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A
Banken im Finanzsystem
A1 Geschäftsmodell Bank
Banken sind Dienstleistungsunternehmen, deren Aufgabe das Übertragen von Kapital ist. Besonders bei
der Kreditvergabe sind Banken ein zentraler Bestandteil des Geldsystems. Zum Bankensystem als integraler
Bestandteil der Wirtschaft gibt es keine Alternative. ( C1, C5)
Kapitalgeber
Bankeinlagen
Kapitalnehmer
Banken als Mittler
Bankkredite
■■Umwandlung
von Einlagen und sonstigem
Kapital in Kredite
■■Umwandlung von Krediten in handelbare
Wertpapiere
■■Wertpapierkauf und -verkauf
■■Entwicklung und Vertrieb spezieller Kapitalmarktprodukte
Eigen- und Fremdkapital
Direktverbindung Kapitalmarkt
Banken als Handelspartner und Berater
Eigen- und Femdkapital
A
Banken im Finanzsystem
A1 Geschäftsmodell Bank
Kapitalgeber
(unter anderem
auch Banken):
■■können
Kapitalnehmer
(unter anderem
auch Banken):
■■können
Traditionelles
Bankgeschäft:
■■Kreditvergabe
Investment­banking
■■Kapitalvergabe
am Kapitalmarkt im Kundenauftrag oder Eigenhandel.
■■Umwandlung von Krediten oder regelmäßigen Zahlungseingängen in Wertpapiere.
■■Beratung der Kapitalmarktteilnehmer sowie Entwicklung und Vertrieb von Kapitalmarktinstrumenten.
Mehrwert eines
effizienten
Bankensektor:
■■Optimale
Kapital gegen Zinsen oder andere Leistungen bei der Bank „einlagern“;
■■können am Kapitalmarkt Unternehmensanteile (auch von Banken) erwerben oder
Fremdkapital durch den Kauf von festverzinslichen Wertpapieren zur Verfügung
stellen (auch Banken).
gegen Zinsen Kredite von der Bank bekommen;
■■können sich am Kapitalmarkt durch Herausgabe von Anleihen und Aktien finanzieren.
 Verleihungszins größer als Refinanzierungszins (Einlagen- und
Kapitalmarktrefinanzierung).
Kapitalverwendung  Kapital fließt an den Ort der von den Kapital­
gebern gewünschten Risiko-Rendite-Kombination  Risikotransformation und
Informationsmehrwert durch Bankensektor.
■■Umwandlung von kurzfristigem (z. B. Einlagen) in langfristiges Kapital
(z. B. Kredite) (Fristentransformation).
■■Umwandlung von kleinen Einlagen in große Kredite (Losgrößentransformation).
■■Effiziente Anpassung der Geldmenge an die wirtschaftlichen Erfordernisse 
Transmission geldpolitischer Impulses der Zentralbank  effizientes Geldsystem.
A
Banken im Finanzsystem
A2 Die Bilanz einer Geschäftsbank
Eine Bilanz ist die systematische Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva zu einem bestimmten
Zeitpunkt (Bilanzstichtag). Vereinfacht betrachtet, gibt in der Bankbilanz die Aktiv-Seite Auskunft über die
„Kapitalverwendung“ und die Passiv-Seite über die „Kapitalherkunft“.
Stilisierte Bankbilanz
Aktiva
Passiva
„„Barvermögen
„„Kredite
(Kasse)
an Banken
„„Kredite
an Nichtbanken
(Kundenkredite)
„„Wertpapiere (z. B. Aktien,
Staatsanleihen)
„„Verbindlichkeiten
gegenüber der Zentralbank
„„Einlagen
von Banken
„„Einlagen
von Nichtbanken (Kundeneinlagen)
„„Schuldverschreibungen
(Bankanleihen)
„„Eigenkapital
A
Banken im Finanzsystem
A2 Die Bilanz einer Geschäftsbank
Aktiv-Seite ( Wozu verwendet eine Bank das Geld?)
„„Barvermögen:
der „Kassenbestand“ der Bank; dazu zählen in der Regel auch Guthaben bei der Zentralbank.
„„Kredite
an Banken: Banken können aufgrund überschüssigen Zentralbankgelds anderen Banken
Liquidität am Geldmarkt zur Verfügung stellen.
„„Kredite
an Nichtbanken: „klassisches“ Kreditgeschäft einer Bank an Unternehmen und Privatkunden
(z. B. Konsumkredit oder Kredit für Immobilien).
„„Wertpapiere:
– Wertpapiere werden als Sicherheiten benötigt, die Banken z. B. bei der Notenbank hinterlegen müssen,
um Liquidität von der Notenbank zu bekommen (vgl. Verbindlichkeiten gegenüber der Zentralbank).
– Banken können Wertpapiere als Anlage nutzen und mit ihnen Eigenhandel betreiben.
Passiv-Seite ( Wie kommt Geld zu einer Bank?)
„„Verbindlichkeiten
gegenüber der Zentralbank: Banken erhalten von der Zentralbank (z. B. EZB) für einen
befristeten Zeitraum Liquidität (Zentralbankgeld) geliehen und müssen dafür Sicherheiten (Wertpapiere)
bei der Zentralbank hinterlegen.
„„Einlagen
von Banken: In der Regel sind das kurzfristige Einlagen, die am Geldmarkt (Handel unter
Banken mit Laufzeiten bis zu einem Jahr) aufgenommen werden.
„„Einlagen
von Nichtbanken:
– „Klassisches“ Einlagengeschäft einer Bank  Kunde bringt Geld zur Bank und erhält Zins dafür.
– Kundeneinlagen können verschiedene Laufzeiten haben: von täglich verfügbaren Einlagen (Giro- oder
Tagesgeldkonto) bis zu festen Laufzeiten von mehreren Jahren.
„„Schuldverschreibungen:
„„Eigenkapital:
Die Bank erhält über eine Anleihe Geld, mit dem sie arbeiten kann.
– Mit dem Eigenkapital sind Eigentumsrechte an der Bank verbunden.
– Das Eigenkapital ist zugleich der „Puffer“, der Verluste tragen muss.
A
Banken im Finanzsystem
A3 Geschäftsfälle in der Bankbilanz
Beide Seiten der Bankbilanz („Aktiv und Passiv“  Karte A2) müssen stets die gleiche Summe aufweisen. Eine
Erhöhung (Reduktion) der Passivseite führt demnach zu einem entsprechenden Anstieg (Abnahme) auf der
Aktivseite und umgekehrt.
Stilisierte Bankbilanz
Aktiva
Passiva
„„Barvermögen
„„Kredite
(Kasse)
an Banken
„„Kredite
an Nichtbanken (Kundenkredite)
„„Wertpapiere
(z. B. Aktien,
Staatsanleihen)
4€
14 €
„„Verbindlichkeiten
gegen-
über der Zentralbank
„„Einlagen
von Banken
50 €
„„Einlagen
32 €
„„Schuldverschreibungen
16 €
von Nichtbanken (Kundeneinlagen)
40 €
(Bankanleihen)
„„Eigenkapital
100 €
4€
28 €
12 €
100 €
A
Banken im Finanzsystem
A3 Geschäftsfälle in der Bankbilanz
Fall 1:
Zusätzliche
Kundeneinlage
„„„Einlagen von Nichtbanken“ steigen – von 40 auf 42 €.
„„Direkte Gegenbuchung auf der Aktiv-Seite: „Barvermögen“ steigt von 4 auf 6 €.
„„Summe der Bankbilanz ist gestiegen (von 100 auf 102 €)  Bilanzverlängerung.
„„Die Bank verwendet das zusätzliche Barvermögen nun für Kundenkredite  die
Struktur der Aktivseite verändert sich („Barvermögen“ sinkt von 6 auf 4 €; „Kredite
an Nichtbanken“ steigen von 50 auf 52 €). Die Summe der Bankbilanz bleibt bei
diesem Schritt (Aktivtausch) unverändert.
Fall 2:
Ausfall eines
Kredits
„„Ein Kredit in Höhe von 2 € kann vom Schuldner nicht mehr bedient werden.
„„Unter sonst gleichen Bedingungen  Verlust der Bank in Höhe von 2 €.
„„Der Verlust reduziert das Eigenkapital; es sinkt von 12 auf 10 €.
„„Am Ende ist die Bilanzsumme gesunken (von 100 auf 98 €)  Bilanzverkürzung.
Fall 3:
Vertrauenskrise am
Geldmarkt
 Banken leihen
sich untereinander
kaum noch Geld
„„Die
Fall 4:
Abschreibung von
Wertpapieren
„„Der
Bilanzpositionen „Kredite an Banken“ bzw. „Einlagen von Banken“ sinken.
Hatte eine Bank nur Einlagen von anderen Banken und keine Kredite an andere
Banken vergeben, dann reduziert sich zunächst die Passivseite (Position „Einlagen
von Banken“ sinkt), wenn sich Banken untereinander kein Geld mehr leihen.
„„Die Reduktion der Passivseite muss entweder durch entsprechende Verringerung
der Aktivseite (z. B. Verkauf von Wertpapieren) oder Erhöhung auf der Passivseite
(mehr Eigenkapital, zusätzliche Schuldverschreibungen) ausgeglichen werden.
„„Im Zuge der Finanzmarktkrise hat sich die Europäische Zentralbank dazu
entschlossen, die Funktionsstörungen am Geldmarkt (Geldhandel zwischen den
Banken) durch zusätzliche Zentralbankliquidität zu überbrücken  erweiterte
Liquiditätsbereitstellung der EZB  in der Bankbilanz erhöht sich die Position
„Verbindlichkeiten gegenüber der Zentralbank“.
Kurs von Wertpapieren geht deutlich zurück (z. B. von 32 auf 28 €):
 Verlust der Bank, der durch das Eigenkapital aufgefangen werden muss.
 Eigenkapital der Bank sinkt von 12 auf 8 €.
A
Banken im Finanzsystem
A4 Der Zins als Basis der Bankeinnahmen
Banken verdienen direkt oder indirekt am Zins, also dem Preis für zeitlich befristet überlassenes Kapital. Selbst
bei Erträgen aus Beratung oder auf dem Kapitalmarkt ist der Zins die Basis des Einkommens der Banken. Es
gibt aber nicht „den Zins“, da seine Höhe nicht zuletzt durch die Überlassungslänge des Kapitals und durch
das Risiko der Vergabe variiert.
Kapitalnehmer (Motive)
Kapitalgeber (Motive)
„„Erwartete
„„Suche
„„Wunsch
„„Altruistische
Rendite der Inves­
tition höher als zu zahlende
Zinsen (z. B. Unternehmens­
kredit)
nach Sofortkonsum
größer als Zinsbelastung
(z. B. Kredit für Urlaubsreisen)
„„Aufnahme
von Geld zum
Erwerb konsumtiven Sachkapitals (z. B. Wohnungsbau­
kredit)
nach höchstem Zinssatz bei bestimmter Über­
lassungslänge und gegebe­
nem Ausfallrisiko
Motivation
 Hilfskredite
„„Versuch
der politischen
Steuerung
 Förderkredite
A
Banken im Finanzsystem
A4 Der Zins als Basis der Bankeinnahmen
Zinsstruktur:
„„Der
Zinsarten:
„„In
Erklärungen des
Zinses:
„„Menschen
bevorzugen beim Konsum die Gegenwart. Für die zeitliche Verschiebung von Konsum durch Sparen wird daher eine Entschädigung verlangt.
„„Der Kapitalgeber könnte das Kapital auch selbst ertragreich einsetzen. Der Zins
stellt insofern auch die Kompensation entgangener Erträge dar.
„„Die Rückzahlungsfähigkeiten der Kapitalnehmer variieren, wodurch das Kapital
unterschiedlichem Verlustrisiko ausgesetzt ist. Steigendes Risiko lässt sich der
­Kapitalgeber über steigende Zinssätze entlohnen.
„„Verborgtes Kapital entzieht sich der Verfügbarkeit des Kapitalgebers. Er kann
langfristig verborgtes Kapital nicht schnell in anderes Kapital oder in Konsum
umwandeln. Diese Verfügungsflexibilität benannte Ökonom John Maynard Keynes
„Liquiditätspräferenz“. Mangelnde Liquidität lässt sich der Kapitalgeber bezahlen.
