ora et labora - "Weihnachten 2013"

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ora et labora - "Weihnachten 2013"
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Weihnachten 2013
Informationsblatt der Freunde der Abtei St. Marienthal
Bei den mancherlei wiederkehrenden Nöten
geht der Mensch immer wieder zu seinem Gott.
Da lernt er ihn kennen.
Bernhard von Clairvaux
Titelbild
Abteikirche von St. Marienthal im Schnee
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Freundeskreis der Abtei St. Marienthal
St. Marienthal 1, D-02899 Ostritz
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www.kloster-marienthal.de
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Ausgaben:
Sr. M. Hildegard Zeletzki OCist, Gisela Rieck
Graphische Werkstätten Zittau GmbH
Abtei St. Marienthal S. 7, 16; Kersten Kühne S. 2, 23; Harald Neumann S. 29;
Gisela Rieck S. 8, 9, 11, 12, 14, 27, 28, 33, 3. Umschlagseite;
Matthias Schwarzbach S. 30; wikimedia org. S. 4, 21, 34; Rainer Zeletzki S. 18;
Sr. M. Hildegard Zeletzki alle Linolschnitte, S. 3, 5, 6, 17.
Titelbild Torsten Fechner; rückwärtige Umschlagseite aus:
Der St. Marienthaler Psalter. Hrsg. v. H. Engelhart. Regensburg 2006, Taf. 32
zweimal jährlich
Preis:
Mitglieder kostenlos, Nichtmitglieder 3 €, Spenden erbeten
Bankverbindung
und Spendenkonto: LIGA Spar- und Kreditgenossenschaft, Filiale Dresden
Konto-Nr. 8 29 13 22
BLZ 750 903 00
Alle Rechte liegen beim Freundeskreis der Abtei St. Marienthal und bei den Verfassern.
Inhalt
Grußworte
FürdenFreundeskreis–Kersten Kühne. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
FürdenKonvent–Sr. M. Hildegard Zeletzki OCist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
GeistlichesWort
GottzeigtsichvorallemimProvisorium–P. Bruno Robeck OCist. . . . . . . . . . . . . . 4
SeitIcheuerBruderwurde
WeihnachtsmeditationvonKarlRahner–Sr. M. Hildegard Zeletzki OCist. . . . . . . 5
St.MarienthalinderTraditionderZisterzienser
WandlungeneinesZisterzienserbausinachtJahrhunderten. . . . . . . . . . . . . . . . . . RestedermittelalterlichenKlosterkirchetretenzutage
Dr. Marius Winzeler
7
VomMeißnerMüglitztalindieböhmischeOberlausitz
Dohna–derStammsitzder„kleinenStifter“vonSt.Marienthal. . . . . . . . . . . . . . . 13
Dr. Albin Nees, Dr. Lars-Arne Dannenberg
DieEreignisseamKriegsendeinSt.Marienthal. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
WennÄbtissinCelsanichtsoheroischgewesenwäre…
Sr. M. Hildegard Zeletzki OCist
DantesGöttlicheKomödie(2). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
DanteAlighieriverewigtKaiserHeinrichVII.alsFriedensstifter
Dr. Elisabeth Leeker
Vorgestellt
KerstenKühne. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Impressionen vom Freundeskreistreffen 2013
AusdemFreundeskreis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
AusSt.Marienthal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
AusOrdenundKirche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
NamengebendePatrone
CelsaundPia,zweiÄbtissinneninschwerenZeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Sr. M. Hildegard Zeletzki OCist
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Grußworte
Liebe Freunde von St. Marienthal!
Im Sommer habe ich über die kirchliche Frauenarbeit Sachsens mit 19 Frauen eineWochelangdenBeginenhofinBrüggebesucht.ImGästehausuntergebracht,wurdenwirvon
denBenediktinerinnenaufdasfreundlichsteempfangen,bewirtetundversorgt,obwohl
wir viel zu spät ankamen und dieTore bereits verschlossen waren. Ein freundlicher Ort
mitfreundlichenBewohnerinnenundfreundlicherStillebliebesfüruns.Marie-Anne,die
Gästeschwester,lauschtemiteinemfreundlichenLächelnunserenLiedern,diewirvorjederMahlzeitundbeiunserenAbendkreisensangen.SieludunsinihrekleineKircheein,
wowirjedenAbendmitdenSchwesterndieKompletfeiernkonnten.
Oft habe ich in diesenTagen an St. Marienthal gedacht.Trotz unterschiedlicherKonfessionfandenwirunsimherzlichenEinvernehmeninderKirchealsOrtunsererGebete
undLiederzusammen.DieKirchebildetdenMittelpunktinderAnlagedesBeginenhofes,
alleWegeführenzuihrhin.EsgehtkeinWeganihrvorbei!SieistderTreffpunktfürdie
klösterliche Gemeinschaft mit ihren Gästen und Besuchern. Das offeneTor lädt ein zur
Andacht,zumGebet,zurStille,zumVerweilen,aberauchzumSchauenundStaunenüber
KunstwerkeundDinge,dievonMenschenvorlangerZeitgeschaffenwordensind,inspiriertundgetragenvonihremfestenGlauben.
AuchdieKlosterkircheinSt.MarienthalmitallihrenSchätzensollwiedersolcheinOrt
werden: für das Gebet in Stille und Gemeinschaft, Mittelpunkt, Treffpunkt, Ruhepunkt.
DiesenWunschtragenvieleinihremHerzen,undnebenunserenGebetenhelfenSpenden
undtatkräftigeUnterstützung,damiterbaldverwirklichtwerdenkann.
FroheWeihnachtenwünscheichdenSchwesternvonSt.MarienthalundallenFreundenderAbtei!
Kersten Kühne, Olbersdorf
Der Beginenhof
in Brügge
2
Grußworte
Liebe Freunde unserer Abtei!
Wir hatten gehofft, dieses Weihnachtsheft unserer wieder hergestellten Klosterkirche
widmenzukönnen.LeidersinddieArbeitenabernochnichtsoweitfortgeschritten;wir
müssenunsweiterhingedulden.
DennochhabenwiringeistlicherFreudeinder„Hofkapelle“alleunsereHauptfestegefeiert,indiesemJahrvorallemdiebeidenJubiläenvonMutterÄbtissinReginaWollmann:
zunächstihrenWahltagam12.Juli,dersichzum20.Maljährte.Siebegingihnstillund
internmituns,denneristfürunsallewichtigeralsderWeihetag,sagtdieÄbtissinnach
derWahldochihrganzeigenes„Ja“zudemEntscheiddesKonventesundbestimmtauch
ihrenWahlspruch,besserihrMotto!SiehatdasersteWortderRegeldesHl.Benediktvon
Nursia,nachderwirleben,genommen:„Obsculta“–„Höre“.Undam21.Augusthabenwir
großihrenWeihetaggefeiert,andemihrvor20JahrenderdamaligeGeneralabtdesZisterzienserordensPolykarpZakardiekirchlicheWeiheerteilteundoffiziellRing,Stabund
Kreuzüberreichte.
AberauchdasRequiemfürWeihbischofem.GeorgWeinhold,derzweiTagenachseinemletztenBesuchinSt.Marienthalplötzlichverstorbenist,habenwiram17.Oktoberin
unserer„Hofkapelle“gefeiert.DraußenhattederHerbstseinschönesGewandangelegt.
MirfieldazuHermannHessesbittersüßer„KleinerGesang“ein:
Regenbogengedicht,
ZauberaussterbendemLicht,
GlückwieMusikzerronnen, SchmerzimMadonnengesicht,
DaseinsbittereWonnen…
BlütenvomSturmgefegt,
KränzeaufGräbergelegt,
HeiterkeitohneDauer,
Stern,derinsDunkelfällt:
SchleiervonSchönheitundTrauer
ÜberdemAbgrundderWelt.
UnsChristenaberträgtimAdventundzuWeihnachtendiegrößereHoffnungaufdieewige
ErlösunginbleibenderFreude.IndiesemSinnewünschenwirSchwesterndesSt.MarienthalerKonventsIhnengesegneteWeihnachten!
Ihre Sr. M. Hildegard OCist
Weihnachtsstern und Engel
über St. Marienthal
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Geistliches Wort
Gott zeigt sich vor allem im Provisorium
DieSchwesternvonSt.MarienthalwartenmitgroßerSehnsuchtdarauf,wiederinihrer
AbteikirchedasGotteslobsingenzukönnen.Siemüssenjedochnochdaraufverzichten.
NocheinmalwerdensieWeihnachtenimProvisoriumderHofkapellefeiern.Abergerade
die Feier im Provisorium liegt näher am biblischen Geburtsfest des Herrn als die weihnachtlicheFeierineinerfestlichenKirche.Mariahatesnichtsogeplant,dasssievomHeiligenGeistempfangensollte.Mariahatesnichtsogeplant,dassJesusunterwegsgeboren
wurde.Vielleichthattesieesbefürchtet,aberbestimmtnichtgewünscht.Gottzeigtsich
vorallemimProvisorium.Erlässtsichnichtfestmachen,festsetzen.ErbleibtmitunsMenschenunterwegs.
EsschmerzteschondenKönigDavid,dassdieLadeGottesineinemZeltaufbewahrt
werdenmussteunderkeinenTempelbauendurfte(vgl.2Sam7).WirMenschenhaben
dasBedürfnis,unsfestzusetzen.GottaberbleibtinBewegung.ErkommtzuunsinGestalt
seinesSohnes,derkeinenOrthabenwird,wohinerseinHauptlegenkann(vgl.Mt8,20).
VielleichthelfendieseGedanken,dasWeihnachtsfestaufeineganzneueWeisezufeiernunddasProvisoriumnichtalsManko,sondernalsGewinnanzusehen.Ichbinmirbewusst,dassichalsAußenstehenderleichtguteVorschlägemachenkann,aberichhoffe,
dassauchichsiemirzuHerzennehme,wennesdaraufankommt.Undichwünscheden
Schwestern,dasssieeingutesWeihnachtsfestfeiernwerden.Ichwünscheihnen,erleben
zu können, dass Gott in unsereWelt kommt, wie sie ist, und nicht in eineWelt, die wir
meinenmachenzumüssen.
P. Bruno Robeck OCist, Langwaden
Kloster Langwaden
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Weihnachtsmeditation
Seit Ich euer Bruder wurde
WeihnachtsmeditationvonKarlRahner(1904–1984)
„DasGeheimnisderMenschwerdungGottes ist die Mitte der Wirklichkeit, aus der
wirChristenleben.“Mankannwohlsagen,
dassdasgesamteSchaffendesbedeutenden Jesuiten und Theologen Karl Rahner
diesem seinem Bekenntnis gehörte. Er
stehtdamitfastineinerReihemitdenaltenKirchenväternGregordemGroßen,Leo
dem Großen und anderen, die die wahre
Menschheit Jesu Christi predigten und
verteidigten.ErhatauchwesentlichenEinflussaufdasII.VatikanischeKonzilgehabt.
Rahner lehrte an den Jesuitenfakultäten von Innsbruck und München. Unter
anderem sagt KardinalWalter Kasper von
ihm,erhabedenjungenTheologiestudenten der 1950/60-er Jahre „Mut gemacht
zumeigenenDenken“(Kasper,Katholische
Kirche. 2. Aufl. Freiburg 2012). Für Rahner
gab es letztlich kein Thema in der Kirche,
zu dem er sich nicht äußerte. Sein WerkJesuskind in der Krippe
verzeichnis ist von riesigem Umfang und
enthältschonalleindadurchfürmancheKritikAngriffsflächen.Daraufkannundsollhier
nichteingegangenwerden;dennimmernochbietetdieBeschäftigungmitseinerSpiritualitätgroßeundvielfältigeAnregungen,istsiedochzugleichherausforderndundtröstlich.
SosolltemansichimJahr2014anden110.GeburtstagKarlRahnersam5.Märzund
nurkurzeZeitspäteram30.Märzanseinen30.Todestagbesonderserinnern.SeineArt
zudenkenfälltselbstChristennichtimmerleicht.Dennochkannerauchheutebewegen
ihmzufolgen.Eslohntnochimmer,sichseinemmitunterschwierigenundlangatmigen
Stilzunähern.Dannfaszinierterunsauchheutenochundkanntiefinnerlichberühren
undbewegen.HerbertVorgrimler,langjährigerFreundundWeggefährteRahners,stelltin
mehrerenVeröffentlichungenjeneuindieMitte,wiesehrKarlRahnervonseinemOrden
geprägtwar:wieseinDenken(TheologieundPhilosophie)vonderpersönlichenGotteserfahrungherkam.NichtumsonstwirdvielfachseinAusspruchüberliefert:„DerChristvon
morgenwirdeinMystikersein,odererwirdnichtmehrsein.“Vorallemdieshaterimmer
wiederinExerzitien,GesprächenundunzähligenVortragsreisenanderenmitteilenwollen.
EinigemögensichandasBüchlein„VonderNotunddemSegendesGebetes“erinnern,
dasermitseinemälterenPriesterbruderHugo(†1968)herausgegebenhat.
