine Conventio über ein Darlehen vor in der Höhe von 700. Die Sache ist eine
vertretbare Sache. Datio: Gaia weist einen Dritten an, die Summe an den Darlehensnehmer
zu zahlen – der Dritte zahlt 500. Zwischen Felix und Gaia kommt ein Darlehensvertrag
zustande – in der Höhe von 500. (ANWEISUNGSDARLEHEN – im römischen Reich unstrittig
anerkannt als eine Form des Darlehens)
Gaia hat gegen Felix den Anspruch auf 500 mit der Klage ACTIO CERTAE CREDITAE PECUNIAE.
VEREINBARUNGSDARLEHEN
CASE 2 – CASEBOOK
Vereinbarung durch Mandat, dass B dem A eine Schuld von X eintreibt. B treibt die Schuld
ein. B bittet nun, sich das Geld als Darlehen behalten zu dürfen. A sagt ja. Kommt ein
Darlehen zustande? Rein faktisch dasselbe wie Anweisungsdarlehen, aber es scheitert daran,
dass B bereits Eigentümer des Geldes geworden ist. Es gibt im römischen Recht keine direkte
Stellvertretung. Diese Form des Darlehens scheitert an der Eigentumsübertragung an den
Darlehensnehmer, weil der B aus dem Mandat bereits Eigentümer geworden ist, A kann ihm
nicht das Eigentum am Geld übertragen. In dieser Form würde man durch bloße
Vereinbarung ein Darlehen begründen, es gibt keine Datio.
MEINUNGSSTREIT: Ulpian anerkennt dies trotzdem, er sagt durch die Vereinbarung kommt
das Darlehen zustande. Es ist ein VEREINBARUNGSDARLEHEN. KONSEQUENZ: Das Geld kann
mit der ACTIO CERTAE CREDITAE PECUNIAE herausverlangt werden.
CASE 4 – CASEBOOK
Der Prokurator soll für den Lucius Titius Geld eintreiben. Der Prokurator hat das Geld bei sich,
und fragt um ein Darlehen an.
MEINUNGSSTREIT: Julian sagt, es kommt hier kein Darlehen zustande, weil der Prokurator
schon Eigentümer ist. (Der Prokurator erwirbt erst für sich Eigentum und fragt dann um das
Darlehen an.) KONSEQUENZ: Das Geld kann nur mit der ACTIO MANDATI DIRECTA
herausverlangt werden. Über das Mandat sind auch Zinsen möglich, sofern sie vereinbart
wurden.
Wenn vereinbart wird, dass TU das Geld, das bei ihm von EGO hinterlegt wird, als Darlehen
verwenden darf, liegt nach Julian ein Darlehen vor. Denn der Hinterleger ist Eigentümer
geblieben, und TU ist nur Fremdbesitzer. Wenn EGO und TU nun ein Darlehen vereinbaren,
kommt es zu einer Eigentumsübertragung durch TRADITIO BREVI MANU. Der Fremdbesitzer
wird zum Eigenbesitzer und Eigentümer.
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FALL 2 - ÜBUNGSBUCH
Am 1.1 übergibt Aurelia dem Bassus einen verschlossenen Sack mit 1000 Sesterzen. Es
kommt eine Verwahrung zustande, weil der Sack übergeben wird (Datio) und sich die beiden
über eine Verwahrung einigen (Conventio). Sachenrechtlich wird der Verwahrer
Fremdbesitzer, die Aurelia bleibt mittelbare Eigenbesitzerin und Eigentümerin des Geldes.
Am 10.03 bittet Bassus die Aurelia um ein Darlehen, das er nach drei Monaten zurückzahlen
will. Die beiden einigen sich, dass Bassus die bestimmte Menge an vertretbaren Sachen
verwenden darf – und nach einer bestimmten Zeit wieder zurückgeben soll. (CONVENTIO)
Datio: Überträgt Aurelia dem Bassus Eigentum? Sachenrechtlich – wenn sich A und B einigen,
dass B das Geld als Darlehen behalten darf – gibt Aurelia ihren Eigenbesitzwillen auf, Bassus
fasst erlaubterweise Eigenbesitzwillen (Animus possidendi) und er hat auch Corpus an der
Sache, weil er sie bisher im Fremdbesitz hatte. Es liegt eine Traditio Brevi Manu vor: Der
Besitz wird von Aurelia auf Bassus übertragen (1.Voraussetzung Eigentumsübertragung), es
liegt eine Iusta Causa vor (= Darlehensvertrag; 2.Voraussetzung Eigentumsübertragung) und
Aurelia hat die dingliche Berechtigung als Eigentümerin (3.Voraussetzung
Eigentumsübertragung).
Es kommt ein Darlehen zwischen Aurelia und Bassus zustande – es ist KEINE KONTROVERSE
nach Julian und Ulpian. Es ist KEIN VEREINBARUNGSDARLEHEN!!!
Aurelia hat gegen Bassus eine ACTIO CERTAE CREDITAE PECUNIAE auf Sesterzen.
FALL 4 – ÜBUNGSBUCH
Zwischen Peitho und Rufus kommt ein Mandat zustande. Mit der späteren Vereinbarung,
dass Rufus das Geld verwenden darf, soll ein Darlehen abgeschlossen werden. Kommt ein
Darlehen zustande? Bei einem Darlehen wird eine bestimmte Menge an vertretbaren Sachen
hingegeben mit der Vereinbarung, dass nach einer bestimmten Zeit dieselbe Menge der
gleichen Art zurückgegeben werden soll. Damit der Vertrag zustandekommt, braucht es eine
Conventio und eine Datio (Sache muss vertretbar sein, Eigentum muss an den
Darlehensnehmer vom Darlehensgeber übertragen werden, reale Sachhingabe). Da es keine
direkte Stellvertretung im römischen Recht gibt, ist Rufus zum Zeitpunkt der
Darlehensconventio Eigentümer des Geldes durch das Mandat. Beim Darlehen muss
Eigentum an den Darlehensnehmer übertragen werden – dadurch ist kein Darlehen zustande
gekommen. Mangels Datio kommt kein Darlehen zustande, so die Ansicht von Julian. Die
Klage zur Herausgabe des Geldes wäre die Actio Mandati Directa. Das Mandat ist ein BONA
FIDAE IUDICIUM, hier besteht mehr Raum für Vereinbarungen, hier wäre eine
Zinsvereinbarung möglich, die mit der Actio Mandati Directa eingeklagt werden könnte.
Nach der Ansicht von Ulpian kommt ein Darlehen in der Form des Vereinbarungsdarlehens
zustande – die Klage hier ist die Actio Certae Creditae Pecuniae. Hier wären keine Zinsen
möglich.
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FALL 5 – ÜBUNGSBUCH
DEPOSITUM IRREGULARE = Es besteht ein Verwahrungsinteresse des Gebers und der
zustimmt, dass mit dem Geld gearbeitet wird, wenn er dafür vereinbarte Zinsen vom Nehmer
erhält. Die Klage ist die ACTIO DEPOSITI DIRECTA. Als BONA FIDAE IUDICIUM gibt dieses
Geschäft die Möglichkeit, Zinsen zu vereinbaren. Auch hier gibt es eine Datio und Conventio.
VARIANTE A: Zinsen sind sehr wohl möglich – Kassandra hat gegen Merops die ACTIO
DEPOSITI DIRECTA auf die 12.000 plus Zinsen.
VARIANTE B: Die Germanenhorde ist ein Fall der VIS MAIOR, des zufälligen Untergangs der
Sache. Beim Depositum Irregulare trägt der Verwahrer die Gefahr des zufälligen Untergangs
– denn er wird Eigentümer (casum sentit dominus). Kassandra hat gegen Merops die ACTIO
DEPOSITI DIRECTA auf die 12.000 plus Zinsen.
CASE 17 – CASEBOOK
Zuerst eine Verwahrung, wo erst mit dem Ergreifen des Geldes (ein Gestaltungsrecht des
Verwahrers) ein Mutuum zustande kommt.
CONTRACTUS MOHATRAE = A gibt B eine Sache, die beiden vereinbaren, dass B die Sache verkauft
und den Erlös als Darlehen für eine bestimmte Zeit als Darlehen behalten darf.
MEINUNGSSTREIT: Julian lehnt das Zustandekommen eines Darlehens hier ab. Ulpian lässt ein
Darlehen mit dem Erhalt des Verkaufserlöses zustande kommen – d.h. der Darlehensgeber hat die
Actio Certae Creditae Pecuniae. Bis zum Verkauf liegt bei Ulpian ein Innominatkontrakt, ein
atypischer Kontrakt, vor. Für Julian liegt nur ein Innominatkontrakt vor, da er ja kein Mutuum zulässt.
Es gibt auch bei atypischen Verträgen die Möglichkeit, auf Erfüllung zu klagen. (Erfüllungsklage bei
atypischen Verträgen ist die ACTIO PRESCRIPTIS VERBIS.)
Contractus Mohatrae ist die Vereinbarung an sich, A gibt B eine Sache, B soll die Sache veräußern
und den Betrag als Darlehen behalten. Lösung nach Ulpian: Mit dem Zeitpunkt, wo der
Darlehensnehmer den Veräußerungserlös bekommt, kommt für ihn ein Mutuum zustande, d.h. ab
diesem Zeitpunkt ist die Darlehensklage möglich. Davor ist es auch für Ulpian ein Innominatkontrakt.
Lösung nach Julian: Für ihn gilt die Vereinbarung als Ganzes als Innominatkontrakt, d.h. die Klage ist
insgesamt die Actio prescriptis verbis.
GEFAHRTRAGUNG: Nach dem Verkauf trägt der Darlehensnehmer die Gefahr, da er Eigentümer
geworden ist. Vor dem Verkauf ist der Darlehensgeber Eigentümer, der Darlehensnehmer ist
Fremdbesitzer und für die Eigentumsübertragung an den Dritten Verfügungsbefugter. Wer die
Gefahr vor dem Verkauf trägt, wird nach dem Utilitätsprinzip entschieden (Wer hat das größere
Interesse am Vertrag?)
FALL 4 – HANDOUT
B übergibt A einen Teppich mit der Vereinbarung, dass er diesen verkaufen kann und den
Erlös als Darlehen behalten kann. Im Zeitpunkt, wo der Teppich übergeben wird, kann kein
Darlehen zustande kommen, weil eine andere Sache zurückgegeben werden soll als
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hingegeben worden ist UND weil ein Teppich keine vertretbare Sache ist (wird nicht in Maß,
Zahl und Gewicht im Geschäftsverkehr gehandelt). Es liegt ein contractus mohatrae vor. Vor
dem Verkauf des Teppichs liegt ein Innominatkontrakt vor.
VARIANTE A: Mit Erhalt des Geldes kommt ein Darlehen zustande, Ulpian sieht darin die
erfüllte Datio. Nach Ulpian hätte B die actio certae creditae pecuniae auf die 1100.
Nach Julian kommt kein mutuum zustande, sondern es besteht ein Innominatkontrakt, B hat
die actio prescriptis verbis auf 1100.
VARIANTE: Wenn A unter dem vereinbarten Wert verkauft hätte, hätte er kein Eigentum
erworben.A ist nur Fremdbesitzer und Verfügungsbefugter – aber verfügungsbefugt, um den
Teppich um 1100 zu verkaufen. B hätte dann die REI VINDICATIO auf die Sache gegen den
Dritten.
VARIANTE B: Es geht die Sache unter durch vis maior vor dem Verkauf – eigentlich würde der
Eigentümer die Gefahr tragen, also B. Nach dem Utilitätsprinzip trägt derjenige die Gefahr,
der das größere Interesse am Zustandekommen des Vertrags hat. Da A das Darlehen erbeten
hat, hat er das größere wirtschaftliche Interesse, er trägt die Gefahr.
DEPOSITUM
Unentgeltliche Verwahrung einer Sache – der Verwahrer wird Fremdbesitzer, der Hinterleger hat die
Klage ACTIO DEPOSITI DIRECTA, um die Sache herausverlangen zu können. Der Verwahrer kann
Ansprüche für Aufwendungen geltend machen, die er wegen der Sache hatte (z.B.: Verursachter
Schaden durch Schaden). Der Verwahrer kann die Aufwendungen einklagen durch ACTIO DEPOSITI
CONTRARIA. Wenn er auf Herausgabe verklagt wird – es ist ein BONAE FIDEI IUDICIUM -, braucht er
keine förmlich Einrede geltend zu machen, denn der Iudex ermittelt nach bona fides diese Umstände
selbst. Der Angeklagte hat in dem Fall ein RETENTIONSRECHT, d.h. er kann die Sache für sich
behalten, so lange seine Aufwendungen nicht ersetzt wurden. Der Verwahrer kann sich an der Sache
befriedigen, wenn der Hinterleger die Aufwendungen nicht erbringt. Es ist ein dingliches Recht, d.h.
der Verwahrer hat Vorteile gegenüber anderen Gläubigern im Konkursverfahren.
CASE 11 – CASEBOOK
Ulpian spricht nur von einer Dolus-Haftung des Verwahrers.
CASE 12 – CASEBOOK
Text von Census: Was kommt dem Dolus nahe, und hat der Verwahrer auch dann zu haften?
Erweiterung der Haftung durch DILIGENTIA QUAM IN SUIS REBUS. Der Verwahrer hat auch
dann einzustehen, wenn er mit seinen eigenen Gegenständen sorgfältiger umgeht als mit
den ihm anvertrauten Gegenständen. Unterschied zur CULPA-Haftung (grobe Fahrlässigkeit):
Es ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab, nicht nach objektiven Kriterien gemessen. Ob jemand
mit CULPA haftet wird erwogen durch den Vergleich mit einem VIR BONUS, einer objektiven
Maßfigur. Wie hätte sich ein vir bonus verhalten, wie war das Verhalten der konkreten
Person? Hat die Person fahrlässig gehandelt?
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DER VERWAHRER HAFTET FÜR DOLUS, DILIGENTIA QUAM IN SUIS REBUS UND GROBE
FAHRLÄSSIGKEIT.
Utilitätsprinzip manifestiert sich bereits im Vertragstyp: Derjenige soll verstärkt die Gefahr tragen,
der das größere wirtschaftliche Interesse an einem Geschäft hat  Der Verwahrer haftet nicht für
leichte Fahrlässigkeit, weil er ja einen Freundschaftsdienst erweist, das Interesse liegt beim
Hinterleger. Der Entleiher, der das größere Interesse hat, haftet für DOLUS, CULPA UND CUSTODIA.
Es gibt Sonderfälle, wo beide ein Interesse an der Leihe haben.
FALL 8 – ÜBUNGSBUCH
Es kommt ein Vertrag über eine unentgeltliche Verwahrung zwischen Juno und Criton
zustande. Da es ein Realvertrag ist, braucht es conventio und datio: conventio liegt vor, da
Juno und Criton vereinbaren, dass Criton Junos Zitronenbaum unentgeltlich verwahren soll.
Datio liegt vor, da der Zitronenbaum übergeben wird, Criton wird Fremdbesitzer. Es kommt
ein Depositum zustande.
Der Verwahrer haftet für den Untergang, weil er mit seinen eigenen Bäumen sorgfältiger
umgeht als mit dem von Juno. Sie hat gegen Criton die actio depositi directa auf den Wert
des Zitronenbaums. Der Verwahrer hat grundsätzlich Anspruch auf Aufwendungen, die er für
die Sache tätigt. Er hätte ein Retentionsrecht im Prozess. (Der ENTLEIHER hätte nur Anspruch
auf Ersatz der außerordentlichen Betriebskosten. Der Entleiher muss die normalen
Betriebsaufwendungen selbst zahlen.)
