AusGemessen? - DBB Beamtenbund und Tarifunion

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AusGemessen? - DBB Beamtenbund und Tarifunion
7/8
dbb magazin
Juli/August 2008 - 57. Jahrgang
Verbraucherschutz:
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
AusGemessen?
Seite 4 >
Interview
Alexander Graf
Lambsdorff,
stellv. Vorsitzender im
Verbraucherausschuss
des EU-Parlaments
Seite 8 >
Aktionsbündnis
„Rettung der
Krankenhäuser“
dbb > aktuell
>
Weil immer mehr gut ausgebildete Fachkräfte den öffentlichen
Dienst verlassen, um besser dotierte Stellen in der freien Wirtschaft anzunehmen, drohen dem Staat massive Personalprobleme. Die Lage ist inzwischen beängstigend.
Qualifizierter Nachwuchs kommt gar nicht erst: So wechseln beispielsweise junge Finanzbeamte oft schon wenige Jahre nach der
Ausbildung in staatseigenen Fachhochschulen „auf die andere
Seite“ und machen sich als Steuerberater selbstständig. Die Verdienstmöglichkeiten in der Privatwirtschaft sind einfach besser.
Doch Abwanderung in die Privatwirtschaft gibt es nicht nur in
der Finanzverwaltung. Der meteorologische Dienst ist genau so
betroffen wie die Flugsicherung oder andere Bereiche. Besonders
prekär ist die Personallage bei der Lebensmittelkontrolle, weil der
Schwerpunkt dieser Ausgabe: Verbraucherschutz
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Staat dort besonders gespart hat: Auf 1 000 zu kontrollierende
Betriebe kommt ein Prüfer. Wichtige Aufgaben zum Schutz der
Verbraucher können gar nicht mehr wahrgenommen werden.
Besonders für Berufsanfänger wird der Staatsdienst aufgrund der
schlechten Bezahlung und der fehlenden Aufstiegschancen immer
unattraktiver. Bessere Konditionen im öffentlichen Dienst sind deshalb unumgänglich, insbesondere, was die Anwärterbezüge für
junge Beamte betrifft: Es geht nicht an, dass ein Referendar, der an
einer Berufsschule im Unterricht eingesetzt wird, heute weniger
verdient als mancher seiner Schüler im letzten Ausbildungsjahr.
Höchste Zeit also, dem Nachwuchs im öffentlichen Dienst den Stellenwert einzuräumen, der ihm zukommt: Ohne attraktive Bedingungen und verlässliche Zukunftsperspektiven für junge, gut ausgebildete und motivierte Fachkräfte wird irgendwann kein Staat
mehr zu machen sein. Damit ist keinem gedient, weder den Beschäftigten in Bund, Ländern und Kommunen noch den Bürgern.
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Impressum:
Herausgeber: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion – Friedrichstr. 169/170, 10117 Berlin, (0 30) 40 81-40, Fax (0 30) 40 81-55 98.
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Mitarbeiter dieser Ausgabe: Eva-Charlotte Proll (ecp), Birgit Ulrich (bau), Alexander Schrader (as).
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Nr. 49 (dbb magazin), gültig ab 1. 10. 2007. Druckauflage: 770 050 Exemplare (IVW 2/2007). Vertrieb: (02 11) 73 57-1 55, Fax (02 11) 73 57-8 91. Anzeigenschluss: 6 Wochen vor Erscheinung. Gedruckt auf Papier aus elementar-chlorfrei gebleichtem Zellstoff.
ISSN 0941-8156
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aktuell
interview:
Alexander Graf Lambsdorff, stellv. Vorsitzender im Verbraucherausschuss des EU-Parlaments
Beschäftigte gerechter beteiligen
Keine Führungspositionen auf Zeit
Job-Center-Beschluss
Streiken, wo es richtig weh tut
50 Jahre Beirat der Bundeswehr
Basiskrankenversicherung
Arbeitszeit für Beamte
Aktionsbündnis
„Rettung der Krankenhäuser“
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fokus
report:
Maß aller Dinge
aktuell:
Du sollst das Fett deines Nachbarn
nicht verzaubern...
mittagsgespräch:
Ernst Hinsken, Tourismusbeauftragter der Bundesregierung
dbb akademie:
Alumni 2008
brennpunkt:
Geld allein ...
die andere meinung:
Eichen soll weichen
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spezial
vorgestellt:
Bundesamt für Verbraucherschutz
und Lebensmittelsicherheit
6. Frauenpolitische Fachtagung:
Gender Mainstreaming –
Umsetzung in Bund und Ländern
mitgliederservice
dbb jugend:
Bildungsbericht 2008
Goldener Floh 2008
t@cker
europa:
Gurken krumm in die Freiheit
entlassen
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finale
glosse:
Edles Tröpfchen
Produktpiraterie:
Gefährliche Schnäppchen
mitgliedsgewerkschaften
kulisse
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47
> dbb magazin | Juli/August 2008
in eigener sache
Fachkräftemangel
>
dbb > aktuell
>
dbb magazin
Der Verbraucher erwartet,
dass Lebensmittel möglichst
„sauber“, dass heißt ohne gesundheitsschädigende Inhaltsstoffe, auf den Markt
kommen. Dennoch gibt es
immer wieder Skandale –
von Gammelfleisch bis BSE.
Benötigen wir mehr staatliche Lebensmittelüberwachung und -kontrolle als Instrument eines effizienten
Verbraucherschutzes in
Europa?
interview
4
Graf Lambsdorff
Lebensmittelsicherheit hat
oberste Priorität. Wir wissen aber auch alle, dass es
leider erhebliche Probleme
in einzelnen Fällen gegeben
hat, das Vertrauen der Verbraucher in das Lebensmittelsicherheitssystem hat
dadurch gelitten. Ich meine,
dass die Lebensmittelüber-
Foto: EU
>
Alexander Graf Lambsdorff, MdEP,
stellvertretender Vorsitzender
des Ausschusses für Binnenmarkt
und Verbraucherschutz des
EU-Parlaments
Lebensmittelkontrollen k
wachung so nah wie möglich an Produktion, Vertrieb
und Verzehr stattfinden
muss, neue europäische Regelungen erscheinen mir
daher weniger Erfolg versprechend als die konsequente Durchführung der
gesetzlichen Kontrollbestimmungen in den Mitgliedstaaten.
>
dbb magazin
Genveränderte Produkte
drängen mit Macht auch
auf den europäischen
Markt. Die Verbraucher sind
zum großen Teil verunsichert und skeptisch. Können Sie sie beruhigen?
> dbb magazin | Juli/August 2008
>
Graf Lambsdorff
Das geltende Gentechnikgesetz ist politisch umstritten, und ich kann verstehen, wenn manche Bürger verunsichert sind. Es
werden weltweit auf mehr
als 90 Millionen Hektar
gentechnisch veränderte
Pflanzen angebaut. Die Liberalen unterstützen diese
Produktion, da sie sowohl
aus umwelt- als auch aus
agrarpolitischen Gründen
sinnvoll ist. Wie sollen
denn bald neun Milliarden
Menschen ernährt werden, wenn wir Wege zu
mehr Produktivität nicht
beschreiten wollen? Dass
dabei die Sicherheit nicht
leiden darf, ist klar. Die
FDP hat im letzten Jahr einen Gesetzesentwurf zur
Änderung des Gentechnikgesetzes eingebracht, das
die notwendigen Änderungen für einen verantwortbaren Anbau von gentechnisch veränderten
Pflanzen in Deutschland
beinhaltet. Dabei handelt
es sich insbesondere um
innovationsfreundliche
Änderungen zur Haftung,
zum Inverkehrbringen und
zum Standortregister. Dadurch erhalten Landwirtschaft, Pflanzenzuchtunternehmen, Wirtschaft
und Forschung die notwendige Verlässlichkeit
und Planungssicherheit
zum Anbau gentechnisch
veränderter Pflanzen.
>
dbb magazin
Unerwünschte Telefonwerbung nimmt rapide zu.
Was tut die EU zum Schutz
der Verbraucher, die sich
durch unlautere Werbeanrufe belästigt fühlt?
>
Graf Lambsdorff
Unerbetene Werbeanrufe
auf dem Festnetz- oder
Mobiltelefon haben in der
Tat längst die Schwelle
dessen überschritten, was
dbb > aktuell
Das hat auch die EU erkannt und deshalb genau
dazu eine Richtlinie erlassen. Diese sollte eigentlich
schon bis Juli 2007 umgesetzt werden. Leider ist
aber Deutschland wie immer hinterher. Jetzt soll
die EU-Richtlinie noch vor
der Sommerpause im Kabinett abgesegnet werden. Ich hoffe, dass dann
dung für oder gegen den
Anruf. Es bestünde aber
dann auch die Möglichkeit, seinen Telefonanbieter anzuweisen, gar keine
Telefonate mehr mit der
entsprechenden Vorwahlnummer durchzustellen.
>
dbb magazin
Richtlinien und Verordnungen zum EU-Verbraucherschutz räumen den Bürgern unter anderem bei
Kreditgeschäften, die über
die Landesgrenzen hinausgehen, und bei Internetkäufen umfangreiche Informations- und Widerspruchsrechte ein. In der
Praxis ist es jedoch für
den Einzelnen allein aufgrund der unterschiedlichen Rechtslagen kompliziert, seine Ansprüche
durchzusetzen. Wie hilft
die EU?
>
Graf Lambsdorff
Die Liberalen setzen sich
in der EU vehement für
die verbesserte Durchsetzung grenzüberschreitender Rechtsansprüche ein,
aber das ist ein hochkompliziertes Problem, weil
die Mitgliedstaaten für
Straf- und Zivilrecht zuständig sind und da sind
die Unterschiede zum Teil
erheblich. Die EU-Kommission schlägt aktuell
die europaweite Einführung von Sammelklagen
vor. Aufgrund der in den
USA gemachten negativen Erfahrungen mit den
Sammelklagen stehen wir
diesem Ansatz eher skeptisch gegenüber. Da werden absurd hohe Summen als Schadensersatz
festgelegt, die am Ende
über höhere Preise doch
nur die Verbraucher
zahlen.
>
dbb magazin
Ist es für den EU-Verbraucherschutz wirklich hilfreich, „Bananenverordnungen“ oder „Gurkenkrümmungsverordnungen“ zu erlassen?
>
Graf Lambsdorff
Beide haben nicht direkt
etwas mit dem Verbraucherschutz zu tun, sondern mit der Vergleichbarkeit von Produkten im
Binnenmarkt. Man soll
wissen, dass in jeder Kiste
gleichviele Gurken oder
Bananen sind, egal, ob sie
aus Spanien, Holland oder
Bulgarien kommt. Das
haben Hersteller und
Handel selbst ausgearbeitet, denn es ist ja logisch,
dass das die Geschäfte erleichtert. Die EU hat da
nur einen Stempel draufgemacht und wurde dann
onsequent durchführen
endlich der Schutz der Bürger sich spürbar verbessert.
Konkret bedeutet das,
dass erstens die Bürger in
die Lage versetzt werden
müssen, zu erkennen, wer
sie anruft. Die Verpflichtung zur Rufnummernanzeige ist unabdingbar, damit man schon vor Gesprächsbeginn entscheiden kann, ob man einen
Anruf annimmt oder eben
nicht. Dazu brauchen wir
auch eine einheitliche Vorwahlnummer. Jeder Werbeanruf würde dann z. B.
mit der Nummer „0500“
beginnen. Dies ermöglicht
eine schnelle Entschei-
>
Info
Alexander Graf Lambsdorff,
Jahrgang 1966, studierte nach dem
Abitur Geschichte, Politikwissenschaften und öffentliches Recht in Bonn und
Washington. Von 1995 bis 1997 absolvierte er eine Ausbildung zum Attaché
im Auswärtigen Dienst und arbeitete
danach unter anderem in Washington
und Berlin. Seit Juni 2004 ist Graf Lambsdorff Mitglied des
Europäischen Parlaments. Zurzeit amtiert er als stellvertretender Vorsitzender im Ausschuss für Binnenmarkt und
Verbraucherschutz (IMCO) des Europäischen Parlaments.
Als stellvertretendes Mitglied engagiert er sich im Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten (AFET) und als
Mitglied im Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung (SEDE). Für die Delegation der deutschen Liberalen
im Europaparlament ist Graf Lambsdorff stellvertretender
Vorsitzender und kümmert sich unter anderem um die Zusammenarbeit mit der FDP-Fraktion im Deutschen
Bundestag.
dafür angegriffen. Jetzt
wollte Brüssel deshalb die
Gurkenkrümmungsverordnung abschaffen und
raten Sie mal, wer dagegen ist? Horst Seehofer
und die Bundesregierung.
Deshalb sollte man diese
Frage demnächst in Berlin
stellen, nicht in Brüssel.
Offensichtlich scheinen
die Verordnungen ja doch
einen gewissen Nutzen zu
haben, wenn auch eher
für den Binnenmarkt als
für den Verbraucherschutz.
> dbb magazin | Juli/August 2008
5
interview
man als bloßes Ärgernis
bezeichnen kann. Unerlaubte Werbeanrufe sind
zu einer wirklichen Belästigung der Bürger geworden
mit nicht zu unterschätzenden wirtschaftlichen
Konsequenzen. 84 Prozent
der Bevölkerung haben
schon Erfahrungen mir
derartigen Anrufen gemacht. Die bisherigen gesetzlichen Möglichkeiten
zum Schutz der Verbraucher reichen nicht mehr
aus.
dbb > aktuell
dbb Bundeshauptvorstand:
Der dbb Bundeshauptvorstand hat bei seiner Sitzung vom 9. bis 11. Juni 2008 in Hannover unter anderem eine gerechte Beteiligung der Beschäftigten
am wirtschaftlichen Wachstum gefordert.
berufspolitik
6
Das höchste dbb Beschlussgremium zwischen den Gewerkschaftstagen bezeichnete die
Reallohnverluste der Arbeitnehmer bei gleichzeitig steigenden Gewinnen der Kapitalbesitzer als Besorgnis erregend. Familien und Alleinerziehende, die immer stärker von
Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen seien, müssten
darüber hinaus gezielt gefördert werden.
In einem weiteren Beschluss
forderte das Gremium wegen
der drastisch steigenden Energiepreise und Lebenshaltungskosten eine Anhebung der
Wegstreckenentschädigung
auf 0,40 Euro, eine Erhöhung
der Pauschbeträge für die Verpflegungsmehraufwendung
sowie die Rückkehr zur alten
Pendlerpauschale ab dem ersten gefahrenen Kilometer.
Besorgt zeigte sich der dbb
Bundeshauptvorstand über
den wachsenden Fachkräftemangel im technischen und
naturwissenschaftlichen Bereich des öffentlichen Dienstes. Hier müssten Einstellungsund Einkommensbedingungen
geschaffen werden, die mit denen der Privatwirtschaft konkurrieren können. An die
Innenminister von Bund und
Ländern appellierte der dbb
den fortschreitenden Personalabbau bei Polizei und Zoll zu
stoppen und für eine aufgabengerechte Personalausstattung der Sicherheitsorgane zu
sorgen. „Innere Sicherheit ist
nicht allein durch OnlineDurchsuchungen oder Videoüberwachungen zu gewährleisten, sie setzt vielmehr auch
in Zukunft den Beamten im Revier voraus“, heißt es in einem
entsprechenden Beschluss. Erarbeitet wurden ferner gemeinsame Empfehlungen für
eine Reform des Laufbahnrechts in Bund und Ländern.
Schließlich hat der dbb
Bundeshauptvorstand ein
bundesweit einheitliches Ren-
> Info
Foto: Andreas Keudel
Beschäftigte
gerechter beteiligen
>
dbb Chef Peter Heesen bei seinem Lagebericht
tenniveau gefordert und Privatisierungsplänen im Eichwesen
eine klare Absage erteilt.
>
Tarifrunde 2009
dbb Chef Peter Heesen blickt
zuversichtlich auf die Tarifrunde 2009 mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL).
Heesen erwartet zwar erneuten Streit um die Bezahlung
und die Wochenarbeitszeit für
die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder, aber
ein monatelanges zähes
Ringen wie 2006 werde es
wahrscheinlich nicht geben.
„Damals hat Niedersachsens
Finanzminister Hartmut
Möllring Mühe gehabt, die TdL
zusammenzuhalten“, sagte
Heesen der Hannoverschen
Allgemeinen Zeitung am
10. Juni 2008 am Rande der
Tagung des Bundeshauptvorstandes. Mittlerweile habe
man die Zersplitterungstendenzen auf der Arbeitgeberseite aber wohl im Griff. „Auch
der Flächentarif hat auf der Arbeitgeberseite wieder mehr
Anhänger. Das macht uns zuversichtlich.“ Der dbb Bundeshauptvorstand hatte am 9. Juni 2008 dafür plädiert, die Zusammenarbeit mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
für die kommende Tarifverhandlung fortzusetzen. Damit
dürfte sich TdL-Verhandlungsführer Möllring einem festen
Bündnis aus ver.di und dbb
gegenübersehen.
Bisher sei die Kooperation, die
schon bei den Tarifverhandlungen von Potsdam mit erreichten Einkommenssteigerungen
von über acht Prozent in zwei
Jahren erfolgreich war, auf Augenhöhe geführt worden.
Zwar gebe es durchaus politische Differenzen in anderen
Fragen wie der von ver.di favorisierten Bürgerversicherung:
„Wir sind zum Beispiel klar für
den Erhalt der privaten Krankenversicherung. Das hindert
uns aber nicht, die Verhandlungsgemeinschaft gegenüber
den Ländern wieder zum Erfolgsmodell werden zu lassen“,
unterstrich Heesen. Der dbb
Bundesvorstand hatte auf seiner Sitzung am 2. Juni 2008
in Berlin der weiteren Zusammenarbeit mit ver.di zugestimmt.
> Info
Bürokratieabbau
Tag des öffentlichen Dienstes
Die stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Kirsten Lühmann hat davor gewarnt, den Erfolg von Bürokratieabbau
ausschließlich an der Messung von Informationspflichten
nach dem Standard-Kosten-Modell festzumachen. Er zeige
sich vielmehr in der Effektivität, mit der die Verwaltung
ihren Aufgaben nachkomme. „Es unerlässlich, die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in den Modernisierungsprozess einzubinden“, sagte Lühmann auf der Konferenz
„Bürokratieabbau, Verwaltungsreform, Bürgerbeteiligung:
Konkurrenten oder Partner?“ am 18. Juni 2008 im dbb
forum berlin.
dbb Bundesvorsitzender Peter Heesen hat anlässlich des
UN-Tages des öffentlichen Dienstes am 23. Juni 2008 nachdrücklich vor der sinkenden Konkurrenzfähigkeit des
Staatsdienstes auf einem sich verändernden deutschen Arbeitsmarkt gewarnt. Heesen: „Allein aus Gründen der Altersstruktur werden wir in den nächsten Jahren eine große
Zahl von frei werdenden Stellen zu besetzen haben. Gleichzeitig sinkt das Angebot auf dem Arbeitsmarkt. Der öffentliche Dienst gerät zwangsläufig in verschärfte Konkurrenz
zur Privatwirtschaft. Die Politiker ignorieren dieses Problem
bisher weitgehend.“
> dbb magazin | Juli/August 2008
dbb > aktuell
Der Innenminister von Niedersachsen Uwe Schünemann
hat auf der Sitzung des dbb
Bundeshauptvorstandes in
Hannover das niedersächsische Konzept für eine moderne und effiziente Landesverwaltung vorgestellt. Neben
der Optimierung der Landesbehörden unter Wegfall der
vier Bezirksregierungen und
der Stärkung der kommunalen
Selbstverwaltung hat das Landeskabinett auf Vorschlag
Schünemanns Eckpunkte für
die Ausgestaltung des künftigen Dienstrechts beschlossen.
Darüber hinaus bekräftigte
der Minister die länderübergreifende Zusammenarbeit
mit den anderen norddeutschen Küstenländern Bremen,
Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.
Demnach soll die Zahl der
Laufbahnen in Niedersachsen
von bisher 150 auf weniger als
20 reduziert werden. Die neuen laufbahnrechtlichen
Grundstrukturen werden Basis des Gesetzgebungsverfahrens, mit dem das öffentliche
Dienstrecht für die Beamtinnen und Beamten beim Land
und bei den Kommunen umfassend reformiert werden soll
– ein Effekt der Föderalismusreform I, nach der der Bund für
die Regelung der Statusrechte
der Landes- und Kommunalbeamten zuständig ist, aber
nicht mehr für Laufbahnen,
Besoldung und Versorgung.
>
Nur noch zwei
Laufbahngruppen
„Mit dem Beschluss der Landesregierung haben wir einen
ersten wichtigen Meilenstein
auf dem Weg zu einem modernen Beamtenrecht erreicht“, sagte Schünemann.
Auf Basis der Eckpunkte könne
ein transparentes Laufbahnrecht geschaffen werden, das
Foto: Andreas Keudel
Niedersachsen entrümpelt Dienstrecht
>
Landesinnenminister Uwe
Schünemann erläuterte dem
dbb Bundeshauptvorstand
die Pläne zur Fortentwicklung des Dienstrechts in
Niedersachsen.
das Leistungsprinzip fördere,
die Wettbewerbsfähigkeit
stärke, einen flexiblen Personaleinsatz ermögliche und eine aufwändige Bürokratie
vermeide.
Konkret soll es nur noch je
zehn Laufbahnen in zwei
statt vier Laufbahngruppen
geben. Zur Laufbahngruppe
eins sollen alle Laufbahnen
gehören, die keinen Hochschulabschluss erfordern, zur
Laufbahngruppe zwei alle
Laufbahnen, die einen Hochschulabschluss oder einen
gleichwertigen Bildungsstand
voraussetzen.
dbb Chef Peter Heesen lobte
in Hannover, dass die Grundzüge der Reform länderübergreifend erarbeitet worden
sind und die Gewerkschaften
von Anfang an eingebunden
waren. Der dbb setzt sich
grundsätzlich dafür ein, die
Zersplitterung des Dienstrechts im Zuge der Föderalismusreform so gering wie
möglich zu halten und begrüßt länderübergreifende
Regelungen, zum Beispiel im
Sinne eines dienstrechtlichen
„Nordverbundes“.
> dbb magazin | Juli/August 2008
dbb > aktuell
dbb Erfolg beim
Bundesverfassungsgericht:
Keine Führungspositionen auf Zeit
Der dbb hat die am 19. Juni veröffentlichte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
28. Mai 2008 begrüßt, die Vergabe von Führungspositionen auf Zeit nach dem Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen für grundgesetzwidrig zu erklären.
kompakt
8
dbb Chef Peter Heesen: „Ein
wichtiger Erfolg für den Rechtsschutz des dbb. Wir haben dieses Klärungsverfahren angestrengt, weil wir davon überzeugt sind, dass die Vergabe
von Führungspositionen auf
Zeit nicht nur gegen das Lebenszeitprinzip verstößt, sondern vor allem auch die Unabhängigkeit der Beamtinnen und
Beamten gefährdet.“
Peter Heesen verwies darauf,
dass gerade in Führungspositionen oftmals Entscheidungen in
einem konfliktorientierten Umfeld getroffen werden müssen.
„Gerade hier“, so Heesen, „muss
die Unabhängigkeit und Neutralität der Kolleginnen und Kollegen geschützt werden. Solange eine Führungsaufgabe aber
nur vorübergehend vergeben
wird, besteht die Möglichkeit,
dass eine vermeintlich unliebsame Entscheidung, den Verbleib im Amt oder die weitere
Karriere negativ beeinflusst. Eine spätere Zurückstufung käme
einer Disziplinierung gleich.
Hier hat das Verfassungsgericht
jetzt eine klare Linie gezogen,
die maßgebend für andere Landesgesetzgeber sein sollte.“ Der Vorsitzende des dbb berlin
Joachim Jetschmann bedauerte
das vorläufige Ende der Verhandlungen: „Letztlich sind die
Verhandlungen an der Frage der
Einmalzahlung gescheitert.“
Nach Redaktionsschluss dieser
Ausgabe hat der Innensenat auf
seiner Sitzung von 15. Juli 2008
im Alleingang beschlossen, allen 100 000 Mitarbeitern des
öffentlichen Dienstes in diesem
sowie im nächsten Jahr übertarifliche Einmalzahlungen von
jeweils 300 Euro zu gewähren.