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Weihnachtsmeditation
DiefolgendeWeihnachtsmeditationstammtausKarlRahnersfrühemPredigtbändchen
„KleinesKirchenjahr“(Freiburg1954):
SeitIcheuerBruderwurde…
„Ich bin deine Freude, fürchte dich nicht, froh zu sein;
dennseitdemIchgeweinthabe,istdieFreudedierealistischereLebenshaltungalsdieAngstunddieTrauerderer,diemeinen,keineHoffnungzuhaben.IchbindieAusweglosigkeitdeinerWege;dennwodunichtmehrweiter
weißt,dabistdu,törichtesKind,schonbeiMirangelangt
und merkst es nicht. Ich bin in deiner Angst; denn Ich
habesiemitgelitten,undIchwarauchnichtnachweltlicherWeiseheroischdabei.IchbinindemKerkerdeiner
Endlichkeit; denn Meine Liebe hat Mich zu deinem Gefangenen gemacht.Wenn die Rechnung deiner GedankenunddeinerLebenserfahrungennichtaufgeht,siehe,
IchbinderungelösteRest,undIchweiß,dassdieserRest,
derdichzurVerzweiflungbringenwill,inWahrheitMeineLiebeist,diedunochnichtbegreifst.–
Alle,dieMeinHeilannehmen,sindinderHeiligen Gottessohn – Menschenkind
Nacht geboren, weil MeineWeihnacht alle eureTage
undNächteumschließt.IchhabeMichselbst,wirklich
ganzselbstundganzpersönlich,aufdasfurchtbareAbenteuereingelassen,dasmitder
Geburtbeginnt,Meineswarnichtleichterundnichtgefahrloseralseures–undIchversichereeuch,eshateinenseligenAusgang.
SeitIcheuerBruderwurde,seidihrMirsonahe,wieIchMirselberbin.
Wenn Ich also als Schöpfer mit dem Menschen keinen hoffnungslosen Versuch gemacht habe, wer wird euch dann Meiner Hand entreißen? Als euer Anfang habe Ich in
MeinenUntergängengesiegt.WennihrdieZukunftnacheuchalleinbeurteilt,könntihr
nichtpessimistischgenugsein.Abervergeßtnicht:eurewahreZukunftistMeineGegenwart,dieheutebegonnenhatundnichtmehrVergangenheitwird.Darumistesdochrealistischergedacht,wennihreuchanMeinenOptimismushaltet,derdieganzeWirklichkeit
Gottesist,dieIch–dasunbegreiflicheWunderMeinerallmächtigenLiebe–unversehrt
und ganz in dem kalten Stall eurerWelt untergebracht habe. Ich bin da. Ich gehe nicht
mehr aus derWelt weg, wenn ihr Mich auch nicht seht!Wenn duWeihnachten feierst,
dannsagzuallem,wasdaistundwasdubist,nurdaseine,sagesMir:Dubistda.Dubist
gekommen.SelbstinBosheit,diesichnichtverzeihenlassenwill.Mensch,sagnurdaseine,
dannistfürdichWeihnachten!Sagnur:Dubistda!Nein,sagnichts!Ichbinda,undMeine
Liebeistunbesieglich,Ichbinda.EsistWeihnacht,diebleibtinEwigkeit.“
Sr. M. Hildegard Zeletzki OCist
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St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
WandlungeneinesZisterzienserbausinachtJahrhunderten
Reste der mittelalterlichen Klosterkirche treten zutage
Die ordenstypische Anlage des Mittelalters sieht man St. Marienthal in seiner heutigen barocken Ausgestaltung kaum an – und doch ist sie in Situation und Grundkonzept erhalten
geblieben. Lange hatte man angenommen, dass die Verwüstungen durch die Hussiten 1427
und die Brände von 1515 und 1683 die ursprüngliche Anlage völlig zerstört hätten, aber wie bei
früheren Renovierungsarbeiten tauchen auch jetzt wieder vor allem in der Klosterkirche Teile
des mittelalterlichen Ursprungsbaus auf und werden sichtbar gemacht. Die Restaurierungsund Modernisierungsarbeiten nach dem Hochwasser vom August 2010 dauern an. Noch im
Sommer war die Kirche innen eine wüste Baustelle, in der sogar kleine Bagger ein und aus
fuhren, doch so lange wie nach dem ebenso verheerenden Hochwasser von 1897, nämlich 24
Jahre, werden die Arbeiten nicht brauchen, alle Hoffnungen richten sich auf die Vollendung
Mitte des kommenden Jahres.
Spiegel der Verbundenheit mit Böhmen
St.MarienthalliegttopografischreizvollundmalerischaneinerBiegungderNeiße,östlichbegrenztvomBogendesFlusses,derheuteauchdieLandesgrenzezuPolenmarkiert,
westlichgeschütztvoneinemHügelzugmitdemklösterlichenWeinbergundeinembaro-
Luftbild der Abtei St. Marienthal
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St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
St. Marienthal mit Propstei, Äbtissinnenhaus und dem Turm der Klosterkirche
ckenKalvarienberg.DieKlostergebäudebreitensichaufeinerTerrasseüberdemUferaus,
diedurcheinealteStraßeinNordsüdrichtungmitOstritzundGörlitzundinderGegenrichtungmitHirschfeldeundZittauverbundenist.DieKonventsgebäudeliegendirektam
Ufer,währendsichnordwestlichGartenanlagenundsüdwestlicheingroßerWirtschaftshofmitdenVerwaltungs-undÖkonomiegebäudenerstrecken.Wenngleichdieheutigen
Baulichkeiten hauptsächlich aus dem 17. und 18. Jahrhundert stammen und eine sehr
wechselhafteBaugeschichtespiegeln,istinderGesamtsituationdieordenstypischeAnlagedesMittelalterserhaltengeblieben.
HeutezeigtsichdasKlosterimheiterenGewandeinesländlichen,unverkennbarböhmischgeprägtenBarock.DurchdieQualitätvonArchitekturundAusstattungdarfSt.MarienthalalsdasbedeutendsteBeispielfürdieAusstrahlungvonKunstundBaukulturBöhmensindieOberlausitzim18.Jahrhundertgelten.Zudemspiegeltsichinderkostbaren
künstlerischenAusgestaltungdiewechselhafte,jedochstetsmitdemsüdlichenNachbarland verbundene Geschichte der Abtei seit dem 13. Jahrhundert in eindrücklicherWeise
wider.
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St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
Klosterkirche auf mittelalterlichen Fundamenten
DieKirchestehtmittiganderOstseitederAnlage,istjedochvondervorgelagertenAbtei,
demÄbtissinnenhausunddemPropsteigebäudefastverborgenundnurdurchdenmarkanten,gegendieOrdensregelnverstoßendenTurminderGesamtanlagehervorgehoben.
VondermittelalterlichenKlosteranlagesindderwestlicheTeilderheutigenKlosterkircheunddieNordmauerdesangrenzendenVerbindungstraktszurAbteiimaufgehenden
Mauerwerkerhaltengeblieben.AnhanddesBaubefundsundhistorischerAnsichtenkann
diegotische,wohlnochausderGründungszeitum1230/1240stammendeKirchealsrechteckigerSaalbauindenAusmaßenvonca.12,6x30mmitgeradegeschlossenerOstpartie
rekonstruiertwerden.EinefürdieZisterziensercharakteristischedreiteiligeFenstergruppemitzweirund-oderspitzbogiggeschlossenenFensternundmittigdarüberangeordnetem Okulus hat das Sanktuarium belichtet. In derWestwand ist im Dachbereich ein
SpitzbogenfenstermitRankenmalereiinderLeibungerhalten,worausabgeleitetwerden
kann,dassdergotischeKirchenraummiteinemoffenenDachstuhlodereinerHolztonne
abgeschlossenwar.
WieinderheutigenAnlagebefandsichauchimMittelalterimWestteilderKircheeine
erhöhteNonnenempore,derSchwesternchor,dermitdenangrenzendenKonventsgebäudenverbundenwar.WahrscheinlichwardieKirchevondenZerstörungendurchdieHussiten1427unddemKlosterbrandvon1515wenigerbetroffenalsdieKonventbauten,sodass
sieihregotischeGrundformbisins18.Jahrhundertbewahrte.
Um 1670 bis 1680 erfolgte ein eingreifenderUmbau,beidemdasheutigeKreuzgratgewölbeeingefügtundwahrscheinlich
auchderTurmaufderNordseiteangebaut
wurden.DerDachstuhlüberdemLanghaus
entstandnachdemBrandvon1683.Inden
1730erJahrenwurdedieKirchenachOsten
erweitert, und das von einem niedrigeren
Dachstuhl abgeschlossene Presbyterium
mit außen halbrundem Ostschluss wurde
gebaut,dieSakristeinördlichangefügtund
derTurmerhöht(datiert1734).Baumeister
warZacharias Hoffmannausdemböhmischen Hainspach/Lipová, der im Inneren
dieGewölbeformdes17.Jahrhundertsfortsetzte.DerheutigeKirchenraumwirdallerdings durch die historistische Ausmalung
und Neuausstattung geprägt, die in zwei
Phasen 1858/59 und, bedingt durch das
Hochwasser von 1897, in den Jahren 1898 Standort des Altars in der mittelalterlichen
bis1906bzw.bis1921entstandensind.
Klosterkirche
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St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
Die Innenausstattung
ImUnterschiedzurOberlausitzerSchwesterabteiSt.MariensternbliebinSt.Marienthal
vonderliturgischenundkünstlerischenGründungsausstattungfastnichtserhalten.InErmangelungvonQuellen,Beschreibungenundmateriellenbzw.archäologischenBefunden
ist–bisaufjüngstaufgefundeneFundamentedesHochaltarsimmittlerenBereichdes
Presbyteriums–eineAussageüberdieeinstvorhandenenAltäreinderKlosterkirchenicht
möglich. Die heutige Kirchenausstattung stammt weitgehend aus dem 19. Jahrhundert
(1858/59und1898–1906),dieStipitenundMensenderAltärekönntenhöchstensaufdie
ZeitdesKirchenausbausvor1736zurückgehen.NebendemderHimmelfahrtMariensgeweihtenHochaltarbefindensichimSanktuariumnördlicheinHerzJesu-undsüdlichein
weitererMarienaltar,davorimPresbyteriumBernhards-,Josefs-,AnnenaltäreundgegenüberderKanzelderKreuzaltar.SämtlicheAltaraufbautenenthaltenReliquien,dieim18.
und19.JahrhundertnachSt.Marienthalgelangtsind.
DenSchwesternchorschmücktanstelleeinesAltarsdieindasGittereingelassenemonumentale spätgotische Figur Mariens alsTempeljungfrau (um 1510–1520). Der einstige
neobarockeAltaraufbaubefindetsichinderWallfahrtskircheRosenthalbeiKamenz.
Die neoromanische Kanzel der Klosterkirche stammt wie der größteTeil der übrigen
AusstattungausderZeitnachdemHochwasser1897undwurdevonJosephElsnerentworfen.EinTaufsteinistnichtvorhanden,dainZisterzienserkirchendasTaufsakramentin
derRegelnichtgespendetwird.
Glocken und Orgel
WedervonGlockennochOrgelnsindmittelalterlicheResteoderschriftlicheÜberlieferungenbewahrtworden.DieältesteNachrichtüberdasGeläutistdieausdemJahr1685über
dieWeihevondreiGlocken,vondenendieimselbenJahrvonAbrahamSievertinGörlitz
gegosseneSeigerglockeimKirchturmerhaltengebliebenist.DiezweiteSeigerglockeist
1734entstanden.DaseigentlichevierteiligeGeläuthatFriedrichGruhl1858inKleinwelka
gegossen;davongibtesnochzweiGlocken:a'unda''.FürzweizuRüstungszweckeneingeschmolzeneGlockenhatFranzSchillinginApolda1961Ersatzgeliefert:cis'unde'.
ÜberältereOrgelnfehlenNachweise.Bis1881hatmanimKlostervorallemInstrumentalmusik gepflegt, auch als liturgische Begleitung aufTrumscheiten, den so genannten
Nonnengeigen,wovoneinigenochvorOrtunddreiExemplareimLeipzigerMusikinstrumentenmuseumerhaltensind.DieheutigeelektronischeOrgelstammtausdem20.Jahrhundert.
Wand- und Glasmalerei
ÄltesteRestevonWandmalereiensinddieRankenamehemaligenWestfensterderKlosterkirche(s.o.).MittelalterlicheGlasmalereiistnichterhaltengeblieben.Bedeutendistdie
jüngereAusmalungderKlosterkircheausdem19.Jahrhundert:1858beauftragteÄbtissin
Gabriela Marschner den renommierten Breslauer Architekten Alexis Langer mit einem
EntwurffürdieUmgestaltungderKlosterkircheimSinneinerRückkehrzudenmittelalterlichenWurzeln.
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St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
PropstKonradPreißentwarfeinBildprogramm,dasnachseinenWortenstilistischder
GründungszeitdesKlostersverpflichtetbleibtunddessenAufgabeeswar,„dieHeiligkeit
derkatholischenKirchedurchHeiligeunseresOrdenszurAnschauungzubringen.“Dazu
wirdnachAbschlussderaktuellenRestaurierungeineausführlicheBetrachtungerscheinen.DieneuenWandbilderschufderschlesischeNazarenerRaphaelSchall;nachdessen
Tod1859wurdensievonseinemSchwagerTheodorHammacherausDüsseldorfvollendet.
