Sagen Sie öfter Danke: Wie ein Wort Ihre Lebensqualität

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Sagen Sie öfter Danke: Wie ein Wort Ihre Lebensqualität
Dankbarkeit im Alltag
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Suchwortverzeichnis
top-thema
DARUM GEHT ES: Dankbarkeit ist das Gedächtnis des Herzens (Jean-Baptiste
Massillon, Hofprediger Ludwigs XIV. von Frankreich): Indem Sie
Danke sagen, öffnen Sie sich für Ihre Mitmenschen – und lassen in ihnen ein positives Gefühl zurück. Dafür zeigen diese sich häufig erkenntlich. So kann Dankbarkeit
zu einer Win-win-Situation führen, von der alle profitieren. Doch warum bedanken
Menschen sich so selten? Und wie lässt sich das ändern?
Tipps & Trends
Sagen Sie öfter Danke:
Wie ein Wort Ihre Lebensqualität und
die Ihrer Umgebung steigert
A
B
C
D
Die Themen:
E




H
Was fehlende Dankbarkeit bewirken kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
Das Zauberwort für eine angenehme Atmosphäre . . . . . . . . . . . 9
Faustregel für den mündlichen Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Schriftlicher Dank I:
Wenn Sie per Karte oder Brief reagieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
 Schriftlicher Dank II:
Darf es auch eine SMS oder E-Mail sein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
 Dankesrede: So würdigen Sie langjähriges Engagement . . . . . 16
 Es ist nie zu spät: Verpasster Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
F
G
I
J
K
L
M
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P
Q
Ihr Experten-Team:
Ralf Höller und Peter Düweke
R
S
Ralf Höller ist als Journalist und Buchautor auf
Kommunikations-Themen spezialisiert. Im Experten-Interview: Dr. Peter Düweke, Biologe,
Sachbuchautor und Wissenschaftsjournalist,
hat unter anderem das Buch „Anerkennung.
Ohne sie geht gar nichts! Wie Respekt und
Wertschätzung unser aller Leben bestimmen“
(Patmos Verlag) verfasst.
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Dankbarkeit im Alltag
Was fehlende Dankbarkeit
bewirken kann
Sicher haben auch Sie schon einmal eine Situation erlebt,
in der sich jemand Ihnen gegenüber undankbar gezeigt
hat. Und vielleicht erinnern Sie sich heute noch an das
Gefühl von damals, wenn Sie das folgende Beispiel lesen.
mein erlebnis
e Ein Fund, der nicht belohnt wurde
x
t
Sie sich vor, Sie würden 400 Euro finden – in
r Stellen
Scheinen,
auf der Straße, ohne Portemonnaie oder Briefa
tasche, ohne Hinweise auf den Eigentümer. Was würden
Sie tun? So ähnlich ist mir das passiert, in Form dreier
Eintrittskarten für die Veranstaltung „Rock am Ring“. Es
war der Freitagnachmittag vor Pfingsten, das Wochenende, an dem alljährlich das Festival in der Eifel stattfindet.
Ich ging zur nächsten Telefonzelle und rief beim Fundbüro an. Nein, das hätte nur noch eine Viertelstunde geöffnet,
dann wäre Wochenende, teilte man mir mit. Was tun? Ich
versuchte herauszufinden, wo die Karten verkauft worden
waren. In der Vorverkaufsstelle eines Warenhauses konnte
man mir weiterhelfen: Die Tickets mussten, das sagte ein
aufgedruckter Code, zuvor über die Theke von Bonns
größtem CD-Laden gegangen sein. Schnurstracks begab
ich mich dorthin. Der Verkäufer konnte die Karten identifizieren, aber nicht den Kunden. Vielleicht würde dieser ja
den Verlust bemerken und zurückkommen?
Ich ließ meine Visitenkarte zurück. Würden die Karten
nicht abgeholt, wäre ich selbst mit Freunden zum Nürburgring gefahren. Abends kam ein Anruf. Der CD-Laden meldete sich: Jemand hatte die Karten abgeholt.
Meine Visitenkarte hatte der Verkäufer dem sichtlich
erleichterten Kunden mitgegeben. Dort wird sie heute
noch liegen. Ich hörte nie wieder etwas in dieser Angelegenheit.
