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Motion, Drive & Automation
Der Industriepark II in Jaraguá do Sul im Bundesstaat Santa Catarina ist einer von acht eigenen Industrieparks
von WEG in Brasilien. So hat das Unternehmen alle Produktionsetappen, angefangen mit den Gießereien, Stanzereien,
bis hin zur Kupferdrahtherstellung und Verpackung, unter Kontrolle
Antriebstechnik mit
brasilianischem Flair
WEG erwirtschaftete bisher mehr als die Hälfte seines Umsatzes in seinem
­Heimatland Brasilien. Jetzt will sich der Hersteller von Energie- und Automati­
sierungskomponenten globaler aufstellen. Die etz-Redaktion sprach mit Wilmar
Henning, Geschäftsführer der WEG Germany GmbH, darüber, mit welcher
­Strategie und welchen Produkten das gelingen soll und welche Rolle der
deutschsprachige Markt dabei spielt.
Text: Frank Nolte
I
m Maschinen- und Anlagenbau gehört Deutschland zu den
führenden Nationen weltweit. WEG ist hier allerdings noch
recht unbekannt. Wie wollen Sie das ändern?
W. Henning: Deutschland ist ein wichtiger Markt für uns.
Wir sind hier bereits seit mehreren Jahren erfolgreich tätig
und bieten unseren Kunden Elektromotoren an – das ist das
Produkt, für das wir derzeit am bekanntesten sind. Unsere
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Kompetenzen reichen aber weit darüber hinaus. WEG [1]
ist eines der wenigen Unternehmen weltweit, die umfassende Lösungen für den gesamten Antriebsstrang entwickeln,
fer­tigen und prüfen. So können wir unseren Kunden eine
Gesamtlösung anbieten – von mechanischen Bauteilen, wie
Getrieben, über Elektromotoren und Frequenzumrichter bis
hin zu Automatisierungskomponenten oder Schaltschränken.
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Da wir die Anwendungen und Bedürfnisse unserer Kunden verstehen,
stehen energieeffiziente Lösungen, die
optimal auf die Anforderungen der
Kunden zugeschnitten sind, im Zentrum unserer Geschäftstätigkeit. Dieses
Konzept, das in anderen Regionen bereits erfolgreich eingesetzt wird, wollen
wir jetzt verstärkt auch in Europa und
in Deutschland etablieren.
Wie ist WEG Deutschland, Österreich
und der Schweiz aufgestellt?
W. Henning: Unsere deutsche
Niederlassung hat ihren Sitz in Kerpen-Türnich in der Nähe von Köln.
Dort ist nicht nur unser zentrales Vertriebs- und Marketing-Team angesiedelt, sondern auch eines der größten
Motorenlager weltweit mit mehr als
60 000 Motoren. Insgesamt arbeiten
rund 100 unserer 24 000 Mitarbeiter
in Deutschland.
Um die Kunden in dieser Region
bestmöglich zu betreuen, haben wir
unser Unternehmen kürzlich umstrukturiert und zwei neue Führungskräfte
ernannt: Andreas Schulte Mesum,
der bereits seit acht Jahren für WEG
arbeitet, ist für unsere größeren Projekte im Mittel- und Hochspannungsbereich zuständig und fokussiert sich
aktuell insbesondere auf die Industrien
Öl und Gas, Bergbau und Zement
sowie Wasser- und Abwassertechnik.
Klaus Sirrenberg, der im Rahmen der
Akquisition von Watt Drive in unser
Unternehmen kam, ist jetzt auf dem
deutschen Markt für die Niederspannungslösungen und europaweit für
die komplette Palette von Asynchronmotoren und Getrieben sowie für die
Inte­gration von Watt Drive in den
WEG-Konzern verantwortlich.
Aktuell haben wir in Deutschland
keine Fertigungseinrichtungen, aber
wir unterhalten mehrere Fertigungsstandorte weltweit (Brasilien, Argentinien, Mexiko, USA, Österreich, Portugal, China, Indien und Südafrika).
Wie viel Umsatz erwirtschaften Sie
bisher im deutschsprachigen Raum
und was sind Ihre Ziele?
