Bericht des Rechnungshofes
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Bericht des Rechnungshofes
Bericht des Rechnungshofes Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Tirol 2012/5 51 52 Tirol 2012/5 Inhalt Inhaltsverzeichnis Tabellen– und Abbildungsverzeichnis __________________________ 54 Abkürzungsverzeichnis ______________________________________ 55 Glossar __________________________________________________ 56 Tirol Wirkungsbereich des Landes Tirol Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen KURZFASSUNG ____________________________________________ 58 Prüfungsablauf und –gegenstand ______________________________ 66 Chronologie _______________________________________________ 66 Überblick Trassenverlauf _____________________________________ 68 Projektvorbereitung _________________________________________ 70 Eigentumsverhältnisse und Projektstrukturen ____________________ 80 Projektvergabe _____________________________________________ 85 Projektumsetzung___________________________________________ 93 Projektabrechnung _________________________________________ 106 Zusammenfassende Beurteilung ______________________________ 113 Schlussbemerkungen/Schlussempfehlungen ____________________ 115 ANHANG Tirol 2012/5 Entscheidungsträger des überprüften Unternehmens _____________ 117 53 Tabellen Abbildungen Tabellen– und Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Lageplan Hungerburgbahn neu (zentrumsnahe Trasse) und Nordkettenbahnen neu ________________ 68 Tabelle 1: Kostenschätzung 2001___________________________ 74 Tabelle 2: Grobkostenschätzung 2002 _______________________ 76 Tabelle 3: Businesspläne 2002 und 2003 ____________________ 77 Abbildung 2: Organigramm Konzessionsgeber – Konzessionär _____ 82 Abbildung 3: Beteiligungen an der Erichtungs– und Betriebsgesellschaft _____________________________ 84 Tabelle 4: Übersicht der Angebote _________________________ 88 Tabelle 5: Projekterrichtungskosten der INKB bis 2010 ________ 106 Abbildung 4: Zusätzliche Kosten für Unternehmen der öffentlichen Hand (INKB bzw. IVB) __________________________ 108 Tabelle 6: 54 Transaktionskosten 2001 bis 2007 _______________ 110 Tirol 2012/5 Abkürzungen Abkürzungsverzeichnis Tirol 2012/5 BMVIT bspw. bzw. Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie beispielsweise beziehungsweise dB Dezibel etc. EU EUR et cetera Europäische Union Euro GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung INKB IVB Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH Innsbrucker Verkehrsbetriebe und Stubaitalbahn GmbH m m/s Mill. Meter Meter pro Sekunde Million(en) PPP PSC Public Private Partnership Public Sector Comparator rd. RH rund Rechnungshof TZ Textzahl(en) u.a. unter anderem z.B. zum Beispiel 55 Glossar Glossar Barwert Der Barwert ist ein Begriff aus der Finanzmathematik und entspricht dem Wert, den zukünftig anfallende Zahlungsströme in der Gegenwart besitzen. funktionale Ausschreibung Aufgabenbeschreibung durch Festlegung von Leistungs– und Funktionsanforderungen Gondelbahn Eine Gondelbahn ist eine Luftseilbahn, bei der mehrere Kabinen (umgangssprachlich Gondeln genannt) an ein ständig umlaufendes Seil geklemmt sind. Folgende Ausführungen einer Gondelbahn wurden im Projekt diskutiert: – Eine Einseilumlaufbahn (häufigste Variante einer Gondelbahn) ist eine Luftseilbahn, die nur ein zu einer Schlaufe gespleisstes umlaufendes Endlosseil hat, das gleichzeitig als Trag– und Zugseil dient. – Die Zweiseilumlaufbahn ist eine Luftseilbahn, deren Fahrzeuge an einem Tragseil hängen und von einem Zugseil bewegt werden. – Funifor ist eine spezielle Variante einer Luftseilbahn mit zwei parallel verlaufenden Trag– und Zugseilen. Konzessionär der Konzessionsnehmer bzw. die zur Abwicklung des Auftrags vom Konzessionsnehmer gegründete Projektgesellschaft Konzessionsgeber der im Dienstleistungskonzessionsvertrag genannte Auftraggeber (das ist die Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – INKB) Last and Best Offer nach Abschluss des Verhandlungsverfahrens von den Bietern abgegebenes letztgültiges Angebot Hungerburgbahn Die Standseilbahn „alte Hungerburgbahn“ führte seit 1906 vom Stadtteil Saggen zur Hungerburg. Nordkettenbahnen Diese zwei Seilschwebebahnen erschließen seit Anfang der 1930er Jahre die Nordkette von der Hungerburg (860 m) zur Seegrube (1.905 m) und weiter zum Hafelekar (2.256 m). Pendelbahn Die Pendelbahn ist die „klassische“ Luftseilbahn, bei der die Kabinen an einem oder mehreren Tragseilen hängend zwischen Tal– und Bergstation von einem Zugseil hin– und hergezogen werden, also pendeln. Public Private Partnership (PPP) PPP sind Partnerschaften zwischen der öffentlichen Hand und Privaten, meist bei der Finanzierung und/oder Herstellung und/oder beim Betrieb von öffentlichen Projekten, mit einer teilweisen Übertragung von ursprünglich öffentlichen Aufgaben sowie deren Risiken an den privaten Partner. Public Sector Comparator (PSC) vom öffentlichen Auftraggeber bei herkömmlicher Beschaffungsmethode zu tragende Kosten Value for Money 56 der Saldo im Vergleich zwischen PSC– und PPP–Vergleichswert Tirol 2012/5 Tirol Wirkungsbereich des Landes Tirol Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Die Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH (INKB) vergab die Planung, den Bau und den Betrieb der „Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen – Neu“ in Form eines PPP–Konzessionsmodells auf Basis von Grobkostenschätzungen und ohne technische sowie kaufmännische Vorausplanung. Seitens der Landeshauptstadt Innsbruck begehrte bauliche und betriebliche Mehrleistungen lassen bis zum Ende des PPP–Projekts (2038) Mehrkosten von rd. 15,20 Mill. EUR gegenüber dem ursprünglichen gedeckelten Investitionszuschuss (41 Mill. EUR) erwarten. Der Kostenanteil der Landeshauptstadt Innsbruck an den Gesamtkosten von 56,20 Mill. EUR wird sich von den zu Projektbeginn budgetierten 19,50 Mill. EUR bis 2038 auf rd. 37 Mill. EUR erhöhen. Wegen des großen Planungsspielraums, den die funktionale Ausschreibung den Bietern eröffnete, unterblieb eine Vergleichsrechnung zu einer herkömmlichen Beschaffung. Die Dokumentation des Vergabeverfahrens wies Mängel auf. Die Realisierung des Projekts in Form eines PPP–Konzessionsmodells brachte eine Einschränkung der Kontrollmöglichkeit der INKB (Konzessionsgeber) u.a. bei der Überprüfung von Zusatzaufträgen mit sich. Nach Inbetriebnahme der Hungerburgbahn erachtete die Landeshauptstadt Innsbruck den Zukauf von Betriebszeiten bzw. die Integration der Hungerburgbahn in das Ticketsystem der Innsbrucker Verkehrsbetriebe und Stubaitalbahn GmbH für notwendig. Dies kostete die beiden Unternehmen der öffentlichen Hand in den ersten drei Betriebsjahren rd. 982.000 EUR. Tirol 2012/5 57 Die Investorensuche auf Basis eines Dienstleistungskonzessionsvertrags in Form eines PPP–Konzessionsmodells mit einem gedeckelten Investitionszuschuss trug dazu bei, die durch die öffentlichen Diskussionen herrschenden Schwierigkeiten der Entscheidungsfindung zu kanalisieren und somit den Weg zur operativen Umsetzung des Projekts zu ebnen. KURZFASSUNG Prüfungsziele Prüfungsziele waren – die Verifizierung der Beurteilungsgrundlagen für die Abwicklung der Investitionen in Form eines PPP–Konzessionsmodells sowie – die Beurteilung – der Rechtmäßigkeit und Transparenz des Vergabeverfahrens, – des Finanzierungsmodells unter Berücksichtigung der Risiken, – der Zweckmäßigkeit des Änderungs– und Nachtragsmanagements sowie – der Vertragsgestaltung und –umsetzung in Bezug auf den Betrieb und die Beendigung des Vertrags. (TZ 1) Entscheidungsfindungsprozess Die Landeshauptstadt Innsbruck war stets bestrebt, die bestehende Erschließung der Nordkette für ihre Bevölkerung sowie für den Tourismus attraktiv zu erhalten. Die Landeshauptstadt Innsbruck privatisierte im Jahr 1996 den Betrieb der Nordkettenbahnen und kaufte ihn im Jahr 2001 zurück. (TZ 4) Im September 2003 beschloss der Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck, EU–weit private Investoren für die Planung, den Bau und den Betrieb der Hungerburgbahn und der Nordkettenbahnen in Form eines Dienstleistungskonzessionsvertrags bis 2030 zu suchen. Demnach war die Hungerburgbahn auf einer neuen Trasse mit zentrumsnaher Anbindung mit einem Investitionszuschuss von höchstens 41 Mill. EUR zu erneuern. Im Dienstleistungskonzessionsvertrag war neben den zu garantierenden Betriebszeiten und För58 Tirol 2012/5 Tirol Kurzfassung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen derkapazitäten lediglich die Funktionalität der Hauptanlagen mit allgemeinen Vorgaben beschrieben. Es wurde eine außerordentliche architektonische Qualität des Projekts gefordert. (TZ 4) Die lediglich allgemeinen Vorgaben hinsichtlich der Funktionalität des geplanten Projekts erschwerten von vornherein die technische und kaufmännische Vorausplanung sowie den Vergleich mit einer herkömmlichen Beschaffung (ohne PPP–Konzessionsmodell). (TZ 4) Die Kontrollrechte des Auftraggebers beschränkten sich formal im Wesentlichen auf die Genehmigung der Übertragung der Vertragspflichten sowie die Zustimmung zur Verpfändung und Abtretung von Rechten zugunsten eines Kreditinstituts und inhaltlich auf die Genehmigungen im Zusammenhang mit dem Projektentwurf. Weitergehende Kontrollrechte, wie bspw. Eignung der Subunternehmer oder Nachweise der Plausibilität und