Russ: „Einen solchen Eingriff in
die Tarifautomie nach hessischem Vorbild lehnen wir ab!“ Redaktionsverhandlungen
Bund und Kommunen:
Fristen beachten!
Die Tarifeinigung für Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer des Bundes und der Kommunen
ist kurz vor der parlamentarischen Sommerpause auch redaktionell umgesetzt worden.
Die Korrekturen an Überleitungstarifvertrag
(TVÜ) und Tarifvertrag für den öffentlichen
Dienst (TVöD) sind mit Wirkung zum 1. Juli
2008 fixiert.
Einkommensrunde Berlin:
Verhandlungen
gescheitert
Die Tarifverhandlungen für die über 40 000 Tarifbeschäftigten des Landes Berlin sind am
14. Juli 2008 zunächst gescheitert.
Innensenator Ehrhart Körting
machte zuletzt das Angebot im
Rahmen einer Gesamteinigung,
im Jahr 2008 eine Einmalzahlung von 300 Euro zu zahlen
und den bereits angebotenen
Sockelbetrag von 50 Euro monatlich von Juli 2009 auf April
2009 vorzuziehen. Ein Angebot,
das zu weit von den Forderungen der dbb tarifunion entfernt
ist. „Wir bedauern zutiefst,
> dbb magazin | Juli/August 2008
dass sich der Senat nicht in der
Lage sah, insbesondere die Einmalzahlung für 2008 materiell
zu verbessern“, erklärte Willi
Russ, 2. Vorsitzender und Verhandlungsführer der dbb tarifunion nach den Tarifverhandlungen. „Wir hoffen, dass der Senat
die Sommerpause nutzt, um
sein Angebot zu verbessern um
danach wieder in Gespräche
einzutreten“, so Russ weiter.
Tarifbeschäftigte müssen jetzt
Fristen beachten, um von den
Änderungen profitieren zu
können und gegebenenfalls
selbst aktiv werden, um sich
die entsprechenden Vorteile
zu sichern.
Bis zum 30. September 2008
läuft die Frist, bis zu der ein
fristgerechter Antrag an den
Arbeitgeber abgegeben werden muss. Das betrifft die Besitzstandszulage für Kinder
nach TVÜ, konkurrierende
Orts- und Familienzuschläge
bei Überleitung nach TVÜ und
Teilzeitbeschäftigung mit einer festen wöchentlichen
Stundenzahl. Weiter wirken
einige Regelungen nur mit
schriftlichem Antrag, aber ohne allgemeingültige Frist. Hiervon sind Bewährungs- und Tätigkeitsaufstiege nach BAT und
Vergütungsgruppenzulagen
nach BAT betroffen. Tarifbeschäftigte erhalten die höheren Entgelte rückwirkend zum
1. Januar 2008. Für die Bundesund Kommunalbeamten sowie
die Versorgungsempfänger
werden die erhöhten Bezüge
voraussichtlich zum 1. August
2008 ausgezahlt.
Über die genauen Sachverhalte und weitere Änderungen
informiert die dbb tarifunion
auf ihrer Internetseite
www.tarifunion.dbb.de
dbb > aktuell
dbb tarifunion blockiert Spielbank Berlin:
Streiken, wo es
richtig weh tut
Beschäftigte des Landes Berlin
haben am 9. Juli 2008 den Betrieb der Spielbank Berlin für
mehrere Stunden blockiert.
Um 14.30 Uhr legte die Spielbankaufsicht die Arbeit nieder
und damit durften die Croupiers keine Einsätze mehr entgegennehmen.
Job-Center-Beschluss bestätigt
dbb Auffassung:
Betreuung aus einer
Hand verfassungsfest
machen
> Angeordnete Mehrarbeit ...
... von teilzeitbeschäftigten Beamten ist bis zur Grenze der regulären Arbeitszeit eines Vollzeitbeamten zeitanteilig und nicht lediglich nach den Sätzen der Mehrarbeitsvergütung zu vergüten. Das
hat das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung (2 C
128.07) vom 13. März 2008 bestätigt. Beamte, die in Teilzeit tätig
sind, auf Anordnung Mehrarbeit leisten und diese nur nach der
Mehrarbeitsvergütungsverordnung vergütet bekommen, sollten
bei ihrem Dienstherrn zeitnah einen Antrag auf Nachzahlung der
entsprechenden Differenzbeträge beziehungsweise zeitanteilige
Besoldung stellen, sofern noch keine rechtskräftige Entscheidung
gefallen oder die dreijährige Verjährungsfrist eingetreten ist.
9
tarifpolitik
sen am 15. Juli 2008 in Berlin.
Bereits Ende vergangenen Jahres hatte sich der dbb mit der
Forderung an die Regierung
gewandt, für die Zusammenarbeit von Bund und Kommunen
einen festen verfassungsrechtlichen Rahmen zu schaffen.
Anlass war ein Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts
von Dezember 2007, der die
Zusammenarbeit von Bund
und Kommunen nach der Föderalismusreform I für unzulässig erklärt hatte. Die Verfassungsrichter hatten bemängelt, dass durch eine Vermischung von Kompetenzen die
politische Verantwortung nicht
mehr klar zuzuordnen sei.
Anlass zum Protest lieferten
die in den vergangenen Wochen zum wiederholten Male
unterbrochenen Tarifverhandlungen. Der Senat hatte die
Forderungen des dbb nach einer linearen Lohnerhöhung ab
1. Januar 2008 in Höhe von 2,9
Prozent sowie drei Einmalzahlungen von je 300 Euro am
vergangenen Freitag erneut
zurückgewiesen. Das Angebot
des Senats sieht lediglich eine
Einmalzahlung von 300 Euro
für 2008 und einen monat-
Foto: Jan Brenner
Der dbb hat den Beschluss der
Arbeits- und Sozialministerkonferenz vom 14. Juli 2008
begrüßt, die Zusammenarbeit
von Kommunen und Bundesagentur für Arbeit (BA) im
Grundgesetz festzuschreiben.
„Wir haben uns von Anfang an
dafür eingesetzt, das Zusammenarbeitsmodell zumindest als Option fortzuführen
und hierfür eine stabile verfassungsrechtliche Grundlage zu
schaffen. Nur so kann die politisch gewollte Betreuung von
Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilfeempfängern aus einer
Hand auch in Zukunft beibehalten werden“, sagte der dbb
Bundesvorsitzende Peter Hee-
„Jede Stunde, in der die Roulette-Räder in der Berliner Spielbank still stehen, verliert die
Stadt bis zu 10 000 Euro. Jetzt
streiken wir da, wo es dem Senat richtig weh tut“, rief der
2. Vorsitzende der dbb tarifunion und Verhandlungsführer
bei den Tarifverhandlungen
mit dem Berliner Senat Willi
dass sich der Streik weder gegen das Casino, noch gegen
Bürgerinnen und Bürger richte.
>
Protest vor der Spielbank Berlin: Der Streik von vier Finanzangestellten
genügte, um den Spielbetrieb zum Erliegen zu bringen und die Landeskasse leer ausgehen zu lassen.
Russ den Demonstranten zu.
Hunderte Beschäftigte, darunter viele Finanzbedienstete,
waren der Protestaufforderung
gefolgt und hatten sich vor
dem Casino am Potsdamer
Platz versammelt. „Aus dieser
Spielbank fließen heute keine
Einnahmen in die Landeskasse,
und das ist auch gut so“, sagte
Russ, betonte aber gleichzeitig,
lichen Sockelbetrag von 50 Euro ab Mai 2009 vor. Joachim
Jetschmann, Vorsitzender des
dbb Berlin: „Wir lassen uns
nicht länger mit Almosen abspeisen, wir haben Flexibilität
gezeigt. Jetzt wird sich der Senat bewegen müssen!“
Die Tarifverhandlungen sind
am 14. Juli 2008 für gescheitert erklärt worden.
> dbb magazin | Juli/August 2008
dbb > aktuell
50 Jahre Beirat der Bundeswehr
für Fragen der Inneren Führung:
Eine Frage des
Grundvertrauens
„Die Bundeswehr im Dialog mit der Gesellschaft“, unter diesem Motto beging der Beirat der Bundeswehr
für Fragen der Inneren Führung am 3. und 4. Juni
2008 sein 50-jähriges Bestehen in Berlin. An der Festveranstaltung im Jüdischen Museum nahmen neben
dem Bundesverteidigungsminister auch Bundeskanzlerin Angela Merkel teil. Den dbb vertritt die stellvertretende Bundesvorsitzende Kirsten Lühmann im Beirat, der inzwischen auf 23 Mitglieder angewachsen
ist. Laut Auftrag berät das Gremium den Verteidigungsminister in Fragen der Inneren Führung, also
hinsichtlich der Führungsphilosophie und des Selbstverständnisses der Soldatinnen und Soldaten.
tarifpolitik
10
„Mit den neuen Aufgaben der
Bundeswehr hat sich auch die
Themenstellung für den Beirat
seit dem Fall der Mauer geändert,“ erläutert Kirsten Lühmann den aktuellen Diskussionsstand im Beirat: „Zum Beispiel die besondere Belastung
der Soldaten in Auslandseinsätzen wird immer wieder ausführlich erörtert“, selbst am
Rande von Festveranstaltungen. Dieses Mal ging es um die
zum Teil deutlich kritische Medienberichterstattung zur inne-
ren Verfassung der Bundeswehr
in letzter Zeit. Lühmann: „Die
Bundeswehr hat ein Imageproblem. Natürlich komme zuerst
immer der Vorwurf an die Presse: ‚Ihr berichtet ja nur über
Skandale und nicht über die
vielen tausend Soldaten und
Soldatinnen die im Auslandseinsatz hervorragende Arbeit
leisten.‘ Man muss sich aber
auch auf Seiten der Bundeswehr die Frage stellen, ob nicht
eine Öffnung gegenüber der
Presse hilfreich wäre?“
> Bundesbeihilfeverordnung: Licht und Schatten
Differenziert haben dbb Vertreter am 26. Mai 2008 den Entwurf einer
Bundesbeihilfeverordnung bei einem Beteiligungsgespräch im
Bundesinnenministerium in Berlin bewertet. Zu den positiven Regelungen zählen nach Ansicht des dbb insbesondere die Umsetzung der
Übergangsregelung für berücksichtigungsfähige Kinder im Rahmen
des Steueränderungsgesetzes 2007, die Verbesserung bei der Implantatversorgung und die Erweiterungen bei Familien- und Haushaltshilfen. Heftig kritisiert wurde vom dbb demgegenüber die Herabsetzung der Einkommensgrenze für berücksichtigungsfähige Ehegatten
von 18 000 Euro auf 17 000 Euro. Vermisst wird insbesondere eine Lösung für GKV-versicherte Beamte, die ihre Versicherungsbeiträge allein tragen müssen. Schließlich haben die dbb Vertreter erneut darauf gepocht, dass möglichst schnell eine Rechtsgrundlage für die
Verordnung geschaffen wird, wie sie das Bundesverwaltungsgericht
bereits im Juni 2004 gefordert hat. Vom Gesetzgebungsverfahren zu
dieser gesetzlichen Grundlage ist auch das Inkrafttreten der Bundesbeihilfeverordnung abhängig.
> dbb magazin | Juli/August 2008
>
Die stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Kirsten Lühmann vertritt
den dbb im Beirat der Bundeswehr. Links im Bild der Vorsitzende des
Beirates Innere Führung, Prof. Dr. Reiner Pommerin; rechts der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Wolfgang Schneiderhan.
Bei der Polizei hat sich ein offener Umgang mit der Presse inzwischen durchgesetzt, weiß
Oberkommissarin Lühmann
auch aus eigener Erfahrung im
niedersächsischen Landesdienst. Dort lässt man die Kolleginnen und Kollegen stärker
selbst zu Wort kommen. „Das
setzt natürlich ein Grundvertrauen voraus, in die Ausbildung und in die Fähigkeit der
Polizistinnen und Polizisten,
den Berufsstand gegenüber
Journalisten sachlich und positiv darzustellen.“ Daran scheint
es bei den Kommunikationsprofis der Bundeswehr etwas zu
fehlen. Kirsten Lühmann schildert ein Gespräch mit dem Leiter der Pressestelle der Bundeswehr.
Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, dasselbe Vertrauen,
das die Polizei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entgegenbringt, auch in der
Bundeswehr zuzulassen, gab es
eine klare Antwort: Er wolle
nicht eines Tages in der Zeitung
lesen, dass ein Soldat sich nach
seiner Rückkehr von der Patrouille vor Journalisten stelle
und Sätze abgebe wie: ‚Da hat’s
im Gebüsch geraschelt, da habe
ich erstmal eine Salve reingefeuert.‘ „Wenn er glaubt“, so die
dbb Vizechefin, „dass ein Soldat
oder eine Soldatin so etwas der
Presse sagen würde, dann kann
es mit seinem Vertrauen in die
Truppe nicht weit her sein.“
Auf der Festveranstaltung beschrieb Angela Merkel am
4. Juni 2008 die Rolle des politisch, historisch und ethisch gebildeten Bundeswehrsoldaten:
„(Er kann) sein Handeln immer
in einem übergeordneten Zusammenhang sehen, es verstehen und somit auch aus diesem
übergeordneten Zusammenhang heraus Verantwortung
übernehmen. Das macht, wenn
ich das so sagen darf, den Geist
der Bundeswehr aus.“ Auch die
Regierungschefin scheint für
mehr Mut zu plädieren: „Das
bedeutet natürlich nicht zuletzt
auch eine offene Diskussionskultur in den Streitkräften sowie einen offenen Dialog zwischen Gesellschaft und Bundeswehr zuzulassen und zu
pflegen.“
dbb > aktuell
Basiskrankenversicherung:
Gesundheitsschutz braucht Sicherheit!
rung braucht Sicherheit. Die
70 Millionen gesetzlich Versicherten wollen sich nicht auf
eine Minimalversorgung mit
Zusatzprämie verweisen lassen.“
Kranken(voll)versicherung rufe bei den Versicherten großes Erstaunen und starke Verunsicherung hervor, stellte
der dbb Vize klar. Ausgangspunkt der Diskussion ist ein
öffentlich gewordenes internes Positionspapier aus dem
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Danach soll die
gesetzliche Krankenversicherung einen eingeschränkten
Basisschutz für alle anbieten,
der mittels einer für jedermann einheitlichen Prämie finanziert wird. Die private
Krankenversicherung böte
über die Grundsicherung hinausgehende Leistungen an.
„Dieses Konzept vereinigt die
Bürgerversicherung mit der
Kopfpauschale. Es verknüpft
mithin eine wirtschaftlich unsinnige Einheitsversicherung
mit einer sozial unausgewogenen Finanzierung. Einer
Zwei-Klassen-Medizin wird
damit erst Vorschub geleistet“, kritisierte Dauderstädt.
Das Modell biete den Arbeitgebern eine weitere Möglichkeit, sich aus der paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung zu verabschieden. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass die Arbeitgeber sich an einer über den Basisschutz hinausgehenden
Absicherung beteiligen würden.
Die aktuelle Debatte um die
Abschaffung der privaten
Es sei außerdem nicht nachvollziehbar, welche der Leis-
Foto: Eduard N. Fiegel
„Die über acht Millionen privat krankenversicherten Menschen in Deutschland, darunter rund vier Millionen Beamtinnen und Beamte, erwarten
zu Recht, dass ihre vertraglich
gesicherten Ansprüche nicht
in Frage gestellt werden“,
sagte Dauderstädt am 12. Juni 2008 in Berlin. „Versiche-
>
Klaus Dauderstädt,
stellvertretender
dbb Bundesvorsitzender
tungen, die bislang zum
Spektrum der gesetzlichen
Kassen gehören, künftig wegfallen könnten. „Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung müssen ausreichend, zweckmäßig und
wirtschaftlich sein. Das sind
sie derzeit. Für weitere Leistungskürzungen besteht kein
Raum.“ Schließlich gefährdeten solche Vorschläge auch
das eigenständige Beihilfesystem der öffentlichen
Hände.
Ein Rückzug der klassischen
privaten Krankenversicherung (PKV) auf das Zusatzgeschäft sei nicht nachzuvollziehen, zumal die PKV für die
Zukunft Rücklagen gebildet
habe. Sie leiste außerdem einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung der Gesundheitsversorgung insgesamt.
Für Beamtinnen und Beamte
ist die private Krankenversicherung zudem die einzige
Möglichkeit, eine Absicherung zu erhalten, mit der ihre
Beihilfeansprüche passgenau
ergänzt werden. „Die unausgegorenen Vorschläge gehören zurück in die Schublade“,
forderte Dauderstädt. „Die
Diskussion muss ein schnelles Ende finden, damit das
Vertrauen der Versicherten in
PKV und GKV nicht weiter auf
die Probe gestellt wird.“
11
gesundheitspolitik
Der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Klaus
Dauderstädt hat den Überlegungen aus der Versicherungswirtschaft, eine einheitliche Basiskrankenversicherung für alle Bürger einzuführen und eine
Beschränkung der privaten Krankenversicherung
auf Zusatzversicherungen vorzunehmen, eine klare
Absage erteilt.
> dbb magazin | Juli/August 2008
dbb > aktuell
Unter anderem ist vorgesehen,
die Arbeitszeit in Bereichen
mit Bereitschaftsdienst im
Rahmen der EU-Arbeitszeitrichtlinie freiwillig für einen
Zeitraum von vier Jahren von
48 auf bis zu 54 Wochenstunden verlängern zu können
(Opt-out-Modell). Weiter soll
die Frist, in dem Erholungsurlaub übertragen werden kann,
von neun auf zwölf Monate
verlängert werden. Außerdem
ist vorgesehen, die Sonderurlaubsverordnung unter ande-
Arbeitszeit für Beamte:
Freiwillig länger?
kompakt
>
Die Beamtenrechtsexperten Klaus H. Leprich (zweiter von rechts) und Hans Ulrich Benra (rechts) vertraten beim
Beteiligungsgespräch im Bundesinnenministerium die Interessen des dbb.
ten Einkommensverluste und
harte Einschnitte in der gesundheitlichen Grundversorgung. Stöhr: „Die Tarifpolitik
kann nicht die Fehler der Gesundheitspolitik korrigieren.
Die Beschäftigten der Krankenhäuser haben das Recht auf eine leistungsgerechte Bezah-
Aktionsbündnis „Rettung der
Krankenhäuser“:
Krankenhäuser
funken SOS
Im Interesse einer hochwertigen medizinischen Patientenversorgung in Deutschland will
das Ende Juni 2008 gegründete
Aktionsbündnis „Rettung der
Krankenhäuser“ den Gesetzgeber bewegen, endlich seiner
Verantwortung nachzukommen und die Kliniken ausreichend zu finanzieren. Die Qualität der Krankenhausversorgung sinke, die Pflege drohe zur
Abfertigung zu verkommen,
das medizinisch Mögliche könne nicht mehr gewährleistet
werden, kritisierte der zweite
dbb Vorsitzende Frank Stöhr:
„Verlierer sind die Patienten in
den 2 100 Krankenhäusern.“
> dbb magazin | Juli/August 2008
Zum Auftakt der Protestaktionen zur Rettung der Krankenhäuser haben die Beschäftigten
der schleswig-holsteinischen
Krankenhäuser bereits am 2. Juli 2008 auf dem Marktplatz in
Plön am Rande der Gesundheitsministerkonferenz gegen
die verfehlte Sparpolitik im Gesundheitswesen demonstriert.
„Gute Krankenhäuser müssen
ausreichend finanziert werden.
Die Bundesregierung macht
das mit dem gesetzlichen Budgetdeckel unmöglich“, erklärte
der 1. Vorsitzende der dbb tarifunion Frank Stöhr im Vorfeld
der Aktion am 1. Juli 2008 in
Berlin. Den Beschäftigten droh-
Der dbb begrüßte die Entwürfe grundsätzlich, gab aber zu
bedenken, dass die schrankenlose Einführung der Optout-Regelung dem Arbeitsschutz für Beamtinnen und
Beamte nicht gerecht werde.
Der dbb sehe zwar die Notwendigkeit einer Opt-out-Regelung insbesondere für den
Bereich der Flughafenfeuerwehren der Bundeswehr, die
aber in einer Sondersituation
stünden. Bezüglich des
Sonderurlaubs bewertet der
dbb die familienfreundlichen
Änderungen als wichtigen
Fortschritt.
Das Bundeskabinett wird sich
voraussichtlich am 23. Juli
mit den Änderungen befassen.
lung. Patienten haben Anspruch auf eine gute medizinische Versorgung.“ Eine Resolution mit den Forderungen des
„Aktionsbündnisses Rettung
der Krankenhäuser“ ist im Rahmen der Protestaktion in Plön
an die Gesundheitsminister
übergeben worden.
Foto: Georg J. Lopata
12
Bundesministerium des Innern, Ministerialrätin Dr. Marie-Luise Streeck, zusammengetroffen. Gegenstand des Gesprächs waren anstehende Änderungen in den Verordnungen zu Arbeitszeit, Urlaub und
Sonderurlaub für Bundesbeamte.
Foto: Jan Brenner
Der Vorsitzende der dbb
Grundsatzkommission für Beamten- und Laufbahnrecht
Hans Ulrich Benra und der
Sprecher der dbb Bundesbeamtengewerkschaften Klaus
H. Leprich sind am 2. Juli 2008
zu einem Beteiligungsgespräch
mit der Referatsleiterin im
rem dahingehend zu ändern,
dass bei schwerer Erkrankung
eines Kindes künftig für jedes
Kind bis zu vier Arbeitstage
Sonderurlaub genommen
werden können.
>
Das Aktionsbündnis wird getragen von DKG, ver.di, Deutscher Städtetag, MB, BÄK, dbb, VKD, VKA und Deutscher Pflegerat. Im Bild dritter
von links: der zweite dbb Vorsitzende Frank Stöhr.
dbb > aktuell
Aktionsbündnis „Rettung der Krankenhäuser“:
„Die Krankenhäuser leben
von der Substanz“
zierte Patientenversorgung sicherzustellen. Um dies
zu erreichen, fordert der 1. Vorsitzende der dbb tarifunion Frank Stöhr als Bündnispartner die Abschaffung
der Budgetierung der Krankenhauseinnahmen.
Am 25. Juni 2008 wurde vor der Bundespressekonferenz ein Aktionsbündnis der Öffentlichkeit vorgestellt: Ziel der Bündnispartner ist die Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser zu erhalten und eine qualifi-
Frank Stöhr: Ich will es posi-
Bis Ende September läuft das
Gesetzgebungsverfahren. Das
nehmen wir zum Anlass, am
25. September in Berlin mit allen Bündnispartnern eine Großdemo durchzuführen. Das wird
sicherlich einer der Höhepunkte.
Ob es der Schlusspunkt wird,
hängt von der Einsichtsfähigkeit
der Politik ab. Bis Ende September bereiten wir den Boden
durch regionale Aktionen. Das
ist während der Sommerpause
nicht ganz einfach, aber in manchen Bundesländern haben wir
mit den Vorbereitungen und
ersten kleineren Aktionen schon
begonnen.
tiv formulieren. Wir sind für flächendeckend funktionierende
Krankenhäuser in Deutschland.
Die Teilnehmer des Aktionsbündnisses, egal, ob sie Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberinteressen vertreten, haben gemeinsam festgestellt, dass die Budgetierung der Krankenhauseinnahmen, die Qualität der medizinischen Versorgung nachhaltig gefährdet. Die so genannte
Grundlohnrate, über die die Kliniken auf Preiserhöhungen reagieren können, ist seit vier Jahren unter ein Prozent. Für 2008
beträgt sie gerade mal 0,64 Prozent! Und davon gehen noch
einmal 0,5 Prozent als Sanierungsbeitrag für die Krankenkassen ab. Es ist also weder für
ordentliche Bezahlung, noch für
innovative Medizin, noch für
Preissteigerungen bei Heizöl
genug Geld vorhanden. Wir reden also nicht von Luxusproblemen, sondern von elementaren
Nöten, die uns alle betreffen.
Es handelt sich zwar nicht
um eine Tarifrunde; aber
handelt es sich nicht doch
um Tarifpolitik mit anderen Mitteln?
?
?
