BystronicWorld 2/2015

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BystronicWorld 2/2015
Das Magazin über Schneiden und Biegen 2/15
Border Engineering, UK:
Biegen im Namen des Gesetzes
MSL, Schweiz: Extreme Dünnblechschneider Fokus 3D-Schneiden: Die dritte Dimension im Wasserstrahlschneiden
Innovation: Was kann die kleine Abkantpresse Xpert 40? Swisco, Kanada: Die Geschichte zweier Schweizer
­Auswanderer
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14
22
32
EDITORIAL
Auf einen Blick
4 Kurznachrichten
Ereignisse aus der Welt von Bystronic
6 Border Engineering, UK
Ein Job-Shop produziert Metallteile
für britische Polizeiwagen
14 MSL, Schweiz
Der Schlosshersteller bewegt sich am Limit
des Möglichen
22 Fokus 3D-Schneiden
Mit der ByJet Flex verbindet Bystronic
2D- und 3D-Wasserstrahlschneiden
26 Innovation
Die Xpert 40 ist das Schweizer
­Taschenmesser unter den Abkantpressen
32 Swisco, Kanada
Ein ehemaliger Bystronic Mitarbeiter
leitet in der kanadischen Provinz eine
kleine Werkstatt
Liebe Leserin, lieber Leser
Es gibt tatsächlich Bystronic Kunden, die 0,3 Millimeter dünne
Blechtafeln schneiden. 0,3 Millimeter – das ist kaum dicker als
ein herkömmliches Blatt Papier. Derart dünnes Blech stellt den
­Anwender gleich vor mehrere Probleme: Das Schneidgas, das
mit 10 Bar auf das Blech drückt, biegt die Platte durch. Und bei
­feinen Konturen erwärmt der Laserstrahl das Blech so stark, dass
­z wischen eng beieinanderliegenden Schnitten das Material
­wegschmilzt. Fast könnte man zur Einsicht gelangen, es sei unmöglich, ein 0,3-Millimeter-Blech mit einem Laser zu schneiden.
Mit dieser Einsicht gibt sich der Schweizer Schlosshersteller MSL
allerdings nicht zufrieden. Denn für die Türschlösser, die MSL herstellt, benötigt das Unternehmen extrem dünne und filigrane Teile.
Die Lösung, die MSL gefunden hat, klingt relativ einfach: Ein Karton stützt das Blech und sorgt dafür, dass es nicht durchgebogen
wird. Ausgeklügelte Schneidpläne verhindern, dass die Wärme des
Lasers an den dünnen Stellen der Teile das Material wegschmilzt.
Mit ein paar Tricks hat MSL die Grenzen des Möglichen verschoben.
Lesen Sie die Reportage ab Seite 14.
IMPRESSUM
BystronicWorld – Das Magazin über Schneiden und Biegen
Herausgeberin:
Bystronic, Corporate Communications
Industriestrasse 21, CH-3362 Niederönz
Gesamtverantwortung: Jean-Pierre Neuhaus
Chefredaktion: Matthias Abplanalp
Beratung, Design, Redaktion und Produktion:
Primafila AG, Zürich und München
Auflage: 14 000 (Deutsch und Englisch)
Druck: Köpfli & Partner AG, Neuenhof, Schweiz
Papier: PlanoJet FSC, M-real Biberist, 120 g/m2
Auch das neuste Produkt im Portfolio von Bystronic überwindet
Grenzen – und zwar wortwörtlich. Die Abkantpresse Xpert 40 ist
mobil: Mit einem Gabelstapler stellen Sie die Maschine innerhalb
Ihrer Werkhalle einfach dorthin, wo Sie sie gerade brauchen –
heute neben die BySprint Fiber, morgen ganz woandershin. Und
wie schnell und präzise Sie mit der Xpert 40 ganz nebenbei auch
noch Teile biegen, lesen Sie im Innovationsbericht ab Seite 26.
Oder in der Coverstory, denn dort stellen wir Ihnen den ersten
­Bystronic Kunden in Grossbritannien vor, der eine Xpert 40 g
­ ekauft
hat: ­Stirling Beer, Betriebsleiter beim Job-Shop Border Engineering, ­unterwegs im Auftrag der britischen Polizei.
Für Abdruckrechte bitte mit Matthias Abplanalp Kontakt
aufnehmen: [email protected]
Für alle weiteren Belange: [email protected]
Abdruck ohne Absprache nicht gestattet.
Cover: Stirling Beer, Betriebsleiter Border Engineering,
fotografiert von Andrea Artz
Rücktitel: Rich Matheson fotografierte das Rätselbild
in Taiwan.
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Johan Elster
Leiter Business Unit Markets
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KURZNACHRICHTEN
Bystronic präsentiert ihre Lehrberufe
«Berufslehre mit Zukunft»: Unter diesem Motto hat
die Bystronic Laser AG an einer Gewerbeausstellung im
April im schweizerischen Herzogenbuchsee ihre Lehr­
berufe vorgestellt. Eine besondere Attraktion war
dabei die Automationsstrasse, welche die Lernenden
von ­Bystronic und ihrem Ausbildungspartner Althaus
ent­wickelt und am Messestand aufgebaut hatten.
«An ­unserem Messestand gab es Technik in Bewegung.
Das hat viele neugierige Besucher angelockt», sagt
Roland Wyler, Leiter Berufsbildung bei Bystronic Laser AG.
Über Lehrberufe liest man oft nur: Ein Auto­matiker entwickelt elektrische Steuerungen. Oder: Ein Produktionsmechaniker stellt Bauteile für Maschinen her. Was das
aber in der Praxis wirklich bedeutet, zeigte Bystronic mit
der Automationsstrasse vor Ort. An dem Projekt waren
sämtliche Lehrberufe von Bystronic und Althaus beteiligt:
angefangen bei angehenden Kauf­leuten über Informatiker und Anlagenbauer bis hin zu Polymechanikern
und Automatikern.
Die Lernenden von Bystronic und Althaus präsentieren ihre Automationsstrasse.
Bystronic erweitert die Gewährleistung
Kunde bezahlt
0 %
0 %
50 %
75 %
100 %
1. Jahr
2. Jahr
3. Jahr
4. Jahr
5. Jahr
100 %
75 %
50 %
25 %
Gewährleistung
Gutschrift
Bystronic erweitert die bisherige Gewährleistung auf die BySprint Fiber mit einem neuen
Gutschriftenpaket – dem Trust Pack Fiber. Im ersten Jahr ab Kauf einer BySprint Fiber übernimmt
Bystronic wie bisher die volle Gewährleistung. Ab
dem zweiten Jahr erhalten Kunden mit dem Trust
Pack Fiber neu eine Gutschrift von 100 Prozent auf
alle hochwertigen Teile der Laserquelle. Darin inbegriffen sind die Leistungsmodule, der Combiner,
die Steuerung, die Arbeitsfaser und der Schneidkopf (ohne Verschleissteile wie Düse, Düsenkörper
und Schutzglas). Ab dem dritten Jahr beträgt die
Gutschrift auf hochwertige Teile der Laserquelle
50 Prozent. Im vierten Jahr übernimmt Bystronic
schliesslich noch 25 Prozent der Kosten. Das Trust
Pack Fiber ist für die BySprint Fiber in allen Leistungsstufen erhältlich.
Neuer Marktchef für Asien
und Australien
Auf den 1. Januar hat Norbert Seo die Leitung der Markt­­division
Asien und Australien übernommen. Er folgt auf Daniel Nauer.
­Norbert Seo verfügt über langjährige Erfahrung in Verkaufs- und
Führungspositionen in der Werkzeugmaschinenindustrie. Aufgewachsen ist er in Österreich und Deutschland, heute lebt er mit
­seiner Familie in der koreanischen Hauptstadt Seoul.
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KURZNACHRICHTEN
Observer: Jetzt auch
für Abkantpressen
Bystronic erweitert den Observer: Für Laser- und
Wasserstrahlschneidanlagen hat sich das Fernüber­
wachungssystem bereits bewährt, nun können Bystronic
Kunden den Observer auch auf Abkantpressen einsetzen. Der mobile Zugang zu Fertigungsprozessen wird
für blechverarbeitende Unternehmen immer wichtiger. «Wir spüren bei unseren Kunden einen wachsenden Bedarf an integrierten Überwachungsfunktionen»,
erklärt Karsten Trautvetter, Produktmanager Biegen
bei Bystronic.
Der Observer ist eine kameragestützte Fernüber­
wachung, die Anwender über den Betriebszustand
ihrer Anlagen und den Fortgang der Auftragsbear­
beitung informiert. Der Zugriff erfolgt über webfähige
Endgeräte wie Notebook, Tablet und Smartphone.
Der Zugriff auf den Observer erfolgt
über webfähige Endgeräte wie Notebook,
Tablet und Smartphone.
Neue Büros für Bystronic Kanada
Im November 2014 hat die kanadische
Servicezentrale von Bystronic grössere
Büroräume bezogen. Der neue Standort ist
gegenüber den alten Räumen mehr als
doppelt so gross. Dieser Schritt war dringend nötig, denn der Markt in Kanada
wächst. Die neuen Büros befinden sich nach
wie vor in Mississauga im Einzugsgebiet
von Toronto. «In Mississauga sind wir im
dicht besiedelten Osten Kanadas. 80 Pro­
zent unserer Kunden befinden sich hier»,
erklärt Verkaufsleiter Vincent Meillet.