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Warum fehlender Dank
negative Auswirkungen hat
Sie können sich vorstellen, dass ich mich ungerecht behandelt fühlte. Ob ich bei einem neuerlichen Eintrittskartenfund noch einmal genauso handeln würde? Die nicht
erhaltene Anerkennung gipfelte in dem spontanen Gelöbnis, künftig alles Gefundene selbst zu behalten. Erst allmählich verrauchte der Ärger, und auch die Bereitschaft
wuchs wieder, von anderen verlorene Gegenstände an den
zuständigen Stellen abzugeben.
Sinkende
Hilfsbereitschaft
Nachteile sind durch den Umstand, dass niemand sich bei
mir meldete, nicht entstanden. Die Suche nach dem ursprünglichen Besitzer der Karten verschlang zwar etwas
Zeit, aber es war Freitagnachmittag und zudem schönes
Wetter. Ich selbst wäre ohne den Zufallsfund nicht auf die
Idee gekommen, zum Rockfestival zu fahren. Den Eintrittspreis hätte ich mir überdies leisten können; zu den 40 Euro
Finderlohn war ich zwar gesetzlich berechtigt, finanziell allerdings war ich nicht auf den Betrag angewiesen. Doch
häufig hat bewiesener Undank negative Auswirkungen.
Undank belastet
Häufig belastet der verdiente, aber nicht erwiesene Dank
sogar langjährige Freundschaften: Die Stimmung ist verhagelt, die hilfsbereite Person bleibt gekränkt zurück –
und gewinnt womöglich den Eindruck, dass ihr selbstloses Handeln heutzutage kein geschätzter Wert mehr ist.
Darunter leiden private wie berufliche Beziehungen: Vertrautheit und Verlässlichkeit im Umgang miteinander verschwinden. Im Beruf besteht die Gefahr, dass Undank zur
Unternehmens-(Un)kultur wird.
„Werde ich
ausgenutzt?“
Selbsttest: Wie würden Sie entscheiden?
Nicht immer ist der Fall, in dem ein Dank angebracht wäre, so klar wie im Eingangsbeispiel. Im Alltag denken wir
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oft, eine dankbare Reaktion erübrige sich, weil wir eine
erwiesene Leistung oder einen gezeigten Gefallen als
selbstverständlich empfinden. Doch verhält es sich meistens ganz anders.
Im Folgenden möchte ich Ihnen sechs Situationen vorstellen, in denen Sie gefragt sind: Würden Sie sich für einen
Dank entscheiden oder nicht?
Richtig oder falsch?
1. Ihr Chef hat Ihnen eine Prämie von 500 Euro gezahlt.
Für Ihre zuverlässig guten Leistungen, heißt es in dem
Begleitschreiben. Das wurde auch einmal Zeit, denken
Sie. Anerkennung ist Sache des Ranghöheren. Ein
Dankeschön lassen Sie daher bleiben, außerdem sähe
es zu sehr nach Anbiederung aus.
 richtig
 falsch?
2. Ihre gute Bekannte lädt Sie wie jedes Jahr zum Sommerfest ein. Sie sind bislang immer hingegangen. Dieses Mal ist es nicht anders, ein Mitbringsel haben Sie
auch schon. Für die Einladung müssen Sie sich nicht
extra bedanken. Ein Brief wäre zu aufwändig, SMS, EMail oder Anruf stillos.
 richtig
 falsch?
3. Sie haben zum Geburtstag eine Eintrittskarte für ein
Bundesligaspiel bekommen. Sie hassen Fußball. Dieselbe Person hat Ihnen vor einem Jahr das gleiche Geschenk gemacht. Da sind Sie nicht hingegangen. Dieses
Jahr verzichten Sie auf ein Dankschreiben. Vielleicht
merkt die Person so endlich, dass sie mit dem Geschenk danebenlag.
 richtig
 falsch?
4. Ihre Kollegin springt für Sie beim Wochenenddienst
ein. Das ist selbstverständlich, denn Sie haben einen
Monat zuvor dasselbe getan. Sie freuen sich über das
stille Einverständnis und wollen es durch weitere Äußerungen nicht gefährden.
 richtig
 falsch?
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5. In Ihrer Abteilung wurde eine Stelle ausgeschrieben.
Zehn Bewerber schafften es ins Vorstellungsgespräch.
Die Entscheidung zwischen den beiden Besten war
sehr knapp. Sie senden allen ihre Unterlagen mit Dank
zurück. Auf ein spezielles Dankschreiben für die Nummer zwei verzichten sie: Diese Person würde sich über
die verpasste Chance nur ärgern.
 richtig
 falsch?