FALL 6 – HANDOUT
Es liegt eine Leihe vor – Unentgeltliche Überlassung des Sklaven zum Gebrauch.
Zustandekommen durch conventio und datio. Der Entleiher haftet grundsätzlich für DOLUS,
CULPA UND CUSTODIA – nicht für vis maior. Hier liegt ein Sonderfall vor, da der Entleiher
seine Befugnisse überschritten hat, somit begeht der Entleiher eigentlich ein furtum, und das
führt zu einer strengeren Haftung, er hat hier auch für Untergang durch vis maior zu haften. B
hat gegen A die Klage ACTIO COMMODATI DIRECTA auf den Wert des Sklaven.
Spielsucht: 10000 Sesterzen um die der Sklave im Wert sinkt ist ein Schaden. Hier muss der
Verleiher vertraglich den Schaden ersetzen – es entsteht ein Schadenersatzanspruch des A,
weil ein Verschulden seinerseits vorliegt. (Wenn ein Sklave Verträge abschließt, entsteht eine
Naturalobligation – Wenn er leistet, kann die Leistung nicht mehr zurückgefordert werden)
Forderung des Schadenersatzes durch actio commodati contraria oder Retentionsrecht.
FALL 9 – ÜBUNGSBUCH
Leihvertrag: Conventio (Rhea kann Perlencollier unentgeltlich gebrauchen) und datio
gegeben. Rhea legt Collier ab, das Collier wird gestohlen – Rhea haftet grundsätzlich für
dolus, culpa und custodia. Hier liegt grob fahrlässiges Verhalten vor – ein vir bonus hätte ein
wertvolles Collier nicht unbeaufsichtigt liegen gelassen. Abgrenzung zur custodia – custodia
ist der Bereich, wo ein Schaden zu vermeiden gewesen wäre, wenn man äußerst vorsichtig
gehandelt hätte. (Treffen von Vorsichtsmaßnahmen) Nicht jeder Diebstahl ist custodia.
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Gegen Rhea die Klage actio commodati directa auf 27000. Entleiher haftet für Diebstahl –
dafür erhält der Entleiher die ACTIO FURTI gegen den Dieb, die eigentlich der Eigentümer, der
Verleiher, hätte. Nur dann, wenn sich der Verleiher aus dem Vertrag schadlos halten kann –
wenn der Entleiher solvent ist.
VARIANTE: MEINUNGSSTREIT  Ulpian sagt, dass bei beiderseitigem Interesse an der Leihe
der Entleiher nur für dolus haftet. In dem Fall haftet Rhea nicht. Gaius dagegen meint bei
beiderseitigem Interesse haftet der Entleiher für dolus und culpa, nicht für custodia. Hier
haftet Rhea.
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IV. EMPTIO VENDITIO
ZUSTANDEKOMMEN DES KAUFVERTRAGS
Der Kaufvertrag gehört zu den Konsensualverträgen. Ein Kaufvertrag kommt durch die
Willensübereinstimmung zweier Parteien zustande. Der Kaufvertrag ist ein synallagmatischer
Vertrag. Der Kaufvertrag ist entgeltlich. Der Kaufvertrag ist ein BONAE FIDEI IUDICIUM. (Im Prozess
braucht es keine förmliche Einrede bei einer Einwendung durch den Beklagten. Der Iudex hat zu
ermitteln.)
Bei der Falllösung ist die erste Frage: Kommt zwischen den Personen ein gültiger Kaufvertrag
zustande?
Zum IRRTUM: Im römischen Recht ist der Wille der Partei ausschlaggebend. Wenn keine
übereinstimmenden WILLENSerklärungen vorliegen, kommt kein gültiger Kaufvertrag
zustande. Im geltenden Recht kommt es auf die Erklärungen an. Wenn sich die Erklärungen
decken, aber der Wille voneinander abweicht, muss ein normativer Konsens hergestellt
werden, damit der Vertrag gültig wird. Ein Irrtum ist anfechtbar, wenn er vom anderen Teil
verursacht worden ist, wenn er der anderen Partei hätte auffallen müssen und wenn noch
keine vermögenswerten Dispositionen getätigt wurden.
Im römischen Recht braucht es übereinstimmenden Willen, der sich beziehen muss auf die
ESSENTIALIA NEGOTII Ware und Preis. (Darüber muss Konsens bestehen.)
Falllösung: Zwischen A und B kommt ein gültiger Kaufvertrag zustande, die Ware ist X, der Preis ist Y.
Der Verkäufer hat die Klage ACTIO VENDITI auf den Kaufpreis, der Käufer die ACTIO EMPTI auf die
Ware.
DER KAUFPREIS muss ERNST GEMEINT und BESTIMMT bzw. BESTIMMBAR (PRETIUM
CERTUM) sein. (Bestimmbar = objektive Kriterien der Ermittelbarkeit reichen aus.)
FALL 19 – ÜBUNGSBUCH
Nike verkauft Orion Weinfässer – „alle Fässer in meinem Weinkellner um 15 pro Fass“.
(Genaue Zahl der Fässer ist den beiden nicht bekannt)
Es kommt zwischen Nike und Orion ein gültiger Kaufvertrag zustande, weil sich beide über
Ware und Preis einigen. Der Preis ist nach objektiven Kriterien bestimmbar. (Pro Fass 15
Geldstücke multipliziert mit Zahl aller Fässer. Zahl der Fässer lässt sich ebenso ermitteln.) Die
Ware ist bestimmt (= Alle Fässer im Keller). Nike hat aus dem gültigen Kaufvertrag die Klage
ACTIO VENDITI auf den Kaufpreis, Orion die ACTIO EMPTI auf die Ware.
Es liegt eine SPEZIESSCHULD vor, weil „alle Fässer im Keller“ geschuldet werden. (alle Stück
sind umfasst) Eine GATTUNGSSCHULD wäre „drei Fässer aus dem Weinkeller“ (irgendwelche
Fässer). Ob eine Sache eine Gattungsschuld oder Speziesschuld ist, liegt nur an der Art der
Vereinbarung – ob eine Sache vertretbar ist, liegt daran, was üblicherweise im
Geschäftsverkehrt nach Maß, Zahl und Gewicht bestimmt wird.
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FALL 20 – ÜBUNGSBUCH
MEINUNGSSTREIT: Wenn zwischen Käufer und Verkäufer vereinbart wird, dass ein Dritter
den Preis festsetzen soll. Nach den Sabinianern kommt mit der Vereinbarung noch kein
Kaufvertrag zustande, sie lassen den Vertrag erst dann zustande kommen, wenn die Parteien
dem festgesetzten Preis zustimmen. Nach den Prokulianern kommt ein Kaufvertrag sofort
zustande unter der Voraussetzung, dass die Preisfestsetzung nach der Art eines VIR BONUS,
also nach gewissen objektiven Kriterien erfolgt.
VARIANTE: Nach den Sabinianern würde der Vertrag nicht zustande kommen, weil es keine
Zustimmung von beiden gibt. Nach den Prokulianern kommt ein Vertrag zustande zwischen
Pius und Quinta, die Ware ist der Ring, der Preis 140. Pius hat aus dem gültigen Kaufvertrag
die Klage ACTIO VENDITI auf den Kaufpreis, Quinta die ACTIO EMPTI auf die Ware. Die
Festsetzung durch den Dritten ist ausreichend – im Sachverhalt steht, dass er Goldschmied
ist.
VARIANTE: Nach den Sabinianern würde erst jetzt ein Kaufvertrag mit dem Preis von 100
zustande kommen. Auch nach den Prokulianern würde ein Kaufvertrag mit dem Preis von
100 zustande kommen.
FALL 21 – ÜBUNGSBUCH
Zwischen Turia und Solon kommt ein gültiger Kaufvertrag zustande, weil eine Einigung über
Ware und Preis vorliegt (Ware: Fundus Aemilianus, Preis: 80.000; eigentlicher Wert:
200.000).
Nach klassischem römischem Recht spielt der Wert noch keine Rolle, es kommt ein gültiger
Kaufvertrag über das Grundstück zum Kaufpreis von 80.000 zustande. Turia hat gegen Solon
eine Actio Venditi auf 80.000, und Solon gegen Turia eine Actio Empti auf das Grundstück.
Nach nachklassischem römischem Recht spielt der PRETIUM IUSTUM ein Rolle. LAESIO
ENORMIS: Wenn der Verkäufer weniger als die Hälfte des Kaufpreises vereinbart hat, hat –
nach den Quellen – nur der Verkäufer sein Recht geltend zu machen; wenn der Käufer mehr
als die Hälfte zahlt, hat er dieses Recht nicht. Es kommt ein gültiger Kaufvertrag zustande,
aber der Verkäufer kann den Vertrag aufgrund der LAESIO ENORMIS anfechten. Wenn er das
tut, ist der Käufer zur Herausgabe der Ware verpflichtet – nur darauf kann er geklagt werden.
Der Käufer kann sich nun aussuchen, ob er die Ware herausgibt oder auf den vollen Wert der
Ware aufzahlt. (ERSETZUNGSBEFUGNIS: Käufer kann statt der geschuldeten Leistung, auf die
er nur geklagt werden kann – Rückgabe der Ware – eine andere Leistung, nämlich die
Aufzahlung
auf
den
vollen
Wert,
erbringen.
Daneben
gibt
es
die
ALTERNATIVOBLIGATION/WAHLSCHULD: Es wird ein Leistungsreservoir vereinbart, wobei
jede Leistung individuell bestimmt sein muss im Gegensatz zur Gattungsschuld – beide
Leistungen werden potentiell geschuldet. UNTERSCHIED: Wenn bei der Wahlschuld eine
Sache untergeht, muss die andere Leistung erbracht werden. Bei der Ersetzungsbefugnis ist
dem nicht so, weil nur eine Leistung geschuldet wird, und der Schuldner das Recht, aber nicht
die Pflicht, hat eine andere Leistung zu erbringen.)
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EMPTIO REI SPERATAE: Der Kauf einer noch nicht existierenden Sache, wo aber die Parteien davon
ausgehen, dass die Sache entstehen wird. Aufschiebend bedingter Kaufvertrag, d.h. die
Rechtswirkungen sind aufgeschoben. Wenn die Sache entsteht, kommt der Kaufvertrag unbedingt
zustande – es wird aber angenommen, dass er bereits im Zeitpunkt der Einigung wirksam entstanden
ist.
EMPTIO SPEI: Ein unbedingter Kaufvertrag, er kommt sofort zustande. Die Ware ist die Chance auf
künftige Sache – nicht die Sache selbst.
Unterschied in der Vereinbarung: „Ich kaufe Ernte, die nächstes Jahr entstehen wird, um 10.000.“
(Pauschalpreis für Ernte: Es wird die Chance gekauft, eine besonders große Ernte für 10.000 zu
erhalten.)
FALL 22 – ÜBUNGSBUCH
Es handelt sich um eine Emptio spei, es wurde die Chance gekauft. Der Kaufvertrag kommt
unbedingt zustande. Ufens hat gegen Vibia die actio venditi auf den Kaufpreis.
VARIANTE: Es liegt eine emptio rei speratae vor – der Kaufvertrag kommt aufschiebend
bedingt zustande, die Wirksamkeit wird zeitlich hinausgeschoben mit dem Eintritt der
Bedingung der Geburt des Fohlens. (Sobald die Bedingung eintritt, wird der Kaufvertrag EX
TUNC wirksam.) Verhindert der Verkäufer den Eintritt der Bedingung, wird der Eintritt der
Bedingung fingiert, sodass ein gültiger Kaufvertrag entsteht, und der Käufer dann
Schadenersatzansprüche aufgrund des Vertrags geltend machen kann.
ANFÄNGLICHE OBJEKTIVE UNMÖGLICHKEIT
Teilt sich auf in faktische oder rechtliche Unmöglichkeit.
Anfänglich bedeutet zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhanden
Objektiv bedeutet, dass die Leistung von niemandem erbracht werden kann. (Kann eine anfängliche
objektive Unmöglichkeit bei Geldschuld eines insolventen Schuldners vorliegen? Nein, denn ein
anderer Mensch hat Geld und könnte leisten / Vertrag über Pferd X, das aber schon tot ist? Ja, denn
es ist eine Speziesschuld, die nicht mehr existiert.)
Falllösung: Der Vertrag ist niemals zustande gekommen – IMPOSSIBILIUM NULLA EST OBLIGATIO.
Wenn bereits Leistungen erbracht wurden – Der Kaufpreis, eine irrtümlich erbrachte Nichtschuld,
kann mit einer CONDICTIO INDEBITI zurückgefordert werden.
VERTRAUENSSCHADEN – NICHTERFÜLLUNGSSCHADEN
Vertrauensschaden ist der Schaden, der entsteht, wenn nicht rechtzeitig über die
Ungültigkeit des Vertrages aufgeklärt wurde. Es wurde auf die Gültigkeit des Vertrages
vertraut, wäre rechtzeitig eine Aufklärung über die Ungültigkeit des Vertrages nicht erfolgt,
wäre eine Aufwendung nicht getätigt worden und es wäre kein Schaden entstanden. (Ich
kaufe eine Sache um 20, kann sie um 80 weiterverkaufen – die Sache existiert aber nicht, die
60 sind kein Vertrauensschaden, weil ich den Schaden auch gehabt hätte, wenn ich
rechtzeitig darüber aufgeklärt worden wäre. WÄRE DER SCHADEN AUCH DANN
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ENTSTANDEN, WENN RECHTZEITIG ÜBER DIE UNGÜLTIGKEIT DES VERTRAGES AUFGEKLÄRT
WORDEN WÄRE?)
Abgrenzung zum Erfüllungsinteresse: Kann nur verlangt werden, wenn der Vertrag gültig
zustande gekommen ist und nicht erfüllt worden ist. Dass dieser Schaden geltend gemacht
werden kann, setzt einen gültigen Vertrag voraus, der nicht gehörig erfüllt worden ist.
Bei anfänglicher Unmöglichkeit kann ein Vertrauensschaden mit ACTIO IN FACTUM geltend gemacht
werden. Es gibt Quellen, die hier auch die ACTIO EMPTI gewähren. Quellen geben keine Auskunft, ob
den Verkäufer ein Verschulden treffen muss.
FALL 23 – ÜBUNGSBUCH
Sachenrechtlich: Für den derivativen Eigentumserwerb durch traditio des Xerxes an der Vase
fehlt die dingliche Berechtigung des Vormannes. Xerxes kann die Vase, eine res furtiva, nicht
ersitzen. Xerxes verkauft die Vase an die Eigentümerin Niobe.
Victor und Xerxes einigen sich über Ware und Preis. Ein gültiger Kaufvertrag kann auch über
eine fremde bzw. furtive Sache abgeschlossen werden – es stellt sich die Frage, ob der
Verkäufer die Ware leisten kann. (Entweder ein Problem der nachträglichen Unmöglichkeit –
wenn der Verkäufer nicht leisten kann ODER Rechtsmangelgewährleistung, wenn der
Eigentümer mit rei vindicatio die gestohlene Sache herausfordert) Die Furtivität spielt dann
eine Rolle, wenn Käufer und Verkäufer wissen, dass die Sache gestohlen wurde – dann
kommt kein gültiger Kaufvertrag zustande.