„„Der Zins beinhaltet auch immer einen Ausgleich für die erwartete Inflation.
Allokationseffekt
der Zinsen:
„„Der
Wucherzinsen:
„„Sie
Zinssatz steigt in der Regel mit der Überlassungsdauer ( Karte B2).
Abhängigkeit von der Überlassungslänge wird zwischen Geldmarktzinsen und
Kapitalmarktzinsen unterschieden (Geldmarkt: Überlassungslänge bis einschließ­
lich ein Jahr; Kapitalmarkt: Überlassungslänge mehr als ein Jahr).
Wunsch der Kapitalgeber nach hohen Zinsen hat den Vorteil, dass Kapital an
den Ort der volkswirtschaftlich effizienten Verwendung gelenkt wird (Allokation
= Hinführen an den Ort). Das Bankensystem liefert die dafür notwendigen
Informationen.
entstehen, wenn ein stark unausgewogenes Machtverhältnis bei der Übertra­
gung von Sparkapital besteht. Der beste Weg zur Verhinderung der Ausbeutung
von Notlagen der Kapitalnehmer ist der Wettbewerb. Insofern steigert ein wett­
bewerblich organisiertes Bankensystem nicht nur den ökonomischen Wohlstand
durch effiziente Kapitalallokation, sondern es trägt auch zu mehr Gerechtigkeit bei
(z. B. Idee der Mikrokredite von Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus).
A
Banken im Finanzsystem
A5 Eigenkapitalvorschriften
Die Aufsichtsbehörden schreiben den Banken vor, dass Krediten und Wertpapieren (Aktivseite der Bankbilanz)
ein bestimmter Anteil an Eigenkapital (Aufsichtliches Eigenkapital) gegenüberstehen muss.
Generelle Regelung:
Aufsichtliches Eigenkapital
Risikogewichtete Aktiva
 mindestens 8 %
Weitere Spezifizierung:
Aufsichtliches
Eigenkapital
Drittrangmittel1 (Tier 3)
Ergänzungskapital2 (Tier 2)
Kernkapital (Tier 1):
„„Hybrides Kernkapital3
„„Traditionelles Kern-
 mindestens 50 %
kapital4 (core Tier 1)
1z. B. bestimmte Nachranganleihen, 2z. B. Genussrechte, 3z. B. bestimmte stille Einlagen, 4z. B. Stammaktien, Gewinnrücklagen
A
Banken im Finanzsystem
A5 Eigenkapitalvorschriften
„„Die
Eigenkapitalvorschriften sind Bestandteil eines vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht international
abgestimmten Regulierungsrahmens für Banken und Finanzdienstleistungsinstitute. Die gültigen Eigenkapitalvorschriften (Bestandteil von Basel II) wurden in der EU per Richtlinie in europäisches Recht umgesetzt.
„„Mit
der Regelung soll eine angemessene Eigenkapitalausstattung der Finanzinstitute sichergestellt
werden. Mit der internationalen Abstimmung durch den Baseler Ausschuss werden einheitliche Wettbewerbsbedingungen angestrebt.
„„Im
Vergleich zu den Regelungen „Basel I“ orientieren sich die Eigenkapitalvorschriften nach „Basel II“
­stärker am Risiko, das die Institute mit ihren Geschäften auf der Aktivseite der Bankbilanz eingehen. Grundprinzip ist dabei: Je risikoreicher das Geschäft, desto mehr Eigenkapital muss dafür vorgehalten werden.
„„Die
von Banken vergebenen Kredite werden nach ihren Ausfallrisiken gewichtet. Dafür können sowohl
bank­interne (von der Bankenaufsicht genehmigte) als auch bankexterne Ratings benutzt werden.
Beispiel: Eine Bank vergibt einen Unternehmenskredit von 8 Mio € und einen Hypothekenkredit von
1 Mio €. Die Risikogewichtung für den Unternehmenskredit beträgt 60 %, für den Hypothekenkredit 35 %.
Beide Posten ergeben risikogewichtete Aktiva von 5,15 Mio € (8 Mio € x 0,6 + 1 Mio € x 0,35). Die Bank
müsste dafür aufsichtliches Eigenkapital von mindestens 412.000 € (8 %) bereithalten.
„„Ebenso
wie Kredite müssen alle Vermögenswerte, die auf der Aktivseite der Bankbilanz stehen
( Karte A2), also auch Wertpapiere, risikogewichtet mit Eigenkapital unterlegt werden.
Beispiel: Eine Bank hält eine Bundesanleihe im Wert von 2 Mio € sowie eine Unternehmensanleihe im
Wert von 4 Mio €. Die Bundesanleihe hat wegen ihrer Eigenschaft als Staatspapier und ihres erstklassigen
Ratings (AAA) ein Risikogewicht von 0 %. Die Unternehmensanleihe hat hingegen ein Risikogewicht
von 50 %. Beide Bilanzposten entsprechen risikogewichteten Aktiva von 2 Mio € (2 Mio € x 0 + 4 Mio € x 0,5).
Hierfür müsste Eigenkapital von mindestens 160.000 € (8 %) bereitgehalten werden.
„„Verschlechtert
sich die Risikobewertung des Vermögenswertes, insbesondere eines Kredits oder
eines Wertpapiers in der Bankbilanz, dann erhöht sich das aufsichtliche Eigenkapital, das die Bank für
diese Posten bereithalten muss. Dies bindet Eigenkapital und verschlechtert − unter sonst gleichen
Rahmenbedingungen − die Möglichkeit der Bank, neue Kredite zu vergeben.
B
Finanzmärkte als Ort der Kapitalübertragung
B1 Festverzinsliche Wertpapiere (Anleihen)
Instrument, bei dem der Kapitalnehmer eine feste nominale Zinszahlung als Bezahlung für das geliehene
Kapital verspricht. Solche Schuldverschreibungen sind häufig handelbar (Inhaberschuldverschreibungen). Die
Anleihe – und damit der Zahlungsanspruch – kann an Dritte verkauft werden.
Kapitalnehmer
Kapitalgeber
Unternehmen oder
öffentliche Hand als
Herausgeber der
Anleihe
Erster Käufer
der Anleihe und
zudem Käufer
und Verkäufer auf
Markt
Herausgabepreis
Feste Zinszahlungen an
den Inhaber der Anleihe
Handel
der
Anleihe
Herausgabepreis nach
Ablauf der Laufzeit
Käufer und Verkäufer
und möglicherweise
Inhaber am Ende der
Laufzeit
B
Finanzmärkte als Ort der Kapitalübertragung
B1 Festverzinsliche Wertpapiere (Anleihen)
„„Preis
der Anleihen (Kurs) ist durch Angebot und Nachfrage bestimmt.
„„Akteure
auf dem Markt sind die Herausgeber der Anleihen (Kapitalnehmer) als Verkäufer sowie die
Kapitalgeber als Käufer von Anleihen. Kapitalgeber können sich aber auch wieder von der Anleihe trennen
und treten dann als Verkäufer am Kapitalmarkt auf.
„„Die
Nachfrage und damit der Preis ist unter anderem abhängig von der Sicherheit der festgelegten Geldzahlungen  steigendes Ausfallrisiko führt zu geringerem Preis.
„„Die
Rendite einer Anleihe wird bestimmt durch die Höhe der festen Zinszahlungen und die Höhe des
Kaufpreises (Kurs). Feste Zinsen bei sinkendem Kaufpreis auf dem Anleihemarkt führen zu steigender
Rendite.
„„Der
Herausgeber einer Anleihe muss – um die Anleihe verkaufen zu können – Zinszahlungen an die vom
Markt geforderte Rendite anpassen.
„„Stark
–
–
–
–
vereinfachtes Zahlenbeispiel:
Herausgeber verkauft im Jahr 2010 eine Anleihe mit zehnjähriger Laufzeit für 100 € mit dem
Versprechen, dem Inhaber jährlich 10 % Zinsen, also 10 € zu zahlen. Zudem erhält der Inhaber
nach dem Ende der Laufzeit die 100 € vom Herausgeber zurück. Die jährliche Rendite beträgt also
ursprünglich rund 10 %.
Nach wenigen Tagen versucht der Käufer, die Anleihe wieder zu verkaufen. Er findet aber keinen Käufer
zum ursprünglichen Preis von 100 €. Er kann die Anleihe für nur 50 € verkaufen.
Der Käufer und somit der neue Inhaber der Anleihe erhält jetzt 10 Jahre lang 10 € und am Ende auch
noch 100 € Rückzahlung für seine 50 € Investition. Das sind rund 20 € im Jahr für eine Investition von
50 €. Die jährliche Rendite beträgt somit jetzt rund 40 %.
Will der ursprüngliche Herausgeber eine neue Anleihe platzieren, dann müsste er statt der bisherigen
10 € jährlicher Zinszahlungen jetzt rund 40 € bieten, um die Renditen der alten und neuen Papiere
anzugleichen. Es gilt das Gesetz des Marktes, dass ein gleiches Produkt den gleichen Preis hat.
B
Finanzmärkte als Ort der Kapitalübertragung
B2 Die Zinsstrukturkurve
Die Zinsstrukturkurve ergibt sich durch eine Kombination von Zinshöhe und unterschiedlichen Laufzeiten
eines Kredits oder einer Schuldverschreibung (Anleihe). Sie bezieht sich dabei stets auf Schuldner mit gleicher
Bonität (z. B. Zinsstrukturkurve für deutsche Staatsanleihen).
Zinsstrukturkurve
normaler Verlauf
%
Zinsstrukturkurve
inverser Verlauf
%
7,00
7,00
6,00
6,00
5,00
5,00
4,00
4,00
3,00
3,00
2,00
2,00
1,00
1,00
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Laufzeit (in Jahren)
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Laufzeit (in Jahren)
B
Finanzmärkte als Ort der Kapitalübertragung
B2 Die Zinsstrukturkurve
„Normaler“ Verlauf der Zinsstrukturkurve
„„Zinssatz steigt mit zunehmender Bindungsdauer. Beispiel: Schuldner muss für eine 2-jährige Anleihe einen jährli-
chen Zins von 2,6 % entrichten. Leiht er sich Geld für die Dauer von 10 Jahren, beträgt der jährlicher Zins 6,1 %.
„„Als Gründe für den „normalen“ Verlauf sind zwei Risikofaktoren entscheidend:
1. Kreditausfallrisiko  die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gläubiger das verliehene Geld
vom Schuldner nicht oder nicht ganz zurückbekommt, ist umso größer, je länger das Geld verliehen wird.
2. Inflationsrisiko  Gläubiger versucht mindestens den Realwert seines Vermögens
zu erhalten. Er wird einen Zins verlangen, der mindestens den Kaufkraftverlust durch die Inflation
ausgleicht. Kurzfristig lässt sich die Inflationsrate gut prognostizieren. Je länger ein Gläubiger Geld
verleiht, desto größer ist jedoch das Risiko, dass die Inflationsrate über das aktuelle Niveau steigt.
Beide Risiken lässt sich der Gläubiger durch einen höheren Zins bezahlen  je länger die Laufzeit eines
Kredits, desto größer das Risiko des Gläubigers und desto höher der Zinssatz.
„Inverser“ Verlauf der Zinsstrukturkurve
„„Für kurz laufende Kredite ist
„„Ein wichtiger Grund für eine
der Zins höher als für Kredite mit längeren Laufzeiten.
inverse Zinsstrukturkurve ist die Geldpolitik.
– Der Zins für kurze Laufzeiten ist stark abhängig von der Höhe des Leitzinses. Je länger die Laufzeit
eines Kredites, desto stärker beeinflussen auch andere Faktoren (z. B. „normale“ Angebots- und
Nachfragebedingungen) die Höhe des Zinssatzes.
– Ein hoher kurzfristiger Zinssatz ist meist mit einem entsprechend hohen Leitzins verbunden
(z. B. weil die Notenbank Inflationsrisiken bekämpft). Gehen Anleger davon aus, dass der Leitzins nur
vorübergehend auf hohem Niveau liegen wird (z. B. weil die Leitzinserhöhung die Inflationsrisiken
wirksam reduziert), dann können die Zinsen für längerfristige Kredite niedriger sein als die aktuell recht
hohen kurzfristigen Zinsen.