6. Sie besitzen Eigentum in einer Wohnanlage, in der ein
Hausmeister nach dem Rechten schaut. Das macht er
gut. Dafür wird ihm am Ende des Jahres zusätzlich zum
Gehalt ein Betrag auf sein Konto überwiesen, mit dem
Vermerk „Gratifikation“. So weiß er, was im kommenden Jahr wieder von ihm erwartet wird.
 richtig
 falsch?
Wenn alles so eindeutig wäre …
Sie haben es sicher geahnt: Einhundertprozentig richtig
oder falsch können Sie die Fragen gar nicht beantworten.
Aber es zeichnet sich eine klare Tendenz ab: Sie zeigt in die
Richtung, wie Sie Ihr künftiges Verhalten in Situationen, in
denen ein Dank möglich erscheint, aussehen könnte. Die
Auflösung der sechs Beispiele steht auf Seite D 6/7.
Seite D 6/7
Bevor Sie dorthin blättern, möchte ich Ihren Blick noch
rasch auf etwas anderes lenken: auf Ihr eigenes Ich.
Warum bedanken wir uns so selten?
Halten Sie doch einmal kurz inne und horchen Sie in sich
hinein: Zeigen Sie sich immer für geleistete Dienste erkenntlich? Bringen Sie den Menschen in Ihrer Umgebung
die Anerkennung entgegen, die sie verdienen und sich
vielleicht auch wünschen? Vor allem Letzteres entgeht
häufig unserer Aufmerksamkeit: In einer Gesellschaft, die
immer mehr Leistung von uns verlangt und uns immer
weniger Zeit lässt, sind wir häufig zu sehr mit uns selbst
beschäftigt. Doch das Lob, das uns selbst voranbringt, tut
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Dankbarkeit im Alltag
auch anderen gut – wie Peter Düweke, Biologe und Buchautor, im Interview erklärt.
Experten-Interview: Anerkennung des Selbst
und Anerkennung des anderen
Peter Düweke
ist promovierter Biologe, Sachbuchautor und Wissenschaftsjournalist. Er hat
unter anderem das Buch „Anerkennung.
Ohne sie geht gar nichts! Wie Respekt und
Wertschätzung unser aller Leben bestimmen“ (Patmos Verlag) verfasst und
schreibt für Psychologie Heute, DIE
ZEIT, die FAZ u. a.
Herr Dr. Düweke, bedanken wir uns zu wenig?
Ich fürchte ja. Allerdings sind es nicht phrasenhafte Dankesformeln, die zählen – auf diese können wir meist gut
verzichten –, sondern Äußerungen der Aufmerksamkeit
gegenüber anderen.
Warum fällt es Menschen häufig so schwer, sich erkenntlich und dankbar zu zeigen?
Weil es einer Kränkung des Größen-Ichs gleichkommt,
anderen Dankbarkeit zu erweisen. Eine innere Stimme
sagt: Ich schulde dem doch nichts. Eher schuldet der mir
was! Wir geizen mit Dankbarkeit und Anerkennung anderen gegenüber. Wir erliegen dem Irrtum, unabhängig von
anderen zu sein. Wir wollen glauben, dass wir total selbstständig wären. Zugleich spüren und fürchten wir bis in die
Knochen, dass wir abhängig von anderen sind.
Gibt es Wege, die Dankhemmung zu überwinden?
Die Haltung gegenüber anderen muss sich ändern. Wir sind
gefährlich unausgeglichen zwischen einem narzisstischen
(krankhaft selbstliebenden) Größen-Ich und einem amöbenhaften Ich, das keine feste Form, vielmehr eine stets
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Dankbarkeit im Alltag
wechselnde, fließende Gestalt besitzt. Dieses Ich hängt sehr
eng mit Personen in unserer Umgebung zusammen. Erst
ganz allmählich taucht ein Selbst auf, das mit anderen stark
vernetzt ist. Dankbarkeit von Herzen ist eine Haltung, die
auf tiefer Erkenntnis beruht. Erkenntnis steckt z. B. im Sicherkenntlich-Zeigen und natürlich in Anerkennung, die stets
Anerkennung des Selbst wie Anerkennung des anderen ist.
Bemerkenswerterweise erfahren heute Begriffe wie Dankbarkeit und Demut auch außerhalb religiöser Systeme eine
Wiederbelebung. Dankbarkeit und Demut sind Ausdruck
des gefühlten Angewiesenseins auf andere.
Wie findet man die richtigen Dankesworte?