Zwischen Xerxes und Niobe kommt kein gültiger Kaufvertrag zustande – ein Fall von
anfänglicher objektiver rechtlicher Unmöglichkeit, denn Niobe kann nicht ihre eigene Sache
kaufen. Niobe hat die condictio indebiti auf die irrtümlich geleisteten 100 Kaufpreis. Der
Vertrag ist niemals zustande gekommen – IMPOSSIBILIUM NULLA EST OBLIGATIO.
FALL 24 – ÜBUNGSBUCH
a) Es kommt ein Kaufvertrag zwischen Thisbe und Zenon zustande, die Ware ist das
Grundstück und der Kaufpreis ist 100.000. Aber ein Teil der Ware ist eine RES EXTRA
COMMERCIUM – grundsätzlich liegt anfängliche objektive rechtliche Unmöglichkeit vor.
(Teilunmöglichkeit, weil nicht das gesamte Grundstück) Hätten die Parteien bei Kenntnis
dieser Unmöglichkeit den Vertrag trotzdem geschlossen? (Es kommt auf die ursprüngliche
Vereinbarung an.) Es ist aber keine wirtschaftliche Gesamtunmöglichkeit (ein kleiner Teil des
Grundstücks, die Villa kann gebaut werden), der Vertrag kann angepasst werden: Über den
möglichen Teil der Leistung kommt ein Kaufvertrag zustande, dabei wird der Kaufpreis
entsprechend herabgesetzt. Das Grundstück ist nun 900 m2 groß, der Kaufpreis wäre 90.000.
b) Es kommt kein gültiger Kaufvertrag zustande wegen wirtschaftlicher Gesamtunmöglichkeit
(IMPOSSIBILIUM NULLA EST OBLIGATIO). Die 100.000 kann der Käufer mit der condictio
indebiti herausverlangen. Die 20.000 für den Architekten sind ein Vertrauensschaden – wäre
der Zenon rechtzeitig über die Ungültigkeit des Vertrages aufgeklärt worden, hätte er die
Aufwendung nicht getätigt und der Schaden wäre ihm nicht entstanden. Er kann das Geld mit
der action in factum oder actio empti (eigentlich kein Kaufvertrag, aber Quellen sprechen
trotzdem manchmal von der actio empti) herausfordern.
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EXEGESE
Grundsätzliches zur Exegese:
Sachverhalt: Was ist tatsächlich passiert? Tatsächliches Geschehen, das einer rechtlichen Abhandlung
zugrundeliegt / Es kann sein, dass etwas nicht explizit im Text angesprochen wird, es aber für die
Rechtsfrage relevant ist  z.B. es geht um derivativen Eigentumserwerb, wird aber nur über die iusta
causa geschrieben / Sachverhaltsvarianten bereits hier einbeziehen
Rechtsfrage: Relativ knapp formulieren, auf das Wesentliche reduzieren
Entscheidung des Juristen: Zu welchem Ergebnis kommt der Jurist? (Was sagen andere Juristen
dazu?)
Erörterung: HAUPTTEIL – Vom Allgemeinen ins Wesentliche
CASE 53 – CASEBOOK
Sachverhalt: EGO vereinbart mit TU, ein Miethaus zu leisten, während TU dem EGO eine bestimmte
Summe Geld leisten und eines von EGOs Miethäusern renovieren soll.
Rechtsfrage: Kommt ein Kaufvertrag zustande?
Entscheidung des Juristen:
Erörterung: Allgemeine Definitionen – Was ist ein Kaufvertrag? Wie kommt ein Kaufvertrag gültig
zustande? Welche Klagen gibt es? Sich dem Text nähern: immer detaillierter werden. Auch 
Ähnliche Rechtsprobleme, Kontroversen, etc.
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FORTSETZUNG KAUFVERTRAG
Durch Verschulden des Verkäufers  Nichterfüllung
RECHTSFOLGE  ERFÜLLUNGSINTERESSE
VERTRAGSABSCHLUSS----------------------------------------------------------------------------------------ERFÜLLUNG
(Parteien: Einigung über Kaufgegenstand und Preis)
Durch VIS MAIOR  GEFAHRTRAGUNG
PERFEKTION
VOR PERFEKTION: Käufer trägt Leistungs-, nicht Preisgefahr
NACH PERFEKTION: Periculum est emptoris (Käufer
trägt Leistungs- und Preisgefahr)
Wenn die Sache nach Vertragsabschluss untergeht, spricht man grundsätzlich von NACHTRÄGLICHER
UNMÖGLICHKEIT: Dann stellt sich die Frage, ob die Sache durch Verschulden des Verkäufers
untergegangen ist (NICHTERFÜLLUNG: Rechtsfolge ist das Erfüllungsinteresse) oder, ob die Sache
durch vis maior untergeht (GEFAHRTRAGUNG: Liegt Perfektion vor?).
ERFÜLLUNGSINTERESSE – VERTRAUENSSCHADEN: Vertrauensschaden kommt nur dann in Betracht,
wenn kein gültiger Vertrag vorliegt. Beim Erfüllungsinteresse ist ein gültiger Vertrag zustande
gekommen, aber es wird nicht ordnungsgemäß erfüllt. Wenn ein Verschulden des Verkäufers
hinzukommt, entsteht ein Anspruch auf das Erfüllungsinteresse.
Berechnung des Erfüllungsinteresses nach der Differenzenmethode: Vergleich des Vermögens des
Käufers, wenn nicht ordnungsgemäß erfüllt worden ist, mit dem hypothetischen Vermögen des
Käufers, wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. (Auch dann, wenn ordnungsgemäß erfüllt
worden wäre, hätte der Käufer den Kaufpreis bezahlen müssen: Was hätte der Käufer im Vermögen
gehabt, wenn die Sache ordnungsgemäß geleistet worden wäre?)
FALL 19 – ÜBUNGSBUCH
VARIANTE: Bei einem Blitzeinschlag werden alle Fässer zerstört.
Ein gültiger Kaufvertrag liegt vor: Nach Vertragsabschluss kommt es zum Untergang der
Sache durch vis maior – ein unabwendbares, unvorhersehbares Ereignis. Es liegt eine
nachträgliche Unmöglichkeit vor, es stellt sich die Frage der Gefahrtragung. Es wird abgestellt
auf den Zeitpunkt der Perfektion. Voraussetzungen der Perfektion sind: Die Sache muss
individuell bestimmt sein (Es muss eine Speziesschuld vorliegen); es darf keine aufschiebende
Bedingung oder Befristung vorliegen; Der Gesamtkaufpreis muss feststehen; die Sache darf
keinen Mangel haben. Im vorliegenden Fall ist der Gesamtkaufpreis noch nicht ziffernmäßig
bestimmt, der Kaufvertrag ist noch nicht perfekt: Der Käufer trägt die Leistungsgefahr (= Er
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erhält keine Primärleistung, aber auch keine Sekundärleistung, also ein Geldäquivalent), er
trägt aber nicht die Preisgefahr (= Wenn der Käufer auch die Preisgefahr trägt, muss der
Käufer den Kaufpreis zahlen, obwohl er keine Gegenleistung bekommt, daher auch
Gegenleistungsgefahr. Es kann nur jemand die Gegenleistungsgefahr tragen, der auch die
Leistungsgefahr trägt. Es kann niemand nur die Preisgefahr tragen, die Person muss auch die
Leistungsgefahr tragen.)
FALL 27 – ÜBUNGSBUCH
a) Am 1.1 kommt zwischen Ago und Bellona ein gültiger Kaufvertrag zustande. (Ware: Vase,
Preis: 100) Am 1.3 soll die Vase übergeben werden, der Vertrag soll erfüllt werden. Jedoch
vor Übergabe/Erfüllung entsteht eine nachträgliche Unmöglichkeit, weil der Kaufgegenstand
untergeht. Liegt ein Verschulden des Verkäufers vor? Der Verkäufer haftet für dolus und
culpa – egal, ob grobe oder leichte Fahrlässigkeit. Hier stellt sich die Frage der custodia nicht,
weil culpa levis vorliegt. (Unterscheidung von vis maior und culpa durch objektive Maßfigur:
Wie wäre ein sorgfältiger Verkäufer mit der Sache umgegangen?)
KONTROVERSE BEI CUSTODIA: Entweder haftet der Verkäufer für custodia, er muss
sich wie ein diligentissimus pater familias verhalten, also äußerst sorgfältig. Schließt
man sich dieser Meinung an, müsste der Verkäufer das Erfüllungsinteresse erfüllen.
(NICHTERFÜLLUNG) Oder der Verkäufer haftet nur für culpa, dann Gefahrtragung vor
Perfektion. (GEFAHRTRAGUNG) Problem ergibt sich dann, wenn das
Erfüllungsinteresse höher ist als der Kaufpreis.
Wir sind im Bereich der NICHTERFÜLLUNG: Aufgrund des Kaufvertrags schuldet der Verkäufer
das Erfüllungsinteresse. Wenn man davon ausgeht, dass Bellona den Kaufpreis bezahlt hat,
hat sie einen Anspruch auf 120 (Kaufpreis: 100; Erfüllungsinteresse: 20 = das, was sie
zusätzlich im Vermögen hat, wenn sie die Vase gekauft hätte.) Wenn man davon ausgeht,
dass Bellona den Kaufpreis noch nicht bezahlt hat, hat sie gegen Ago eine actio empti auf 20.
b) Die Sache geht durch vis maior unter, weil ein unabwendbares und unvorhersehbares
Ereignis. Es liegt ein Fall der nachträglichen Unmöglichkeit vor, weil die Sache nach
Vertragsabschluss untergeht. Es stellt sich die Frage der GEFAHRTRAGUNG. Der Kaufvertrag
ist am 1.1 perfekt, weil die Sache bestimmt ist (Speziesschuld), keine aufschiebende
Bedingung oder Befristung vorliegt, die Sache keinen Mangel hat und der Gesamtkaufpreis
festgesetzt ist. Nach dem Prinzip PERICULUM EST EMPTORIS trägt Bellona die
Leistungsgefahr (Sie bekommt keine Primärleistung, d.h. die Vase, die untergegangen ist, und
auch keine Sekundärleistung, d.h. ein Geldäquivalent) und Preisgefahr (d.h. Bellona muss
leisten, obwohl sie keine Gegenleistung erhält). Ago hat gegen Bellona die actio venditi auf
den Kaufpreis von 100.
FALL 26 – ÜBUNGSBUCH
a) Es ist zu prüfen, ob ein gültiger Kaufvertrag zustande gekommen ist: Es besteht Einigung
über Ware und Preis zwischen Juno und Solon. (Ware: Pferd Camponella, Preis: 100) Es liegt
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eine anfängliche (weil vor Kaufabschluss), objektive (Sache kann von niemandem erbracht
werden), faktische (Sache geht faktisch unter) Unmöglichkeit. Nach dem Grundsatz
IMPOSSIBILIUM NULLA EST OBLIGATIO ist der Vertrag nie zustande gekommen.
(„Unmögliches kann nicht vereinbart werden“) Juno kann den Kaufpreis mit einer condictio
indebiti (Leistung einer Nichtschuld) zurückfordern. Vertrauensschaden kann nicht geltend
gemacht werden: Auch wenn Juno rechtzeitig über die Ungültigkeit des Vertrages aufgeklärt
worden wäre, hätte sie den Schaden auch gehabt. Das wäre nur als Erfüllungsinteresse zu
ersetzen.
b) Es ist zu prüfen, ob ein gültiger Kaufvertrag zustande gekommen ist: Es besteht Einigung
über Ware und Preis zwischen Juno und Solon (Ware: Pferd Camponella, Preis: 100) Es
kommt ein gültiger Kaufvertrag zustande. Es handelt sich um nachträgliche Unmöglichkeit, da
der Kaufgegenstand nach Vertragsabschluss, aber vor Erfüllung untergeht. Die Sache geht
durch culpa lata von Solon unter – Begründung: Da ein diligens pater familias mit dem Pferd
nicht so wild geritten wäre, liegt grobe Fahrlässigkeit vor, es trifft Solon ein Verschulden. Wir
sind im Bereich der Nichterfüllung: Juno ist so zu stellen, als wäre der Vertrag
ordnungsgemäß erfüllt worden. (Solon haftet auf das Erfüllungsinteresse) Berechnung: Solon
hat PRINZIPIELL gegen Juno den Anspruch auf den Kaufpreis 100 mit der actio venditi. Wenn
Juno bezahlt hätte und der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre, hätte sie in ihrem
Vermögen 600, tatsächlich hat sie aber nur 300  Differenz ist 300, diese 300 kann Juno mit
der actio empti herausverlangen.
c) Es ist zu prüfen, ob ein gültiger Kaufvertrag zustande gekommen ist: Es besteht Einigung
über Ware und Preis zwischen Juno und Solon (Ware: Pferd Camponella, Preis: 100) Es
kommt ein gültiger Kaufvertrag zustande. Es handelt sich um nachträgliche Unmöglichkeit, da
der Kaufgegenstand nach Vertragsabschluss, aber vor Erfüllung untergeht. Eine Seuche ist ein
Fall der vis maior, da ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis. Zu prüfen ist die
Perfektion: Die Ware ist bestimmt (Speziesschuld), der Gesamtkaufpreis ist bestimmt, die
Sache hat keinen Mangel und es liegt keine aufschiebende Bedingung oder Befristung vor.
Der Kaufvertrag ist perfekt, daher trägt der Käufer die Leistungsgefahr (= Er bekommt keine
Primärleistung, also das Pferd, oder eine Sekundärleistung, also ein Geldäquivalent) und
Preisgefahr (= die Gegenleistungsgefahr, d.h. er muss seine Leistung erbringen, obwohl er
keine Gegenleistung bekommt) nach dem Grundsatz PERICULUM EST EMPTORIS. Ansprüche:
Der Kaufpreis wurde bereits bezahlt.
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EXEGESE
CASE 84 – CASEBOOK
SACHVERHALT: EGO und TU schließen einen Kaufvertrag darüber, dass EGO entweder den
Sklaven Stichus oder Pampillus kauft.
Variante 1: Nach Kaufvertragsabschluss und vor Übergabe stirbt zuerst stirbt der eine Sklave,
dann der andere Sklave.
Variante 2: Nach Kaufvertragsabschluss und vor Übergabe sterben beide Sklaven gleichzeitig.
RECHTSFRAGE: Wer trägt für den gestorbenen (zufällig untergegangen) Sklaven die Gefahr?
ENTSCH: PAULUS Wenn die Wahlschuld dadurch konkretisiert wird, dass eine Sache
untergeht, dann trägt ab dem Zeitpunkt des Untergangs, weil Perfektion eintritt, der Käufer
die Gefahr – auch wenn die Wahl nicht so getroffen wurde wie vereinbart, sondern durch
den Untergang der einen Sache.
Variante 1: Wenn der erste Sklave stirbt, trägt der Käufer für den zweiten Sklaven nach
Spezifikation die Gefahr.
Variante 2: Wenn beide Sklaven gleichzeitig sterben, trägt auch der Käufer die Gefahr, da
zwischen dem Tod des ersten Sklaven und dem Tod des zweiten Sklaven eine juristische
Sekunde angenommen wird.
ERÖRTERUNG: Kaufvertrag (Definition des Vertrages, Zustandekommen des Vertrages) Wahlschuld – Nachträgliche Unmöglichkeit – Perfektion – Rechtsproblem im Text:
Wenn bei einer Wahlschuld nur eine Wahl übrig bleibt, wird der Kaufvertrag dann perfekt?