„„Auf eine inverse Zinsstrukturkurve folgte in der Vergangenheit – mit einer zeitlichen Verzögerung – häufig eine starke konjunkturelle Abkühlung oder Rezession. Dies deckt sich mit den Erwartungen der Anleger, die zu einer abwärts geneigten Zinsstrukturkurve führen.
B
Finanzmärkte als Ort der Kapitalübertragung
B3 Aktien
Aktien sind Anteilsscheine von Unternehmen. Aktien erhöhen bei der Herausgabe (Emission) das Eigenkapital
der Aktiengesellschaft (Kapitalnehmer). Sie sind in der Regel frei handelbar. Als Entlohnung erwartet der
Aktieninhaber (Kapitalgeber) Anteile am Gewinn, wobei der Gewinn ausgeschüttet wird (Dividende) oder im
Unternehmen verbleibt (Thesaurierung).
Kapitalnehmer
Eigenkapital der
Aktiengesellschaft
Kapitalgeber
Herausgabepreis
Dividendenzahlungen
an den Aktieninhaber
Entlohnung durch
Wertsteigerung (z. B.
durch einbehaltene
Gewinne)
1. Käufer der
Aktie und zudem
Käufer und
Verkäufer auf
Markt
Handel
der
Aktie
Unternehmen
inkl. Banken,
Haushalte und
andere als Käufer
und Verkäufer
umlaufender
Aktien
Finanzmärkte als Ort der Kapitalübertragung
B4 Derivate
Derivate sind börslich oder außerbörslich (OTC-Derivate) abgeschlossene Verträge. Ihnen liegt ein
Basiswert (underlying) zugrunde, von dessen Entwicklung der Preis des Derivats abgeleitet wird. Durch die
Orientierung an zukünftigen Basiswerten dienen sie u. a. der Absicherung (Hedging).
Basiswert
Aktie mit Kurswert 100 € bei
Vertragsabschluss.
40 €
30 €
20 €
10 €
140 €
130 €
120 €
110 €
100 €
90 €
80 €
70 €
60 €
50 €
40 €
30 €
-10 €
20 €
0€
10 €
Gewinn und Verlust
B
-20 €
-30 €
-40 €
-50 €
Kursw ert nach Jahr 1 – Ende des Vertrages
A ohne Derivat
A mit Derivat
Vertragspartner B
Derivat
Vertragspartner A erwirbt für 10 €
das Recht, eine Aktie nach einem
Jahr an Vertragspartner B für 80 €
verkaufen zu können.
Motivation der Vertragspartner
Vertragspartner A will sich gegen
Kursverluste von mehr als 30 €
absichern (beim Kurswert 70 € wäre
der Verlust mit oder ohne Hedging
genau 30 €). Vertragspartner B
rechnet mit Kursverlusten von
weniger als 30 €, da er dann
Gewinn erzielt.
B
Finanzmärkte als Ort der Kapitalübertragung
B4 Derivate
„„Basiswerte:
Waren und Finanzwerte aller Art, z. B. Aktien, Rohstoffe, aber auch Indizes, Zahlungsströme
(Swaps) oder Zahlungsausfall eines Schuldners (Credit Default Swaps).
„„Absicherung
mit Derivaten: Durch Derivate wird das Anlagerisiko verteilt, was die Effizienz der Finanzmärkte erhöht, da individuell gewünschte Risiko-Rendite-Kombinationen leichter abzubilden sind. Das Risiko
verschwindet dadurch natürlich nicht.
„„Preis
des Derivats: Ein Teil der Derivate wird an Börsen gehandelt. Der ursprüngliche Preis von 10 € im
Beispiel würde umso stärker sinken, je stärker der Kurswert der Aktie steigt, da ein Preisverfall auf
die festgelegten 80 € unwahrscheinlicher wird. Auch die Restlaufzeit hat Einfluss auf den Preis. Sollte
der Basiswert nach 364 Tagen immer noch bei 100 € liegen, so ist ein Absinken auf 80 € innerhalb des
verbleibenden Tages recht unwahrscheinlich, was den Preis des Derivats drückt. Haupteinflussfaktoren
der komplexen Preisbildung: aktueller Preis, bisherige Preisschwankungen des Basiswerts, Restlaufzeit mit entsprechendem risikolosen Zinssatz und Kontrahentenausfallrisiko (im Beispiel: Ausfall von
Vertragspartner B).
„„Spekulation
und Derivate:
– Mit Derivaten kann auch bei fallenden Kursen Gewinn erzielt werden. Spekuliert ein Anleger im
Beispiel auf einen fallenden Kurs des Basiswerts, kauft er das Derivat für z .B. 20 € an der Börse. Sinkt der
Basiswertkurs am Laufzeitende auf z. B. 50 €, dann beträgt „der Wert“ des Derivats 30 € (Gewinn von 10 €).
– Derivate sind auch für risikoreichere Anlagestrategien interessant (Hedgefonds!). So schwankt der Preis
(= Risiko) des Derivats meist stärker als der Preis des zugrundeliegenden Basiswerts.
„„Volkswirtschaftlicher
Nutzen und Kritik an Derivaten:
– Neben der Absicherungsleistung verringern Derivate Transaktionskosten, da gewünschte Risiko-RenditeKombinationen einfacher darstellbar sind.
– Ob Derivate stabilisierende oder destabilisierende Wirkung auf den Finanzmärkten haben, ist
Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion. Für beides existieren empirische Belege. Als sicher gilt,
dass eine Reduktion des Kontrahentenausfallrisikos die Stabilität des Gesamtsystems erhöht.
B
Finanzmärkte als Ort der Kapitalübertragung
B3 Aktien
„„Aktieninhaber
sind Eigentümer der Aktiengesellschaft. Das Geldvermögen des Aktienkäufers bleibt beim
Aktienkauf zunächst unberührt ( Karte C2). Der Preis der Aktien (Kurs) kann sich aber ändern (abhängig
von Angebot und Nachfrage). Damit ändert sich auch der Wert des Geldvermögens ( Karte D1).
„„Im Vergleich
zu Anleihen sind Aktien strukturell risikoreicher (Anleihe vs. Aktie desselben Unternehmens
unter Vernachlässigung der Inflationsproblematik), da die Kapitalentlohnung nicht in Form einer festen
Zinszahlung erfolgt, sondern durch den Gewinn (inkl. erwartetem Gewinn) determiniert wird.
„„Im Unterschied zu Stammaktien sind Vorzugsaktien nicht mit Stimmrechten bei der Hauptversammlung
der Aktiengesellschaft ausgestattet. Als Ausgleich werden Inhaber von Vorzugsaktien u. a. mit einer höheren Dividendenausschüttung bevorzugt.
„„2010 wurden von deutschen Emittenten Aktien zum Kurswert von insgesamt rund 20 Mrd. € herausgegeben. Der Umlauf zu Kurswerten (Börsenwert) deutscher Aktien betrug 2010 rund 1.100 Mrd. € (Quelle:
Deutsche Bundesbank).
Rolle der Banken auf dem Aktienmarkt
 Banken sind häufig selbst Aktiengesellschaften und erfüllen mit dem über die Aktiensausgabe erhaltenen
Eigenkapital einen Teil der aufsichtlichen Eigenkapitalpflichten ( Karte A5).
 Banken treten als Mittler und Berater auf dem Aktienmarkt auf (Emissionsbegleitung, Broker etc.  Karte A1).
 Eigenhandel: Banken erwerben und veräußern Aktien auch ohne Kundenauftrag im eigenen Namen und
auf eigene Rechnung. Dadurch wird die Liquidität des Aktienmarktes erhöht, d.h. Aktien können sehr
schnell verkauft, also in Geld umgewandelt werden ( Karte C1).
Aktienmärkte und Konjunktur
 Aktienmärkte gelten als konjunkturelle Frühindikatoren (gute Gewinnerwartungen der Unternehmen 
steigender Kurs; schlechte Gewinnerwartungen  sinkende Kurse)
 Aktienpreisänderungen haben zudem über den Vermögenseffekt Einfluss auf die konjunkturelle
Entwicklung. Steigt z. B. das Geldvermögen ( Karte D1) der privaten Haushalte durch Kursgewinne,
steigert dies in der Regel die Konsumnachfrage.
C
Geld
C1 Was ist Geld − Funktionen des Geldes
Die universelle Rolle des Geldes folgt aus den vielen Funktionen, die es im Wirtschaftsleben zu erfüllen hat.
Geld ist Zahlungsmittel, Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel. Geld ist nicht identisch mit Kapital. So
kann jemand viel Kapital besitzen und trotzdem unter Geldmangel leiden (nicht „flüssig“ sein).
Tauschwirtschaft
Geldwirtschaft
C
Geld
C1 Was ist Geld − Funktionen des Geldes
Zahlungs- und
Tauschmittel:
„„Mit
Zähl- und
Recheneinheit:
„„Geld
Wertaufbewahrung:
„„Geld
Begriffsverwirrung
beim Thema Geld
( Karte C2):
„„So
Effizienz von Geld:
„„Die
Geld ist man flüssig (liquide) − mit Geld als universellem Tauschgut können
somit Konsumgüter und Investitionskapital besser von einem Eigentümer zum
anderen fließen.
erlaubt es, Güter- und Vermögenswerte in einer einheitlichen Bezugsgröße
auszudrücken und dadurch besser vergleichbar zu machen. Aus dieser Funktion
ergibt sich die Aufgabe, Wertmaßstab zu sein.
erleichtert das zeitliche Auseinanderfallen von Einnahmen und
Ausgaben, da es nicht oder nur langsam auf natürlichem Wege verdirbt.
Sparen und somit wirtschaftliches Wachstum ist ohne Geldwirtschaft ungleich
schwieriger ( Karte A2).
mancher redet von Geld, wenn er in Wirklichkeit Kapital, Liquidität oder
Eigentum meint.
„„Da es keine eindeutige kompakte Definition von Geld gibt, behilft man sich
damit, Geld über die Funktion zu definieren. Geld ist demnach grundsätzlich alles,
was die obigen drei Funktionen gleichzeitig erfüllt. Geld muss nicht prinzipiell
gesetzliches Zahlungsmittel sein (Zigaretten nach dem 2. Weltkrieg).
„„Die Europäische Zentralbank grenzt Geld pragmatisch in Abhängigkeit von der
möglichen Umwandlungsgeschwindigkeit in Bargeld ab:
– Geldmenge M1 entspricht Bargeld und Sichteinlagen der Nichtbanken.
– Geldmenge M2 entspricht M1 plus Festgeld (Bankeinlagen bis zu zwei Jahren
oder mit einer Kündigungsfrist bis zu drei Monaten).
– Geldmenge M3 entspricht M2 plus Geldmarktpapiere etc.
Effizienz der Geldfunktionen ist nicht zuletzt von der vorhandenen Geldmenge abhängig. Insbesondere muss ein Vertrauensverlust in die Kaufkraft
verhindert werden.
C
Geld
C2 Geld, Geldkapital, Geldvermögen und Gesamtvermögen
Nicht jedes Geldvermögen ist Geld im eigentlichen Sinne, denn als Gemeinsamkeit wird nur die
Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes erfüllt ( Karte C1). Geldvermögen ist wiederum nur ein Teil des
Gesamtvermögens (reale Güter plus Netto-Geldvermögen  Gesamtvermögen = materieller Reichtum).
Geldvermögen von
Nichtbank A
Sonstige Finanzanlagen
Geldvermögen von
Nichtbank B
Ausland
Bankaktiva
Bankpassiva
Kredite an Nichtbanken
Geld: Einlagen M1 bis M3
Wertpapiere von Nichtbanken
Geldkapital:
Schuldverschreibungen und
Eigenkapital der Bank
Forderungen von X an Y  und Verbindlichkeit von X bei Y 
C
Geld
C2 Geld, Geldkapital, Geldvermögen und Gesamtvermögen
„„Das
Netto-Geldvermögen ist der Saldo aus Forderungen und Verbindlichkeiten. In einer Welt ohne Ausland
wäre das Netto-Geldvermögen einer Volkswirtschaft immer Null, da sich in diesem Fall Forderungen und
Verbindlichkeiten genau ausgleichen.
