Der Zerfall Jugoslawiens - Historischer Ueberblick

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Der Zerfall Jugoslawiens - Historischer Ueberblick
Interstaatliche Maturitätsschule für Erwachsene
Der Zerfall Jugoslawiens - Historischer Ueberblick
Mittelalter
6. Jh.
10./11. Jh.
12.-14. Jh.
14. Jh.
1389
1462
Südslawen siedeln sich im Zug der Völkerwanderung auf dem Balkan an.
Kroatisches Königreich
Serbisches Königreich
Bosnisches Königreich
Niederlage der Serben auf dem Amselfeld gegen die Türken >> Fremdherrschaft
Bosnien wird von den Türken erobert
Frühe Neuzeit
16.-18. Jh. Ständige Kriege zwischen dem Habsburger- und dem Osmanenreich
ab ca. 1580 Habsburger errichten in Kroatien eine Militärgrenze und siedeln Serben an > Krajina
1817
1878
Nach vielen Kriegen wird Serbien autonomes, aber tributpflichtiges Fürstentum.
Serbien wird selbständiges Königreich.
Bosnien-Herzegowina wird von Habsburg besetzt, 1908 schliesslich annektiert.
20. Jahrhundert
1913
1914
Serbien erhält nach dem 2. Balkankrieg Kosovo und Mazedonien.
Attentat von Sarajewo auf den habsburgischen Thronfolger >> Erster Weltkrieg
1918
Proklamation des Königreiches Serbien: Die neue Verfassung (1921) enthält stark
zentralistische Züge, Serben erhalten in Verwaltung und Militär ein deutliches
Uebergewicht >> Widerstand der Kroaten
Ausgleich mit den Kroaten, Eintritt des Kroatenführers Radic in die Regierung
Ermordung Radics im Parlament >> Unruhen und Demonstrationen in Kroatien
König Alexander hebt die Verfassung auf >> Diktatur des Königs, Umbenennung in
Jugoslawien
Gründung der extremistisch faschistischen Ustascha in Kroatien
Ermordung König Alexanders in Marseille
Erneuter Ausgleich zwischen Serben und Kroaten
Jugslawien tritt dem von Deutschland angeführten Dreimächtepakt bei. >>
Staatsstreich in Belgrad gegen die deutschfreundliche Gruppierung >> Deutschland
und Italien erobern und besetzen Jugoslawien.
Kroatien mit Bosnien-Herzegowina wird unabhängiger Staat, im Fahrwasser von Hitler
und Mussolini; Regierungschef wird Ante Pavelic, Führer der Ustascha, er treibt eine
nationalistisch-rassistische Politik; die Serben werden zum Feindvolk erklärt, umfangreiche Vertreibungen und Verhaftungen, über 300'000 werden umgebracht.
1924
1928
1929
1934
1939
1941
1943
In Jajce wird Antifaschistisches Komitee der nationalen Befreiung gegründet: Titos
Partisanen befreien - unterstützt von den Alliierten - Jugoslawien
Andere Widerstandsgruppe: Tschetnik-Verbände unter Draza Mihailovic
1945
Sieg über die Deutschen: Zehntausende Ustaschamitglieder werden hingerichtet.
Auch viele Bosnier, die mit den Deutschen gekämpft hatten, erleben das gleiche
Schicksal; viele andere wandern aus in die Türkei.
Ausrufung der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien > Kommunistische Diktatur
1948/49
Tito bricht mit Moskau und geht einen eigenen Weg (Titoismus): Arbeiterselbstverwaltung, genossenschaftlicher Sozialismus, beschränkte Eigentumsmöglichkeiten in
Gewerbe und Landwirtschaft); mit seiner Autorität kann er die nationalen Konflikte
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niederhalten oder überspielen.
1980
Tod Titos
Von der Krise zum Krieg
1981
1986
1987
1988
1989
1990
Unruhen im Kosovo: hohe Arbeitslosigkeit, Forderungen nach Eigenstaatlichkeit
Die Serbische Akademie der Wissenschaften erarbeitet eine Schrift, die darlegen soll, dass
die Serben im Tito-Regime stark benachteiligt gewesen seien. Im Kosovo habe ein eigenlicher Genozid an den Serben stattgefunden.
Slobodan Milosevic wird serbischer Ministerpräsident
Grosse Demonstrationen in Belgrad mit nationalistischen Inhalten, angeheizt durch
Milosevic
Autonomie im Kosovo und in der Voivodina wird eingeschränkt
Serbische Grossdemonstration auf dem Amselfeld
Ausnahmezustand im Kosovo: Parlament wird aufgelöst, die Regierung abgesetzt. >>
Kosovo-Albaner rufen die unahängige Republik Kosovo aus.
Referendum über die Autonomie der Serben in der Krajina.
Aenderung der Verfassung Kroatiens zuungunsten der Serben; diese sind eine Minderheit
mit zugesicherten Rechten, werden in Wirklichkeit fast durchgehend benachteiligt.
Milosevic wird Staatspräsident Serbiens
1991
Geheimtreffen zwischen Tudjman und Milosevic über eine Aufteilung Bosniens
Krajina entscheidet sich für eine Trennung von Kroatien und ein Verbleiben bei Ju.
Juni 91 Slowenien und Kroatien erklären ihre Unabhänigigkeit.
Die Bundesarmee greift in Slowenien ein. >>Vermittlung durch die EU >>
Rückzug der Armee
Sept. 91 Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Mazedoniens
Okt. 91 Beginn der Kampfhandlungen in Kroatien
Die Unabhängigkeit von Sowenien und Kroatien wird bestätigt; BRD anerkennt die
Staaten, andere EU-Staaten folgen dem Beispiel.