Bei einer Wahlschuld wird der Kaufvertrag erst perfekt, wodurch PERICULUM EST EMPTORIS
eintritt, wenn die Wahl getroffen worden ist, also eine Spezifikation erfolgt ist. Bei der
Wahlschuld war es so üblich, dass der Käufer die Wahl traf.
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ÜBUNGSFALL 27 – ÜBUNGSBUCH
a) Zu prüfen ist, ob zwischen Carus und Daphne am 01.01 ein Kaufvertrag zustande kommt:
Sie einigen sich über Ware (Ein Schaf aus der Herde) und Preis (100). Es kommt ein gültiger
Kaufvertrag zustande, konkretisiert soll er später werden und erfüllt soll auch später werden.
Nach dem Tod der Schafe bleiben fünf Schafe über, aus denen Daphne aussuchen kann. Es
liegt kein Fall der nachträglichen Unmöglichkeit vor, es ist eine Gattungsschuld –
Leistungserbringung ist noch möglich. Somit hat Carus gegen Daphne die actio venditi auf
100, und Daphne gegen Carus die actio empti auf ein Schaf aus seiner Herde.
b) Zu prüfen ist, ob zwischen Carus und Daphne am 01.01 ein Kaufvertrag zustande kommt:
Sie einigen sich über Ware (Ein Schaf aus der Herde) und Preis (100). Es kommt ein gültiger
Kaufvertrag zustande, konkretisiert soll er später werden und erfüllt soll auch später werden.
Alle Schafe sterben, daher ist es ein Fall der nachträglichen Unmöglichkeit durch vis maior. Es
stellt sich die Frage der Gefahrtragung: Es wurde noch kein Schaf ausgesucht, daher ist noch
keine Spezifikation und damit Perfektion eingetreten. Daphne trägt die Leistungsgefahr, aber
nicht die Preisgefahr = Daphne bekommt keine Primärleistung oder Sekundärleistung, muss
aber auch den Kaufpreis nicht zahlen. (HIER BESCHRÄNKTE GATTUNGSSCHULD)
OB ES EINE WAHLSCHULD ODER EINE BESCHRÄNKTE GATTUNGSSCHULD KOMMT AUF DIE
VEREINBARUNG AN: BEI EINER WAHLSCHULD MÜSSEN DIE SACHEN INDIVIDUELL BESTIMMT
SEIN. (Schafe Molly und Polly) BESCHRÄNKTE GATTUNGSSCHULD: SCHAFE AUS EINER
KLEINEN HERDE.
ÜBUNGSFALL 28 – ÜBUNGSBUCH
a) Es kommt am 3.3 ein Kaufvertrag zwischen Ismene und Felix zustande. Es ist eine
Wahlschuld vereinbart. Nach Kaufvertragsabschluss und vor Übergabe geht EINE WARE unter
durch vis maior. Es gibt keine nachträgliche Unmöglichkeit, die Leistungserbringung ist noch
möglich. Daher hat Felix die actio venditi auf 1000 gegen die Ismene. Und Ismene hat die acti
empti auf Herausgabe der Fibel.
b) Es kommt am 3.3 ein Kaufvertrag zwischen Ismene und Felix zustande. Es ist eine
Wahlschuld vereinbart. Nach Kaufvertragsabschluss und vor Übergabe gehen BEIDE WAREN
unter durch vis maior. Es liegt ein Fall der nachträglichen Unmöglichkeit vor. Es stellt sich die
Frage der Gefahrtragung: Perfektion ist nach Paulus eingetreten, denn die letzte Möglichkeit
der Wahlschuld lebt auf Gefahr des Käufers. Ismene trägt die Leistungsgefahr und
Preisgefahr: Sie erhält keine Primärleistung oder Sekundärleistung und sie muss den
Kaufpreis zahlen, obwohl sie keine Gegenleistung erhält.
ÜBUNGSFALL 29 – ÜBUNGSBUCH
Am 01.09 kommt ein Kaufvertrag zwischen Ago und ??? zustande (Preis: 10000, Ware: 500
weiße Marmorplatten). Sie vereinbaren eine Ersetzungsbefugnis aus: Der Verkäufer hat die
Möglichkeit, sich durch die Leistung eines anderen Kaufgegenstandes von seiner Pflicht zu
befreien. ES LIEGT KEINE WAHLSCHULD VOR. Geschuldet sind nur 500 weiße Marmorplatten,
nur auf diese Ware kann der Verkäufer geklagt werden.
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a) Es liegt ein Fall der nachträglichen Unmöglichkeit durch vis maior vor. Es stellt sich die
Frage der Gefahrtragung: Es ist bereits Perfektion eingetreten. Nach dem Grundsatz
periculum est emptoris trägt der Käufer die Leistungs- und Preisgefahr. Ago hat gegen ??? die
actio venditi auf 10000.
ÜBUNGSFALL 31 – ÜBUNGSBUCH
ZUR ÜBUNG
ÜBUNGSFALL 35 – ÜBUNGSBUCH
Ismene und Rhamses vereinbaren eine emptio venditio mit consensus über Ware (1 Tonne
Weizen) und Preis (13.000) am 1.1, der Kaufvertrag kommt am 1.1 gültig zustande.
Perfektion ist am 1.1 eingetreten: Die Sache hat keinen Mangel, der Gesamtkaufpreis steht
fest, es gibt keine aufschiebende Bedingung oder Befristung und es liegt Spezifikation vor.
Die Leistung soll am 07.01 erbracht werden, die Leistung wird fällig. Ismene bietet die zu
erbringende Leistung schuldhaft nicht an, sie gerät in Schuldnerverzug. Am 09.01 schlägt der
Blitz ein und die Sache geht unter. Es liegt ein Fall der nachträglichen Unmöglichkeit vor, es
stellt sich die Frage der Gefahrtragung. Eigentlich trägt nach Perfektion die Gefahr der
Käufer, aber wenn der Schuldner in Schuldnerverzug gerät, verschieben sich die
Gefahrtragungsregeln zulasten des Verkäufers – DER VERKÄUFER TRÄGT DIE GEFAHR DES
ZUFÄLLIGEN UNTERGANGS.
Es handelt sich hier auch um einen Fall der Nichterfüllung, der Verkäufer schuldet das
Erfüllungsinteresse.
Rhamses hat gegen Ismene die actio empti auf 2000 – wenn sie den Kaufpreis noch nicht
bezahlt hat.
ÜBUNGSFALL 36 – ÜBUNGSBUCH
Zwischen Felix und Laura kommt am 1.1 ein gültiger Kaufvertrag, weil es zur Einigung über
Ware und Preis kommt. Beide Leistungen werden nächste Woche fällig. Laura erscheint nicht
zum vereinbarten Zeitpunkt: Laura nimmt eine ordnungsgemäß angebotene Leistung zum
vereinbarten Zeitpunkt nicht an. Laura kommt in den Gläubigerverzug. Rechtsfolgen des
Gläubigerverzugs: Welche Rechtsfolgen entstehen, weil Laura die Leistung nicht annimmt?
Felix hat den Anspruch auf 50 wegen der Warenlagerungskosten. Laura kommt in den
Schuldnerverzug, weil sie nicht zum vereinbarten Zeitpunkt bezahlt hat. Rechtsfolgen des
Schuldnerverzugs sind, dass Laura die ortsüblichen Kreditzinsen bezahlen muss – das wären
hier 20. Felix hat gegen Laura die actio venditi auf insgesamt 870. Laura hat gegen Felix die
actio empti auf die Ware.
20
GEWÄHRLEISTUNG
Gewährleisten heißt verschuldensunabhängiges Einstehen für Sachmängel und Rechtsmängel einer
Sache. FALLPRÜFUNG: Zuerst Kaufvertragsabschluss prüfen, weil sich aus der Vereinbarung ergibt,
was geschuldet wird und wie die Sache beschaffen sein muss – der Mangel muss im Zeitpunkt der
Übergabe bereits angelegt gewesen sein UND er darf nicht nach Perfektion entstanden sein. Denn ab
Perfektion gilt periculum est emptoris – die zufällige Beschädigung trifft den Verkäufer. Bei einer
nicht-zufälligen Beschädigung sind wir im Bereich der Nichterfüllung.
Wenn eine Leistung übergeben wird, die einen Mangel hat, kommen Gewährleistungsansprüche in
Frage – immer erwähnen, dass ein Kaufvertrag zustande gekommen ist und dass die Sache
übergeben wurde.
Bemerkt der Käufer, dass die Sache einen Mangel hat, muss er sie nicht annehmen – er versetzt den
Verkäufer in Schuldnerverzug.
Gewährleistungsregeln sind dispositiv – die Parteien können die Regeln abändern, die Grenze liegt
bei dolus.
RECHTSMANGEL
Grundsätzlich kann ein gültiger Kaufvertrag über eine fremde Sache abgeschlossen werden.
Ausnahme: Wenn Käufer und Verkäufer wissen, dass eine res furtiva vorliegt, kommt nicht einmal ein
gültiger Kaufvertrag zustande. (Anfängliche, objektive rechtliche Unmöglichkeit)
1) Der Verkäufer kann die fremde Sache gar nicht übergeben, weil er nicht im Besitz der
Sache ist: NICHTERFÜLLUNG
2) Wenn der Verkäufer die fremde Sache leisten kann: Grundsätzlich ist der Vertrag erfüllt. Es
entstehen Gewährleistungsansprüche.
Der Verkäufer schuldet den UNGESTÖRTEN BESITZ – Einen Rechtsmangel kann man nach dem
Eviktionsprinzip geltend machen. (EVIKTIONSPRINZIP: Eviktion liegt vor, wenn ein Dritter sein
dingliches Recht erfolgreich geltend macht.) Der Rechtsmangel löst Gewährleistungsansprüche des
Käufers gegen den Verkäufer aus. Diese Ansprüche sind: Aus dem Kauf selbst ergeben sich Ansprüche
auf das Interesse, nicht Eigentümer geworden zu sein – durchsetzbar mit der actio empti. Es war
durchaus üblich neben dem Kaufvertrag eine Stipulation abzuschließen: STIPULATIO DUPLAE. (Mit
Stipulation wurde vereinbart, dass im Eviktionsfall der Verkäufer das Doppelte des Kaufpreises
schuldet.) Eingeklagt werden kann der doppelte Kaufpreis mit einer CONDICTIO aus der Stipulation.
Bei bestimmten wertvollen Gegenständen bestand sogar eine Verpflichtung eine stipulatio duplae
abzuschließen: Hier konnte der Käufer, wenn sich der Verkäufer verweigert hat, eine solche
Stipulation für den Eviktionsfall abzuschließen entweder auf den Abschluss der stipulation klagen
oder im Eviktionsfall auf die Summe, die üblicherweise bei einer solchen stipulation vereinbart
worden wäre.
ÜBUNGSFALL 37 – ÜBUNGSBUCH
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Zwischen Ago und Bellona kommt ein gültiger Kaufvertrag am 1.1 zustande. (Preis: 100,
Ware: Preis) Ago verkauft eine fremde Vase, es liegt ein gültiger Kaufvertrag vor. Die
Übergabe passiert sofort.
a) Am 1.3 erfährt Bellona, dass die Vase gar nicht Ago gehört hat – Ago hat ihr nicht die
Eigentumsübertragung geschuldet. Nach weiteren sieben Monaten fordert Cara die Vase von
Bellona, sie klagt Bellona mit der rei vindicatio. Bellona hat nicht durch traditio derivativ
Eigentum erworben, da es an der dinglichen Berechtigung des Vormannes gemangelt hat.
Bellona wird Ersitzungsbesitzerin: Es ist eine ersitzungsfähige Sache, sie ist nicht furtiv. Der
Verkäufer weiß nichts davon, er will sich nicht bereichern. (bona fides) Die Ersitzungsfrist von
einem Jahr beginnt zu laufen. Cara ist aber immer noch zivile Eigentümerin und wird daher
mit der rei vindicatio durchdringen. Eintritt der Eviktion liegt vor – ein Rechtsmangel liegt vor.
Bellona hat somit Gewährleistungsanspruch: Sie hat Anspruch auf das Interesse,
Eigentümerin geworden zu sein – 100 durchsetzbar mit der actio empti.
b) Bellona hat die Sache ersessen, die Eigentümerin kann mit der rei vindicatio nicht
durchdringen, es liegt kein Fall der Eviktion vor und damit auch keine
Gewährleistungsansprüche.
ÜBUNGSFALL 39 – ÜBUNGSBUCH
Zwischen Gripus und Helene kommt ein gültiger Kaufvertrag zustande, weil es zur Einigung
über Ware und Preis kommt (Ware: Toga, Preis: 100). Die Sache wird übergeben. Der
Eigentümer erkennt die Toga bei der Käuferin, Helene zahlt eine Summe dem Eigentümer,
damit sie die Toga behalten darf. Es liegt keine Eviktion vor, weil niemand sein dingliches
Recht erfolgreich gerichtlich geltend gemacht hat. FALL DES UNGESTÖRTEN BESITZES EX ALIA
CAUSA (aus anderem Rechtsgrund als aus dem Kauf): Helene hat durch die Zahlung eines
Kaufpreises an den Eigentümer zwar ungestörten Besitz, aber nicht durch den Titel des
ursprünglichen Kaufvertrages – Helene kann trotzdem Gewährleistungsansprüche geltend
machen, auch wenn Eviktion nicht vorliegt. Aus dem Titel des Kaufvertrages hat Helene
gegen Gripus den Anspruch auf 110 (= Interesse, Eigentümerin geworden zu sein) mit der
actio empti. Aus der stipulatio hätte sie mit der condictio einen Anspruch auf das Doppelte
des Kaufpreises, aber in diesem Fall nicht, weil keine Eviktion vorliegt – Voraussetzung, um
aus der Stipulation klagen zu können.
ÜBUNGSFALL 40 – ÜBUNGSBUCH
Zwischen Kassandra und Merops kommt ein Kaufvertrag zustande (Ware: Tisch, Preis: 150).
Gleichzeitig wird auch eine stipulatio abgeschlossen. Es kommt zur Eviktion, weil die
Eigentümerin Nike erfolgreich ihr dingliches Recht erfolgreich gerichtlich geltend gemacht
hat. Merops hat somit Rechtsmangelgewährleistungsansprüche, die er aufgrund des
Kaufvertrags geltend machen kann (mit der actio empti auf das Interesse, Eigentümer
geworden zu sein) ODER aufgrund der Stipulatio Duplae – denn es liegt Eviktion vor (mit der
condictio auf das Doppelte des Kaufpreises, also 300). Wenn Merops diese Ansprüche
geltend macht, hat Cassandra Regressansprüche gegen Leo. Zwischen Cassandra und Leo ist
ein gültiger Kaufvertrag zustande gekommen. (Preis: 110, Ware: Tisch) Die Ware wurde
übergeben. Cassandra hat somit Rechtsmangelgewährleistungsansprüche, da sich die
Eviktion überträgt. Die beiden haben aber keine stipulatio duplae abgeschlossen, Cassandra
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hat nur einen Anspruch aufgrund des Kaufvertrags – actio empti auf das Interesse
Eigentümerin geworden zu sein, also auf 300, da auch ihr gegenüber 300 geltend gemacht
worden sind. Den Kaufpreis hätte Cassandra bezahlen müssen, ob sie nun Eigentümerin
geworden wäre oder auch nicht.