Frank Stöhr: Nein. Natürlich
sind wir Teil dieses Aktionsbündnisses geworden, weil wir bei
kommunalen wie bei Landeskliniken zahlreiche Mitglieder haben. Aber es geht eben nicht um
eine nachgeschobene Tarifrunde. Es geht um zwei Dinge, die
tiefer gehen, die weiter wirken:
Frank Stöhr: Wir wollen das
aktuelle Gesetzgebungsverfahren beeinflussen. Das ist natürlich etwas ganz anderes als eine
Tarifrunde. Unsere Aufgabe besteht darin, der breiten Öffentlichkeit klar zu machen, dass
Die Deckelung der Krankenhausbudgets führt nicht nur dazu,
dass es im Krankenhausbereich
schwieriger wird, ordentliche Tarifabschlüsse zu erzielen. Zukünftig sehen wir uns vielmehr
mit der Gefahr konfrontiert,
Wie versucht das Bündnis,
seine Ziele zu erreichen?
Und auch die Menschen, Pflegepersonal wie Ärzteschaft gehen physisch an ihre Reserven.
Wollen wir gute Pflege für alle,
dann müssen wir Geld in die
Hand nehmen. „Wir“, das ist in
diesem Fall die Gesellschaft. Eine entsprechende Diskussion in
der Gesellschaft zu führen, ist
Ziel unseres Bündnisses.
DKG-Präsident Dr. Rudolf
Kösters hat in seinem Statement auf der gemeinsamen
Pressekonferenz hervorgehoben,
dass die Not groß sein müsse,
wenn sich Verbände der Krankenhausträger und Verbände
der Krankenhausbeschäftigten
zusammentäten. Ist das so?
?
>
Frank Stöhr, 2. Vorsitzender
des dbb beamtenbund und tarifunion.
dass tarifautonome Verhandlungen und Abschlüsse überhaupt nicht mehr möglich sind.
Der Versuch der Arbeitgeber bei
der diesjährigen Einkommensrunde uns im Krankenhausbereich mit einer Quasi-Nullrunde
abzuspeisen, ist hier durchaus
als Auftakt und nicht als Ausnahme zu begreifen. Mit dem
Hinweis auf vermeintliche
Sachzwänge sollen so Tarifverhandlungen ausgehebelt werden. Der Gesetzgeber gibt hier
einen Deckel vor und Gewerkschaften sowie Arbeitgeber
sollten quasi gezwungen werden, diesen Deckel in den Tarifverhandlungen zu berücksichtigen.
Es geht tatsächlich auch um die
Qualität der medizinischen und
pflegerischen Betreuung in
Deutschland. Noch arbeiten die
Kliniken effizient. Aber sie leben vielerorts von der Substanz.
Frank Stöhr: Er hat das ja
nicht negativ gemeint. Verkürzt
hat er damit genau die zwei
Punkte aufgegriffen, die ich
eben erläutert habe. Das Bündnis funktioniert gut. Natürlich
kommen die verschiedenen
Teilnehmer aus unterschiedlichen Organisationen. Aber gerade die Breite des Bündnisses,
die Vielfalt der Teilnehmer
macht uns stark und gibt unseren Argumenten in der Bevölkerung Kraft. Da wir als dbb Familie in den letzten Jahren mehrfach gezeigt haben, dass wir aktions- und kampagnenfähig
sind, gerade auch im Krankenhausbereich, war klar, dass wir
bei diesem Bündnis mitmachen
würden. Das ist vor allem Arbeit und Auftrag, aber auch ein
Stück Erfolg unserer gemeinsamen Arbeit.
> dbb magazin | Juli/August 2008
13
tarifpolitik
?
die Krankenhauspolitik der Regierung die Qualität der medizinischen Versorgung in Frage
stellt.
Foto: Marco Urban
Der dbb ist Mitglied des Aktionsbündnisses „Rettung
der Krankenhäuser“; wogegen richtet sich das Bündnis?
dbb > fokus
Sie haben ihre Augen von Rechts wegen überall, wo
es Waren oder Dienstleistungen in festgelegten
Größen gibt. So kontrollieren die Mitarbeiter der
Eichbehörden etwa Zapfsäulen und Bäckerwaagen,
Fertigverpackungen, Taxameter und sogar die
berüchtigten „Starenkästen“ im Straßenverkehr,
wobei sie gewissenhaft notieren, ob die diesen Dingen zugeordneten Maße eingehalten werden. Ihre
Arbeit gibt den Verbrauchern Sicherheit, dass sie
das, was ihnen zusteht, auch bekommen. Noch,
denn die Neufassung des Bundes-Eichgesetzes, dessen Entwurf in Kürze vorgelegt werden soll, plant
die teilweise Privatisierung vormals hoheitlicher
Eichaufgaben. Ein Vorhaben, das in den Eichaufsichtsbehörden nicht für Hochstimmung sorgt.
Auch nicht im Eichamt München-Traunstein.
report
14
Wann genau Stephan Heggl
nach Dietramszell in die Bonbons geht, sagt ihm sein
Dienstplan eine Woche vorher.
Die Bonbons – vielmehr ihre
Hersteller – erfahren freilich
nichts davon. Sonst wäre ja der
Effekt weg. Denn Stephan
Heggl ist kein Süßwarentester,
der sich im großen Stil bei der
Geschäftsführung ankündigt,
um die neuesten Geschmackskreationen zu testen, sondern
Beamter des Eichamtes München-Traunstein. „Wir kommen
immer unangemeldet“, sagt
Heggl während er sein Dienstfahrzeug, einen weißen Bustransporter mit grauem Eichamts-Emblem an den Vordertüren knapp dreißig Kilometer
südlich von München durch
den Dorfkern von Dietramszell
steuert. Nachdem er eine Reihe von Bauernhäusern mit hölzernen Balkonen und üppigem
Geranienschmuck passiert hat,
biegt er rechts ab und rollt
nach etwa achtzig Metern auf
> dbb magazin | Juli/August 2008
den Hof der Süßwarenfabrik
Wiedenbauer. Dort rangiert
gerade ein riesiger Sattelschlepper und fährt dann langsam rückwärts auf die Laderampe zu, wo zwei Gabelstaplerfahrer mit ihren Fahrzeugen
darauf warten, den Laderaum
mit Paletten voller verpackter
Bonbons zu füllen. Heggl parkt
außerhalb der Rangierweite
des Sattelschleppers, steigt
aus und öffnet die Hecktüren
des Bustransporters. Kein
Mensch sonst auf dem Hof –
um diese Uhrzeit läuft die Bonbonproduktion vermutlich auf
vollen Touren. Vielleicht auch
keine gute Zeit für unangemeldeten Besuch, noch dazu,
wenn er im amtlichen Auftrag
kommt?
>
Gesetzlich kontrollierte Bonbontüten
Eine Vermutung, die sich schon
einen Augenblick später als
wenig haltbar erweist: Im blü-
tenweißen Kittel verlässt Wiedenbauer-Betriebsleiter Hans
Obermüller die Bonbonfertigung, begrüßt den Eichbeamten mit einem kräftigen Händedruck und betritt mit ihm
das Lager. Selbst wenn ihm der
Besuch ungelegen käme oder
ihn wegen der nun folgenden
Kontrolle die Sorgen plagten –
anmerken lässt er sich nichts.
„Kein Grund zur Beanstandung“ heißt es dann auch
knapp zwei Stunden später, als
Stephan Heggl die „Fertigpackungskontrolle“ beendet. Diese Art der Kontrolle, die ihre
rechtlichen Grundlagen aus
dem Eichgesetz und der Fertigpackungsverordnung ableitet,
muss seit 1969 einmal im Jahr
in allen Betrieben durchgeführt werden, die ihre Erzeugnisse in Abwesenheit des Käufers abpacken und verschließen. So gehören Getränke in
Flaschen oder Kartons ebenso
zu den vom Eichamt zu prüfen-
den Fertigpackungen wie beispielsweise Zucker-, Nudel-,
Wurst-, Käse- oder Fleischpackungen, Konserven, Reinigungsmittel, Kosmetika oder
eben – Bonbons. Bei all diesen Produkten muss – auch
das ist gesetzlich geregelt –
auf der Packung die Nennfüllmenge angegeben werden:
Ob das so ist, und ob die Füllmenge auch wirklich mit den
Angaben übereinstimmt, das
prüfen dann Eichbeamte wie
Stephan Heggl in einem Verfahren, das ebensoviel Sorgfalt wie Geduld erfordert.
>
Falsche Waagen
wiegen schwer
Der erfahrene Eichbeamte,
der erst kürzlich vom mittleren in den gehobenen Dienst
aufgestiegen ist, hatte im Lager des Süßwarenherstellers
aus dem gesamten BonbonSortiment drei Stichproben
gezogen, wobei sich die Men-
dbb > fokus
Im konkreten Fall waren das
125 Einzelpackungen, die der
gelernte Elektrotechniker –
auch er jetzt mit einem weißen Kittel bekleidet – in seinem Bus aufs letzte Grammbruchteil genau auswog: Akribisch hatte Heggl Aufdruck
und Mengenangaben jeder
einzelnen Verpackung geprüft
und diese sowie jedes darin
enthaltene Bonbon gewogen
und die Werte in seinen mobilen Rechner übertragen, in
dem ein EDV-Programm die
Eingaben direkt weiter verarbeitete. Um seine hochempfindliche Kontrollwaage, die
schon auf einen Atemhauch
reagiert, vor Fehlmessungen zu
schützen, hatte er den Wagen
zuvor mit drei Stützen stabilisiert, die Bustüren geschlossen.
Dass die Stichproben keine
Beanstandungen ergaben,
überrasche ihn nicht, sagt
Stephan Heggl, nachdem er
mit Betriebsleiter Obermüller
noch kurz den Kontrollbericht
durchgesprochen hat und
jetzt wieder am Steuer sitzt,
auf der Fahrt zur nächsten
Kontrolle. „Die richtigen
Hämmer bleiben so gut wie
aus“, bekräftigt er, „dafür ist
unser staatliches Kontrollsystem zu effektiv, das die Hersteller unter anderem verpflichtet, ihre Füllmengen
selbst zu kontrollieren und
entsprechende Protokolle
führen.“
Natürlich sei es ihm auch
schon passiert, dass er auf
eine mit einer Füllmenge gekennzeichnete Verpackung
gestoßen sei, in die diese
Menge beim besten Willen
nicht reinpassen konnte.
„Doch das sind die Ausnahmen“, sagt Stephan Heggl,
dessen zweites Spezialgebiet
neben der Fertigpackungskontrolle übrigens die eben-
15
>
>
Fertigpackungskontrolle beim Süßwaren-Hersteller: Der Eichbeamte
Stephan Heggl zieht im Lager drei Stichproben aus dem Bonbon-Sortiment. Anschließend prüft er Inhalt und Verpackungsgewicht jeder einzelnen Tüte aufs letzte Gramm, um festzustellen, ob die ausgewiesenen Mengenangaben eingehalten wurden. Dank der rund 100 000
Euro teuren Mehrkopfwaage des Herstellers (im Bild unten) hat er zur
Beanstandung keinen Grund.
falls im Zuständigkeitsbereich der Eichaufsichtsbehörden liegende Prüfung von
Gasabrechnungen ist, „die
meisten Firmen investieren
von sich aus viel Geld in hochfunktionsfähige Waagen –
schon dass sie nicht versehentlich mehr als angegeben
in die Packungen hineinfüllen. Und außerdem: Wer von
uns erwischt wird, weil er die
Mengenangaben nicht korrekt einhält, der kann mit einem Bußgeld bis 10 000 Euro
bestraft werden.“
>
Geduldspiel an
der Tankstelle
Acht Kilometer Luftlinie von
Stephan Heggl entfernt, im
Örtchen Sauerlach, sind zwei
seiner Kollegen aus dem Eichamt München-Traunstein bei
einer Tankstelle an der
Hauptstraße vorgefahren. Auf
> dbb magazin | Juli/August 2008
report
ge der zu prüfenden Verpackungseinheiten nach der so
genannten Losgröße – der Anzahl der von dieser Bonbonsorte produzierten Tüten oder
Faltschachteln – richten musste.
dbb > fokus
>
report
16
Wird in diese Tüte auch die Menge Ware gepackt, für die der Verbraucher später bezahlen soll? Das schon beim Produzenten herauszufinden, ist Aufgabe der Mitarbeiter bei den Eichaufsichtsbehörden. Eichgesetz und Fertigpackungsverordnung bilden seit 1969 die rechtliche
Grundlage für die unangemeldeten Kontrollen.
ihrem Dienstplan steht die
Nacheichung der Zapfsäulen,
die laut Eichgesetz alle zwei
Jahre durchgeführt werden
muss. Um sicher zu gehen,
dass die Verbraucher auch an
dieser Tankstelle genausoviel
Benzin bekommen, wie sie
augenblicklich besonders
teuer bezahlen müssen, haben Jens Kruse, technischer
Angestellter im mittleren
Dienst und sein Helfer, der
Eichfacharbeiter Helmut
Franz, auf einem Anhänger
ihre eigenen, geeichten
Tanks mitgebracht, die sie
„Gebrauchsnormal“ nennen,
Was dann beginnt, ist wieder
ein Geduldspiel, das pro
Tankeinheit mit drei verschiedenen Treibstoffsorten
rund anderthalb Stunden in
Anspruch nimmt. Zuerst
wird die Verkleidung der
Zapfsäulen entfernt, geprüft,
ob die Haupt-, beziehungsweise Sicherungsstempel
unversehrt sind und das
Messgerät keine Manipula-
> dbb magazin | Juli/August 2008
tionsspuren aufweist. Dann
werden zur Probe zweimal 50
Liter getankt. „Wir führen pro
Treibstoffhahn in der Regel
>
zwei Volumen-Messungen
durch“, erklärt Jens Kruse,
„wobei wir die Verbrauchsanzeige jeweils beim minimalen
Durchfluss mit fünf Litern pro
Minute und beim maximalen
Durchfluss von 40 bis 47 Litern pro Minute prüfen. Dabei
darf die Abweichung des von
uns geprüften Messgeräts
zum Normal maximal 0,5 Prozent betragen, bei 50 Litern also nicht mehr als einen viertel
Liter. “ 106 Euro pro Straßenzapfsäule zahlt der Tankstellenpächter laut aktueller Gebührenordnung für die Nacheichung, An- und Abfahrt werden vom Eichamt ebenso wenig in Rechnung gestellt wie
Rüstzeiten oder die sonst allgegenwärtige Mehrwertsteuer. Und das zur Volumen-Messung gezapfte Benzin fließt
natürlich auch zurück in die
Treibstoffspeicher der Tankstelle.
Alles ist wie vorher, nachdem
Jens Kruse und Helmut Franz
Stunden später ihre Arbeit
beendet haben. Nur dass auf
dem Bauch jeder Zapfsäule
jetzt eine neue kleine Plakette
klebt, die das Emblem des
Eichamtes trägt: „Geeicht bis
2010“, steht drauf. Und diese
Frist könnte länger sein, als
die Nacheichung als hoheitliche Aufgabe im Zuständigkeitsbereich der Eichaufsichtsbehörden bleibt – und
das sehen nicht nur ausgemachte Pessimisten so.
>
Gefährdete
Nacheichung
Ronald Kraus, der Leiter des
rund 40 Beschäftige zählenden Eichamtes MünchenTraunstein, zählt sicher nicht
zu den Pessimisten: Doch die
Verlagerung eines Teil der
vormals hoheitlichen Eichaufgaben in die freie Wirtschaft, wie sie in der geplanten Neufassung des Eichgesetzes vorgesehen ist, macht
ihn wütend. Seit mehreren
Jahren verweigert ihm das
Bayerische Landesamt für
Maß und Gewicht als dienstvorgesetzte Behörde, mit
Hinweis auf die noch unabsehbare Entwicklung vor der
Präsentation der Gesetzesnovelle, den Abschluss unbe-
Alle zwei Jahre müssen die Zapfsäulen an der Tankstelle nachgeeicht werden: Bei der Kontrolle, ob angegebener Preis und getankte Treibstoffmenge übereinstimmen, füllen Jens Kruse (links) und sein Helfer Helmut Franz
in einem genau festgelegten Kontrollverfahren geduldig ihre „Gebrauchsnormal“ genannten Tanks. Das Ergebnis jeder Volumen-Messung wird genau notiert.
dbb > fokus
Manches kommt aus der Mode – auch im Eichwesen: Ronald Kraus, der Leiter des Eichamtes München-Traunstein,
zeigt einen alten Prägestempel, mit dem die heute selten
gewordenen Holzfässer nach
erfolgter Eichung gekennzeichnet werden.
fristeter Arbeitsverträge. Ein
Missstand, dem es zu schulden
ist, dass in jüngster Zeit schon
einige gute Mitarbeiter dem
Eichamt den Rücken gekehrt
haben. Dazu könnte auch der
Eichfacharbeiter Helmut Franz
bald gehören, der im Team mit
Jens Kruse geduldig die Sauerlacher Tankstelle kontrolliert
hat. Sein Vertrag ist zunächst
bis September befristet.
„Wenn es wirklich so kommen
sollte, dass die Nacheichung,
die bisher zu den klassischen
Kernaufgaben der Eichämter
gehört, in private Hände gegeben werden soll, und lediglich
die Marktüberwachung, wie
etwa die Fertigpackungskontrolle in staatlicher Hand bleiben soll, brechen für das Eichwesen, wie es sich bei uns in
Deutschland seit immerhin
100 Jahren bewährt hat, noch
>
Letzte Zuflucht
Indien
Spekulationen, welche Zukunft
die Politik dem staatlichen
Eichwesen zugedacht hat, sind
derzeit auch bei der Deutschen
Akademie für Metrologie, kurz
>
Sieht anspruchsvolle Zukunftsausgaben: Peter Salvermoser, Geschäftsführer der
Deutschen Akademie für
Metrologie (DAM).
>
Taxi-Passagier mit Prüfgerät: Während einer kurzen Testfahrt rund ums
Eichamt überprüft Johann Häberle die Arbeit des Taxameters. Auch für
die Fahrpreisanzeiger ist die jährliche Nacheichung gesetzlich vorgeschrieben.
DAM genannt, an der Tagesordnung. Die DAM – in unmittelbarer Nachbarschaft
zum Eichamt in München gelegen – ist die zentrale Ausbildungsstätte der Eichverwaltung, in der die Beschäftigten
der Eichaufsichtsbehörden aller 16 Bundesländer ihre theoretische Aus- beziehungsweise Weiterbildung absolvieren. Auch im Akademiebetrieb
macht sich die Verunsicherung der Länder, denen der
Vollzug des Eichgesetzes seit
Gründung der Bundesrepublik
Deutschland obliegt, bemerkbar.
„Auf uns kommen in den
nächsten Jahren ganz neue
und anspruchsvolle Aufgaben
zu“, prophezeit DAM-Geschäftsführer Peter Salvermoser. „Das gilt sowohl für die
Marktaufsicht nach EU-Richtlinien, wie auch für die Aufrechterhaltung der messtechnischen Kompetenz im klassischen Bereich der Eichung von
Waagen und Messgeräten.
Wenn hier wirklich Private
hineinkommen, müssen wir
die Kriterien entwickeln, wie
diese staatlich überwacht werden können. So wie wir jetzt
schon das Personal der staatlich anerkannten Prüfstellen
zertifizieren, die Eichungen in
den Bereichen Gas, Wasser und
Elektrizität durchführen dürfen.“
Dabei gebe es draußen in den
Schwellenländern zur Dritten
Welt, in Indien beispielsweise
oder den industriell langsam
aufstrebenden Staaten der
ehemaligen Sowjetunion, eine
Menge Leute, denen das staatliche deutsche Eichwesen
wegen seiner Qualität und der
Funktionstüchtigkeit so vorbildlich erscheint, dass sie zur
DAM nach München reisten,
um seine Grundregeln zu erlernen, bevor sie endgültig demontiert sind. „Ich denke, wir
machen das so,“ sagt Salvermoser zuletzt „ wir parken unser gutes deutsches Eichwesen
in Indien. Und wenn’s mit den
Privatisierungsplänen der Politik nicht klappt, dann holen
wir es uns von dort zurück.“
Text: Christine Bonath
Fotos: Jan Brenner
> dbb magazin | Juli/August 2008
17
report
>
schwerere Zeiten herein“, sagt
Ronald Kraus. Und dann hätten alle Beteiligten das Nachsehen: Die Besitzer von Messgeräten müssten mit höheren
Kosten rechnen, die durch
Hintertüren wiederum bei den
Verbrauchern landeten. Auch
die Hersteller von Messgeräten, denen die 2007 erfolgte
Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie in das deutsche Eichgesetz das Recht der
Ersteichung übertragen hatte,
seien zwischenzeitlich in der
Realität angekommen. „Gerade die Hersteller hochwertiger
Industriewaagen fürchten
Wettbewerbsverzerrungen
durch Billigkonkurrenz“, erklärt
Kraus. „Und natürlich steht zu
fürchten, dass die Unabhängigkeit bei der Nacheichung
durch Private nicht mehr gewahrt sein wird. Der Eichbeamte prüft die Funktionsfähigkeit eines Geräts – er repariert
es nicht, und er will auch kein
neues verkaufen – das sieht im
privatwirtschaftlichen Eichwesen vermutlich ganz anders
aus.“
dbb > fokus
Lebensmittelüberwachung :
Du sollst das Fett deines
Nachbarn nicht verzaubern …
… und nicht vergiften. So heißt es um 1600 v. Ch.
bereits bei den Hethitern. Diese Gebote haben
auch heute ihrem Sinn nach noch Geltung:
Sie umschreiben die beiden Säulen des Verbraucherschutzes, der heute Gesundheitsschutz und
Täuschungsschutz umfasst und in der Arbeit der
Lebensmittelkontrolle tagtäglich auf dem Prüfstand steht.
> dbb magazin | Juli/August 2008
Das mittelalterliche Lebensmittelrecht hatte den Schutz
der Bevölkerung vor Täuschung
und Gesundheitsgefährdungen jedoch lediglich als Nebenzweck im Auge. Der Schutz
wurde nicht in erster Linie gewährt, um dem Einzelnen zu
dienen, vielmehr stand jeweils
der ,,gemeine Nutzen“ im Bereich der Stadt im Vordergrund, also das Wohl der Allgemeinheit an sich und die Aufrechterhaltung der Ordnung.
tigen Befugnissen der Lebensmittelüberwachung überein.
Von wirklicher Überwachung
hingegen kann erst ab dem
Jahr 1879 gesprochen werden.
Das Nahrungsmittelgesetz
(NMG) vom 4. Mai 1879 war
das erste Gesetz, das im gesamten Deutschen Reich Geltung besaß und ausschließlich
lebensmittelrechtliche Normen enthielt. In Paragraf 1
unterwarf es den Verkehr mit
Nahrungs- und Genussmitteln
sowie mit Spielwaren, Tapeten,
Farben, Ess-, Trink- und Kochgeschirr und mit Petroleum der
Beaufsichtigung des Staates.
Paragraf 2 NMG suchte durch
Betretungs- und Probenahmerechte der Polizei eine effektive
Lebensmittelüberwachung zu
verwirklichen. Die dort eingeräumten Befugnisse stimmen
im Wesentlichen mit den heu-
Allerdings gilt inzwischen
mehr EU- statt deutsches
Recht. Die so genannte BasisVerordnung, das Grundgesetz
der Überwachung, das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch und die daraus resultierenden Hygieneverordnungen lassen grüßen. Doch in allem sind nun zwei wesentliche
Säulen zu finden, die als Paradigmenwechsel anzusehen
sind: Die Verantwortung trägt
der Unternehmer, und die ausgeübte Verantwortung wird
kontrolliert.
Foto: Britta Ibald
lebensmittelkontrolle
18
Im alten Rom kontrollierte ein
Beamter, ob die Opfertiere gesund waren, ansonsten landeten sie im Tiber. Im Mittelalter
wurden Fleisch und andere
Produkte ebenfalls, wenn auch
weniger aus religiösen denn
aus profanen Gründen einer
Beschau unterzogen. Was
nicht gut beziehungsweise verdorben war, wurde den Armen
verkauft. Doch wurde zu dieser
Zeit auch sehr häufig getäuscht und betrogen, entsprechend drakonisch waren die
Strafen. So wurde das Abschneiden von Ohren, Fingern
und Händen, lebenslängliches
Stadtverbot, Verbrennung oder
lebendig begraben angeordnet. Hersteller gesundheitsschädlicher Lebensmittel, wie
bleihaltiger Weine oder
schwerspathaltigen Brotes,
mussten ihre Erzeugnisse so
lange verzehren, bis sie selbst
daran zu Grunde gingen. Fälscher wurden in Körbe gesteckt und so lange unter Wasser getaucht, bis sie bewusstlos wurden. Bäcker wurden von
den Lebensmittelkontrolleuren
mit den Ohrläppchen an Türen
genagelt. Bekannt ist auch die
Bäckertaufe wegen zu kleinen
Brotes. Eine sehr beliebte Strafe für Lebensmittelvergehen
war der Pranger.