­ ystronic Kanada bleibt mit den neuen
B
Büroräumen eine reine Servicezentrale. Den
Verkauf von Maschinen sowie Maschinenvorführungen für kanadische Kunden wi­
ckelt wie bisher Bystronic USA von ihrem
Standort in Elgin im Grossraum Chicago ab.
Open House in Schweden: 3D-Schneiden im Fokus
Bystronic Skandinavien hat am 23. April zum
Open House in ihr Democenter in Rosersberg
eingeladen. Dort zeigte Bystronic bestehenden
Kunden und Interessenten aus Skandinavien
und den baltischen Staaten erstmals die kleine
Abkantpresse Xpert 40, den Online-Dienst
ByOptimizer sowie die Wasserstrahlschneidmaschine ByJet Flex mit 3D-Schneidkopf. «Mit
der ByJet Flex bieten wir unseren Kunden
eine hochwertige Lösung zum 3D-Schneiden»,
betont die Geschäftsführerin Camilla Montén.
«Und die Lösung ist flexibel, denn unsere
­Kunden können heute eine ByJet Flex zum
2D-Schneiden kaufen und später einen oder
zwei 3D-Schneidköpfe dazukaufen.»
Mehr zum Thema 3D-Schneiden ab Seite 22.
Am Open House vom 23. April präsentierte Bystronic
Skandinavien ihren Besuchern den Online-Dienst
ByOptimizer, der dank neuartiger Technologie zum
Gruppieren der Teile das Blech optimal ausnutzt.
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BORDER ENGINEERING UK
Stirling Beer biegt im
Namen des Gesetzes
Border Engineering im südenglischen Luton produziert Blechteile für
Polizeiwagen. Dank einer Xpert 40 und einer Xpert 100 biegen die
Maschinenbediener die Teile schnell und präzise. Dank BySoft 7 muss
der Programmierer keine Kartonmodelle mehr verwenden.
Text: Dan Whitaker Fotos: Andrea Artz
E
s ist eine ruhige Nacht im Stadtzentrum von
Luton, als plötzlich eine Sirene aufheult.
Blaulicht spiegelt sich in den Pfützen am
Strassenrand. Ein weiss-gelb-blau gespritzter
Polizei­wagen beschleunigt und manövriert das
von ihm verfolgte Fahrzeug aus. Kurz darauf ist
der Straftäter gefasst.
Vieles muss zusammenpassen, damit eine solche
Aktion erfolgreich ist: Einzelne Zeugen des Ge­
schehens reden von der Professionalität des
Fahrers. Andere wiederum von seinem Wagen,
natürlich ein Vauxhall, denn hier in Luton nördlich
von London steht die riesige Fabrik, die alle britischen Vauxhall-Wagen produziert. Fast unbemerkt
hingegen bleiben zwei weitere Firmen: Erstens
die Spezialisten vom Millbrook Proving Ground in
der Nähe, die den Vauxhall für Polizei­z wecke umgebaut haben. Und zweitens die Firma Border
Engineering Ltd, die Millbrook die dazu notwendigen Metallteile liefert.
Betriebsleiter Stirling Beer, ein Mann aus der
Gegend, Mitte 30 und voller Energie, sitzt in seinem neuen Büro auf dem Industriegelände von
Border Engineering in Moreton Park. Er bemüht
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«Unsere beiden Abkantpressen haben das
Ge­schäft revolutioniert. Wir können uns darauf
verlassen, dass jedes Teil richtig herauskommt.»
Stirling Beer, Betriebsleiter, Border Engineering
sich zwar, ruhig ein paar Fragen zu beantworten.
Aber es ist offensichtlich, dass er möglichst bald
zurück in die Werkhalle will, wohin er eine halbe
Stunde später auch entschwindet. Stolz führt er
dort die soeben gelieferte Abkantpresse Xpert 40
von ­Bystronic vor. «Schauen Sie sich das an», sagt
Stirling Beer begeistert und greift nach einem
Stapel von mindestens 50 identischen 15 Zenti­
meter langen Edelstahlteilen.
In einer guten Minute biegt er das 1 Millimeter
dicke Werkstück von der zweidimensionalen in eine
dreidimensionale Form. «Ein Dämpfungsblech», 
Links: Stirling Beer, Betriebsleiter
bei Border Engineering, produziert mit Abkantpressen und
Laserschneidern von Bystronic
Metallteile für Polizeiwagen.
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BORDER ENGINEERING UK
Ein typischer Job-Shop: In der Werkhalle von Border Engineering entstehen Dämpfungsbleche für Polizeiwagen, Halterungen für Überwachungskameras und
­Metallteile fürs Badezimmer für die ausgefallensten Kunden.
BORDER ENGINEERING UK
Border Engineering verwendet zwei Abkantpressen von Bystronic: Maschinenbediener Steve Poulter biegt Teile auf der Xpert 100 (oben) und lernt mit Betriebsleiter Stirling
Beer die Touchscreen-Steuerung der eben gelieferten Xpert 40 kennen (unten).
BORDER ENGINEERING UK
Der Chef zeigt, wie es geht: Betriebsleiter Stirling Beer demonstriert an einem Biegeteil die Präzision und die Geschwindigkeit der Xpert 40.
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BORDER ENGINEERING UK
ruft er, um den Lärm in der Werkhalle zu übertönen.
Er erklärt, das Teil halte den Motor kühl, wenn der
Polizist seinen Wagen abrupt bremsen müsse.
Border schickt die Teile zu Millbrook, wo sie in die
Vauxhall-Polizeiwagen eingebaut und auf dem
285 Hektar grossen Gelände getestet werden. Ein
anderer Kunde von Border – die Firma AutoUmbau
– tut das Gleiche für Polizeiwagen von Hyundai,
BMW und Volvo. Fast immer, wenn ein Polizeiwagen
in der Region einen Fahrer zum Anhalten zwinge,
sei Border Engineering indirekt beteiligt. Stirling
Beer schmunzelt.
Einmal 40 – einmal 100
Mit komplexen Biegeteilen hat sich Border einen
Namen gemacht. Gebogen werden Kupfer, Messing,
Stahl und Aluminium, und zwar bis 0,8 Millimeter
dünn. Stirling Beers Worte dazu sind genau das,
was ein begeisterter Bystronic Maschinenbauer 
Mit Hilfe von BySoft 7 und intensivem YouTube-Selbststudium hat sich
Marek ­Bonna vom Schweisser zum Programmierer weitergebildet.
Britische Polizeifahrzeuge
Grossbritannien zählt 52 Polizeitruppen. Zwar versucht die Regierung
geschlossene Autobahnsysteme eine Herausforderung dar. Sie zwingen
immer wieder, diese zusammenzulegen, um Geld zu sparen und die
die Polizeikräfte zur Zusammenarbeit. Auch wenn sie mit der italieni-
Effizienz zu erhöhen. Doch wird dies regelmässig vereitelt. Insgesamt
schen Staatspolizei mit ihren Ferraris und Lamborghinis nicht mithalten
kauft die Polizei jedes Jahr etwa 5000 Wagen: vom 1,3-Liter-Vauxhall-
können, geben britische Polizisten doch hin und wieder einen schnittigen
Corsa bis zu gepanzerten Fahrzeugen der Marke Jankel – neben diversen
Sportwagen in Auftrag. So erhielt die Polizei von Avon und Somerset in
Booten, Hubschraubern, Motor- und Fahrrädern.
diesem Jahr den ihrer Meinung nach schnellsten Polizeiwagen der Welt:
Das Einzige, was die Regierung zur Effizienzsteigerung durchsetzen
den Ariel Atom mit 355 PS – er beschleunigt in weniger als 2,5 Sekunden
konnte, war eine Beschränkung der Zahl der Autohersteller, welche die
von 0 auf 100 km/h.
Polizei beliefern. Standardstreifenwagen kommen nun von Vauxhall,
Viele Polizeibeamte entwickeln eine Beziehung zu ihrem Dienstwagen.
Ford, Hyundai und Peugeot. Auf Autobahnen ist der BMW 530 das am
Police Car UK heisst der Liebhaberverein, dem vor allem berufstätige und
häufigsten eingesetzte Polizeifahrzeug, ergänzt durch Audi und Volvo.
pensionierte Polizisten angehören. Ausserdem macht ein spezialisiertes
Alle Polizeifahrzeuge werden aus handelsüblichen Versionen umgebaut –
Unternehmen gute Geschäfte mit dem Verkauf wieder instandgesetzter
meist nicht durch die Fabrik selber, sondern durch Spezialunternehmen.
ehemaliger Polizeiwagen.
Beispielsweise haben die Fahrzeuge in Grossbritannien ein «Run-Lock-­
System»: Der Motor läuft weiter, auch bei herausgezogenem Zündschlüssel.
Das liefert genügend Strom für Zubehör am Ort des Geschehens. Wer
einen Polizeiwagen stehlen möchte, sollte jedoch wissen: Sobald man
die Handbremse löst, ohne den Zündschlüssel einzustecken, schaltet sich
der Motor aus.
Zu den Änderungsmöglichkeiten zählen zudem: Anpassungen für
ein kraftvolleres Bremsen, Blaulicht und zusätzliche rote Rücklichter,
Sirene, Halterungen für Funkgeräte und automatische Autokenn­zeichen­
erkennung, Ausstattung für das Festhalten eines Beifahrers, Möglich­
keit der Entfernung der Hecktür und Fenster­steuerung sowie zusätzPolizeiwagens ein Erste-Hilfe-Set, eine Laserpistole, ein Alkoholtester,
Nagelstreifen, Rammbock, Taser und ein Besen (um den Tatort nach
Sicherstellung von Beweismaterial sauber zurückzulassen).