„„Konsolidiert
man alle Forderungen und Verbindlichkeiten inklusive Ausland, so hatte Deutschland im Jahr
2009 gegenüber dem Ausland ein positives Netto-Geldvermögen von rund 900 Mrd €.
„„Die
Geldvermögensbestandteile:
– Unter Geld im eigentlichen Sinne versteht man die Forderungen der Nichtbanken an den Bankensektor
mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren ( Karte C5).
– Unter Geldkapital versteht man Forderungen an den Bankensektor mit Laufzeiten von über zwei Jahren.
Ökonomisch schließt Geldkapital somit das Eigenkapital des Bankensektors mit ein, da es sich ökonomisch um einen Anspruch, also eine Forderung an den Bankensektor, handelt.
– Das Netto-Geldvermögen einer Nichtbank, also der legitime Anspruch auf reale Güter, besteht aus:
• dem Geld und dem Geldkapital,
• abzüglich der Verbindlichkeiten gegenüber dem Bankensektor.
• Hinzu kommt der Saldo aus Forderungen und Verbindlichkeiten der Nichtbanken untereinander (Netto
der sonstigen Finanzanlagen) sowie
• der Saldo von Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Banken und Nichtbanken des Auslands.
„„Ein
Beispiel: Die von einer deutschen Nichtbank direkt am Kapitalmarkt erworbene Bundesanleihe zählt als
Teil des Geldvermögens zu den sonstigen Finanzanlagen. Der deutsche Inhaber hat jetzt eine Forderung
gegenüber dem Bund als Nichtbank. Der Bund hat jetzt als Nichtbank eine Verbindlichkeit gegenüber dem
Inhaber. Der Käufer bezahlt die Anleihe mit Geld, das heißt, dass die Geldforderung an den Bankensektor
vom Anleihekäufer auf den Bund übergeht. Das Netto-Geldvermögen Deutschlands bleibt vom Vorgang
insgesamt unberührt. Übrigens: Der Bund hat jetzt mehr Geld, aber nicht mehr Geldvermögen!
„„Der
reale Wert des Geldvermögens unterliegt wie alle Vermögenswerte Schwankungen. Die nominale
Wertbestimmung wird generell mit zunehmender Liquidität der Vermögensbestandteile einfacher. Bei
Geld erübrigt sich Nominalbewertung ohnehin.
C
Geld
C3 Inflation
Bei Inflation steigt das allgemeine Preisniveau (alle Preise) stark und beständig. Dadurch wird eine feste
Geldsumme (z. B. 100 €) „entwertet“, da wegen der steigenden Preise im Laufe der Zeit immer weniger Güter
(Waren und Dienstleistungen) mit diesem fixen Geldbetrag gekauft werden können.
Zusammensetzung des Verbraucherpreisindexes in Deutschland
(Anteile am Warenkorb in %)
- Wohnung, Wasser, Heizung
30,8
- Verkehr
13,1
- Freizeit, Unterhaltung, Kultur
11,6
- Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke10,4
- Einrichtungsgegenstände,
Haushaltsgeräte
5,6
- Bekleidung und Schuhe
4,9
- Beherbergungs- und
Gaststättendienstleistungen
4,4
- Gesundheitspflege
4,0
- Alkoholische Getränke, Tabakwaren
3,9
- Nachrichtenübermittlung
3,1
- Bildungswesen
0,7
- Andere Waren und Dienstleistungen 7,4
100
Quelle: Statistisches Bundesamt.
Inflation
Deutschland
Inflation
ininDeutschland
%
Verbraucherpreise
gegenüber dem Vorjahr in %
Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr in %
%
6,0
5,0
5,1
4,4
4,0
2,7
3,0
1,7
2,0
2,0
1,9
1,5
1,4
0,9
1,0
2,3
1,4
2,6
1,7 1,6 1,6
1,0
0,6
0,4
0
1992
1994 1996
1998
2000 2002
2004
2006 2008
C
Geld
C3 Inflation
Inflationsmessung:
„„In
Warum ist Inflation
ein Problem?
„„Inflation
Inflationsursachen
( Karte C6):
„„Die
Zu beachten:
„„Nennenswerte
der Regel wird ein Warenkorb definiert, dessen Preisentwicklung im Laufe der
Zeit beobachtet wird. Häufig wird die Inflationsrate als prozentuale Veränderung
des Warenkorbpreises gegenüber dem Vorjahr angegeben.
kann die Signalfunktion von Preisen stören. Für Unternehmen wird es
schwierig zu unterscheiden, ob Preise wegen höherer Nachfrage oder Inflation
steigen  Gefahr von Fehlsteuerungen.
„„Inflation führt zu unerwünschten Verteilungseffekten:
– Schuldner profitieren, da sie ihre Schuld zum Nominalwert zurückzahlen müssen,
deren realer Wert aber erheblich sinkt. Im Gegenzug stellen sich Gläubiger (Sparer)
schlechter, wenn die Verzinsung nicht mindestens so hoch ist wie die Inflationsrate.
– Arbeitnehmer verschlechtern sich, wenn die Inflation stärker ausfällt als in
Tarifverhandlungen einkalkuliert  Realeinkommensverlust. Gleiches gilt für
Bezieher von Sozialleistungen, da deren Höhe nur in Zeitabständen an die
Preisentwicklung angepasst wird.
Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen steigt in einer Volkswirtschaft
stärker als das Angebot. Hintergrund können kräftige Lohnerhöhungen, steigende
Staatsausgaben oder ein Anziehen der Auslandsnachfrage (Exporte) sein.
„„Inflationsdruck durch stark steigende Produktionskosten (z. B. höhere Rohstoffpreise, Löhne oder Steuern).
„„Steigt die Geldmenge längere Zeit deutlich stärker als das nominale Bruttoinlandsprodukt, steht den produzierten Waren und Dienstleistungen ein
größeres Geldvolumen gegenüber, das die nominale Nachfrage erhöht. Da das
Güterangebot weniger stark zugenommen hat, kommt es zur Preissteigerung.
Probleme entstehen erst bei hohen Inflationsraten. Eine jährliche Inflation von etwa 2 % ist relativ unproblematisch. Sie erleichtert den
wirtschaftlichen Anpassungsprozess und bietet einen Sicherheitsabstand zur
Deflation ( Karte C4).
C
Geld
C4 Deflation
Bei Deflation sinkt das allgemeine Preisniveau (alle Preise) über einen längeren Zeitraum. Häufig ist eine
Deflation mit einem Rückgang der wirtschaftlichen Aktivitäten und steigender Arbeitslosigkeit verbunden.
Deflationsspirale
Preisrückgang
Nachfragerückgang
1
3
Preisrückgang
4
Kaufzurückhaltung
2
Produktionseinschränkung
C
Geld
C4 Deflation
Warum ist
Deflation ein
Problem?
wichtiger Auslöser für Deflation sind die Erwartungen von Verbrauchern und
Unternehmen: Rechnen sie damit, dass die Preise in Zukunft weiter zurückgehen,
verschieben sie Käufe/Investitionen, weil sie hoffen, die Waren später preiswerter
erwerben zu können 1 (Kaufzurückhaltung).
„„Dadurch sinken Nachfrage und Gewinne. Unternehmen reagieren mit Preissenkungen und Produktionseinschränkungen 2 . Die Produktionseinschränkungen führen
zu unmittelbarem Nachfragerückgang (geringere Nachfrage der Unternehmen)
sowie zu Entlassungen. Beides reduziert die gesamtwirtschaftliche Nachfrage 3 .
„„Durch die geringere Nachfrage sinkt das Preisniveau, neuerliche Produktionseinschränkungen 4 folgen (eine sich selbst verstärkende Deflationsspirale entsteht).
„„Die Spirale von Produktions- und Nachfragerückgängen (Realwirtschaft) kann
durch den „Erwartungseffekt“ (vgl. 1 ) immer wieder verstärkt werden.
Ist Deflation
gefährlicher als
Inflation?
„„Zahlreichen
Zu beachten:
„„Die
„„Ein
Ökonomen halten Deflation für gefährlicher als Inflation:
– Die realwirtschaftlichen Beeinträchtigungen werden bei einer Deflation als
besonders einschneidend eingestuft (große Gefahr, dass die Deflationsspirale in
einer wirtschaftlichen Depression mündet).
– Während Inflation mit höheren Leitzinsen bekämpft werden kann, sind bei
Deflation Zinssenkungen der Notenbank angezeigt. Ein Leitzins von 0 % ist jedoch
die Untergrenze. Geldpolitische Lockerungen darüber hinaus müssen über Maßnahmen erfolgen wie den Aufkauf von Wertpapieren durch die Notenbank
(„quantitative Lockerung“;  Karte C7). Die Bekämpfung von Deflation durch die
Geldpolitik wird als schwieriger eingeschätzt als die von Inflation.
negativen realwirtschaftlichen Auswirkungen anziehender Inflationsraten
machen sich häufig mit einer etwas größeren zeitlichen Verzögerung als die
Folgen einer Deflation bemerkbar. Eine „Hyperinflation“ kann aber ebenfalls zu
massivem Produktionseinbruch und Massenarbeitslosigkeit führen.
„„Eine gefährliche Deflationsspirale ist erst dann zu befürchten, wenn Konsumenten und Unternehmen fest mit weiteren, signifikanten Preissenkungen rechnen.
C
Geld
C5 Geldschöpfung
Geld hat verschiedene Formen. Man unterscheidet vor allem zwischen Bargeld und Giralgeld, wobei das
Giralgeld mit einem Verhältnis von aktuell rund 4:1 zum Bargeld überwiegt. Giralgeld (nicht Vermögen!)
entsteht durch Kreditvergabe sozusagen aus dem Nichts. Die EZB steuert durch das Setzen von
Rahmenbedingungen die Geldschöpfung  Geldpolitik ( Karten C6 und C7).
Gerundete Geldmengenstruktur Juni 2009
Geld der Nichtbanken – Realwirtschaft
Mrd €
10.000
9.000
Quantitative
Easing (QE)
8.000
7.000
Geschäftsbank A
Interbankengeldmarkt
6.000
Geschäftsbank B
5.000
4.000
QE
Indirekte
Steuerung der
Geldmenge
mittels Zinsen
und Zuteilung
Geschäftsbedingungen der
Zentralbank
beeinflussen
zudem Interbankengeldmarkt
Zentralbank
3.000
QE
2.000
1.000
0
Geldbasis
Geldbasis
M1
M1-Bargeldumlauf
M2
M2-M1
M3
M3-M2
C
Geld
C5 Geldschöpfung
„„Die
Zentralbank stattet Geschäftsbanken gegen Sicherheiten (zentralbankfähige Wertpapiere) mit Zentralbankgeld aus  Geldbasis. Der Leihpreis wird von der Zentralbank festgelegt ( Karte C6). Geschäftsbanken
vergeben an Nichtbanken Kredite in Form von Giralgeld, wodurch Geld entsteht  Geldschöpfung.
„„Beispiel
einer stark vereinfachten Welt mit einem Mindestreservesatz von 20% (der EZB-Mindestreservesatz
liegt derzeit bei 2 %): In dieser Welt sollen 100 Euro Bargeld (Geldbasis) existieren, die Kunde A gehören.
Kunde A bringt diese Summe zur Bank (Girokonto). Er hat jetzt eine Sichteinlage in Höhe von 100 Euro, mit
der er sein Leben fortan bargeldlos bestreitet. Die Bank kann, wenn auch Kunde B sein Leben bargeldlos
bestreitet, an B – wegen der Mindestreservepflicht – höchstens einen Kredit von 400 € vergeben (Gutschrift
auf Girokonto von B). Unsere Welt hat dann eine Geldmenge von 500 € (Sichteinlagen: 100 € auf Girokonto A
und 400 € durch Kredit auf Girokonto B). Die Bank erfüllt die Mindestreservepflicht, indem sie von der Geldmenge 500 € 20% – die 100 € Bargeld von Kunde A – in der Bank behält.
„„Geld
kann theoretisch nicht nur über den Weg der Geschäftsbanken in die Realwirtschaft gelangen. Die Zentralbank könnte auch direkt Geld in den Nichtbankensektor leiten. Kauft die Zentralbank beispielsweise ein
Wertpapier von einer Nichtbank, dann entsteht in Höhe des Kaufpreises Geld (direktes Quantitative Easing).