DieseitlichenGlasfensterentstandennachSchallsKartonsinderWerkstattvonAdolph
SeilerinBreslau.DerlichtebarockeSaalwandeltesichdamitzueinemmystischverdunkelten, reich ausgemalten Stimmungsraum im Sinn des romantischen Historismus. Die
reiche Ausmalung verleiht dem Kircheninneren seither eine religiös aufgeladene Atmosphäre, die mit dem heiteren Barock der Klosteranlage spannungsvoll kontrastiert. Das
OstfenstermitderDarstellungderHimmelfahrtMarienskamalsspätereVollendungder
historistischen Ausgestaltung dazu: Nach dem großen Hochwasser von 1897 wurde der
bisdahinbelassenespätbarockeHochaltarentfernt,unddieFirmaDr.HeinrichOidtmann,
Freigelegte Reste der romanischen Klosterkirche
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St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
Linnich,schuf1898/99anstelledesfrüherenÖlbildesgleicherThematikdasnunmehrzentraleBilddesRaumes,dasimMorgenlichtbesonderserstrahlt.
Restaurierung und Modernisierung des Kircheninneren
WährendderlaufendenRestaurierungsarbeiteninderKlosterkircheergabensichzahlreicheneueErkenntnissezudemBauundseinerGeschichte.BeidenEingriffenindenBoden
konntenarchäologischeUntersuchungendurchgeführtwerden.DieInnensanierungwird
zudem zum Anlass genommen, den Kirchenraum liturgisch neu zu ordnen: Den HöhepunktbildetdabeidieAufstellungeinesneuenZelebrationsaltarsausschlesischemMarmor,derüberdenFundamentendesmittelalterlichenHochaltarserrichtetwird.Eineneue
BeleuchtungwirddiebesondereStimmungdesKirchenraumeswiederangemessenzur
Geltungbringen.DerzeiterfolgtdieKonservierungundRestaurierungallerMalereienund
Ausstattungsteile. Die ausführenden Planer, Gestalter und Restauratoren werden nach
AbschlussderMaßnahmenihreArbeitenerläutern.Wirwollensiedannin‚oraetlabora‘
darüberberichtenlassen.
Dr. Marius Winzeler, Zittau
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St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
VomMeißnerMüglitztalindieböhmischeOberlausitz
Dohna – der Stammsitz der „kleinen Stifter“ von St. Marienthal
Wer bei schönem Wetter nicht eilig über die Autobahn von St. Marienthal nach Dresden brettert, sondern sich etwas Zeit für die Fahrt durch Böhmen über das Erzgebirge an die Elbe
gönnt, vielleicht mit dem Ziel, in Schloß Weesenstein den Sachsenprinzen und späteren König
Johann als Danteforscher und -übersetzer ‚Philaletes‘ zu finden, stößt in dessen Nähe auf das
kleine Städtchen Dohna. Haben die Burggrafen von Dohna, die ‚kleinen Stifter‘ von St. Marienthal, etwas mit diesem Ort zu tun? Wenn ja, wann und warum sind sie aus dem Meißner
Müglitztal in die böhmische Oberlausitz gekommen und zu Stiftern der Abtei geworden?
Danach haben wir unseren früheren Freundeskreis-Vorsitzenden Dr. Albin Nees und den Historiker Dr. Lars-Arne Dannenberg gefragt.
Washabendie‚kleinenStifter‘vonSt.Marienthal
mitdemOrtDohnazutun?
DassunserWohnortHeidenauvonDohnahergegründetwurdeunddassessogarseinen
NameneinemderBurggrafenvonDohnaverdankt(HeydevonDohna),dashabeichnach
unseremUmzugimJahre1993indieDohnaerStraßeinHeidenausehrschnellgelernt.LeiderhabenwirunsnichtweitermitderGeschichtedieseraltehrwürdigenStadtbefasst.Ich
warschnellzufriedenmitmeinemerstenLernerfolgaufdemGebietderRechtsgeschichte
undfreutemich,sonahbeiderStadtzuwohnen,dieübereinelangeZeitdenberühmten
„Dohn’schenStuhl“,dasimMittelaltersehrangeseheneAdelsgericht,beherbergthat.
Wie groß die Bedeutung Dohnas für die Abtei St. Marienthal ist, habe ich erst im
Sommer2012ausdemHeft45von„oraetlabora“erfahren.InihremBeitrag„Zwischen
MünstermaifeldundPrag“erwähntSr.HildegarddiebesondereGunst,dieSt.Marienthal
seitensdesböhmischenKönigshausesgenossenhat.MehrfachwirddabeiauchaufehemaligeBesitzungenoderSchenkungenderDohnasverwiesen,fürwelchederKönigdem
KlosterSteuerfreiheitgewährthat.
ErstjetztwarmeinInteressegeweckt.IchsuchteHerrnKurtWoyeck,denStadtchronistenvonDohna,auf,ernanntemirweitereDetails.Undnunbegriffich,dassderNameder
erstenÄbtissinvonSt.MarienthalkeinblinderZufallist:AdelheidvonDohna.Vermutlich
warsiedieTochterdesBurggrafenOttoI.vonDohna.DerStadtchronistgehtdavonaus,
dassdieserLehnsrechtebeiOstritzbesessenundschonvor1234derKöniginKunigunde
denGrundundBodenfürdieErbauungdesKlostersüberlassenhabenkönnte,wasHistorikerallerdingsnochetwasanderssehen(s.u.).
HerrnWoyeckverdankeichauchdieKopievon„Aufzeichnungenüberdieerloschenen
LinienderFamilieDohna“(erschienen1876inBerlin).Darinistu.a.vongrößerenStiftungenOttosI.zuGunstendesKlostersAltzelleimJahre1235dieRede.„DieseStiftungen“,so
heißtesdort,„steheninengemZusammenhangmitderLebensstellungderBurggräfin
Adelheidundsolltendazudienen,dieWahlderselbenzurÄbtissindes…imvorhergehendenJahregegründetenCistercienserKlostersMarienthal,überwelchesderCistercienser
AbtvonAltenzelldieAufsichthatte,zufördern“.DiedazugehörigeAnmerkungenthältei13
St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
nenweitereninteressantenHinweis:„IndemConfirmationsbriefe,welchenam22.Februar
1238KönigWenzelundseineGemahlinKunigundedemKlosterMarienthal…überseine
GüterundPrivilegienverlieh,wirdzumerstenMalederdominaeAdelheidisabbatissae
gedacht“.
Wäre ich doch nicht so lange so ahnungslos gewesen! Ich hätte anlässlich einer SitzungdesFreundeskreis-VorstandsvoreinigenJahrenbeiunsinHeidenauleichteinenzusätzlichen Programmpunkt einschieben können, um mit den Mitgliedern desVorstands
sowiemitFrauÄbtissinReginaundFrauPriorinHildegarddieStadtzubesuchen,deren
burggräflicheFamiliebeiderEntstehungderAbteiSt.Marienthalvor780Jahreneineso
entscheidendeRollegespielthat.WirhättendenStandortjener1140erstmaligerwähnten,
vermutlichaberschonum960vonKaiserOttoI.erbautenBurggesehen,inderdieerste
ÄbtissinvonSt.Marienthalaufgewachsenseinkönnte,undwirhättendiespätgotische
St.Marien-KirchemitdemsehenswertenFlügelaltarunddemsechseckigenTaufsteinbesucht, die 1489 auf dem Grund jenerVorgängerkirche errichtet wurde, die Adelheid als
Kindvielleichtnochgekannthat.
AberleidersindmirdieseZusammenhängeerstjetztbekanntgeworden.Undichtröste
michmitderaltenErkenntnis:Lieberspätalsnie.
Dr. Albin Nees, Heidenau
Burg und Kirche von Dohna
14
St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
DieBurggrafenvonDohnaalsStifter
derAbteiSt.MarienthalinderOberlausitz
Im Gedenken an Dr. Siegfried Seifert, der sich auch noch im hohen
Alter auf neue Überlegungen und Thesen eingelassen hat.
BisheutewerdendieBurggrafenvonDohnaals„kleineStifter“desKlostersSt.Marienthal
verehrt.LangeZeitglaubteman,dassdiesalleinmitihrerreichenStiftungstätigkeitim13.
und14.Jahrhundertzusammenhing.TatsächlichdürftensiedieeigentlichenGründerdes
Klostersgewesensein.DieGründungdurchKöniginKunigundevonBöhmenist,wiedie
Legendeberichtet,dagegenunwahrscheinlich.DerOrtlagsehrweitentferntvomPrager
ZentrumdesKönigreichesBöhmen,amäußerstenRand,garnochhinterdenBergen.HerrschaftlichwardieRegion,dasspätereZittauerLand,umstritten,undauchderBischofvon
MeißenhattehierlandesherrlicheAmbitionen.Noch1235hattePapstGregorIX.ausdrücklicherklärt,dasKlosterSt.MarienthalbefindesichimBistumMeißen.
Von der Meißner in die Prager Diözese
AberinderZwischenzeitwaresdemKönigvonBöhmengelungen,seineMachtüberden
GebirgskammnachNordenauszudehnen.DieWeihederKlosterkirchenahm1244bereits
der Prager Bischof Nikolaus von Újezd (1240–1258) vor. Zwar hatte sich der Meißner BischofgegendiesenAktbeiderKuriebeschwert,woraufhinPapstInnozenzIV.(1243–1254)
die Prälaten von Bosau, Altenburg und Mildenfurt mit der Untersuchung der Klage des
Meißners beauftragte, aber offensichtlich waren die Grenzen inzwischen neu gezogen
worden.1245wiesjedenfallsPapstInnozenzIV.denMagdeburgerErzbischofan,allezuexkommunizierenundihreskirchlichenAmteszuentheben,diedieSt.MarienthalerNonnen
exkommunizieren,mitdemInterdiktbelegenbzw.sievordasGeneralkapiteldesOrdens
zitierenwollten,underfügteausdrücklichhinzu,dassdasKlosterinderPragerDiözese
liege.ZugleichbestätigteerdemKlosteralleseineRechteundPrivilegienundnahmesin
seinenSchutz.DamitwarendieAnsprüchedesMeißnerBischofsvomTisch.
Mit der päpstlichen Inschutznahme war auch der Weg zur Exemtion, das heißt zur
rechtlichenAusgliederungausderPragerDiözese,geebnet.DieswarderletzteSchrittzur
vollständigenInkorporationdesKlostersindenZisterzienserorden.1258bestätigteBischof
JohannvonPrag(1258–1278)erneutdieExemtionausderPragerDiözeseunddieZugehörigkeitzumZisterzienserorden.
Herrschaftsaufbau in der Neißeregion
NurausderRückschaukönnenwiranhandderAnsammlungverschiedensterRechteund
Befugnisseerkennen,dasseinZweigderBurggrafenvonDohnaindenerstenJahrzehnten
nach1200begonnenhatte,inderNeißeregionumOstritzsesshaftzuwerden,nachdem
sieimGauNisan,imDresdnerElbtal,zunehmendmitdenMarkgrafenvonMeißenund
auchmitdemMeißnerBischofaneinandergeratenwaren.
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St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
HerrschaftsaufbauhießzunächstagrarischeErschließungundBesiedlungdesLandes.
ErfolgreicherHerrschaftsaufbauging,zumeistzeitlichetwasversetzt,mitBurgenbaueinher,umdieherrschaftlichenRechteauchabzusichern.UndnichtzuletztstandendieHerrenvorderAufgabederwirtschaftlichenDurchdringungdesRaumes.DabeispieltenStädte eine wichtige Rolle. Auch die Burggrafen von Dohna handelten nach diesem Muster.
SoverdanktdieStadtOstritzihreErrichtungderburggräflichenInitiative,alsvermutlich
BurggrafHeinrichII.oderdessenSohnOttoI.indenerstenJahrzehntendes13.Jahrhunderts ein geringfügiges Marktgeschehen nahe der Kirche in geregelte städtische Verhältnisseüberführte.HeinrichIII.,derSohnOttosI.,erhältum1250dieBurgGrafenstein/
GrabštejnbeiGrottau/HrádeknadNisouundwirdzumBegründerderGrafensteinerLinie
undzugleichderStammvaterallerheutenochlebendenGrafenzuDohna.
Klostergründung für das Seelenheil der Familie und als Wirtschaftsfaktor
In diesem Prozess der herrschaftlichen Konsolidierung und rechtlichen Absicherung des
Territoriums markieren Klostergründungen einen ersten Abschluss und vorläufigen Höhepunkt. Ein Kloster diente als künftige Familiengrablege und zur Pflege der familiären
Memoria.Dasheißt,dieMöncheoderNonnenschlossendieStifterinihrGebetsgedenken
ein.DaswarzwareinWechselaufdieZukunfthin,aberdortverspracherdurchaushohe
Gewinne.UndnichtzuletztwarenKlöstereinwichtigerWirtschaftsfaktor.
Dasklingtzunächstparadox,solltendochdieMönchevondereigenenHändeArbeit
leben, dem labor proprius, und gerade kein Eigentum erwerben. Doch ermöglichten die
zisterziensischen Wirtschaftsformen zu Beginn des 13. Jahrhunderts auch den Erwerb
vonGrundeigentumundseineNutzunginFormvonLeiheundRenten.Längsthattendie
KlösterdiefeudaleWirtschaftsweiseakzeptiert.SiewarenzuGrundherrengeworden,errichtetensogarStadthäuserundbedientensichadligerVerhaltensmuster.Daswiederum
machteaucheineFrauenzisterzeattraktiv,fürdieKonversen,Handwerkerundletztlichdie
BauernderKlosterdörferarbeiteten.