Die leistungsstärksten Fahrzeuge – jene der Verkehrspolizei – waren
­früher im Rückstand gegenüber jenen der nordeuropäischen Nachbarn,
die ihre Autobahnsysteme früher ausgebaut hatten. Als Grossbritannien
1959 aufholte, besuchte ein Team von leitenden Polizeibeamten
Deutschland und die Niederlande. Für ein Polizeisystem, das so frag­
mentiert ist wie das britische, stellen schnelle, praktisch in sich
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Foto: Mauritius Images/Alamy
liche Reserveräder. Weiter gehören zur Standardausstattung eines
Alle britischen Polizeiwagen werden in dafür spezialisierten Unternehmen
aus handelsüblichen Modellen für den Einsatz bei der Polizei umgebaut.
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BORDER ENGINEERING UK
Stirling Beer bespricht mit seinem Mitarbeiter Dawson Richards ein Metallteil: Der Betriebsleiter steht am liebsten
in der Werkhalle am Ort des Geschehens.
«Die Arbeit liegt nicht am Strassenrand herum.
Wir müssen uns um die Aufträge bemühen.
Präzision gilt heute als selbstverständlich – die
Geschwindigkeit entscheidet.»
Stirling Beer
gern hören möchte: «Unsere beiden Abkantpressen
haben das Geschäft revolutioniert. Sie sind schnell
und genau. Wir können uns darauf verlassen, dass
jedes Teil richtig herauskommt.» Und er fügt an:
«Sie brauchen etwa ein Drittel so viel Strom wie
die Maschinen der Konkurrenz. Dadurch konnten wir uns einen teuren Ausbau unserer Strom­
versorgung sparen.»
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Neben der Xpert 40 – der ersten in Grossbritannien –
betreibt Border eine Xpert 100 und ist dadurch
flexibel. «Für grössere Arbeiten bevorzuge ich die
Xpert 100 mit ihren zusätzlichen Hinteranschlägen
und der breiteren Ablage», erläutert Stirling,
«dafür ist die Xpert 40 mit ihren Hinteranschlägen
und ihrem Verfahrweg schneller – und sie arbeitet
genauer.» Zwei Abkantpressen zu haben sei ein
grosser Vorteil: «Die Arbeit liegt ja nicht am
Strassen­
rand herum. Wir müssen uns um die
Aufträge bemühen. Präzision gilt heute als selbstverständlich – die Geschwindigkeit entscheidet.»
Der Output ist beeindruckend. In einer Ecke wächst
ein Stapel von Teilen für Käfige für den Transport
von Hunden hinten im Polizeiwagen. Stirling Beer
zeigt die Anschlüsse für die Klimaanlage – ein
Polizeihund darf keinen Hitzekollaps erleiden. An
einer anderen Wand lehnen Halterungen für Über­
wachungskameras – ein grosser Markt in Gross­
britannien und ein weiteres wichtiges Kunden­
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BORDER ENGINEERING UK
segment von Border. Alles wird mit einer 2-Kilowatt
BySprint Fiber geschnitten, die das Unternehmen
gleichzeitig mit der Xpert 100 angeschafft hat.
Vom Karton zu digital
Komplexe Biegeoperationen machen Stirling keine
Sorgen, im Gegenteil: Er freut sich über die He­r­
ausforderung. Früher hat Steve Poulter, der er­
fahrenste Maschinenbediener bei Border, je­weils
mit Kartonmodellen gearbeitet. Damit hat er verschiedene Biegefolgen getestet, bevor er das Me­
tall eingesetzt hat. Neuerdings erhält sein euklidischer Sinn für Geometrie allerdings Kon­kurrenz
durch die Software BySoft 7. Sie läuft mit Solid­
Works, der marktführenden CAD-Software. Darüber
freut sich Marek Bonna.
«Fast alle unsere Kunden verwenden SolidWorks»,
sagt Marek. Schickt ihm ein Kunde morgens um
­9 Uhr Konstruktionsangaben per E-Mail, hat er um
­9.30 Uhr mit BySoft 7 einen Schneid- und Biegeplan
dafür erstellt. Und bis 12 Uhr hat Maschinen­
bediener Steve Poulter die Teile bereit zur Aus­
lieferung. Die intuitive Steuerung der Software
spare Zeit und verringere die Fehlerquote, betont
Marek. Mit Hilfe von BySoft 7 und «Hunderten
Stunden Selbststudium mit YouTube» ist der junge
Pole Marek Bonna vom Schweisser zum Pro­
grammierer aufgestiegen. Wie ihm seine Arbeit
gefalle? «Ich bin seit 13 Jahren bei Border und will
hier nicht weg.»
Eine Familienangelegenheit
Die Firma Border wurde 1987 vom Vater des heutigen Geschäftsführers Andy Gerrard gegründet.
Andy Gerrards Schwester leitet heute die Finanz­
abteilung, Stirlings Frau macht die Buchhaltung.
Stirling Beer hat hier 1991 als Lehrling begonnen.
Bei Border mit seinen 19 Mitarbeitenden scheint
sich das Geschäftliche mit dem Privaten zu verbinden. Die Mitarbeitenden fühlen sich aber nicht
nur während der Arbeit als Teil einer Familie, sondern auch ausserhalb – beispielsweise wenn sie
gemeinsam zum 3 Kilometer entfernten Sport­
platz fahren, um den Fussballklub von Luton anzufeuern. Und wer die «Hatters», wie das Team nach
den früher in der Region tätigen Hutmachern benannt ist, unterstützt, beweist Ausdauer, ist doch
die Mannschaft viermal hintereinander abgestiegen, bevor sie sich kürzlich zaghaft zu erholen
begann.
Stirling Beer sieht den Spirit von Border auch bei
anderen Unternehmen vor Ort. Er nennt Kunden
in der Nähe, die auf ihrem Gebiet Überdurch­
schnittliches leisten: Millbrook, das Polizeiwagen
umbaut; Bell Classics, das bei Border ab und zu ein
Ersatzteil für einen altehrwürdigen Aston Martin
bestellt; Silent Sentinel, das hochstehende Video­
überwachungsanlagen konstruiert. Als ich Vaux­
hall nenne, das seine Muttergesellschaft General
Motors die letzten Jahre viel Geld gekostet hat,
zuckt Stirling ein wenig zusammen.
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Für den Kunden «Mad Alan» hat Border Stahlteile geschnitten – für das
Badezimmer in der umfunktionierten Kirche, in der er wohnt. Alan gibt
eine Empfehlung für Border ab: «Superfreundlich, superhilfsbereit.»
Dann schaut Steve Poulter in Stirlings Büro vorbei
und sagt, ein Kunde namens «Mad Alan» sei gerade
aufgetaucht. Er werde ihn mir vorstellen. Zuerst
halte ich Mad Alan für einen Über­namen, den
Border einem exzentrischen Kunden gegeben
hat. Alan ist in der Tat sehr unkonventionell mit
seinen grossen Tattoos, gestochen im eigenen
Salon. Seinen Namen hat er aber ganz offiziell
geändert: Stolz zeigt er seinen Führerschein, der
auf Mad Alan ausgestellt ist. Alan ist ein überaus
zufriedener Kunde. Border hat für ihn Stahlteile
geschnitten – für das Badezimmer in der umfunktionierten Kirche, in der er wohnt. Und dies so
schnell, präzise und bereitwillig, dass Alan eine
Empfehlung abgibt: «Superfreundlich, superhilfsbereit.» Der Polizeiwagenausstatter Millbrook
steht am einen Ende der Kundenskala von Border
Engineering – Mad Alan am anderen. Stirling Beer
steht hinter beiden mit derselben herzlichen
Ernsthaftigkeit. ■
Dan Whitaker ist freischaffender Wirtschaftsjournalist.
Er schreibt branchenübergreifend für die Financial
Times und The Economist.
13
Die kleinteilige Welt von MSL:
1,2 Millimeter dünn, knapp 1 Zenti­
meter im Durchmesser, mehr als
1000-mal findet das Teil Platz auf
einer einzigen Blechtafel.
MSL SCHWEIZ
Die
Filigrantechniker
Die Firma MSL schneidet Blechtafeln so dünn wie Folien.
Die Teile, die sie daraus ausschneidet, sind filigran wie
Schmuckstücke. Der Schweizer Schlosshersteller bewegt
sich am Limit des Möglichen.
Text: Matthias Abplanalp Fotos: Michael Meier
D
ie Blechtafel, die auf dem Rost der
Laserschneidmaschine liegt, mutet fast
niedlich an. Zwar immerhin 2 Meter
lang, aber nur etwa 30 Zentimeter breit – eher
ein Blechstreifen als eine Tafel. Filigran ist das
Teil, das die BySprint Pro mehr als 1000-mal aus
diesem Blechstreifen ausschneidet: Es sieht aus
wie ein Fingerring, feine Zacken zieren die
Innenkontur. Gebaut ist das Teil aus 1,2 Milli­
meter dünnem Edelstahl. Wobei, was heisst
dünn? Bei der Firma MSL gelten 1,2 Millimeter
schon fast als Dickblech.