23
EXEGESE
CASE 102 - CASEBOOK
Sachverhalt: EGO verkauft TU eine wissentlich eine fremde Sache, die Sache wird
übergegeben. Der Eigentümer hat sein dingliches Recht noch nicht erfolgreich
gerichtlich geltend gemacht.
Variante: Insbesondere, wenn EGO an TU wissentlich einen fremden Sklaven
verkauft. TU will diesen Sklaven frei lassen oder verpfänden.
Rechtsfrage: Hat TU Rechtsmangelgewährleistungsanspruch gegen EGO?
Entscheidung: Ja, TU hat Rechtsmangelgewährleistungsanspruch gegen EGO.
Erörterung:
24
SACHMANGEL
Fallprüfung: Kommt ein Kaufvertrag gültig zustande? Was wurde zwischen den Parteien
vereinbart? (Was ist der Kaufgegenstand? Wurden bestimmte Eigenschaften zugesichert?)
Wichtig: Die Sache muss übergeben worden sein?
SACHMANGEL = EIN MANGEL, DER DER SACHE KÖRPERLICH ANHAFTET UND DEN
ORDENTLICHEN ODER DEN AUSDRÜCKLICH BEDUNGENEN GEBRAUCH VERHINDERT ODER
BEEINTRÄCHTIGT.
LEITFADEN
1) IST DAS EDIKT DER KURULISCHEN ÄDILEN ANWENDBAR?
-) Es muss ein Marktkauf von Sklaven, Zug-, Last- und Herdentiere
vorliegen
VORAUSSETZUNGEN
-) Ein im Edikt genannter Mangel muss vorliegen: MORBUS / VITIUM
(Beim Sklaven:
erro (HERUMSTREICHER),
fugitivus (FLÜCHTIGER
HABENDER),
oder
FLUCHTABSICHT
ERKENNBAR
Belastung mit Noxalhaftung (Verursacht der Sklave bei jemand
anderem einen Schaden, hat der Eigentümer die Wahl, den Sklaven
an den Geschädigten auszuliefern oder den Schaden zu begleichen 
Die Noxalhaftung hängt am Sklaven, wird ein solch belasteter Sklave
verkauft und übergegeben, wäre der neue Eigentümer verpflichtet,
den Sklaven auszuliefern oder den Schaden zu begleichen))
Sind die Voraussetzungen erfüllt, hat der Käufer Gewährleistungsansprüche.
RECHTSFOLGE: Die Ansprüche sind durchsetzbar mit der actio redhibitoria auf Wandlung
ODER die actio quanti minoris auf Preisminderung.
2) trotzdem Sachmangel?
-) Begründung (+ Zeitpunkt)
RECHTSFOLGE: -) actio empti auf Wandlung/Preisminderung
-) Mangelfolgeschaden (Schadenersatzanspruch): Schaden, der dadurch
entstanden ist, dass sich eine mangelhafte Sache im Vermögen befindet
(Gewährleistungsanspruch
ist
verschuldensunabhängig
–
Bei
Mangelfolgeschaden muss Verschulden des Verkäufers vorliegen)
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ÜBUNGSFALL 41 – ÜBUNGSBUCH
Zwischen Quartus und Rhamses kommt über die Sklavin Peitho ein gültiger Kaufvertrag
zustande. (Ware: Peitho; Preis: 500) Die Sklavin wird übergeben. Peitho erbt, Quartus erhält
zusätzlich 150 in sein Vermögen. Es stellt sich heraus, dass die Sklavin einen Herzfehler hat.
Es stellt sich die Frage, ob Quartus einen Sachmangelgewährleistungsanspruch gegen
Rhamses hat. Es handelt sich um einen Marktkauf einer Sklavin, bei der MORBUS vorliegt –
d.h. das Edikt der kurulischen Ädilen ist anwendbar. Quartus hat aus dem Edikt einen
Sachmangelgewährleistungsanspruch, er möchte mit der ACTIO REDHIBITORIA auf
WANDLUNG klagen. Der Vertrag wird rückabgewickelt = Rückgabe der Sklavin und des Erbes
von 150 – Rückerhalt des Kaufpreises von 500.
b) Kurz bevor die Sklavin zurückgegeben werden kann, stirbt die Sklavin an der
Herzschwäche. Der Mangel frisst sich weiter und führt dazu, dass die Sache untergeht. Das
Risiko trifft den Verkäufer. Fallgruppe MORTUUS REDHIBITUR: Der tote Sklave wird
gewandelt (CASE 128 DIGESTENEXEGESE!) Ergebnis: Quartus kann wandeln, hat Anspruch auf
500 und muss die 150 herausgeben, aber keinen Wertersatz für die tote Sklavin leisten.
ÜBUNGSFALL 42 – ÜBUNGSBUCH
Zwischen Diana und Orion kommt ein gültiger Kaufvertrag zustande. (Ware: Schaf, Preis: 150)
Das Schaf wird übergeben. Kann Orion gegen Diana Sachmangelgewährleistungsansprüche
geltend machen? Das Edikt der kurulischen Ädilen ist mangels Marktkauf nicht anwendbar.
Liegt trotzdem ein Sachmangel vor? Dem Schaf haftet ein Mangel körperlich an und
beeinträchtigt den ordentlichen Gebrauch der Sache. Zeitpunkt der Mangelhaftigkeit: Der
Mangel war bereits bei der Übergabe der Sache vorhanden und ist nicht nach Perfektion
entstanden. („schon seit langem leidet das Schaf an der Seuche“) Orion hat
Sachmangelgewährleistungsansprüche: Orion kann mit der actio empti auf Wandlung oder
Preisminderung gehen – er wird wohl auf Wandlung gehen. FALL MORTUUS REDHIBETUR:
Den Käufer trifft kein Verschulden, er muss keinen Wertersatz leisten und kann trotzdem
wandeln. Orion bekommt mit der actio empti 150.
MANGELFOLGESCHADEN: Tierarztkosten von 250.
a) Den Verkäufer trifft kein Verschulden, da er nichts von der Krankheit wusste – der
Mangelfolgeschaden ist nicht zu ersetzen.
b) Den Verkäufer trifft ein Verschulden, da von der Krankheit wusste – der
Mangelfolgeschaden ist zu ersetzen.
ÜBUNGSFALL 43 – ÜBUNGSBUCH
Zwischen Pius und Melitta kommt ein gültiger Kaufvertrag zustande. (Ware: Sklave Ago,
Preis: 700) Der Sklave wird übergeben. Es zeigen sich Mängel: Hat Melitta
Sachmangelgewährleistungsansprüche? Das Edikt der kurulischen Ädilen ist nicht
anwendbar, obwohl ein Marktkauf eines Sklaven vorliegt, aber kein im Edikt genannter
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Mangel vorliegt. Melitta möchte aus dem Kaufvertrag mit der actio empti Gewährleistung für
zwei Mängel geltend machen:
1) Ago ist nicht einzigartig stark (100 als Preisminderung): Melitta kann die Preisminderung
nicht geltend machen, da es sich um eine marktschreierische Aussage handelt, wo man
keinen Bindungswillen unterstellen kann.
2) Qualifikation zum Kellner (300 als Preisminderung): Es liegt ein Sachmangel vor, der
Mangel haftet der Sache körperlich an und der ausdrücklich bedungene Gebrauch ist nicht
möglich. Außerdem kann man davon ausgehen, dass das Temperament des Sklaven schon
vor Perfektion vorhanden war.
Melitta mit der actio empti auf 300.
Wenn der Sachmangel darin besteht, dass eine Eigenschaft ausdrücklich zugesichert wurde und dies
aber nicht eintritt (Verstoß gegen dicta et promissa), dann sind auch IMMER die Mangelfolgeschäden
zu ersetzen.
ÜBUNGSFALL 44 – ÜBUNGSBUCH
Zwischen Xerxes und Thisbe kommt ein gültiger Kaufvertrag zustande. (Ware: 3 Fässer, Preis:
90) Vereinbart ist, dass die Fässer eine bestimmte Größe haben. Die Fässer werden
übergeben. 1 Fass ist leck, die anderen Fässer sind kleiner als vereinbart. Kann die
Verkäuferin Sachmangelgewährleistungsansprüche geltend machen? Das Edikt der
kurulischen Ädilen ist nicht anwendbar.
1) 1 Fass ist leck: Der Mangel haftet der Sache körperlich an und beeinträchtigt/verhindert
den ordentlichen Gebrauch der Sache. (Ein Fass darf nicht leck sein.) Der Mangel war bei der
Übergabe und vor Perfektion bereits vorhanden. Thisbe hat gegen Xerxes die actio empti auf
Wandlung oder Preisminderung. Thisbe will Wandlung für das Fass: Rückgabe des Fasses und
Rückerhalt der 90 Kaufpreis.
2) 2 Fässer sind kleiner als vereinbart: Eine Eigenschaft der Sache, die ausdrücklich bedungen
wurde, liegt nicht vor. (Verstoß gegen dicta et promissa) Thisbe hat gegen Xerxes die actio
empti auf Preisminderung – Herstellung der subjektiven Äquivalenz zwischen Preis und
Leistung. Anspruch auf 200.
MANGELFOLGESCHADEN: Wein rinnt aus, es kommt zu einem weiteren Schaden im
Vermögen der Thisbe durch den Mangel von 50. KONTROVERSE: Meinung Labeo, dass bei
lecken Gefäßen der Mangelfolgeschaden zu ersetzen ist – unabhängig vom Verschulden.
Andere Meinung, dass nur bei dolus malus dafür zu haften ist. (CASE 114)
ÜBUNGSFALL 45 – ÜBUNGSBUCH
SELBST ÜBEN
ÜBUNGSFALL 46 - ÜBUNGSBUCH
SELBST ÜBEN
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EXEGESE - CASE 128
SACHVERHALT
A verkauft und übergibt B einen Sklaven. Der Sklave leidet an einem Mangel, den der Verkäufer nicht
bekannt gegeben hat. Bevor ihn B zurückgeben kann, stirbt der Sklave.
RECHTSFRAGE
Kann B Redhibition verlangen?
ENTSCHEIDUNG
Es muss geprüft werden, ob der Sklave aus Verschulden des Käufers, seines Gesindes oder seines
Prokurators gestorben ist. Trifft dies zu, so gilt er als lebend und es ist alles zu leisten, was zu leisten
wäre, wenn er noch lebte. Dies bedeutet, dass der Käufer die Redhibition nur verlangen kann, wenn
er Wertersatz für den Sklaven leistet.
Stirbt der Sklave hingegen aus einem vom Käufer nicht zu vertretenden Grund, so ist der Käufer zur
Wandlung berechtigt, ohne Wertersatz für den Sklaven leisten zu müssen. Das Risiko des zufälligen
Todes des Sklaven trägt somit der Verkäufer.
ERÖRTERUNG
Es liegt ein Marktkauf vor – EDIKT DER KURULISCHEN ÄDILEN
Aus Verschulden des Käufers stirbt Sklave: Wenn er Wandlung begehrt, muss er dem Verkäufer all
das anbieten, was er ihm im Fall der Wandlung hätte geben müssen – also den Wert des
mangelhaften Sklaven.
Ohne Verschulden des Käufers stirbt der Sklave: MORTUUS REDHIBETUR – Der tote Sklave ist
Gegenstand der Wandlung. Wandlung ohne Verpflichtung einer Sekundärleistung durch den Käufer –
Rückerhalt des Kaufpreises.
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LOCATIO CONDUCTIO
CASE 165a
SACHVERHALT
EGO übergibt dem Wäscher/Flickschneider TU Kleider zur Reinigung, Pflege oder Ausbesserung
gegen ein Entgelt. TU werden die Kleider gestohlen, er verfügt über ausreichend Mittel, um gegen
EGO für den Verlust der Kleider einzustehen.
VARIANTE: EGO übergibt dem Wäscher/Flickschneider TU Kleider zur Reinigung, Pflege oder
Ausbesserung gegen ein Entgelt. TU werden die Kleider gestohlen, er verfügt nicht über die
notwendigen Mittel, um gegen EGO für den Verlust der Kleider einzustehen.
RECHTSFRAGE
Welchem der Vertragspartner steht die ACTIO FURTI zu?
ENTSCHEIDUNG
In Variante 1 steht TU die ACTIO FURTI zu, da EGO das ihm Zustehende mit der ACTIO LOCATI von TU
erlangen kann.
In Variante 2 steht EGO die ACTIO FURTI zu, da TU nicht zahlungsfähig ist, und EGO das ihm
Zustehende nicht von TU mit der ACTIO LOCATI erlangen kann.
ERÖRTERUNG
Variante 1: Wenn die übergebene Sache beim Werkunternehmer gestohlen wird, greift die
CUSTODIA-Haftung des Unternehmers gegenüber dem Besteller ein. Dass somit der Unternehmer
den Nachteil des Diebstahls trägt, legitimiert ihn zur ACTIO FURTI.
Variante 2: Wenn die Gefahr besteht, dass dem Besteller die CUSTODIA-Haftung des Unternehmers
nichts nützt, weil dieser insolvent ist und daher den Wert der gestohlenen Sache nicht ersetzen wird,
dann kommt dem Besteller als Eigentümer die ACTIO FURTI zu
AKTIVLEGITIMATION DER ACTIO FURTI: Diese steht demjenigen zu, „in dessen Interesse es liegt,
dass sich die Sache in Sicherheit befindet.“ Das kann, muss aber nicht der Eigentümer der
gestohlenen Sache sein. Die Aktivlegitimation beim Werkunternehmer: Sie haben Sachen zur
entgeltlichen Bearbeitung übernommen und müssen deshalb dem Besteller und Sacheigentümer für
custodia einstehen. (Auch bei CASE 28, 30 - Commodatum)
LOCATIO CONDUCTIO OPERIS – WERKVERTRAG
Die entgeltliche Erbringung eines Opus – eines Werkes, eines Erfolges. (Unter Opus fallen
Leistungsziele ganz unterschiedlicher Natur – häufig soll fremdes Material bearbeitet
werden, es gibt aber keinen sachenrechtlichen Eigentumserwerb des Produzenten durch
SPECIFICATIO, denn das Verarbeiten erfolgt einvernehmlich durch den Besteller)
CONDUCTOR: Der UNTERNEHMER hat die Pflicht, den vereinbarten Erfolg zu erbringen.
Soweit er dabei Sachen des Bestellers innehat, haftet er für DOLUS, CULPA und CUSTODIA.
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(Mangelnde Fachkenntnis stellt Fahrlässigkeit dar; Verstoß der CUSTODIA-Pflicht beim
Wäscher: Wenn er die falsche Kleidung ausfolgt, oder sie so lagert, dass sie Schaden nimmt)
Der Unternehmer hat an den ihm vom Besteller überlassenen Sachen ein Retentionsrecht; er
muss die Sachen erst herausgeben, wenn der Besteller seinen Vertragspflichten –
insbesondere der Entgeltzahlung - nachkommt.
LOCATOR: Der BESTELLER hat die Pflicht, das Entgelt zu zahlen. Das Entgelt ist auch zu zahlen,
wenn die Leistung des Opus aus Gründen unterbleibt, die nicht im Bereich des Unternehmers
liegen. (Diese Pflicht erlischt hingegen, wenn das Werk aufgrund von Umständen ausbleibt,
die der Sphäre des Unternehmers entspringen oder gar von ihm verschuldet sind.)