Siegel Heinrichs von
Jauer und der Burggrafen von Dohna
16
St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
Insofern dienten Klöster auf Umwegen auch der Besitzvermehrung und dem
Besitzerhalt der Familien, denn meist gehörten Familienmitglieder dem Konvent
an oder stellten sogar den Abt oder die
Äbtissin. Darüber hinaus sicherte sich der
Gründer oftmals dieVogtei über das Kloster, was ihm gewisse Einflussmöglichkeitengarantierte.Tatsächlichwargemäßder
HausüberlieferungdieersteÄbtissinvonSt.
Marienthal, Adelheid, eine Angehörige der
FamiliederBurggrafenvonDohna.
Das gesamte 13. und 14. Jahrhundert
hindurch beschenkte die BurggrafenfamiliedasKlosterreichlich,bissieihm1346das
Städtchen Ostritz mitsamt dem Patronat Stadtwappen von Ostritz
über die Stadtkirche sowie die GerichtsherrschaftüberKönigshain,Rusdorf,SeifersdorfundAltstadtübertrug,wodurchdasKlosterStadt-undPatronatsherrwurde.NochimselbenJahrbestätigtederböhmischeKönig
JohannderBlinde(1296–1346)dieÜbertragungderStadtOstritzmitallenRechtenund
BefugnissenundversahdieBurggrafenvonDohnafüralleZeitenmiteinembesonderen
SchutzauftragfürdasKloster.Alssieschließlich1380denZollimStädtleinOstritzandas
Klosterübertrugen,wurdedamitnurderSchlusspunktunterdieallmählicheVeräußerung
sämtlicherRechteundGüterrundumOstritzandasKlostergesetzt.
Gedenken an die großen und kleinen Stifter
Und so wird in St. Marienthal nicht nur der königlichen Stifter, sondern auch der BurggrafenvonDohnavölligzuRechtalljährlichmiteinemRequiemals„kleinerStifter“des
Klostersgedacht.Diestarke memorialeAnbindungandasböhmischeKönigshaus dürftevondenNonnenselbstausgegangensein,damansichvonderköniglichenAutorität
eineweitausgrößereSchutzwirkungversprach.DasGedenkenandie„großenStifter“war
einerseitsverbundenmitderstetenMahnungandenjeweiligenböhmischenHerrscher,
weiterhin seine schützende Hand über das Kloster zu halten. Andererseits war es eine
Schutzbehauptung,diedasKlostererfolgreichdurchalleFährnissederZeitgeleitete:Es
trotztedenHussitenkriegenwiedenReformationswirren,esüberstanddenDreißigjährigenKriegmitsamtdemWechseldesLandesherrn,alsdieOberlausitz1636durchdenTraditionsrezessandenevangelischenKurfürstenvonSachsenverlehntwurde,esüberstand
den Nordischen Krieg und zweiWeltkriege des 20. Jahrhunderts, und es überstand den
realenSozialismus.UndsolebenundarbeitenbisheuteinSt.MarienthalNonnennachder
Ordensregeldeshl.BenediktunddenGewohnheitenderZisterzienser.
Dr. Lars-Arne Dannenberg, Königsbrück
17
St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
DieEreignisseamKriegsendeinSt.Marienthal
Wenn Äbtissin Celsa nicht so heroisch gewesen wäre …
EinesTages,nichtlangevorihremTod,hatmirÄbtissinCelsafolgendeGeschichteerzählt,
dieeinBeweisfürihresehrstarkePersönlichkeitist.
IndenletztenKriegstagenherrschteinderAbteiäußersteAnspannung.EineEinheit
derWaffen-SShattedenKlosterhofbelegt.AmMorgendes7.Mai1945erreichtedieÄbtissinderBefehl,dieSchwesternhättendasHausinkürzesterZeitzuräumen,dennessolle
gesprengtwerden.DieÄbtissinberiefPropstOdilohinunterzumKreuzgangundversuchte,ihmdieLagezuerklären.Ererschienaufgeregt,seineOrgelnotenuntermArm,undbeschworlautstarkdieÄbtissin,dochjademBefehlFolgezuleisten.Indessenpatrouillierte
eineEtagehöhereinSS-Mann,derdurchheftigesKopfschüttelnderÄbtissinbedeutete,
nichtaufdenPropstzuhören.DadurchinihremDurchhaltewillengestärkt,verabschiedeteÄbtissinCelsaihrenPropst–undderwardzunächstnichtmehrgesehen.
DannberiefdieÄbtissindenKonvent,derdamalsausfast60Schwesternbestand,ins
Refektorium.WenigspäterkamendieBefehlsleutederHitler-Truppe,umsichdieEntscheidung abzuholen. Wie üblich standen die Schwestern mit unterm Skapulier gefalteten
Händen,mitdemRückenzurTür,umsicherstumzuwenden,alsdieÄbtissinmitihrerungewöhnlichenOffiziersbegleitunganderStirnseiteangelangtwar.DieSoldatenerteilten
ihnenRäumungsbefehl,dochÄbtissinCelsaerklärte,sieselbstwürdedemunterkeinen
Umständen folgen. Den wenigen Schwestern, die sich aus Sicherheitsgründen aus dem
Klosterentfernenwollten,erteiltesieDispensvomStabilitätsgelübde.
DieSoldatenzogenab,demKlostergeschahzunächstnichts.EswardiegroßerettendeTatvonÄbtissinCelsa,diedemKlosterdenWegindienochvölligungewisseZukunft
sicherte.AllerdingsflogamNachmittagdievonderWehrmachtzurSprengungvorbereitete Neißebrücke hinter der Abteimauer in die Luft. Ein übereifriger Hitlerjunge wollte
damiteineletzteHeldentatsetzen,wussteeinalterOstritzerzuerzählen.Aufalleanderen bedeutsamen Dinge, die sich mit dem Abzug der
deutschen und dem Eintreffen der russischenTruppen
ereigneten,sollhiersokurznichteingegangenwerden.
Nurseinocherwähnt,dassderPropst,alsdieLagesich
beruhigthatte,mitseinenNotenwiedervomKirchturm
herabkam,wohinersichinSicherheitgebrachthatte.
60JahrenachdiesemdenkwürdigenTag,am7.Mai
2005, erschien in der Sächsischen Zeitung ein Artikel
über das Kriegsende 1945 im Kloster St. Marienthal.
Meine Hoffnung, den darin erwähnten Brief aufzufinden,hatsichnichterfüllt.Somussichmichaufmeine
Erinnerungverlassen.AnsichistderBriefauchnichtdas
wichtigste.ErbestätigtnurdiepersönlicheDarstellung
derEreignissevonÄbtissinCelsa.
„Auge Gottes“ im Bibelgarten
Sr. M. Hildegard Zeletzki OCist
von St. Marienthal.
18
St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
DantesGöttlicheKomödie(2)
„…deshohenHeinrich,derzuWelschlandsHerstellungkommenwird…“
(Par.XXX,137f.)
Dante Alighieri verewigt Kaiser Heinrich VII. als Friedensstifter
Haben wir im letzten Heft ‚ora et labora‘ die Verehrung des Heiligen Bernhard durch den
Dichter Dante Alighieri in der Göttlichen Komödie dargestellt, so folgt diesmal die Würdigung Kaiser Heinrichs VII. (1278–1313) durch den Politiker und Dichter Dante, die wir in unserem Bericht über die Königliche Hochzeit angekündigt hatten. An diesen Herrscher aus dem
Hause Luxemburg knüpften sich große Hoffnungen. Die Kaiserkrone hat er empfangen, die
böhmische Krone durch die Verheiratung seines Sohnes Johann mit Elisabeth von Böhmen,
der letzten Přemyslidin, gerettet und damit die Luxemburger neben den Habsburgern und
den Wittelsbachern zur dritten Großdynastie in Europa aufsteigen lassen. Deren auch für
St. Marienthal bedeutendster Repräsentant wurde sein Enkel Karl IV.; wichtige Urkunden der
Abtei sind von Johann und Karl IV. unterzeichnet.
Die Friedensstiftung im politisch heillos zerstrittenen Italien und die Vermittlung zwischen Papst- und Kaisertum sind aber Hoffnung geblieben. Dennoch hat Dante den Kaiser als
gerechten Herrscher verewigt, wie die Autorin Dr. Elisabeth Leeker (s. ora et labora 47) zeigt.
Dante als Politiker
SeitBeginndes13.Jh.bekämpftensichindenoberitalienischenStädtendiebeidenParteienderpapsttreuenGuelfenundderkaisertreuenGhibellinen.InFlorenz,derHeimatstadt
Dante Alighieris (1265–1321), hatten die Guelfen die Oberhand. Ab 1295 nahm Dante als
derenAnhängeraktivampolitischenLebenvonFlorenzteilundbekleidetedabeiverschiedenebedeutendeÄmter.AuchwarerbeteiligtanKämpfengegenghibellinischeNachbarstädte.
Nachdem die Ghibellinen in Italien weitgehend besiegt worden waren, zersplitterte
um 1300 die guelfische Partei in eine gemäßigtere„weiße“ (Bianchi) und eine radikalere„schwarze“Fraktion(Neri).DantehattesichdenBianchiangeschlossen,dieumeinen
KompromisszwischenKaiserundPapstbemühtwaren.DieSchwarzendagegenvertriebenmitUnterstützungdesPapstessystematischdieWeißenausFlorenz,undsokames
imJahre1302zurVerbannungDantesausseinerHeimatstadt,indieerniewiederzurückkehrensollte.DieHauptschulddarangaberdemPapst,undimLaufederZeitwurdeDante
zueinemAnhängerdesKaisers.
VordiesemHintergrundistderStellenwertzusehen,denerHeinrichVII.beimisst.SeineWertschätzungfürdenMonarchenzeigtsichindreiBriefen,dieanlässlichvondessen
Italienzugentstanden,sowieinderGöttlichenKomödie.
19
St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
In der Erwartung von Heinrichs Ankunft in Italien (Epistola V)
HeinrichVII.vonLuxemburgwurde1308zumdeutschenKöniggewähltund1309inAachengekrönt.BereitsimdarauffolgendenJahr,unmittelbarnachderHochzeitseinesSohnesJohannmitElisabethvonBöhmen(s.oraetlabora46),machteersichaufdenWeg
nachRomzurKaiserkrönung,obwohlPapstClemensV.dieseerstfür1312vorgesehenhatte. Heinrich versuchte, sich mit dem Papst zu arrangieren, indem er ihm versprach, den
Guelfen in Italien wohlwollend zu begegnen. Er verstand sich als ein über den Parteien
stehenderFriedensstifter,undalssolchensahihnauchDante.KurzvorderAnkunftHeinrichs im Oktober 1310 richtete Dante aus dem Exil einen Brief an die Herrscher Italiens,
in dem er diese ermahnte, dem künftigen Kaiser einen würdigen Empfang zu bereiten.
SeinKommenvergleichtermitdemAufgehenderSonne(Ep.V1)undrücktihndamitin
dieNähevonChristus,dertraditionellmitderSonnegleichgesetztunddessenGeburtals
SiegderSonneüberdieDunkelheitgedeutetwird,wasinderWeihnachtsliturgiehäufig
zumAusdruckkommt.DantenenntHeinricheinen„zweitenMose“(V1).ErwerdeItalien
vonallenStreitigkeitenbefreien,sowieMosedasVolkIsraelausderägyptischenSklaverei
herausführte.SchließlichsetztDanteihnsogarmitCäsarundAugustusgleich(V2+3).Das
warenTiteleinesgekröntenKaisers.DantestelltihnbereitsjetztaufeineStufemitOctavianAugustus,mitdessenHerrschaft27v.Chr.diePaxAugustabegann.EineähnlicheFriedenszeiterhofftersichauchvonderAnkunftHeinrichs,dieerzudemmitabgewandelten
WortendesApostelsPaulusankündigtundmitdemKommenChristivergleicht(V5:„nahe
isteuerHeil“;vgl.Röm13,11b).ErbetrachtetHeinrichalsvondergöttlichenVorsehunggesandtenRetterItaliens(V7).
Die Hoffnung auf einen Friedensstifter für Florenz (Epistola VI)
NachdemHeinrichNorditalienerreichtundinMailanddieEiserneKronederLangobarden
erhaltenhatte,wandtensichjedochFlorenzundinderFolgeauchnochweitereguelfische
StädtegegendenzukünftigenKaiser.IndieserSituationrichteteDanteimMärz1311an
seine florentinischen Landsleute einen Brief, in dem er derWut über seineVerbannung
freien Lauf lässt und der zunächst aus einer Anklage gegen die Florentiner besteht, die
„gleichneuenBabyloniern“seien(VI2).Dantewirftihnenvor,„gegendenRuhmdesrömischenFürsten,desKönigsderWelt,desBeauftragtenGottesgetobt“zuhabenund„dem
BeschlussedesewigenRathesWiderstandzuleisten“(VI2+3),womiterwiederumHeinrichalsvonGottgesandtbetrachtet.AmEndedesBriefesstellterihnsogaralseineArt
Erlösergestalthin(VI6).DieDatierungdiesesBriefeszeigt,dassdieAnkunftHeinrichsfür
DantedenBeginneinesneuenZeitaltersbedeutet:„Geschrieben[…]imerstenJahreder
heilbringendenRückkehrdesCäsarsHeinrichnachItalien“(VI6).