Treffende Worte oder besser, weil überzeugender, emotionale Zeichen wird man von selbst hervorbringen, wenn
man erlebt, dass man einem anderen etwas verdankt. Am
besten, ich schärfe meine Wahrnehmung für Handlungen
anderer, die nicht selbstverständlich sind, sondern Aufmerksamkeit mir gegenüber ausdrücken.
Auflösung des Selbsttests: In welcher Situation
ist ein Dankeschön angebracht?
Nun aber zur Auflösung unserer Beispiele: Was ist selbstverständlich und was nicht? Welche Dank-Entscheidungen sind richtig, welche falsch?
Seite D 6/4
Beispiel 1: Warum sollte nur der Vorgesetzte seinem Untergebenen danken? Auch Chefs freuen sich über Komplimente! Was schadet es, wenn Sie sich für eine erhaltene
Prämie bedanken? An Ihrer Freude erkennt der Geber,
dass er richtig gehandelt hat. Gönnen auch Sie ihm dieses
Glücksgefühl. Vielleicht gönnt er Ihnen später eine weitere Prämie …
Beispiel 2: Sich für eine Einladung zu bedanken, lässt nur
Gewinner zurück. Die gastgebende Person kann mit Ihnen
rechnen und gewiss sein, dass die Einladung angekommen ist – im besten Sinne. Ein Antwortbrief wäre vielwww.stil.de
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leicht wirklich zu aufwändig. Um eine Einladung zu bestätigen, ist weder eine SMS noch eine E-Mail und schon
gar nicht ein kurzes Telefonat stillos.
Beispiel 3: Die schlechteste Antwort auf ein Geschenk ist
keine Antwort! Zeigen Sie, dass Sie sich, wenn schon
nicht über das Geschenk, dann über die Geste freuen.
Dass Sie sich nicht für Fußball interessieren, brauchen Sie
nicht einmal zu verheimlichen. Sagen Sie, dass Sie die
Karte an Ihre Tochter oder Ihren Sohn weitergegeben haben. Erwähnen Sie auch, dass sie beziehungsweise er begeistert war! Die schenkende Person wird zufrieden sein –
und Ihren Geschmack beim nächsten Mal vielleicht besser
treffen.
Beispiel 4: Die eine hilft dem anderen: Unter Kollegen
hilft diese Einstellung am besten weiter. Doch ein Dank
sollte schon geäußert werden, auch wenn beide Seiten das
gegenseitige Einspringen inzwischen für eine Selbstverständlichkeit halten. Der Satz „Danke, dass du mein Wochenende gerettet hast!“ rüttelt nicht am stillen Einvernehmen. Er bestärkt es.
Beispiel 5: Knapp vorbei ist auch daneben – einerseits.
Knapp vorbei könnte beim nächsten Mal bedeuten: alles
richtig gemacht, diesmal aber voll ins Schwarze getroffen.
Ein spezielles Dankschreiben an einen Zweitplatzierten
ist Anerkennung und Motivation zugleich, es beim nächsten Wettbewerb genauso gut zu machen und weiter auf
das notwendige Quäntchen Glück zu hoffen.
Beispiel 6: Eine Anerkennung finanzieller Art tut gut.
Noch besser wirkt sie, wenn sie von herzlichen Worten
begleitet wird. Natürlich weiß unser Hausmeister durch
die Gratifikation, dass er seine Arbeit gut gemacht hat.
Mindestens ebenso gern hört und liest er ein Dankeschön.
fazit: Mit sechsmal Danke liegen Sie bei den Beispielen goldrichtig – auch wenn es sich in einigen Fällen um
Selbstverständlichkeiten handelt.
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Das Zauberwort für eine angenehme
Atmosphäre
„Danke. Sonst nichts.“ So sollte – folgt man den zahlreichen Image-Ratgebern vor allem US-amerikanischer Provenienz – die Antwort auf ein Kompliment lauten. Sie haben Recht. Mehr ist in einem solchen Fall nicht nötig.
Vielleicht noch ein „Das freut mich sehr“. Besser aber ist
das schlichte Danke, verbunden mit einem Lächeln, das
von Herzen kommt.
Wie antworten
Sie auf ein
Kompliment?
Es sind übrigens nicht nur die offensichtlichen Anlässe,
etwa ein teures Geschenk, die einen Dank erfordern. Sie
müssen mit der Anerkennung auch nicht warten, bis jemand Sie aus einer lebensgefährlichen Situation rettet.
Richten Sie Ihr Augenmerk lieber auf andere Anlässe, bei
denen jemand sich besondere Mühe gegeben hat, um Ihnen zu helfen oder eines Ihrer Anliegen zu unterstützen.