Gesetzlich geregelt
seit 1879
>
>
Frischfleisch wird besonders genau unter die Lupe genommen.
>
Nur sichere Lebensmittel für den Verkauf
Dabei gelten zwei Grundsätze:
Der Gesundheitsschutz und
der Schutz vor Täuschung. Der
Schutz der Gesundheit redu-
dbb > fokus
>
Finden sich solche Speisereste in einer Restaurantküche, wird der
Betrieb sofort vorübergehend geschlossen.
ziert sich auf den Kernsatz: Es
dürfen nur sichere Lebensmittel verkauft werden. Der
Schutz vor Täuschung soll den
Verbraucher vor der Vorspiegelung falscher oder irreführender Tatsachen oder dem Verschweigen von Tatsachen
schützen. Dies gilt unabhängig
davon, ob ein gesundheitlicher
Schaden entstehen kann oder
nicht: Auch vor wirtschaftlichem Schaden sollen Verbraucher geschützt werden. Es wird
die Kennzeichnung und die Zusammensetzung von Lebensmitteln überprüft.
Diese Überwachung wird von
nur circa 2 500 Lebensmittelkontrolleurinnen- und Kontrolleuren in den einzelnen
Bundesländern durchgeführt.
Daneben sind noch Tierärzte
und Lebensmittelchemiker an
der Überwachung beteiligt.
Überwacht werden alle Unternehmen, die in irgendeiner Art
und Weise Lebensmittel behandeln. Dazu gehören auch
das Lagern und der Transport
von Lebensmitteln. Kontrolliert
werden darüber hinaus auch
die so genannten Bedarfsgegenstände, Geräte, die mit
Lebensmitten in Berührung
kommen, wie zum Beispiel
Messer und Gabeln oder der
Fleischwolf. Kosmetische
Mittel werden ebenso kontrolliert.
Die Kontrollen setzen sich aus
der visuellen Kontrolle und der
Probenahme zusammen. Diese
beiden Teile sind untrennbar
miteinander verbunden. Aus
der Kontrolle heraus ergibt sich
häufig die Probenahme. Durch
den neuen Ansatz der Überwachung spricht man heute von
der risikoorientierten Kontrolle
und Probenahme. Je größer
das Verderbnisrisiko eines Lebensmittels ist, umso häufiger
werden Kontrollen durchgeführt und Proben genommen.
Um dem Ganzen mehr Nachdruck zu verleihen, sind Strafund Bußgeldvorschriften erlassen worden, die von der Geldstrafe bis zu drei Jahren Haft
reichen. Bußgeld kann bis zu
50 000 Euro erhoben werden.
Das hält allerdings – ebenso
wenig wie im Mittelalter die
Leibesstrafen – wenig davon
ab, kriminelle Energien zu entwickeln, um Verbraucher zu
schädigen und zu täuschen.
>
In der modernen Form gibt es
Lebensmittelkontrolleure seit
1976; seitdem gilt die Lebensmittelkontrolleurverordnung.
Sie bestimmt nicht nur den
Überwachungsalltag, sie sollte
auch ursprünglich dafür sorgen,
dass die Lebensmittelkontrolleure angemessen entlohnt
werden. Diese Entlohnung wurde aber von den Kommunen
nicht freiwillig gezahlt. Sie
musste vor dem Bundesarbeitsgericht 1985 (!) erstritten werden.
Seit Oktober 2005 sind die Arbeitgeber wieder einen Schritt
zurückgegangen: Die neue Entgeltordnung bewirkt, dass die
seitdem eingestellten Kolleginnen und Kollegen fast 500 Euro
im Monat weniger verdienen.
Darum fordert der Verband der
Lebensmittelkontrolleure die
Eingruppierung in die Entgeltgruppen 9 und 10. Wachsende
Probleme bereiten auch die Reisekosten: 2001 wurde die Reisekostenentschädigung letztmalig
angepasst. Damals kostete der
Liter Kraftstoff 1,20 DM, heute
sind es 1,60 Euro. Auch hier
muss nachgebessert werden. –
Aus guten Gründen: Die Lebensmittelkontrolleure dürfen am
Schluss nicht draufzahlen – die
Verbraucher erst recht nicht.
Wie schrieb Sebastian Brant
1494 bereits im „Narrenschiff“?
„Den Daumen wiegt man mit
dem Fleische. Man richtet Kupfer zu statt Gold. Mausdreck
man unter den Pfeffer rollt, die
faulen Heringe man mischt, und
sie als frische dann auftischt.
Gibt weißen Hundedreck hin für
Zucker, kein Schwein möchte
das wohl fressen, das müssen
dann die Leute essen.“
19
lebensmittelkontrolle
ne deutliche Aufstockung bei
den Lebensmittelkontrolleuren.
Nur noch Schadensbegrenzung möglich
Die Überwachung selbst wird
von den Ländern an die Kommunen weitergegeben. Daher
sind alle Lebensmittelkontrolleurinnen und Lebensmittelkontrolleure bei den Kreisen
und kreisfreien Städten angesiedelt. Hier ist die Überwachung in Bezirke aufgeteilt. Im
Normalfall sollte ein Bezirk
nicht mehr als 300 Kontrollbetriebe umfassen. Leider ist es
aber so, dass bis zu 800 Betriebe keine Seltenheit sind, und in
vielen Bereichen bis zu 1 200
Betriebe „betreut“ werden
müssen. Die Lebensmittelkontrolleure betreiben längst nur
noch Schadensbegrenzung. So
fordern der Bundesverband der
Lebensmittelkontrolleure und
die komba gewerkschaft zum
Schutz der Verbraucher nicht
erst seit dem Fleischskandal ei-
> dbb magazin | Juli/August 2008
dbb > fokus
Ernst Hinsken, Tourismus-Beauftragter der Bundesregierung:
Ferien auf Wiedervorlage
Wirtschaft, stützt den Mittelstand und
schafft Arbeitsplätze. Das wissen alle. Trotzdem ist der Weg des Tourismus-Entwicklers
im eigenen Land nicht frei von Hindernissen:
den Vorschlag etwa, das Zeitfenster für die
großen Ferien zum Vorteil aller Beteiligten
von 82 auf 90 Tage zu erweitern, hat Hinsken
seit Jahren auf Wiedervorlage.
„Was für ein Auftrag!“, mag
schon so mancher gedacht haben, der in seiner Morgenzeitung auf die Notiz gestoßen
ist, dass ein Bundespolitiker,
dessen Position in wuchtigem
Amtsdeutsch mit „Der Beauftragten der Bundesregierung
für Tourismus“ wiedergegeben
ist, eine weitere touristische
Route feierlich eingeweiht
oder die schönsten Ferienbauerhöfe mit einer Auszeichnung
bedacht hat: „Echt stressig,
ständig zu den schönsten Orten der Republik zu reisen und
deren Erholungsfaktor, vielleicht noch im Selbstversuch,
zu testen ...“
Sprachwürzung fort, dass urlaubsreife Großstädter unwillkürlich an den weißblauen
Himmel, die schneegekrönten
Berge, blauen Seen, und grünen Wiesen seiner Heimat
denken müssen, „der Tourismus ist eine der Leitökonomien des 21. Jahrhunderts. In
diesem Dienstleistungsbereich
werden die Arbeitsplätze der
Zukunft entstehen. Schon jetzt
arbeiten in Deutschland mehr
als 2,8 Millionen Menschen im
Tourismus, 117 000 Ausbildungsplätze stehen zur Verfügung, und die Tendenz weist
weiter nach oben“, referiert
Hinsken aus dem Kopf. „2007
wurden im deutschen Touris-
Nette Idee dieses Zeitungslesers, nur hat sie mit dem Auftrag, den die Mitglieder des
Bundeskabinetts im Dezember
2005 dem oder der ersten Tourismusbeauftragten in der Geschichte der Bundesrepublik
ins Stammbuch schrieben,
sehr wenig zu tun: Sie suchten
für dieses Amt, das im Ressort
des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Technologie
angesiedelt wurde, eine Person, die im Tourismus weniger
„Urlaub“ als vielmehr „Umsatzpotenzial“ zu sehen vermochte. Sie fanden den CSUBundestagsabgeordneten
Ernst Hinsken, der zum Zeitpunkt seiner Ernennung bereits sieben Jahre Vorsitzender
des Tourismusausschusses des
Deutschen Bundestages war,
und sich heute noch darüber
amüsieren kann, wie falsch
sein Auftrag mitunter gedeutet wird.
>
„Ich fühle mich nicht als Reiseonkel der Bundesregierung“,
sagt Ernst Hinsken morgens
um acht beim Frühstück in einem von vielen Vertretern des
politischen Berlin sehr geschätzten Café-Restaurant in
Mitte, „ich bin dafür da, das
,Incoming‘ zu stärken. Schau’n
Sie,“ fährt der gebürtige
Niederbayer mit genau der
richtigen Menge bayerischer
>
> dbb magazin | Juli/August 2008
Größeres Stück vom
Tourismus-Kuchen
musgeschäft 157 Milliarden
Euro Wertschöpfung erzielt, im
Kernbereich des Tourismus
stieg die Zahl der versicherungspflichtig Beschäftigten
im gleichen Zeitraum im Vergleich zum Vorjahr um 3,5 Prozent. Und das ist noch nicht
das Ende der Fahnenstange“,
sagt er und beißt herzhaft in
sein Croissant, als wollte er
körpersprachlich ausdrücken,
was er sich für den Tourismus
in Deutschland wünscht: ein
größeres Stück vom Kuchen.
Wenn es nicht gelingt,
Deutschland als Reiseziel stärker in den Blickpunkt potenzieller Touristen zu rücken,
wird es den Anschluss an die
Fotos: Jan Brenner
mittagsgespräch
20
Er ist der einzige Bundespolitiker, der von sich
sagen kann, dass er jeden Tag mit Urlaub zu
tun hat, den „Reiseonkel“ der Nation gibt
Ernst Hinsken aber keineswegs. Als Tourismusbeauftragter der Bundesregierung hat er
die Aufgabe, Deutschlands Anteile am boomenden Urlaubsgeschäft zu vergrößern.
Denn mehr Tourismus nützt der heimischen
Ein „Mittagsgespräch“, das wegen des prallen Terminkalenders des Tourismusbeauftragten morgens um acht
stattfand: Ernst Hinsken (rechts) und die dbb magazin-Redakteure Christine Bonath und Dr. Walter Schmitz am
Frühstückstisch.
dbb > fokus
„Da ist Musik drin!“ Tourismusentwickler Ernst Hinsken sieht für
Deutschland als Urlaubsland gute Wachstumschancen.
Zukunft verpassen. Das ist, salopp gesagt, die Grundannahme, die das Handeln des Tourismusbeauftragten bestimmt.
„Reisen ist absolut in, und das
nicht nur bei den Deutschen.
Weltweit wurden im vergangenen Jahr 898 Millionen Urlaubsreisen unternommen, die
Zahl der Fluggäste belief sich
2007 auf knapp zwei Milliarden“, rechnet Hinsken, der
auch diese Zahlen auswendig
kennt.
„Auch hier ist die Tendenz steigend“, fügt er hinzu: „Bis 2020
sagen die Prognosen einen Anstieg der Urlaubsreisen auf 1,6
bis 1,7 Milliarden voraus, die
Zahl der Fluggäste wird sich
auf vier Milliarden verdoppeln.
Da ist Musik drin!“, fasst der
Tourismusbeauftragte das Gesagte zusammen und die Entschlossenheit des Kaufmanns,
der sich soviel potenzielle
Kundschaft für das Produkt
Deutschland keinesfalls entgehen lassen möchte, ist ihm
deutlich anzumerken.
>
Die Lust auf
Deutschland wecken
Hinsken verschweigt aber
nicht, dass es noch einige Hindernisse aus dem Weg zu räumen gilt, bis Deutschland als
touristisches Ziel optimal vermarktet werden kann. Ein Hindernis sind die Deutschen selber, die dem Reiz der Fremde
weit mehr zugetan sind, als
den Schönheiten der Heimat.
„Von den 62,9 Millionen Urlaubsreisen, die meine Landsleute 2007 unternommen haben, entfielen nur 32 Prozent
auf Deutschland, was uns ein
Devisenbilanzdefizit von minus 34,2 Milliarden Euro beschert hat“, zeigt Zahlenkenner
Hinsken auf.
Auch das Klima unseres Landes
erweise sich als etwas hinderlich „Wir haben ja nicht Sonne
am laufenden Band in
Deutschland und schöne Natur
haben andere Länder auch.
Deshalb müssen wir Ideen entwickeln, wie wir unsere Besonderheiten herausstellen
können: unsere hervorragende
Küche zum Beispiel oder unsere Kultur“, erklärt Hinsken und
erzählt dann ganz nebenbei,
dass es ihm erst vor wenigen
Wochen mit der Eröffnung der
„Straße der historischen Theater“ gelungen sei, eine weitere
Reiseroute für Touristen ins
Rennen zu schicken: Das Ziel
solcher Aktionen ist immer
gleich: „Lust auf Deutschland
wecken – bei den Inländern
wie bei den Ausländern.“
>
Vision von 400 Millionen Übernachtungen
So einheitlich das gesteckte
Ziel, so unterschiedlich sind die
Wege, die der Vollblutpolitiker,
der bei der letzten Bundestags-
Trotz dieser Startschwierigkeiten im Wettbewerb um mehr
ausländische Besucher, ist der
Tourismusbeauftragte überzeugt, dass der Tourismus für
den Standort Deutschland bereits in wenigen Jahren noch
mehr Bedeutung haben wird:
„Meine Vision ist, dass wir bis
zum Jahr 2015 die Anzahl der
Übernachtungen von jetzt
362 Millionen auf 400 Millionen im Jahr steigern können.
Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, könnten im
Tourismusbereich 250 000 bis
300 000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, ein Plus,
das vor allem dem Mittelstand zugute kommen wird“,
sagt Hinsken, der in der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion 1. stellvertretender Vorsitzender der Mittelstandsabgeordneten ist.
>
Klein-klein bei den
großen Ferien
Keine Visionen mehr hat
Hinsken hingegen beim Thema Sommerferien, das er
schon lange auf Wiedervorlage hat: Seit Jahren fordert der
Tourismusbeauftragte der
Bundesregierung die für die
Ferienplanung zuständigen
Länder schon auf, das Zeitfenster zum Vorteil sowohl der
Urlauber wie auch der Tourismusbetriebe von 82 auf 90
Tage zu vergrößern. Ohne Reaktion. Noch in diesem Jahr
müssen die Ferientermine ab
2010 festlegt werden. Mit
welchem Ergebnis? „Ich glaube, dass letztendlich die Vernunft siegt, auch wenn die
großen Ferien wohl nicht
ganz auf 90 Tage, von Mitte
Juni bis Mitte September, gestreckt werden“, vermutet
Hinsken und schaut auf seine
Armbanduhr – der nächste
Termin drängt.
Bleibt abschließend die Frage,
wohin denn der Entwicklungshelfer für den Tourismus
in Deutschland bevorzugt
verreist. „Schau’n Sie, ich bin
ja dienstlich sehr viel unterwegs“, sagt Ernst Hinsken
leicht reserviert, als sei ihm
die Frage zu privat. „Wenn ich
mal frei habe, fahre ich am
liebsten zum Wandern in die
Alpen.“ Dieser Satz klingt
jetzt wieder so wunderbar
bayerisch, dass urlaubsreife
Großstädter unwillkürlich an
den weißblauen Himmel,
die schneegekrönten Berge,
blauen Seen, und grünen
Wiesen seiner Heimat denken müssen …
cri
> dbb magazin | Juli/August 2008
21
mittagsgespräch
>
wahl in seinem Wahlkreis 68
Prozent und 2002 fast 75 Prozent der Wählerstimmen auf
sich vereinigen konnte, einschlägt. In seinem Selbstverständnis als Lobbyist für Tourismus und Mitgestalter tragfähiger Konzepte und Ideen
nutzt er seine Position, um
zwischen der Regierung, seiner Auftraggeberin, und der
Tourismuswirtschaft zu vermitteln. „Ich kommuniziere,
wenn Sie so wollen, was die
Regierung sagt und will und
umgekehrt. Dazu ist es nötig,
zu allen Beteiligten gute Kontakte zu pflegen.“ Herauskommen soll dabei „eine Politik
aus einem Guss“, deren Gelingen doch immer wieder aufgehalten wird durch „nicht
ganz wünschenswerte Strukturen“ – hier formuliert Hinsken ungewohnt vage.
„Schau’n Sie“, sagt er dann
wieder freundlicher und aktiviert erneut sein fulminantes
Zahlengedächtnis, „wir haben
in Deutschland 190 verschiedene Ferienregionen, darin liegen 4 000 Kommunen und
431 kreisfreie Städte und
Landkreise: wenn da, wie es
im Augenblick der Fall ist, jeder für sich um Touristen
wirbt, kommt erfahrungsgemäß weniger dabei heraus, als
wenn Regionen gemeinsam
werben. Die Amerikaner zum
Beispiel, die wissen zu 70 Prozent bis heute nicht einmal,
wo genau Deutschland ist.“
dbb > fokus
Alumni 2008
Treffen der Absolventen des Zertifikatskurs „Gewerkschaftsmanagement“
im dbb forum siebengebirge
Es war wieder einmal soweit:
Vom 21. bis 22. Juni trafen sich
die „Ehemaligen“ zur nunmehr
4. Alumni-Veranstaltung. Bereits 2005 haben dbb akademie
und dbb beamtenbund und tarifunion die Gründung einer
Alumni-Vereinigung angeregt,
um damit den Aufbau eines
wichtigen Netzwerkes zu unterstützen. Voraussetzung für die
Mitgliedschaft ist der erfolgreich absolvierte Zertifikatskurs
„Gewerkschaftsmanagement –
Führen in einer modernen Gewerkschaft“.
Netzwerkarbeit, Erfahrungsaustausch und neues Wissen ge-
In diesem Jahr standen Öffentlichkeitsarbeit, der Umgang mit
Medien und Netzwerkarbeit
thematisch im Mittelpunkt.
Wie stelle ich Kontakte zu Journalisten her? Wie pflege ich diese Kontakte? Was muss ich tun,
damit die Position meiner Gewerkschaft in den Medien Gehör findet? Sandra Liebich, Product Manager für den Originaltextservice (ots) bei der dpaTochter news aktuell in Hamburg, gab wertvolle Einsichten
akademie
22
halten sind selbstverständlicher
Bestandteil eines jeden Treffens.
>
Bernd Niesen, Dorothea Marx, und Norbert Quitter (von links) verleihen als Sprecher der Alumni Manfred Schell die Ehrenmitgliedschaft.
ben der jährlichen Veranstaltung ihren Reiz. Jedes Jahr kommen neue Absolventen dazu
und bereichern den Kreis mit
ihren Ideen. Eine runde Sache –
die Alumni-Idee trägt sich
selbst.
>
Austausch und
Fortbildung
Alle, die hier zusammenkommen, haben eine anspruchsvolle Fortbildung abgeschlossen.
Interessante Vorträge und Arbeitsgruppen mit neuen Lernin-
> dbb magazin | Juli/August 2008
in den Redakteursalltag. Redakteure haben nie Zeit, werden
mit Informationen überschüttet und müssen diese schnellstens und möglichst sorgfältig
recherchiert verarbeiten.
Wer hier Beachtung finden
möchte, braucht die gute Nachricht verpackt in einer griffigen
Schlagzeile, klare Angaben zu
dem, was, wann und wo passiert ist und das Ganze in digitaler Form. „Copy and paste“ –
davon profitieren beide Seiten.
>
Ehemalige Absolventen trafen sich in Königswinter-Thomasberg.
„Radio – das unterschätzte Medium“ – so lautete der Titel des
zweiten Vortrags, mit dem Jochen Zierhut, Redakteur von
WDR Köln, einen anderen Teil
der Medienwelt präsentierte.
Auch hier gab es wertvolle
Tipps für den Umgang mit Medien. Wer Kriterien kennt, die
einen Nachrichtenwert ausmachen (Aktualität, Nutzen, geografische Nähe, Betroffenheit,
Folgenschwere, Dramatik, Überraschung, Konflikt, Kuriosität,
Gefühl, Fortschritt), kann die
Öffentlichkeitswirkung seiner
Arbeit besser einschätzen.
dbb intern ging es im folgenden
Teil der Veranstaltung weiter.
Mit Willi Russ als Vorsitzendem
der dbb akademie und dem
stellv. Vorsitzenden Manfred
Schell diskutierten die Anwesenden über aktuelle gewerkschaftspolitische Themen und
Fragestellungen. Manfred
Schell wurde in diesem Rahmen
besonders ausgezeichnet: Die
Alumni-Vereinigung verlieh
ihm die Ehrenmitgliedschaft. Er
hat sich in den Vorjahren immer tatkräftig für den Kurs „Gewerkschaftsmanagement“ eingesetzt und unterstützt ebenso
mit großem Engagement die
Alumni-Vereinigung.
>
Workshops
Nachdem am Abend die persönlichen Netzwerke gepflegt
wurden und die zukünftigen
Alumni des laufenden Kurses
mit ihren „Mentoren“ Kontakt
aufnehmen konnten, gab es im
Workshop am Folgetag die
Möglichkeit, sich unter der Leitung von Kommunikationstrainer Andreas Winheller mit der
Diagnose und Pflege von Netzwerken zu beschäftigen.
Alternativ dazu stand „Die
Marke ICH“ auf dem Programm. Personal und Organisationsentwicklerin Caroline
Krüger zeigte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vielfältige Wege auf, die Regeln
des klassischen Marketings auf
die eigene Person zu beziehen.
Erstaunt nahmen alle zur
Kenntnis, dass eine Gesprächssituation zu 80 Prozent von
nonverbalen Eindrücken bestimmt wird. Entsprechend
wurde an der „Marke ICH“ an
diesem Tag gearbeitet.
>
Ausblick
Die Anforderungen an die
Funktionsträger in Gewerkschaften werden auch in den
nächsten Jahren steigen. Der
Zertifikatskurs Gewerkschaftsmanagement, den die dbb
akademie für diese Zielgruppe
anbietet, hilft diese zu bewältigen. Die Alumni-Vereinigung
wird auch zukünftig allen Absolventen ein Netzwerk zum
Erfahrungs- und Meinungsaustausch bieten.
Für alle, die Interesse am Fortbildungsangebot „Gewerkschaftsmanagement“ haben:
Der nächste Kurs beginnt am
3. Dezember 2008 im dbb
forum siebengebirge mit seinem ersten Modul „Gewerkschaftliche Rahmenbedingungen – Anforderungen an die
Gewerkschaftsarbeit der Zukunft“.
Ihre Ansprechpartnerin für diesen Kurs in der dbb akademie:
Anke Weigend,
Tel.: (02 28) 8 19 31 20,
E-Mail:
[email protected]
dbb > fokus
> Seminare
Grundlagen und rechtliche Einzelthemen des Personalvertretungsrechts NRW
In einer modernen Verwaltung sind die personalvertretungsrechtlichen Partner als Akteure Teil einer gemeinsamen Managementaufgabe. Zur möglichst optimalen Aufgabenerfüllung unter Berücksichtigung aller Aspekte der Beschäftigten muss die
Dienststelle ein Interesse an einem kompetenten Personalrat haben.
Veranstaltungen ohne Übernachtung
Mit ihrem Schulungsangebot möchte die dbb akademie die gewählten Mitglieder der Personalvertretung unterstützen, ihre
vielschichtigen Aufgaben zielgerichtet und kompetent wahrzunehmen.