Herleitung der Preisbildung, waren nicht vorgesehen. Diese wären jedoch für eine Prüfung der Preisangemessenheit von Mehrkostenforderungen zweckmäßig gewesen. (TZ 6) Public Sector Comparator (PSC)–Vergleichsrechnung Für die Entscheidung zugunsten eines PPP–Konzessionsmodells mit hohem öffentlichen Investitionszuschuss konnte keine PSC–Vergleichsrechnung in herkömmlichem Sinn herangezogen werden, weil – für die Aufstellung die Vorplanung des Basisprojekts und dessen Risikobewertung fehlten sowie – die Angebote aufgrund der rudimentären funktionalen Beschreibung für die anzubietenden Konzepte untereinander technisch nicht vergleichbar waren. (TZ 5) Die INKB und die Landeshauptstadt Innsbruck definierten auf Basis von Grobkostenschätzungen lediglich ein Finanzierungsziel und verzichteten dabei — wegen der Unbestimmtheit der anzubietenden Projekte — auf eine technische sowie kaufmännische Vorausplanung. (TZ 5) Die Abweichung zwischen den Werten der Grobkostenschätzungen (28,50 Mill. EUR und 33 Mill. EUR) und dem Höchstwert des realen Zuschussbetrags (32,80 Mill. EUR) in den Ausschreibungsunterlagen konnte von der INKB nicht begründet werden. (TZ 5) Tirol 2012/5 59 Kurzfassung Vergabeverfahren Im Zuge der Bewerberauswahl informierte der Geschäftsführer der INKB sowohl unmittelbar am Vergabeverfahren mitwirkende als auch unternehmensinterne, am Vergabeverfahren nicht beteiligte Personen über die Namen der Interessenten, wodurch der Vertraulichkeitsgrundsatz des Vergaberechts verletzt wurde. Der Grundsatz der Vertraulichkeit ist wesentlich für den Schutz vor wettbewerbswidrigem Verhalten der Teilnehmer und soll einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen gewährleisten. (TZ 7) Der Zeitpunkt der Angebotsabgabe — ein wesentliches Merkmal eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens — war nicht dokumentiert. Es lagen weder ein Verzeichnis über die Entgegennahme der Angebote noch deren Angebotskuverts vor. Ein Originalangebot war in Verstoß geraten. Die Ermittlung der Bewertungspunkte eines nachzureihenden Angebots war mit einem Rechenfehler behaftet. (TZ 8, 9) Der in mehreren Verhandlungsrunden mit den Bietern ausgehandelte idente Vertragstext stellte zwar die Vergleichbarkeit der Angebote sicher, bildete jedoch im Ergebnis nur den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen den Bietern und der INKB. Dies deshalb, weil die INKB auf die Nutzung von Vorteilen des Wettbewerbs, nämlich die (möglicherweise noch nicht bekannte) wirtschaftlichste Lösung im Wege der als zulässig erachteten Vertragsabweichungen zu finden, verzichtet hatte. (TZ 10) Risikoübertragung Die INKB hatte vor Ausschreibung bzw. vor Vertragserrichtung keine dezidierte Risikoidentifikation, –allokation und –bewertung erstellt. Der Dienstleistungskonzessionsvertrag regelte die dem Konzessionär insbesondere während der Planungs– und Errichtungsphase sowie der ersten zehn Betriebsjahre überbundenen Risiken dergestalt, dass ein vorzeitiger Ausstieg des Konzessionärs aus finanziellen Erwägungen unattraktiv war. (TZ 10) Nach den ersten zehn Betriebsjahren werden — u.a. mangels Regelungen zur Feststellung der Nettoertragslage — nur mehr minimale Pachtzahlungen des Konzessionärs an die INKB fließen. (TZ 10) 60 Tirol 2012/5 Tirol Kurzfassung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Der Dienstleistungskonzessionsvertrag sah zwischen der INKB und den Kapitalgebern des Konzessionärs keine direkten Vertragsverbindungen vor, wodurch das Finanzierungsrisiko beim Konzessionär lag. (TZ 10) Die Zustimmungspflicht der INKB zu einer Verpfändung und Abtretung von Rechten des Konzessionärs zugunsten eines Kreditinstituts zur Besicherung von Verbindlichkeiten war im Sinne eines Frühwarnsignals geeignet, der INKB Aufschluss über das Geschäftsrisiko des Konzessionärs und das von ihr zu tragende Insolvenzrisiko des Konzessionärs zu geben. (TZ 10) Der Dienstleistungskonzessionsvertrag sieht am Vertragsende keine förmliche Übernahme und Zustandsfeststellung der Betriebsanlagen durch die INKB vor. Nach 30–jähriger Vertragsdauer wird die Übergabe einer betriebsbereiten und einwandfreien Seilbahnanlage durch die Höhe der Haftungsfonds oder der Vertragsstrafen des Konzessionärs nicht sichergestellt sein. (TZ 10, 22) Projektumsetzung Das dem Konzessionär überbundene Planungsrisiko war aufgrund des in den Ausschreibungsbedingungen beschriebenen Genehmigungsablaufs und des Kostenersatzes bei vorzeitiger Beendigung des Vertrags kalkulierbar. (TZ 11, 13) Die konzerninterne Beteiligung des Konzessionärs an der die Vertragspflichten übernehmenden Errichtungs– und Betriebsgesellschaft war geringer als im Dienstleistungskonzessionsvertrag gefordert. Die seitens der Konzernmuttergesellschaft gegenüber der INKB geleisteten Sicherheiten glichen aber dadurch entstandene Unsicherheiten aus. (TZ 12) Die INKB erlangte durch die ihr im Zuge des seilbahnrechtlichen Bewilligungsverfahrens verbliebene behördliche Konzession zum Betreiben von Seilbahnanlagen und der Beistellung des Personals für die Betriebsleistung ein hohes Maß an betriebsinternen Informationen, die ihr laut Dienstleistungskonzessionsvertrag alleine nicht zugekommen wären. Damit kann sie auch dem Risiko einer Vernachlässigung und eines schlechten Zustands der Anlagen zum Ende der Vertragslaufzeit — als Folge der niedrigen Vertragsstrafe — entgegenwirken. Mit der Refundierung der Personalkosten durch den Konzessionär wird der INKB allerdings das von ihr zu übernehmende Risiko aus der Haftung als Betriebsführer nicht abgegolten. (TZ 10, 14, 21, 22) Tirol 2012/5 61 Kurzfassung Die bereits zu Beginn der Planungsphase initiierte Änderung des Projektkonzepts war durch neue Anforderungen der Landeshauptstadt Innsbruck begründet. (TZ 13) Die Investorensuche auf Basis eines Dienstleistungskonzessionsvertrags in Form eines PPP–Konzessionsmodells mit einem gedeckelten Investitionszuschuss trug dazu bei, die durch die öffentlichen Diskussionen herrschenden Schwierigkeiten der Entscheidungsfindung zu kanalisieren und somit den Weg zur operativen Umsetzung des Projekts zu ebnen. (TZ 26) Projektänderungen Die gegenüber den Vorlagefristen von Mehrkostenforderungen des Konzessionärs stark verkürzte Prüffrist des Auftraggebers bedeutete eine Ungleichbehandlung eines Vertragspartners. (TZ 15) Die vertragliche Gestaltung des Dienstleistungskonzessionsvertrags und die Reduktion des Ergebnisses der funktionalen Ausschreibung auf einen einzigen Geldbetrag sowie die Akzeptanz von Pauschalpreisen bei Zusatzangeboten verhinderten die Herleitung und Prüfung der Mehr– und Minderkosten für zusätzliche oder geänderte Leistungen, weil in den Ausschreibungsbedingungen die Vorlage der Kalkulation des Konzessionärs nicht vorgesehen war. So wurden die Leistungsinhalte weder bei der Beauftragung noch bei der Abrechnung — auch wenn sie durch die Pauschalbeträge begrenzt wurden — hergeleitet bzw. nachgewiesen. Die INKB ließ die baulichen Zusatzleistungen ohne Leistungsverzeichnis anbieten und verzichtete so auf die Möglichkeit einer Preisplausibilisierung. (TZ 16, 17) Durch die direkten Beauftragungen von zusätzlichen Leistungen durch die INKB litt die Transparenz der Abrechnungskontrolle des Gesamtprojekts, weil diese Zusatzkosten nicht auf der Kostenstelle des Gesamtprojekts verbucht waren. (TZ 17) Die bereits bestehenden Behördenauflagen zur Garagierung der Pistenraupen blieben im Dienstleistungskonzessionsvertrag unberücksichtigt. Für die Errichtung dieser Garage mussten von der INKB im Rahmen ihrer Gewährleistungspflicht 140.000 EUR bezahlt werden. (TZ 17) 62 Tirol 2012/5 Tirol Kurzfassung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Die INKB wehrte eine mit dem Baugrund– und Ausführungsrisiko verbundene Mehrkostenforderung von rd. 900.000 EUR mit Hinweis auf die vertragliche Risikozuteilung ab. (TZ 18) Vor Erstellung der Ausschreibungsunterlagen waren für die Hungerburgbahn längere Betriebszeiten zwar im Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck diskutiert worden, flossen aber in den Dienstleistungskonzessionsvertrag — der die Höhe des maximalen Investitionszuschusses begrenzte — nicht ein. Nach Inbetriebnahme der neuen Hungerburgbahn erachtete die Landeshauptstadt Innsbruck den Zukauf von Betriebszeiten bzw. die Integration der Hungerburgbahn in das Ticketsystem der Innsbrucker Verkehrsbetriebe und Stubaitalbahn GmbH für notwendig. Dies kostete die beiden Unternehmen der öffentlichen Hand in den ersten drei Betriebsjahren rd. 982.000 EUR. Die Preise der Abgeltung dieser Leistungen kamen somit nicht im Wettbewerb zustande und mussten zusätzlich zu dem maximalen Investitionszuschuss bezahlt werden. (TZ 20) Übernahme der Hauptanlagen Zur Minderung der hohen Lärmemissionen durch den Schienenverkehr schränkte das BMVIT als Seilbahnbehörde den Nachtbetrieb auf maximal sechs Fahrten mit einer Fahrgeschwindigkeit von maximal 5 m/s ein. Da unter diesen Voraussetzungen aus betrieblicher Sicht des Konzessionärs das Auslangen gefunden wurde und die Konzernmuttergesellschaft zusätzlich eine bis Vertragsende gültige Patronatserklärung abgab, bei einem Mehrbedarf an Nachtfahrten die Kosten für Maßnahmen zur Minderung der Lärmemission zu tragen, übernahm die INKB im September 2008 die Hungerburgbahn. (TZ 19) Projektkosten Eine gesamthafte Sicht der Projektkosten fehlte. Die INKB leistete dem Konzessionär