Sterben und leben lassen
Der Komponist und Dirigent Gustav Mahler erreichte 1897
den Höhepunkt seiner Karriere: Er wurde Künstlerischer
Direktor der Wiener Hofoper. Doch wurde er am damals
größten Theater der Welt nie so recht glücklich. Verbittert
nahm er zehn Jahre später seinen Abschied. 1911 starb er.
Wenige Tage vor seinem Tod klagte er gegenüber Freunden:
„Österreich ist schon ein seltsames Land. Muss man hier
unbedingt erst gestorben sein, damit einen die Leute leben
lassen?“ Seine Äußerung legt nahe, dass er sich über ein
anerkennendes „Danke“ zu Lebzeiten gewiss gefreut hätte.
Wertschätzung
zu Lebzeiten
Faustregel für den mündlichen Dank
Sobald Sie einen Dank aussprechen, zeigen Sie Ihre Wertschätzung für andere Menschen – und für das, was diese für
Sie getan haben. Gründe, jemandem dankbar zu sein, gibt es
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viele. Gelegenheiten, diesen Dank sofort mündlich zu äußern, kaum weniger: Doch wie äußern Sie diesen Dank?
Hier hilft Ihnen eine faustregel:
Je länger das Ereignis zurückliegt, desto ausführlicher sollte Ihr Dank ausfallen.
Nach dem Auspacken eines Geschenks, in Anerkennung
eines guten Service, als Reaktion auf eine kleine Gefälligkeit oder eine spontane Hilfeleistung im Alltag, als Antwort auf eine hilfreiche Auskunft reicht meistens ein Satz:
 „Danke, ich freue mich so!“
 „Danke, Ihren Service fand ich ausgezeichnet!“
 „Danke, das war total nett von dir!“
 „Danke, Sie haben mir sehr geholfen!“
Dankbekundungen wie diese werden Ihnen vielleicht etwas knapp erscheinen. Das mag sein. Doch sind sie alle
ehrlich und wirken authentischer als so manche Lobeshymne.
Dankesworte an die Service-Kraft?
Vielleicht lässt sie noch eine andere der genannten Antworten stutzen: Nummer zwei. Sollte man sich wirklich
bei der Bedienung in einer Gaststätte bedanken? Für eine
Leistung, die mit einem Trinkgeld schon abgegolten ist?
Die Antwort lautet: ja!
Früher war es in Restaurants und Kaffeehäusern oft
selbstverständlich, das Personal nicht wahrzunehmen.
Also war es auch nicht üblich, sich mit Dankesworten an
die Service-Kraft zu wenden. Heute hat sich das gewandelt. Der Kellner oder die Serviererin ist ein Mensch, der
sich Mühe gibt, es Ihnen recht zu machen, und für dessen
Service Sie ihm ruhigen Gewissens danken dürfen – etwa
beim Hinausgehen oder wenn die Gelegenheit gerade
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günstig ist. Sagen Sie einfach: „Danke für den guten Service! Ich hatte heute in Ihrem Restaurant einen wunderbaren Abend.“
Große Worte sind nicht nötig
Um sich zu bedanken, brauchen Sie nicht viel zu sagen.
Nennen Sie schlicht und einfach den Anlass, warum Sie
sich bedanken. Lassen Sie Ihr Gegenüber wissen, wie Sie
sich fühlen, was genau Sie an seiner Leistung schätzen
und welchen Nutzen Sie daraus gezogen haben.
Investieren Sie dafür umso mehr in Ihre Gestik und Mimik: Ihre Augen sollten strahlen und Ihr Herz sollte mitlachen. Ihr Adressat wird dies aufmerksam registrieren.
Auch ohne dass Ihrerseits große Worte kommen, wird der
oder die Betreffende merken, ob die Freude echt ist und
der Dank von innen heraus kommt.
Das Unwort (nicht nur) beim mündlichen Dank
Ein Wort sollten Sie beim Dank auf jeden Fall vermeiden.
Sie entnehmen es einer Anekdote, die der Opern- und
Theaterregisseur Hans Neuenfels anlässlich einer Preisverleihung seinem Publikum erzählte:
Immer ein störendes Aber
Meine Eltern hatten immer ein Aber, auch beim Lob.
Zur heutigen Ehrung hätten sie gesagt: „Gut, dass du
da bist, aber warum hast du keine Krawatte an?“ Solche Begrenzungen haben mich immer gestört; ich habe
immer auf das Aber gewartet. Ihnen, meine Damen und
Herren, danke ich ganz besonders für die Anerkennung, die ich ganz ohne ein Aber bekommen habe.