Jan. 92 In Zagreb wird das Ende des Bundes offiziell besiegelt.
Febr. 92 Die UNO schickt Truppen zum Schutz der Serben in Kroatien.
Geheime Abstimmung der Albaner für eine Unabhängigkeit Kosovos
Abstimmung in Bosnien für eine Unabhängigkeit - die Serben boykottieren den UrnenGang; Montenegro entscheidet sich für den Verbleib im Bund.
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Bosnienkonflikt
Grundproblematik
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3 Völker mit 3 Religionen
Wunden und Hass aus dem Zweiten Weltkrieg und aus dem neuesten Krieg
Jahrhundertelange Fremdherrschaft und Unterdrückung, jahrzehntelange Diktatur
Serben wollen Anschluss an Serbien >> Gross-Serbien - oder einen eigenen Staat
Kroaten liebäugeln mit einem Anschluss an Kroatien
Die Bosnjaken um die Einheit Bosniens und ihre Existenzmöglichkeit
April 92 EU anerkennt Bosnien-Herzegowina
USA anerkennen Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina >> UNO-Mitgliedschaft
Beginn der Belagerung von Sarajewo
Mai 92 UNO-Embargo gegen Serbien-Montenegro (Rest-Jugoslawien)
Juli 92
Ausrufung der kroatisch dominierten Republik "Herczeg-Bosna"
Jan. 93 Vance-Owen-Plan: Aufteilung von Bosnien-Herzegowina in 10 Provinzen: je 3 pro Ethnie
+ Sonderstatus für Sarajewo
Kroaten stimmen sofort zu, die Bosnier etwas später, die Serben lehnen strikte ab.
April 93 Beginn der Kämpfe um Mostar zwischen Muslimen und Kroaten, diese möchten jene
vertreiben, auch in Zentralbosnien Kämpfe zwischen Muslimen und Kroaten
UNO beginnt Schutzzonen für die Muslime einzurichten: Srebrenica, Gorazde, Tuzla, Zepa,
Bihac und Sarajewo; diese dürfen mit Waffengewalt verteidigt werden.
Mai 93 96% der bosnischen Serben lehnen Vance-Owen-Plan ab und sind für Unabhängigkeit.
Juni 93 Die Bildung einer bosnischen Föderation kommt ins Gespräch: 3 Republiken; scheinbar
Zustimmung von allen kriegsführenden Parteien, in der Praxis machen alle Vorbehalte.
März 94 Bosnische Serben beginnen mit den Angriffen auf die UNO-Schutzzonen; NATOKampfflugzeuge greifen sporadisch ein, um die Serben zu warnen. (Karadzic, Mladic:
Politik der ethnischen Säuberung)
Juli 94
EU übernimmt die Verwaltung von Mostar. (Koschnik)
Aug 94 90% der bosnischen Serben lehnen einen Teilungsplan ab.
Dez. 94 Carter vermittelt einen Waffenstillstand, der bis April 95 gelten sollte.
März
Karadzic befiehlt die Generalmobilmachung: Serben intensivieren die Kämpfe auf die
Schutzzonen, und sie erobern Srebrenica, Zepa, Belagerung von Bihac, Tuzla
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag erhebt Anklage wegen Kriegsverbrechen:
u.a. werden Karadzic und Mladic angeklagt.
Eine Internationale Schnelle Eingreiftruppe zum Schutz der Blauhelme wird gebildet.
Jan. 95 Waffenstillstand von Izetbegovic und Karadzic unterzeichnet
März 95 Bosnische Truppen starten Offensive bei Tuzla sowie in Zentral- Nordostbosnien >> allgemeine Verhärtung der Kämpfe; auch die NATO greift sporadisch mit Bombardierungen
ein.
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Juli 95
Serben erobern Srebrenica: Massaker und Vertreibungen, später gleiches Vorgehen in
Zepa.
Aug. 95 Kroatien erobert die serbisch besetzte Krajina und bosnische Truppen starten eine
Offensive in Nordbosnien >> grosse Flüchtlingsströme von Serben Richtung Banja Luka;
nicht-serbische Bevölkerung wird aus Banja Luka vertrieben.
Sept. 95 Massive Angriffe der NATO-Flugzeuge auf serbische Stellungen bei Sarajewo, Pale, Tuzla,
Gorazde und Mostar; die Schnelle Eingreiftruppe nimmt die serbischen Stellungen um
Sarajewo unter massiven Beschuss.
Jetzt signalisieren die Serben Verhandlungsbereitschaft: Wichtige Vermittler sind der
Schwede Carl Bildt und der Amerikaner Richard Holbrooke. Immer entschiedener beginnt
Präsident Clinton auf eine Lösung zu drängen.
Ende 95 Verhandlungen und Abkommen in Dayton und Friedensabkommen in Paris; NATO und die
OSZE werden stärker involviert.
Dayton- bzw. Pariser Friedensabkommen
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Bosnien soll als Einheit erhalten bleiben und politisch als Föderation organisiert werden; die
Teilstaaten sollen in möglichst vielen Bereichen autonom sein.
Die Serben erhalten 49% des Territoriums.
Sonderlösung für Sarajewo
Rückkehr der Flüchtlinge
Durchführung von Wahlen
OSZE koordiniert und überwacht die politische, die NATO die militärische Umsetzung des
Abkommens.
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