einen Investitionszuschuss von rd. 46,36 Mill. EUR. Bis 2010 saldierten sich die auf mehreren Konten der INKB verbuchten Kosten und Erlöse für das Projekt „Nordkettenbahnen und Hungerburgbahn Neu“ auf Kosten von insgesamt rd. 39,35 Mill. EUR. (TZ 23) Tirol 2012/5 63 Kurzfassung Unter gleichbleibenden Betriebsbedingungen von 2011 bis zum Vertragsende im Jahr 2038 werden weitere Kosten von rd. 8,65 Mill. EUR (zuzüglich Wertanpassung) für die Unternehmen der öffentlichen Hand anfallen. (TZ 23) Transaktionskosten Die INKB bezahlte bis Ende 2007 für die Projektvorbereitung, die Berater sowie Gutachter zur Erstellung und Abwicklung des Dienstleistungskonzessionsvertrags bis zur Inbetriebnahme der Nordkettenbahnen und der Hungerburgbahn rd. 600.000 EUR an Transaktionskosten. (TZ 24) Kostenbeiträge Die Reduktion des Kostenbeitrags des Tourismusverbands Innsbruck und seine Feriendörfer um 2,50 Mill. EUR und die von der Landeshauptstadt Innsbruck initiierten zusätzlichen Leistungen belasteten bis Ende 2010 den Haushalt der Landeshauptstadt Innsbruck um 8,85 Mill. EUR höher, als beim Beschluss des Budgets im Juli 2003 angenommen. (TZ 25) Ein PPP–Konzessionsmodell zur Errichtung von Autobahn– und Schnellstraßenteilstücken (der RH berichtete darüber in der Reihe Bund 2010/2) wies wesentliche Unterschiede zum gegenständlich überprüften PPP–Konzessionsmodell auf, was einen unmittelbaren Vergleich der beiden überprüften Modelle nicht zuließ. So wählte der damalige Auftraggeber eine funktionale Leistungsbeschreibung und gab die wesentlichen Parameter des Trassenverlaufs und des Ausführungsstandards vor. Hinsichtlich des Umgangs mit den Risiken und der erschwerten Kontrollmöglichkeit des Auftraggebers ergaben sich bei beiden Projekten deckungsgleiche Problemfelder. (TZ 26) 64 Tirol 2012/5 Tirol Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Kenndaten der Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH Stammeinlage Gesellschafter in EUR in % Innsbrucker Kommunalbetriebe Aktiengesellschaft 18.531,57 51 Landeshauptstadt Innsbruck 12.717,76 35 Tourismusverband Innsbruck und seine Feriendörfer 3.270,27 9 Innsbrucker Verkehrsbetriebe und Stubaitalbahn GmbH 1.816,82 5 36.336,42 100 Unternehmensgegenstand Seilbahnbetrieb der Nordkettenbahnen und der Hungerburgbahn Gebarung 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 in Mill. EUR Bilanzsumme 4,87 17,09 40,16 46,51 44,65 42,97 41,27 39,36 Eigenkapital 1,33 12,31 38,90 38,03 36,57 35,58 34,71 33,96 Umsatzerlöse 0,15 2,52 0,90 0,25 0,32 0,82 0,82 0,82 Personalaufwand inklusive Personalüberlassungskosten 0,13 1,48 1,03 0,22 0,32 0,28 0,28 0,28 – 0,10 – 0,91 – 1,70 – 1,35 – 1,88 – 1,26 – 1,12 – 0,99 Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit Anzahl1 Personalstand Geschäftsführer Mitarbeiter (inklusive überlassene Mitarbeiter)2 1 2 1 1 1 1 1 1 1 1 37 30 16 1 2 3 4 4 jeweils zum 31. Dezember in Vollbeschäftigungsäquivalenten Quellen: Prüfberichte der Jahresabschlüsse; INKB Tirol 2012/5 65 Prüfungsablauf und –gegenstand 1 Der RH überprüfte von Jänner bis März 2011 die Gebarung der Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH (INKB) in Bezug auf die Abwicklung der Neuerrichtung der Hungerburgbahn und der Nordkettenbahnen als PPP–Konzessionsmodell. Prüfungsziele waren – die Verifizierung der Beurteilungsgrundlagen für die Abwicklung der Investitionen in Form eines PPP–Konzessionsmodells sowie – die Beurteilung – der Rechtmäßigkeit und Transparenz des Vergabeverfahrens, – des Finanzierungsmodells unter Berücksichtigung der Risiken, – der Zweckmäßigkeit des Änderungs– und Nachtragsmanagements sowie – der Vertragsgestaltung und –umsetzung in Bezug auf den Betrieb sowie die Beendigung des Vertrags. Der RH analysierte den Projektablauf, die Auftragsvergabe und die Bauabwicklung sowie die Betriebsphase bis 2010 im Hinblick auf Einsparungspotenziale und zeigte Lösungen zur Fehlervermeidung auf. Die Privatisierung der Nordkettenbahnen im Jahr 1996 und deren Reverstaatlichung im Jahr 2001 sowie die Bezuschussung der alten Hungerburgbahn und der Nordkettenbahnen durch die Landeshauptstadt Innsbruck waren nicht Gegenstand dieser Gebarungsüberprüfung. Die im Prüfungsergebnis angeführten Beträge sind kaufmännisch gerundet und enthalten — sofern nicht ausdrücklich anders angegeben — keine Umsatzsteuer. Zu dem im April 2012 übermittelten Prüfungsergebnis nahmen die INKB im Mai 2012 sowie die Landeshauptstadt Innsbruck und das Land Tirol im Juni 2012 Stellung. Der RH verzichtete auf Gegenäußerungen. Chronologie 66 2 Nachstehend sind die wichtigsten Ereignisse im Zusammenhang mit dem Projekt Neuerrichtung der Hungerburgbahn und der Nordkettenbahnen chronologisch dargestellt: Tirol 2012/5 Tirol Chronologie Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Chronologie Dezember 2001 Kauf und Übernahme der INKB durch die Landeshauptstadt Innsbruck Mai 2003 Kauf und Übernahme der Hungerburgbahn durch die INKB August 2003 Bescheid BMVIT an die INKB: Erneuerung der elektrischen Einrichtungen der Seilbahnanlagen bis 1. Juni 2004 September 2003 EU–weite Kundmachung der Ausschreibung „Dienstleistungskonzessionsvertrag“ als zweistufiges Verhandlungsverfahren November 2003 Einladung zur Angebotsabgabe Februar 2004 Ende der Angebotsfrist Abgabetermin „Last and Best Offer“ Juni 2004 Genehmigung des Zuschlags durch Stadtsenat und Generalversammlung Zuschlagsschreiben an Auftragnehmer: Höchstbetrag des Investitionszuschusses 41 Mill. EUR und 1,25 Mill. EUR Vertragsstrafe Juli 2004 Änderungswünsche des Fachbeirats der Landeshauptstadt Innsbruck (der Auftragnehmer beziffert diese mit 5,90 Mill. EUR; davon Station Löwenhaus 4,90 Mill. EUR) September 2004 Fachbeirat stimmt der Projektskizze des Auftragnehmers zu Dezember 2004 Gemeinderat genehmigt Vorprojekt mit zusätzlicher Station Löwenhaus (zusätzliche Baukosten 4,32 Mill. EUR sowie jährliche Betriebs– und Reinigungskosten) Jänner 2005 Landeshauptstadt Innsbruck verkauft 51 % der Geschäftsanteile der INKB an die Innsbrucker Kommunalbetriebe Aktiengesellschaft April 2005 Weitergabe der Vertragserfüllung als Konzessionär vom Auftragnehmer an eine Errichtungs– und Betriebsgesellschaft Februar 2006 Landeshauptstadt Innsbruck verkauft 5 % der Geschäftsanteile der INKB an die Innsbrucker Verkehrsbetriebe und Stubaitalbahn GmbH und 9 % an den Tourismusverband Innsbruck und seine Feriendörfer März 2006 Baubeginn Nordkettenbahnen Dezember 2006 Inbetriebnahme Schwebebahn Nordkettenbahn Sektion I: Hungerburg – Seegrube Jänner 2007 Inbetriebnahme Schwebebahn Nordkettenbahn Sektion II: Seegrube – Hafelekar Dezember 2007 Inbetriebnahme Standseilbahn Hungerburgbahn Neu: Kongresshaus – Hungerburg September 2008 Fertigstellungsmeldung an INKB: Beginn der vereinbarten Betriebsphase Oktober 2008 Schlussrechnung: 45.316.756 EUR (Nordkettenbahnen Sektionen I und II, Hungerburgbahn, Zusatzauftrag Station Löwenhaus) Dezember 2008 Vorauszahlung des Pachtentgelts bis 2018: 8.200.000 EUR September 2038 Vertragsende Quelle: RH Tirol 2012/5 67 Überblick Trassenverlauf 3 Die nachstehende Abbildung verdeutlicht den Trassenverlauf der Hungerburgbahn und der Nordkettenbahnen: Abbildung 1: Lageplan Hungerburgbahn neu (zentrumsnahe Trasse) und Nordkettenbahnen neu Quellen: INKB–Projektunterlagen; Bearbeitung durch den RH (1) Die alte Hungerburgbahn wurde im Jahr 1906 als Standseilbahn errichtet. Die 840 m lange Strecke führte von der Rotunde (vormals Riesenrundgemälde) im Innsbrucker Stadtteil Saggen in den 286 m höher gelegenen Stadtteil Hungerburg. Neben der Haltestelle Alpenzoo sowie der Berg– und Talstation stellten die beiden mittlerweile unter Denkmalschutz stehenden Objekte „Innbrücke“ und „Viadukt“ wesentliche bauliche Anlagen dar. (2) Im Jahr 1928 wurden die Nordkettenbahnen eröffnet. Die zweispurige, 2.885 m lange Pendelbahn der Sektion I führt mit zwei Kabinen 68 Tirol 2012/5 Tirol Überblick Trassenverlauf Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen vom Stadtteil Hungerburg — im Anschluss an die Hungerburgbahn — auf die 869 m höher gelegene Seegrube. Die einspurige, 752 m lange Pendelbahn der Sektion II verbindet mit einer Kabine die Seegrube mit dem auf 2.260 m Seehöhe gelegenen Hafelekar. Von besonderer Bedeutung sind die vom Architekten Franz Baumann entworfenen und unter Denkmalschutz stehenden Stationsgebäude. Die Mittelstation Seegrube beherbergt zudem ein Hotel–Restaurant. (3) Der nach einem zweistufigen Verhandlungsverfahren im Juni 2004 beauftragte Konzessionär plante die neue (zentrumsnahe) Trasse der Hungerburgbahn. Diese führt zunächst unterirdisch von der Talstation Kongresshaus entlang des Rennwegs, erreicht die Oberfläche kurz vor der Zwischenstation Löwenhaus und quert den Inn auf der neu errichteten, rd. 241 m langen Schrägseilbrücke. In der Folge verläuft die Trasse wieder unterirdisch, bis sie kurz vor der Zwischenstation Alpenzoo wieder die Oberfläche erreicht. Die Strecke bis zur Bergstation überwindet die Hungerburgbahn in Hochlage. (4) Die vier Stationsgebäude der Hungerburgbahn wurden nach Entwürfen eines vom Konzessionär beauftragten internationalen Architekturbüros neu gebaut. Die denkmalgeschützten Stationsgebäude der Nordkettenbahnen wurden im Einvernehmen mit dem Bundesdenkmalamt restauriert und zum Teil erweitert. (5) Die komplette Seilbahntechnik — sowohl der Nordkettenbahnen als auch der Hungerburgbahn — einschließlich der elektrischen Anlagen, die Steuertechnik sowie die Wagen wurden wegen der vom BMVIT im August 2003 bescheidmäßig festgestellten Mängel erneuert. (6) Die Inbetriebnahme der beiden Bahnen erfolgte im Winter 2006/2007 bzw. Dezember 2007. Tirol 2012/5 69 Projektvorbereitung Entscheidungsfindung 4.1 (1) Für die Landeshauptstadt Innsbruck war die Erschließung der Nordkette als Naherholungsgebiet der Innsbrucker Bevölkerung und als touristische Attraktion seit Bestehen der Bahn ein großes Anliegen. Die „alte“ Hungerburgbahn erfüllte die Funktionen – des öffentlichen Nahverkehrs zum höher gelegenen Siedlungsgebiet Hungerburg und – des Zubringers zu den Nordkettenbahnen. (2) Die Landeshauptstadt Innsbruck privatisierte im Jahr 1996 den Betrieb der Nordkettenbahnen. (3) Ein vom Tourismusverband Innsbruck und seine Feriendörfer (Tourismusverband) mit der Landeshauptstadt Innsbruck im Jahr 2001 ausgelobter Architekturwettbewerb „Zentrumsnahe Anbindung Hungerburg/Nordkette“ ergab, dass von den neun eingereichten Projekten „kein einziges Team den gestellten Anforderungen voll gerecht wurde“. Ziel dieses Wettbewerbs war es, neben der Verfolgung der touristischen Zielsetzungen auch dem privaten Betreiber die notwendigen Investitionsmöglichkeiten mit der Option aufzuzeigen, diese Investitionen zu tätigen oder den Betreibervertrag rückabzuwickeln. (4) Die Landeshauptstadt Innsbruck kaufte im Jahr 2001 den 1996 privatisierten Betrieb der Nordkettenbahnen zurück. Im Jahr 2003 erwarb die INKB von der Innsbrucker Verkehrsbetriebe und Stubaitalbahn GmbH (IVB) die Hungerburgbahn und war somit Alleineigentümerin dieser Bahnen. (5) Die auf Basis der Wettbewerbsergebnisse durchgeführte Investorensuche der INKB im Jahr 2002 blieb erfolglos. Die INKB und der Beirat der INKB gingen in der Folge davon aus, dass keines der vorgeschlagenen Konzepte eine Mehrheit im Gemeinderat finden könne. Die öffentliche Diskussion über die Ausgestaltung des Projekts einschließlich der Trassenführung gestaltete sich langwierig und schwierig. (6) Entsprechend der Genehmigung durch den Gemeinderat schoss die Landeshauptstadt Innsbruck als Eigentümerin der INKB die für die Erhaltung und den Betrieb der Anlagen erforderlichen Gelder — bevor noch das überprüfte PPP–Projekt in Angriff genommen wurde — zu. Der Geschäftsführer der INKB war in seinen Entscheidungen an die Beschlüsse der Generalversammlung der INKB und die Weisungen der 70 Tirol 2012/5 Tirol Projektvorbereitung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Eigentümerin (Landeshauptstadt Innsbruck, vertreten durch den Bürgermeister) gebunden. Die INKB musste vor gebarungsrelevanten Entscheidungsschritten und Beauftragungen die Genehmigung der Landeshauptstadt Innsbruck einholen. (7) Bis Herbst 2002 sollte die INKB im Auftrag der Eigentümervertreter wegen der Behördenauflagen und des defizitären Betriebs unter Mitwirkung des Beirats der INKB ein technisches sowie wirtschaftliches Sanierungskonzept für die Nordkettenbahnen erarbeiten. (8) Die INKB installierte 2002 die Projektgruppe „Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen — Neu“. Aufgrund der erforderlichen Erneuerungen der bestehenden Anlagen stellte diese generelle Überlegungen zur Steigerung der touristischen Attraktivität an. Ziel war auch eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Betriebs der Anlagen ohne Einbeziehung alternativer Finanzierungsmodelle. Die Projektgruppe erarbeitete folgende bau– und betriebliche Empfehlungen, welche die Landeshauptstadt Innsbruck im Juli 2002 zur Kenntnis nahm: – Verbesserung des Bestands unter Beibehaltung der damaligen Trasse der Hungerburgbahn und der denkmalgeschützten Stationsanlagen; – Erneuerung der Seilbahntechnik und Erhöhung der Kapazitäten; – bessere Umsteigerelationen zwischen Hungerburgbahn–Bergstation und Nordkettenbahn–Talstation; – bessere Anbindung des Talbereichs der Hungerburgbahn (Kreisverkehr, öffentliche Verkehrsmittel, Parkplätze und Bus–Shuttle). Die INKB berichtete dem Beirat der INKB und der Landeshauptstadt Innsbruck im September 2002 im Zusammenhang mit dem Investitionsbedarf im Rahmen des geplanten Neubaus der Anlagen weiters, dass unter dem Gesichtspunkt der „Beihilfenregelung zugunsten von Seilbahnen“ der EU eine Entscheidung über Ausmaß und Form der Investitionsfinanzierung durch die öffentliche Hand dringlich werde. Im Oktober 2002 erläuterte die INKB der Landeshauptstadt Innsbruck erstmals — anstelle der weiteren Verfolgung der bisher vorliegenden Betriebs– und Standortvarianten — die Möglichkeit der Einbeziehung eines privaten Investors sowie Betreibers und arbeitete in der Folge rechtliche sowie finanzielle Rahmenbedingungen aus. Tirol 2012/5 71 Projektvorbereitung (9) Im August 2003 stellte das BMVIT eine Frist zur Erneuerung der elektrischen Einrichtungen der Seilbahnanlagen (Hungerburgbahn und beide Sektionen der Nordkettenbahn) bis 1. Juni 2004. (10) Im September 2003 beschloss der Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck, EU–weit private Investoren für die Planung, den Bau und den Betrieb der Hungerburgbahn und der Nordkettenbahnen in Form eines Dienstleistungskonzessionsvertrags bis 2030 zu suchen. In diesem PPP–Konzessionsmodell sollte – der Investitionszuschuss der Landeshauptstadt Innsbruck mit 41 Mill. EUR begrenzt werden (TZ 5), – die Pacht für zehn Jahre — insgesamt 20 % des Investitionszuschusses (das sind 8,20 Mill. EUR) — vom Konzessionär im Voraus bezahlt werden (TZ 5), – im Dienstleistungskonzessionsvertrag neben den zu garantierenden Betriebszeiten und Förderkapazitäten lediglich die Funktionalität der Hauptanlagen mit allgemeinen Vorgaben beschrieben werden (funktionale Ausschreibung; siehe auch TZ 8) wie bspw. – die vom rechten Innufer erreichbare zentrumsnahe — und damit von der (damals) bestehenden Trasse abweichende — Anbindung in der Nähe des Kongresshauses oder – die Anbindung des Alpenzoos, – das angebotene Projekt eine „der Bedeutung des Standorts und der Sensibilität des Stadtbilds entsprechende gehobene städtebauliche und architektonische Qualität“ aufweisen (TZ 11) sowie – der Gemeinderat in seiner Entscheidung frei sein, dem vom Konzessionär vorzulegenden Vorprojekt zuzustimmen (TZ 11). 4.2 Der RH wies darauf hin, dass die Landeshauptstadt Innsbruck stets bestrebt war, die bestehende Erschließung der Nordkette für ihre Bevölkerung sowie für den Tourismus attraktiv zu erhalten. Er zeigte auf, dass der Beschluss des Gemeinderats vom September 2003 zur Ausschreibung des Dienstleistungskonzessionsvertrags — insbesondere bezüglich der Erhaltung der Trasse der Hungerburgbahn — von den Empfehlungen der Projektgruppe aus dem Jahr 2002 abwich. Insbesondere wurde die Empfehlung zur Verbesserung des Bestands unter 72 Tirol 2012/5 Tirol Projektvorbereitung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Beibehaltung der damaligen Trasse der Hungerburgbahn und der denkmalgeschützten Stationsanlagen nicht aufgegriffen. Aus Sicht des RH war aufgrund – des dringenden Renovierungsbedarfs aufgrund behördlicher Verfügungen für alle drei bestehenden Teilstücke, – des in Bezug auf realisierbare Lösungsvorschläge erfolglosen Architekturwettbewerbs sowie – der öffentlichen Diskussion über eine neue Trassenführung der Hungerburgbahn rascher Handlungsbedarf für die INKB als Eigentümerin der Bahnanlagen gegeben. Die Investorensuche auf Basis eines Dienstleistungskonzessionsvertrags in Form eines PPP–Konzessionsmodells mit einem gedeckelten Investitionszuschuss trug dazu bei, die durch die öffentlichen Diskussionen herrschenden Schwierigkeiten der Entscheidungsfindung zu kanalisieren und somit den Weg zur operativen Umsetzung des Projekts zu ebnen. Der RH hielt jedoch kritisch fest, dass die lediglich allgemeinen Vorgaben hinsichtlich der Funktionalität des geplanten Projekts von vornherein die technische und kaufmännische Vorausplanung erschwerten sowie den Vergleich mit einer herkömmlichen Beschaffung (ohne PPP–Konzessionsmodell) unterbanden (TZ 4). 4.3 Tirol 2012/5 Laut Stellungnahme der INKB habe der Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck — in seinem Bestreben, die bestehende Erschließung des Wohngebiets Hungerburg für die Bevölkerung attraktiv zu halten, die Nahverkehrssituation der Hungerburgbahn abzusichern und den Zugang zum Naherholungsgebiet Nordkette zu verbessern — im September 2003 eine EU–weite Investorensuche für die Planung, den Bau und den Betrieb der Hungerburg– und Nordkettenbahnen in Form eines Dienstleistungskonzessionsvertrags für die Dauer von 30 Jahren beschlossen. 