Reizwort „Aber“
Halten Sie es beim Dank, wie Hans Neuenfels in seiner
Rede gefordert hat: Zeigen Sie sich immer ohne Einwww.stil.de
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Dankbarkeit im Alltag
schränkung für etwas erkenntlich, ohne „aber“ zu sagen
oder Ihre Anerkennung zu relativieren. Echter Dank kennt
kein Aber.
Schriftlicher Dank I:
Wenn Sie per Karte oder Brief reagieren
Als Reaktion auf Geschenke, auch wenn Sie diese persönlich überreicht bekamen, in Anerkennung wiederholter
Gefälligkeiten und besonderen Einsatzes im Berufsleben
wie auch einer außergewöhnlichen privaten Hilfeleistung
ist ein schriftlicher Dank angebracht. Er ist am stilvollsten, wenn er per Brief oder Karte erfolgt.
So zeigen Sie, dass Sie sich über ein Geschenk
gefreut haben
Je größer das Geschenk, das Sie erhalten haben, desto
ausführlicher sollte der Dank ausfallen. Doch was heißt
ausführlich in diesem Zusammenhang? Ganz einfach: Ab
einer bestimmten Geschenkgröße sollten Sie – oder sollte
Ihr Kind, nachdem es etwas bekommen hat – sich schriftlich bedanken.
Schriftlich
oder mündlich?
Ein Brief oder eine schöne Postkarte signalisiert: Das Geschenk ist mir so viel wert, dass ich mir für meine Dankesworte Zeit nehme. Versenden Sie Ihren Dank eine, spätestens zwei Wochen nach Erhalt des Geschenks. Versuchen
Sie sich dabei in die Situation des Empfängers zu versetzen.
Lesen Sie noch einmal die dem Präsent beiliegenden Zeilen
oder schauen Sie sich das Geschenk noch einmal genau an.
Dann fallen Ihnen garantiert die richtigen Worte ein! Je individueller Sie auf das Geschenk eingehen, desto besser.
Dazu noch ein wichtiger tipp: Wurde das Geschenk von
einem handschriftlichen Brief begleitet, sollten Sie auch
Ihre Dankesworte unbedingt handschriftlich verfassen.
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Bedanken Sie sich für das Engagement,
von dem Sie profitieren
Auch im Berufsleben sind Dankesworte wichtig. Viele
Aufgaben, die Kollegen täglich für uns übernehmen, finden wir selbstverständlich. Das sollte aber niemanden davon abhalten, sich gelegentlich dafür zu bedanken.
Legen Sie beispielsweise Ihrer Sekretärin, die jeden
Werktag vollen Einsatz zeigt und viele zusätzliche Aufgaben übernimmt, eine schöne Postkarte mit einem Blumenstrauß auf den Schreibtisch – verbunden mit folgenden
Dankesworten:
„Liebe Frau Schmidt, Sie erleichtern mir meine tägliche Arbeit ungemein. Leider sage ich Ihnen aber nicht
täglich, wie dankbar ich Ihnen dafür bin. Heute will ich
es deshalb umso deutlicher tun: Danke, Frau Schmidt,
für Ihre hervorragende Arbeit und Ihren nimmermüden
Einsatz!“
Bei besonderen
Anlässen ist es angemessen, dem Dank
mit einem kleinen
Geschenk Nachdruck zu verleihen.
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Dankbarkeit im Alltag
Bei vielen Anlässen erfreut – und motiviert – ein kurzes
Schreiben viel stärker als ein mündlicher Dank, etwa
wenn ein Mitarbeiter
 für einen kranken Kollegen einspringt;
 eine anspruchsvolle Aufgabe mit Bravour bewältigt hat;
 ein schwieriges Problem gelöst hat;
 immer für ein gutes Arbeitsklima in Ihrer Abteilung
sorgt;
 einen schwierigen Geschäftspartner zufrieden gestellt
hat.
Danke, dass ihr so gut wart!
In einem Unternehmen für Hebekräne hatte ein junger
Mann gerade seinen ersten Kran verkauft. Hocherfreut
bedankte er sich schriftlich bei allen, die an der Aktion
mitgewirkt hatten. Er sprach dem Leiter der Transportabteilung seine Anerkennung aus, weil der Auftrag
prompt bearbeitet und die Ware ohne Pannen ausgeliefert worden war. Er teilte der Lackiererei mit, wie stolz
er war, als nach dem Auspacken des Krans die rote Farbe so schön leuchtete. Und er machte es sich zur Gewohnheit, alle Beteiligten wissen zu lassen, dass sie
Wertvolles für ihn geleistet hatten. Im Lauf der Jahre
wurde der junge Mann zum angesehensten Mitglied der
Belegschaft – und später sogar Präsident des Unternehmens. Seine Strategie, sich schriftlich zu bedanken,
eignet sich auch für Schüchterne, denen es schwerfällt,
ihre Gefühle anderen zu zeigen.