W. Henning: Der europäische
Markt ist für uns sehr wichtig. Europa
macht derzeit etwa 24 % unserer welt-
Wilmar Henning ist Geschäftsführer der
WEG Germany GmbH in Kerpen-Türnich
Wir sind aktuell dabei, unseren Vertrieb und unsere Präsenz in Europa noch
weiter zu verstärken. Mit der Über­
nahme von Watt Drive [2] Ende 2011
haben wir nicht nur unser Produktportfolio über die Elektrik hinaus auf
Getriebe und Getriebemotoren erweitert, sondern auch unsere Präsenz in der
gesamten deutschsprachigen Region
ausgebaut. In der Schweiz sind wir
außer­dem durch unseren Distributor
HS Motors GmbH [3] vertreten.
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Motion, Drive & Automation
Für die Einführung der Motorenbaureihe W22 Super Premium
hat das internationale Forschungsinstitut Frost & Sullivan
WEG kürzlich mit dem „European Electric Motors for Water
and Waste Water Customer
­Value Enhancement Award 2012“
ausgezeichnet
weiten Exporte aus. Das Volumen des deutschsprachigen
Markts beläuft sich auf ca. 280 Mio. R$ (110 Mio. €). Weltweit erwirtschaftete WEG 2012 einen Umsatz in Höhe von
fast 6, 174 Mrd. R$ (2,4 Mrd. €). Unser Ziel ist es, den Gesamtumsatz bis zum Jahr 2020 auf 20 Mrd. R$ (7,7 Mrd. €)
zu steigern, was einer jährlichen Wachstumsrate von 17 % entspricht. Diese Expansion soll im Wesentlichen durch organisches Wachstum, aber auch durch Fusionen und Akquisi­
tionen stattfinden, die wir weiter aktiv verfolgen – sowohl
weltweit als auch in Europa.
Auf welche Branchen konzentrieren Sie sich bei Ihrer Wachstumsstrategie?
W. Henning: Die wichtigsten Märkte in Europa liegen
für uns in der Energieerzeugung und im Verarbeitungssektor
– dazu gehören zum Beispiel Wasser- und Abwassertechnik, Bergbau, Stahl- und Zementindustrie, Petrochemie, die
chemische Industrie und der allgemeine Maschinenbau. In
Deutschland ist insbesondere auch der Energiesektor von
großem Interesse, also Energieerzeugung, -übertragung und
-verteilung.
In erster Linie verbindet man mit dem Namen WEG energieeffiziente Antriebstechnik. Wie sieht Ihre Produktpalette in
diesem Bereich aus?
W. Henning: Energieeffizienz steht im Zentrum unserer
gesamten Geschäftstätigkeit. WEG bietet die derzeit branchenweit breiteste Palette an energieeffizienten Motoren.
Letztes Jahr haben wir die neue Motorenbaureihe W22 ­Super
Premium mit Nennleistungen zwischen 3 kW und 355 kW
auf den Markt gebracht. Das war die erste komplette Motor­
baureihe, die den noch nicht verabschiedeten Vorschriften
IE4 entspricht. Zu beachten ist, dass diese Motoren eine
Standard-Induktionstechnologie verwenden. Es handelt sich
also nicht um Permanentmagnetmotoren.
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Wir setzen auf Nachhaltigkeit und wollen unseren Kunden
helfen, die Energieeffizienz über ihre gesamten Automationsprozesse und Anwendungen hinweg signifikant zu erhöhen. Da Elektromotoren für 40 % des weltweiten Energie­
verbrauchs verantwortlich sind, ist der Motor ein zentrales
Element beim Energiesparen. Allerdings haben auch alle
anderen Komponenten des Antriebsstrangs, wie die Mechanik oder der Frequenzumrichter, einen entscheidenden
Hannover Messe
↗↗WEG Germany und Watt Drive: Halle 15, Stand F11
 
Einfluss auf die Energieeffizienz. Deswegen liefert WEG
nicht nur die Bauteile, sondern hat auch die nötige Fachkompetenz, Antriebslösungen zu entwickeln, die optimal
an die Bedürfnisse des Kunden angepasst und gleichzeitig
energieeffizient sind.