„„Von
Quantitative Easing (QE) ohne Geldentstehungseffekt wird gesprochen, wenn die Zentralbank von
Geschäftsbanken Wertpapiere kauft und gleichzeitig die entstandene Geldbasis über andere, geldbasisentziehende Instrumente zu neutralisieren versucht. Die Geldbasis wird beim QE erweitert, falls die Neutralisierung unterbleibt. Bei Leitzinsen nahe Null ist QE eine oft genutzte Möglichkeit, die Geldbasis zu erweitern.
„„Das
Verhältnis aus Geldmenge ( Karte C1) und Geldbasis wird als Geldmengenmultiplikator (M1, M2,
M3) bezeichnet. Beim derzeit geltenden Mindestreservesatz könnte der Geldmengenmultiplikator theoretisch höchstens eine Verfünfzigfachung der Geldbasis anzeigen. Der tatsächliche Wert liegt mit rund 10 bei
der Geldmenge M3 deutlich darunter, was u.a. durch die Bargeldhaltung der Nichtbanken und freiwillige
Liquiditätsreserve der Banken verursacht wird.
„„Mehr
Bargeldhaltung der Nichtbanken und größere freiwillige Liquiditätsreserven der Banken verringern
Geldmultiplikator  Anpassung der Geldbasis, um Geldmenge entsprechend Zielsetzung zu steuern.
C
Geld
C6 Geldpolitische Strategie der EZB
Die erheblichen Kosten von Inflation und Deflation sind unbestritten. Preisniveau-Stabilität steigert hingegen
den wirtschaftlichen Wohlstand und das Wachstumspotenzial einer Volkswirtschaft. Das vorrangige Ziel
der Europäischen Zentralbank (EZB) ist daher die Gewährleistung von Preisniveau-Stabilität. Nachrangig
unterstützt die EZB die allgemeine Wirtschaftspolitik der EU.
Vorrangiges Ziel: Preisniveau-Stabilität
EZB-Rat
fasst geldpolitische
Beschlüsse
Analyse der wirtschaftlichen
Dynamik und Schocks anhand
realwirtschaftlicher Indikatoren
Gegenprüfung
Analyse der monetären Entwicklung
C
Geld
C6 Geldpolitische Strategie der EZB
Vorteile der Preisniveau-Stabilität:
„„Veränderungen relativer Preise werden leichter erkannt  effiziente Ressourcenlenkung.
„„Gläubiger verlangen keine Extra-Zinsen zum Ausgleich des Inflationsrisikos.
„„Keine Umverteilung von Gläubigern zu Schuldnern (Inflation) oder umgekehrt (Deflation).
„„Weniger Verzerrungen in den Steuer- und Sozialsystemen (Stabilität nominaler Eckwerte).
„„Sicherung sozialer und politischer Stabilität  Inflation trifft oft die Schwächsten, da sie sich
nur unzu-
reichend gegen den Geldwertverfall absichern können.
„„Vermeidung einer Deflationsspirale, da diese wirtschaftliches Wachstum verhindert ( Karte C4).
„„Das Ziel der Preisstabilität gilt als erreicht, wenn die Inflation der Verbrauchsgüterpreise bei knapp unter
2 % liegt (Sicherheitspuffer zur gefährlichen Deflation).
Zwei Säulen der geldpolitischen Strategie:
„„1.
Wirtschaftliche Analyse: Bestimmung kurz- und mittelfristiger Faktoren der Preisentwicklung. Schwerpunkt auf realwirtschaftlicher Entwicklung und Finanzierungsbedingungen der Wirtschaft. Preisentwicklungen werden bei diesem Analysehorizont vom Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage bestimmt.
„„2. Monetäre Analyse (z. B. Geldmengenentwicklung und Kreditvergabe): Ausrichtung auf den längeren
Analysehorizont. Nutzt den langfristigen Zusammenhang von Preisniveau und Geldmenge ( Karte C3).
Beachtung nachrangiger Ziele:
„„Soweit
ohne Beeinträchtigung des Ziels Preisstabilität möglich, unterstützt die EZB die allgemeine
Wirtschaftspolitik. Explizit werden „ein hohes Beschäftigungsniveau, ein beständiges, nicht-inflationäres
Wachstum, hohe Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz der Wirtschaftsleistungen“ genannt.
C
Geld
C7 Geldpolitische Instrumente der EZB
Die Europäische Zentralbank (EZB) verfügt über ein umfangreiches Instrumentarium zum Erreichen ihrer
Ziele wie der Gewährleistung von Preisniveau-Stabilität ( Karte C6). Die Festlegung des sogenannten
Hauptrefinanzierungssatzes, des „Leitzins“, bildet den Kern dieses Instrumentenbündels. Der Leitzins
(Zinspolitik) determiniert den Preis, zu dem sich Geschäftsbanken von der Zentralbank Geld leihen können
( Karte C5)  Einfluss auf Kurzfristzinsen ( Karte B2).
Euro Interbank Offered Rate - Entwicklung
Zinskorridor,
Repo-Satz
EONIA
Zinskorridor,
Repo-Satz und
und EONIA
Euro Interbank Offered Rate - Entwicklung
%
%
5,50
5,50
5,00
5,00
4,50
4,50
4,00
4,00
3,50
3,50
3,00
3,00
2,50
2,50
2,00
Euribor 3 Monate
2,00
Einlagesatz
1,50
Spitzenrefinanzierungssatz
1,50
1,00
Hauptrefinanzierungssatz
1,00
0,50
EONIA
0,50
0
Jan. Mai
05
05
Euribor 1 Monat
Euribor 6 Monate
Euribor 1 Jahr
0
Sep. Jan. Mai
05
06
06
Sep. Jan. Mai
06
07
07
Sep. Jan. Mai
07
08
08
Sep. Jan. Mai
08
09
09
Sep. Jan. Mai
09
10
10
Sep.
10
Jan. Mai
05
05
Sep. Jan. Mai
05
06
06
Sep. Jan. Mai
06
07
07
Sep. Jan. Mai
07
08
08
Sep. Jan. Mai
08
09
09
Sep. Jan. Mai
09
10
10
Sep.
10
C
Geld
C7 Geldpolitische Instrumente der EZB
Zinspolitik:
„„Die EZB kann den Geschäftsbanken Zentralbankgeld ( Karte C5) grundsätzlich über zwei
Zuteilungsverfahren (Repo-Geschäfte  Geldverleih gegen Hinterlegung von Sicherheiten) anbieten:
– Beim sogenannten „Mengentender“ wird der Preis (Leitzins) fest vorgegeben. Entweder erhalten
Geschäftsbanken die volle von ihnen gewünschte Summe oder die zuzuteilende Geldmenge wird
gedeckelt. Im letzteren Fall erfolgt die Aufteilung der festen Menge proportional zu den abgegebenen
Mengenwünschen der Geschäftsbanken.
– Beim sogenannten „Zinstender“ legt die EZB die zuzuteilende Geldmenge vorher fest. Die Geschäftsbanken
ersteigern ihre Geldmenge, indem sie Zinsgebote abgeben. Der Leitzins dient hier als Mindestgebot.
„„Neben diesen Verfahren können sich Geschäftsbanken auch unkompliziert Geld zum sogenannten Spitzenrefinanzierungssatz leihen, was allerdings teurer ist. Geschäftsbanken können auch „überschüssiges
Geld“ bei der Zentralbank zum Einlagenzinssatz „parken“.
„„Die drei Zinssätze Hauptrefinanzierungs-, Spitzenrefinanzierungs- und Einlagenzinssatz bilden den sogenannten Zinskorridor. Der Preis für Tagesgeld (EONIA = Euro Overnight Index Average) am Interbankengeldmarkt bewegt sich in diesem Korridor, weil ein Ausbrechen für die Geschäftsbanken ein Verlustgeschäft wäre (siehe linke Grafik). Auch die längerfristigen Geldmarktpreise (EURIBOR = Euro Interbank
Offered Rate) orientieren sich stark an diesem Korridor (siehe rechte Grafik).
Ergänzende Instrumente:
„„Die EZB kann die Verleihungsdauer der Tender variieren. Sie kann auch die Verleihungsrichtung ändern
(Reverse-Repo), indem sie sich von Geschäftsbanken Geld gegen die Hinterlegung von Sicherheiten
leiht. Sie kann zudem Wertpapiere kaufen und verkaufen ( Karte C5), eigene Anleihen ausgeben und
Termineinlagen anbieten.
Rahmenbedingungen:
„„Die EZB kann auch die Rahmenbedingungen ändern. Hier ist zum einen eine Veränderung der Mindestreserve zu nennen ( Karte C5). Des Weiteren kann sie durch Änderungen am Sicherheitenrahmen
geldpolitische Impulse setzen. Der Sicherheitenrahmen legt die Anforderungen an Wertpapiere fest, die
bei Repo-Geschäften mit der Zentralbank akzeptiert werden.
D
Der Wert der Dinge – Schwierigkeiten monetärer Bewertungen
D1 Preis und Wert
In Anlehnung an Oscar Wilde sind Ökonomen Menschen, die von jedem Ding den Preis und von keinem den
Wert kennen. Wie viel etwas wert ist, liegt im Auge des Betrachters  subjektive Werttheorie. Preise sind
hingegen Ergebnisse des Markttausches  nicht-marktfähigen Dingen kann nur mit Hilfskonstruktionen ein
Preis gegeben werden.
Anbieter
Tauschort Markt
„„Wertvorstel-
lungen der
Anbieter sind
Grundlage des
Marktangebots.
decken mit
dem Preis ihre
Kosten und
wollen zudem
einen möglichst großen
Gewinn
erzielen.
Nachfrager
„„Wertvorstel-
Sache/Geld – Geld/Sache
Preis
Marktnachfrage
Marktangebot
„„Sie
lungen der
Nachfrager
sind Grundlage
der Marktnachfrage.
„„Sie
verteilen
nach individueller Vorliebe
ihr begrenztes
Geld auf angebotene Sachen.
Marktpreis
Markträumung
Menge
D
Der Wert der Dinge – Schwierigkeiten monetärer Bewertungen
D1 Preis und Wert
„„Die
subjektive Werttheorie ist eine zentrale Grundlage der modernen ökonomischen Theorie. Ein anderer Ansatz ist z. B. die Arbeitswertlehre.
„„Marktnachfrage
ist die Zusammenfassung der individuellen Nachfrage. Während bei hohen Preisen von
relativ wenigen Menschen gekauft würde, steigt die Menge bei sinkenden Preisen  in der Grafik wird
dieser Zusammenhang durch die fallende Linie der Marktnachfrage deutlich.
„„Marktangebot
ist die Zusammenfassung der individuellen Angebote. Während bei hohen Preisen relativ
viele Menschen verkaufen würden, sinkt die Menge bei sinkenden Preisen  in der Grafik wird dieser
Zusammenhang durch die steigende Linie des Marktangebots deutlich.
„„Marktpreis:
Beim Marktpreis entspricht die angebotene Menge der nachgefragten Menge.
„„Lenkungsfunktion
des Preissystems: Ein hoher Preis ist Indikator für hohe Wertschätzung bei gleichzeitiger relativer Knappheit. Dies schafft Anreize für ein größeres Angebot  mehr Ressourcen werden für die
Bereitstellung der Sache aufgewendet. Dieses marktwirtschaftliche, d. h. durch individuelle Vorlieben gesteuerte System ist aus Effizienz-Gesichtspunkten anderen Systemen (zentrale Planwirtschaft) überlegen.
„„Preis
und Marktmacht: Die Marktmacht von Anbietern und Akteuren hat Einfluss auf den Preis. Monopolpreise sind generell höher als Preise, die sich im Wettbewerb bilden. Insofern ist die Wertzuordnung
durch Marktpreise teilweise verzerrt.
„„Eigentumsrecht
als Grundlage des Markttausches: Um eine Sache an Märkten zu tauschen, müssen Eigentumsrechte definiert sein. Ist dies – z. B. bei Umweltgütern – nicht der Fall, versagt das Bewertungssystem Markt. Eine saubere Umwelt in 300 Jahren hat daher keinen Preis, aber ganz sicher einen Wert.