Napoleon Hill, Ein Jahr des Erfolgs. Bonn 1996
Würdigen Sie Aufmerksamkeiten und
uneigennützige Hilfeleistungen
Vielleicht ist Ihnen Ähnliches im letzten Winter passiert:
Ich hatte einen Termin an einem Ort, den ich nur per Auto
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Dankbarkeit im Alltag
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erreichen konnte. Da der Wagen bei extremer Kälte eine
Woche lang nicht bewegt worden war, sprang er nicht mehr
an. Ein Nachbar, mit dem ich nie viel zu tun hatte, hörte
mein Schimpfen und sah meine vergeblichen Bemühungen. Fünf Minuten später stand sein Auto neben meinem,
und er gab mir Starthilfe. „Ist doch selbstverständlich“,
meinte er nur, „unter Nachbarn hilft man sich eben.“
Solche selbstlosen Einsätze sollten mit einem handschriftlichen Dank gewürdigt werden. Eine Postkarte oder ein
kurzer Brief reicht aus, eventuell auch noch ein kleines
Geschenk. Das kann eine Minifigur mit Kettenverschluss
sein, die sich zum Beispiel im Wageninnenraum am
Rückspiegel befestigen lässt, oder auch eine Schachtel mit
edler Schokolade oder Lübecker Marzipan.
Schriftlicher Dank II:
Darf es auch eine SMS oder E-Mail sein?
Nicht immer müssen Sie für ein Dankschreiben zur Feder
greifen. Auch eine kurze Meldung per SMS aufs Handy
oder via elektronischer Post kann diesen Zweck erfüllen.
Falls Sie also, beispielsweise für einen hilfreichen Tipp,
kurz danken wollen, tun Sie dies per SMS, und sei es nur
als Ankündigung eines späteren mündlichen Dankes:
„Lieber Hans, Dein Tipp war Gold wert, und meine Präsentation ein voller Erfolg! Mehr dazu später, ich melde
mich. Jetzt erst einmal: Danke!“
Wann eine Dankes-E-Mail angemessen ist
Wenn Sie mit jemandem häufiger per E-Mail kommunizieren, ist dieser Weg auch für einen Dank nicht verkehrt.
Selbst eine persönliche E-Mail an gute Freunde, beispielsweise als Ergänzung zur vorgedruckten, allgemein gehaltenen schriftlichen Danksagung nach einer Hochzeit, ist
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Dankbarkeit im Alltag
erlaubt: Zeigt ein solches persönliches Schreiben doch
dem Empfänger, wie sehr das Brautpaar sich über dessen
liebevoll ausgesuchtes Geschenk oder den sorgfältig vorbereiteten Beitrag zur Feier gefreut hat.
Dankesrede:
So würdigen Sie langjähriges Engagement
Es gibt Anlässe, die einen ganz besonderen Dank erfordern. Warum nicht im Rahmen einer Rede? Einen besonderen Stellenwert besitzen und eine besondere Würdigung
erfordern
 die langjährige Mitgliedschaft in einem Verein;
 die langjährige Unterstützung eines guten Zweckes;
 die langjährige Tätigkeit in einem Ehrenamt.
Die Besonderheit all dieser Tätigkeiten ist die lange Dauer
des Einsatzes. Signalisieren Sie mit Ihrer Dankesrede,
dass so viel Engagement nicht selbstverständlich ist. Gerade diejenigen Menschen haben eine Anerkennung verdient, die sich schon seit langer Zeit für eine gute Sache
verdient gemacht haben und ihrem Ehrenamt vermutlich
auch in Zukunft verbunden bleiben.
Besonderer Dank
zum Jubiläum
Eine schöne Gelegenheit, um für langjähriges Engagement zu danken, ist ein Jubiläum. Denken Sie aber daran:
Ihre Rede sollte in erster Linie den Jubilar erfreuen. Die
geehrte Person muss das Gefühl haben, Sie kennen sie gut
oder haben sich zumindest ausgiebig über ihre Leistungen
informiert. So fühlt der Jubilar sich ernst genommen und
im wahrsten Sinne des Wortes geehrt.
