Studium am IIT Madras
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Studium am IIT Madras
Erfahrungsbericht Name: Julia Stangl Heimatuniversität und Studiengang: Universität Passau, Master of Business Administration Auslandsuniversität und Studiengang: IIT Madras, Management Studies Von September – Dezember 2012 habe ich Auslandsstudium am Indian Institute of Technology Madras in Indien absolviert. Ich habe mich für Indien entschieden, weil es so extrem gegensätzlich zu Europa ist. In Indien findet man eine schier unendliche Vielfalt an Landschaften, Religionen und Kulturen vor. Die Mentalität und Einstellung der Menschen dort sind so unterschiedlich zu Deutschland. Aus diesen Gründen hat es mich gereizt, genau dieses Land näher kennenzulernen. Für das IIT Madras habe ich mich deshalb entschieden, da es eine Forschungskooperation zwischen einem Passauer Professor und einem IIT Professor seit vielen Jahren gibt und ich bereits zwei indische Professoren des IIT in Gastvorlesungen an der Universität Passau kennenlernen durfte. Desweiteren zählen die IIT’s in Indien zu Eliteuniversitäten, die international sehr anerkannt sind. Die Besonderheit des IIT Madras ist außerdem, dass sein Campus in einem Nationalpark gelegen ist und man vom Lärm, Dreck und Chaos der Großstadt Chennai überhaupt nichts Campus des IIT Madras mitbekommt. Rehe, Hirsche, Affen und viele andere Tiere laufen auf dem Campus frei herum. 1 Vorbereitung: Zunächst erfolgte die Bewerbung an der Passauer Universität am Lehrstuhl für Produktion und Logistik und beim Akademischen Auslandsamt der Universität Passau. Wenn man eine Zusage bekommen hat, hat man sich mit zwei „annexures“ (kann man auf der IIT Homepage herunterladen) an der indischen Universität beworben. Mit einem offiziellen Einladungsschreiben des IIT konnte man sich dann beim zuständigen Konsulat (München: Cox and Kings) um ein Studentenvisum bewerben. Dafür muss man mindestens einen Monat einplanen. Für Impfungen (Hepatitis A und B, Tollwut, Typhus, Tetanus/Diphterie/Polio und evtl. noch weitere) muss man auch genügend Zeit im Vornherein einplanen. Eine Auslandskrankenversicherung für die geplante Zeit muss abgeschlossen werden. Es ist auf jeden Fall zu empfehlen, eine Kreditkarte mitzunehmen, weil man an den Bankautomaten in Indien meist nicht mehr als 10.000 Rs (etwa 140 €) auf einmal abheben kann und dementsprechend hoch die Bankgebühren werden. Den Flug sollte man so früh wie möglich buchen. Mein Flug ging von München über Dubai nach Chennai mit Emirates. Der Vorteil von Emirates ist, dass man 30 kg Freigepäck und 7 kg Handgepäck mitnehmen darf, was v.a. bei der Heimreise leicht ausgeschöpft ist. Am Flughafen von Chennai wurden wir von einem indischen Studenten abgeholt, der uns auch in den folgenden Tagen bei administrativen Tätigkeiten zur Seite stand. Universität: Das IIT Madras zählt zu den staatlichen Eliteuniversitäten des Landes und hat international einen guten Ruf. Es studieren dort zwischen 3.000 und 4.000 Studenten, davon etwa 70 Internationals. Die Uni hat ein großes Angebot an Studienfächern und Kursen. Man hat während des Aufenthaltes einen Mentor, der einem bei Fragen zur Seite steht. Der Kontakt zu den indischen Studierenden ist sehr eng, vor allem, da man zusammen am Campus in Hostels lebt, zusammen in der Mensa isst und die Kurse mit maximal 30 Studenten sehr klein gehalten sind. Inder sind generell sehr hilfsbereit und kontaktfreudig und man wird sehr häufig angesprochen. Die Studienräume sind gut ausgestattet mit Beamer, PC, Klimaanlage und Ventilatoren. Studienbedingungen: Frontalunterricht ist die Regel. Die Studentenzahl pro Kurs beschränkt sich in der Regel auf max. 30 Teilnehmer. Es werden unter dem Semester Tests geschrieben und Hausaufgaben und Referate verlangt und am Ende eine Abschlussklausur geschrieben. Unterrichtssprache ist (indisches) Englisch. Die meisten Professoren versteht man sehr gut, bei manchen braucht man ein paar Wochen Eingewöhnungszeit. 