„„Beispiel
für Hilfskonstruktionen: Der Wert sauberer Luft ist nicht direkt mit einem Preis bestimmbar. Die
Vorlieben für saubere Luft (die Wertgrundlage) müssen über Umwege bestimmt werden. Neben der Steuerung über die Politik (demokratische Abstimmungen) können künstliche Märkte geschaffen werden, um
Präferenzen offenzulegen (Zertifikatehandel). Manche Dinge, wie z. B. Freundschaft, entziehen sich jedoch preislicher Bewertung, obgleich sie wertvoll sind.
D
Der Wert der Dinge – Schwierigkeiten monetärer Bewertungen
D2 Vermögenspreisblasen
Von Preisblasen spricht man, wenn die Preise für Vermögenswerte außergewöhnlich stark von den
vermeintlich wahren Marktwerten – also den Fundamentalwerten – abweichen ( Karte D1). Die Ursache für
Fehlbewertungen liegt in der Natur des Menschen – insbesondere an seinem Verhalten bei Unsicherheit und
der individuellen Hoffnung auf hohe Ertragschancen (Motto: This time is different!).
S&P/Case-Shiller-Hauspreis-Index
(10 Metropolregionen, Januar 2000 = 100)
250
200
150
100
50
87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10
n. an. an. an. an. an. an. an. an. an. an. an. an. an. an. an. an. an. an. an. an. an. an. an.
a
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
Quelle: EconWin.
Die Preisblase am Häusermarkt
der USA wird oft mit dem
sogenannten Case-ShillerHauspreis-Index verdeutlicht.
In den hier dargestellten
Index fließen nominale
Hauspreise aus zehn
Metropolregionen der
USA ein. Im Vergleich zum
Durchschnittspreisniveau der
Jahre 1987 bis 1997 (Index
durchschnittlich 77) hatte
sich das Preisniveau zum
Höhepunkt der Blase im Juni
2006 mit einem Index von 226
fast verdreifacht.
D
Der Wert der Dinge – Schwierigkeiten monetärer Bewertungen
D2 Vermögenspreisblasen
„„Vermögenserwerb
– also im Prinzip Sparen – erfolgt in der Erwartung, dass ein möglicher Verkauf in der
Zukunft mit Gewinn erfolgt.
„„Die
Unterscheidung zwischen fundamental gerechtfertigten Preissteigerungen und Preisblasen ist ungemein schwierig, da bei der Entscheidung über den Erwerb von Vermögen ein Urteil über zukünftige Entwicklungen notwendig wird und dies naturgemäß von Unsicherheit geprägt ist.
„„Bei
Preisblasen ersetzt der Herdentrieb häufig Fundamentalwertprüfungen. Beispielsweise fördert die
zunehmende Verbreitung der Chart-Analyse dieses Verhaltensmuster. Chartisten kümmern sich nicht um
fundamentale Ursachen. Vielmehr versuchen sie, künftige Kursentwicklungen aus den Charts herauszulesen. Glauben sie, Anzeichen für eine Aufwärtsbewegung zu erkennen, treten sie verstärkt als Käufer auf
und treiben so die Kurse nach oben. Dies animiert die bisher noch Zögerlichen ebenfalls zum Kauf, mit
der Folge, dass sich der Kursauftrieb beschleunigt. Preisblasen können sich sozusagen selbst erzeugen,
sie brauchen keinen fundamentalen Anstoß von außen.
„„Selbst
wenn den Akteuren der obige Mechanismus bekannt ist, kann es rational sein, auf der Preissteigerungswelle mitzuschwimmen. Das rationale Kalkül besteht in der Hoffnung, Preissteigerungen solange
wie möglich mitzunehmen und kurz vor dem Platzen der Blase zu verkaufen.
„„Die
Rolle der Geldpolitik bei der Bildung von Preisblasen ist wissenschaftlich umstritten. Historisch belegt ist, dass es Vermögenspreisblasen auch bei „Goldgeld“ gab, obwohl bei dieser Form des Geldes keine geldpolitische Steuerung durch die Zentralbank erfolgt. Richtig ist aber auch, dass eine zu expansive
Geldpolitik Blasenbildungen begünstigen kann ( Karte E4).
„„Der
volkswirtschaftliche Schaden von Blasen wird durch davon ausgehende Preissignale verursacht, da
„falsche“ Knappheiten suggeriert werden, die zu nicht-nachhaltigen Investitionen führen ( Karte D1).
Zudem führen platzende Preisblasen zu abrupten Vermögensverlusten, die starke realwirtschaftliche Auswirkungen haben können (Nachfrageeinbruch, weniger Investitionen) und staatliches Handeln erforderlich machen können. Die Staatseingriffe sind dabei sozialpolitisch und stabilitätspolitisch motiviert.
D
Der Wert der Dinge – Schwierigkeiten monetärer Bewertungen
D3 Überschuldung und die Bewertung der Schuldentragfähigkeit
Schulden entstehen durch das Leihen von Kapital. Schulden des Einen steht immer Vermögen eines Anderen
gegenüber ( Karte C1). Zinsen ( Karte A4) sind die Kosten der Schulden. Sieht man von der möglichen
Veräußerung von Vermögen des Schuldners ab, dann müssen die Schuldzinsen entweder aus Erträgen des
(geliehenen) Kapitals und/oder aus Arbeit des Schuldners bedient werden. Liegen Kapitalerträge (inkl. der
Vermögenszuwächse) und/oder Arbeitseinkommen dauerhaft unter den Zinskosten, ist der Schuldendienst –
die Zins- und Tilgungszahlung – gefährdet.
Schuldner:
Erträge aus Kapital und
Arbeit sowie Vermögen
versus Schuldendienst
Höhe des
Schuldendienstes
abhängig von
Zinshöhe
Schuldenspirale
Schuldner als
Anbieter von
Leistungen oder
Vermögen
Gläubiger: Bewertung der
Zahlungsfähigkeit
 Anpassung der
geforderten Zinsen an das
vermutete Ausfallrisiko
Märkte:
Leistungsbewertung
Vermögensbewertung
Sprünge in den
Marktpreisen und in
der Bewertung der
Marktsignale durch
die Gläubiger
D
Der Wert der Dinge – Schwierigkeiten monetärer Bewertungen
D3 Überschuldung und die Bewertung der Schuldentragfähigkeit
„„Hoher Schuldenstand einer Gruppe = hoher Geldvermögensbestandes einer anderen Gruppe ( Karte C2).
„„Die Leistungsfähigkeit der Schuldner bestimmt neben dem Vermögen des Schuldners dessen Zahlungsfä-
higkeit und damit den Wert der Forderungen.
„„Die
Ertragskraft der Arbeit steht in Verbindung zur Kapitalverwendung. Wird das geliehene Kapital konsumiert statt investiert, muss der Schuldendienst aus Arbeitserträgen bezahlt werden, ohne die Früchte
erhöhter Arbeitsproduktivität zu genießen.
„„Die
Ertragskraft des Kapitals ist umgekehrt mit dem Faktor Arbeit verknüpft. Ausgebildete Arbeitskräfte
steigern Kapitalerträge.
„„Die
monetäre Bewertung der Ertragskräfte und des Vermögens erfolgt über Märkte ( Karte D1), d. h.
der Schuldner muss die Zins- und Tilgungszahlungen z.B. an Arbeits-, Güter-oder an Wertpapier- und Immobilienmärkten erwirtschaften.
„„Die
Bewertung der Zahlungsfähigkeit durch Kapitalmärkte bzw. Einzelgläubiger ist teils sprunghaft
( Karte D2): „Überreaktionen“ sind nicht auszuschließen. Ursachen: Änderungen in der Informationsverarbeitung und der Informationen (Platzen von Blasen, Naturkatastrophen etc.).
„„Sonderfall
ausländische Schuldner: Schwankende Wechselkurse an Devisenmärkten können abrupte Bewertungsänderungen der Schuldentragfähigkeit verursachen.
„„Eine
sprunghafte Schlechterbewertung der Zahlungsfähigkeit führt dazu, dass Gläubiger einen höheren
Zinssatz fordern  kann zu Verschuldungsspirale beim Schuldner führen.
„„Die
Verbesserung der Markteffizienz kann zur stabileren Bewertung führen  Fehlentwicklungen kann
rechtzeitiger entgegengewirkt werden  Überschuldungen werden unwahrscheinlicher.
„„Sonderfall
Staatsschulden: Ist der Staat Schuldner, so müssen Steuern und Abgaben ausreichen, um den
Schuldendienst zu erfüllen. Die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft und ihr Vermögensbestand sind
Basis der Staatseinnahmen.
D
Der Wert der Dinge – Schwierigkeiten monetärer Bewertungen
D4 Ratingagenturen
Informationen spielen bei der monetären Bewertung durch Märkte eine zentrale Rolle. Ratingagenturen
bewerten die Kreditwürdigkeit von Schuldnern (große Unternehmen und Staaten) bzw. die Ausfallwahrscheinlichkeit von bestimmten Schuldtiteln, indem sie vorhandene Informationen bündeln und in einen
Ratingcode umwandeln. Dieser Ratingcode wird von den Investoren genutzt, um das Ausfallrisiko
einzuschätzen und eine dem Ausfallrisiko entsprechende Zinszahlung zu fordern ( Karten D3, B1).
Spreads zwischen Unternehmens- und Staatsanleihen mit
5 Jahren Laufzeit in der Eurozone
(in Basispunkten)
500
450
400
350
300
AAA
AA
A
BBB
250
200
150
100
50
0
Jan Apr Jul Okt Jan Apr Jul Okt Jan Apr Jul Okt Jan Apr Jul Okt Jan Apr
07 07 07 07 08 08 08 08 09 09 09 09 10 10 10 10 11 11
Die Grafik verdeutlicht:
„„Die
von RatingAgenturen als sicherer
eingestuften Schuldtitel
haben geringere
Zinskosten.
„„Die
Schwankungen
der Spreads
(Zinsunterschiede)
belegen, dass ein Rating
kein fixes Ausfallrisiko
darstellt.
D
Der Wert der Dinge – Schwierigkeiten monetärer Bewertungen
D4 Ratingagenturen
„„Ratings
sind Einschätzungen der relativen Ausfallwahrscheinlichkeit. Die Rating-Skalen stehen nicht für
eine bestimmte, vordefinierte Ausfallwahrscheinlichkeit. Es gibt verschiedene Rating-Arten. Eine mögliche Unterteilung unterscheidet Ratings für Emittenten und Ratings für Emissionen der Emittenten (bestimmte Schuldtitel).
„„Schuldtitel
bzw. Emittenten werden hinsichtlich des jeweils erwarteten Zahlungsausfalls geordnet und
bestimmten, durch die Rating-Skala bezeichneten Kategorien zugeteilt (z. B. AAA; AA; A; BBB … D). 
Nur Anhaltspunkte über die Wahrscheinlichkeit der ordnungsgemäßen Rückzahlung  Ratingagenturen
geben keine Ausfallwahrscheinlichkeiten, sondern nur Umschreibungen der Zahlungsfähigkeit an:
„„Beispiel Standard & Poor’s:
AAA-Emissionsrating: „Fähigkeit des Schuldners, seine finanziellen Verpflichtungen bezüglich dieser
Obligation zu erfüllen, ist außergewöhnlich gut“
AAA-Emittentenrating: Schuldner verfügt über eine außergewöhnlich starke Fähigkeit zu Erfüllung seiner
Verbindlichkeiten.
„„Anhand
der Entwicklung in der Vergangenheit lassen sich tatsächliche Ausfallquoten in den einzelnen
Rating-Kategorien ermitteln. Die Ergebnisse lassen gewisse Einschätzung der mit einem bestimmten
Rating verbundenen Ausfallrisiken zu.
„„Vorteile
von Ratings: Ratings erleichtern Kapitalgebern die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit. Ohne die
komprimierte Rating-Information wäre ein umfassender Vergleich der vielen Investitionsmöglichkeiten
nicht möglich. Ratings sind aber kein Ersatz für Bonitätsprüfung durch den Kapitalgeber.