> Die Geschäftsführung des Personalrats nach dem LPVG NW
P 085 eb/2008 vom 26. 8. bis 27. 8. 2008
im Courtyard Düsseldorf Seestern, Beitrag 200 Euro
> Grundschulungen zum Personalvertretungsgesetz NRW
P 014 eb/2008 vom 1. 9. bis 5. 9. 2008
P 021 eb/2008 vom 13. 10. bis 17. 10. 2008
P 027 eb/2008 vom 3. 11. bis 7. 11. 2008
Alle Seminare finden im dbb forum siebengebirge Königswinter
statt. Der Teilnehmerbeitrag beträgt 630 Euro (inkl. Organisationskosten, umfangreiche Seminarmaterialien, Übernachtungen und Vollverpflegung).
Seminarbeginn: 14.00 Uhr am 1. Tag
Seminarende: 12.15 Uhr des letzten Tages
> Die Beteiligungsrechte nach dem LPVG NW –
Rechtssichere Anwendung und Durchführung
P 087 eb/2008 vom 12. 11. bis 13. 11. 2008
im Courtyard Düsseldorf Seestern, Beitrag 200 Euro
Im Teilnehmerbeitrag sind Organisationskosten, umfangreiche
Seminarmaterialien, Mittagessen sowie Tagungsgetränke und
Pausenverpflegung enthalten.
Nähere Informationen erteilen:
Helmuth Wolf, Telefon (0 30) 40 81 65 30
E-Mail: [email protected]
Elke Bamberg, Telefon (0 22 44) 88 22 01
E-Mail: [email protected]
23
akademie
Veranstaltungen mit Übernachtung
> Grundschulungen zum Personalvertretungsgesetz NRW
P 084 eb/2008 vom 18. 8. bis 20. 8. 2008
im Köln Marriott Hotel, Beitrag 280 Euro
P 086 eb/2008 vom 8. 9. bis 10. 9. 2008
im Courtyard Düsseldorf Seestern, Beitrag 280 Euro
> dbb magazin | Juli/August 2008
dbb > fokus
Ausbildung bei der Bundesbank und in der Münze Berlin:
Geld: Jeder will es, jeder braucht es, aber wer
macht es eigentlich, das Geld? Ganz klar, Geld
machen die großen Geschäftsmänner und Wirtschaftsbosse – zumindest nach landläufiger
Meinung. In Wirklichkeit schöpfen jedoch die
Kreditinstitute das Geld. Damit das mit rechten
Dingen zugeht, werden die Banken dabei von
der Deutschen Bundesbank überwacht. Darüber
hinaus sorgt sie dafür, dass immer genügend
Bares im Umlauf ist – mit Beschäftigten, die sie
selbst ausgebildet hat.
??????????????
brennpunkt
24
Berlin-Reinickendorf, Staatliche Münze Berlin: Im Prägeraum wummern die Maschinen, konstant im Rhythmus.
Die Geräuschkulisse ist gerade
so laut, dass Michael Raising
noch ohne Ohrschutz arbeiten
kann. Er überwacht den Prägevorgang an einer der rumpelnden Maschinen, einem wahren
Kraftprotz: Mit der Wucht von
40 Tonnen, dem Gewicht von
30 Pkw, hämmert der in einem
Metallgehäuse versteckte
Stempel das Relief auf die
Münzrohlinge. Ein Fließband
spuckt dann die fertigen ZweiCent-Stücke in einen Container
– 750 Geldstücke pro Minute.
„Die Drehzahl muss genau
stimmen“, erzählt Raising. Nur
dann können aus den Metallplättchen, den Rotunden,
brauchbare Zwei- Cent-Münzen werden. Ein kleiner Monitor und viele Hebel und Knöpfe
helfen ihm, die Arbeit der Prägeautomaten zu regulieren.
Michael Raising ist einer von
insgesamt sechs Auszubildenden in der Staatlichen Münzmanufaktur in Berlin. Neben
zwei Graveuren werden hier in
Zusammenarbeit mit dem
Unternehmen ABB vor allem
Industriemechaniker ausgebildet. Mehrere Praktika hat Raising durchlaufen, bevor er in
der Staatlichen Münze Berlin
landete. Hier hat es ihm auf
Anhieb gefallen, die Atmosphäre sei gut und der Arbeitsplatz sicher. Außerdem findet
der angehende Industriemechaniker es „ziemlich cool“,
Geld zu machen.
>
Hürdenläufe
Frankfurt, Zentrale der Deutschen Bundesbank: Noch nicht
einmal zwei Monate ist es her,
dass Katja Seiler ihre neue Stelle im Zentralbereich Controlling in der Frankfurter Zentrale
der Deutschen Bundesbank
angetreten hat. Ein harter Weg
war es, den die 24-Jährige bis
hierhin zurücklegen musste.
Eine Ausbildung zur Bankkauffrau in Chemnitz, ein Jahr Berufspraxis als Kundenberaterin
und in der Rechtsabteilung der
Sparkasse und weitere
zweieinhalb Jahre an der Fachhochschule der Deutschen
Bundesbank, der Kaderschmiede für zukünftige Notenbanker, liegen hinter ihr.
Fotos: Birgit Ulrich
Geld allein macht nicht glücklich
>
keinen besseren Einstieg ins
Studium vorstellen können.
„Man startet mit einem Blick
hinter die Kulissen des baren
und unbaren Zahlungsverkehrs – und der Geldbearbeitung“, erzählt sie. Zum besseren Verständnis der später folgenden, eher trockenen Theorie sei dieser erste Einblick in
das Geldgeschäft unersetzlich. Schließlich sind die Filialen dafür zuständig, dass das
Geld faktisch immer im Fluss
bleibt. Die Scheine und Münzen, die vor allem die Banken
einnehmen – zum Beispiel
über Bareinzahlungen auf Girokonten – gelangen per Geldtransportunternehmen in die
Filialen. Dort werden sie gezählt, registriert und fehlerhafte Scheine und Münzen
aussortiert. Der Schwund wird
ermittelt und die fehlenden
Banknoten und Münzen dem
Zahlungsverkehr wieder zugeführt.
Nach dem Praktikum lernte
Katja Seiler, den harten Studienalltag in der Fachhochschule der Bundesbank kennen. In zweieinhalb bis drei
Jahren müssen die Absolventen all das schaffen, wofür
BWL-Studenten der Uni vier
Jahre Zeit haben. Zwischendurch jedoch dürfen die
Bundesbankzöglinge immer
wieder in die Praxis hineinschnuppern. Stufenweise nähern sie sich dabei den Kernaufgabenbereichen der
Bundesbank in der Zentrale in
Frankfurt und damit auch der
Geldpolitik. Doch zunächst
ging es für Katja Seiler für einige Monate in eine der neun
Hauptverwaltungen.
Eine der wichtigen Aufgaben
im Tagesgeschäft dort ist die
Bankenaufsicht, die Klärung
der Frage, inwiefern eine Bank
überhaupt funktionstüchtig
ist. Sprich, ob das jeweilige
Kreditinstitut etwa genügend
Nach Bewerbung, Auswahlverfahren, Tests und ausführlichem Einstellungsgespräch
ging es los mit einem Praktikum in Hamburg, in einer der
47 Bundesbankfilialen. Auf
dem Programm standen Geldbearbeitung und Zahlungsverkehr. Katja Seiler hätte sich
>
> dbb magazin | Juli/August 2008
Rohes Geld: „Pillen“ nennt der Münzhersteller die unbehandelten
Metallplättchen, die künftigen Herzstücke der Euro-Münzen.
Azubi Christian Woletz an einer Drehmaschine in der Staatlichen Münze Berlin: Er bringt die Prägestempel auf den richtigen Durchmesser.
dbb > fokus
Insgesamt hat Katja Seiler fünf
Stationen in verschiedenen
Abteilungen der Bundesbank
hinter sich gebracht, in 18 Monaten Theoriestoff im Umfang
von 17 Aktenordnern gepaukt
und zwischendurch noch eben
eine Diplomarbeit zu Papier
gebracht. Sie ist froh, dass die
harte Zeit des Studiums vorüber ist. Endlich darf sie ihr Wissen anwenden. Als Mitarbeiterin im Bereich Controlling in
der Frankfurter Zentrale kümmert sie sich projektgebunden
in enger Teamarbeit mit den
Kollegen um die Verbesserung
der internen Abläufe. Ein Bereich, in dem es wenig Routine
gibt und in dem man immer
neue Herausforderungen erlebt. Sie könne sich vorstellen,
im Bereich der Technischen
Zentralbank-Kooperation (TZK)
zu arbeiten. Dort hat sie während der Ausbildung bereits
mit angepackt: „Die Kollegen
sind in der ganzen Welt unterwegs.“ Fachseminare zum
Thema Geldpolitik und dem
deutschen Finanzwesen für
ausländische Gäste organisieren oder gar Projektarbeit in
einem anderen Land, zum Beispiel eine Infrastruktur für den
unbaren Zahlungsverkehr in
einem Entwicklungsland zu
schaffen, sei wirklich spannend.
>
Materialqualität
Ob Geld tauglich ist für den
Zahlungsverkehr, hängt ganz
von seiner Qualität ab. Bei
Münzen entscheidet Durch-
messer, Leitfähigkeit des Materials sowie das Gewicht darüber, ob ein Metallplättchen
Geld oder eben nur ein Metallplättchen ist. Olaf Wischer arbeitet im Qualitätslabor der
Staatlichen Münze Berlin. Er
testet Stichproben der fertigen
Euro- und Cent-Stücke auf deren Umlauftauglichkeit. „Der
Durchmesser einer Münze darf
nach der Prägung nur plus/minus fünf Tausendstel vom festgelegten Durchmesser abweichen“, sagt Wischer. Zwischen
Daumen und Zeigefinger hält
er eine gerade vermessene
Zwei-Cent-Münze. „Mit einem
Durchmesser von 18,75 Milli-
>
hat sich angekündigt und will
die Produktion sogar filmen.
Wenn nicht gerade ein Großauftrag wie dieser ansteht,
gibt es in der Medaillenproduktion immer etwas zu tun.
Etwa eineinhalb Millionen
Schmuck- und Sondermünzen
produzieren die Berliner Geldmacher jährlich. Eigentlich ein
Kunsthandwerk, wenn man
bedenkt, dass jeder individuellen Plakettenserie stets die Fertigung neuer Prägestempel
vorausgeht. Künstlerische Ambitionen und vor allem eine ruhige Hand sind gefragt, wenn
es darum geht, die Motiventwürfe der Kunden von Papier
Medaillenproduktion: Petra Schröder legt letzte Hand an: Mit Glasund Sandstrahler erhalten die Prägestempel den letzten Schliff.
metern ist sie voll umlauftauglich.“ Doch erst wenn sie auch
die Leitfähigkeitsmessung und
die Gewichtskontrolle überstanden hat, wird das Geldstück verpackt und auf die Reise geschickt in eines der Distributionszentren der Deutschen
Bundesbank.
Aber es geht auch international zu in der Münzfabrik in Reinickendorf, wenn auch eher
währungstechnisch. Gerade
hat die Fertigungsstätte einen
Auftrag für Estnische 1-KroonMünzen gewonnen: 20 Millionen Stück müssen bis September 2008 versandfertig sein.
Ein estnisches Fernsehteam
auf Metall zu übertragen. Ein
Computerprogramm hilft dabei, die Skizze in ein dreidimensionales Negativbild zu
übersetzen. Anschließend können die Ritztiefen berechnet
und das Motiv in den Metallzylinder graviert werden. Knapp
eineinhalb Tage lang trägt ein
Gravierautomat Schicht für
Schicht vom Stempelkolben ab
bis zum fertigen Relief. Spannende Effekte, die Schmuckmünzen später so einzigartig
machen, müssen mit Sandund Glasstrahler eingearbeitet
werden, mühevoll in akribischer Handarbeit. Damit sich
der Stempel später beim Prä-
gevorgang nicht verformt, wird
er noch gehärtet.
Doch zunächst einmal braucht
er den passenden Durchmesser, eine Aufgabe für Industriemechaniker-Azubi Christian
Woletz: Stempel einspannen in
die Drehmaschine, den Computer programmieren, Drehzahl einstellen, Meißel wählen,
los geht‘s: Metalllocken fliegen, nach wenigen Sekunden
ist alles fertig. Christian hält
den perfekt gefrästen Stempelzylinder in Händen. Sein
Chef Jürgen Stolz ist sehr zufrieden mit Christians Arbeit,
für den es nach der Ausbildung
in der Staatlichen Münze an
einem sicheren Arbeitsplatz
mit Entwicklungschancen und
dem Privileg, jeden Tag sehr
viel Geld in die Hand nehmen
zu können, weitergehen
könnte.
Katja Seiler hat es bereits geschafft und eine interessante
Stelle bei der Bundesbank bekommen, ideal, wie sie findet.
Doch einige ihrer Mitabsolventen sehen das anders: Zwar sei
die Bundesbank ein zuverlässiger und sozial engagierter Arbeitgeber, aus finanzieller
Sicht biete sie jungen ambitionierten Mitarbeitern jedoch
weniger Entwicklungschancen
als andere Arbeitgeber. Der
VdB sieht hier ein essenzielles
Nachwuchsproblem. Die
Bundesbankgewerkschaft befürchtet, dass immer mehr Anwärter nach der Ausbildung in
die freie Wirtschaft wechseln
könnten. Dort sind die gut ausgebildeten Bundesbankzöglinge sehr begehrt und werden
besser bezahlt. Eine Rechnung,
die zu Gunsten der freien Wirtschaft aufgehen wird: Private
Arbeitgeber werben gute Fachkräfte ab und sparen Milliarden an Ausbildungskosten.
Katja Seiler hat sich dennoch
für eine Karriere im öffentlichen Dienst entschieden. Der
Gedanke, aktiv Geldpolitik zu
machen, gefällt ihr einfach
besser.
bau
> dbb magazin | Juli/August 2008
25
brennpunkt
Rücklagen für Kreditauszahlungen hat, oder etwa ob es
seinen Kunden die versprochene Anlagesicherheit gewähren
kann. Darüber hinaus hat Katja Seiler erste Erfahrungen mit
Geldpolitik gemacht. In der
Hauptverwaltung werden
nämlich die Sicherheiten überprüft, die Banken angeben,
wenn sie sich zur Refinanzierung an die Bundesbank wenden, also dort Geld leihen wollen.
dbb > fokus
Eichen soll weichen
Das deutsche gesetzliche Messwesen ist schon lange kein einheitliches
System mehr. Der europäische Binnenmarkt hat mit seinen Richtlinien
zur Harmonisierung technischer Vorschriften auch das klassische deutsche Eichwesen in voller Breite überrollt. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) plant nun bei der fälligen Neuordnung auch gleich die
staatlichen Nacheichungen abzuschaffen und die Prüfungen privaten
Kontrolldiensten zu übertragen.
die andere meinung
26
Vielleicht ist es aus medizinischer Sicht nicht so bedeutend,
ob der Blutdruck eines Patienten
zu 120 oder 130 Millimeter
Quecksilbersäule gemessen
wird, wenn allein schon der
„Weißkitteleffekt“, dass heißt
die Nähe des Arztes oder der
Ärztin, den Blutdruck in die Höhe treiben kann. Aus messtechnischer Sicht allerdings muss
man davon ausgehen, dass viele
Blutdruckmessgeräte heute
nicht mehr regelmäßig geprüft
und in vielen Fällen die zulässigen Fehler überschritten werden. Das stellen zumindest die
Eichbehörden bei Kontrollen in
Kliniken und Arztpraxen immer
wieder fest, soweit sie für die
Überwachung der Anwender in
einzelnen Bundesländern überhaupt noch zuständig sind.
Denn seit zehn Jahren ist die
Eichpflicht für medizinische
Messgeräte aufgehoben und periodische Nachprüfungen an private messtechnische Kontrolldienste übertragen worden. Damit ist Privatisierung der Nacheichungen medizinischer Messgeräte nicht uneingeschränkt
eine Erfolgsstory. Aber, wie gesagt, vielleicht ist das kein wirklich gravierendes Problem.
Wie wird es sein, wenn die periodischen Prüfungen von Kraftstoffzapfsäulen, Zählern für
Strom, Gas, Wasser und Wärme,
die Waagen im Supermarkt, Taxameter und Heizölmessanlagen ebenfalls als privatwirtschaftliche Tätigkeit privaten
Diensten übertragen werden?
Kann man dann immer noch,
wie bei den Eichbehörden, von
einer Aufgabenerfüllung frei
von wirtschaftlichen Interessen
und Gewinnstreben sowie mit
> dbb magazin | Juli/August 2008
anerkannter Objektivität und
Neutralität sprechen? Dies zumindest setzt das BMWi im Rahmen einer beabsichtigten Neuregelung des gesetzlichen Messwesens voraus und will die
staatliche Nacheichung abschaffen. Und zwar ohne Not, denn
Europa bestimmt nur das sogenannte „Inverkehrbringen“ von
Produkten auf den Binnenmarkt. In diesem Bereich wurde
in Deutschland das national
durchaus bewährte klassische
Eichwesen in den letzten Jahren
schrittweise abgelöst. Die staatliche Zulassung von Messgeräten durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) und
die staatliche Ersteichung durch
die Landeseichbehörden sind
passé. An ihre Stelle treten mit
jeder neuen europäischen Richtlinie die Messgerätehersteller.
Sie bewerten nach vereinheitlichten Verfahren in einem privatwirtschaftlichen Akt die
Übereinstimmung ihrer Produkte mit den einschlägigen Richtlinien selber. Dabei werden vom
Staat für kompetent befundene
sogenannte „Benannte Stellen“
einbezogen. Die Prüfungen der
>
>
Info
Der Autor war 22 Jahre im
Mess- und Eichwesen tätig. Seit 1991 arbeitete er
bei der Bundesanstalt für
Materialforschung und prüfung (BAM), zuletzt als
Leiter des Grundsatzreferats. 2000 wechselte er ins
Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und war dort
zuletzt bis zum Erreichen
der Altersgrenze im Jahre
2006 Leiter des u. a. für das
gesetzliche Messwesen zuständigen Referats. Im Auftrag der Verbraucherzentrale des Bundesverbandes
(vzbv) arbeitet er derzeit
an einer Studie zum gesetzlichen Messwesen. Messgeräte bei ihrer späteren
Verwendung können jedoch die
Mitgliedstaaten selbst regeln.
Natürlich hat das BMWi Argumente für sein Konzept. Die periodischen Prüfungen bei der
Nacheichung seien ihrem Charakter nach ähnlich den Prüfungen auf Übereinstimmung mit
den Richtlinien beim Inverkehrbringen der Messgeräte, könn-
So teuer und künftig nicht mehr staatlich geeicht?
ten demnach genauso privatwirtschaftlich organisiert werden. Außerdem könnten die
Eichbehörden durch Entlastung
von Routineprüfungen Personal
einsparen und sich intensiver
um die Marktüberwachung
kümmern. Nun ist es tatsächlich
unumstritten: Spätestens seit
der Überschwemmung des europäischen Binnenmarktes mit gefährlichem Spielzeug wissen wir
um die Bedeutung einer funktionierenden staatlichen Marktüberwachung. Aber: Bliebe die
Nacheichung in der Hand der
Eichbehörden, dann könnten
beispielsweise aus der Nacheichung wertvolle Informationen
über die sogenannte Richtlinienkonformität, damit über die
Qualität neuer Messgeräte gewonnen und fehlerhafte Messgeräte relativ schnell vom Markt
genommen werden.
Wie kompliziert dagegen, wenn
sich die Eichbehörden dazu erst
mit der zentralen deutschen Akkreditierungsstelle in Verbindung setzen müssten. Denn sie,
so ist das vorgesehen, soll über
die Kompetenz der privaten
Prüfdienste wachen. Außerdem
ist Marktüberwachung eine
brotlose Kunst. Die Eichbehörden müssten für die Marktüberwachung die gleiche technische
Infrastruktur vorhalten wie für
Eichungen. Da aber die Eichgebühren ersatzlos wegfallen, lägen die Eichbehörden voll auf
der Tasche der Länderhaushalte.
Warum also die Kompetenz der
etwa 1 500 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter der Eichbehörden der Länder nicht wie bisher
nutzen? Selbstverständlich auch
unter Einbeziehung Privater, wie
das seit Jahrzehnten mit den beliehenen staatlich anerkannten
Prüfstellen bei der Eichung von
Verbrauchsmessgeräten die Regel ist. Der Verbraucher hat ein
Recht auf Messsicherheit im
Eichwesen. Die Richtigkeit einer
Messung ist eine Vertrauenseigenschaft, die er nicht selbst
nachprüfen kann. Sie wird vom
Staat am besten gewährleistet,
wenn er die Leistung wie bisher
selbst erfüllt.
Dr. Peter Szent-Iványi
dbb > spezial
Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit:
Das Netzwerk
vorgestellt
28
Dioxin im Hühnerfutter? Antibiotika-Rückstände im Schweinefleisch? BSE-verseuchte Rindersteaks aus deutschen Zuchtbetrieben? Gerd Fricke, Leiter
der Abteilung 1 – Lebensmittel,
Futtermittel, Bedarfsgegenstände – im Bundesamt für Verbraucherschutz (BVL) winkt ab.
„Das waren die Krisen der
1990er-Jahre, die zur Gründung
des BVL führten, das im Januar
2002 seine Arbeit als Behörde
für das Risikomanagement aufnahm.“
Damals seien die Verbraucher
bis an die Grenze zur Panik verunsichert gewesen, welche Lebensmittel denn überhaupt
noch unbedenklich verzehrt
werden konnten. Und keine
zentrale Stelle weit und breit,
die den verwirrten Bürgern hätte Auskünfte geben können
oder in der Lage war, die
bundesweite Koordination für
die Krisenbewältigungsmaßnahmen der Länder zu übernehmen. „Da sind wir heute einen großen Schritt weiter“, resümiert der promovierte Lebensmittelchemiker und Apotheker, der nicht ohne Stolz darauf verweist, dass er in knapp
zwei Jahren Abteilungsleitung,
„nichts wirklich Bedrohliches“
erlebt habe. Wenn in seinem
Verantwortungsbereich etwas
vorfiel, sei es stets ein begrenzbares Ereignis gewesen, das
> dbb magazin | Juli/August 2008
Fotos: Christine Bonath
Beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zu arbeiten, ist ein wenig wie zwischen allen Stühlen zu sitzen: der klassische Verbraucherschutz ist in Deutschland Sache der gleichnamigen
Verbände und die Überwachung der Lebensmittelsicherheit Domäne der Länder. Was für die Beschäftigten
einer Bundesoberbehörde da noch zu tun bleibt? Nicht
weniger, als sämtliche Informationen aus den Ländern
und aus der EU zu diesen sensiblen Bereichen in ein
stabiles Netzwerk einzubinden.
>
Jedes Problem bisher mittels
Präventionsmaßnahmen in den
Griff bekommen: Dr. Gerd
Fricke, Leiter der Abteilung 1 –
Lebensmittel, Futtermittel, Bedarfsgegenstände im BVL.
sich nie „zur Sache ausgewachsen“ habe: „Jedes Problem ließ
sich mittels Präventionsmaßnahmen schnell in den Griff bekommen“, ergänzt Gerd Fricke.
Und: Dass Deutschland in
punkto Lebensmittelsicherheit
über einen sehr hohen Standard verfüge.
>
Die wissenschaftliche
Fachbehörde
All das lässt wiederum den
Schluss zu, dass das Netzwerk,
an dem die Beschäftigten dieser, dem Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) zugeordneten, oberen Bundesbehörde seit 2002 knüpfen, inzwi-
schen engmaschig geworden
ist. So koordiniert das BLV als
wissenschaftliche Fachbehörde
zum Beispiel gemeinsam mit
den – wie ehedem für Lebensmittelsicherheit zuständigen –
Bundesländern – Überwachungsprogramme, sorgt im
Rahmen des europäischen
Schnellwarnsystems für den Informationsfluss zwischen der
EU und den Bundesländern,
unterstützt das BMELV in Ernstfällen beim Krisenmanagement
und unterstützt über ein eigenes Referenzlabor die amtlichen Laboratorien der Lebensmittelüberwachung.