73 Projektvorbereitung Wirtschaftliche Beurteilungsgrundlagen 5.1 (1) Die INKB erstellte Businesspläne auf Basis der Kostenschätzungen zum Wettbewerb 2001 des Tourismusverbands bzw. im Rahmen der damals bestehenden Projektgruppe „Hungerburgbahn – Neu“ unter Einbeziehung einer Marktstudie betreffend die zentrumsnahe Anbindung der Hungerburgbahn. Im Jahr 2001 stellte sich die Kostenschätzung wie folgt dar: Tabelle 1: Kostenschätzung 2001 in Mill. EUR Sanierungsprojekte der Nordkettenbahnen Seilbahntechnik und Elektrotechnik 8,0 Baumeister und Professionisten 4,5 Planung, Vermessung und Bauaufsicht 0,7 Stromversorgung 0,2 Unvorhergesehenes 0,7 Summe Nordkettenbahnen Sanierungsprojekt der Hungerburgbahn Minimum Maximum 3,3 3,6 – 1,1 1,1 1,5 – 0,4 Bergstation 2,5 4,4 Summe Hungerburgbahn 6,9 11,0 21,0 25,1 Seilbahntechnik – Erneuerung Streckenbauwerke Talstation Mittelstation Alpenzoo Gesamtsumme Quelle: 74 14,1 Investitionskostenschätzung der Auslobungsunterlagen des Wettbewerbs des Tourismusverbands sowie der Landeshauptstadt Innsbruck Tirol 2012/5 Tirol Projektvorbereitung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Den Kostenschätzungen für die Sanierung der Nordkettenbahnen (14,10 Mill. EUR) lagen konkrete Preisangaben des damaligen privaten Betreibers zugrunde. Demgegenüber wurden die Investitionskosten für die Sanierung der Hungerburgbahn auf Basis von Richtwerten — jedoch ohne auf spezifischen Bauteilen, Konstruktionselementen oder Gewerken beruhenden Leistungsbeschreibungen bzw. Angeboten — in einer Bandbreite von 6,90 Mill. EUR bis 11 Mill. EUR geschätzt. (2) Die INKB richtete noch vor dem Erwerb der Nordkettenbahnen Mitte 2002 eine weitere Projektgruppe „Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen – Neu“ ein. Diese sollte, aufbauend auf den Ergebnissen des Wettbewerbs des Tourismusverbands, Entscheidungsgrundlagen für die Landeshauptstadt erarbeiten. Im Abschlussbericht dieser Projektgruppe aus dem Jahr 2002 stellten sich die geschätzten Kosten wie folgt dar: Tirol 2012/5 75 Projektvorbereitung Tabelle 2: Grobkostenschätzung 2002 Variante 1: Kosten Nordkettenbahnen Sektionen I und II 800 P/h1 Pendelbahn 400 P/h1 Zweiseilumlaufbahn Einseilumlauf bahn Funifor Sanierung Bestand in Mill. EUR Seilbahntechnik 8,8 10,5 8,0 7,5 8,0 Station Hungerburg 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 Station Seegrube 2,5 2,5 2,5 2,0 2,0 Station Hafelekar 1,5 1,5 1,5 0,5 0,5 Gebäudeadaption 3,0 3,0 3,0 3,0 3,0 17,3 19,0 16,5 14,5 15,0 Summe Kombination Zweiseilumlaufbahn (Sektion I) und Einseilumlaufbahn (Sektion II) 17,5 Variante 2: Kosten Hungerburgbahn zentrumsnahe Anbindung Seilbahntechnik 15,0 Stationsgebäude 10,0 Summe 25,0 Variante 3: Kosten Hungerburgbahn bestehende Trasse Seilbahntechnik 10,0 Stationsgebäude 4,0 Parkgarage 6,3 Summe 20,3 Gesamtsumme Varianten 1 und 2 42,3 44,0 41,5 39,5 40,0 Gesamtsumme Varianten 1 und 3 37,6 39,3 36,8 34,8 35,3 Teilsumme Varianten 1 und 3 (ohne Parkgarage) 31,3 33,0 30,5 28,5 29,0 1 Personen pro Stunde Quelle: Abschlussbericht der Projektgruppe, Juli 2002 76 Tirol 2012/5 Tirol Projektvorbereitung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Die INKB stellte im Jahr 2002 gegenüber der Landeshauptstadt Innsbruck den Wert für die Sanierung der Bestandsstrecken (ohne Errichtung eines Parkhauses) in Grobkostenschätzungen als „verlorenen Aufwand“ mit 33 Mill. EUR dar. (3) In den Businessplänen 2002 und 2003 nahm die INKB die Investitionskosten für den Bestand der Hungerburgbahn mit 31,70 Mill. EUR an. Tabelle 3: Businesspläne 2002 und 2003 Erlössteigerung – Annahmen Investitionen für 2002 2003 in % in % – 25 50 Bestand Hungerburgbahn Bestand Hungerburgbahn zentrumsnahe Trasse Hungerburgbahn in Mill. EUR in Mill. EUR Gesamtsumme Errichtungskosten Nordkettenbahnen und Hungerburgbahn Neu 31,70 31,70 42,50 Jahresergebnis Gewinn/Verlust – 0,22 0,29 0,42 Quelle: INKB Weiters ging die INKB davon aus, dass das bisher negative Betriebsergebnis von rd. 0,50 Mill. EUR in den Folgejahren aufgrund des problematischen Standorts (z.B. unzureichende Erreichbarkeit, geringe Parkmöglichkeiten) der bestehenden Talstation der Hungerburgbahn fortgeschrieben werden müsse. Bei einer zentrumsnahen Anbindung der Hungerburgbahn wies die INKB — bei einer angenommenen Erlössteigerung von 50 % — Errichtungskosten in Höhe von 42,50 Mill. EUR aus. (4) Die INKB berichtete im August und September 2003 der Landeshauptstadt Innsbruck, dass eine Begrenzung der Investitionskosten auf 41 Mill. EUR als Obergrenze und Erlöse von 20 % der Investitionskosten (8,20 Mill. EUR) eine maximale Belastung des städtischen Finanzhaushalts von 32,80 Mill. EUR bedeuten würde. Aus steuerrechtlichen Gründen müsse die INKB weiterhin Einnahmen (z.B. Pachterlöse) aus dem Dienstleistungskonzessionsvertrag verbuchen (TZ 4). Tirol 2012/5 77 Projektvorbereitung Weiters würde der Stadthaushalt zusätzlich entlastet werden, weil – der bisherige Verlust von rd. 0,50 Mill. EUR pro Jahr entfalle, – weiterhin die Vorsteuerabzugsmöglichkeit von insgesamt rd. 8,20 Mill. EUR bestünde und – die Möglichkeit, den Abschreibungsaufwand auf verbundene, gewinnbringende Unternehmen zuzuschreiben, wahrgenommen werden könne (Gruppenbesteuerung). (5) Eine PSC–Vergleichsrechnung1 hätte die Entscheidungsträger bei der Entscheidung, ob eine Investition entweder im Wege einer konventionellen Beschaffung oder in Form eines PPP–Modells umgesetzt werden soll, unterstützt. Im Zuge einer PSC–Vergleichsrechnung werden auch die dem konventionellen bzw. dem PPP–Modell zuordenbaren Risiken bewertet. Die INKB führte keine PSC–Vergleichsrechnung durch, weil aufgrund der funktionalen Ausschreibung, die den Bietern einen großen Planungsspielraum einräumte, kein detailliertes Projekt zu Vergleichszwecken erstellt werden konnte. 5.2 (1) Der RH merkte an, dass für die Entscheidung zugunsten eines PPP– Konzessionsmodells mit hohem öffentlichen Investitionszuschuss keine PSC–Vergleichsrechnung in herkömmlichem Sinn herangezogen werden konnte, weil – für die Aufstellung die Vorplanung des Basisprojekts und dessen Risikobewertung fehlten sowie 1 Bei der PSC–Vergleichsrechnung werden die voraussichtlichen wirtschaftlichen Auswirkungen der bisherigen konventionellen Beschaffung — PSC — und die der Beschaffung als PPP–Modell unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Risikoallokation vorab ermittelt. Durch Monetarisierung der vom privaten Partner bei der Finanzierung, der Adaptierung und Errichtung sowie des Betriebs der Anlagen übernommenen Risiken wird der Wert der konventionellen Beschaffung durch den öffentlichen Auftraggeber ermittelt. Zur Bestimmung der Vorteilhaftigkeit für den öffentlichen Auftraggeber werden die zukünftigen Zahlungsströme durch Abzinsung auf den Beginn der Investition vergleichbar gemacht. Die Differenz zwischen den beiden vergleichbaren Barwerten wird „Value for Money“ genannt. Aufgrund der langen Laufzeit beeinflusst der gewählte Diskontierungszinssatz den „Value for Money“. Bei einem positiven „Value for Money“ ist ein finanzieller Vorteil für das PPP–Modell ableitbar und ist dieses wirtschaftlich vertretbar. 78 Tirol 2012/5 Tirol Projektvorbereitung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen – die Angebote aufgrund der rudimentären funktionalen Beschreibung für die anzubietenden Konzepte untereinander technisch nicht vergleichbar waren. Dies deshalb, weil – die Kostenschätzungen des Renovierungsbedarfs nicht mit Leistungsbeschreibungen oder Angeboten konkretisiert werden konnten und – jene für die Baumaßnahmen sich weder auf messbare Parameter noch auf spezifische Bauteile, Konstruktionselemente oder Gewerke, sondern lediglich auf ein oder mehrere Gebäude ohne Angabe deren Art und Größe bezogen. (2) Der RH wies kritisch darauf hin, dass die INKB und die Landeshauptstadt Innsbruck auf Basis von Grobkostenschätzungen lediglich ein Finanzierungsziel definierten und dabei — wegen der Unbestimmtheit der anzubietenden Projekte — auf eine technische sowie kaufmännische Vorausplanung verzichteten. Er kritisierte, dass die Abweichung zwischen den Werten des Businessplans 2002 (31,70 Mill. EUR) und der Grobkostenschätzung 2002 (Bandbreite 28,50 Mill. EUR bis 33 Mill. EUR) sowie dem Höchstwert des realen Zuschussbetrags — laut Ausschreibungsunterlagen maximal 32,80 Mill. EUR (80 % von 41 Mill. EUR) — von der INKB nicht begründet werden konnte. (3) Weiters wies der RH darauf hin, dass die Vorteile aus der Gruppenbesteuerung (überschlägig rd. 250.000 EUR pro Jahr) nicht allein dem PPP–Konzessionsmodell eigen sind, sondern auch bei konventioneller Errichtung möglich wären. Er empfahl der INKB, bei künftigen Projekten bereits in der konzeptiven Phase auf die erforderliche technische und kaufmännische Vorausplanung einschließlich einheitlicher Terminologie und Schlüssigkeit der den Entscheidungsgremien berichteten Projektinhalte zu achten. 