Die Säumigkeit Heinrichs (Epistola VII)
DaHeinrichimmernochinNorditalienweilte,richteteDantewenigspäter(April1311)an
ihnpersönlicheinenBrief.ÄhnlichwieinBriefVnennterHeinrich„NachfolgerCäsarsund
Augustus’“(VII1)undbezeichnetihnals„Sonne“(VII1+2).ZugleichaberwirfterihmSäumigkeitvor.Erzweifeltdaran,dassdieseSonnesichüberhauptnochbewege,undbefürch20
St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
tet,siezieheallenfallsrückwärtsanstattnachFlorenzzukommen.Daherdrängesichdie
Frageauf:„BistDues,derdakommenwird,odersollenwireinesAndernwarten?“(VII2).
DantebringtHeinrichwiedermitChristusinVerbindung,andenderimGefängnissitzendeJohannesderTäuferdiegleicheFragerichtenließ(Mt11,3bzw.Lk7,19).UndwiederTäuferüberJesussagtnunDantezuHeinrich:„Siehe,dasistGottesLamm,welchesderWelt
Sündeträgt!“(VII2;vgl.Joh1,29).EinweiteresMalbestätigtsich,dassHeinrichzueinerArt
Messiashochstilisiertwird.
NochimselbenMonatzogHeinrichvonMailandausnachRom,woeram29.Juni1312
im Lateran durch drei vom Papst bestimmte Kardinäle die Kaiserkrone empfing. Das eigentlicheZielseinesItalienzugswardamiterreicht.ErstimSeptember1312erreichteer
Florenz,mussteaberunverrichteterDingeweiterreisen,dadieStadtihmdenZutrittverwehrte.ErzognachPisa,undimAugust1313starbderanMalariaerkranktegroßeHoffnungsträgerDantes,dessendreiBriefeohneWirkunggebliebenwaren.
Dantes Verehrung für Heinrich VII. in der Göttlichen Komödie (Inf. I und Par. XXX)
Im 1. Gesang der Göttlichen Komödie prophezeit Vergil die Ankunft eines Windhundes
(„Veltro“),dereineArtHeilsbringerfürdasvondenKämpfenzwischenGuelfenundGhibellinenzerrisseneItalienseinwerde(Inf.I,100–111).BisheuteistesinderForschungnicht
Domenico di Michelino: Dante und die drei Jenseitsreiche (1465)
21
St. Marienthal in der Tradition der Zisterzienser
gelungen, diesen „Veltro“ zu identifizieren. Eine der Deutungen bezieht ihn auf HeinrichVII. Der 1. Inferno-Gesang entstand wenige Jahre vor dem Italienzug Heinrichs, der
bereitsvorderKrönungdenRufeinesgerechtenHerrschersgenossundmöglicherweise
schonfrüheinHoffnungsträgerfürDantewar.DassprächefürdieDeutungdesrätselhaften„Veltro“alsBildfürHeinrichVII.
DassderDichterdiesemauchnachseinenenttäuschtenHoffnungeneinegroßeVerehrungzuteilwerdenlässt,zeigterim30.Paradies-GesangderGöttlichenKomödie.Darin
steigt Dante ins Empyreum auf, wo er die Himmelsrose sieht, auf deren Blütenblättern
dieinweißeGewändergehülltenErlöstenihrePlätzehaben.Beatrice,seineBegleiterin,
zeigt ihm einen der wenigen noch freien Sitze:„Auf jenem großenThron, nach dem du
schauest/derKronewegen,diedaraufgelegtist,/wird,eh’andiesemHochzeitsmahldu
teilnimmst,/dieSeelesitzen,dieAugustadrunten/wirdsein,deshohenHeinrich,derzu
Welschlands/Herstellungkommenwird,eh’sreifdafürist.“(Par.XXX,133–138;ÜbersetzungvonPhilalethes).
DantesJenseitsreisespieltimJahr1300.DaheristdermiteinerKronegekennzeichnete,fürHeinrichVII.reservierteSesselzudemZeitpunktnochunbesetzt,undeswirdvon
HeinrichsItalienzugalseinemzukünftigenEreignisberichtet.Heinrichwerde„zuWelschlands/Herstellung“(V.137f.),d.h.zurRettungItalienskommen.DerZusatz„eh’sreifdafür
ist“ (V. 138) deutet darauf hin, dass Dante dieseVerse nach HeinrichsTod verfasste. Die
FriedensmissiondesKaiserswargescheitert,weildasLand,wieDantehierzumAusdruck
bringt, noch nicht reif dafür war. Er wirft Heinrich nicht vor, versagt zu haben, sondern
gibtzunächstdervonHabgierverzehrtenStadtFlorenzdieSchuldanseinemMisserfolg
(V.139–41).DannnennteralsweiterenGrundfürdasScheiternvonHeinrichsMissiondie
GegnerschaftdesPapstes(V.142–144).GemeintistClemensV.,derHeinrichbiszudessen
Kaiserkrönung unterstützt hatte. Als Heinrich aber immer entschiedener versuchte, die
InteressendesReichsgegenüberdenoberitalienischenStadtstaatendurchzusetzen,und
dabeiauchgegenVerbündetedesPapstesvorging,gerietermitdieseminKonflikt.Bereits
inPar.XVII,82sagteDante,ClemensV.habe„denhohenHeinrich“getäuscht.DaherprophezeiterihmeinenPlatzimGrabenderSimonisten(Par.XXX,146f.;Inf.XIX,82–87).Im
GegensatzdazuweisterHeinricheinenEhrenplatzimParadieszu.
DieinDantespolitischerSchrift„Monarchia“theoretischformulierteIdeeeinerErneuerungderGesellschaftsordnungdurchdieWiederherstellungdesgottgewolltenVerhältnisseszwischenKaisertumundPapsttumnimmtinderPersonHeinrichsVII.konkreteGestaltan.AuchnachdemScheiterndiesesHoffnungsträgershältDanteweiteranseiner
Visionfest.
Dr. Elisabeth Leeker, Chemnitz
Literatur bei der Verfasserin
22
Vorgestellt
Kersten Kühne
Als ich im Herbst 1979 mit 20 Jahren
zumerstenMalindieOberlausitzkam,
geschahdieseigentlichnur,umhierfür
vierJahreElektrotechnikanderdamaligen Ingenieurhochschule Zittau zu
studieren.DieLiebehieltmichaberlänger,undalswirhierunsereFamiliegegründet hatten, wurde die Oberlausitz
unsereneueHeimat.Fragtmichheute
jemand,woherichkomme,dannlautet
meine erste Antwort nicht „aus Halle
anderSaale“,woichgeborenundaufgewachsenbin,sondern„ausderOberlausitz“.
Elektrotechnik war nicht mein
Traumberuf, und da das Kraftwerk
zwischen Halle und Leipzig nicht gebaut wurde und sich mit der ‚Wende‘
vieles änderte, bin ich an der Hochschule Zittau/Görlitz geblieben, wo ich inzwischen,
einigeUnterbrechungenmiteingerechnet,seitfast30Jahreninsehrunterschiedlichen
Projektenarbeite.EinSchnupperstudiumfürMädchen,dassiefürtechnischeundnaturwissenschaftlicheBerufebegeisternmöchte,gehörtebensodazuwiedieGestaltungvon
WebsitesunddieProgrammierungmitDatenbanken.ImMomentorganisiereundbetreue
icheinenberufsbegleitendenStudiengangaufderBasisvon„blendedlearning“u.a.technisch,bewegemichalsoineinemvirtuellenKlassenzimmer.
InmeinerFreizeitbeschäftigeichmichgernimGartenundmitKräutern,binabervor
allemsehrintensivengagiertinFragenderregionalenFrauengeschichteimVerein„EuroregionalesFrauengeschichtsArchiv(EFA)“.AuchderKreisausunsererevangelischenKirchgemeinde,zentriertumdieZittauerKlosterkirche,istmirsehrwichtig.Meine„Männer“,
d.h.meinMannundunsereSöhne,tolerierendieseVorlieben,unddawirdadurchnoch
mehr Gründe haben, geschichtsträchtige und kulturhistorisch interessante Orte der Regionzubesuchen,sindsiegernmitdabei.EinLieblingsort,denichallein,inFamilieoder
gemeinsammitFreundenimmerwiedergernbesuche,istOstritzmitdemKlosterSt.Marienthal.AufdenFreundeskreisderAbteibinichdurchdasEhepaarFunkeinZittauaufmerksamgewordenundzudenAbendenim„Bernhardskreis“gestoßen,fürdieichSr.Hildegardsehrdankbarbin.Eswarfürunsselbstverständlich,2010gleichnachderFlutbei
denAufräumarbeitenmitzuhelfen,undnunhoffenwirmitdenSchwestern,dassdieAbteikircheihnenbaldwiederalsGotteshauszurVerfügungsteht.
23
Aus dem Freundeskreis
PfarrerDr.BernhardDittrich65
DerälterederbeidenSöhnedesSt.MarienthalerRentmeistersRichardDittrich,Bernhard,
istam8.August65Jahrealtgeworden.MitseinemBruderMichaelisterimKlosteraufgewachsen–BernhardRafelt(s.u.)wareinSpielkamerad–,beidesindGeistlichegeworden,
beide sind in der Seelsorge im Bistum Dresden-Meißen tätig, Dr. Bernhard Dittrich seit
2008alsPfarrervonSt.BennoinMeißen.NachderPriesterweihe1974inDresdenwirkte
er drei Jahre als Kaplan in verschiedenen Pfarreien und wurde dann zum Studium freigestellt.1981wurdeerPräfektimDresdnerKapellknabeninstitut,Theologenreferentund
dreiJahrespäterDompfarrerinDresden;von1986bis1996RegensdesPriesterseminars
inErfurt,anschließendPfarrerinRadebeulundzugleichKoordinatorderSeelsorgearbeit
„Kirche 2000“ und Ökumenereferent des Bistums. 1998 übernahm er als Ordinariatsrat
dieAbteilungPastoralimBischöflichenOrdinariatundkehrtenachfastzehnJahrenindie
Pfarrseelsorgezurück.
JosefineSchmacht75
FrauJosefineSchmachtausOstritzistam20.August75Jahrealtgeworden.
Wir gratulieren allen Freundeskreismitgliedern,
die ein besonderes Fest feiern, sehr herzlich!
BernhardRafeltimRuhestand
DerlangjährigeHausmeisterderAbteiSt.MarienthalBernhardRafeltistam1.Oktoberin
denRuhestandgegangen.InSt.Marienthalgeborenundaufgewachsen,istdergelernte
SchlosserimApril1977imKlosterangestelltwordenundhateinHändchenfürallesgehabt.Erwarimmeransprechbar,immerhilfsbereit,erkonntefastalles,wussteimmerRat
undsprangauchals„15.Nothelfer“ein.NichtzuletztalsMessdieneristerwerktagswie
sonntagsundbeiallenFeierlichkeitendabei.SeineFrauBrunhilde,diedieWäschereides
Klostersleitet,undseinebeidenTöchterkommenmitihm,wenninMarienthaletwaslos
ist.DemFreundeskreisgehörterseitBeginnalsengagiertesMitgliedan,underwarauch
imVorstandaktiv.„WerwirdimKlosterseineNachfolgeantreten,künftiganseinerStelle
wirken?“,heißtjetztdiebangeFrage.DesDankesaller,diemitihmzutunhatten,kann
BernhardRafeltgewißsein,undallegutenWünschebegleitenihnindenRuhestand.
WirgedenkenunsererVerstorbenen
Weihbischof Georg Weinhold
Weihbischofem.GeorgWeinholdhatam8.Septembersein40-jährigesBischofsjubiläum
in Dresden in Anwesenheit von Frau Äbtissin, Sr. M.Theresia und Frau Dr. Bykowska für
denFreundeskreisgefeiert;erwarnocham9.OktoberinSt.Marienthalundhatteseine
TeilnahmeamFreundeskreistreffenangemeldet,dannisteram10.OktoberimAltervon
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Aus dem Freundeskreis
78Jahrenplötzlichgestorben.SeinWahlspruchlautete:„Inlaudemgloriaegratiaesuae“–
„zumLobseinerherrlichenGnade“(Eph1,6).
Hundertehabenam19.OktoberdasRequiemfürihninderDresdnerKathedralemit
BischofDr.HeinerKoch,sechsweiterenBischöfenundWeihbischöfenundhohenGeistlichengefeiertundihnanschließendaufdemAltenKatholischenFriedhofvonDresdenzu
Grabegetragen.
DergebürtigeZittauerGeorgWeinholdwurde1959inBautzenzumPriestergeweiht.
PapstPaulVI.ernannteihn1973zumTitularbischofvonIdicraundzumerstenWeihbischof
desBistumsMeißenseitderReformation.DieBischofsweiheempfingerinderDresdner
HofkirchevonBischofGerhardSchaffran.SeitdembekleideteerverschiedeneÄmterinder
Diözese.ZeitweiligwarerinderDeutschenBischofskonferenzverantwortlichfür„GeistlicheBerufeundkirchlicheDienste“.1997bis2004standeralsGeneralvikarseinemBischof
Joachim Reinelt zur Seite. Er war weltweit der ältesteWeihbischof der römisch-katholischenKirche,alsPapstBenediktXVI.2008seinvorzeitigesRücktrittsgesuchausgesundheitlichenGründenannahm(s.oraetlabora38).ImmerwiederbesuchtederWeihbischof
dasihminbesondererWeisevertrauteSt.Marienthal.ErgehörtezumFreundeskreisvon
Anfangan,underfördertedasIBZnachKräften.DasKlosterschätzteihnalstreuenund
verlässlichenFreund.