2 Im Zimmer hat man über eine LAN-Verbindung Internet-Zugang. Dieser ist allerdings unter der Woche beschränkt auf 6-8 und 14-24 Uhr. Es gibt aber PC-Pools an der Uni, die 24 Stunden Internetzugang ermöglichen. Dort kann man auch Unterlagen ausdrucken. Unterkunft: Wir haben in Hostels auf dem Campus gelebt. Es gibt nach Geschlechtern getrennt 2 MädelsHostels und etwa 14 Jungs-Hostels. Um ein Zimmer mussten wir uns nicht kümmern, es war bereits alles bei Ankunft arrangiert. Die Zimmer sind ausgestattet mit Bett, Schrank, Tisch, Stuhl, Regal und Ventilator. Matratze, Moskitonetz und weitere Einrichtungsgegenstände gibt es im Campus-Shop „Gurunath“ zu kaufen. Die Bäder hat man sich etwa zu zehnt geteilt. In jedem Bad gibt es mindestens zwei (für uns normale) Duschen und eine westliche Toilette. Die Bäder werden täglich geputzt. Trotzdem sollte man unbedingt mit Flip Flop/ Badeschuhen reingehen. Zum Wäschewaschen kann man in den Hostels Zwei-Kammer-Waschmaschinen kostenlos nutzen, die allerdings nur 15 min bei sehr niedriger Drehzahl und mit kaltem Wasser laufen. Es hat eigentlich jeder die Wäsche per Hand gewaschen. Heißes Wasser bekommt man nur im Mädels-Hostel bei Wasserhähnen, die an einen Boiler angeschlossen sind (1 pro Etage). Zum Aufhängen sind im ganzen Hostel Wäscheleinen gespannt. Man muss nur aufpassen, dass die Wäsche nicht von den Affen geklaut wird (sind v.a. in der Früh sehr aktiv). Essen: Das Essen in der Mensa ist sehr eintönig, es gibt zweimal täglich Reis mit unterschiedlichen Soßen (sehr scharf!!), allerdings streng vegetarisch. Man kann aber alternativ auch im Café Coffee Day oder im „Restaurant“ Tifany’s am Campus essen. Außerhalb des Campus kann man gut in folgenden Restaurants essen: Tuscana (Italiener), Kryptos (Grieche), Zara (Tapasbar), Bella Ciao (Italiener),… In der Nähe des Taramani Gates (IIT Campus) ist ein riesiger IT-Park „Ascendas“, in dessen Foodcourt es McDonalds, KFC, Subway, PizzaHut,… gibt. Im 4. Stock des Shopping-Centers „Express Avenue“ sind auch jede Menge Fast Food-Ketten anzutreffen. Stadt: Die Stadt Chennai hat leider nicht so viel zu bieten. Sie ist ziemlich chaotisch, dreckig und laut. Der Strand enttäuscht leider, weil er auch sehr verdreckt ist und im Meer könnte man auch nicht baden, weil es zu gefährlich wäre. Allerdings sind zwei Shopping-Center sehr zu empfehlen: die indische „Spencer’s Plaza“ und die eher westlich orientierte „Express Avenue“. Das „Spencer’s Plaza“ bietet sich v.a. für den Kauf von indischer Kleidung und Souvenirs an. Desweiteren kann man im dort befindlichen Shop „Landmark“ Büroartikel, Elektroartikel, Einrichtungsgegenstände und Postkarten kaufen. In der „Express Avenue“ gibt es im Untergeschoss einen riesigen Supermarkt („Big Bazaar“) und im 4. Stock ein großes Kino (Karten müssen online vorbestellt werden). Zu den Shopping-Centern kommt man am günstigsten mit den motorisierten Rikschars. Etwa 100 Rs sind für die Entfernung zu den Shopping-Centern akzeptabel. 