5.3 Laut Stellungnahme der INKB sei aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen zur Realisierung eines solchen Bauvorhabens die Ausschreibung bewusst sehr rudimentär in ihrer funktionalen Beschreibung und hinsichtlich der zwei Zuschlagskriterien — geringstmöglicher Zuschuss von maximal 41 Mill. EUR und Pönalisierung — abgefasst worden. Damit verbunden sei eine Einschränkung der Kontrollrechte sowie eine erschwerte Prüfung von Kostenschätzungen und von Mehrkostenforderungen bei Zusatzbestellungen. Tirol 2012/5 79 Projektvorbereitung Trotzdem sei nach Abwägen der Vor– und Nachteile sowie der Risiken die Investorensuche auf Basis eines Dienstleistungskonzessionsvertrags in Form eines PPP–Modells als die geeignetste Form betrachtet worden, um die schwierige Entscheidungsfindung zu kanalisieren und den Weg zur operativen Umsetzung zu ebnen. Selbstverständlich werde die INKB die Empfehlungen des RH, so es sich bei künftigen Projekten um vergleichbare handle, berücksichtigen. Eigentumsverhältnisse und Projektstrukturen 6.1 (1) Die Landeshauptstadt Innsbruck war bis 2005 Alleineigentümerin der INKB. Seit 2005 sind die Innsbrucker Kommunalbetriebe Aktiengesellschaft mit 51 % und seit 2006 die IVB mit 5 % sowie der Tourismusverband mit 9 % an der INKB beteiligt; 35 % der Anteile an der INKB verblieben im Eigentum der Landeshauptstadt Innsbruck (TZ 2 und Kenndaten). Die Änderung der Eigentumsverhältnisse hatte folgende Auswirkungen: – Bis zur Beteiligung der Innsbrucker Kommunalbetriebe Aktiengesellschaft an der INKB hatte die Landeshauptstadt Innsbruck als Alleineigentümerin das Recht, den Dienstleistungskonzessionsvertrag und in der Folge den Projektentwurf zu genehmigen. – Die Innsbrucker Kommunalbetriebe Aktiengesellschaft erhielt mit dem Erwerb der Eigentumsanteile die Möglichkeit, die von der INKB erwirtschafteten Verluste im Rahmen der Gruppenbesteuerung geltend zu machen. – Die IVB und der Tourismusverband konnten ihre Interessen im Zuge von Vertragsanpassungen direkt einbringen. (2) Der Dienstleistungskonzessionsvertrag regelte wenige Bereiche der Projektabwicklung und der Organisationsstruktur des Konzessionärs, denen die INKB bzw. die Landeshauptstadt Innsbruck zustimmen mussten: – In der Phase der Projektentwicklung bestand die Verpflichtung des Konzessionärs, die Zustimmung des von der Landeshauptstadt Innsbruck eingerichteten Fachbeirats zum Vorentwurf und die Genehmigung des Projekts durch den Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck zu erwirken. – Die INKB hatte der Verpfändung und Abtretung von Rechten des Konzessionärs zugunsten eines Kreditinstituts zur Besicherung von 80 Tirol 2012/5 Tirol Eigentumsverhältnisse und Projektstrukturen Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Verbindlichkeiten, die der Finanzierung der zu errichtenden Haupt– und/oder Nebeneinrichtungen des Projekts dienen, zuzustimmen. – Der Auftragnehmer war berechtigt, seine aus dem Dienstleistungskonzessionsvertrag erwachsenen Rechte und Pflichten als Konzessionär an die Errichtungs– und Betriebsgesellschaft mit Sitz in Österreich zu übertragen, wenn er an der Gesellschaft mindestens zu 51 % beteiligt ist oder sonst die Kontrolle über die Gesellschaft hat. Der Auftragnehmer (Gesellschaft A in Abbildung 2) — ein österreichisches Bauunternehmen eines europäischen Konzerns — übertrug im April 2005 seine Vertragsrechte und –pflichten dieser Errichtungs– und Betriebsgesellschaft, an der ein weiteres Tochterunternehmen des Konzerns — ein Infrastruktur–Projektentwicklungsunternehmen (Gesellschaft B in Abbildungen 2 und 3) — mit 51 % beteiligt war. Das mit der Planung und Errichtung der Seilbahntechnik beauftragte Unternehmen (Gesellschaft C in Abbildungen 2 und 3) war mit 49 % an der Errichtungs– und Betriebsgesellschaft beteiligt: Tirol 2012/5 81 Eigentumsverhältnisse und Projektstrukturen Abbildung 2: Organigramm Konzessionsgeber – Konzessionär INKB Konzessionsgeber Dienstleistungskonzessionsvertrag Auftragnehmer (Gesellschaft A) Konzessionär Errichtungs– und Betriebsgesellschaft 51 % Gesellschaft B Kreditgeberbank 49 % Gesellschaft C Totalunternehmervertrag (Errichtung) Totalunternehmer (Gesellschaft A) Hoch– und Tiefbau (Gesellschaft A) Subunternehmer (Werkverträge) Seilbahntechnik (Gesellschaft C) Tiefbauplanung Hochbauplanung und örtliche Bauaufsicht Architekten Hungerburgbahn Architekten Nordkettenbahnen Tourismusberatung Ausbaugewerke Vertragsverhältnis Konzessionsgeber – Konzessionär Genehmigungspflicht Konzessionsgeber Vertragssphäre Konzessionär Verträge Kontrollmöglichkeit der öffentlichen Hand (externe öffentliche Finanzkontrolle) Quelle: RH 82 Tirol 2012/5 Tirol Eigentumsverhältnisse und Projektstrukturen Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Die Änderung der Eigentumsverhältnisse während der Abwicklung des Projekts im Stadium der Detailplanungen und vor Baubeginn wirkte sich wie folgt aus: – Der die Seilbahnanlagen betreffende Informationsgrad wurde in der Planungs– und Errichtungsphase sowie in der Phase der Inbetriebnahme erhöht, weil neben dem Bauunternehmen auch das Seilbahnunternehmen an der Unternehmensführung beteiligt war und allfällige Problemstellungen direkt kommuniziert werden konnten. – Damit wurde auch die Durchsetzbarkeit der Betriebs– und Gewährleistungsansprüche der Seilbahnanlagen erhöht. Die nachstehende Abbildung 3 verdeutlicht die Beteiligungsverhältnisse an der Errichtungs– und Betriebsgesellschaft: Tirol 2012/5 83 Eigentumsverhältnisse und Projektstrukturen Abbildung 3: Beteiligungen an der Errichtungs– und Betriebsgesellschaft Konzessionär (ab 2005): Errichtungs– und Betriebsgesellschaft Infrastruktur–Projektentwicklungsunternehmen (Gesellschaft B) 51 % Seilbahntechnikunternehmen (Gesellschaft C) 49 % 1% Auftragnehmer (Konzessionär bis 2005): Bauunternehmen (Gesellschaft A) 99 % 100 % Holding Service Unternehmen 0,0033 % 65 % Holding Beteiligungsunternehmen 99,9967 % Europäisches Konzernmutterunternehmen 35 % >75 % Bauunternehmen (deutsche Konzerntochter) Quelle: RH 84 Tirol 2012/5 Tirol Eigentumsverhältnisse und Projektstrukturen 6.2 Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Der RH vermerkte kritisch, dass sich die im Dienstleistungskonzessionsvertrag vorgesehenen Kontrollrechte im Wesentlichen – formal auf die Genehmigung der Übertragung der Vertragspflichten und der Zessionen durch die INKB sowie – inhaltlich auf die Genehmigung im Zusammenhang mit dem Projektentwurf durch den Fachbeirat bzw. Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck beschränkten. Weitergehende Kontrollrechte, wie bspw. Eignung der Subunternehmer oder Nachweise der Plausibilität und Herleitung der Preisbildung, waren nicht vorgesehen. Diese wären jedoch für eine Prüfung der Preisangemessenheit von Mehrkostenforderungen zweckmäßig gewesen. Der RH empfahl der Landeshauptstadt Innsbruck, in Hinkunft bei PPP– Projekten mit funktionalen Ausschreibungskonzepten die Herleitung der Angebotspreise auf Basis von nach Bauteilen gegliederten und ausgepreisten Leistungsverzeichnissen zu verlangen. 6.3 Die Landeshauptstadt Innsbruck teilte mit, sie werde der Empfehlung des RH nachkommen. 7.1 Die INKB wählte — aufgrund des Beschlusses der Generalversammlung und nach Genehmigung durch den Stadtsenat bzw. Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck — für die Vergabe des Dienstleistungskonzessionsvertrags ein zweistufiges Verhandlungsverfahren mit EU– weiter Bekanntmachung. Sie beauftragte die, sie beratende Rechtsanwaltskanzlei (Honorare rd. 407.000 EUR, TZ 24) mit der Durchführung des Vergabeverfahrens bis zur Zuschlagserteilung. Projektvergabe Interessentensuche, Bewerberauswahl Die nationale Bekanntmachung erfolgte am 24. September 2003, die EU–weite Bekanntmachung am 30. September 2003. Die Bewerbungsfrist für die Teilnahme am Vergabeverfahren endete am 27. Oktober 2003. Bis zu diesem Zeitpunkt langten bei der INKB sieben Teilnahmeanträge ein. Im Zuge der Bewerberauswahl informierte der Geschäftsführer der INKB sowohl unmittelbar am Vergabeverfahren mitwirkende als auch unternehmensinterne, am Vergabeverfahren nicht beteiligte Personen über die Namen der Interessenten, wodurch der Vertraulichkeitsgrundsatz des Vergaberechts verletzt wurde. Tirol 2012/5 85 Projektvergabe Nach Gewährung einer Mängelbehebungsfrist durch die INKB bis zum 10. November 2003 erfolgte eine kommissionelle Prüfung der Teilnahmeanträge. Auf Basis der festgelegten Auswahlkriterien bewertete die INKB die Bewerbungen in transparenter sowie nachvollziehbarer Weise und forderte die fünf bestgereihten Bewerber auf, bis 16. Februar 2004 ein Angebot abzugeben. 7.2 Der RH kritisierte die Verletzung der gebotenen Vertraulichkeit. Er wies darauf hin, dass der Grundsatz der Vertraulichkeit wesentlich für den Schutz vor wettbewerbswidrigem Verhalten der Teilnehmer ist und einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen gewährleisten soll. Er empfahl der INKB, bei künftigen Vergaben mit Informationen zum Vergabeverfahren (auch betreffend Namen von Interessenten) sehr restriktiv umzugehen. Der RH sah in der EU–weiten Bekanntmachung die Grundlage für die Schaffung eines größtmöglichen Wettbewerbs. Die Dokumentation der Arbeit der Bewertungskommission entsprach den Anforderungen an ein transparentes und nachvollziehbares Verwaltungshandeln. 