Dr. Siegfried Seifert
„WerHerrnDr.Seifertnichtkennt,kenntdieOberlausitzundSt.Marienthalnicht“hatten
wirüberunserrenommiertesFreundeskreismitgliedgeschrieben(s.oraetlabora43)und
alsAntwortdazugehört,dassmitihmganzeBibliothekenvonangesammeltemWissen
untergehenwürden.NurgutzweiMonatevordemWeihbischof,mitdemerbefreundet
warundoftnachSt.Marienthalkam,istHerrDoktorSeifertam28.JuliimAltervon77
JahreninBautzengestorben,undwirdenkennichtohneWehmutundvollRespektanihn.
An der Beerdigung auf dem DresdnerTrinitatisfriedhof und dem Requiem im BautznerSt.Petri-Domam5.AugustmitWeihbischofWeinholdalsHauptzelebranthabenFrau
Äbtissin,Sr.TheresiaundSr.AlmafürdenKonventvonSt.Marienthal,derihmsovielzu
verdankenhat,undMitgliederdesFreundeskreisesderAbteiteilgenommen.Einegroße
ScharvonVerwandten,FreundenundWeggefährtengabdemverstorbenenDomkustos,
Diözesanarchivrata.D.,TrägerdespäpstlichenSilvesterordensundEhrenbürgerderStadt
BautzendasletzteGeleit.EinSalzburgerFreundeskreismitPrälatJohannesNeuhardthat
sicham2.OktoberzueinerGedenkmessefürDr.Seifertversammelt.
Wirbetenfürihn,wieesaufseinemTotenbildchensteht:
„Gott, unser Vater, wir empfehlen dir unseren Bruder Herrn Dr. Siegfried Seifert. Für ihn ist
die Zeit der Pilgerschaft zu Ende. Befreie ihn von allem Bösen, dass er heimkehre in deinen
ewigen Frieden. Öffne ihm das Paradies, wo es keine Trauer mehr gibt, keine Klagen und keinen Schmerz, sondern Friede und Freude mit deinem Sohn und dem Heiligen Geist in alle
Ewigkeit.“
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Aus dem Freundeskreis
„Das Maß Gott zu lieben ist, ihn ohne Maß zu lieben“
FreundeskreistreffeninErinnerunganBernhardvonClairvaux
Die Erinnerung an den Ordenseintritt des hl. Bernhard vor 900 Jahren in Cîteaux stand über
dem diesjährigen Freundeskreistreffen. Höhepunkte waren der Festvortrag und die Weihe der
Muttergottes in der Grotte des Klostergartens. Überschattet war es von dem plötzlichen Tod
von Weihbischof Georg Weinhold. Den Fortschritten bei der Sanierung und Restaurierung der
Abtei und der Klosterkirche nach dem Hochwasser vor drei Jahren galt wieder das besondere
Interesse des Freundeskreises, der das Kloster nach seinen Möglichkeiten unterstützt.
Der wunderbare Tausch zwischen Gott und den Menschen
Die Jahresversammlung des Freundeskreises begann nach denTrauerfeierlichkeiten für
WeihbischofGeorgWeinholdundseinerBeerdigunginDresdeneinenhalbenTagspäter
als geplant mit dem Festvortrag von Äbtissin Dr. M. Irmengard Senoner OCist aus dem
KlosterMariengarteninSüdtirol.
DasMottodesFreundeskreistreffenswarihrThema.Auchwennsieeingangsbescheideneinschränkte,keinewissenschaftlicheAbhandlungüberdasimTitelgenannteZitat
desgroßenOrdensheiligenzugeben,sonderneherpraktischeAnregungen,wiedasgroße
Geschenk der Liebe angenommen und weitergegeben werden könne, so führte sie den
FreundeskreisdochmitLeichtigkeitindieGedankendeshl.Bernhard,inseineZeitunddie
HintergründedesZitatsein.VollständiglautetesinseinerAntwortandenKardinaldiakon
Haimerich:„Ihrwolltwissen,warumundwieGottgeliebtwerdensoll.Ichantworte:Der
Grund,Gottzulieben,istGott.DasMaß(modus)ist,ihnohneMaßzulieben.“(aus:Traktat
„ÜberdieGottesliebe“–„DediligendoDeo“,um1130/40).
BernhardstütztsichdabeiaufdengroßenKirchenlehrerAugustinus,vondemdergleicheSatzüberliefertist,undbeeinflussteseinerseitsdieMystikdesMittelalters.Ererklärt,
dassGottdieUrsacheunddasZielderLiebesei:„GottselbstgibtdieGelegenheit,erselbst
wecktdasVerlangen,erselbsterfülltdieSehnsucht…SeineLiebebereitetdieunserevor
und vergilt sie. … Voll Güte geht sie unserer Liebe voraus, wird mit vollem Recht erwidert.…Eristreichfüralle,dieihnanrufen.…SichselbstschenkteralsBelohnung,sich
hälterbereitalsLohn.“ErstelltaberdenMenschenaufseinemWegzuGottindenMittelpunkt.Derwerdegedrängt,Gottwiederzulieben,ineinemständigenAustausch,den
Bernhardein„admirabilecommercium“–einen„wunderbarenTausch“zwischenGottund
denMenschennennt;ÄbtissinIrmengardverstehtdiesenDialogals„dieDarstellungdes
WegesdesMenschenzuGott,aufdemGottihmimmerwiederentgegenkommt,Mutund
Kraftgibt,manchmalauchdenMenschenzieht.“
Aus Bernhards Aussagen über das rechte Maß, die„Mutter allerTugenden“, zog die
ÄbtissinalsEmpfehlungfürdenheutigenMenschen:„NichtderMenschistdasMaßaller
Dinge, sondern Gott. Der Mensch muß sein Gleichgewicht finden zwischen sich selbst
undGott.Heute,woeinegewisseHybrisherrscht,derzufolgeallesmachbarist,wodie
Wörtersuper,extrem,mega,giga,überdimensionalmancheLebensweisebestimmen,ist
einLebenausderMitte,nacheinemMaß,nacheinerRegelunumgänglichwichtig.“Nurin
26
Aus dem Freundeskreis
einerHinsichtdürftenwirmaßlossein,in
derLiebezuGott.Sieerinnerteaberauch
eindringlich daran, dass Gottesliebe ohne
Nächstenliebenichtmöglichsei,dennerst
inderNächstenliebezeigesichdieLiebezu
Gott.SiezitierteausderEnzyklika„Lumen
fidei“vonPapstFranziskus:„DieHändedes
GlaubenserhebensichzumHimmel,aber
gleichzeitigbauensieinderNächstenliebe
eineStadtauf,dieaufBeziehungengründet, deren Fundament die Liebe Gottes
ist.“
BeiallenseinenGedankenüberdieLiebe,dieihmdasAttribut„LehrerderLiebe“
eingebracht haben, steht doch bei Bernhard das Kreuz Christi an entscheidender
Stelle.ErsiehtdenGekreuzigtenabernicht
mehrnuralsdenSieger,denverherrlichten Äbtissin Dr. M. Irmengard Senoner OCist
Christus,sondernalsdenmitvielenWundenLeidenden,derdieDornenkroneaufdemgeneigtenHauptträgt.Bernhardselbstwird
daheroftmitden„armaChristi“,denLeidenswerkzeugendesHerrn,dargestellt.
DieÄbtissinschlossmitderBetrachtungder„Amplexus“-DarstellungausdemZisterzienserinnenklosterOberschönenfeldbeiAugsburgalsSinnbilddes„admirabilecommercium“,deswunderbarenTauscheszwischenGottunddenMenschen:„Gottschenktuns
immerseineLiebe,seinErbarmen,seineHuld;aberwirmüssenauchetwastun;wirmüssenunsihmzuwenden,zuihmaufblicken,unsihmentgegenstrecken.Esistdas,wasder
Menschtunmuss,damitdieGnadewirksamwird,damitdiemaßloseLiebeGottesunszu
einerLiebebefähigt,dieohneMaßist.“
Weniger Mitglieder, aber ausgeglichene Finanzen
InderMitgliederversammlung,dieerstamAbendnachdemFestvortragstattfindenkonnte,wurdediestabilefinanzielleLagedesFreundeskreisesdeutlich.Sieerlaubtes,dieregelmäßigenTätigkeitendesVereinswiedieHerausgabedesMitteilungshefts‚oraetlabora‘
fortzusetzenunddemKlosterimmerwiederUnterstützungzugeben,insbesonderebei
denandauerndenSanierungs-undRenovierungsarbeitennachdemHochwasservon2010.
Ein für die Grotte im Klostergarten vorgesehener Abguss der Muttergottesfigur konnte
nichtgefertigtwerden;stattdessenwurdedieMarienfigur,diefrüherüberderKirchentür
stand,neugefasstundinderGrotteaufgestellt.SoentstandensehrvielgeringereKosten
alsdieeingeplanten4.000Euro.DieMitgliederdesFreundeskreisesbeschlosseneinstimmig,dasGeldfürdenneuenAltarinderKlosterkircheumzuwidmen.
DieMitgliederzahlistdurchdievierTodesfälleimvergangenenJahrbeinurganzwenigenEintrittenauf228zurückgegangen.FrauMichalkfordertedieAnwesendenauf,sichver27
Aus dem Freundeskreis
stärktumdieGewinnungneuerMitgliederzubemühen.NachihremBerichtunddemdes
SchatzmeistersHerrnVogterteiltedieMitgliederversammlungdemVorstandEntlastung.
HerrVogt gab bekannt, dass er zum Ende dieses Jahres aus familiären Gründen das
Amt des Schatzmeisters, das er neun Jahre lang innehatte, abgeben wolle, um bis zum
Jahresabschluss2014einenNachfolgereinarbeitenzukönnen.DerVorstandbemühtsich,
soschnellwiemöglicheinenzufindenundbittetdieMitgliederumVorschläge.
Hans Lindemann schenkt dem Kloster ein Gemälde von Äbtissin Celsa
Am Ende der Mitgliederversammlung des
Freundeskreises gab es eine Überraschung,
noch einmal im Zusammenhang mit Äbtissin Celsa: Hans Lindemann aus Köln, Großneffe von Äbtissin Celsa Gutte (s. ora et labora13und42),überreichteÄbtissinRegina
ein von seiner Großtante gemaltes Bild des
KlostersSt.Marienthal.Damitkehrteesnach
80JahrenindieAbteizurück.Denngemalt
hat Äbtissin Celsa es 1933/34. Sie schenkte
esihrerCousine,dieinReichenau/Bogatynia
mitdemGroßvatervonHansLindemannverheiratetwar.Beiihrbliebesbisca.1943,dann
erbteesihreTochter,dieinHalleanderSaale
lebte.Diesehatesca.1980/81ihremNeffen
HansLindemanninKölnvermacht.Undnun
wollte er, mittlerweile 86 Jahre alt, dass es
nachSt.Marienthalzurückkehrte,undbrachteeszumFreundeskreistreffenmit.
Hoffnung auf die Fertigstellung der Klosterkirche
Der Abend im Festzelt, das Hochamt am Sonntag Vormittag mit dem Görlitzer Bischof
Wolfgang Ipolt, die anschließende Prozession zurWeihe der Muttergottesstatue in der
Grotte des Klostergartens, der Gang durch Klosterkirche und die Abtei zur Information
über den Stand der Bauarbeiten zeugten wieder vom Interesse des Freundeskreises an
WohlundWehedesKlostersundderfreundschaftlichenZuneigungzudenSchwestern
desKonvents;allerdingswardiesmaldieBeteiligungdeutlichschwächeralsbisher.
DassbeimnächstenFreundeskreistreffen am 18./19. Oktober 2014 in St. MarienthaltatsächlichdieKlosterkirchewiederzurVerfügungsteht,istdiegroßeHoffnung.BeimRundgangdurchdieBaustellenwirdmancherdiePredigtvonBischofWolfgangimSinngehabt
haben,derdazuermunterthatte,imGebetpraktischundlebensnahzubitten,dasGebet
mitGlaubenzufüllenundGottzuvertrauen,dasseretwasverwandelnkann:„Er,deruns
biszumEndeliebt,erbleibtbeiuns,dasdürfenwirglauben,daraufhoffenwir,“sagteer
zumSchlussimAnklanganBernhardvonClairvaux’VorstellungvonderGottesliebe.
Gisela Rieck, St. Marienthal
28
Aus St. Marienthal
Sr.M.ReginaWollmann20JahreÄbtissin Den20.JahrestagihrerWeihezur55.ÄbtissinvonSt.MarienthalhatSr.M.ReginaWollmannam21.AugustinSt.Marienthalbegangen.EswareininallenTeilenharmonischer,
vongegenseitigerLiebeundAchtunggetragenerFesttagfürdieÄbtissinundihreGäste.