„Wir sind Service-Station für die
Länder, unterhalten ein zentrales Daten-Management zur Lebensmittelüberwachung und
koordinieren die Harmonisierungsprozesse auf nationaler
Ebene“, erklärt Gerd Fricke. Dass
diese Aufgabenspanne in Kombination mit dem bundesdeutschen Föderalismus oft auch
bedeuten kann, sich als
Bundesamt zwischen alle Stühle zu setzen, mag er nicht kommentieren. „Bei uns in Deutschland,“ sagt er nur, „dauert mancher Abstimmungsprozess
eben etwas länger als beispielsweise im zentralistisch strukturierten Frankreich.“
>
Wirtschaftlicher
Verbraucherschutz
Die Probleme, mit denen Frickes Kollege Malek Radeideh
sich in seiner Tagesarbeit befasst, sind wiederum ganz anders gelagert. Der Jurist, der im
Februar 2007 an der Universität
Groningen seine Promotion
zum Thema „Der lautere Handel mit Verbrauchern in Europa“ abschloss, steht für ein
ganz neues Aufgabenspektrum,
das dem BVL zugewachsen ist:
den wirtschaftlichen Verbraucherschutz.
Ein Gebiet, das sich auch deshalb von den anderen Aufgaben des BVL unterscheidet, weil
es dort um Dinge geht, die weder essbar sind (Lebensmittel)
>
Türöffner für europaweite Verbraucherrechte: Dr. Malek Radeideh verhilft auch geprellten
Verbrauchern aus dem EU-Ausland zu ihrem Recht.
oder durch Kontakt mit dem
menschlichen Körper (Kosmetik, Pflanzenschutzmittel, Spielzeug) Gesundheitsschädigungen beim Verbraucher auslösen
können: „Wir beschäftigen uns
mit unlauteren Verkaufspraktiken im EU-Binnenmarkt“, erzählt Malek Radeideh. „Der Verbraucher darf nicht irregeführt
werden. Wenn er etwa via
Internet im Ausland ein Produkt erwirbt und später feststellen muss, dass die vor dem
Kauf geweckten Erwartungen
nicht erfüllt wurden, sorgen wir
dafür, dass er seine Verbraucherrechte durchsetzen kann.“
Das BVL arbeite hier in einer
Doppelfunktion: Als „Zentrale
Verbindungsstelle“ leite es beispielsweise eingehende Ersuchen aus EU-Mitgliedstaaten
an die in Deutschland für die
Rechtsverletzung zuständige
Behörde weiter oder bittet im
umgekehrten Fall die Behörden
anderer Mitgliedstaaten um
Amtshilfe. Darüber hinaus ist
das BVL zuständige Behörde
für verbraucherschutzrechtliche Verstöße mit grenzüberschreitendem Bezug, welche es
im Inland durchsetzt. Auch hier
wirkt es als Koordinator: „Wir
leiten diese Fälle an den Verbraucherzentrale Bundesverband und die Wettbewerbszentrale weiter, die setzen die
Verbraucherinteressen in
Deutschland traditionell
durch.“
cri
dbb > spezial
6. Frauenpolitische Fachtagung:
Gender Mainstreaming –
Umsetzung in Bund und Ländern
Einen kritischen Rückblick und eine Bestandsaufnahme – nicht mehr und nicht weniger hatte die 6. Frauenpolitische Fachtagung der dbb
bundesfrauenvertretung auf ihrem Programm:
Am 23. Juni 2008 befassten sich im dbb forum
berlin rund 230 interessierte Frauen – und auch
einige Männer – mit dem Thema Gender Mainstreaming und dem Stand der Umsetzung in
Bund und Ländern. Das Fazit vorweg: Gender
Mainstreaming ist inzwischen als Prinzip bekannt und akzeptiert, aber vieles noch Theorie,
was längst Praxis sein könnte.
Zum Auftakt der Fachtagung
richtet die Vorsitzende der dbb
bundesfrauenvertretung Helene Wildfeuer ein besonderes
Willkommen an die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Petra Pau (Die Linke), die
Bundestagsabgeordnete Irmingard Schewe-Gerigk (Bündnis
90/Die Grünen) und die brandenburgische Landtagsabgeordnete Barbara Hackenschmidt (SPD), die neben zahlreichen weiteren Ehrengästen,
vor allem aus dem gewerkschaftlichen Bereich, an der
Fachtagung teilgenommen haben.
>
Aus Utopien wurde
Wirklichkeit
Bereits im Jahr 2001 hatte sich
die erste Frauenpolitische
Fachtagung mit dem Thema
Gender Mainstreaming beschäftigt. Während es damals
noch überwiegend darum
ging, einen relativ neuen Begriff „begreifbar“ zu machen,
wurde nun, sieben Jahre später, erörtert, wie weit die Umsetzung in Bund und Ländern
vorangeschritten ist. Die Annahme, dass das Ziel einer modernen Gleichstellungspolitik,
> dbb magazin | Juli/August 2008
>
Helene Wildfeuer
die die Interessen beider Geschlechter gleichermaßen im
Auge hat, noch lange nicht erreicht ist, wurde im Laufe der
Tagung bestätigt. Trotzdem
sei der Weg beschritten:
„Heute sind viele Utopien von
damals Wirklichkeit geworden,“ erklärte Helene Wildfeuer mit Blick auf die Tagung
2001. „Es gibt inzwischen das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, und der Begriff
„Gender Mainstreaming“ gehört zum allgemeinen Sprachschatz.“
>
Engagierte Vorträge
Unterschiede erkennen
und berücksichtigen
Für das Bundesministerium für
Familie, Senioren, Frauen und
Jugend nahm die Leiterin der
Abteilung Gleichstellung, EvaMaria Welskop-Deffaa, an der
Tagung teil. Sie erläuterte in ihrem Statement, dass Gender
Mainstreaming von Missverständnissen begleitet werde.
Das Prinzip werde vielfach als
Zaubermittel für die Gleichstellung gehandelt, obwohl angeblich keiner so recht weiß, was
dahintersteckt. Diese und ähnliche Vorwürfe gelte es zu entkräften, um die Akzeptanz zu
steigern.
Gender Mainstreaming spielt
auf dem Weg zu einer gelebten
Gleichstellung von Männern
und Frauen eine wichtige Rolle.
Um in sämtlichen Bereichen von
Politik und Verwaltung Entscheidungen stärker als bisher von
der Überlegung aus zu fällen,
welche Auswirkungen sie auf
Frauen und Männer in unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten hat, seien Fakten nötig. Nur
wer nachvollziehen könne, wen
welches Verwaltungshandeln,
welches Gesetz wie betreffe,
könne auch entsprechend agie-
Der erste Fachvortrag des Tages
befasste sich mit dem Thema
„Fair P(l)ay – Geschlechtergerechte Leistungsbezahlung“. Basierend auf der Erkenntnis, dass
berufstätige Frauen immer
noch schlechter bezahlt würden als ihre männlichen Kollegen, erläuterte die freie Wissenschaftlerin Dr. Karin Tondorf,
worauf bei einer geschlechtergerechten Leistungsbezahlung
geachtet werden müsse und
wo sich Diskriminierungsmöglichkeiten befänden. Besonders
wichtig sei Transparenz. Verste-
>
Fotos: Friedhelm Windmüller
frauen
30
Auch der dbb habe sich auf
dem Gewerkschaftstag im November 2007 auf Antrag der
dbb bundesfrauenvertretung in
seiner Satzung der Umsetzung
von Gender Mainstreaming verpflichtet. „Aber: Papier ist geduldig. Wir müssen darauf
drängen, dass diese neue Richtung, die sich der dbb gegeben
hat, auch gelebt wird.“ Frauen
müssten überall in der Gesellschaft angemessen vertreten
werden. Dazu gehöre dann aber
auch, dass Frauen sich selbst
zur Wahl stellen oder kompetente Frauen unterstützen, forderte die Vorsitzende der dbb
frauen.
ren und bereits im Vorfeld die
Weichen richtig stellen. Wildfeuer forderte mehr geschlechterspezifische Statistiken, die
zum einen verlässlich Auskunft
über den Frauenanteil und die
Beteiligung von Frauen in Führungsgremien geben und zum
anderen Grundlage für den Einsatz von Ressourcen bieten.
dbb > spezial
cken müssten sich Frauen jedenfalls nicht, wenn es um eine
Bezahlung nach Leistung gehe.
Sandra Lewalter vom GenderKompetenzZentrum erläuterte
anschließend in ihrem Referat
zur Umsetzung von Gender
Mainstreaming in der Bundesverwaltung die doppelte Bedeutung des Personalmanagements: Zum einen müsse Gender Mainstreaming Einfluss
darauf haben, zum anderen sei
Personalmanagement aber
auch ein Mittel zur Implementierung von Gender Mainstreaming. Ein weiterer wichtiger
Punkt sei das Gender Budgeting. Es gehe dabei um die
gleichstellungsorientierte Analyse und Bewertung der Verteilung von Ressourcen.
Am Nachmittag stand eine Podiumsdiskussion auf dem Programm, durch die der Journalist
Andreas Ulrich vom rbb führte.
Aus ganz unterschiedlichen
Blickwinkeln und durchaus
unterhaltsam beleuchteten
Isolde Hofmann (Landesbeauf-
tragte für Gleichstellung und
Frauenpolitik im Ministerium
für Gesundheit und Soziales in
Sachsen-Anhalt), Rudolf Klüver
(Vorsitzender des dbb hamburg), Astrid Hollmann (stellvertretende dbb Bundesvorsitzende), René Pfister (Journalist
beim Magazin Der Spiegel) und
Andrea Reinke (Leiterin einer
Kindertagesstätte in Augsburg)
das Thema Gender Mainstreaming.
Im Anschluss an die Diskussionsrunde bedankte sich Helene Wildfeuer bei den Rednerinnen und den Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmern
für die engagierten Pro- und
Contra-Beiträge, die die Notwendigkeit zur weiteren Arbeit
an der Umsetzung des Gender
Mainstreaming Prinzips erneut
unterstrichen hätten. Des Weiteren habe die Tagung verdeutlicht, dass nach wie vor Aufklärungsbedarf über die Ziele von
Gender Mainstreaming bestehe. Die dbb Frauen werden sich
weiter an der Umsetzung von
Gender Mainstreaming beteiligen – vor allem im Bereich des
öffentlichen Dienstes.
Nicole Kittlaus
> Diskutierten über Gender Main-
streaming (von links): René Pfister
(Der Spiegel), Andrea Reinke (Kindertagesstätte Augsburg), Andreas Ulrich (rbb), Isolde Hofmann
(Ministerium für Gesundheit und
Soziales Sachsen-Anhalt), Rudolf
Klüver (dbb hamburg) und Astid
Hollmann (stellverterende dbb
Bundesvorsitzende).
> dbb magazin | Juli/August 2008
dbb > spezial
Innovative Vorsorge:
TwinStar ist für alle da!
„Mein Vater ist Anfang des Jahres in den Ruhestand gegangen“, berichtet Fabian R., 30 Jahre,
aus Hilden. „Als Beamter im gehobenen Dienst
reicht seine Pension aus, zudem ist das Haus
fast abbezahlt, und wir Kinder liegen ihm ja
auch nicht mehr auf der Tasche.“ Der junge Landesbeamte, aktives Mitglied in der Deutschen
Steuer-Gewerkschaft DSTG, sieht sich und seine
Generation hingegen in der Pflicht, private Vorsorge zu betreiben.
>
Info
Das Service-Team und die
Vorsorgespezialisten des
dbb vorsorgewerks beraten
Sie detailliert zu Ihren Fragen rund um TwinStar. Sie
erreichen das Service-Team
von Montag bis Freitag zwischen 8.00 und 20.00 Uhr
unter der Rufnummer:
01 80-5 22 21 70 (14 Cent/
Minute aus dem deutschen
Festnetz). Oder fordern Sie
online Informationen an
unter:
www.dbb-vorsorgewerk.de
garantierten Renten im Markt!
Gleichzeitig offeriert die Innovative Vorsorgelösung auch
attraktive Renditechancen, die
im Falle Fabian R.s zu einer
möglichen Gesamtrente von
rund 545 Euro (mit 67) führen
können*.
mitgliederservice
32
„Die Kollegen haben mir ‚Riestern‘ ans Herz gelegt. Nur das
Wo und Wie war schwierig!“
Fabian R. hat über das Internet
eine Beratung durch einen Vorsorgespezialisten des dbb vorsorgewerk abgefordert. „Die
Beraterin kannte ihr Metier, die
Argumente für das Angebot
„TwinStar Riester-Rente Klassik“ haben mich letztlich überzeugt. Ein Rund-um-SorglosPaket“, freut sich der 30-Jährige. Monatlich werden rund
> dbb magazin | Juli/August 2008
100 Euro in die TwinStar Riester-Rente Klassik eingezahlt,
dank Zulagen und Steuervorteil übernimmt der Fiskus davon gut ein Drittel. Sollte der
junge Beamte mit 67 Jahren in
Pension gehen, kann er auf eine garantierte Rente von monatlich rund 289 Euro bauen.
>
Attraktive Rendite
Damit bietet TwinStar RiesterRente Klassik über das dbb vorsorgewerk eine der höchsten
Damit stellt TwinStar RiesterRente Klassik ein empfehlenswertes Angebot für Mitglieder
mit einem hohen Bedürfnis
nach Sicherheit und Garantien
dar, die künftige Versorgungslücke mit überschaubarem
Mitteleinsatz und lukrativer
staatlicher Förderung schließen wollen. Übrigens: Dank
seiner Gewerkschaftsmitgliedschaft erhält Fabian R. eine
um gut 120 Euro höhere Gesamtrentenzahlung pro Jahr.
>
„Ein toller Vorteil“, freut sich
der Steuerbeamte.
>
Günstige Zusatzversicherungen
TwinStar Riester-Rente gibt es
neben der oben beschriebenen
klassischen Variante auch als
stärker fondsorientierte Anlage
(„TwinStar Riester-Rente Invest“). Eine große Auswahl an
Dachfonds und Einzelfonds renommierter Kapitalanlagegesellschaften eröffnet bei dieser
Form noch attraktivere Chancen auf hohe Renditen. Beide
Vorsorgevarianten verfügen
über die Riester-Zertifizierung.
Daneben können TwinStar Klassik und Invest auch als staatlich
geförderte Basis-Rente und ungefördert „in der dritten
Schicht“ bespart werden.
Für beide TwinStar-Riester-Renten können Zusatzversicherungen hinzugewählt werden. Für
Fabian R. empfiehlt sich auf
jeden Fall der Abschluss einer
„echten“ Dienstunfähigkeitsversicherung bei der DBV –
übrigens über dass dbb vorsorgewerk in Kombination mit
TwinStar Riester-Rente mit bis
zu 25 Prozent Preisnachlass! as
* Eigene Berechnung: Stand 07/2008, Tarif IRG2; Investmentrente TwinStar Riester-Rente Klassik (nicht garaniert) – bei
6 Prozent Wertentwicklung in der
2. Schicht/Zusatzversorgung; Annahme: Alle Beiträge und Zulagen werden
planmäßig gezahlt.
Info
Pflichtmitteilung zur Kooperation
zwischen der Wüstenrot Bausparkasse AG
und dem dbb vorsorgewerk
Für alle Mitglieder einer Einzelgewerkschaft des dbb beamtenbund und tarifunion und deren Angehörige beträgt
die Abschlussgebühr beim Abschluss eines Bausparvertrages bei der Wüstenrot Bausparkasse ab dem 1. Juli 2008
nur noch 0,5 % der Bausparsumme. Dies gilt auch für die
Erhöhung von bestehenden Verträgen im Tarif B.
dbb > spezial
Bildungsbericht 2008:
Sand im Getriebe
Zwar belegt der Bericht, dass
der Bildungsstand der Bevölkerung in Deutschland in den
vergangenen Jahren gestiegen
und die Bildungsbeteiligung
im internationalen Vergleich
hoch ist. Auf der anderen Seite
ist jedoch die Anzahl von
Schulabgängerinnen und -abgängern, die nicht einmal den
Hauptschulabschluss in der Tasche haben, immer noch zu
hoch. Darüber hinaus sieht der
Bildungsbericht Handlungsbedarf bei der Ausbildung des
Personals sowohl im frühkindlichen als auch im schulischen
Bereich. Für den Einsatz von
nicht pädagogisch ausgebildeten Fachkräften im regulären
Lehrdienst besteht ebenfalls
Nachbesserungsbedarf.
Bund und Länder werden die
im Bericht genannten zentralen Herausforderungen zum
Anlass nehmen, bereits eingeleitete Maßnahmen zu verstärken und – wo geboten – neue
Schwerpunkte zu setzen, um
die Bildungsangebote zu verbessern und die Qualitätsentwicklung in den verschiedenen
Bereichen des Bildungswesens
auszubauen, heißt es in einer
Pressemitteilung der KMK zum
Bildungsbericht. Dazu zählt für
die KMK auch die Aufgabe, die
künftig erforderlichen Lehr-
kräfte zu rekrutieren und das
zusätzlich erforderliche Personal umfassend zu qualifizieren.
Weiter sieht der Bildungsbericht den Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt als rückläufig. Insgesamt ging der Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt von 6,9 Prozent
im Jahr 1995 auf 6,2 Prozent
im Jahr 2006 zurück. Deutschland liegt damit unter dem
OECD-Durchschnitt.
>
Bildung für alle
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Ernst der Lage erkannt und rief die „Bildungsrepublik Deutschland“ aus. In einer Rede am 12. Juni 2008 anlässlich des 60-jährigen Bestehens der sozialen Marktwirtschaft transformierte die Kanzlerin das zentrale Versprechen
der sozialen Marktwirtschaft
„Wohlstand für alle“ als „Bildung für alle“ in die heutige
Zeit: Wenn die Durchlässigkeit
der Gesellschaft verlorengehe,
wendeten sich die Menschen
von der sozialen Marktwirtschaft ab. Merkel kündigte an,
sich auf eine „Bildungsreise“
quer durch die Republik zu begeben, in deren Rahmen sie
Bildungsinstitute besuchen sowie einen Bildungsgipfel im
>
Ein weiteres Defizit der Durchlässigkeit hat der Bildungsbericht aufgedeckt: Obwohl junge Frauen in Sachen Bildung die Nase vor jungen
Männern haben, bricht dieser Vorteil im Verlauf der Berufstätigkeit
teilweise ab, weil nach wie vor erhebliche Unterschiede in der Erwerbsbeteiligung von Männern und Frauen bestehen.
Oktober einberufen wolle. Die
Nachwuchsgewinnung im Bildungsbereich wird damit nicht
nur zur Chefsache der Kanzlerin, sondern immer mehr zur
zentralen Aufgabe des Staates.
Dr. Ludwig Eckinger, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) und
Vorsitzender der dbb Fachkommission Schule, Bildung und
Wissenschaft kritisierte, dass
es Deutschland an einem Gesamtkonzept für die Entwicklung des Bildungsbereiches
fehle: „Dringend müssen sich
Bund, Länder und Kommunen
auf eine nationale Bildungsstrategie verständigen. Mit gut
gemeinten, aus der Not geborenen Maßnahmen kommen
wir auf die Dauer nicht weiter“,
sagte Eckinger und verwies auf
das diskutierte Recht auf den
Hauptschulabschluss sowie
>
den vom Bundestag beschlossenen Ausbildungsbonus.
dbb Chef Peter Heesen hatte
bereits im Mai auf den prekären Nachwuchsmangel im öffentlichen Dienst hingewiesen.
Verbesserungen, so Heesen,
ließen sich letztlich aber nur
mit einer verbesserten Einkommensstruktur erreichen:
„Besonders für Berufsanfänger
wird der Staatsdienst aufgrund
der schlechten Bezahlung immer unattraktiver. Bessere
Konditionen im öffentlichen
Dienst sind deshalb unumgänglich, insbesondere, was
die Anwärterbezüge für junge
Beamte betrifft. Der Referendar, der an einer Berufsschule
im Unterricht eingesetzt wird,
verdient heute weniger als der
Schüler im vierten Ausbildungsjahr, den er unterrichtet“.
br/ecp
Info
Der nationale Bildungsbericht …
… erscheint alle zwei Jahre und wird von einer unabhängigen Wissenschaftlergruppe unter Leitung des Deutschen
Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF)
erarbeitet. Beteiligt sind das Deutsche Jugendinstitut (DJI),
das Hochschul-Informations-System (HIS), das Soziologische Forschungsinstitut an der Universität Göttingen (SOFI) sowie das Statistische Bundesamt und die Statistischen
Landesämter.
> dbb magazin | Juli/August 2008
33
jugend
Der deutsche Bildungsmotor läuft nicht rund. Zu
diesem Schluss kommt der zweite Bildungsbericht, den die Kultusministerkonferenz (KMK) und
das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) am 8. Juni 2008 veröffentlicht haben. Übergangsprobleme an der Schnittstelle zwischen Schule und Berufsausbildung, mangelnde
Förderung von Schülern mit Migrationshintergrund, zu geringe Bildungsausgaben und Lehrermangel drohen, Deutschland im internationalen
Vergleich weiter zurückfallen zu lassen.
dbb > spezial
Goldener Floh 2008:
Juckreiz für die Schulpädagogik
Im dbb Forum in Berlin wurde am 20. Juni 2008
der „OSCAR für Grundschulen“ Goldener Floh
für kreatives Lernen vergeben. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE), die Stiftung LERNEN
sowie die Schul- und Jugendzeitschriften
„FLOHKISTE“ und „floh!“ unterstützten die Verleihung. Der Bundespreis in Höhe von jeweils
1 000 Euro und 2 000 Euro zeichnet die pädagogischen Leistungen von Lehrern und Schülern
an Grundschulen aus.
jugend
34
Über einen Zeitraum von zwei
Jahren schafften Kinder und
Reformpädagogen zahlreiche
Projekte, bei denen unter anderem Natur und Heimat, aber
auch moderne Medien „gelernt, geliebt und geschätzt
werden sollten“, so Dr. Ludwig
Eckinger, Bundesvorsitzender
des VBE.
Die zehn besten Arbeiten – insgesamt nahmen 72 Grundschulen an der Ausschreibung
teil – wurden vor der Verleihung von ihren stolzen Absolventen in einer Ausstellung im
dbb forum präsentiert.
Schirmherrin Annegret KrampKarrenbauer, Vorsitzende der
Kultusministerkonferenz (KMK),
lobte die Arbeit der Kinder und
bezeichnete die vorgestellten
Projekte als „vorbildlich für Impulse individueller Förderung
für die gesamte Schullandschaft“. Ein Floh sei generell ein
eher kleines und unangenehmes Tierchen, welches aber darüber hinaus einen enorm großen Juckreiz hervorrufen könne,
erklärte die KMK-Vorsitzende
und betonte: „Genau dies sollen die ausgewählten Projekte
auslösen. Einen Juckreiz, der
t@cker
Der öffentliche Dienst hat viele Gesichter: Vom
Finanzbeamten über den Straßenbauer, den Lebensmittelchemiker, den Lehrer bis zum Gärtner. Oliver Kolle ist ein echter Naturbursche
und er hätte sich im Leben nicht gedacht, dass
er einmal beim öffentlichen Dienst landen
würde. „Mit dem Kopf in den Wipfeln und den
Händen in der Erde“ hat die t@cker-Redaktion
den 25-jährigen Garten- und Landschaftsbauer an seinem Freiluftarbeitsplatz im Schlossgarten Sanssouci in Potsdam besucht. In der
t@cker-story erzählen Oliver und seine Kollegen alles über die Gärtnerausbildung in den
grünen Prachtanlagen in und um Berlin und
Potsdam. Unser Fazit: Vielfalt tut gut, nicht
nur dem öffentlichen Dienst! Das hat sich
auch die Bundesregierung gedacht und die
> dbb magazin | Juli/August 2008
>
Freude über 2 000 Euro Preisgeld: Lehrer und Schüler der GutenbergSchule Dierdorf (Rheinland-Pfalz) hatten mit ihrem aufwändig gestalteten Stadtführer Dierdorf gepunktet. Im Bild links Schulzeitungsverleger Günther Brinek sowie Schirmherrin Annegret Kramp-Karrenbauer
und Dr. Ludwig Eckinger (rechts). Insgesamt wurden 10 Projekte ausgezeichnet.
neue Wege der Schulpädagogik vorgibt und bildungspolitische Furore am Lernort Grundschule auslöst.“
Dr. Ludwig Eckinger lobte das
Engagement der Schüler und
Lehrer: „Hier sind Grundschulprojekte prämiert worden, die
in besonderem Maße Innovation, Kreativität , pädagogi-
schen Einfallsreichtum und
Freude am Lernen dokumentieren.“ Im Grundschulalltag
würden viele Reformpädagogische Ideen praktisch umgesetzt, „und hier sieht man ganz
plastisch, dass Grundschule
natürliche Neugierde entfalten
und Freude am Entdecken wecken kann.“
ecp
gleichnamige Kampagne gegen Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit
gestartet. t@cker-tipps stellt drei Internetforen vor, die Vorurteile bekämpfen
und Betroffenen helfen, einen Ausweg
aus der rechten Szene zu finden. Außerdem haben wir uns im t@cker-special den
352 Seiten starken Bildungsbericht 2008
der Bundesregierung vorgenommen und
die Wichtigsten Eckpunkte zusammengetragen. Neu im Heft: Jeden Monat stellen
wir euch einen Landesjugendbund beziehungsweise eine Jugendfachgewerkschaft
vor. „Und dann ist da noch…“ die dbb jugend bayern, die sich in diesem Heft die Ehre
gibt. O‘zapft is! Natürlich versorgen wir euch
aktuell mit allen Neuigkeiten aus Berufspolitik und von den dbb jugend-Verbänden sowie
mit tollen Gewinnspielen, wie immer im Netz
unter www.tacker-online.de!
dbb > spezial
Bürokratieabbau:
Gurken krumm
in die Freiheit
entlassen
Die Europäische Union will den Forderungen ihrer Mitgliedstaaten nachgehen und – so scheint es – endlich den Bürokratiewust beenden. Wie krumm
eine Gurke sein darf, soll den Händlern demnächst eigentlich selbst überlassen sein. Doch gerade die deutsche Bundesregierung macht der EU auf dem
Weg zu mehr Einfachheit einen Strich durch die Rechnung.
und die Größe von einzelnen
Obst- und Gemüsesorten vor.