Eine Dankesrede, die Freude bereitet
Gehen Sie auf die persönlichen Verdienste des Jubilars
ein. So laufen Sie nie Gefahr, dass Dankesreden jedes Mal
gleich klingen.
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Dankbarkeit im Alltag
D 6/17
Suchen Sie nach historischen Bezügen in Ihrer Dankesrede – und bringen Sie diese mit den herausragenden Eigenschaften des Jubilars zusammen. Ist er technisch begabt?
Ein Tüftler? Ein Bastler? Dann stellen Sie den Bezug zu
zwei historischen Persönlichkeiten her:
Gutenberg + Watt = Schmidt
Weil er langwierige Arbeitszeiten und einen kostbaren
Rohstoff, die Tinte, einsparen wollte, erfand Johannes
Gutenberg Mitte des 15. Jahrhunderts den Buchdruck.
James Watt suchte 1765 nach Möglichkeiten, die teure
Steinkohle durch einen preiswerteren Energieträger zu
ersetzen: Er nutzte den Dampf als Antriebskraft und erfand die Dampfmaschine.
Leiten Sie zu dem Dienstjubiläum über: „Sie, lieber Herr
Schmidt, sind mit Ihren praktischen Ideen, Ihrem Erfindungsreichtum und Ihrer Tatkraft seit 25 Jahren der Johannes Gutenberg und James Watt unserer Firma.“
Sie müssen allerdings nicht bis zum Jubiläum warten, um
sich bei jemandem zu bedanken. Die größte Freude mit einem Dank bereiten Sie jemandem, der nicht damit rechnet. Eine solche Referenz lässt sich in jede Rede einbauen. Bleiben wir beim Vereinsleben:
mein erfolgsDie größte Freude: Unerwarteter Dank
Ich selbst erlebte einmal, wie bei der Meisterschaftsfeier eines Fußballklubs der Vorsitzende sich ausdrücklich
beim Platzwart bedankte: An ihm lag es, dass die –
technisch beschlagene – Heimmannschaft ihre Spiele
stets unter hervorragenden Bedingungen austragen
konnte. Der Platzwart hatte eine solche Anerkennung
zwar verdient, aber nicht erwartet, und das gesamte Publikum war zutiefst gerührt.
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D 6/18
Dankbarkeit im Alltag
Es ist nie zu spät: Verpasster Dank
Zum Schluss möchte ich noch ein Problem anschneiden,
dass auch Ihnen eventuell schon begegnet ist: Es gibt Situationen, in denen man sich nicht bedanken kann: weil die
Zeit drängt, weil man nicht zu Wort kann, weil ein blöder
Zufall oder ein Sachzwang es verhinderte.
Auch für solche Fälle verhinderten Dankes gibt es eine
faustregel: „Es ist nie zu spät.“
Für einen verspäteten Dank empfiehlt sich die schriftliche
Form. Am besten eignet sich ein Brief. Nehmen Sie sich
beim Formulieren Zeit. Rufen Sie sich die Situation noch
einmal in Erinnerung und erklären Sie, warum der Dank
ausblieb. Der Empfänger, das garantiere ich Ihnen, wird
sich freuen!
Der Dank des berühmten Schriftstellers
Von den Werken B. Travens wurden 40 Millionen Exemplare verkauft. Der Schriftsteller lebte und starb in Mexiko. Geschrieben hat er auf Deutsch, früher lebte er in
München. Dort nannte er sich Ret Marut und gab den Ziegelbrenner heraus, eine linke Zeitschrift. Nach der Zerschlagung der Münchner Räterepublik im Mai 1919 landete er vor einem Feldgericht und sollte erschossen
werden. Als der Mann, der vor ihm an der Reihe war, sich
heftig wehrte, nutzte Marut die entstehende Unruhe zum
Sprung aus einem geöffneten Fenster. In einer weiteren,
illegal gedruckten Ausgabe des Ziegelbrenner ließ er die
Leserinnen und Leser wissen, dass sein Entkommen nicht
allein sein Verdienst war:
„Zwei Soldaten, in denen einen Augenblick lang wohl
ein Funken Menschlichkeit aufstieg, als sie sahen, wie
hier mit dem Kostbarsten, was der Mensch besitzt, mit
dem Leben, umgegangen wurde, waren an diesem Entkommen nicht unbeteiligt. Ihnen sei an dieser Stelle gedankt für die Erhaltung eines Menschenlebens.“
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