Erbegannum10UhrmitdemDankgottesdienstinderHofkapellemitAltabtDr.Thomas
DenterausMarienstatt,Weihbischofem.GeorgWeinholdundachtweiterenGeistlichen,
unterdenenauchderalteHeimatpfarrerderJubilarin,Dr.Hübner,war.DieMitschwestern
des Konvents von St. Marienthal, die Altäbtissin sowie die Äbtissin von St. Marienstern
unddiegeladenenGästenahmendaranteil.DiemusikalischeUmrahmungderhl.Messe
wurdevonderFamiliederÄbtissinprofessionellgestaltet.
DiesehrpersönlicheBegrüßungderÄbtissinundihrerGästedurchAbtThomasund
sein geistlichesWort, hier in Stichworten wiedergegeben, standen wie ein Segenswort
überdemganzenTag:
Glaube–Liebe–DemutmögenüberallemTunstehen.
KommtzuJesus,dannwerdetihrseineHilfeerfahren.DasLichtdesGlaubenshilft,unsereBerufungauchbeimGangdurchsTalanzunehmen,aufdieStimmeGotteszuhören,
wieesderWahlspruchderÄbtissin„Obsculta(höre)“besagt.GlaubeistderrichtigeWeg
–InDemutdasUnsrigetun–InLiebezusammenstehen–UnserWilleistnichtdasZiel.
Für die Glückwünsche zum Jubiläum
empfingdieÄbtissindieGästeinderAbtei.
UndinfamiliärerAtmosphäreversammelte sie sich mit ihren Mitschwestern und
GästenumdenMittagstischimFestzelt.
Wieder ergriff Abt Thomas das Wort:
„Mit jedem ist sie in Liebe verbunden, mehr
liebt sie Christus.“ Anschließend folgten
vielederEinladungvonSr.PriorinElisabeth
in die Klosterkirche, um die Fortschritte
beimBauzusehen,dienurerahnenlassen,
wiegroßdieanstehendenRestaurierungsarbeitenundUmbautennochsind.
An der Kaffeetafel am Nachmittag im
Festzelt schnitt die Jubilarin dieTorte mit
ihremBildselbstan.VonMitgliedernihrer
Familie gab es noch einmal musikalische
Darbietungen.DerFesttagklangamAbend
imKreisderGeschwister,Verwandtenund
FreundederÄbtissinbeibesterStimmung
aus.
Dr. Harald Neumann, Ostritz
29
Aus St. Marienthal
GoldeneOrdensprofeßvonSr.Hildegard
Sr.M.HildegardZeletzkifeiertam11.Juli2014ihreGoldeneOrdensprofeß.
BesuchvonBischofDr.HeinerKoch
BischofDr.HeinerKochvonDresden-MeißenhatSt.Marienthalam30.AugustseinenAntrittsbesuch abgestattet und dem Konvent einen ganzen Nachmittag geschenkt. Er hat
mitdenSchwesternimParlatoriumdesKlostersgesessenundganzfreiundfröhlichüber
seinenWerdeganginderErzdiözeseKölnberichtetundseineEindrückeüberseinneues
BistumDresden-Meißengeschildert.FürihnseiendieVielfaltderLandschaften,vorallem
aberdieverschiedenenBevölkerungsgruppenerstaunlich:dieErzgebirglerunddieThüringer,dieSorben,dieSachsenundnunnochdieOberlausitzer.Erhatsichdielange,wechselvolleGeschichtevonSt.MarienthalvorstellenlassenundbeiderFührungdurchdieAbtei
vorallemdieBibliothekbestaunt.SeinVersprechen,baldwiederkommenzuwollen,hater
inzwischeneingelöst.
OrgelweiheinOstritz
DieOrgelderkatholischenPfarrkircheMariäHimmelfahrtinOstritzistnachfasteinJahr
dauerndenSanierungs-undRenovierungarbeitenfeierlichwiedereingeweihtworden.
DenAnstoßzurSanierungderJehmlich-OrgelausdemJahr1878hattedieOstritzerin
GabrieleEiflerAnfang2010gegebenundimBischöflichenOrdinariatinDresden,wosieals
Ordinariatsrätintätigwar,umUnterstützunggebeten.EinevonihrinsLebengerufeneArbeitsgruppekümmertesichinderFolgezeitumdieAufträgefürdienötigenArbeitenund
dieBeschaffungderGelder.DenAuftrag,dieOrgelzusanierenundinihrenursprünglichen
Zustand zu versetzen, erhielt die in Dresden noch existierende Orgelbaufirma Jehmlich,
dasGelddafürwurdedurchSpendenausderGemeindeunddenZuschussdesBistums,
ausLandesmittelndesDenkmalamts,vonderOstdeutschenSparkassenstiftungmitder
SparkasseOberlausitz-NiederschlesienundganzwesentlichdurchdieDeutscheBundesstiftungUmweltaufgebracht.
Die restaurierte Orgel der
Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Ostritz
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Aus Orden und Kirche
DieschöneOstritzerKirche,einederältesteninderDiözeseDresden-Meißen,dieeinst
unterdemPatronatderAbteiSt.Marienthalgestandenhat,istdamitumeinewürdige
Attraktionreichergeworden.
Aus Orden und Kirche
GoldeneProfessvonÄbtissinM.AgnesFabianekOCist
DieAltäbtissinderAbteiMariastern-GwiggenundderzeitigeAdministratorinvonHelfta,
PriorinSr.M.AgnesFabianekOCist,hatam16.JuniihrGoldenesProfessjubiläumgefeiert.
P.ReinholdDesslOCistAbtvonWilhering
P.ReinholdDesslOCististimAprilzum47.AbtvonStiftWilheringgewähltundam23.Juni
benediziertworden.DieZisterzienserabteiWilheringbeiLinzwurde1146gegründetund
zuerstvonStiftReinbeiGrazundspätervonKlosterEbrachausbesiedelt.Siehatselbst
dieKlösterHohenfurth/ViššyBrodinSüdböhmen,EngelszellundSäusensteininNiederösterreichbesiedelt.
25JahreKlosterStiepel
Das Zisterzienserkloster Bochum-Stiepel,„Prioratus simplex Sanctae Matris Dolorosae“,
hatimAugustsein25-jährigesBestehengefeiert.DasPrioratistamFestdeshl.Bernhard
von Clairvaux 1988 auf Einladung des Ruhrbischofs Franz Kardinal Hengsbach von Stift
HeiligenkreuzimWienerwaldunterAbtGerhardHradilgegründetworden.DieelfMönche
betreuendieWallfahrtzur„SchmerzhaftenMuttervonStiepel“,sindinderSeelsorgetätig
undwirkenalsgeistlicheBegleitervonStudierendenderRuhruniversitätBochum.Priorist
P.PirminHolzschuhOCist.DieÄbtevonStiftRein,P.ChristianFeursteinOCist,undvonStift
Heiligenkreuz,P.MaximilianHeimOCist,sindfrüherePriorenvonKlosterStiepel.
875JahreStiftZwettl
DasZisterzienserstiftZwettlinNiederösterreichhatam15.Septembersein875-jähriges
Bestehengefeiert.SeitseinerGründungimJahr1138durchStiftHeiligenkreuzbestehtes
ohneUnterbrechung.AbtdesStiftsZwettlistseit1996P.WolfgangWiedermann,derzugleich seit 2007 Abtpräses der Österreichischen Zisterzienserkongregation ist. RechtzeitigzumJubiläumistdiejahrelangeRenovierungderKircheundderAbteiabgeschlossen
worden, so dass das Pontifikalhochamt mit dem Apostolischen Nuntius von Österreich,
ErzbischofDr.PeterStephanZurbriggen,inderKlosterkirchegefeiertwerdenkonnte.Die
berühmteEgedacherOrgel,1728bis1731vondemPassauerOrgelbauerkonzipiert,erklang
nachjahrelangerRestaurierungwiederamVorabendineinemFestkonzertmitdemSächsischenVocalensemble.
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Aus Orden und Kirche
VietnamesischeZisterzienseramRhein
Sechs vietnamesische Zisterziensermönche aus der Abtei Châu Son in der Provinz Lâm
Dong im Süden Vietnams haben in dem ehemaligen Kapuzinerkloster Nothgottes bei
RüdesheimamRheineinenKonventgegründet.Damitistdas1620gegründeteund1813
aufgelösteKlosternachunterschiedlicherNutzungundLeerstandwiedereinOrtklösterlichenLebensunddesliturgischenGebets.Dieschonum1390geweihteKirchedesKlosters,indereinstdasGnadenbilddesblutschwitzendenHeilands„Nothgottes“hing,bleibt
alsWallfahrtskirche der Öffentlichkeit zugänglich. Im nächsten Jahr sollen sechs weitereMönchefolgen.Zisterzienserlebenseit1918inVietnam,seitderfranzösischePriester
P.DenisdasKlosterPhuocSongegründethat.InzwischengibtesinVietnamzehnMänner-
unddreiFrauenklösterderZisterzienser.
PapstFranziskusunddieOrdensleute
PapstFranziskus,derOrdensmannaufdemStuhldesheiligenPetrus,hatindemvielbeachteten Interview mit Antonio Spadaro SJ im August dieses Jahres auf die Frage, was
heutederspezifischePlatzderOrdensmännerundOrdensfraueninderKirchesei,gesagt:
„OrdensleutesindPropheten.Siesinddiejenigen,dieeineNachfolgeJesugewählthaben,dieseinLebeninGehorsamgegendenVater,dieArmut,dasGemeinschaftslebenund
dieKeuschheitgewählthaben.IndiesemSinnekönnendieGelübdenichtzuKarikaturen
werden,sonstwirdzumBeispieldasGemeinschaftslebenzurHölle,dieKeuschheitzumLebenalsalterJunggeselle.DasGelübdederKeuschheitmusseinGelübdederFruchtbarkeit
sein.InderKirchesindOrdensleutebesondersberufen,Prophetenzusein,diebezeugen,
wieJesusaufdieserErdegelebthat,unddiezeigen,wiedasReichGottesinseinerVollendungseinwird.EinOrdensmannodereineOrdensfraudarfnieaufProphetieverzichten.
Dasbedeutetnicht,dassmansichgegendiehierarchischeSeitederKirchestellt,wenndie
prophetischeFunktionunddiehierarchischeStrukturnichtübereinstimmen.Ichspreche
voneinempositivenVorschlag,deraberkeineAngstmachendarf.Wirdenkenandas,was
sovielegroßeheiligeMönche,Ordensfrauenund-männerseitdemAbtAntoniusgetanhaben.Prophetzusein,bedeutetmanchmallautzusein–ichweißnicht,wieichmichausdrückensoll.DieProphetiemachtLärm,Krach–manchemeinen‚Zirkus‘.AberinWirklichkeit
istihrCharisma,Sauerteigzusein:DieProphetieverkündetdenGeistdesEvangeliums.“
St.MarienthalundClairvaux
DieordenstypischeAnlagedesMittelalterssehemanSt.Marienthalkauman,schreibtMariusWinzeleramAnfangseinesBeitragsüberdieAbteikircheindiesemHeft.Dochwenn
man sich Clairvaux, der 1115 vom hl. Bernhard gegründeten Abtei an der Aube, nähert,
kommteinemindenSinn,dassdieArchitektenBrigitteundDietrichKloseinihrerStudie
überSt.Marienthalmeinten,dieBeschreibungvonClairvauxkönnteaucheineBeschreibungderSituationvonSt.Marienthalsein:„ZweiBergebeginnennichtweitvonderAbtei,
zuerstteiltsieeinengesTal,danachverbreitertsichdieSchlucht,jemehrmansichderAbtei
nähert…HinterderAbteibefindetsicheinebenesundweitesLand,daszumgrößtenTeil
vonderMauerumfasstwird,derenweiterUmkreisdenUmfangderAbteikennzeichnet.“
32
Aus Orden und Kirche
Man braucht aber schon einen guten
BlickfürdasTypischevonZisterzienserabteien, will man entdecken, was Clairvaux
einmal gewesen ist – und wieder werden
könnte! Im Gegensatz zu St. Marienthal,
das sich über die Jahrhunderte ununterbrochen als Abtei erhalten hat und im
„heiteren Gewand eines ländlichen...Barock“zeigt,erinnertClairvauxeherandas
„Wermutstal“,dasSt.Bernhardvorfand,als
andas„HelleTal–claravallis“,dasermit
seinen Gefährten daraus gemacht hatte. Die Grangie Saint Bernard de Clairvaux
DennhinterderriesigenMauer,welchedie
nochvorhandenenGebäudederehemaligenAbteiumschließt,verbirgtsichseitAnfang
des19.JahrhundertseinHochsicherheitsgefängnis;derberüchtigteTerrorist‚Carlos‘sitzt
z.B.hierein.BeimRundgangwirddiedesolateSituationbeklemmenddeutlich:Anjeder
TürmüssendieBesucherwarten,bissieauf-undwiederzugeschlossenist,derWeggeht
durchlangeschmaleGängemitStacheldrahtsicherungen,dieGebäudebefindensichaußenwieinnenineinemverwüstetenZustand.
DochesgibtHoffnungsschimmer!DerStaatbesinntsichaufdieBedeutungvonClairvauxundseinesGründers,deshl.Bernhard,undhateinzelnederGebäudedemKultusministeriumübergeben.SoistbereitsdasLaiendormitoriumfastvollständigrestauriert
worden.UndbiszumJubiläumsjahr2015hofftman,dasbarockeRefektoriumindemtrotz
allemliebevoll‚Klein-Versailles‘genanntenHauptgebäudewiederherrichtenzukönnen.