ADPROBATIO (ABNAHME): Häufig ist ein eigener Akt vorgesehen, in dem der Unternehmer
das Werk dem Besteller darbietet und der Besteller es entgegennimmt. Sie kommt der
traditio beim Kauf gleich. Mit Entgegennahme des Werkes durch den Besteller tritt Erfüllung
ein. (Bei Mangelhaftigkeit greifen die Regeln der Gewährleistung ein)
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LOCATIO CONDUCTIO
Die LOCATIO CONDUCTIO umfasst drei Vertragstypen: Alle drei sind Konsensualverträge, sie kommen
durch übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien zustande. Außerdem sind sie entgeltliche
Verträge.
KALGEN: Der Locator hat die actio locati – der Locator ist derjenige, der etwas zur Verfügung stellt.
Bei der locatio conductio rei stellt er die Bestandsache zur Verfügung (VERMIETER/VERPÄCHTER); bei
der locatio conductio operis der Werkbesteller, der das Material zur Verfügung stellt; bei der locatio
conductio operarum der Dienstnehmer, der seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt.
Der Conductor hat die actio conducti – der conductor ist der Mieter, der Werkhersteller, der
Dienstgeber.
LOCATIO CONDUCTIO REI – MIETE/PACHT
Die entgeltliche Überlassung einer Sache zum Gebrauch und eventuell zur Fruchtziehung.
TIPP: KASUISTIK BEACHTEN
Pflichten des Mieters:
-) Zahlung des Mietzinses
-) Haftung für dolus, culpa und custodia
Pflichten des Vermieters:
-) Bestandssache zur Verfügung zu stellen und instandzuhalten
-) Haftung für vis maior nach casum sentit dominus
TIPP FALLLÖSUNG: Bestandsobjekt wird beschädigt oder geht unter –
Erste Frage: Wer haftet für den Schaden am Bestandsobjekt?
Zweite Frage: Besteht Zinszahlungspflicht?
FALL: Geht die Bestandssache durch vis maior unter, gibt es innerhalb des
Bestandsverhältnisses Sachmangelgewährleistungsansprüche.
Miete/Pacht ist als DAUERSCHULDVERHÄLTNIS konzipiert: Das Dauerschuldverhältnis kann befristet
und unbefristet sein. Dies wirkt sich auf die Kündigungsmöglichkeiten aus – grundsätzlich gibt es die
ordentliche Kündigung und die außerordentliche Kündigung. Außerordentliche Kündigung ist aus
wichtigem Grund möglich, wobei wichtiger Grund nur sein kann, der aus der Sphäre des
Vertragspartners kommt – ein Grund, der es mir unzumutbar macht, dieses Vertragsverhältnis
aufrechtzuerhalten. BEI EINEM BEFRISTETEN SCHULDVERHÄLTNIS IST NUR DIE AUSSERORDENTLICHE
KÜNDIGUNG MÖGLICH.
GRUNDSATZ KAUF BRICHT MIETE: Wenn der Vermieter die Bestandssache weiterveräußert, ist der
neue Eigentümer nicht an das Bestandsverhältnis gebunden. Er kann den Mieter delogieren. Aber
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der Mieter hat Rechtsmangelgewährleistungsanspruch, da Eviktion vorliegt. Der Mieter hat gegen
seinen Vertragspartner, den Vermieter, Anspruch auf das Erfüllungsinteresse.
Weiters: Wenn der ursprüngliche Mieter die Bestandsache veräußert, kann er mit dem neuen
Vermieter eine Vereinbarung treffen, dass der neue Vermieter den Mieter in der Bestandsache
weiter wohnen lässt – vielleicht in Stipulationsform abgeschlossen. Der Mieter kann sich nicht auf die
Vereinbarung berufen, weil es im römischen Recht keinen Vertrag zugunsten Dritter gibt: Es kann aus
einem Vertrag kein Recht eines Dritten entstehen, das einen klagbaren Anspruch begründet. Der
Dritte muss gegen seinen Vertragspartner vorgehen, und dieser kann wiederum aus der Stipulation
gegen den neuen Eigentümer vorgehen.
ÜBUNGSFALL 48 - ÜBUNGSBUCH
Zwischen Eros und Daphne kommt ein Mietvertrag zustande, Einigung über Bestandsache
und Mietpreis. Es liegt ein befristetes Dauerschuldverhältnis vor. Locator ist Daphne, Eros ist
conductor.
a) Ähnlich Kaufvertrag ex alia causa: Es tritt keine Eviktion ein – der Vermieter erfüllt nicht
aus dem Vertrag, Zustand der Vertragserfüllung aus einem anderen Rechtsgrund. Eros hat die
actio conducti auf 200, also das Erfüllungsinteresse.
b) Eros wird durch das Angebot des Felix schadlos gehalten.
c) Im Mietverhältnis hat Eros gegen Daphne die actio conducti auf das Erfüllungsinteresse.
Eros kann nicht direkt gegen den neuen Vermieter vorgehen. Daphne kann nur mit einer
condictio aus der Stipulation gegen den neuen Mieter vorgehen. Es handelt sich um einen
unechten Vertrag zugunsten Dritter.
ÜBUNGSFALL 51 - ÜBUNGSBUCH
Es kommt eine locatio conductio rei zwischen Omphale und Merops zustande, Einigung über
entgeltliche Überlassung des Gerüstes. Es liegt ein befristetes Dauerschuldverhältnis vor. Es
kommt zur Beeinträchtigung durch vis maior. Schaden am Gerüst trägt daher der Eigentümer
Merops.
Wer haftet für die Beschädigung der Sache selbst?
Wie wirkt sich die Beeinträchtigung der Bestandsache auf das Bestandsverhältnis aus? (Hat
der Mieter Gewährleistungsansprüche? Kann der Mieter wandeln?)
a) Mieter hat Sachmangelgewährleistungsansprüche und kann wandeln, da Merops seine
Leistung nicht mehr erbringen kann. Die Wirkung der Kündigung ist ex nunc – ab dem
Zeitpunkt, wo das Gerücht zusammenbricht, muss Omphale keinen Zins mehr entrichten.
Omphale hat eine actio conducti auf 100.
b) Merops muss auch für Mangelfolgeschaden aufkommen.
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LOCATIO CONDUCTIO OPERIS
Bei der locatio conductio operis wird die entgeltliche Erbringung eines Werkes vereinbart. (Die
unentgeltliche Erbringung eines Werkes wäre ein Mandat.)
Der Werkunternehmer ist der conductor, er haftet für übernommene Sachen für dolus, culpa und
custodia. Von ihm wird Fachkenntnis erwartet. Nach Abnahme des Werkes, nach der ADPROBATIO
treten womöglich Gewährleistungsansprüche ein.
KASUISTIK LEISTUNGSSTÖRUNGEN – WANN WURDE DIE SACHE MANGELHAFT ERBRACHT?
CASE 167 - CASE 168 - CASE 169 - CASE 170
FALLPRÜFUNG: Wer haftet für die Schädigung an sich? Wie steht es um die Entgeltzahlungspflicht?
(Ist das Werk dennoch erbrachtet oder nicht erbracht? Schuldet der Locator Entgelt?)  Antwort
hängt klar von der Interpretation der Vereinbarung ab, nämlich welcher Erfolg eigentlich geschuldet
wird.
Zu trennen ist: Erfolgt die Beschädigung schuldhaft? Wird das Werk an sich damit nicht mehr
erbracht? (FALL: Werk ist der Transport der Säule von A nach B. Die Säule wird beschädigt, aber
trotzdem transportiert, dann ist grundsätzlich ein Entgelt zu zahlen.)
ÜBUNGSFALL 47 – ÜBUNGSBUCH
Es wird ein Werk geschuldet, und zwar der Transport eines Brunnentroges von Rom nach
Ostia. Ago und Bellona vereinbaren die entgeltliche Erbringung eines Werkes. Der Vertrag
kommt am 01.05 gültig zustande.
a) Als Konsensualvertrag kommt der Vertrag bereits mit übereinstimmenden
Willenserklärungen zustande. Bellona hat die actio conducti auf das Entgelt.
b) Ago ist im Annahmeverzug, weil er die Leistung, die zum vereinbarten Zeitpunkt
ordnungsgemäß erbracht wird, nicht annimmt. Bellona hat die actio locati auf das Entgelt
und den Schaden, der ihr durch den Annahmeverzug entsteht.
LOCATIO CONDUCTIO OPERARUM
Arbeitskraft wird für bestimmte Zeit zur Verfügung gestellt. Im römischen Recht gibt es nur befristete
Arbeitsverträge, daher ist nur außerordentliche Kündigung möglich.
ÜBUNGSFALL 52 – ÜBUNGSBUCH
a) Es liegt eine locatio conductio operarum vor. Nike ist locator, sie stellt ihre Arbeitskraft zur
Verfügung. Nike handelt schuldhaft, sie stellt nicht sorgfältig genug ihre Arbeitskraft zur
Verfügung. Sie hält schuldhaft ihren Teil des Vertrages nicht ein. Sie handelt fahrlässig. Pius
hat die actio conducti auf die 15.
b) Es ist ein befristetes Schuldverhältnis, es ist nur eine außerordentliche Kündigung möglich.
Es muss Unzumutbarkeit bestehen, dass Vertragsverhältnis aufrecht zu erhalten. Nike hat die
actio locati auf Monatslohn, aber auch auf Kost und Quartier.
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c) Es ist nicht der Sphäre der Nike zuzurechnen, dass ihre Arbeitsleistung unterbleibt. Sie hat
die actio locati auf den Lohn.
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MANDATUM
Ein mandatum ist die unentgeltliche Führung eines Geschäfts für den Auftraggeber. Es ist ein
Konsensualvertrag.
Klage des Auftraggebers, der Mandant: die actio mandati directa auf Ausführung des Werkes.
Klages des Auftragnehmers, der Mandatar: actio mandati contraria auf Aufwendungen und
Schäden, aber keinen Entgeltsanspruch.
Auftragnehmer kann Ersatz für mandatskonforme Aufwendungen und mandatsspezifische
Schäden verlangen. Schäden aus dem allgemeinen Lebensrisiko sind nicht zu ersetzen:
Überfall, Schiffbruch, Krankheit. (Auch dann, wenn z.B. Schiffsreise nur in Ausführung des
Mandats getätigt wurde.)
Auftragnehmer haftet dolus und culpa lata auf das Interesse. Weniger strenger
Sorgfaltsmaßstab, weil Freundschaftsdienst erbracht wird.
CASE 175 (Geschäfte, die in beider Interesse liegen)
Kündigung des Mandatsverhältnisses nur so lange noch kein Vertrauensschaden entstehen
würde.
Wenn die Ausführung des Mandates durch vis maior unterbleibt, dann gibt es keine
wechselseitigen Ansprüche. Bei Verschulden des Mandatars besteht Anspruch auf das
Interesse.
CASE 183 (Klassischer Fall Mandat, um Sache zu ersteigern)
ÜBUNGSFALL 55 – ÜBUNGSBUCH
Bellona führt für Ago ein unentgeltliches Geschäft. Ago hat keine actio mandati directa auf
die Oliven – die Oliven gehen unter, die Ausführung des Auftrags wird unmöglich. Besteht ein
Erfüllungsanspruch des Mandanten? Nein, da ein Fall von vis maior vorliegt. Bekommt
Bellona Ersatz für Schäden? Bellona hat mit der actio mandati contraria auf 300 – weil es sich
um mandatsspezifische Kosten handelt. Auf dem Rückweg geht Reisegepäck durch vis maior
unter – es verwirklicht sich das allgemeine Lebensrisiko.
ÜBUNGSFALL 59 - ÜBUNGSBUCH
Kassandra und Leo vereinbaren, dass Leo ein unentgeltlich ein Werk bringt. Materialkosten
sind nur Aufwand und kein Entgelt. Leo kann kündigen, da noch kein Vertrauensschaden
entstanden ist. Der Vertrag ist noch kündbar.
VARIANTE: Das Mandat erlischt grundsätzlich mit dem Tod. Leo kann auf die Aufwendungen
klagen – er wusste nicht, dass das Mandat erloschen ist. Er hat bona fides mit der Ausführung
begonnen, er hat die actio mandati contraria auf die 200. Verres kann die Herausgabe des
begonnenen Werkes verlangen, nicht aber die Fortführung.
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INNOMINATKONTRAKTE
Wichtig ist die Abgrenzung der atypischen Verträge von typischen Verträgen: Erst dann, wenn eine
Vereinbarung keinem typischen Vertrag entspricht, sprechen wir von einem Innominatkontrakt.
Zwei Parteien treffen eine Vereinbarung, die keinem typischen Kontrakt entspricht. FALLÖSUNG:
Abgrenzung zu typischen Verträgen.
KLAGE: Actio prescriptis verbis geht auf Erfüllung der versprochenen Gegenleistung. Die Klage kann
ich erst anbringen, wenn ich meine Leistung erbracht habe. ALTERNATIV DAZU zur Rückforderung der
eigenen Leistung: Condictio causa data non secuta.
Voraussetzung für einen atypischen Vertrag: Ein synallagmatischer Vertrag muss vorliegen. Wenn z.B.
ein „do ut des“ vereinbart ist. Meist handelt es sich um keinen typischen Vertrag, weil Entgelt nicht in
Geld ausfällt, etwa Tauschvertrag.
36
ADJEKTIZISCHE KLAGEN
ADJEKTIZISCHE HAFTUNG: Es ist möglich, einen Vertrag mit Gewaltunterworfenen abzuschließen.
(Sklaven, Haussöhnen und Haustöchtern) Gläubiger kann einen Sklaven, eine Haustochter oder eine
Frau in manus-Ehe nicht klagen. Ein Haussohn ist klagbar, dieser hat aber kein eigenes Vermögen, um
zu seinem Anspruch zu kommen. DIESEN BEREICH DER OBLIGATIONEN NENNT MAN
NATURALOBLIGATION. Die adjektizische Haftung hat sich daraus entwickelt, dass dem Gläubiger
ermöglicht werden soll, seine Ansprüche geltend zu machen
DREI ADJEKTIZISCHE KLAGEN bezogen auf Gewaltunterworfene – Anspruch des Gläubigers kann auf
den dahinterstehenden dominus erstreckt werden. Es handelt sich um Klagserweiterungen:
Actio de peculio
Actio de in rem verso
Actio quod iusso
FALLLÖSUNG:
1) Welche Ansprüche – auch wenn sie nur als Naturalobligation bestehen – bestehen
zwischen den Parteien, die einen Vertrag abschließen?
2) Kann man einen Anspruch gegen den dahinterstehenden dominus geltend machen?
ACTIO DE PECULIO: Die Klage kann angestrengt werden, wenn dominus seinem
Gewaltunterworfenen ein peculium, also eine Generalvollmacht zum geschäftlichen Tätigwerden,
eingeräumt hat. Peculium kann nicht beschränkt werden, Dominus haftet aber nur in der Höhe des
Wertes des peculiums.
Zwischen dominus und peculiums-Inhaber können auch Naturalobligationen bestehen – auch wenn
das peculium sachenrechtlich dem dominus gehört. Auch hier kann es Forderungen des peculiums
gegen den dominus geben. Forderungen gegen den dominus oder gegen einen Dritten sind zum Wert
des Peculiums immer hinzuzurechnen. Forderungen gegen das peculium sind nur dann abzuziehen,
wenn sie vom dominus, aber nicht von Dritten kommen.
ACTIO DE IN REM VERSO: Wenn der Wert des peculiums die Forderung nicht deckt oder kein
peculium vorliegt, kann man die actio de in rem verso geltend machen. Mit dieser Klage kann man zu
einem Anspruch kommen, wenn der dominus bereichert wurde. Bereicherung wurde sehr eng
gesehen, zum einen, wenn eine Ersparnis des dominus eingetreten ist oder zum anderen, wenn das
Vermögen in das Stammvermögen des dominus integriert wurde.