7.3 Die INKB teilte in ihrer Stellungnahme mit, dass das Vergabeverfahren von einer Anwaltskanzlei begleitet und dokumentiert worden sei. In keinem Stadium des Vergabeverfahrens seien Informationen an externe Personen weitergegeben worden. Die Weitergabe von Informationen an unternehmensinterne Personen, die zur Verschwiegenheit verpflichtet gewesen waren, sei unumgänglich gewesen und habe auf den fairen Wettbewerb keinen Einfluss gehabt. Weiters sei die Geschäftsführung in ihren Entscheidungen an die Beschlüsse der Generalversammlung und die Weisungen der Eigentümer gebunden gewesen, diesbezüglich seien keine Abweichungen festgestellt worden. Erstangebote 8.1 (1) Die bis 16. Februar 2004 abzugebenden Erstangebote der Bieter hatten aus – der rechtsgültig unterfertigten Ausschreibungsunterlage samt des angebotenen Höchstbetrags (Investitionszuschuss) und der Vertragsstrafe, – der rechtsgültig unterfertigten Bietererklärung, 86 Tirol 2012/5 Tirol Projektvergabe Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen – einem Konzept, in dem der Bieter seine Vorstellungen über Errichtung und Betrieb der ausschreibungsgegenständlichen Anlagen darstellen musste sowie – dem Dienstleistungskonzessionsvertrag, der sich an dem der Ausschreibung beigefügten Muster zu orientieren hatte, zu bestehen. Ein Verzeichnis über die Entgegennahme der Erstangebote sowie ein Nachweis für eine zeitgerechte Abgabe der Angebote fehlten. Das Konzept und die vom jeweiligen Bieter allenfalls gewünschten Änderungen des Dienstleistungskonzessionsvertrags waren Gegenstand der Verhandlungen zwischen Bietern und Auftraggeber. (2) Im Konzept hatten die Bieter für die neu zu bauende Hungerburgbahn und die zu renovierenden oder neu zu bauenden Nordkettenbahnen Sektion I Hungerburg – Seegrube und Sektion II Seegrube – Hafelekar jeweils den Bahntypus, die voraussichtliche Trasse, Streckenlänge, Neigung, Spurweite, Fahrgeschwindigkeit, Anzahl und Fassungsvermögen der Wagen, Förderleistung, jährliche Betriebsdauer, ungefähre Lage der Stationen, Zugänglichkeit der Stationen sowie die geschätzten Bau– und Betriebskosten anzugeben. Die Höhe der pauschal angebotenen Vertragsstrafe und der Investitionszuschuss des Konzessionsgebers — unter Angabe des tatsächlich veranschlagten Investitionsvolumens — war ebenfalls Bestandteil des Konzepts. Bestbieterermittlung Tirol 2012/5 8.2 Der RH kritisierte, dass weder ein Verzeichnis über die Entgegennahme der Erstangebote noch Angebotskuverts zur Dokumentation des Zeitpunkts der Angebotsabgabe — ein wesentliches Merkmal eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens — vorlagen. Er empfahl der INKB, die wesentlichen Vergabeschritte zu dokumentieren, um ein transparentes Vergabeverfahren zu gewährleisten. 9.1 Zwei der fünf aufgeforderten Bietergemeinschaften gaben Angebote ab. Die Bieter wurden daraufhin zu Verhandlungen über den Dienstleistungskonzessionsvertrag (TZ 10) sowie das Konzept der baulichen und betrieblichen Umsetzung eingeladen. Nach Abschluss der Verhandlungen lud die INKB die Bieter zur Abgabe eines letztgültigen Angebots auf Basis des zuletzt ausgehandelten Vertragstextes bis 4. Juni 2004 ein. 87 Projektvergabe Laut Protokoll langten von zwei Bietern rechtsgültig unterfertigte Angebote fristgerecht ein, die das Kriterium „zentrumsnahe Anbindung“ erfüllten. Ein Verzeichnis über die Entgegennahme der Angebote und die Angebotskuverts der einzelnen Angebote lag nicht vor. Zudem war das Originalangebot des Zweitbieters in Verstoß geraten. Folgende letztgültige Angebote lagen vor: Tabelle 4: Übersicht der Angebote Zuschlagskriterien Angebot des Bieters 1 Angebot des Bieters 2 in Mill. EUR Zuschuss der INKB (Maximalbetrag 41 Mill. EUR) 41,00 41,00 Vertragsstrafe (Mindestbetrag 1 Mill. EUR) 1,25 1,00 Quelle: INKB Die Überführung der monetären Angebotsbestandteile in eine Punktebewertung ergab für das Angebot des Bestbieters 100 Punkte. Das zweite Angebot mit einer geringeren Vertragsstrafe erreichte gemäß dem Bewertungsprotokoll der INKB 96,25 Punkte, obwohl die Umrechnung der Angebotsbestandteile korrekterweise 97 Punkte ergeben hätte. Die Angebotsprüfung fand ebenfalls am 4. Juni 2004 gemeinsam mit Vertretern der Landeshauptstadt Innsbruck und der Innsbrucker Kommunalbetriebe Aktiengesellschaft statt. Die INKB teilte den Bietern noch am selben Tag die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung mit. Nach Ablauf der Stillhaltefrist wurde am 21. Juni 2004 der Zuschlag an den Bieter 1 erteilt. 9.2 Der RH kritisierte, dass — ebenso wie bei der Abgabe der Erstangebote — kein Verzeichnis über die Entgegennahme der Angebote vorlag. Weiters waren keine Angebotskuverts vorhanden, die eine zeitgerechte Abgabe der Angebote belegen konnten. Er empfahl der INKB auch hier, die wesentlichen Vergabeschritte zu dokumentieren, um ein transparentes Vergabeverfahren zu gewährleisten. Um ein nachträgliches Austauschen von Angebotsunterlagen zu unterbinden empfahl der RH, Sicherheitsmaßnahmen (bspw. durch Markierung der abgegebenen Angebote) zu ergreifen. Weiters bemängelte der RH Rechenfehler bei der Umrechnung der Angebotsteile in Bewertungspunkte. 88 Tirol 2012/5 Tirol Projektvergabe Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Zudem wurde aufgrund der beiden gewählten Zuschlagskriterien und der festgeschriebenen Beschränkungen dieser Kriterien (Maximal–, Mindestbetrag) der Anspruch, eine eindeutige Bestbieterermittlung zu gewährleisten, nicht erfüllt. Der RH empfahl der INKB, künftig Zuschlagskriterien zu wählen, welche die Wahrscheinlichkeit, im Ergebnis zwei idente Bestangebote zu erhalten, minimieren. Dienstleistungskonzessionsvertrag – Vertragsgestaltung 10.1 (1) Nach Öffnung der Erstangebote war der von den Rechtsberatern der INKB unter Bedachtnahme auf das EU–Recht erarbeitete Dienstleistungskonzessionsvertrag Gegenstand des Verhandlungsverfahrens. Die Ausschreibungsunterlagen sahen für die Vertragsgestaltung keine nicht verhandelbaren rechtlichen und kommerziellen Kernbereiche sowie keine Bewertung und Gewichtung von anbietbaren Vertragsabweichungen vor. Der in mehreren Verhandlungsrunden — mit dem jeweiligen Bieter gesondert — ausgehandelte letztlich einheitliche Vertragstext bildete im Ergebnis den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen den Bietern und der INKB. (2) In der Verhandlungsphase des Vergabeverfahrens (noch vor Zuschlagserteilung) erstellten die Verhandlungspartner eine Risikomatrix, ordneten die diversen Risiken für die Planungs–, Errichtungs– und Betriebsphase der Konzessionsgeber–, Konzessionärs– oder der gemeinsamen Sphäre zu (Risikotransfer) und versuchten, die identifizierten Risiken durch Bestimmungen des Dienstleistungskonzessionsvertrags zu begrenzen. Folgende Risikobereiche lagen in der Sphäre des Konzessionärs, die bei einer Eigenrealisierung des Projekts die INKB zu tragen gehabt hätte: – Konzeption/Planung – Behördenverfahren – Erlangung dinglicher Rechte – Baukosten– bzw. Kalkulationsrisiko – Geschäftsrisiko während der Betriebsphase – Betriebsrisiko Tirol 2012/5 89 Projektvergabe Folgende Risiken verblieben in der Sphäre der INKB: – Vertragsauflösung durch den Konzessionär – Insolvenz des Konzessionärs – Qualität der Leistung (Bau) – Qualität der Leistung (Betrieb) – Mehrkosten aufgrund von Vertragsanpassungen – Risiko der höheren Kosten gegenüber konventioneller Errichtung – Zustand der Anlagen zum Vertragsende – Rechte an Grundstücken – Haftung als Betriebsführer: Dieses Risiko sollte ursprünglich dem Konzessionär überbunden werden. Im Zuge des behördlichen Betriebsbewilligungsverfahrens verblieb es bei der INKB (TZ 14). Die INKB stellte dem Konzessionär im Rahmen eines Arbeitskräfteüberlassungsvertrags das Personal der Betriebsführung gegen Kostenersatz zur Verfügung. Abgesehen von diesen vertraglichen Bestimmungen legte die INKB weder Maßnahmen zum proaktiven Risikomanagement2 fest noch vereinbarte sie Regelungen zur einvernehmlichen Feststellung der Nettoertragslage des Konzessionärs nach Ablauf der ersten zehn Betriebsjahre, um das weitere Pachtentgelt zu Gunsten der INKB festzulegen. Bei dem vom späteren Auftragnehmer anlässlich der Projektpräsentation zu seinem Erstangebot angenommenen Erlöspotenzial von 2,40 Mill. EUR (exklusive der Gastronomieerlöse) führt dies de facto zu minimalen Pachtzahlungen an die INKB. (3) Das der INKB verbliebene Risiko der vorzeitigen Vertragsauflösung durch den Auftragnehmer war im Dienstleistungskonzessionsvertrag – in der Projektierungsphase durch die Begrenzung der Zahlungen der vom Konzessionär nachzuweisenden Kosten, – in der Bauphase durch die Gestaltung des Zahlungsplans und 2 90 Identifikation, Bewertung, Planung und Steuerung von Maßnahmen zur Risikovermeidung sowie Kontrolle und Überwachung der Risiken Tirol 2012/5 Tirol Projektvergabe Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen – in der Betriebsphase durch die ins Eigentum der INKB gelangten Anlagen sowie der bei Übernahme fälligen Pachtvorauszahlung von zehn Jahren eingeschränkt worden. Weiters sah der Dienstleistungskonzessionsvertrag für alle Phasen verschiedene Vertragsstrafen vor, die teilweise vom Konzessionär mit Haftbriefen abzusichern waren. Sämtliche Investitionen gingen in das Eigentum der INKB über. Die Abgeltung der vom Konzessionär getätigten Investitionen war im Dienstleistungskonzessionsvertrag mit einem Höchstbetrag begrenzt worden. Darüber hinausgehende Investitionen würden für den Konzessionär bei vorzeitiger Vertragsauflösung einen verlorenen Aufwand bedeuten. (4) Zur Begrenzung des Risikos des Zustands der Anlagen bei Vertragsende sah der Dienstleistungskonzessionsvertrags vor, dass sowohl während der Betriebsdauer als auch bei Rückgabe der Haupt– und Nebeneinrichtungen an die INKB bei Beendigung des Vertrags durch Zeitablauf die Bestandteile uneingeschränkt betriebsbereit, in einwandfreiem (Erhaltungs–)Zustand sein und dem ordentlichen Seilbahnzustand entsprechen müssen. Sofern vom Konzessionär diese Verpflichtung nicht eingehalten wird, würde — neben der Erfüllung seiner Vertragspflichten — zusätzlich eine Vertragsstrafe von 15.000 EUR je Verstoß fällig. (5) Der Dienstleistungskonzessionsvertrag sah zwischen der INKB und den Kapitalgebern des Konzessionärs keine direkten Vertragsverbindungen vor, wodurch das Finanzierungsrisiko beim Konzessionär lag. Es war jedoch eine Zustimmungspflicht der INKB zu einer Verpfändung und Abtretung von Rechten des Konzessionärs zugunsten eines Kreditinstituts zur Besicherung von Verbindlichkeiten vorgesehen, die der Finanzierung der zu errichtenden Haupt– und/oder Nebeneinrichtungen des Projekts dienen. Die INKB nahm einen zwischen dem Konzessionär und einer Bank im Juni 2006 abgeschlossenen Zessionsvertrag3 in Höhe von 11 Mill. EUR zustimmend zur Kenntnis. 