Tröstlichstimmtauch,dasskostbareGegenständeausClairvauxinderNäheerhalten
sind: Die Orgel in der Kathedrale vonTroyes, in der Mediathek die Bibliothek mit alten,
aufSt.BernhardzurückgehendenBibeln,diedortwürdigpräsentiertwerden.UndvorallemkümmertsichdieaktiveLaienzisterzienser-Organisation„LaGrangeSaintBernardde
Clairvaux“(s.oraetlabora47)umdasgeistigeErbeSt.Bernhards.G.R.
NuntiusNikolaEterovič
DerausKroatienstammendeKirchendiplomatNikolaEterovičistzumNuntius–BotschafterdesHeiligenStuhls–inDeutschlandernanntworden.Der62-jährigeKurienerzbischof
löstErzbischofJean-ClaudePérissetab,deru.a.zurEinweihungderPapst-StatueimNovember 2008 in St. Marienthal gewesen ist. Erzbischof Eterovič ist als Kirchendiplomat
inderElfenbeinküste,inSpanienundinNicaraguaundalsNuntiusinderUkrainetätig
gewesen.ZuletzthaterdasAmtdesGeneralsekretärsderWeltbischofssynodeausgeübt.
JuliusKardinalDöpfnerzum100.Geburtstag
Geboren 26. August 1913 in Hausen bei Bad Kissingen, Theologiestudium in Würzburg und
Rom, Promotion zum Dr. theol. mit einer Arbeit über John Henry Newman, Priesterweihe 1939 in Rom, 1948 Bischof von Würzburg und somit jüngster europäischer Bischof, 1957
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Aus Orden und Kirche
Bischof von Berlin, 1958 Kardinal, Erzbischof von München
und Freising 1961–1976, 1965 Vorsitzender der Deutschen
Bischofskonferenz, gestorben 24. Juli 1976 in München.
„Bist du der Julius-Bischof?!“ krähte die Dreijährige auf
demArmihresVatersdemneuenBischofentgegen,alser
nach dem Firmgottesdienst aus der Pfarrkirche trat. Alle
lachten,amlautestenderBischofselbst.Nein,Berührungsängstehatteernicht.Aber„grosseSorge!“machteersich
um dieses ihm erst kürzlich übertragene Bistum Berlin.
Das sagte er nachdrücklich bei seinem EinführungsgottesdienstindergroßenSt.SebastiankircheimOstberliner
BezirkWedding.
Bischof Julius kam aus dem katholischen Bistum Würzburg in eine eigenartige Diasporadiözese:ZumeinenwarBerlinzweigeteilt,andererseitsdurfteerseineDiözesanen
außerhalbderStadt,d.h.inderDDR,nichtbesuchen,galterdochals„Westberliner“.Wie
einstinWürzburggabesauchinBerlinnochvieleRuinen.Auchhierhatteerkeine„Kathedrale“,denn„St.Hedwig“laginTrümmern;diefeierlichenGottesdienstemusstenjeweils
ineineranderengroßenKirchestattfinden.PapstJohannesXXIII.erhobihn1958zumKardinal:BeieinerdergroßenGlaubenskundgebungenimOlympiastadionzogerinderroten
„Cappamagna“,dervonMinistrantengetragenenlangenrotenSchleppe,ein.1959erhielt
erAlfredBengschalsWeihbischof,derihnimweitenBistumjenseitsderGrenzenderViersektorenstadtvertretendurfte.
Bereits 1961 musste Kardinal Döpfner in das Erzbistum München und Freising wechseln.ImgleichenJahrberiefihnPapstJohannesXXIII.indasVorbereitungsgremiumfür
dasII.VatikanischeKonzil,undunterPapstPaulVI.warervon1963bis1965alseinerder
vierModeratorenmaßgeblichamKonzilbeteiligt,auchandessenUmsetzungindenwestdeutschenBistümern.DennalsinWürzburgvon1971bis1975dieGemeinsameSynodeder
BistümerderBundesrepublikDeutschland,diesog.„WürzburgerSynode“,imNachgang
zumII.Vatikanumtagte,warerderenPräsident.
BiszuseinemplötzlichenTodam24.Juli1976arbeiteteKardinalDöpfnerinallseinen
ÄmternunermüdlichanderVersöhnungderimZweitenWeltkriegzerstrittenenVölker,besondersmitdenöstlichenNachbarn.Schon1960hatteerinseinerberühmten„Hedwigspredigt“denAnstoßzurVersöhnungvonPolenundDeutschlandgegeben.DenKardinälenWyszińskiundWoityła,demspäterenPapstJohannesPaulII.,warerfreundschaftlich
verbunden.InseinemLebenbewahrheiteteJuliusDöpfnereindrücklich,waserinseiner
erstenPredigtalsWürzburgerOberhirtegesagthatte:„IchwillderersteKreuzträgerunseresBistumssein,indemichdieschmerzendeLastfrohgemuttrage,diesichunterden
EhrungendesBischofsamtesverbirgt“.KardinalKarlLehmannschriebihmzumGedenken
dasBuchmitdembezeichnendenTitel„BrückenbauerineinerZeitdesÜberganges“.
Sr. M. Hildegard Zeletzki OCist
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Namengebende Patrone der St. Marienthaler Gebäude
Zwei Äbtissinnen sind für das „Celsa-Pia-Haus“, die Mensa im ehemaligen großen Kuhstall
der Kloster-Wirtschaftsanlage Abtei St. Marienthal, zu Namensgeberinnen geworden: Äbtissin Celsa Gutte (1943–1982) und ihre Nachfolgerin Äbtissin Pia Walter (1982–1992). Das
ist nicht von ungefähr! Denn beide Frauen haben innerhalb des 20. Jahrhunderts den Weg
des Klosters in die Zukunft auf sehr verschiedene und unabhängige Weise bestimmt: durch
keinen Machterweis und keine Neuerwerbung wie in früheren Zeiten und doch so gut wie
durch beides.
Celsa und Pia, zwei Äbtissinnen in schweren Zeiten
ÄbtissinM.Celsa(Mechthild)Gutte,1893inSeitendorfaufderanderenNeißeseitegeboren,
leitetedasKlostervon1943biszuihrerResignation1982.SchonalsjungesMädchenverspürtesiedenWunsch,indasKlosterSt.Marienthaleinzutreten.Weilsieaberzunächstdafür
nochzujungwar,erhieltsieinderZisterzienserinnenabteiWaldsasseneineAusbildungzur
Lehrerin.Am1.September1912wurdesiemitneunweiterenKandidatinneninSt.Marienthal
eingekleidetundundlegte1918diefeierlichenGelübdeab.MitvielLiebeundSchwungunterrichtetesiemehrereKlasseninderklostereigenenMädchenschule,bissiedieseTätigkeit
ausKrankheitsgründenunterbrechenmusste.1943wurdesiezurÄbtissingewählt.
NurwenigenÄbtissinnenbliebenschwereNotzeitenfürdasKlostererspart,einigen
aberwurdenbesonderePrüfungenauferlegt.ZuihnengehörteÄbtissinCelsa.Mitder
durch die Naziherrrschaft darniederliegenden Wirtschaft wurde ihr gleich zu Beginn
ihrer Regierungszeit eine harte Bürde
zugemutet. Ihrem Durchhaltevermögen
in vielen Dingen, besonders aber in der
höchstenNotdesKriegsendes(s.S.18),verdankt die Abtei das nackte Weiterbestehen. Nach dem völligen Zusammenbruch
gelangesÄbtissinCelsamitihremPropst
Gerhard Hälbig aus Stift Ossegg, die erheblichenSchädenamKlosterzubeheben,
undbaldbezogenwiederKühe,Pferdeund
Schweine die großen leeren und verwüsteten Stallgebäude mit ihren Gewölben
und Granitsäulen. 1955 rief Äbtissin Celsa
dasSt.Josef-Caritaspflegeheimfürgeistig
und körperlich behinderte Mädchen und
FraueninsLeben,ebensodasAncillaheim
als Vorschule für schulentlassene Mädchen, die sich auf den kirchlichen Dienst
vorbereiten wollten. Beide Einrichtungen
wurden im Kloster von Schwestern des
KonventesohneAngestelltegeleitet.
Äbtissin M. Celsa Gutte OCist
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Namengebende Patrone der St. Marienthaler Gebäude
Titelbild
Abteikirche von St. Marienthal im Schnee
Äbtissin Celsa war eine liebenswürdige,kluge,aberauchstrengeKlosterherrin;
sie wurde als letzte der Äbtissinnen„Euer
Gnaden“ genannt. 1982 verzichtete die
92-JährigeschließlichaufihrAmt.Siestarb
amAllerheiligentag1985.
Zu ihrer unmittelbaren Nachfolgerin
wählte der Konvent die 55-jährige M. Pia
(Maria)WalterausGörlitz.Dieausgebildete Technische Zeichnerin hatte zuvor jahrelangdasAmtderNovizenmeisterinund
dannauchdasderSubpriorinbekleidet.Als
Äbtissin stand sie 1984 kraftvoll den Festlichkeiten der 750-Jahrfeier des Klosters
vor, und sie öffnete die Klausur für Gäste
ausbefreundetenKlösternimIn-undAusMitgliedschaft im Freundeskreis
land. Zur „Diözesanen Wallfahrt“, die das
Bistum
Dresden-Meißen
zum Jubiläum
Werden Sie
Mitglied im Freundeskreis
der Abtei St. Marienthal!
nach
St.
Marienthal
ausgerufen
hatte, ka- die Satzung und den Aufnahmeantrag zu.
Gern senden wir Ihnen Informationsmaterial,
menTausendevonPilgernausdergesamten DDR zu der Abtei im Grenzgebiet zu
Polen.AlledamaligenBischöfenahmenan
Impressum
dieser zentralen Feier teil. Auf der großen Äbtissin M. Pia Walter OCist
Herausgeber:
Freundeskreis der Abtei St. Marienthal
WiesehinterdemStationsbergwarderZeAnschrift:
St. Marienthal 1, D-02899 Ostritz
lebrationsaltarerrichtet,undfürdiebeidenGottesdienstedortverließendieSchwestern
Telefon: 03 58 23 - 77 300 • Fax: 03 58 23 - 77 301
erstmalsinihrer750-jährigenGeschichtefreiwilligihreKlausur.
E-Mail: [email protected]
Diedamals„gewagteÖffnung“erwiessichinderFolgezeitderpolitischenWendeals
www.kloster-marienthal.de
notwendigundnützlich.MitderGründungdes„InternationalenBegegnungszentrumsSt.
Redaktion:
Sr. M. Hildegard Zeletzki OCist, Gisela Rieck
Marienthal“(IBZ)alsStiftungBürgerlichenRechts1992durchdieAbteireagierteÄbtissin
Layout und Druck: Graphische Werkstätten Zittau GmbH
PiamitdemKonventaufdieZeichenderZeit.MitderÜbertragungdermeistendenkmalAbbildungen:
Abtei St. Marienthal S. 7, 16; Kersten Kühne S. 2, 23; Harald Neumann S. 29;
geschütztenGebäudeaufGrundeinesErbbaurechtsaufdieneueStiftungschlugsieeinen
Gisela Rieck S. 8, 9, 11, 12, 14, 27, 28, 33, 3. Umschlagseite;
Matthias Schwarzbach S. 30; wikimedia org. S. 4, 21, 34; Rainer Zeletzki S. 18;
völligneuenWegein.DiemeistenPlänefürdieNeugestaltungderaltenBaulichkeitenund
Sr. M. Hildegard Zeletzki alle Linolschnitte, S. 3, 5, 6, 17.
auchUmgestaltungeninnerhalbdesKonventeskonntennochmitihrselberbesprochen
Titelbild Torsten Fechner; rückwärtige Umschlagseite aus:
werden,ehesieam30.Juni1992–vielzufrüh–verstarb.
Der St. Marienthaler Psalter. Hrsg. v. H. Engelhart. Regensburg 2006, Taf. 32
DurchdenMutzweierÄbtissinnenzumDurchhalten,aberauchzurVeränderungerAusgaben:
zweimal jährlich
lebtedergroßeWirtschaftshofmitseinenStallungen,WerkstättenundWohnungenfür
Preis:
Mitglieder kostenlos, Nichtmitglieder 3 €, Spenden erbeten
dieBediensteten,derüberJahrhundertedemKlosterseinGeprägeunddieexistenzielle
Grundlagegegebenhatte,dieneueZeit!UnterBeibehaltungderaltenBausubstanzhaBankverbindung
bendieGebäudeaußerhalbdeseigentlichenKonventeseinegrundlegendeUmnutzung
und Spendenkonto: LIGA Spar- und Kreditgenossenschaft, Filiale Dresden
Konto-Nr. 8 29 13 22
BLZ 750 903 00
erfahren,dienlichzuAustausch,BegegnungundErholung.Sostehtfüralle(s)imZentrum
das„Celsa-Pia-Haus“!
Alle Rechte liegen beim Freundeskreis der Abtei St. Marienthal und bei den Verfassern.
Sr. M. Hildegard Zeletzki OCist
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Impressionen vom Freundeskreistreffen 2013
Der Herr segne euch,
und der Herr behüte euch!
Er lasse sein Angesicht
über euch leuchten
und sei euch gnädig!
(Num 6,24)
Weltenrichter, St. Marienthaler Psalter, um 1240

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