Wie unterscheiden Sie sich dabei von den vielen in Deutschland etablierten Herstellern?
W. Henning: Wesentliche Vorzüge unserer Produkte sind
die hohe Energieeffizienz, die Wartungsfreundlichkeit sowie
die robuste Bauweise, die auch den Anforderungen anspruchsvollster industrieller Anwendungen entspricht. Unser
wichtigstes Ziel ist es, die Zusammenarbeit mit unseren
Kunden möglichst unkompliziert zu gestalten. Obwohl wir
ein großes Unternehmen mit weltweiter Präsenz sind, sind
wir stolz darauf, dass wir trotzdem flexibel auf die individuellen Anforderungen unserer Kunden eingehen und ein ­hohes
Maß an kundenspezifischer Anpassung bieten können.
Im Unterschied zu vielen anderen Unternehmen sind wir
ein in hohem Maße vertikal aufgestellter Hersteller. Das
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bedeutet, dass wir den gesamten Fertigungsprozess kontrollieren können. Die meisten Prozesse werden bei uns im
Hause durchgeführt und nicht an externe Unternehmen
vergeben. Dies ermöglicht uns ein hohes Maß an Flexibilität
und kundenspezifischer Anpassung. Es verschafft uns darüber hinaus Vorteile im Hinblick auf Logistik und kurze
­Lieferzeiten. Wir stellen unsere Lacke und Farben selbst her,
wir haben eigene Gießereien zur Herstellung von Gussteilen,
wir ziehen unsere Kupferdrähte selbst, und wir haben auch
­einen eigenen Forst auf einer Fläche von ca. 175 km2 angelegt. Alle Maßnahmen, die wir ergreifen, um Nachhaltigkeit
zu gewährleisten, machen uns zu einem praktisch CO2neutralen und „grünen“ Hersteller.
Größtenteils werden bisher Drehstrom-Asynchronmotoren
im Leistungsbereich von 0,75 kW bis 375 kW mit IE2-Klassifizierung verkauft. Erst ab 2015 müssen diese der IE-Klasse 3
entsprechen. Warum sollten Anwender schon jetzt Ihre IE4Motoren einsetzen?
W. Henning: Es gibt eine Vielzahl von Unternehmen,
gerade OEM, die sich im Hinblick auf die verbindliche Einführung der IE3-Vorschriften im Jahre 2015 schon jetzt für
IE3-Motoren entscheiden. Sie wollen als Marktführer wahrgenommen werden, der die beste und effizienteste Ausrüstung anbietet und dem Markt einen Schritt voraus sein.
Außerdem stellen wir fest, dass sich unsere Gesprächspartner
auf Kundenseite geändert haben. Wir sprechen nicht mehr
nur mit den Anwendern unserer Technologie, sondern mit
Ansprechpartnern unterschiedlichster Ebenen. Geschäftsführung, Finanzabteilung sowie für Umweltfragen und
Nachhaltigkeit zuständige Führungskräfte erkennen in steigendem Maße den Wert energieeffizienter Anlagen und beteiligen sich immer mehr an Einkaufsstrategien und Entscheidungen.
Deshalb sind wir davon überzeugt, dass das Interesse an
den derzeit energieeffizientesten Motoren auf dem Markt
weiter steigen wird. Außerdem haben wir einen technologischen Vorsprung, da unsere IE4-Motoren auf Standard-­
Induktionstechnologie basieren. Das bedeutet, dass sie
wesentlich kostengünstiger sind als IE4-Motoren mit Permanentmagneten basierend auf seltenen Erden, bei denen
die Investitionen etwa drei bis vier Mal so hoch sind wie bei
unseren Motoren. Ein weiterer Faktor, den Unternehmen
berücksichtigen sollten, ist, dass bei den meisten Motoren
der Energieverbrauch bereits in den ersten sechs Monaten
genauso hoch ist wie der Anschaffungspreis! (no)
Literatur
[1] WEG Germany GmbH, Kerpen-Türnich: www.weg.net/de
[2] Watt Drive Antriebstechnik GmbH, Markt Piesting/Österreich:
www.wattdrive.com
[3] HS Motors GmbH, Wetzikon/Schweiz: www.hs-motors.ch
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