ACTIO QUOD IUSSO: Wenn der Sklave mit einem iussum betraut wurde, also wenn der Sklave eine
Kontrahierungsermächtigung erteilt bekommen hat. Wenn der Gewaltunterworfene von seinem
dominus eine Bemächtigung erhalten hat, ein bestimmtes Geschäft oder eine bestimmte Sparte von
Geschäften abzuschließen. Die Kontrahierungsermächtigung muss dem Gläubiger auch zugegangen
sein.
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ZWEI WEITERE ADJEKTIZISCHE KLAGEN:
ACTIO EXERCITORIA: Ein Exercitor/Schiffsbetreiber/Reeder hat einen magister navis/Kapitän
eingesetzt, der auch Geschäfte tätigen kann. Der Kapitän kann auch gewaltfrei sein, er muss nicht
gewaltunterworfen sein. Mit der Klage kann man auf den dahinterstehenden Reeder greifen.
Prepositio: Einsetzung zum Geschäftsführer, die der Reeder erteilt. Die prepositio beinhaltet, wenn
sie nicht eingeschränkt ist, alle zum gewöhnlichen Betrieb gehörenden Geschäfte. Nur für die nicht
eingeschränkten Geschäfte kann man auf den Reeder greifen.
ACTIO INSTITUTORIA: Erweiterung der Reeder-Kapitän-Beziehung, wenn ein Geschäftsbetreiber
einen Geschäftsführer mit prepositio einsetzt. Geschäftsführer muss kein Gewaltunterworfener sein.
ÜBUNGSFALL 71 – ÜB
A–C
I
B
Eine gültige Emptio venditio zwischen Ago und Carus kommt zustande, durch Konsens über
Ware und Getreide. Grundsätzlich hat der Verkäufer Carus die actio venditi die Klage auf den
Kaufpreis. Aber Ago ist Sklave, daher hat Carus die Klage nicht. Es liegt eine Naturalobligation
vor, da der Sklave nicht geschäftsfähig ist. Über den Ago kommt Carus nicht zu seinem Geld.
Wann eine Bereicherung für Bellona eintritt, ist klar nach den Quellen abzugrenzen.
a) Es wäre nicht möglich eine actio de peculio geltend zu machen, da kein peculium vorliegt.
Eine actio de in rem verso liegt nicht vor, weil es keine Bereicherung im Sinne der Quelle für
den dominus gibt.
b) Der Bellona werden Versorgungskosten erspart. Dem Carus steht eine actio venditi als
actio de in rem verso zu in der Höhe der Ersparnis, die der Vorgang für die Bellona bringt. Der
notwendige Aufwand der Bellona wäre abzugelten
ÜBUNGSFALL 72 – ÜB
D
I
E–F
a) Daphne setzt Eros zum Institor ein mittels prepositio. Diese Prepositio wird eingeschränkt
– für potentielle Kunden nach außen erkennbar mit Geschäftsschild. Es kommt ein gültiger
Kaufvertrag zwischen Eros und Flora zustande mit Konsens Ware Bleichmittel und dem Preis.
Flora hat gegen Eros die actio venditi auf den Kaufpreis, Eros hat die actio empti auf das
Bleichmittel. Flora hat einen direkten Anspruch gegen Eros, weil er gewaltfrei ist. Besteht
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trotzdem ein Anspruch auf den Geschäftsherren (Daphne)? Der Erwerb von Bleichmittel ist
der üblichen Geschäftsführung zuzuordnen, daher hat Flora eine adjektizische actio
institutoria auf den Kaufpreis.
b) Gripus hat keine actio institutoria, sondern eine actio certae creditae pecuniae. Das
Geschäft ist nicht von der prepositio erfasst. Die actio de in rem verso geht nur, wenn ein
Gewaltunterworfener ein Geschäft abschließt.
FALL 73 – ÜB
a)
Es kommt ein Kaufvertrag zustande. Thisbe hat gegen Hermes die actio venditi auf den
Kaufpreis von 50.000. Der Haussohn ist klagbar, der Anspruch ist mangels Vermögen nicht
vollstreckbar. Pontus belangen: Eine actio venditi als actio peculio auf 35.000, weil Wert des
peculiums. Es gibt nur noch das Grundstück, das vom Sägewerk übrig bleibt. Den Rest kann man nicht
mit einer actio de in rem verso klagen, da es an der Bereicherung des dominus scheitert.
b)
Ansprüche zwischen dominus und peculium selbst: Eine solche Forderung des peculiums sind
immer hinzuzählen, also 35.0000 plus 10.000 macht 45.000.
ÜBUNGSFALL 76
ÜBUNGSFALL 77  CASE 248
39
GESCHÄFTSFÜHRUNG OHNE AUFTRAG
Es handelt sich um einen Quasi-Vertrag: Es liegt kein Vertrag vor – DIE BEWUSSTE FÜHRUNG EINES
FREMDEN GESCHÄFTS OHNE VERTRAGLICHE VERPFLICHTUNG.
Kann ich Aufwendungen ersetzt bekommen?
1) Nützlichkeit der Geschäftsführung? Ist die Geschäftsführung nützlich für den, für den ich
etwas tue.
Es muss subjektiv nützlich sein
Wann muss die Geschäftsführung nützlich sein? Ex ante
2) Welche Aufwendungen sind mir zu ersetzen? Aufwendung, die abwenden soll:
NOTWENDIGE AUFWENDUNGEN: Aufwendungen, die einen unmittelbar drohenden Schaden
oder Verschlechterung der Sache abwehren. (NOTGESCHÄFTSFÜHRUNG)
NÜTZLICHE AUFWENDUNGEN: Aufwendungen, die den Wert der Sache erhöhen. LuxusAufwendungen werden nicht ersetzt.
Gegen den Willen eines Geschäftsherren eine Aufwendung tätigen heißt gegen den erklärten Willen
eines Geschäftsherren eine Aufwendung tätigen. Dann kommt es zu einem Problembereich.
KLAGE: Actio negotiorum gestorum contraria
ÜBUNGSFALL 79
ÜBUNGSFALL 80
40
BÜRGSCHAFT
FIDEIUSSIO
FALLPRÜFUNGSSCHEMA:
1) Vorliegender Vertrag im Außenverhältnis
2) Art und Umfang der Bürgenverpflichtung im Innenverhältnis
3) Regressmöglichkeit im Innenverhältnis: Wie kann sich der Bürge regressieren, wenn er in Anspruch
genommen wird.
STOFF FÜR ZWEITE KLAUSUR:
EMPTIO VENDITIO I + II + III
BÜRGSCHAFT (Mandat, Geschäftsführung ohne Auftrag)
ADJEKTIZISCHE KLAGEN
LEX AQUILIA
ÜBUNGSFALL 83
KAUFVERTRAG: Einigung über Ware und Preis (Pferd Pegasus 5000), dann Gefahrtragung.
Kaufvertrag war bereits perfekt, die Ware war bestimmt und keine aufschiebende Bedingung
oder Befristung. Der Käufer Aser trägt die Leistungsgefahr – er erhält kein Pferd und auch
keine Sekundärleistung – und er trägt auch die Preisgefahr – er muss leisten, ohne eine
Gegenleistung zu erhalten. (PERICULUM EST EMPTORIS) Klagen: Actio venditi auf 5000.
BÜRGSCHAFT: Eros hat sich mit FIDEIUSSIO als Bürge verpflichtet. Niobe kann Eros mit der
actio ex stipulatu auf 5000 klagen.
Eine actio ex stipulatu und keine condictio: Bürge ist verpflichtet nach der Klagsformel das zu
leisten, was der Schuldner leistet. Eine condictio geht immer auf einen festgesetzten Wert –
eine actio certae creditae pecuniae ist eine condictio. Hier wird das Bürgschaftsversprechen
zwar auch mittels einer eigenen Stipulation abgeschlossen, ist aber keine Condictio, weil sich
im Bürgschaftsversprechen der Bürge verpflichtet, das zu leisten, was der Schuldner leistet –
ist also von vornherein nicht klar, wie viel zu leisten ist. (Der Betrag kann sich beim Kauf nicht
ändern.)
REGRESSMÖGLICHKEIT: Eros gegen Aser – Zwei Möglichkeiten, entweder, wenn die
Bürgschaft durch ein mandatum zustande gekommen ist, Anspruch mit der actio mandati
contraria, oder, wenn die Bürgschaft mit einer Geschäftsführung ohne Auftrag zustande
gekommen ist, Anspruch mit der actio negotiorum gestorum contraria.
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ÜBUNGSFALL 84
Prinzip der Akzessorietät: Verpflichtung des Bürgen hängt von der Verpflichtung des Hauptschuldners
ab, zu dessen Gunsten gebürgt wurde.
Anspruch gegen Felix auf 1000 mit der actio ex stipulatu - condictio, da eine bestimmte Summe in
der Stipulatio genannt wird. Klage der Daphne kann von Felix und Epidicus mit einer sachbezogenen
Einrede abgewendet werden: EXCEPTIO QUOD METUS CAUSA, weil das Rechtsgeschäft unter Zwang
zustande gekommen ist.
Personenbezogene Einreden stehen nur dem Hauptschuldner zu, aber nicht dem Bürgen. (Bei
der SOCIETAS haftet der Mitgesellschafter nur auf das „id quod facere potest“. )
Sachbezogene Einreden kann auch ein Bürge geltend machen.
VARIANTE: Gäbe es hier eine Kaufpreisforderung, dann spielt die Einrede keine Rolle, denn ein
Kaufvertrag ist ein bonae fidei iudicium. (Vorsicht bei Stipulation und Darlehen)
ÜBUNGSFALL 85
H
I
J–G
I
K
Gaia und Japyx schließen ein mutuum ab. Japyx hat gegen Gaia die actio certae creditae pecuniae auf
Rückzahlung des Geldes. Allerdings ist die Gaia eine Sklavin, daher besteht die Forderung des Japyx
nur als Naturalobligation. Eine Naturalobligation kann auch wirksam durch eine Bürgschaft gesichert
werden. Kriton kann sich nicht darauf berufen, dass nur eine Naturalobligation besteht –
Bürgschaftsverpflichtung geht Kriton wirksam mit Japyx ein. Kriton hat keine Einrede gegen den
Anspruch.
Japyx  Gaia
keine actio certae creditae pecuniae auf 20.000
Japyx  Hermes
adjektizisch belangt als actio de peculio auf 18.000 (keine andere
adjektizische Klage nach Sachverhalt möglich)
Japyx  Kriton
actio ex stipulatu auf 20.000
42
Kriton  Gaia
Kriton bürgt ohne Wissen für Gaia, daher liegt im Innenverhältnis der
Bürgschaft eine Geschäftsführung ohne Auftrag vor. Kriton hat keine actio
negotiorum gestorum contraria bezüglich der nützlichen Aufwendungen in
Höhe von 20.000 wieder nicht möglich – nur als Naturalobligation.
Kriton  Hermes
adjektizische Klage: actio negotiorum gestorum contraria als actio de peculio
auf 18.000
Kriton  Hermes
direkte Klage aus der Geschäftsführung ohne Auftrag: Kriton hat im
Innenverhältnis das Geschäft nicht für Gaia getätigt, sondern für Hermes.
actio negotiorum gestorum contraria auf 18.000. (Nur 18.000 sind nützlich
für Hermes, denn nur im Rahmen von 18.000 haftet Hermes.)
ÜBUNGSFALL 86
Leo – Melitta
I
Nastes
Leo und Melitta vereinbaren für die Fertigung eines Ringes aus Gold ein Entgelt von 7000.
(Werkvertrag, locatio conductio operis) Entgelt wird geschuldet von Leo: Melitta hat gegen
Leo die actio conducti auf den Werklohn von 7000. Nastes hat für Leo mittels FIDEIUSSIO
gebürgt, es liegt eine Bürgschaftsverpflichtung vor, d.h. Melitta kann sich von Leo oder
Nastes mit der actio ex stipulatu 7000 holen.
Regress im Innenverhältnis zwischen Nastes und Leo hat Nastes besteht prinzipiell in einem
Anspruch auf 7000 mit der actio mandati contraria. (Vertragliche Grundlage im
Innenverhältnis ist das Mandat.) Nastes begleicht die Schuld, er ist jedoch aus dem Mandat
verpflichtet Leo darüber zu informieren. Liegt ein Vertrag im Innenverhältnis vor, bestehen
gewisse vertragliche Pflichten, die eingehalten werden müssen. (Pflicht des Bürgen den
Hauptschuldner zu informieren, wenn der Bürge die Schuld bezahlt hat) Leo zahlt nun noch
nochmals 7000 – Leo hat gegen Melitta die condictio indebiti auf 7000, weil es sich um die
irrtümliche Zahlung einer Nichtschuld handelt.
Nastes kann verlangen, dass Leo ihm die condictio indebiti auf 7000 abtritt. Nastes hat den
Mehraufwand der Rückforderung der Schuld von Melitta und das damit verbundene Risiko
einer Insolvenz der Melitta zu tragen.
Melitta  Leo
actio conducti auf 7000
Melitta  Nastes
actio ex stipulatu auf 7000
43
Nastes  Leo
keine actio mandati contraria auf Ersatz der mandatskonformen
Aufwendungen von 7000, da Nastes die Informationspflicht aus dem Mandat
verletzt hat.
Leo  Melitta
condictio indebiti auf 7000
Nastes  Melitta
Nastes kann verlangen, dass Leo ihm die condictio indebiti auf 7000 abtritt.
VERTIEFUNG CASE 177
ÜBUNGSFALL 89
44
SCHADENERSATZRECHT
Es gibt Schadenersatz aus Vertrag und Schadenersatz aus Delikt. Für deliktische
Schadenersatzansprüche muss ein Tatbestand verwirklicht werden, der zu einem bestimmten
Schadenersatzanspruch führt.
ANSPRÜCHE INFOLGE VON SCHÄDIGUNGEN
Abgesehen von der Lex Aquilia gibt es das INIURIA-DELIKT, welches Ehre und körperliche
Unversehrtheit des freien Römers schützt. Klage: ACTIO INIURIARUM, eine Bußklage, die ein freier
Römer anstellen kann, wenn er in seiner Ehre oder körperlichen Unversehrtheit verletzt wird. Diese
Klage kann der Römer nur anstellen, wenn beim Schädiger DOLUS vorliegt, also nicht bei
Fahrlässigkeit.
EHRE: Wenn jemand absichtlich Eigentum eines freien Römers zerstört oder schädigt, liegt auch eine
Ehrenbeleidigung vor.
Grundsätzlich gab es nur Schadenersatzansprüche, wenn Eigentum eines freien Römers verletzt
wurde. Wenn der freie Römer selbst verletzt wurde, herrschte das Prinzip vor, dass der Körper eines
freien Römers nicht in Geld geschätzt werden konnte.
ES BRAUCHT IMMER EINEN SCHADEN, DER SICH ZIFFERNMÄSSIG NIEDERSCHLAGEN MUSS.
DOLUS = SCHÄDIGUNG DURCH LIST Actio de dolo gilt immer nur subsidiär. Sobald eine
andere Klage geltend gemacht werden kann, kann diese Klage vernachlässigt werden.
METUS = Exceptio quod metus causa
LEX AQUILIA
Tatbestände festgehalten, die bei ihrer Verwirklichung einen deliktischen Schadenersatzanspruch
begründen.