Ivan Altermatt zeigt auf das Blechlager, das
an mehreren Wänden der Produktionshalle bis 
15
MSL SCHWEIZ
«Da, wo es bei uns von der
Grösse her aufhört, fängt
es bei den meisten anderen
­Werkstätten erst an.»
Ivan Altermatt,
Leiter Stanzerei/Laserschneiderei MSL
«Wir müssen aufpassen, dass
uns die Wärme des Lasers an den
dünnen und spitzen Stellen
das Material nicht wegschmilzt»,
erklärt Ivan Altermatt, der bei
MSL die Laserschneiderei leitet.
unter die Decke reicht: «In jeder Schublade liegt
eine andere Sorte Blech. Es ist unglaublich, wie
viele Sorten wir haben.» Ivan Altermatt leitet bei
MSL die Produktionshalle, in der 13 Mitarbeitende
aus dem Rohmaterial Halbfabrikate stanzen und
lasern. Viele der Blechsorten im Lager sind Spezial­
bleche, die der Blechlieferant extra für MSL herstellt – in kleinen Streifen, von denen einer gerade
auf dem Rost der BySprint Pro geschnitten wird.
Aus Spezialblech wie zum Beispiel dünnem Feder­
stahl, der dreimal fester ist als normaler Stahl, baut
die Firma MSL Türschlösser, die enorme Kräfte
aushalten. Schliesslich will ja niemand, dass seine
Haustüre birst, wenn sich ein Ein­brecher mit dem
Stemmeisen daran zu schaffen macht.
Am Limit des Möglichen
MSL steht für Mechanische Schlosserei Lützel. In
der Gemeinde Kleinlützel im Norden der Schweiz,
an einem Waldrand kurz vor der französischen
Grenze, bauen 100 Mitarbeitende Schlösser, die
zu den besten auf dem Markt zählen: Ein­steck­
schlösser für Holztüren, Verriegelungs­systeme für
16
Schulhäuser, Schlösser für Not­aus­gänge in Ein­
kaufszentren. In vielen dieser Schlösser steckt
mittlerweile Elektronik: Badges oder Fingerleser
ersetzen den klassischen Schlüssel. Die elektronischen Bauteile kauft MSL ein, aber alle Blechteile
produziert das Unternehmen selbst. «Von der Kon­
struktion bis zur Montage, wir wollen das Produkt
in den eigenen Händen haben. So haben wir
auch die Qualität im Griff», erklärt Ge­schäftsführer
Xaver Allemann. Die Konsequenz dieser Philo­
sophie: MSL stellt etwa 20 000 verschiedene Blech­
teile her.
Das Innenleben von Türschlössern gleicht einem
Uhrwerk: Schraubt man das Gehäuse ab, erscheint
ein kleinteiliges Gewirr aus Nieten, Bolzen und
gelaserten Teilen in allen erdenklichen Formen.
Unent­wegt nesteln die Monteure die bis zu 200
Teile zusammen, aus denen sich ein Schloss
zusammensetzt – kaum ein Teil ist grösser als ein
Finger­nagel. «Da, wo es bei uns von der Grösse her
aufhört, fängt es bei den meisten anderen Werk­
stätten erst an», betont Ivan Altermatt. Bei dicken
Blech­tafeln von 20 oder 25 Millimetern würde er 
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MSL SCHWEIZ
Sowohl die rein mechanischen (oben) wie auch jene mit elektronischen Komponenten: Alle Schlösser werden bei MSL in Handarbeit montiert,
weil die Vielfalt an Schlossvarianten eine Automatisierung verunmöglicht.
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MSL SCHWEIZ
Geschäftsführer Xaver Allemann verfolgt mit dem Schweizer Schlosshersteller MSL
eine konsequente Innovationsstrategie: «Vor 20 Jahren haben wir gesagt: Mut zur Lücke,
wir bauen nur Schlösser, da stecken wir aber unsere ganze Innovation rein.»
«Der Laser war der technologische Schlüssel»
Herr Allemann, früher galt: Ein Schloss ist umso sicherer, je grösser
Wann kommt bei Schlössern die Elektronik ins Spiel?
und schwerer es ist. Heute werden bei MSL viele kleine, feine Teile
Wenn es um neue Formen von Zutrittsberechtigungen geht. Hier bewe-
hergestellt. Was ist passiert?
gen wir uns weg vom klassischen Schlüssel. Zutrittsberechtigt ist nicht
Das will nicht heissen, dass die Schlösser heute weniger sicher sind. Im
mehr einfach der Schlüsselträger, sondern wer sich mit Badge, Zahlencode,
Gegenteil, wir setzen heute hochfeste Materialien ein, die die Sicherheit
Fingerabdruck oder auch mit Iriserkennung identifiziert. Heute funktio-
trotz kleiner Abmessungen erhöhen. Wir bauen Schlösser, die den Flucht­
niert der Zutritt auch bereits übers Handy. Das Schloss korrespondiert mit
weg sicherstellen und zum Brandschutz beitragen. Wir bauen Schlösser,
einer Cloud, die sagt, wer wann rein darf und wer nicht.
die zum Öffnen und Schliessen elektrisch angesteuert werden. Das hat vor
20 Jahren noch niemanden interessiert. Damals waren das unsere
Kann ich auf meinem Handy auch sehen, ob bei mir zu Hause gerade
Nischen, heute sind es Megatrends.
alle Türen verschlossen sind?
Ja klar, sie können das Schloss sogar steuern. Smartphones und Smart­
Wie stellt ein Türschloss den Fluchtweg sicher und trägt zum
watches sind die neue Welt der Zutrittskontrolle. Aber schliesslich braucht
Brandschutz bei?
es immer etwas, das eine Türe verriegelt und entriegelt. Und das ist ein
Mit einem Schloss, das zwar verriegelt ist, aber trotzdem von innen
mechanisches Schloss, das elektrisch angetrieben und elektronisch ange-
­geöffnet werden kann – nur indem man den Türdrücker betätigt.
steuert wird.
Von aussen bietet das Schloss Einbruchschutz, von innen kann man
es aber zum Beispiel im Brandfall jederzeit ohne Schlüssel öffnen.
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MSL SCHWEIZ
Elektronische Zutrittssysteme kennen wir heute vor allem von
öffentlichen Gebäuden. Kommt das auch im privaten Bereich?
Das wird noch viel zu wenig genutzt. Schauen Sie, wie heute eine
Autotüre funktioniert. Wenn ich mich dem Auto nähere, öffnet sie sich,
wenn ich mich entferne, verriegelt sie sich wieder. Den Autoschlüssel
oder zumindest etwas Schlüsselähnliches trage ich dazu einfach
in der Hosentasche. Wieso soll das bei einer Haustüre nicht so sein?
Solche modularen Lösungen werden kommen.
Was heisst modular?
Einzelne Module ergeben eine Gesamtlösung. Heute verkaufen
wir unsere Schlösser dem Fachhandel. Dort werden sie zum Beispiel
von einem Schreiner gekauft, der sich die Komponenten für eine
Türe zusammenstellt. In Zukunft sagt der Architekt: «Ich will eine
Gebäudehülle schützen, wer bietet mir die Komplettlösung?» Gesamt­
«Smartphones und Smartwatches
sind die neue Welt der Zutritts­
kontrolle. Aber schliesslich
braucht es immer etwas, das
eine Türe verriegelt und entriegelt.
Und das ist ein mechanisches
Schloss.»
systeme sind die Zukunft unserer Branche.
Was heisst das für die Firma MSL?
Dass wir uns einen grossen Partner suchen, in dessen Gesamtsystem
wir mit unseren Schlössern einen kleinen Baustein bilden. Wir fertigen
die mechanischen Schlösser, die dann mit zugekauften elektrischen
Antrieben und mit Steuerelektronik kombiniert werden können.
Sie werden sich also weiterhin auf den mechanischen Teil der
Türschlösser konzentrieren?
Als wir vor 20 Jahren unsere Innovationsstrategie festgelegt haben,
haben wir gesagt: Mut zur Lücke, wir bauen nur Schlösser, da stecken
wir aber unsere ganze Innovation rein. Wir sind also nicht in die
Breite gegangen, sondern in die Tiefe. Ein grosser Schritt war dann,
dass wir den ersten Laserschneider gekauft haben.
Können Sie das erklären?
Früher haben wir Prototypen am Reissbrett gezeichnet, anschlies­
send die Teile in der Werkzeugmacherei von Hand gefertigt. Bereits
für Nullserien mussten wir Stanzwerkzeuge bauen. Bis das neue
Produkt am Markt war, verging locker ein ganzes Jahr. Die Technologie
des Laserschneidens hat unseren Innovationsprozess enorm
beschleunigt. Sie war der technologische Schlüssel, mit dem wir
unsere Innovationsstrategie effizient umsetzen konnten. So konnten
wir auch mit kleinen Stückzahlen Nischenmärkte bedienen. Heute
können Sie bei uns 6000 Schlossvarianten kaufen. Ein Irrsinn, mit
dem wir aber gut leben. 08/15-Schlösser für Zimmertüren machen
wir nicht. Wir sind in anforderungsreichen Bereichen zu Hause. Dort
spielt der Preis keine so grosse Rolle, dort spielen die Innovation
und das Produkt die Hauptrollen. Wenn wir im Markt bestehen wollen,
MSL verkauft 6000 Schlossvarianten: «Ein Irrsinn,
mit dem wir aber gut leben», betont Geschäftsführer
Xaver Allemann.
müssen wir uns durch Qualität, Dienstleistung und Innovation ab­­
heben. Innovation ist schlussendlich unsere Existenzberechtigung.