3 Der Campus hat einiges zu bieten. Es gibt viele Sportmöglichkeiten (Fitnessstudio, Gym, Tennisplatz, Beachvolleyballplatz, Fußballplatz, Cricketplatz,…), im Open Air Theatre werden jeden Samstag Kinofilme (abwechselnd auf Englisch und Hindi/Tamil) gezeigt und finden immer wieder mal Veranstaltungen statt, das Café Coffee Day ist ein beliebter Treffpunkt der Studenten und im Student Activity Centre finden auch dann und wann Veranstaltungen statt. Es bieten sich Tagesausflüge nach Kanchipuram und Mamallapuram (mit Krokodilfarm) an. Dorthin kommt man mit öffentlichen Bussen, die rechts vom Main Gate aus abfahren. Wochenendtrips kann man nach Trichy/Madurai, Pondicherry, Ooty (Teeplantagen) und Bangalore/Mysore machen. Am besten man arrangiert sich z.B. über www.makemytrip.de eine Bus- oder Zugfahrt. Das Klima ist leider etwas gewöhnungsbedürftig. Es ist das ganze Jahr über extrem heiß und feucht. Die besten Monate sind Oktober bis März. April bis September ist schier unerträglich. Eindrücke zum Leben in Indien: Wie bereits erwähnt sind die Inder sehr kontaktfreudig. Man wird überall sofort angesprochen. Die Menschen sind sehr offen, neugierig und hilfsbereit. Man kommt sofort in Kontakt mit den Menschen, schon alleine dadurch, dass man mit ihnen im Hostel zusammen lebt, in der Mensa zusammen isst und in der Uni zusammen studiert. Indien und insbesondere Südindien ist allerdings auch sehr konservativ. Es herrscht in vielen Bereichen eine Trennung von Mann und Frau (z.B. Hostel, Mensa, Bus, Kirche,…) Arrangierte Hochzeiten werden als ganz normal angesehen. Wir durften sogar eine live miterleben. Was man im Campus nicht mitbekommt, aber dann sehr deutlich bei den Reisen, ist, dass eine sehr große Armut in Indien herrscht, sehr viele Menschen auf der Straße im Dreck leben. Umweltverschmutzung ist auch ein großes Problem und außerhalb des Campus allgegenwärtig. Praktische Tipps: Krankenversicherung: Ich hab meine bestehende Auslandsreisekrankenversicherung bei der AXA, die jeweils für die ersten 30 Tage im Ausland gilt, einfach um die restlichen Tage verlängert. Dabei wurde auf den Tag genau abgerechnet. Insgesamt hat mich das unter 100 € gekostet. Visum Das STUDENTEN-Visum beantragt man beim zuständigen Konsulat. Dafür benötigt man unbedingt das Einladungsschreiben von der indischen Universität und einen gültigen Reisepass. Für die Beantragung des Visums sollte man mindestens einen Monat einplanen. Impfungen Notwendig sind Tollwut, Typhus, Tetanus/Diphterie/Polio und Hepatitis A und B. Wer total auf Nummer sicher gehen will könnte sich noch gegen Japanische Enzephalitis impfen lassen und eine Cholera Schluckimpfung machen. Ich war bei der AOK versichert, die die Impfkosten von etwa 250 € fast vollständig übernommen hat (mein Eigenanteil waren ca. 25 €). Die Krankenkassen der anderen Studenten haben alle mindestens 70 % der Impfkosten übernommen. 4 Reist man aus endemischen Gebieten und Südafrika nach Indien ein, ist zusätzlich eine Gelbfieberimpfung vorgeschrieben. Da ich über Dubai geflogen bin, war das nicht nötig. Bezüglich der Malariaprophylaxe hatte ich das Stand-by-Medikament „Malarone“ dabei (Kosten wurden auch von der Krankenkasse übernommen). Es über mehrere Monate einzunehmen, hatte mir aber zu große Nebenwirkungen. Daher hatte ich es nur, um, falls ich Malaria bekomme, ein wirksames Mittel dabei zu haben. Gebracht habe ich es zum Glück nicht. Grundsätzlich ist es wichtig, sich mit Sprays und Moskitonetzen gegen Moskitos zu schützen. Kosten und Zugang zu Geld Die Kosten sind in Indien generell sehr gering. Die Zimmermiete hat man zusammen mit der Mensa (3x tägliches Essen) gezahlt. Pro Monat habe ich 3.500 Rs (entspricht etwa 50 €) gezahlt. Der Hin-und Rückflug hat zusammen etwa 