Vorfrage:
Was ist der Schaden?
Durch welche Handlung ergibt sich der Schaden?
1) TATBESTANDSMÄSSGIKEIT
Tatbestand
1.Kapitel: OCCIDERE – aktive und unmittelbare Töten eines fremden Sklaven oder eines
vierfüßigen Herdentieres
Analog zu den Tatbeständen der Lex Aquilia gebildete Klage = kein aktives und
unmittelbares Töten – MORTIS CAUSAM PRAESTARE (Setzen einer Todesursache –
Name nur für einen Analogtatbestand für das 1.Kapitel)
3.Kapitel: URERE (Verbrennen), FRANGERE (Brechen), RUMPERE (Zufügen einer Wunde) –
(COR)RUMPERE (Jegliche Sachzerstörung, die nicht vom 1.Kapitel umfasst ist)
45
ANALOGE TATBESTÄNDE Darunter fallen mittelbare Schädigungen durch Unterlassen
und auch Sachentzug ohne Substanzverletzung (Wird die Sache zwar entzogen, aber
ist es fast unmöglich, sie wieder zu bekommen, kann man womöglich auch aus dem
dritten Kapitel klagen); WEITERS bestimmungsgemäßer Verbrauch (Wenn eine Sache
bestimmungsgemäß konsumiert wird, hat der Geschädigte keinen direkten, sondern
nur analogen Anspruch). Die letzten beiden Tatbestände geben nur dann einen
analogen Anspruch, wenn keine Bereicherungsabsicht besteht. Sobald
Bereicherungsabsicht besteht, gibt es einen direkten Anspruch.
Analog zum 3.Kapitel gebildete Klagen = kein aktives und unmittelbares Tun
NUR BEI ANALOGEN KLAGEN ZU PRÜFEN:
1a) KAUSALITÄT und ADÄQUANZ: Ist die Handlung kausal für den Schaden? Besteht
ein Adäquanz-Zusammenhang oder besteht ein atypischer Kausalverlauf? (NUR BEI
ANALOGEN KLAGEN)
2) RECHTSWIDRIGKEIT
Die Tatbestandsmäßigkeit der schädigenden Handlung indiziert die Rechtswidrigkeit.
Handlung ist nicht rechtswidrig, wenn ein Rechtfertigungsgrund vorliegt: Notwehr, Notstand und
Einwilligung des Verletzten.
Notwehr: Gegenwärtiger,
notwehrfähiges Rechtsgut
unmittelbar
drohender
rechtswidriger
Angriff
auf
ein
Notstand: Unmittelbar drohende Gefahr für ein Rechtsgut –
Einwilligung des Verletzten: Durch konkludente oder ausdrückliche Willenserklärung in die
Verletzung einwilligen.
3) VERSCHULDEN
-) Liegt DOLUS oder CULPA vor?
VORSATZ
FAHRLÄSSIGKEIT: Außerachtlassen der
hypothetischen Maßfigur des VIR BONUS
gebotenen
Sorgfalt
–
Vergleich
mit
der
-) Schuldausschließungsgründe: Unzurechnungsfähigkeit (FURIOSUS: Angriff durch einen Furiosus
rechtfertigt Notwehr), schädliche Unachtsamkeit des Opfers.
4) HÖHE DES ANSPRUCHS
Bei Verletzungen des 1.Kapitels der Höchstwert der Sache im letzten Jahr.
Bei Verletzungen des 3.Kapitels ist der Wert der Angelegenheit in den nächsten 30 Tagen zu
ersetzen. (Es soll abgewartet werden, wie sich der Schaden entwickelt: Wenn sich die Heilung länger
zieht, soll erst nach 30 Tagen eine Einschätzung des Schadens erfolgen.)
46
DIFFERENZMETHODE: Welches Vermögen hätte der Geschädigte, wenn der Schaden nicht passiert
wäre – Vergleich mit dem Vermögen durch den tatsächlichen Schaden? Das Interesse, nicht
geschädigt worden zu sein.
5) WER HAT GEGEN WEN WELCHE KLAGE?
Direkter Anspruch:
Actio legis aquiliae
Analoger Anspruch:
Actio in factum oder Actio utilis
1.FALL KLAUSUR
VORFRAGE: Schaden ist der tote Hund. Handlung sind Stockschläge durch Bellona.
TATBESTAND: Hund fällt unter das dritte Kapitel der Lex Aquilia (CORRUMPERE). Eine direkte
Klage ist möglich, da Bellona aktiv und unmittelbar eine fremde Sache zerstört hat.
RECHTFERTIGUNG: Notstand liegt in einer unmittelbar drohenden Gefahr für ein Rechtsgut –
körperliche Unversehrtheit der Bellona. Wenn man die Gefahrensituation selbst herbeiführt,
dann kann man sich nicht auf Notstand berufen.
SCHULD: Bellona handelt mit DOLUS – sie hält es ernstlich für möglich und findet sich damit
ab, den Hund schwer zu verletzen oder sogar zu töten / Kein Schuldausschließungsgrund
HÖHE DES SCHADENS: Wert des Hundes
WER HAT GEGEN WEN WELCHE KLAGE: Actio legis aquiliae auf den Wert des Hundes nach
der Differenzmethode. (Actio directa = direkte actio legis aquiliae)
47
2.FALL KLAUSUR
2a) TATBESTAND: CORRUMPERE = Zerstörung einer fremden Sache, die unmittelbar und
aktiv erfolgt, FURTUM = Rechtswidrige Bemächtigung einer fremden, beweglichen Sache mit
Bereicherungsabsicht  Fällt nicht unter FURTUM, weil keine Bereicherungsabsicht und kein
CORRUMPERE, weil eine Sache ihrem Zweck nach verbraucht wird  es handelt sich um
einen analogen Tatbestand zum 3.Kapitel – bestimmungsgemäßer Verbrauch einer fremden,
verbrauchbaren Sache, da irrtümliche Annahme vorliegt, es handelt sich um die eigene
Sache.
RECHTSWIDRIGKEIT: Analoge Tatbestandsmäßigkeit indiziert Rechtswidrigkeit. Es liegt kein
Rechtfertigungsgrund vor.
VERSCHULDEN: DOLUS liegt nicht vor. CULPA: Vergleich mit einem vir bonus: Wie hätte die
objektive Vergleichsfigur gehandelt? Ein sorgfältiger Imker, ein bonus Imker, hätte
Vorkehrungen treffen müssen.
HÖHE DES SCHADENS: Differenzmethode = Interesse des Geschädigten, nicht geschädigt
worden zu sein – Vergleich des Vermögens vor der schädigenden Handlung mit dem
Vermögen nach der schädigenden Handlung = Wert des Honigglases.
WER HAT GEGEN WEN WELCHE KLAGE: Livia hat gegen Rufus die actio utilis auf den Wert
des Honigglases.
(actio utilis kommt nur bei bestimmungsgemäßem verbrauch (z.B. unbefugt wein
trinken), wenn der sklave nicht sorgfältig aufpasst und das haus abbrennt (urere) und
wenn jemand eine tafel unbefugt malt (tabula picta)- der eigentümer der tafel hat
actio utilis)
2b) TATBESTAND: Aktive und unmittelbare Zerstörung (CORRUMPERE) – drittes Kapitel der
lex aquilia
RECHTSWIDRIGKEIT: Tatbestandsmäßigkeit indiziert Rechtswidrigkeit. Es liegt kein
Rechtfertigungsgrund vor.
SCHULD: DOLUS liegt nicht vor. CULPA: Vergleich mit einem vir bonus: Wie hätte die
objektive Vergleichsfigur gehandelt? Ein sorgfältiger Imker, ein bonus Imker, hätte
Vorkehrungen treffen müssen.
HÖHE DES SCHADENS: Differenzmethode = Interesse, nicht geschädigt worden zu sein
WER HAT GEGEN WEN WELCHE KLAGE: Livia gegen Rufus actio legis aquiliae auf den Wert
des Honigglases.
48
2c) TATBESTAND: Furtum – Rufus bemächtigt sich unbefugt und in Bereicherungsabsicht
einer fremden beweglichen Sache (er weiß, dass es nicht um seinen Honig handelt).
[Tatbestand enthält alle Elemente, jeweils durchprüfen]
WER HAT GEGEN WEN WELCHE KLAGE: Condictio furtiva (auf den Wert des Honigs) und
kumulativ die Pönalklage der actio furti (doppelter Wert, weil wohl geheimer Diebstahl).
2d) TATBESTAND: Lex Aquilia drittes Kapitel CORRUMPERE – aktives und unmittelbares
Zerstören einer fremden Sache.
RECHTSWIDRIGKEIT:
SCHULD: Rufus handelt mit DOLUS, er will die Sachzerstörung bewusst herbeiführen,
wenigstens hält er es für möglich, und findet sich damit ab, durch das Wegschütten den
Honig unbrauchbar zu machen.
HÖHE DES SCHADENS:
WER HAT GEGEN WEN WELCHE KLAGE: Actio legis aquiliae auf Wert des Honigs.
ÜBUNGSFALL 101 – ÜBUNGSBUCH
Wenn ein Sklave die schädigende Handlung begeht, Prüfung wie sonst – Klage aber
gegen den Gewalthaber. Möglichkeit des Gewalthabers: Wenn er davon nichts
wusste und es auch nicht hätte verhindern können, kann er anstatt die
Schadensumme zu bezahlen, den Sklaven an den Geschädigten auszuliefern.
ÜBUNGSFALL 102 – ÜBUNGSBUCH
a) Schaden: Bruch der Wirbelsäule der Cara, Handlung: Werfen gegen Sklavin Flavia
durch Eros
TATBESTAND: Drittes Kapitel der Lex Aquilia FRANGERE (Aktives und unmittelbares
Zufügen eines Knochenbruches).
RECHTSWIDRIGKEIT: Tatbestandsmäßigkeit indiziert die Rechtswidrigkeit.
VERSCHULDEN: Dolus („ich bringe euch um“), hält es für möglich und findet sich
damit ab, Cara zu töten und hat damit wohl auch Vorsatz, sie schwer zu verletzen.
HÖHE DES SCHADENS: 30 Tage sind abzuwarten, um dann den tatsächlichen Schaden
festzustellen. Nach der DIFFERENZMETHODE: Heilungskosten und Verdienstentgang
sind zu ersetzen.
KLAGE: Actio legis aquiliae auf Verdienstentgang und Heilungskosten.
49
b) Schaden: Tod der Flavia; Handlung: Setzen einer Todesursache durch Stoßen der
Cara gegen Flavia MORTIS CAUSAM PRAESTARE
TATBESTAND: Analog zu OCCIDERE (Töten eines fremden Sklaven, aktiv und
unmittelbar), also MORTIS CAUSAM PRAESTARE (Setzen einer Todesursache)
RECHTSWIDRIGKEIT: Tatbestandsmäßigkeit
Rechtfertigungsgrund liegt keiner vor.
indiziert
die
Rechtswidrigkeit.
SCHULD: Dolus („Ich bringe euch um.“)
HÖHE DES SCHADENS: Höchstwert im vergangenen Jahr
WER HAT GEGEN WEN WELCHE KLAGE: Actio in factum
c) Schaden: Tod der Flavia; Handlung: Cara setzt keine Handlung, sie stürzt durch den
Stoß von Eros (vis absoluta) gegen Flavia, wodurch Flavia stirbt. Es liegt keine
Handlung vor, da Cara als Werkzeug benutzt wird.
ÜBUNGSFALL 110 – ÜBUNGSBUCH
a) SCHADEN: Weizen der Flora wird verbrannt. HANDLUNG: Europa wirft brennende
Fackel in den Weizen.
TATBESTAND: Drittes Kapitel der Lex Aquilia (URERE – aktives und unmittelbares
Verbrennen einer fremden Sache)
RECHTSWIDRIGKEIT: Tatbestandsmäßigkeit
Rechtfertigungsgrund liegt keiner vor.
indiziert
die
Rechtswidrigkeit.
SCHULD: Vorsatz (Dolus)
HÖHE DES SCHADENS:
WER HAT GEGEN WEN WELCHE KLAGE: Actio legis aquiliae auf den Wert des
Weizens – nach der Differenzmethode
b) SCHADEN: 20 Schafe des Gripus erstickten durch Rauchentwicklung. HANDLUNG:
Europa wirft brennende Fackel in den Weizen der Flora
TATBESTAND: Erstes Kapitel der Lex Aquilia (OCCIDERE – aktives und unmittelbares
Töten von vierfüßigen Herdentieren) – Tiere sterben durch Rauch, daher nicht
unmittelbar, MORTIS CAUSAM PRAESTARE: ANALOGER TATBESTAND ZUM ERSTEN
KAPITEL DER LEX AQUILIA
RECHTSWIDRIGKEIT: Tatbestandsmäßigkeit
Rechtfertigungsgrund liegt keiner vor.
indiziert
die
Rechtswidrigkeit.
SCHULD: Fahrlässigkeit (Culpa), ein bonus brandstifter hätte darauf geachtet, dass
nicht andere Rechtsgüter gefährdet.
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HÖHE DES SCHADENS:
WER HAT GEGEN WEN WELCHE KLAGE: Actio in factum auf den Höchstwert der 20
Schafen im vergangenen Jahr
c) SCHADEN: Eingerissener Stall; HANDLUNG: Hermes reißt Stall ein.
TATBESTAND: Aktive und unmittelbare Zerstörung
(CORRUMPERE, Drittes Kapitel der Lex Aquilia)
einer
fremden
Sache
RECHTSWIDRIGKEIT: Prüfung Notstand – Unmittelbar drohender Gefahr für das
eigene Rechtsgut, der durch den Eingriff in das Rechtsgut eines Dritten abgewendet
werden kann. MEINUNGSSTREIT: 1. Es reicht EX ANTE begründete Furcht aus, um
durch gerechtfertigt durch Notstand zu sein. 2. Es liegt keine Rechtfertigung vor, da
es gleichgültig ist, wie sich ex ante die Gefahr darstellt. Nach der zweiten Meinung ist
Hermes nicht gerechtfertigt.
SCHULD: DOLUS oder CULPA. Es liegt dolus vor, weil er den Vorsatz hatte, den Stall
einzureißen – er hat den Schaden vorhergesehen und hat sich damit abgefunden.
HÖHE DES SCHADENS:
WER HAT GEGEN WEN WELCHE KLAGE: Actio legis aquiliae auf den Wert des Stalles,
nach der Differenzmethode.
ÜBUNGSFALL 111 – ÜBUNGSBUCH
a) TB: Aktiver und unmittelbarer Beinbruch (FRANGERE, 3.Kapitel Lex Aquilia)
RW
SCH: CULPA liegt vor, weil eine sorgfältige Kutscherin nicht gerast wäre.
HÖHE DES SCHADENS: Arztkosten von 500 und etwaiger Verdienstentgang
WER HAT GEGEN WEN WELCHE KLAGE: Actio legis aquiliae
b) TB: Analog zum OCCIDERE, 1.Kapitel der Lex Aquilia (MORTIS CAUSAM PRAESTARE,
Setzen einer Todesursache durch den Arzt)
Prüfung Kausalität und Adäquanz: Kausal ist die Handlung für den Schaden.
Adäquanz: Es liegt aber wohl ein atypischer Kausalverlauf vor.
RW:
SCH: Weder culpa noch dolus ODER Nachträgliches Fehlverhalten des Sklaven.
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