BystronicWorld 2/2015
19
MSL SCHWEIZ
Alle MSL-Schlösser werden von Konstrukteuren im Haus entwickelt.
Zwei Vormittage in der Woche ist die BySprint Pro für die Konstrukteure
zum Schneiden von Prototypen reserviert.
schon daran scheitern, dass sein Hallenkran zu
schwach ist, um die Tafel auf den Laserschneider
zu heben. Er sagt: «Wir bleiben beim Dünnblech.
Das ist gut so.»
Auf ihrer BySprint Pro schneidet MSL Teile bis zu
0,3 Millimeter dünn. «Das ist so dünn, das ist
eigentlich nur noch eine Folie», sagt Ivan Alter­
matt. «Wenn der Stickstoff beim Schneiden mit 10
Bar auf dieses dünne Blech drückt, biegt es durch.
Dann bekomme ich eine Fehlermeldung: Z minus.
Der Schneidkopf gerät zwischen den Auflage­
punkten unter die Oberkante des Rostes. Also
legen wir einen Karton unters Blech und schneiden ihn gleich mit. Toll ist das nicht, denn der
Karton verbrennt ein bisschen und das stinkt
dann in der ganzen Halle.»
Die Untergrenze ohne Karton liege bei 0,5 Milli­
metern, sagt Altermatt. Neben der Dünne des
Blechs fordern ihn zudem die feinen Konturen
heraus, die er schneidet. An manchen Stellen liegen Löcher und Aussenkonturen so beieinander,
dass die Teile wie an einem seidenen Faden hängen. Der Leiter der Laserschneiderei erklärt: «Wir
müssen aufpassen, dass uns die Wärme des Lasers
an den dünnen und spitzen Stellen das Material
nicht wegschmilzt. Das Schneidgas kühlt zwar das
Blech, aber bei so vielen Schneidkonturen wird
das Blech trotzdem ziemlich warm. Damit es sich
nicht zu sehr erwärmt, muss ich zuerst ein Teil vorne auf der Tafel schneiden, dann eines ganz hinten, dann eines in der Mitte und so weiter.»
20
Klingt ziemlich kompliziert. Wie kriegt man das
alles in den Griff? «Das ist die Kunst des Laser­
schneidmannes.» Ivan Altermatt flüstert es fast,
als wolle er ein Geheimnis nicht allzu weit in die
Welt hinaustragen. Und fügt an: «Die Parameter,
die wir von Bystronic erhalten, können wir leider
nicht gebrauchen.» Er meint es nicht böse: «Ich
begreife, dass Bystronic nicht für jeden Anwender
einen Satz Parameter liefern kann.» Es ist eine
wahre Kunst, bei dünnen und filigranen Teilen den
Fokuspunkt oder die Stärke des Laserstrahls einzustellen. Altermatt sagt: «Wir bewegen uns am
Limit des Möglichen.»
Unglaublich viele Teile
17 Jahre ist es her, seit MSL erstmals eine Laser­
schneidmaschine von Bystronic gekauft hat. Ivan
Altermatt erinnert sich: «Das war eine By – ich
weiss nicht mehr, wie die Maschine geheissen hat.
Aus Kostengründen haben wir damals eine
Occasionsmaschine gekauft. Die war ganz orange
und hatte am Schneidkopf noch einen Ring, der
den Abstand zur Blechtafel sicherstellte.» Später
hat eine Bysprint in Rot und Grau das orange
Urgestein abgelöst, vor vier Jahren schliesslich
hat die BySprint Pro die Bysprint ersetzt. Die
Technologie des Laserschneidens sei entscheidend am heutigen Erfolg von MSL beteiligt,
betont Geschäftsführer Xaver Allemann: «Das
Laserschneiden von Prototypen hat die Umsetzung
unserer Innovationsstrategie extrem beschleunigt. Zudem konnten wir mit kleinen Stückzahlen
extrem schnell auf den Markt gehen. Das Laser­
schneiden hat uns schnell und flexibel gemacht»
(siehe auch Interview S. 18).
70 Prozent der Laserteile, die MSL auf der BySprint
Pro schneidet, sind aus Edelstahl, 30 Prozent aus
Stahl. Aluminium fällt weg: «Das ist viel zu weich
für unsere Schlösser», erklärt Ivan Altermatt.
Aluminium schmilzt zu früh – Schlösser mit
Aluminiumteilen würden kein Brandschutz­zer­ti­
fikat erhalten. Feuerbeständigkeit ist aber nicht
BystronicWorld 2/2015
MSL SCHWEIZ
Stimmen die Freigabekräfte noch? Funktionieren die Federn ordentlich? Gérard Meister testet ein Schloss, das gerade
den Dauertest hinter sich gebracht hat, in dessen Verlauf es 200 000-mal automatisch geöffnet und geschlossen wurde.
der einzige Härtetest, den die Türschlösser bei
MSL überstehen müssen. Jeder Schlosstyp muss
einmal im Jahr auf den Prüfstand: Dort öffnet und
schliesst ein Motor das Schloss 200 000-mal, bevor
es 96 Stunden lang mit Salzwasser besprüht wird.
Übersteht das Schloss diese Tortur, ohne zu rosten
und voll funktionsfähig, darf es im Verkauf bleiben. Das Geschäft mit Billigschlössern überlässt
MSL gerne der Konkurrenz. «Ein normales Schloss
für eine Toilettentüre können Sie beim Discounter
kaufen», sagt Altermatt. «Wenn Sie aber Sicherheit
und Qualität wollen, sind Sie bei uns richtig.» Er
zieht einen Produktkatalog aus der Schublade.
Ein dickes Buch kommt zum Vorschein, voll von
Zeichnungen von Schlössern und übersät mit
Millimeterangaben. Jeder Schlosstyp existiert in
verschiedenen Längen und Breiten, für grosse
und kleine Türgriffe, für linke und rechte Türen.
6000 Schlossvarianten kann der Kunde bei MSL
standardmässig bestellen. «Es ist unglaublich,
welche Vielfalt wir hier haben», sagt Altermatt.
BystronicWorld 2/2015
«Von der Konstruktion bis zur Montage,
wir wollen das Produkt in den eigenen
Händen haben. So haben wir auch die
Qualität im Griff.»
Xaver Allemann, Geschäftsführer MSL
«Unglaublich» – er sagt es immer wieder. Obwohl
es 27 Jahre her ist, seit Ivan Altermatt bei MSL die
Ausbildung zum Werkzeugmacher begonnen hat,
scheint er tatsächlich bis heute darüber zu staunen, welche Vielfalt an Teilen hier hergestellt
wird. ■
21
FOKUS 3D-SCHNEIDEN
Die dritte
Dimension
Die 3D-Technologie gehört zum technischen
Standard im Wasserstrahlschneiden. In der
­Praxis ist jedoch entscheidend, dass Anwender
2D- und 3D-Technologie wirtschaftlich verbinden können. Das sagt nicht nur ein Bystronic
Experte, sondern das bestätigen auch Kunden,
die mit der ByJet Flex Geld verdienen.
Text: Matthias Abplanalp und Oliver Hergt Fotos: Bystronic
22
BystronicWorld 2/2015
FOKUS 3D-SCHNEIDEN
BystronicWorld 2/2015
23
FOKUS 3D-SCHNEIDEN
bilität ist zentral. Mit der ByJet Flex haben wir eine
Plattform, die uns zwei Technologien eröffnet:
2D- und 3D-Anwendungen. Durch den Austausch
des Schneidkopfes können wir uns einem grösseren Auftragsspektrum anpassen. Und das mit nur
einer Maschine.» Liegen 3D-Aufträge für vier bis
fünf Tage vor, wechselt Straubhaar von 2D auf 3D.
Nichts für Einsteiger
Schräge Kanten: Der 3D-Kopf von Bystronic schneidet Kanten mit einer
­Neigung von bis zu 45 Grad. Und Innenkonturen mit wechselnder Schräglage.
E
inen Mythos sollten wir gleich zu Beginn
entkräften: Die 3D-Technologie ist nicht der
Heilige Gral des Wasserstrahlschneidens.
3D-Schneiden ist eine Nische. Das sagt Gerhard
Sautter, Wasserstrahlexperte bei Bystronic. Sautter
erklärt: «Unsere Kunden in der Auftragsfertigung
schneiden etwa 2 bis 5 Prozent ihres Tages­ge­
schäfts mit 3D. Aber sie wollen für alle Fälle gerüstet sein. Wenn eine Anfrage für ein Teil mit einer
Winkelkorrektur oder mit Winkelschnitt kommt,
wollen sie den Auftrag annehmen können. Gleich­
zeitig haben wir aber auch Kunden mit eigenen
Produkten, die heute bereits einen hohen Auslas­
tungsgrad im 3D-Schneiden haben und ein zuverlässiges System benötigen.»
Die Antwort des Bystronic Experten auf die Frage
2D oder 3D lautet deshalb: «Beides – 2D fürs
Tages­geschäft, 3D für die 2 bis 5 Prozent Spezial­
anwendungen.» Aber was sagen die Kunden?