„„Verwendung
von Ratings durch Aufsicht und Notenbanken nicht unproblematisch: Die durch Ratings
ermöglichte Vergleichbarkeit von Schuldtiteln wird von Aufsichtsbehörden bei der Regulierung der Kapitalmärkte genutzt (z. B. Basel III). Auch die EZB nutzt Ratings bei der Abgrenzung ihres Sicherheitenrahmens. Die „offizielle Verwendung“ führt dazu, dass die Aussagekraft der Ratings überschätzt wird. Zudem
können Ratingänderungen Automatismen (Fire-Sale etc.) auslösen, die die Stabilität des Finanzsektors
gefährden. Daher wird eine Reduktion der Abhängigkeit von Ratings als wünschenswert angesehen,
wenngleich damit verbundene Schwierigkeiten ungelöst sind.
E
Aktuelles
E1 Makroprudentielle Stabilitätspolitik
Aufsichtsbehörden reduzieren mit makroprudentieller Stabilitätspolitik das systemische Risiko des Finanzsystems durch präventive Maßnahmen. Neben der Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems als
Ganzes gegenüber ökonomischen Schocks aus der Realwirtschaft kann dies durch die Reduktion der Häufigkeit und Stärke von durch das Finanzsystem verursachten Krisen gelingen.
Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems durch:
bessere Kontrolle der Verschuldungsquoten, Eindämmung von Liquiditäts- und Marktrisiken sowie
die Berücksichtung von Verflechtungen im Finanzsektor. Der Ansatz beinhaltet nicht nur die adäquate
Regulierung einzelner Banken, sondern hat auch die Verbesserung der Finanzinfrastruktur im Blick.
Hierzu gehören z. B. die Errichtung zentraler Gegenparteien (Käufer für jeden Verkäufer und Verkäufer für
jeden Käufer von Wertpapieren), die liquiditätssichernden Notfallmaßnahmen der Zentralbank oder die
Beschränkung maximaler Verluste bei Anleihen durch Notfallsysteme.
Reduktion der Häufigkeit und Stärke von Finanzsystemkrisen durch:
aktive, anhand von gesamtwirtschaftlichen Kennziffern gesteuerte, regelmäßige, quantitative Anpassung
institutsspezifischer Instrumente. Die Anwendung kann dabei auf problematische Bereiche begrenzt sein.
Ausrichtung der Glättung in beide Richtungen: Abkühlung im Aufschwung und Stimulierung im Abschwung.
Wirkung
Wirkungen makroprudentieller Impulse in das Finanzsystem sind oft unbekannt bzw. noch unerforscht.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Mechanismen einem permanenten Wandel durch technische
Neuerungen unterliegen. Maßnahmen in einzelnen Bereichen können daher zu unerwünschten
Nebenwirkungen in anderen Bereichen führen.
E
Aktuelles
E1 Makroprudentielle Stabilitätspolitik
Herausforderungen für makroprudentielle Stabilitätspolitik:
Identifizieren von
Übertreibungen I
„„Übertreibungen (Entwicklungen von Preisblasen) müssen von fundamental getriebe-
Identifizieren von
Übertreibungen II
„„Übertreibungen
Entscheidungsspielräume
unabdingbar
„„Generell
Internationale
Abstimmung
„„Makroprudentielle
nen Schwankungen und langfristigen Trends unterschieden werden. Selbst wenn es
klare Hinweise auf Übertreibungen gibt, sind die Auswirkungen auf die Realwirtschaft
und somit die Notwendigkeit eines Eingriffs schwierig zu beurteilen.
müssen auf gesamtwirtschaftlicher und sektoraler Ebene identifiziert werden. Letzteres mag einfacher sein, da Verwerfungen nur selten gleichmäßig über das Finanzsystem oder alle Sektoren der Realwirtschaft verteilt sind. Daraus könnte ein Hang zu sektoral wirkenden Instrumenten entstehen, obwohl das
eigentliche Problem auf der Gesamtebene liegen könnte.
gilt, dass jede Stabilitätspolitik für das Finanzsystem vorhersagbar und
transparent sein sollte. Dies spricht für eine regelbasierte Ausrichtung. Beobachtbare, zuverlässige Indikatoren müssen die argumentative Grundlage für die Eingriffe
bilden. Entscheidungsspielräume sind jedoch unabdingbar, da Krisensituationen
neben Gemeinsamkeiten häufig durch elementare Unterschiede gekennzeichnet
sind. Wird z. B. das Verhalten auf den Finanzmärkten durch politische Rahmenbedingungen negativ beeinflusst, wäre es besser, an der Quelle des Problems anzusetzen.
Eingriffe haben, wie andere Regulierungen, gleiche Wettbewerbsbedingungen (faires „level playing field“) im Blick zu halten. Ein unzureichender Gleichlauf der Zyklen erschwert diese Aufgabe. Zudem ist es möglich, dass der
Ursache der Ungleichgewichtssituation nicht mit nationalen Eingriffsrechten begegnet werden kann. Daher ist internationale Abstimmung von großer Bedeutung.
Eine enge internationale Kooperation zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit
nationaler Finanzsysteme scheint dann leichter zu sein als eine Aktion zur Glättung
der Zyklen.
E
Aktuelles
E2 Krisenmaßnahmen der EZB und Ausstieg aus den Sondermaßnahmen
Um die Versorgung der Volkswirtschaft mit Geld während der Finanzkrise zu gewährleisten, kompensierte die
Europäische Zentralbank (EZB) die Funktionsstörungen des Geldmarktes (Vertrauensverlust zwischen Banken)
mit Sondermaßnahmen bei gleichzeitig sehr niedrigen Leitzinsen ( Karten C5, C6, C7). Der geldpolitische
Exit ist technisch kein Problem. Schwierig sind hingegen der Exit-Zeitpunkt und die Abfolge.
Komponenten der Exit-Strategie  das „Rein“ bestimmt das „Raus“
„„EZB
änderte Bedingungen der Liquiditätsversorgung ( Karte C7):
 Niedrigzinspolitik,
 unbegrenzte Mengentender,
 Ausweitung des Sicherheitenrahmens.
„„Zudem
startete die EZB Wertpapierankäufe ( Karten C7, C5):
 aber keine „direkte“ Liquidität für Realwirtschaft, da Ankäufe bei Banken,
 Quantitative Easing ohne Geldentstehungseffekt (Liquiditätszufluss neutralisiert).
„„Exit-Strategie:
Rückführung der Liquidität zur richtigen Zeit mit passenden Instrumenten.
E
Aktuelles
E2 Krisenmaßnahmen der EZB und Ausstieg aus den Sondermaßnahmen
RasensprengerVergleich
Die EZB ist der Wasserhahn, der die Rasensprenger (Geschäftsbanken) mit Wasser
versorgt ( Karte C5). Rasensprenger leiten Liquidität als Sprühnebel (Multiplikator  Karte C5) an den richtigen Ort ( Karte A1). Die Krise hat die Düsen teilweise verstopft. EZB erhöhte daraufhin den Wasserdruck ( Karte C7). Zudem hat
sie mit Pfandbriefprogramm und Staatsanleihen-Ankaufprogramm bestimmte Rasensprenger besonders mit EZB-Wasser versorgt.  Gefahr, dass sich Verstopfung
löst (Anspringen des Geldschöpfungsmultiplikators) und der erhöhte Wasserdruck
nicht rechtzeitig zurückgenommen wird. Ergebnis: zu viel Wasser auf dem Feld 
fauliges Wachstum (Vermögenspreisblasen) und/oder Inflation ( Karten C3, D2).
Andererseits ist ein gleichzeitiges Lösen der Verkalkungen in allen Düsen unwahrscheinlich. Wird der Wasserdruck vermindert, werden Teile des Feldes möglicherweise unter Trockenheit leiden.
Abfolge der ExitInstrumente
„„Das
Bestimmung des
richtigen ExitZeitpunkts schwierig
„„Heterogene
Pfandbrief-Ankaufprogramme ist mit rund 60 Mrd € abgeschlossen und das
Staatsanleihen-Ankaufprogramm mit ebenfalls rund 60 Mrd € (September 2010) ist
hinsichtlich der Ankäufe bereits stark reduziert. Da die Papiere bis zum Laufzeitende
gehalten werden sollen, wird sich die technische Exit-Strategie voraussichtlich auf
die Änderung der Liquiditätsversorgungsbedingungen beschränken ( Karte C7).
„„Zunächst ist mit einer schrittweisen Umstellung der unbegrenzten Mengentender
auf Zinstender zu rechnen, wobei wahrscheinlich zuerst die dreimonatigen
Tender umgestellt werden ( Karte C7).
„„Neben der bereits begonnenen moderaten Wiederverschärfung des
Sicherheitenrahmens werden schrittweise die Leitzinsen erhöht, wobei mit einer
im Zeitablauf flexiblen Festlegung des Zinskorridors zu rechnen ist ( Karte C7).
Situation im Bankensektor, aber Geldpolitik darf sich nicht an kranken Banken ausrichten. Notfalls Bankenrettung durch den Staat.
„„Heterogene Staatsverschuldungssituation im Euro-Raum, aber Geldpolitik darf sich
nicht an kranken Staatsfinanzen ausrichten. Staatsanleihen-Ankaufprogramm der
EZB zur Verringerung der staatlichen Zinslast muss Ausnahme bleiben ( B1).
E
Aktuelles
E3 Weitergabe von Leitzinssenkungen der Zentralbank
Kreditzinsen sind abhängig vom Kreditrisiko und von den Refinanzierungskosten ( Karten A1, A4). Vor
dem Hintergrund dieser Rahmenbedingungen bildet sich der Preis für Kredite am Markt. Somit hat die
Wettbewerbssituation Einfluss auf die Kreditzinsen ( Karte D1). Leitzinssenkungen beeinflussen nur einen
Teil der Refinanzierungskosten ( Karte A2)  keine 100 %-Weitergabe!
Weitergabe von Leitzinssenkungen
in %
Einflüsse auf Kreditzinsen:
7
Leitzins
6
Konsumentenkredite an priv. Haushalte, variabel od.
anfängl. Zinsbindung bis 1 Jahr
5
Konsumentenkredite an private Haushalte,
anfängliche Zinsbindung über 1 bis 5 Jahre
4
Wohnungsbaukredite an priv. Haushalte, variabel
od. anfängl. Zinsbindung bis 1 Jahr
„„Refinanzierungskosten
(u. a.
abhängig von Kreditlaufzeit
und Fristentransformation)
( Karten B2, A1)
„„Ausfallrisiko
(u. a. auch laufzeitenabhängig)
3
Wohnungsbaukredite an private Haushalte,
anfängliche Zinsbindung über 10 Jahre
„„administrative
Kredite an nichtfin. Kapitalges. bis 1 Mio EUR,
variabel oder Zinsbindung bis 1 Jahr
„„im
Kosten
2
1
Kredite an nichtfin. Kapitalges. bis 1 Mio EUR,
anfängl. Zinsbindung über 5 Jahre
0
200508
200602
200608
200702
200708
Quelle: Deutsche Bundesbank.
200802
200808
200902
200908
201002
201008
Wettbewerb durchsetzbare Zinsgewinne der Bank
E
Aktuelles
E3 Weitergabe von Leitzinssenkungen der Zentralbank
„„Anteil
Zentralbank-Refinanzierung: Während sich ein einzelnes Kreditinstitut u. a. auch am (Interbanken-) Geldmarkt und durch Einlagen von Nichtbanken Geld beschaffen kann, besteht für das Bankensystem als Ganzes die Notwendigkeit, sich bei der Zentralbank zu refinanzieren  Karten A2, C2, C3). Deutsche Banken refinanzieren sich bezogen auf die Bilanzsumme im Durchschnitt nur zu etwa 2 % bei der
Zentralbank (Stand Juli 2010).
„„Eine
Leitzinssenkung wirkt nur auf kurzfristige Refinanzierungskomponenten der Geschäftsbanken direkt. Die Kosten langfristiger Refinanzierung sind davon nicht sofort betroffen. Aufgrund dieses Zusammenhangs wirken Leitzinssenkungen schneller auf Zinsen von Krediten mit kurzer Laufzeit ( Karte B2).
„„Banken
müssen Kreditvergabe unter Risikoaspekten anpassen. Kreditinstitute sind hierzu auch aufgrund
aufsichtsrechtlicher Vorgaben verpflichtet.