750 € gekostet. Das Visum hat etwas über 100 € gekostet. Auf dem Campus gibt es mindestens drei Geldautomaten (ATM). In den Großstädten findet man alle 5 min Fußmarsch einen ATM. In Shopping-Center ist auch immer mindestens ein Automat. Nützliche Informationen Indien ist sehr konservativ, man sollte also auf kurze Röcke, kurze Hosen, körperbetonende Shirts etc. verzichten, v.a. als Frau. Außerdem werden die Geschlechter (auch auf dem Campus) immer noch getrennt (Hostels, Mensa, Bus). Als Mädel sollte man also indischen Studenten nicht unbedingt um den Hals fallen, ausländische Jungs sollten im Gegenzug nur dann mit Inderinnen in Kontakt treten, wenn diese vorher auf einen zukommen. Die Studenten zollen Ihren Professoren einen immensen Respekt und das scheinen die Professoren auch zu erwarten. Grundsätzlich gilt: je freundlicher man ist, desto schneller geht alles, sei es im Café/Restaurant oder bei Behörden. In Tempeln müssen die Schuhe ausgezogen werden. Socken sind aber erlaubt;) Viele Inder sind strenge Vegetarier, eher Veganer: Also beim Anbieten von Essen (z.B. auch Kuchen) darauf hinweisen, dass u.U. Ei, Fleisch, etc. enthalten ist. In Tamil Nadu bedeutet Kopfwackeln „Ja“. Diese Geste sieht einem deutschen Kopfschütteln ziemlich ähnlich, bedeutet aber das Gegenteil. Mit der Zeit gewöhnt man sich an das Kopfwackeln und kann „ja“ und „nein“ auch ganz gut unterscheiden. Um sich vor Ort viel Stress zu ersparen, sollte man folgendes unbedingt von zu Hause mitnehmen: - etwa 15 Passfotos, - Moskitonetz für das Fenster und über das Bett, - Vorhängeschloss für die Tür, - Taschenlampe (wegen Stromausfällen), - Spanntuch für’s Bett, - Flip Flops zum Duschen, - Desinfektionsmittel für die Hände, - Durchfallmedikamente, 5 -auch wenn es in Indien immer extrem heiß ist, sollte man unbedingt auch Kleidung für kühlere Temperaturen mitnehmen (v.a. Schal) da in den Vorlesungsräumen meist auf 15 Grad abgekühlt wird und, falls man im Winter Reisen in den Norden machen will. Ein Adapter ist nicht nötig, da deutsche Stecker auch in indische Steckdosen passen. Insektenspray kann man vor Ort bei Gurunath kaufen (nach Odomos fragen!). Einen „Surge Protector“ zum Überspannungsschutz für elektrische Geräte ist unbedingt zu empfehlen. Diesen kann man vor Ort bei Gurunath kaufen. Kosmetikartikel und Büroartikel kann man bei Gurunath und im Shopping-Komplex kaufen. Reisen: Wenn man mehrere Monate in Indien verbringt, gehört Reisen einfach dazu. Hier ist zu empfehlen, sich einen Lonely Planet über ganz Indien zu kaufen. Dieser Reiseführer war wirklich Gold wert. Wir haben damit all unsere Reisen geplant und haben nur positive Erfahrungen mit den darin empfohlenen Hotels und Restaurants gemacht. Desweiteren sollte man von zu Hause einen genügend großen Rucksack mitnehmen, in den man genügend Gepäck für 1-2 Wochen rein bekommt. Bewährt hat sich auch ein dünner Schlafsack, da man nicht unbedingt mit den Hotelbettdecken in Berührung kommen möchte. Ein Fotoapparat mit genügend Speicherkarten versteht sich von selbst…. Man sollte auf jeden Fall mehrere Wochen für Reisen einplanen. Es gibt einfach zu viel zu sehen Im Folgenden ein paar Fotos als Anreiz: Backwaters in Kerala Rikschar + Fahrer in Kerala Golden Temple in Amritsar Taj Mahal in Agra 6 Amber Fort Sri Meenakshi Temple in Madurai Schlangenbeschwörer in Jaipur Gewürzmarkt in Delhi Fazit: Mir hat der Indienaufenthalt unheimlich gut gefallen. Ich hätte mir auch vorstellen können, noch länger zu bleiben, weil die Zeit extrem schnell vergeht und es einfach unglaublich viel zu sehen gibt. 7