Sehen die das auch so? Matthias Straubhaar ist
stellvertretender Geschäftsführer bei der Waterjet
AG, einem der grössten Anwender des Wasser­
strahlschneidens in der Schweiz. Die Waterjet AG
hat für ihre ByJet Flex 2030 kürzlich zwei 3DSchneidköpfe gekauft. Straubhaar sagt: «Flexi­
24
3D-Schneiden gehört also für Wasserstrahlschnei­
der dazu, um wettbewerbsfähig zu sein. Vorsicht
sei aber geboten, denn 3D-Schneiden sei kompliziert, mahnt Bystronic Experte Gerhard Sautter
und hat einen Tipp parat: «Ich rate allen Kunden,
mit 2D-Schneiden ins Wasserstrahlschneiden einzusteigen, um Erfahrungen zu sammeln. Wer das
2D-Schneiden beherrscht, kann ans 3D-Schneiden
denken. Und wenn es so weit ist, bieten wir ihm
auf der ByJet Flex eine 3D-Lösung, die für eine
breite Palette von Anwendungen gut geeignet ist.
Eine schräge Kante ist bei uns sehr einfach zu programmieren. Unser Applikationswissen ist tief, wir
haben die Parameter im Griff. Und mit dem Bevel
Manager besitzen wir eine CAM-Software, die der
Bediener nach einem Tag Schulung versteht. Er ist
dann natürlich noch kein Experte, aber er kann
sofort einfache 3D-Geometrien schneiden.»
3D-Schneiden ist nichts für Einsteiger. Aber die
ByJet Flex hält jedem Einsteiger, der sich zum
Fortgeschrittenen entwickelt hat, die Türe zum
3D-Schneiden offen. In der Komplexität der Tech­
nologie liegen schliesslich auch ihre Vorteile.
Matthias Straubhaar von der Waterjet AG betont:
«Die Schneidvorbereitungen sind beim 3D­
-­
Schneiden aufwendiger. Aber genau darin liegt
der Vorteil der Technologie. 3D-Schneiden bringt
mehr Wertschöpfung als reine 2D-Anwendungen.
Mit dem Know-how, das wir uns hier erarbeiten,
heben wir uns im Wettbewerb ab.»
Schneiden statt Fräsen
Die 3D-Technologie erhöht also die Wertschöp­
fung im Wasserstrahlschneiden. Das wollen wir
noch ein bisschen genauer wissen und fragen
deshalb bei einem weiteren Kunden nach: bei der
Firma Genthner – definitiv kein Einsteiger. Die
deutschen Wasserstrahlprofis beliefern Kunden
aus der Luft- und Raumfahrtindustrie mit feinme­
BystronicWorld 2/2015
Den Austausch der Schneidköpfe nehmen Anwender ohne grösseren Aufwand selbst vor.
Die ByJet Flex kann mit bis zu zwei 3D-Schneidköpfen bestückt werden, die parallel arbeiten.
chanischen Baugruppen. Auch Genthner hat ihre
ByJet Flex 1530 mit 3D-Schneidköpfen ausgerüstet. Ronny Retzlaff, Betriebsleiter im Bereich
Wasserstrahlschneiden, erzählt: «Schneidteile mit
schrägen Kanten haben wir bisher mit 2D-Techno­
logie geschnitten und anschliessend in unserer
Fräserei nachbearbeitet. Das kostet Zeit und Geld,
denn wir programmieren und rüsten doppelt. Wir
haben kürzlich 10 000 Stück eines kleinen Teils aus
Aluminium geschnitten mit Innenkonturen mit
wechselnden Schrägen. Dieses Teil hätten wir so
nur auf der ByJet Flex mit dem 3D-Schneidkopf
bearbeiten können. Fräsen als Alternative kam
von vornherein nicht in Frage. Dann wäre das Teil
für die Serienproduktion zu teuer geworden. Weil
das Nachfräsen wegfällt, werden dank der
3D-Technologie aufwendige Teile erschwinglich.»
3D-Schneiden mag also eine Nische sein, eine
Nische aber, in der sich ordentlich Geld verdienen
lässt. ■
BystronicWorld 2/2015
3D-Schneiden mit der ByJet Flex
Mit der ByJet Flex bietet Bystronic eine Plattform, die 2D- und 3D-Technologie auf einer
Maschine vereinigt. Die 2D-Basisplattform kann je nach Auftragslage mit bis zu zwei
3D-Schneidköpfen aufgerüstet werden. Damit eröffnen sich neue Geschäftsfelder für
das 3D-Schneiden, gleichzeitig bleibt aber die Möglichkeit der Wettbewerbsfähigkeit
im 2D-Schneidgeschäft bestehen. Den Austausch der Schneidköpfe nehmen Anwender
ohne grösseren Aufwand selbst vor. Immer dann, wenn der Einsatz der 3D-Technologie
gefordert ist, kann die ByJet Flex umgerüstet werden.
Mehr Infos über die technischen Finessen
des 3D-Schneidkopfes von Bystronic auf
3dcutting.bystronic.com
25
INNOVATION XPERT 40
26
BystronicWorld 2/2015
INNOVATION XPERT 40
Die kleine
40
Die neue Xpert 40 von Bystronic ist das
Schweizer Taschenmesser der Abkantpressen. Mit der kleinen Speedmaschine
biegen Anwender schnell und effizient.
Aber das ist noch nicht alles.
Text: Oliver Hergt Fotos: Bystronic

BystronicWorld 2/2015
27
INNOVATION XPERT 40
«Was den Anwendern fehlt, ist eine
mobile Kleinmaschine, ein flinkes
Schweizer Taschenmesser.»
Gerrit Gerritsen
Gerrit Gerritsen ist Produktspezialist für das Biegen. Er sagt:
«Viele Anwender biegen kleine Teile auf viel zu grossen Abkantpressen. Das ist nicht effizient.» Was den Anwendern fehle,
sei eine mobile Kleinmaschine wie die neue Xpert 40.
28
D
ie Xpert 40 sieht filmmässig aus. Eigentlich
gehört diese Biegemaschine in den nächsten James-Bond-Streifen. Dort könnte die
Xpert 40 von jetzt an als raffiniertes Allroundwerkzeug die Grundausrüstung des britischen
Geheimagenten abrunden. Die Agen­tenfilme beweisen ja immer wieder ein Faible für innovative
Technologien.
«Kompakt, vielseitig und schnell. Die Xpert 40 ist
das Schweizer Taschenmesser der Abkantpressen.»
Das sagt nicht etwa James Bond, sondern Gerrit
Gerritsen. Der Mann weiss, wovon er spricht.
Gerritsen ist bei Bystronic Produktspezialist für
das Biegen. Er war von Beginn an involviert, als es
darum ging, eine Abkantpresse zu entwickeln, die
sich im Markt deutlich abhebt. Und wenn so ein
filmreifes Gerät wie die Xpert 40 dabei herauskommt, dann löst das schon mal Euphorie aus,
die bis zu James-Bond-Fantasien führt. Selbst bei
Gerrit Gerritsen, der schon viel gesehen hat.
Ganz nüchtern betrachtet, hat Bystronic mit der
Xpert 40 eine Abkantpresse im Kleinformat entwickelt, die sich mobil aufstellen und in nahezu
jedes industrielle Umfeld integrieren lässt. Egal ob
umfangreiche Serienfertigung mit wiederkeh­r­en­
den Teilen oder flexible Lohnfertigung mit schwankenden Losgrössen und stark variierenden Biege­
teilen. Auf einer Biegelänge von 1 Meter entfaltet
die Xpert 40 eine Presskraft von 40 Tonnen. Die
Stellfläche der kleinen Abkantpresse beträgt dabei
gerade einmal 2,5 Quadratmeter.
Eine erste Vorschau auf die Xpert 40 gewährte
Bystronic an der Euroblech 2014. Schon dort, noch
als Prototyp, hat die Maschine am Messestand für
Aufsehen gesorgt. Jetzt ist die Xpert 40 auf dem
Markt. Und es wird höchste Zeit, die neue Abkant­
presse genau unter die Lupe zu nehmen. Was
spricht für diese Maschine? Und vor allem: Was
bringt die Xpert 40 in der Praxis? Alle Antworten
darauf lesen Sie in der Übersicht auf der folgenden Doppelseite.
Der Alltag im Biegen sieht häufig so aus: «Viele
Anwender biegen kleine Teile auf viel zu grossen
Abkantpressen. Benötigt wird dabei eigentlich
nur ein Drittel der Presskraft und der Biegelänge.
Das ist nicht effizient. Was den Anwendern fehlt,
ist eine mobile Kleinmaschine, ein flinkes Schweizer
Taschenmesser», sagt Gerrit Gerritsen.
BystronicWorld 2/2015
INNOVATION XPERT 40
Mit der Xpert 40 biegen Anwender kleine Teile
dreimal so schnell wie auf gross ausgelegten
Abkantpressen.
Die Vorteile einer kompakten Biegemaschine beschreibt Gerritsen so: «Eine kleine Abkantpresse ist
in der Anschaffung günstiger. Sie benötigt weniger
Stellfläche und produziert in der gleichen Zeit dreimal mehr Teile als eine grosse Maschine.» Darüber
hinaus könne die Xpert 40 überall aufgestellt und
mobil bewegt werden. Zum Beispiel von einer fixen
Biegestation direkt neben eine Laser­schneid­an­
lage, um dort den Produktionsfluss des Laser­
schneidens und Biegens besser zu ver­­knüpfen.
Übrigens: Weder Bystronic noch James Bond
bestätigen bisher einen Auftritt der Xpert 40 im
nächsten Agentenfilm. Und auch Gerrit Gerritsen
hat noch kein Rollenangebot erhalten. 