„„Administrative
Kosten der Kreditbearbeitung und -verwaltung sind ein weiterer Bestandteil bei der Kalkulation von Kreditkonditionen.
„„Grundsätzlich
gilt:
 Die Anforderungen an die AGB-rechtliche Ausgestaltung von Zinsanpassungsklauseln sind von der
höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits heute detailliert ausgestaltet. Sie beinhalten die Notwendigkeit, Zinserhöhungen und Zinssenkungen im Markt gleichermaßen an den Kunden weiterzugeben.
 Die Zinsmarge ( Karte A1) beeinflusst die Gewinne der Banken. Gewinne können an die Eigentümer
der Bank ausgeschüttet oder zur Stärkung des Eigenkapitals einbehalten werden. Eine regulatorische
Verschärfung der Eigenkapitalquoten ( Karte A5) und die daraus folgende Notwendigkeit für die Banken, größere Gewinnanteile dem vorhandenen Eigenkapital zuzuschlagen, führt zu tendenziell geringerer Weitergabe von Leitzinssenkungen.
 Ein Eingriff in die Preisgestaltungsfreiheit (z. B. durch eine Preisobergrenze) wäre aufgrund des
vorhandenen vielfältigen Produktangebots unverhältnismäßig und stünde im Widerspruch zu den
Grundprinzipien der Marktwirtschaft.
 Intensiver Wettbewerb ist die beste Voraussetzung für eine schnelle Weitergabe von
Leitzinssenkungen. Kein Marktversagen, wenn Zinssenkungen nicht sofort 1:1 weitergegeben werden.
E
Aktuelles
E4 Geldpolitik und Preisblasen
Finanzstabilität im Sinne der Bekämpfung von Preisblasen darf nicht ins Primärzielsystem der Zentralbank
( Karte C6) aufgenommen werden, da Zielkonflikte unauflösbar erscheinen  eindeutiges Mandat:
Verbraucherpreisstabilität! Dennoch müssen Preisblasen ins Blickfeld rücken. Zentralbanken können zudem
mit ihrer Expertise eine wichtige Rolle in makroprudentieller Aufsicht übernehmen.
Verbraucherpreise und Vermögenspreise in den USA
(1995 = 100)
Dilemma-Situation der Geldpolitik
350
300
250
200
150
100
50
Jan.
95
Jan. Jan. Jan. Jan.
96
97
98
99
Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Jan.
00
01
02
03
04
05
06
07
08
09
Case-Shiller-Hauspreis-Index
Quelle: EconWin.
Verbraucherpreise
S&P 500
Jan.
10
Ein plakatives Beispiel für die
Dilemma-Situation, die entstehen
kann, wenn die Geldpolitik direkt
die Vermögenspreisentwicklung
steuert, liefert die gegenläufige
Entwicklung der Aktienkurse
und der Immobilienpreise in
den USA unmittelbar nach der
Jahrtausendwende. Während der
starke Einbruch der Aktienkurse
für eine lockere Geldpolitik
gesprochen hätte, hätten die
anziehenden Immobilienpreise
ein restriktiveres geldpolitisches
Vorgehen verlangt.
E
Aktuelles
E4 Geldpolitik und Preisblasen
„„Leitzins
nicht als geldpolitische Nadel verwenden:
Laut Alan Greenspan kann „jede Blase … gesprengt werden, aber der Wohlstand wird unvermeidlich
das Opfer sein“. Daher sollte man Blasen – falls die Identifikation gelingt – nicht zum Platzen bringen,
sondern nur versuchen, übermäßiges Wachstum zu verhindern, ohne dass das Primärziel Preisstabilität
gefährdet wird.
„„Generell
symmetrische, längerfristige Ausrichtung der Geldpolitik anstreben:
Asymmetrische Geldpolitik, das heißt, ein deutliches Ungleichgewicht zwischen expansiven und
kontraktiven Phasen des geldpolitischen Zyklus, fördert „moral hazard“ und trägt so zur exzessiven
Risikoübernahme bei  hohe ökonomische Kosten.
„„Komponenten
der „leaning against the wind“-Strategie mit gewissen Entscheidungsspielräumen
anwenden:
EZB hat mit der Zwei-Säulen-Strategie gute Grundlage für die Anwendung von Komponenten der
„leaning against the wind“-Strategie. Die Strategie sollte nicht mechanisch, sondern diskretionär (also
mit Entscheidungsspielräumen) angewendet werden.
„„Arbeitsteilung
Geldpolitik und makroprudentielle Politik:
Geld- und makroprudentielle Politik verstärken im Zusammenspiel die positive Gesamtwirkung.
Beispielsweise wird die Notwendigkeit häufiger/starker zinspolitischer Glättungsmaßnahmen durch
erfolgreiche makroprudentielle Politik verringert. Ursächlich hierfür ist die Erhöhung des Wirkungsgrades
geldpolitischer Maßnahmen durch eine Stärkung des geldpolitischen Transmissionsmechanismus.
E
Aktuelles
E5 Der Euro-Rettungsschirm (EFSF und EFSM)
Der „Euro-Rettungsschirm“ ist ein Kredit- und Bürgschaftsprogramm für hochverschuldete Euro-Staaten, das
Anfang Mai 2010 beschlossen wurde. Im Herbst 2011 wurden die Funktionen und die Kreditvergabemöglichkeiten der EFSF (Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität) erweitert.
Bisherige Hilfszusagen an hochverschuldete Euro-Staaten
EFSF
(440 Mrd. €)
GR (Mai )
EFSM
(60 Mrd. €)
IWF
(250 Mrd. €)
Sonstiges
Insgesamt
-
-
30 Mrd. €
80 Mrd. €
(Euro-Staaten)
110 Mrd. €
IR (Nov. 2010)
17,7 Mrd. €
22,5 Mrd. €
22,5 Mrd. €
4,8 Mrd. €
(GB, SW, DK),
17,5 Mrd. €
(IR)
85 Mrd. €
PT (Mai 2011)
26 Mrd. €
26 Mrd. €
26 Mrd. €
53,7 Mrd. €
48,5 Mrd. €
78,5 Mrd. €
Summe
78 Mrd. €
102,3 Mrd. €
273 Mrd. €
Noch offen sind die Details zum zweiten Hilfspaket für Griechenland (endgültiger Beschluss voraussichtlich Anfang
2012). Vorgesehen ist: 100 Mrd. € Kredite für Griechenland plus 30 Mrd. € Kredite zur Absicherung neuer Anleihen
nach dem geplanten Schuldentausch von privaten Gläubigern.
E
Aktuelles
E5 Der Euro-Rettungsschirm (EFSF und EFSM)
„„Der
„Euro-Rettungsschirm“ besteht aus:
– EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität)  Bürgschaften der Euro-Staaten
– EFSM (Europäischer Finanzstabilisierungsmechanismus)  60 Mrd. €, abgesichert über EU-Haushalt.
„„EFSF und EFSM vergeben Kredite an Euro-Staaten, deren Finanzierung über die Kapitalmärkte zu „vertretbaren“ Zinsen nicht mehr möglich ist.
„„Der Internationale Währungsfonds (IWF) ergänzt den Rettungsschirm (die Hälfte der von europäischer
Seite aufgebrachten Mittel, max. 250 Mrd. €).
„„EFSF und EFSM sind befristet. Sie sollen – voraussichtlich Mitte 2012 – durch den Europäischen Stabilisierungsmechanismus (EFSM) abgelöst werden.
„„Das erste Hilfspaket für Griechenland (Mai 2010) wurde als separates Hilfsprogramm der Euro-Staaten
und des IWF gewährt. EFSF- und EFSM-Kredite erhielten bislang Irland und Portugal.
Höhere Schlagkraft der EFSF:
„„Die EFSF erhält Mittel für Kreditvergabe durch eigene Anleihen, für die die Euro-Staaten bürgen. Günstige
Anleihebedingungen (AAA-Rating) sind nur mit Übersicherung der Anleihen möglich  mit dem ursprünglichen Bürgschaftsvolumen von 440 Mrd. € konnte die EFSF max. Kredite in Höhe von 255 Mrd. € vergeben.
„„Damit die EFSF effektiv über ein Volumen von 440 Mrd. € verfügen kann, wurde der Bürgschaftsrahmen
von 440 auf 780 Mrd. € aufgestockt.
„„Nach bisherigen Hilfszusagen sowie dem vorgesehenen zweiten Hilfspaket für Griechenland kann EFSF
noch über ein Volumen von etwa 260 Mrd. € verfügen. Das soll durch Einbindung privater Investoren
(Teilversicherung des investierten Kapitals durch die EFSF) vergrößert („gehebelt“) werden.
Funktionserweiterungen der EFSF:
Zusätzlich zur Kreditvergabe an hoch verschuldete Euro-Staaten kann die EFSF inzwischen:
– sowohl neue als auch bereits am Finanzmarkt gehandelte Staatsanleihen kaufen,
– vorsorgliche Kredite an Länder vergeben, die noch nicht in einem offiziellen Anpassungsprogramm sind
– und finanzielle Hilfen zur Bankenrekapitalisierung (über die Nationalstaaten) gewähren.
E
Aktuelles
E6 Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM)
Der ESM soll voraussichtlich Mitte 2012 den zeitlich befristeten „Europäischen Rettungsschirm“ (EFSF und
EFSM) als ständigen Mechanismus zur Finanzstabilität der Währungsunion ablösen. Zuvor ist eine Änderung
der Europäischen Verträge („vereinfachte Änderungsverfahren“) sowie die Zustimmung der nationalen
Gesetzgeber erforderlich.
Die Kapitalstruktur des ESM
Gezeichnetes Kapital des ESM
Mittelherkunft
Bareinzahlungen
700 Mrd. €
Mittelverwendung
Garantien
80 Mrd. €
Effektive Kreditvergabe
620 Mrd. €
Übersicherung der Kredite
500 Mrd. €
200 Mrd. €
Nationale Beteiligungen (in Mrd. €)
DE
Bareinzahlung
Garantien
FR
IT
SP
NL
BE
Restliche
Euro-Staaten
21,7
16,3
14,3
9,5
4,6
2,8
10,8
168,3
126,4
111,1
73,8
35,4
21,6
83,7
E
Aktuelles
E6 Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM)
Aktivierung
„„Der
ESM wird bei einem Risiko für die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt
im gegenseitigen Einvernehmen der Euro-Staaten aktiviert.
„„Der ESM soll auf den Regeln der EFSF aufbauen; die Hilfen des ESM unterliegen einer
strikten Konditionalität (Anpassungsprogramm im Empfängerland).
Kapitalstruktur
„„80
Entscheidungen
„„Die
Instrumente
„„Das
Beteiligung des
Privatsektors
„„Die
Collective
Action Clauses
„„In
Mrd. € des gezeichneten Kapitals werden als Bareinlagen eingezahlt in fünf gleichen
Raten)  Bundeshaushalt 2012-2016: jährlich 4,35 Mrd. €.
Gewährung von Finanzhilfen, Bedingungen der Finanzhilfen, Darlehnskapazität und
Änderung des Instrumentariums werden im gegenseitigen Einvernehmen beschlossen.
Kommen EU-Kommission und Europäische Zentralbank zu dem Schluss, dass eine dringliche Entscheidung erforderlich ist, reicht auch eine qualifizierte Mehrheit von 85 % des
gezeichneten Kapitals.
Instrumentarium der EFSF wird übernommen: Finanzhilfen (Darlehn), Kauf von
Staatsanleihen auf dem Primär- und Sekundärmarkt, präventive Hilfen sowie Hilfen zur
Bankenrekapitalisierung (über die Nationalstaaten).
Beteiligung des privaten Sektors soll strikt nach den Grundsätzen und Verfahren des
Internationalen Währungsfonds erfolgen.
„„Die Beschlüsse des Europäischen Rates vom Juli und Oktober 2011 zur Beteiligung des
Privatsektors am Anleihetausch für Griechenland sollen einmalige Ausnahme sein.
alle Anleihen der Euro-Staaten sollen Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) eingeführt werden  qualifizierte Mehrheit der Anleiheinhaber hat die Möglichkeit, Änderungen bei den Anleihebedingungen zu vereinbaren, die dann für alle Anleiheinhaber verbindlich sind.

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