So ist auch der Krümmungsgrad
von Gurken genau bestimmt.
Die seit 20 Jahren bestehende
bezieht sich auf Gurken der Familie der „Cucumis sativus L.“
zu denen unter anderem die Salatgurke gehört. Exemplare, die
für die industrielle Verarbeitung
vorgesehen
sind, gehö-
europa
38
Der Vorwurf, die EU erlasse in
Brüssel nur noch neue Vorschriften und nehme keine alten wieder zurück, wird entkräftet,
wenn man die aktuellen Diskussionen zu der so genannten
Qualitätsnormverordnung für
Obst und Gemüse verfolgt.
Trotz reger
Kritik an der vermeintlich willkürlichen Regelwut für jede Kleinigkeit, stimmt
die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten nun überraschend gegen die Abschaffung einer solchen Verordnung.
>
Freiheit für die Gurken
Die „Obstqualitätsnormverordnung“ gibt in ihren zahlreichen
Unterverordnungen Form und
Farbe sowie den Geschmack
>
Verordnung Nummer 1677/88
schreibt eine Krümmung von
nicht mehr als 10 Millimeter
auf 10 Zentimeter Länge der
Gurke vor. Zusätzlich müssen
die Gurken ausreichend entwickelt sein, die Kerne dürfen aber
keinesfalls zu hart sein. Und
drittens dürfen sie je nach Güteklasse keine bis geringe Formfehler aufweisen. Diese Gurkenkrümmungsnormverordnung
Personalie
Die stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Kirsten Lühmann ist am 23. Juni 2008
in Berlin in den Vorstand der Europäischen
Bewegung Deutschland (EBD) gewählt
worden. Die dbb Vize ist bereits Präsidentin des CESI-Fachausschusses für Chancengleichheit und möchte ihr neues Mandat im Netzwerk der Europäischen Bewegung nutzen, um die dbb Europaarbeit
weiter zu stärken und den Austausch mit den anderen Vertretern
der deutschen Zivilgesellschaft zu intensivieren.
> dbb magazin | Juli/August 2008
ren nicht dazu. Die EU-Kommission schlägt nun vor, diese wie
auch 25 weitere Verordnungen
für Obst und Gemüse abzuschaffen, darunter beispielsweise auch die Regelungen für
Bananen und Knoblauch.
Die zehn verbleibenden, von ursprünglich 36 Qualitätsnormverordnungen, sollen stark vereinfacht werden. Dazu gehören die
wichtigsten Im- und Exportprodukte, wie Äpfel und Tomaten.
Die Agrar-Kommissarin Mariann
Fischer Boel bezeichnete die Änderungen von Qualitätsnormen
als „Antwort auf ein Drängen
der EU-Mitgliedstaaten nach Bürokratieabbau“. Ferner soll der
neue Erlass, so die EU, dem Handel mehr Freiräume gewähren.
Gurken, die der Qualitätsnormverordnung nicht entsprechen,
wurden bislang weggeworfen.
Das sei in Zeiten von steigenden
Lebensmittelkosten und Verbrauchernachfragen nicht mehr
vertretbar.
>
Nationen wollen
Normen
Bundeslandwirtschaftsminister
Horst Seehofer lehnt diese Vereinfachung von Qualitätsnormen ab: Gerade der Handelsfaktor spreche für eine Verbindung
zwischen Wirtschaft und Verbrauchern. Verbraucher müssten
geschützt werden vor zu großen
Qualitätsunterschieden eines
Produktes. Insbesondere das
plötzlich auftretende, stark vergrößerte Angebot gefährde
nicht nur eine einheitliche Qualität der Produkte, die Verbraucher wären zudem extrem verunsichert.
Neben Deutschland sind auch
Schweden und Italien gegen diese Art von Bürokratieabbau. Alle
drei Mitgliedsstaaten vertreten
die Positionen der Händler. Standards erleichtern diesen nämlich
den Handel und sorgen für einfache Maßregelungen.
Transportabler sind gerade Gurken allemal, so die Händler. Davon gehen mehr in eine Standardkiste als krumme.
Wie krumm darf die Gurke demnach also sein? Die Nummer
1677/88 wird vorläufig erst einmal für die gewohnten geraden
Gurken im Handel sorgen und
die Frage damit exakt beantworten. Die Gurkendiskussion, stellvertretend für andere überflüssige EU-Normen, wird sich also
weiter fortentwickeln. Ob dann
weitere Klagen zum Bürokratieabbau der Mitgliedsstaaten folgen und die EU andere Regelungen abschaffen wird, steht vorerst im Schatten der Gurke. ecp
dbb > finale
dieses ökologisch ausgebaute
Produkt mit stahliger Säure
daher und entwickelt wuchtige Kraft. Der Abgang ist harmonisch abgestimmt und
überaus kraftvoll. Kurz: Unser
Spitzenprodukt ist dank seiner Finesse wie barocke Musik, die saftige Üppigkeit vermittelt. Sie werden begeistert sein.“
Edles Tröpfchen
Das zustimmende Nicken der
jungen Expertin nehme ich mit
Wohlwollen auf. Sie merkt, dass
ich etwas von der Materie ver-
stehe und begierig bin, weitere
Qualitätsmerkmale zu entdecken. Erneut hält sie die Phiole
ins Licht. „ Voll Power kommt
Die junge Dame legt eine
wohl dosierte Kunstpause
ein. „Wie viel darf es denn
sein?“ Ich bin noch unschlüssig, hin und her gerissen, ob
ich zuschlagen oder nur mäßig ordern soll. Deshalb brauche ich ein wenig Bedenkzeit
und bitte sie, den nächsten
Kunden zu beraten. Doch da
winkt sie geringschätzig ab.
„Den Herrn kenne ich, der hat
keine Ahnung, der will doch
nur tanken.“
sm
39
glosse
Die junge Fachkraft im schicken
Firmendress hält die bauchige
Phiole ins Licht, damit sich die
Sonne in dem edlen Tröpfchen
spiegelt, das sie mir wortreich
schmackhaft zu machen versucht. „Sehen Sie nur!“ Ihre Augen leuchten verzückt. „Die typische Farbe erinnert an goldgelben Bernstein. Der Körper ist
kraftvoll rund. Ich garantiere Ihnen, Sie erhalten einen nach
angemessener Fasslagerung
reif ausgebauten, körperreichen
Tropfen.“ Jetzt versetzt sie mit
einer lässigen Armbewegung
die Phiole in dezente Schwingungen, damit sich das Bukett
des Edelprodukts auf das Beste
entfalten kann. Ich nehme eine
feinblumige Note wahr mit typischen Geruchsmerkmalen
nach reifen Oliven und einer
Assoziation von Papayafruchtaromen. Ich stimme begeistert
zu: „Phantastisch!“
> dbb magazin | Juli/August 2008
dbb > finale
Produktpiraterie:
Gefährliche Schnäppchen
Der Kauf gefälschter Markenartikel gilt
landläufig als Kavaliersdelikt. Die kopierte
Jeans und die nachgebaute Uhr schaden
der Wirtschaft aber genauso wie Artikel,
bei denen es gefährlich für Leib und Leben
wird: Elektrowerkzeuge oder gar Medikamente aus der Fälscherwerkstatt sorgen
online
40
Im Jahr 1977 entdeckte der
Designer Professor Rido Busse
auf der Frankfurter „Ambiente“-Messe auf dem Stand
eines Herstellers aus HongKong ein exaktes Plagiat der
von ihm entworfenen Briefund Diätwaage – zum Spottpreis, aber in wesentlich
schlechterer Qualität als sein
Original. Busse beschloss im
Rahmen einer Pressekonferenz durch die Vergabe eines
Negativpreises die Öffentlichkeit sowie den Gesetzgeber
auf diesen Missstand aufmerksam zu machen und
über die negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen
von Plagiaten und Fälschungen aufzuklären. Der „Plagiarius“ wird seitdem jährlich
auf der Ambiente an die
dreistesten Plagiatoren verliehen. Symbol ist der schwarze
Zwerg mit der goldenen Nase
als Sinnbild für das Geld, das
Plagiatoren an den Fälschungen verdienen.
Wenn die gefälschte Salatschleuder die zarten Blätter
zu Feinschnitt verarbeitet
oder die Nähte der vermeintlichen Edel-Jeans platzen, ist
das zwar ärgerlich und der
Verbraucher zahlt sein Lehrgeld. In volkswirtschaftlichen
Dimensionen gedacht verursachen Produktpiraten aber
immense wirtschaftliche
Schäden: Der deutsche Zoll
> dbb magazin | Juli/August 2008
nicht nur für Millionenschäden und vernichten Arbeitsplätze. Sie können sogar
tödlich sein. Das Internet ist ein beliebter
Umschlagplatz für Fälscherware aller Art.
Verbraucher können sich schützen, indem
sie einige grundlegende Tipps für den Online-Einkauf beachten.
hat im Jahr 2006 gefälschte
Waren im Wert von rund 1,2
Milliarden Euro beschlagnahmt. Das ist fünfmal so viel
wie noch im Jahr zuvor, Tendenz steigend.
>
Milliardenschäden
Es werden nicht nur alltägliche
Gebrauchsgegenstände und
Luxusartikel gefälscht. Ganze
Industrieanlagen werden kopiert, billig und qualitativ minderwertig hergestellt und in
den Handel gebracht. Der Verband Deutscher Maschinenund Anlagenbauer (VDMA)
schätzt den Schaden allein in
dieser Branche auf über sieben
Milliarden Euro pro Jahr. Einer
Befragung des Verbandes zufolge gaben 2008 68 Prozent
der Hersteller an, von Produktpiraterie betroffen zu sein, entweder in Form des Nachbaus
ganzer Maschinen oder von Ersatzteilen und Einzelkomponenten. Die Plagiate kommen
übrigens nicht nur aus Fernost,
Russland und Indien. Auch in
Deutschland selbst wird fleißig
kopiert, wie auf der Internetseite www.plagiarius.com illustriert ist.
Während sich die Industrie
durch die volle Ausschöpfung
des deutschen und weltweiten
Patient- und Markenrechts gegen die Fälscher schützen
muss – große Firmen und Konzerne unterhalten eigens gan-
>
Blender aus dem Fälscherlabor können bei Medikamenten gefährlich
werden. Beim Online-Einkauf gilt es auf geprüfte Internetapotheken zu
setzen, hinter denen in Deutschland gesetzlich immer eine echte Präsenzapotheke stehen muss.
ze Abteilungen, die sich mit
der Problematik befassen –
kann auch der Privatkunde einiges tun, um Plagiaten aus
dem Weg zu gehen. Denn
wenn kopierte Kettensägen
nicht den aktuellen europäischen Sicherheitsstandards
entsprechen oder gefälschte
Medikamente falsche Dosierungen der Wirkstoffe enthalten, wird es gefährlich.
„Zwar machen Verbraucher
sich in der Bundesrepublik
Deutschland nicht strafbar,
wenn sie Plagiate zu privaten
Zwecken erwerben“, erklärt
Zollamtmann Thomas Meister
vom Zollamt Flughafen München. „Die entsprechenden Paragraphen des Markenschutzgesetzes sehen lediglich die
Ahndung im geschäftlichen
Verkehr vor.“ In anderen EULändern sehe die rechtliche
Seite aber unter Umständen
anders aus, so zum Beispiel in
Italien: „Dort wird auch der Erwerber von Falsifikaten strafrechtlich verfolgt und mit zum
Teil hohen Geldbußen belangt,“ sagt Meister.
dbb > finale
In dbb magazin Nummer
6/2008 ist im Artikel „Klimakiller Internet“ eine widersprüchliche Rechnung abgedruckt: Eine Spielfigur im Online-Spiel „Second Life“, heißt
es da, verbrauche pro Jahr
1,75 Kilowattstunden Strom.
Soweit richtig. Die Figur stößt
deshalb aber nicht CO2 im
Tonnenbereich aus, wie im
Artikel dargestellt, sondern
nur im Kilobereich. Erst, wenn
man den die Figur steuernden Menschen mit all seinen
Lebensgewohnheiten betrachtet, kommt man beim
CO2-Ausstoß in den Bereich
von Tonnen pro Jahr.
>
Vorsicht bei
Billigheimern
Besonders, wer Waren über das
Internet vermeintlich billiger im
Ausland einkaufen will, muss
aufpassen. So hat der Zoll im
Jahr 2007 Medikamente im
Wert von 8,3 Millioen Euro beschlagnahmt. Das Bundeskriminalamt schätzt zudem, dass
rund 50 Prozent aller im Internet vertriebenen Arzneien gefälscht sind. Die Zahlen deuten
darauf hin, dass international
organisierte Banden den Online-Handel mit Pharma-Plagiaten als Geldquelle entdeckt haben.
Auch ein Vergleich mit den jeweiligen Herstellerseiten lohne
sich, denn oft würden Waren
angeboten, die es in dieser Aufmachung im Original gar nicht
gibt. „Außerdem gibt es hier
auch Hinweise, wo die Waren
hergestellt werden, deshalb
sollte man, wenn möglich, den
Verkäufer nach dem Ursprungsland der Ware fragen. Letztlich
sicher gehen kann der Internetkunde nur, wenn er Markenwaren bei bekannten Händlern im
Internet kauft“, klärt der Plagiatexperte auf.
Besondere Vorsicht sollten Kunden beim Medikamentenkauf
im Internet walten lassen. Weil
deutsche Internetshops in der
Regel das Gütesiegel des
Bundesverbandes Deutscher
Versandapotheken (BVDVA) tragen, sei die Gefahr, gefälschte
Medikamente über bekannte
Internet-Apotheken zu erwerben, sehr gering, erklärt Zolloberamtsrat Jürgen Wamser
von der Bundesfinanzdirektion
Südost und verweist darauf,
dass zumindest im Bereich der
Bundesfinanzdirektion Südost
kein Fall von Medikamentenfälschungen bekannt geworden
>
Original und Kopie: Der täuschend echte Nachbau einer Markenkettensäge entspricht nicht den deutschen Sicherheitsstandards.
sei, die über Internetapotheken
vertrieben worden seien.
„Es liegt aber auf der Hand,
dass es nicht zu empfehlen ist,
Medikamente von nicht autorisierten und unbekannten
Händlern zu bestellen.“, warnt
Wamser. Denn „erkennen kann
der Laie ein gut gefälschtes Medikament nicht, dazu bedarf es
in der Regel einer chemischen
Analyse.“ Erst dann könne beurteilt werden, ob der oder die gewünschten Wirkstoffe in der
richtigen Konzentration oder
überhaupt in der Fälschung vorhanden seien. „Allerdings gibt
Foto: Britta Ibald
„Originalwaren werden in der
Regel auch bei Verkaufsplattfor-
men wie E-Bay nicht mit einem
Startpreis von einem Euro angeboten“, weiß Thomas Meister. „Daher kann ein sehr niedriger Preis schon ein Indiz für ein
Falsifikat sein.“
>
Vom Zoll am Flughafen München sichergestellte Fälschungen von Designeraccessoires.
es diverse Plagiate von Arzneimitteln, die ähnlich aussehen
oder einen ähnlichen Namen
haben wie das Original. Diese
sind – wie andere Falsifikate –
wesentlich günstiger als das
Original. Letztlich muss jedem
Verbraucher klar sein, dass er
mit dem Online-Einkauf von
Medikamenten bei ihm nicht
bekannten Internet-Anbietern
mit seiner Gesundheit spielt.“
Vorsicht also bei E-Mails, in denen Medikamente zu Schleuderpreisen angeboten werden
oder die zum Besuch eines unschlagbar günstigen OnlineShops einladen. Wer sichergehen will, kann zum Beispiel
beim Bundesverband deutscher
Versandapotheken
(www.bvdva.de) nachschauen,
welche Versandapotheken im
Verband organisiert sind.
Hilfreich ist auch ein Preisvergleich über den Service
www.apomio.de, denn auch
ohne Betrug und Fälschung
können in seriösen Internetapotheken je nach Medikament
Preisersparnisse von über 50
Prozent der unverbindlichen
Preisempfehlung erzielt werden. Apomio ist Fördermitglied
des BVDVA.
br
> dbb magazin | Juli/August 2008
41
online
Zu viel CO2
Foto: plagiarius
>
dbb > finale
>
Personalie
Jubiläum
>
BVÖGD
Akuter Ärztemangel
Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Klaus Walter, hat vor einem personellen Ausbluten
des öffentlichen Gesundheitsdienstes gewarnt. Ursache sei
ein akuter Ärztemangel, erklärte Walter beim Ärztekongress
seiner Organisation Ende Mai
in Braunschweig. Grund für die
kritische Situation ist nach Angaben Walters die ungleich
schlechtere Bezahlung der Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst im
Vergleich zu den an Krankenhäusern angestellten Kolleginnen und Kollegen. Nach Ver-
mitgliedsgewerkschaften
42
>
Dr. Klaus Walter,
Bundesvorsitzender des BVÖGD
gleichsberechnungen des
BVÖGD verdient ein New comer im öffentlichen Gesundheitsdienst zwischen 600 und
1 300 Euro weniger als im
Krankenhaus. Aus den Krankenhäusern rekrutieren sich jedoch die meisten Neueinstellungen bei den Gesundheitsämtern in Deutschland.
>
GdV
Bundesdelegiertentag
Der seit zwölf Jahren amtierende Vorsitzende der Gewerkschaft der Sozialverwaltung
(GdV), Adalbert Dornbusch, ist
beim 25. Bundesdelegiertentag
seiner Organisation vom
2. bis 4. Juni 2008 in Dresden
einstimmig wiedergewählt
worden. Dornbusch kündigte
an, dass die GdV auch künftig
> dbb magazin | Juli/August 2008
Adalbert Dornbusch,
Bundesvorsitzender der GdV
gen Bundesländern werde der
Weg „Weg von den alten Sozialverwaltungen, hin zu modernen Landessozialverwaltungen“ unbeirrt weiterbeschritten
werden. Der dbb Bundesvorsitzende Peter Heesen attestierte
der GdV in seinem Grußwort an
die Delegierten und Gäste der
öffentlichen Veranstaltung,
dass ihre Arbeit immer dem
Motto des Delegiertentages
„Im Mittelpunkt steht der
Mensch“ entsprochen habe.
Heesen unterstrich die hohe
Kompetenz des öffentlichen
Dienstes für den Sozialbereich
und forderte größere Gestaltungsspielräume beim Vollzug
der Gesetze. Ein solcher Gestaltungsrahmen werde nur mit relativ einfach gehaltenen Vorschriften erreicht.
>
>
Mit einem ungewöhnlichen Jubiläum
wartet Karl-Heinz Nitz, der Ortsverbandsvorsitzende des BRH, in Münster
auf: Am 1. Juni 2008 ist er seit 60 Jahren ohne Unterbrechung gewerkschaftlich aktiv. Vom Amt des Schriftführers des Ortsverbandes Soest, des
Verbandes der Finanzbeamten Westfalen, das er seit seinem Eintritt in die
Gewerkschaft am 1. Juli 1948 bekleidete, war der engagierte Gewerkschafter unter anderem an der
Gründung der Jugendorganisationen des dbb auf Bundes- und
Landesebene sowie der DSTG-Jugend in Westfalen beteiligt. Seit
1994 wirkt Karl-Heinz Nitsch im Seniorenverband BRH. Er war Vorsitzender des BRH-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen und in
den Jahren 1995 bis 2005 stellvertretender BRH-Bundesvorsitzender. Im BRH-Ortsverband Münster ist er bis heute aktiv.
mit großer Beharrlichkeit die
Bündelung der gesamten staatlichen Sozialleistungen und Familientransferleistungen in einer integrierten Sozialverwaltung in allen Bundesländern
anstreben wird. Trotz bestehender Fehlentwicklungen in eini-
nach der Jahressitzung des
BBB-Hauptausschusses am 18.
Juni 2008, auf der Staatsminister Erwin Huber erstmals den
Finanzierungsplan des Vorhabens näher konkretisiert und
flankierende Maßnahmen angekündigt hatte. Ein Grundstein des Vertrauens sei damit
gelegt. Huber hatte die bereits
veröffentlichte Gesamtfinanzierungssumme von 240 Millionen
Euro bestätigt und erstmals –
wie vom BBB gefordert – einen
Zeitrahmen für diese Investitionen abgesteckt: Die geplanten
Neuerungen sollen im Rahmen
der kommenden Legislaturperiode des Landtags umgesetzt
werden. Damit sei ausgeschlossen, dass die Reform auf die
>
Rolf Habermann,
Vorsitzender des Bayerischen
Beamtenbundes BBB
lange Bank geschoben und der
öffentliche Dienst unnötig geschwächt werde, sagte Habermann. Gleichzeitig sollen bereits im nächsten Doppelhaushalt 2009/2010 über 10 000 Beförderungsmöglichkeiten vorgesehen werden. Das sei der
richtige Einstieg.
Pensionsalter
Die Heraufsetzung des Pensionsalters für Polizeibeamte in Rheinland-Pfalz ist verfassungsgemäß. Das hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 23. Mai 2008 (Az.: 2 BvR 1081/07)
festgestellt und die Verfassungsbeschwerde eines Kriminalhauptkommissars abgewiesen. Nach Auffassung der Verfassungsrichter
verstößt die Festsetzung der unterschiedlichen Altersgrenzen nicht
gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn als hergebrachten
Grundsatz des Berufsbeamtentums.
BBB
Neues Dienstrecht auf
den Weg gebracht
Der Bayerische Beamtenbund
(BBB) hat die Pläne der bayerischen Staatsregierung, ein neues Dienstrecht zu schaffen, das
verstärkt die Leistung des Einzelnen im Auge hat und die Flexibilität des öffentlichen Dienstes stärkt, überaus positiv aufgenommen. Viele Bedenken des
BBB seien ausgeräumt, sagte
Landeschef Rolf Habermann
>
>
2,9 Prozent mehr
Als guten Teilerfolg hat der dbb bremen die 2,9-prozentige Einkommensanpassung für die Beamten und Versorgungsempfänger des
Landes ab 1. November 2008 bezeichnet, die von der Bremischen
Bürgerschaft im Rahmen der Haushaltsberatungen 2008/2009 beschlossen worden ist. Zwar sei dies nicht die geforderte zeitgleiche
Übernahme des Tarifabschlusses zum 1. Januar 2008, doch mithilfe der Proteste der Mitglieder des dbb im Zusammenwirken mit
anderen Gewerkschaften sei es aber ungleich mehr, als der Senat
über ein Dreivierteljahr zunächst zubilligen wollte.
dbb > finale
dbb sachsen-anhalt
Besoldungsneuregelungsgesetz transparent
gestalten
Am 18. Juni 2008 trafen sich in
Magdeburg Vertreter des dbb
sachsen-anhalt mit dem im Finanzministerium für Besoldung
>
Maik Wagner,
Vorsitzender des
dbb sachsen-anhalt
zuständigen Referenten Jürgen
Maaß zu einem ersten Informationsgespräch zum Besoldungsneuregelungsgesetz SachsenAnhalt. Das Gesetz soll zum 1.