BystronicWorld 2/2015
Facts & Figures
Presskraft: 40 t
Biegelänge: 1030 mm
Einbauhöhe: 570 mm
Standardhub: 200 mm
Max. Eilganggeschwindigkeit: 250 mm/s
Max. Arbeitsganggeschwindigkeit: 25 mm/s
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INNOVATION XPERT 40
Anschliessen und losbiegen
Sämtliche Prozessschritte auf einem Touchscreen. Das ist die Idee von ByVision Bending. Der
Bediener steuert alle Abläufe mit wenigen Fingerstrichen auf einem Bildschirm, der im oberen
Bereich der Maschine angebracht ist. Programm starten, Maschine einrüsten und losbiegen.
ByVision Bending nimmt dem Bediener viel Arbeit ab. Zum Beispiel bei der Vorbereitung des
Biegeprogramms. Die Software beinhaltet eine umfangreiche Datenbank, in der Parameter für
alle gängigen Blechsorten und Biegewerkzeuge hinterlegt sind. Egal ob komplexe oder einfache
Teile, ByVision Bending ermittelt den idealen Biegeprozess. Die Software schlägt das passende
Werkzeug, die Reihenfolge der zu biegenden Winkel und die nötige Biegekraft vor.
Der Bediener steuert alle
Abläufe mit wenigen Fingerstrichen auf einem Touchscreen, der im oberen Bereich
der Maschine angebracht ist.
Design und Ergonomie
Die ergonomischen Konturen der Xpert 40
unterstützen die Interaktion des Bedieners
mit der Maschine. Schubladen bieten genügend Stauraum für Equipment. So sind alle
wichtigen Werkzeuge immer griffbereit. Ein
automatisches Klemmsystem vereinfacht
das Einrüsten der Maschine: Werkzeug einklinken und fertig. Ein höhenverstellbarer
Klapptisch an der Front der Maschine kann
als Ablagefläche genutzt werden. So funktioniert Biegen bequem und effizient.
An der Xpert 40 wird kein Platz verschenkt.
Alles ist kompakt und funktional. Dadurch
kann die Abkantpresse in nahezu jede
Schubladen bieten genügend Stauraum für
Equipment. So sind alle wichtigen Werkzeuge
immer griffbreit.
Umgebung integriert werden. Das bringt
Flexibilität für den Einsatz in industriellen
Umfeldern, die sich jeden Tag verändern
können.
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BystronicWorld 2/2015
INNOVATION XPERT 40
Entwicklung und Kundenwissen
Kunden wissen, worauf es ankommt. Deswegen hat Bystronic Anwender und deren Praxiswissen
eng in den Entstehungsprozess der Xpert 40 eingebunden. Ein zentraler Kundenwunsch war
die Verbindung von kompakter Ergonomie und Dynamik. Das hilft Anwendern dabei, die Xpert 40
in ihre Fertigung zu integrieren und wechselnde Biegeprozesse schnell einzurichten.
Biegen soll aber nicht nur effizient, sondern auch bequem sein. So entstand die Idee zur halb­
stehenden Sitzposition an der Xpert 40. Ein Sitzhocker kann dazu individuell an die gewünschte
Arbeitsposition angepasst werden.
Geschwindigkeit und Präzision
Dreimal mehr Teile biegen als auf einer grossen Abkant­
presse. Was die Xpert 40 so schnell und präzise macht,
sind ihr kompaktes Chassis und ByMotion. Das Chassis
­verleiht der Xpert 40 genügend Steifigkeit, auch bei
hoher Dynamik mit Biegegeschwindigkeiten von bis
zu 25 Milli­metern pro Sekunde.
ByMotion sorgt für die präzise Beschleunigung der
­Ober­wange und der Hinteranschläge. Die neu entwickelte
Antriebs­steuerung regelt das Zusammenspiel von
Geschwindigkeit, Präzision und Kraft. So werden
­Biege­ergebnisse mit höchsten Wiederholgenauig­-­
keiten möglich.
Dreimal mehr Teile biegen als auf einer grossen
Abkantpresse. Die Antriebssteuerung ByMotion
regelt das Zusammenspiel von Geschwindigkeit,
Präzision und Kraft.
Antrieb und Verbrauch
Das Dynamic Drive System der Xpert 40 ermöglicht
dynamische Biegeabläufe ohne Energieverlust.
Damit erhöht sich nicht nur der Teileausstoss auf
der Maschine, sondern auch die Energieeffizienz im
gesamten Biegeprozess.
Mit intelligenten Funktionen wie dem Energy Saver
und einer Start-Stop-Automatik arbeitet die Xpert 40
sparsamer als gross ausgelegte Abkantpressen und
Das Dynamic Drive System der Xpert 40 ermöglicht
dynamische Biegeabläufe ohne Energieverlust.
biegt dabei immer noch sehr viel schneller. ■
Mehr Informationen auf xpert40.bystronic.com
BystronicWorld 2/2015
31
Zwei Schweizer Auswanderer in
Kanada: Peter Schärer (links) hat die
Maschinenwerkstatt Swisco Ltd vor
über 40 Jahren gegründet, 20 Jahre
später ist ihm Hans Heiniger in
die kanadische Provinz gefolgt.
Auf nach
Kanada
Hans Heiniger war Servicetechniker bei Bystronic in der Schweiz.
Vor 20 Jahren ist er samt einer Wasserstrahlschneidmaschine
in die kanadische Kleinstadt St. Paul ausgewandert, wo er heute
eine kleine Werkstatt leitet.
Text: Roman Elsener Fotos: Chris Wedmann
Peter Schärer und Hans Heiniger beim «UFO-Landeplatz», dem Wahrzeichen von St. Paul. Die beiden schätzen den Humor der Kanadier.
D
as Wahrzeichen der Township St. Paul in
der Provinz Alberta in Kanada ist ein UFOLandeplatz an der Ortseinfahrt. Er wurde
1967 erbaut, seit 1990 steht daneben ein UFOMuseum und Infozentrum für Touristen aus allen
Welten. Zwar sind in St. Paul bis jetzt noch keine
fliegenden Untertassen angekommen, dafür die
Schweizer Hans Heiniger und Peter Schärer und
ihre Swisco Ltd.
Nicht mit einem UFO, aber «wie mit dem Fall­
schirm» ist Peter Schärer vor über 40 Jahren hier
gelandet. «Ich kannte niemanden und musste
Kontakte knüpfen», erzählt Schärer, der heute den
Ruhestand geniesst und die Geschäftsleitung an
Hans Heiniger abgetreten hat. Hans Heiniger ist
ehemaliger Bystronic Arbeiter und stammt wie
Peter Schärer aus Rohrbach in der Schweiz.
Cowboy und Heuer
Als Schärer 1975 von seiner ersten Kanadareise in
die Schweiz zurückkehrte, war schon der erste
34
Schweizer, der ihm im Zug begegnete, derart mies
gelaunt, dass der Heimkehrer gleich einen Ent­
schluss fasste: In diesem hochregulierten und
zerfurchten Land wollte er nicht bleiben – es zog
ihn zurück in die Weiten, die der junge Hand­
werks­bursche in Nordamerika kennengelernt hatte, als Cowboy und Heuer auf einem weitläufigen
Bauernhof im Bezirk von St. Paul, wo auf gut 3300
Quadratkilometern Fläche gerade mal 6000 Men­
schen leben.
Bald war Peter zurück in Kanada, fand eine An­
stellung als Mechaniker in einer Firma für Baustoffe
in Edmonton, der Millionenstadt im hohen Norden
Albertas. Die Vorschriften von Gewerkschaften
und die Bürokratie des Grossbetriebes verleideten
dem unternehmenslustigen Schweizer aber den
Job – er wollte seine eigene Firma gründen und
sah sich dafür nach einem geeigneten Ort um.
Auf der Main Street erzählt Peter Schärer beim
Lunch in einem chinesischen Restaurant von seiner ersten Reise nach St. Paul. Die Stadt liege «ein
BystronicWorld 2/2015
wenig ausserhalb» von Edmonton, habe man ihm
gesagt. Er bestieg den Bus – und stieg erst vier
Stunden später wieder aus. «Ein wenig», so lernte
Peter Schärer, «ist in Kanada viel mehr als in
­Europa.»
Hier in der Gegend der tausend Seen, unweit der
Stelle, wo sich gegen Norden hin die Ölsandfelder
auftun, liess er sich nieder. Der Mechaniker kaufte
eine Drehbank, eine Fräse, eine Bohrmaschine
und gründete die Swisco Machining Ltd – eine
kleine Firma, die sich darauf versteht, Maschinen­
teile zu fertigen, zu reparieren und bei Bedarf
neue zu erfinden.
St. Paul liege «ein wenig ausserhalb» von
Edmonton, habe man ihm gesagt. Er bestieg
den Bus – und stieg erst vier Stunden später
­wieder aus. «Ein wenig», so lernte Peter Schärer,
«ist in Kanada viel mehr als in Europa.»
Nicht auf dem Baum gewachsen
Die Kundschaft wuchs und schon bald kamen
auch Besucher aus der Schweiz – allen voran Hans
Heiniger. «Peter war ein ausgezeichneter Gast­
geber – bald wollte ich in seinem Betrieb mitarbeiten», sagt Hans, der 1996 bei Swisco eingestiegen
ist.

BystronicWorld 2/2015
35
SWISCO KANADA
Mit einer alten Byjet im Gepäck ist Hans Heiniger nach Kanada ausgewandert – 2014 musste er den «Dinosaurier» zerlegen
und investierte in eine brandneue ByJet Smart.
«Pfuscharbeiten machen wir nicht, entweder
kann etwas so repariert werden, dass es auf
lange Zeit hält, oder eben nicht.»
Hans Heiniger, Geschäftsführer von Swisco Ltd
Zuerst waren es vorwiegend die Geräte der
Farmer in der Gegend, die Swisco reparierte. Dann
kam das lokale Baugewerbe und bald liess auch
die Gemeinde ihre Maschinen bei den fleissigen
Schweizern in die Flicke bringen. Richtig ins
Geschäft kam Swisco, als es Schärer gelang, mit
zwei Ölfirmen zusammenzuarbeiten, die die
Reserven in den Ölsandfeldern der Region anzapften. Mit dem zunehmenden Ölboom siedelten
36
sich weitere Unternehmen an, die ihre Werkzeuge
ebenfalls bei Swisco in die Reparatur brachten.
Die Schweizer halfen den Arbeitern bald auch mit
Innovationen, etwa einem mobilen Metall­schnei­
der oder Sonderanfertigungen von Zylindern,
welche die Arbeit an den Bohrlöchern erleichterten. «Mechanische Teile wachsen nicht auf einem
Baum. Jemand hat das angefertigt, und wir können
herausfinden, wie es geht oder was noch besser
gemacht werden könnte», sagt P
­ eter Schärer.
«Wir reparieren alles und hatten auch schon
­Näh­­maschinen oder Flugzeugteile», erzählt Hans
Heiniger. Dabei wird auf Qualität gesetzt: «Pfusch­
arbeiten machen wir nicht, entweder kann etwas
so repariert werden, dass es auf lange Zeit hält,
oder eben nicht», sagt er. Das hat vielleicht auch
schon ein paar Kunden gekostet, aber den Ruf von
Swisco Ltd gestärkt.
Zudem ist das Geschäft zu Arbeitszeiten immer
zuverlässig geöffnet: «Man muss hier sein, wenn
ein Kunde anklopft, ihn hereinbitten, vielleicht
kann man die Reparatur gleich erledigen», sagt
Heiniger. Auch das hat sich herumgesprochen in
BystronicWorld 2/2015
SWISCO KANADA
An der Arbeit bei Swisco Ltd: Die Firma zählt auf ihre kleine, aber zuverlässige Belegschaft.
der Gegend, wo viele andere wegen der kriselnden
Ölindustrie auf Kurzarbeit geschaltet haben und
die Kunden vor verschlossenen Türen stehen.
Mit der Byjet nach Kanada
Firmengründer Peter Schärer geniesst heute das
Leben als Pensionär in seinem Haus am See. Vor
drei Jahren hat Hans Heiniger die Swisco Ltd von
seinem Mentor und Freund übernommen. 17
Jahre lang bildeten die beiden ein Team, das Wert
darauf legte, das Berufshandwerk zu pfle­gen und
auf höchstem professionellem Level zu blei­ben.
Mühe hatten die beiden einzig immer wieder
damit, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Selbst
Heiniger hatte jahrelang mit Visaproblemen zu
kämpfen, bis er 2001 die permanente Nieder­las­
sungsbewilligung bekam. Gut ausgebildete Arbeits­
kräfte seien in der dünn besiedelten Gegend rar,
auch lasse die Disziplin oft zu wünschen übrig,
sagt er.
Hans Heinigers definitiver Umzug nach St. Paul
und sein Einstieg bei Swisco halfen der Firma ins
neue Jahrtausend. Denn als ehemaliger Mitarbeiter
BystronicWorld 2/2015
von Bystronic brachte Heiniger nicht nur die nötige
Ausbildung und das erforderliche Können mit,
sondern gleich auch eine Byjet Wasserstrahl­
schneid­maschine. «Ich installierte diese Maschine
ein paar Jahre zuvor einem Kunden in der Schweiz
und erfuhr dann, dass sie wieder zum Verkauf
stand. Ich war mir sicher, dass wir sie in Kanada gut
einsetzen könnten», sagt Heiniger.
Im Sommer 2014 hat er die alte Maschine ausgemustert und eine brandneue ByJet Smart gekauft.
Dass sie den «Dinosaurier» zerlegen mussten, tut
den beiden, die sich der Pflege guter Maschinen
mit Leib und Seele widmen, ein bisschen weh.
«Mechanisch funktionierte noch alles gut – aber
es gab kein Software-Update mehr», sagt Hans
Heiniger.
Zur Installation der ByJet Smart sandte Bystronic
gleich drei Techniker: einen aus der Schweiz sowie
je einen des amerikanischen und des kanadischen
Bystronic Servicecenters. Von der Maschine sind
Heiniger und Schärer begeistert: «Die schneidet
alles – mit all den Möglichkeiten, die sie uns bietet,
könnten wir mit etwas Werbung noch Kunden 
37
SWISCO KANADA
Hans Heiniger und seine Frau Darlene betreuen ihre beiden Pferde Willow und Geronimo.
dazugewinnen.» Der Betrieb des smarten Wasser­
strahlschneiders bereitet dem Bystronic erfahrenen Heiniger keine Mühe. Und sollten P
­ robleme
auftreten, unterstützt ihn die kanadische Bystronic
Vertretung, die in der Nähe von Toronto im Osten
des Landes stationiert ist. Hans wählt dann aber
gerne die Nummer des Bystronic Hauptquartiers
in der Schweiz: «Das gibt mir Gele­genheit, mit meinen Kollegen zu telefonieren, zu fachsimpeln und
von neuen Entwicklungen zu erfahren.»
«Hans is awesome!»
Swisco hat heute sechs Angestellte, fünf in der
Werkstatt und Sekretärin Yvette Krevenky, eine
gebürtige St. Paulerin. Neben dem Wasser­
strahlschneider betreibt die Werkstatt eine CNCFräsmaschine und weitere Anlagen, mit denen
laut Heiniger und Schärer fast jedem Anliegen der
Kunden der Region entsprochen werden kann.
Hans Heiniger hält sich dabei an eine kleine Beleg­
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schaft, auf die er sich verlassen kann: Die Schweisser
und Mechaniker Marc Proulx und Charles
Desmeules, Brandon Haraba und Robert Clough
sowie einen Lehrling. Alle schwärmen vom Boss:
«Hans is awesome!», sagt Brandon, der sich im
kanadischen Frühling, wo auch Ende April oft
noch Schnee liegt, auf seine Ferien in Mexiko freut.
Dann wird der Schweisser zum Fischer, einen riesigen Dorsch hat er im letzten Jahr gefangen.
Zum Jäger und Fischer ist in Kanada auch Hans
Heiniger geworden, vor allem dank seiner Ehefrau
Darlene, einer Uramerikanerin des Stammes der
Cree. Sieben sogenannte «First Nation»-Reservate
umgeben St. Paul. Die Geschichten der Begeg­
nungen von Bleichgesichtern mit der lokalen Be­
völkerung füllen nicht nur Geschichtsbücher, sondern nähren auch die Erzählungen, die von Geistern
und übernatürlichen Erfahrungen in dieser nordischen Gegend berichten.
BystronicWorld 2/2015
SWISCO KANADA
Mit Peter und Hans besuchen wir den St. Pauler
UFO-Landeplatz. Immer wieder müsse die Stadt
den Platz vom Staub befreien, den die Ufos bei der
Landung hinterliessen, witzelt Peter.
Freundliche Kanadier
Die Kanadier sind als humorvolle, freundliche und
hilfsbereite Menschen bekannt. Fast noch komischer als der Landeplatz für die fliegenden Unter­
tassen in St. Paul muten denn auch die Wahrzei­
chen verschiedener Nachbarorte an: In Mundare
prangen fast 20 Meter hohe Nachbildungen spezieller ukrainischer Würste in den Himmel, im nahen
Andrew fliegt eine gigantische Ente durch den
Stadtpark.
Hans Heiniger mag den Geist der Gegend. «In
Alberta sind die Gesetze etwas weniger restriktiv
als in der Schweiz. Das gibt einem ein Gefühl von
mehr Freiheit», sagt Hans. Hinter seinem Haus
unweit der Firma warten die Pferde Willow und
Geronimo im verschneiten Gehege auf ihr Futter.
Auch die Katzen Bonnie und Clyde freuen sich
darüber, dass der Chef nach Hause kommt. Auf der
überdachten Veranda überwintert die HarleyDavidson und wartet darauf, im Sommer Darlene
und Hans auf die nächste Reise durch das weite
Land zu tragen – genug davon haben sie noch
lange nicht gesehen. ■
Roman Elsener ist Nordamerika-Korrespondent für die
Schweizerische Nachrichtenagentur (SDA) und die «NZZ
am Sonntag». Er lebt und arbeitet seit 1996 in New York.
17 Jahre lang hatten die beiden bei Swisco Ltd ein Team gebildet: Vor drei Jahren ist
Firmengründer Peter Schärer (links) in den Ruhestand getreten und hat die Leitung der
Werkstatt Hans Heiniger übertragen.
«In Alberta sind die Gesetze etwas weniger
restriktiv als in der Schweiz. Das gibt
einem ein Gefühl von mehr Freiheit.»
Hans Heiniger
BystronicWorld 2/2015
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