Januar 2010 in Kraft treten. „Wir
begrüßen, dass das Finanzministerium das Verfahren transparent gestaltet und mit den Gewerkschaften schon den Referentenentwurf bespricht. So
können Hinweise und Anregungen weit vor der Freigabe zur
Anhörung nach der für den
Herbst geplanten Kabinettsbefassung berücksichtigt werden“,
sagte dbb Landeschef Maik
Wagner unmittelbar nach dem
Treffen. Inhaltlich begrüßte der
dbb sachsen-anhalt unter anderem, dass dem Leistungsgedanken künftig mehr Rechnung getragen werden soll, indem der
altersbezogene Aufstieg in den
Stufen durch den Wegfall des
bisherigen Besoldungsdienstalters abgelöst werden und der
Aufstieg künftig nach Maßgabe
der tatsächlich geleisteten
Dienstzeiten erfolgen soll. Zudem enthalte der Gesetzentwurf endlich die Umsetzung der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den kinderbezogenen Besoldungsbestandteilen, indem der Familienzuschlag ab Stufe 4 um 50 Euro erhöht wird. Der dbb kritisierte
unter anderem die Streichung
der Regelung über die Gewährung von Sonderzuschlägen zur
Sicherung der Funktions- und
Wettbewerbsfähigkeit als falsches Signal für die Zukunft und
als Wettbewerbsnachteil für
Sachsen-Anhalt. Nicht akzeptabel sei, dass Beamte auf Widerruf anstelle der bisher 13,29 Euro nur noch 6,65 Euro Vermögenswirksame Leistungen erhalten sollen.
Mit dem Gesetzentwurf macht
der Gesetzgeber des Landes
Sachsen-Anhalt von der ihm ab
September 2006 durch die Änderung des Grundgesetzes eingeräumten Gesetzgebungskompetenz im Besoldungsrecht Gebrauch. Geplant ist die Schaffung eines vollständigen „neuen“ Besoldungsrechts, das die
geltenden Gesetze und Rechtsverordnungen zu einem Besoldungsneuregelungsgesetz zusammenführt.
>
>
Als dramatisch bezeichnet die Deutsche Polizeigewerkschaft
(DPolG) die Zahl von fast 27 000 Delikten „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“. Dies bedeute eine Steigerung um rund 30
Prozent in den vergangenen zehn Jahren, erklärte die DPolG am
26. Mai 2008. Allein in Berlin werden durchschnittlich neun Poli
zisten täglich angegriffen, jeder Dritte wird dabei verletzt.
>
Erfolg bei der
Neuordnung des
Landesdisziplinarrechts
43
>
Volker Stich, Vorsitzender des
dbb baden-württemberg
maßnahmen ein, im Detail habe die Kritik des BBW jedoch
Wirkung gezeigt und zu einer
weitreichenden Verbesserung
des Rechtsschutzes für die betroffenen Beamtinnen und Beamten geführt. Unter anderem
sollen Gerichte nicht mehr allein auf die Rechtskontrolle beschränkt werden, sondern nach
eigenem Ermessen eine rechtswidrige Zumessung ändern
können. Bei statusberührenden
Disziplinarmaßnahmen wurde
darüber hinaus eine engere Einbindung der Rechtsaufsichtsbehörde erreicht.
Tarifergebnis wird übertragen
Die Einkommensentwicklung bei den Beamten von Land und Kommunen war Hauptthema eines Gespräches, zu dem die Vorsitzende des dbb rheinland-pfalz, Brigitte Stopp, und der Vorsitzende
des DGB Rheinland-Pfalz, Dietmar Muscheid, mit Finanz- und
Innenminister des Landes zusammentrafen. Vorgesehen ist, das
Tarifergebnis in 2009/2010 auf Beamte in Rheinland-Pfalz zu
übertragen. Nachbesserungen für das laufende Jahr sind nicht geplant.
>
>
Familienzuschlag rückwirkend zahlen
Der dbb berlin hat die beabsichtigte Erhöhung des Familienzuschlages ab dem dritten Kind für die Berliner Landesbeamten am
26. Mai 2008 begrüßt, gleichzeitig aber den Zeitpunkt der Anpassung erst am Tag nach der Verkündigung im Gesetz- und Verordnungsblatt kritisiert. Seit 1. September 2006 sei der Berliner Gesetzgeber bereits berechtigt und auch verpflichtet, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Ab diesem
Zeitpunkt hätte Berlin den verfassungswidrigen Zustand unmittelbar beseitigen müssen und nicht erst knapp zwei Jahre nach Übertragung der Besoldungsgesetzgebungskompetenz. Der dbb berlin
fordert deshalb eine rückwirkende Erhöhung des Familienzuschlags ab 1. September 2006.
BBW
Der Beamtenbund Tarifunion
Baden-Württemberg (BBW) hat
wesentliche Änderungen am
Gesetzentwurf zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts erreicht. „Wir konnten
uns zwar nicht auf ganzer Linie
durchsetzen“, räumte BBWChef Volker Stich mit Blick auf
die verbliebene Kompetenz der
Behörden für alle Disziplinar-
Schmerzensgelder erhöhen
Besoldungsforderuneng beschlossen
Der dbb schleswig-holstein fordert für alle Beamten, Versorgungsempfänger und Anwärter des Landes zum 1. Januar 2009 eine Erhöhung der Grundgehälter um 100 Euro und eine darauf aufsetzende lineare Einkommenserhöhung von acht Prozent. Das hat
der Landesbeirat des dbb Landesbundes am 27. Mai 2008 in Nortorf beschlossen.
Der dbb mecklenburg-vorpommern geht mit der Forderung nach
uneingeschränkter Übernahme des Tarifabschlusses TVöD bei
Bund und Kommunen für die Beschäftigten des Landesdienstes in
Mecklenburg-Vorpommern in die bevorstehende Einkommensrunde 2009. Das hat der Landeshauptvorstand am 28. Mai 2008
in Güstrow beschlossen. Der Tarifabschluss sei die Mindestforderung für die Tarifverhandlungen für den TV-L und sei darüber hinaus zeit- und inhaltsgleich auf die Landesbeamten und auf die
Kommunalbeamten zu übertragen.
> dbb magazin | Juli/August 2008
mitgliedsgewerkschaften
>
dbb > finale
>
VdB
Gewerkschaftstag
Die VdB Bundesbankgewerkschaft hat bei ihrem Gewerkschaftstag Ende Mai 2008 in
Berlin Harald Bauer zum neuen
Bundesvorsitzenden gewählt.
Dem neuen Bundesvorstand
gehören außerdem die stellvertretenden Vorsitzenden Melanie Neteler, Dieter Kleinschmidt und Matthias Herr-
>
mitgliedsgewerkschaften
44
Harald Bauer,
Bundesvorsitzender des VdB
mann an. Der bisherige
Bundesvorsitzende Karl-Heinz
Schmidt, der 20 Jahre an der
Spitze des VdB stand, wurde
zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Für die VdB-Politik
nannte der neue Bundesvorsitzende Harald Bauer fünf programmatische Hauptziele für
die nächsten vier Jahre. Konkret müsse Planungssicherheit
für alle Kolleginnen und Kollegen, eine Verbesserung der Altersstruktur, insbesondere im
Filialbereich durch Neueinstellungen sowie eine einheitliche
Bankzulage für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter er-
>
reicht werden. Verhindern will
der VdB weitere Filialschließungen und neuerliche Stellenreduzierungen in den
Hauptverwaltungen. Erreicht
werden sollen schließlich vergleichbare Personalanpassungsmaßnahmen für den Tarif- und den Beamtenbereich. >
Arbeitsplatzabbau verhindern
Die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn wird nach Auffassung
der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) negative Auswirkungen auf das Fernverkehrsangebot in der Fläche haben. Aufgrund des durch den Einstieg privater Investoren wachsenden Renditedrucks werde es zu Angebotsausdünnungen kommen, sagte
GDL-Chef Claus Weselsky am 23. Mai 2008 in Frankfurt am Main.
Viele größere Städte würden dann über keine oder nur über eine
erheblich verschlechterte Fernverkehrsanbindung verfügen. Ein
weiterer Arbeitsplatzabbau sei damit vorprogrammiert. Deshalb
lehne die GDL eine Teilprivatisierung der DB strikt ab.
BTE
Finger weg von der
hoheitlichen
Nacheichung!
„Finger weg von der hoheitlichen Nacheichung!“, warnt
die Gewerkschaft Mess- und
Eichwesen (BTE) angesichts
der Pläne des Bundesministeriums für Wirtschaft (BMWi),
Teile der Nacheichung zu privatisieren. Die regelmäßige
Nacheichung als hoheitliche
Aufgabe, die aus einer messtechnischen Kontrolle und einer Überwachung des Verwenders besteht, ist dadurch
akut von einer Zerschlagung
bedroht. Nach Meinung des
BMWi könnte die messtechnische Kontrolle durch Private
besser und günstiger erledigt
werden. Sofern ein entsprechendes Gesetz Wirklichkeit
wird, würde die Prüfung der
richtigen Funktion einer Waage oder einer Zapfsäule künftig von Privaten durchgeführt. Ein erster Referentenentwurf des neuen Gesetzes,
in dem der Begriff „Eichung“
selbst gar nicht mehr enthal-
Privatisierungserlöse nicht verfrühstücken
Die Verkehrsgewerkschaft GDBA hat den Bund als Eigentümer der
Deutschen Bahn AG aufgefordert, die Einnahmen aus der Teilprivatisierung vorwiegend in das Unternehmen Deutsche Bahn zu investieren. Anlässlich der Anhörung im Verkehrsausschuss des
Deutschen Bundestages sagte GDBA-Chef Klaus-Dieter Hommel
am 26. Mai 2008, die zu erwartenden Milliardenerlöse müssten
vorwiegend der DB zu Gute kommen und dürften nicht für andere
Vorhaben verfrühstückt werden. Es gelte, Bahnhöfe zu sanieren,
Strecken auszubauen und vor allem aber Arbeitsplätze zu sichern,
besser noch, neue zu schaffen. Zudem müsse der Bund dauerhaft
Mehrheitseigentümer der Deutschen Bahn bleiben.
> dbb magazin | Juli/August 2008
>
>
Arbeitsmarktpolitik verbessern
Der Bundesvorsitzende der komba gewerkschaft, Heinz Ossenkamp, fordert mit Blick auf die Neuordnung der Arbeitsmarktpolitik nach Hartz IV Klarheit statt Verlegenheitslösungen. Eine erste
Eingliederungsbilanz der Optionskommunen sei erst mit Verspätung zu erwarten. Diese zeitliche Verzögerung führe zu einer weiteren Verunsicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Statt
zahlreicher unterschiedlicher Lösungsvorschläge seien Klarheit
und Perspektiven für die Beschäftigten bei ihrer schwierigen Aufgabe in den ARGEn und Optionskommunen notwendig, so Ossen
kamp am 14. Mai 2008.
eine totale Neuausrichtung
zu – ein Vorgehen, das bei
vergleichbaren Privatisierungen nicht zum erwarteten
Ziel geführt habe, so
der BTE.
>
Ewald Schmidt,
Vorsitzender des BTE
ten sein soll, ist in den nächsten Tagen zu erwarten.
Nach Auffassung des BTE
muss eine Modernisierung
des Eichwesens in kleinen,
überschaubaren Schritten erfolgen. Die hoheitliche Nacheichung habe sich seit Verkündigung des Maß- und Gewichtsgesetzes im Jahr 1908
bewährt; dieses Erfolgsmodell des staatlichen Eichwesens dürfe nicht durch die
Einflussnahme einiger weniger Lobbyisten zerstört werden. Ungeachtet der massiven Bedenken steuere das
BMWi mit der Privatisierung
der Nacheichung jedoch auf
„Es scheint sich noch nicht bis
zum BMWi herumgesprochen
zu haben, dass eine Privatisierung keinesfalls das Allheilmittel zur Sanierung der
staatlichen Finanzmisere ist“,
so BTE-Vorsitzender Ewald
Schmidt. Deregulierungen erforderten immer aufwändigere Gesetze und Verordnungen, die anschließend vom
Staat überwacht werden
müssten. Mit dem neuen Gesetz rücke somit ein Bürokratieabbau in weite Ferne.
„Noch schlimmer ist, dass es
bei einer Überwachung ohne
die Fachkompetenz der neutralen staatlichen Eichbehörden künftig keinen wirksamen Verbraucherschutz mehr
geben wird“, so Schmidt weiter. Damit kämen ungeahnte
Kostensteigerungen auf die
Länder zu.
dbb > finale
>
VBE
Personalpolitik per
Scheckbuch
Einen „bundesweiten Lehrerarbeitsmarkt“ hat der Bundesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE),
Ludwig Eckinger, in der Süddeutschen Zeitung (Ausgabe
vom 26. Juni 2008) gefordert.
„Seit mindestens fünf Jahren
ist den Kultusministern der
drohende Lehrermangel be-
meren abgehängt werden.“
Der VBE-Chef warnte zugleich
vor einer Verschärfung des
Lehrermangels in den kommenden zehn Jahren. Auf 100
ausscheidende Lehrerinnen
und Lehrer kämen nur 60 neue
in den Beruf. Hinzu komme,
dass in Deutschland über 60
Prozent der Lehrkräfte 50 Jahre
und älter sind.
>
Ludwig Eckinger,
Bundesvorsitzender des VBE
mitgliedsgewerkschaften
46
kannt“, stellte Eckinger fest.
Getan werde nichts. Jetzt drohe eine Personalpolitik per
Scheckbuch, wie Hessen das
gerade vormacht. Das Abkaufen von Lehrerinnen und Lehrern werde auf dem Rücken der
Schülerinnen und Schüler ausgetragen, die in ärmeren
Bundesländern in die Schule
gehen. Dieses Verständnis von
Föderalismus sei skandalös:
„Der grundgesetzliche Auftrag,
gleichwertige Lebensbedingungen zu sichern, droht zu
kippen, wenn gute Bildung nur
noch in den finanzstarken Ländern gegeben ist und die är-
Der „Acht-Punkte-Plan“, mit
dem die Bundesregierung die
Finanzkontrolle Schwarzarbeit
(FKS) beim Zoll mit mehr Kompetenzen ausstatten will, entspricht langjährigen Forderungen der BDZ Deutsche Zollund Finanzgewerkschaft. Künftig soll es den Beschäftigten
>
Klaus Hilger Leprich,
Bundesvorsitzender des BDZ
der FKS unter anderem möglich sein, Strafbefehle zu erlassen und Bußgeldbescheide zu
verhängen. Nach Medienberichten ist darüber hinaus die
Verpflichtung für Arbeitnehmer vorgesehen, am Arbeitsplatz einen Lichtbildausweis
mitzuführen. Auch Arbeitgebern sollen zukünftig Bußgelder drohen, wenn ihre Angestellten und Arbeiter keine Papiere vorweisen können.
BDZ-Chef Klaus H. Leprich sagte zu den Plänen, die das Bundeskabinett in seiner nächsten
Sitzung beschließen will, die
Erweiterung der Kompetenzen
könne die Schlagkraft der Finanzkontrolle Schwarzarbeit
entscheidend stärken und die
aufwendigen Abläufe zwischen Hauptzollämtern und
Staatsanwaltschaften erheblich vereinfachen. Insgesamt
sei die Maßnahme hervorragend geeignet, die Bekämpfung der Schwarzarbeit und
der illegalen Beschäftigung
wirksam zu verbessern.
>
>
Internet-Mobbing eindämmen
Immer mehr Pädagogen werden nach Erkenntnissen des Deutschen Philologenverbandes (DPhV) im Internet durch Schüler diffamiert und bloßgestellt. Vom so genannten Internet-Mobbing seien
an deutschen Schulen rund 60000 Lehrer betroffen, schätzt DPhVVorsitzender Heinz-Peter Meidinger. Der Verband warnte am 26.
Mai 2008 vor einer stark steigenden Tendenz dieser Computer-Attacken. Nur die Behörden in Baden-Württemberg und NordrheinWestfalen hätten bisher ein Netz von Ansprechpartnern und Hilfeleistungen für attackierte Pädagogen installiert. Die diffamierende
und oft in persönliche Bereiche gehende Kritik von Schülern an
Lehrern werde besonders in Internet-Plattformen, Videobörsen und
Chat-Foren verbreitet.
> dbb magazin | Juli/August 2008
Personalie
Nach langer Krankheit ist Uta
Schnabel, die den BRH in der
Hauptversammlung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen BAGSO
vertreten hat, am 7. Juni 2008 im
Alter von 67 Jahren verstorben.
Die ehemalige Lehrerin war 1990
Gründungsmitglied des Thüringer Lehrerverbandes und bis
2001 Vorsitzende der Frauenvertretung des thüringer beamtenbundes tbb. Für ihr gewerkschaftliches Engagement war
ihr 1994 das Bundesverdienstkreuz verliehen worden.
BDZ
Mehr Kompetenzen
gegen Schwarzarbeit
>
>
DPVKOM
Schluss mit den
Schließungen
Die Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM) hat die
Pläne der Deutschen Post AG,
ihr gesamtes Filialnetz bis
2011 zu schließen, scharf kritisiert und gegenüber dem Postvorstand den sofortigen Stopp
aller Filialschließungen eingefordert. „Dies ist das völlig falsche Signal gegenüber Kunden
und Beschäftigten“, sagte der
>
Volker Geyer,
Bundesvorsitzender
der DPVKOM
Bundesvorsitzende der
DPVKOM Volker Geyer am
13. Juni 2008. „Die Deutsche
Post AG steht seit Anfang des
Jahres im vollen Wettbewerb.
Kunden kann die Post auf Dauer nur dann halten, wenn sie
den besten Service anbietet.
Das schafft sie nur mit eigenem, gut aus- und fortgebildetem Personal.“
Von den Filialschließungen
sind bundesweit mehrere tausend Beschäftigte betroffen,
für die das Unternehmen keine
gleichwertigen Arbeitsplätze
hat. Den Mitarbeitern werden
– wenn überhaupt – nur Ersatzarbeitsplätze in der Zustellung angeboten, oder sie kommen in den so genannten Personalüberhang ohne Beschäftigung. Geyer: „Wir halten diesen Personalabbau für völlig
überzogen, zumal es dafür keine wirtschaftliche Notwendigkeit gibt.“ Die Deutsche Post
AG sei ein gesundes Unternehmen. Deshalb fordert die
DPVKOM den sofortigen Stopp
der Filialschließungen.
dbb > finale
>
Zu langsam – Mit der
eingetragenen Höchstgeschwindigkeit von 19,3 Stundenkilometern raste ein 50
Jahre alter Landwirt mit einem
Mähdrescher über die Autobahn, um möglichst schnell
nach Hause zu kommen. Er
hatte die Maschine in Salzgitter gekauft und war auf dem
Weg nach Lüchow-Dannenberg, als eine Polizeistreife ihn
stoppte. Dass die Mindestgeschwindigkeit zur Benutzung
von Autobahnen bei 60 Stundenkilometern liegt, war dem
Fahrer nicht bekannt.
>
Zu alt – Ein Blechschaden,
den ein Autofahrer in Frankfurt-Griesheim in einer Fahrbahnverengung verursacht
hatte, blieb von ihm unbemerkt: Der Fahrer war stark
sehbehindert, hatte sein Hörgerät nicht eingeschaltet und
zudem das Autoradio bis zum
Anschlag aufgedreht. Nach
Würdigung aller Fakten durch
den Richter, musste der Angeklagte seinen Führerschein
beim Amtsgericht Frankfurt
abgeben. Der Amtsrichter war
allerdings so freundlich, dem
96 Jahre alten pensionierten
Polizeibeamten eine Kopie
seines Führerscheins aus dem
Jahr 1936, ausgestellt von der
„Dampfkessel-Überwachung“,
zu überlassen, damit er sich
das betagte Dokument als Erinnerungsstück an die Wand
hängen kann. Ein Hausnachbar des schwerhörigen Angeklagten versprach zudem,
künftig Chauffeurdienste zu
leisten. Das Verfahren wurde
ohne weitere Auflagen eingestellt.
>
Zu hungrig – Eine Elefantenplage beschäftigt
zurzeit die Wildhüter im
Südwesten Kenias. Sie
müssen immer wieder Elefanten zurücktreiben, die
aus dem Tsavo Nationalpark
auf die benachbarten Felder
wandern, um ihren Hunger
zu stillen. Viele Bauern verbringen inzwischen die
Nächte auf ihren Feldern, um
mit Trommeln und Trillerpfeifen gegen die Dickhäuter vorzugehen. Selbst
die Bildung leidet unter
der seit drei Monaten andauernden Elefanteninvasion. Die Kinder scheuen sich
aus Angst vor den Tieren vor
dem oftmals weiten Fußweg
zur Schule. Damit die Ernteschäden nicht zu Versorgungsengpässen führen, haben die Wildhüter Verstärkung aus Nairobi angefordert.
> Zu teuer – Mit 12,3 Prozent Inflationsrate und einem
in den letzten Monaten um
25 bis 33 Prozent gestiegenen
Spritpreis haben die Isländer
zu kämpfen. Viele von ihnen
bieten deshalb ihre Ponys, deren Zahl in den zurückliegenden Boom-Jahren als Wohlstandssymbole stark in die
Höhe geklettert war, zum Verkauf an. Die Tiere sind inzwi-
schen zu teuer, weil die Fahrten mit den schweren Jeeps
zum Heumachen oder zum
Pferdetransport nicht mehr zu
finanzieren sind. Das Problem: Niemand will die Ponys
haben. Vielleicht sollten die
Wikinger-Nachfahren besser
ihre Pferde behalten und die
Jeeps verkaufen.
>
Zu laut – Die
Dudelsackpfeifer
rund um das
Schloss der schottischen Hauptstadt Edinburg
bieten den Touristen einen
Einblick in original schottische
Gepflogenheiten – sollte man
meinen, doch weit gefehlt:
Das ständige Gedudel, an
manchen Tagen von acht Uhr
morgens bis zehn Uhr abends,
zehrt den Anwohnern mächtig an den Nerven. Bis zu 100
Beschwerdeanrufe gehen inzwischen pro Tag bei der Polizei ein, die aber nicht über die
notwendigen Ressourcen verfügt, diesen Hinweisen gezielt
nachzugehen. Deshalb sollen
jetzt die Pfeifer einen Vertrag
unterschreiben, der sie verpflichtet, leise zu spielen. Anderenfalls erhalten sie Verwarnungen wegen asozialen
Verhaltens, zudem kann ihnen im Wiederholungsfalle
der Dudelsack weggenommen
werden.
>
Zu leichtsinnig
– Wer hat sich nicht
schon über eine Fliege geärgert und Jagd
auf sie gemacht?
Allerdings sollte man
dabei bedenken, wo
man sich befindet.
Ein Auto ist jedenfalls
nicht der richtige Ort
für die Fliegenjagd. Das
musste ein Pkw-Fahrer
in Oelde erfahren, der auf
einer gut ausgebauten
Straße schnurgeradeaus
fuhr, als ihn eine Fliege
derart in Rage brachte,
dass er sich mehr mit ihr
als mit dem Lenken seines Fahrzeugs beschäftigte. Prompt prallte er
gegen den Bordstein, er
kam von der Fahrbahn
ab und landete frontal an einem Baum. Der Sachschaden
an seinem Fahrzeug beläuft
sich auf 7 500 Euro, er selbst
kam mit leichten Blessuren
davon. Die Fliege blieb unverletzt.
> dbb magazin | Juli/August 2008
47
kulisse
> Zu leichtgläubig – Es
brennt, es brennt! Bei diesem
Ruf tritt unverzüglich die Feuerwehr auf den Plan. So auch
in Willingen, Nordhessen,
nachdem ein Anrufer einen
Waldbrand gemeldet hatte. Da
zuvor in der Region zahlreiche
Brände aufgeflammt waren,
rückte die freiwillige Feuerwehr unverzüglich aus. Allerdings suchte der Löschtrupp
den gemeldeten Waldbrand
vergeblich. Nur der Vollmond
schimmerte prachtvoll durch
die Bäume. Der Anrufer hatte
den gelb leuchtenden Mondschein offenbar mit einem
Brand verwechselt.