10.2 (1) Der RH räumte zwar ein, dass der in mehreren Verhandlungsrunden mit den Bietern ausgehandelte idente Vertragstext die Vergleichbarkeit der Angebote sicherstellte, die INKB hatte jedoch auf die Nutzung von Vorteilen des Wettbewerbs, nämlich die (möglicherweise noch nicht bekannte) wirtschaftlichste Lösung im Wege der als zulässig erachteten Vertragsabweichungen zu finden, verzichtet. 3 Tirol 2012/5 Forderungsabtretung an die Bank zwecks Kreditbesicherung 91 Projektvergabe Er empfahl der INKB, bei ähnlich gelagerten Fällen die Chancen des Wettbewerbs zu nutzen, die rechtlichen und kommerziellen, nicht verhandelbaren Kernbereiche festzulegen sowie die Vergleichbarkeit der Angebote durch Regelungen der Bewertung der verhandelbaren Vertragsabweichungen in den Ausschreibungsbedingungen sicherzustellen. (2) Der RH kritisierte, dass die INKB keine dezidierte Risikoidentifikation, –allokation und –bewertung vor Ausschreibung bzw. vor der Vertragserrichtung erstellte. Weiters bemängelte der RH, dass die INKB keine Regelungen zur einvernehmlichen Feststellung der Nettoertragslage des Konzessionärs nach Ablauf der ersten zehn Betriebsjahre sowie zur damit verbundenen zukünftigen Gestaltung des Pachtverhältnisses vereinbart hatte. (3) Aus Sicht des RH regelte der Dienstleistungskonzessionsvertrag die dem Konzessionär insbesondere während der Planungs– und Errichtungsphase sowie der ersten zehn Betriebsjahre überbundenen Risiken dergestalt, dass ein vorzeitiger Ausstieg des Konzessionärs aus finanziellen Erwägungen unattraktiv war. (4) Der RH wies weiters darauf hin, dass nach 30–jähriger Vertragsdauer die Übergabe einer betriebsbereiten und einwandfreien Seilbahnanlage durch Haftbriefe oder Vertragsstrafen des Konzessionärs nicht sichergestellt sein wird. Er empfahl der INKB, rechtzeitig vor Vertragsende vermehrt auf die Betriebssicherheit der Anlagen durch geeignete Überwachungsmaßnahmen zu achten. (5) Nach Ansicht des RH war die Zustimmungspflicht der INKB zu Besicherungsgeschäften des Konzessionärs und die damit gewährleistete Information im Sinne eines Frühwarnsignals geeignet, der INKB Aufschluss über das Geschäftsrisiko des Konzessionärs und das von ihr zu tragende Insolvenzrisiko des Konzessionärs zu geben. Insofern leistete die gewählte Vorgangsweise einen operativen Beitrag zur Trennung der Risikosphären zwischen Konzessionär und INKB. 10.3 92 Laut Stellungnahme der INKB sei zwischen den Vertragspartnern ein umfassendes Berichtswesen ausgearbeitet und den Gesellschaftern vorgelegt worden, um Regelungen im Dienstleistungskonzessionsvertrag laufend überprüfen, um vor Vertragsende den vertragsgemäßen Zustand der Einrichtungen außer Streit stellen und um rechtzeitig allfälligen Vertragsverletzungen entgegenwirken zu können. Tirol 2012/5 Tirol Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Projektumsetzung Planungsphasen 11.1 Der Konzessionär hatte laut Dienstleistungskonzessionsvertrag vom 21. Juni 2004 nach der Zuschlagserteilung binnen – zwei Monaten (21. August 2004) sein Konzept zu konkretisieren und dem so genannten Fachbeirat jene Projektskizzen, Unterlagen etc. vorzulegen, die diesen in die Lage versetzen sollten, die Übereinstimmung des Projekts mit den Erfordernissen des Stadt– und Ortsbildschutzes sowie die Verträglichkeit mit dem Orts– und Landschaftsbild zu prüfen sowie Entscheidungen zur architektonischen Gestaltung zu treffen und binnen – sechs Monaten (21. Dezember 2004) dem Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck in Konkretisierung des Konzepts ein genehmigungsfähiges Vorprojekt vorzulegen (TZ 13). Diese im Dienstleistungskonzessionsvertrag vorgesehenen Fristen hielten die Vertragspartner ein. Der Dienstleistungskonzessionsvertrag sah im Falle der Auflösung des Vertrags die Bezahlung der nachgewiesenen, bisher dem Konzessionär entstandenen Kosten vor, und zwar – bis maximal 90.000 EUR bei negativer Beurteilung des Vorprojekts (Projektskizze) durch den Fachbeirat und – bis maximal 250.000 EUR bei Nichtgenehmigung des Konzepts durch den Gemeinderat. Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck stimmte dem vom Auftragnehmer vorgelegten Vorprojekt am 17. Dezember 2004 zu. Der Konzessionär hatte die Einreichplanung für die Anträge zur Erteilung der seil–, eisenbahn– und wasserrechtlichen sowie der denkmal–, natur– und umweltschutzrechtlichen Genehmigungen selbständig zu erstellen und allenfalls erwachsende Risiken (z.B. lärmtechnische Verbesserung) daraus zu tragen (TZ 10 und 19). 11.2 Tirol 2012/5 Der RH beurteilte das dem Konzessionär überbundene Planungsrisiko aufgrund des in den Ausschreibungsbedingungen beschriebenen Genehmigungsablaufs, der Einreichplanungsverantwortung und des im Falle der Nichtgenehmigung des Konzepts bzw. Vorprojekts durch die INKB zu leistenden Kostenersatzes für kalkulierbar. 93 Projektumsetzung Projektabwicklung der Neubauphase Übertragung der Vertragspflichten 12.1 Der Auftragnehmer ersuchte die INKB im März 2005, die Übertragung seiner Vertragsrechte und –pflichten an eine Errichtungs– und Betriebsgesellschaft zu genehmigen, an der ein weiteres Tochterunternehmen des Konzerns — ein Infrastruktur–Projektentwicklungsunternehmen — mit 51 % sowie das mit der Planung und Errichtung der Seilbahntechnik beauftragte Unternehmen mit 49 % beteiligt waren (TZ 6, Abbildung 3). Dem Ansuchen des Auftragnehmers war eine Garantieerklärung des Konzernmutterunternehmens beigefügt, in der dieses — wie im Dienstleistungskonzessionsvertrag bedungen — erklärte, die finanzielle Ausstattung der Errichtungs– und Betriebsgesellschaft während der Dauer der Errichtung sowie der ersten zehn Jahre des Betriebs sicherzustellen. Unter Berücksichtigung der Konzernverflechtungen besaß die Konzernmuttergesellschaft über 91 % der Geschäftsanteile des Auftragnehmers. Der Anteil der Konzernmuttergesellschaft an der Errichtungs– und Betriebsgesellschaft betrug 50,96 %. Im April 2005 genehmigte die INKB die beantragte Übertragung der Vertragsrechte und –pflichten. 12.2 Der RH stellte kritisch fest, dass der im Dienstleistungskonzessionsvertrag genannte Auftragnehmer — entgegen den Bestimmungen dieses Vertrags — an der Errichtungs– und Betriebsgesellschaft keine Geschäftsanteile besaß, sondern über die weiteren Firmenbeteiligungen mit weniger als 1 % an dieser beteiligt war. Dem Dienstleistungskonzessionsvertrag wurde somit nicht Rechnung getragen. Nach Ansicht des RH eröffnete dies ein Spannungsfeld zu der aus wirtschaftlicher Sicht der Vertragspartner von diesen akzeptierten Lösung. Einbindung der Landeshauptstadt Innsbruck in die Projektentwicklung 13.1 94 (1) Der im Dienstleistungskonzessionsvertrag definierte Fachbeirat der Landeshauptstadt Innsbruck zog zu seinen Sitzungen externe Berater (u.a. je einen Universitätsprofessor für Architektur aus der Schweiz und aus Österreich, den Leiter des Landeskonservatorats für Tirol) sowie den Geschäftsführer und den Prokuristen der INKB bei. Der Fachbeirat betonte in seinen von Juli bis September 2004 anberaumten Sitzungen, dass die hohen Qualitätsansprüche an die Architekten nicht Tirol 2012/5 Tirol Projektumsetzung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen nur für die Stationen der Hungerburgbahn, sondern auch für die neue Innbrücke und die Umbaumaßnahmen der denkmalgeschützten Stationen der Nordkettenbahnen herangezogen würden. Da die Zwischenhaltestelle Alpenzoo nicht nur für die bergseitige Wagengarnitur, sondern auch für die in die Gegenrichtung verkehrende Wagengarnitur talseitig ein Anhalten bedeutete, formulierten die Vertreter der Landeshauptstadt Innsbruck bereits zu Beginn der ersten Fachbeiratssitzung im Juli 2004 den Wunsch, im Bereich des talseitigen Haltepunkts der Standseilbahn eine zweite Zwischenhaltestelle zu errichten. Diese war ursprünglich im Pflichtenheft nicht angedacht, weil die in den Vorjahren erarbeiteten Planungskonzepte nur Varianten von Schwebebahnen vorsahen und bei diesen aufgrund der Höhe zum Boden keine talseitige Zwischenstation sinnvoll gewesen wäre. Auch der Auftragnehmer hat bei seinem Erstangebot vom Stadtzentrum zur Hungerburg eine derartige Gondelbahn und als teurere Variante eine Standseilbahn angeboten. Bei der im Last and Best Offer vom Auftragnehmer angebotenen, „ebenerdigen“ Standseilbahnlösung bot sich diese zusätzliche Zwischenstation an. Dementsprechend forderte die INKB den Konzessionär am 21. Juli 2004 (einen Monat nach Zuschlagserteilung) formell auf, sein Konzept im Zuge der Ausarbeitung der Projektskizze so abzuändern, dass — korrespondierend zum bergseitigen Zwischenhalt im Bereich Alpenzoo — in einer zusätzlichen Station auch talseitig den Benutzern die Möglichkeit des Ein– und Aussteigens geboten wird. (2) Um die Zustimmung des Fachbeirats zu seiner Projektskizze zu erzielen, musste der Konzessionär daher aus seilbahntechnisch–geometrischen Gründen die ursprüngliche Trasse so anpassen, dass zwischen dem Tunnel entlang des Rennwegs und der neuen Innbrücke die zweite Zwischenstation Löwenhaus Platz fand. Dementsprechend waren auch die Stationen Alpenzoo und die zentrumsnahe Station Kongresshaus lage– und höhenmäßig zu korrigieren. Der Konzessionär ermittelte die aus diesem Zusatzwunsch der zweiten Zwischenstation Löwenhaus resultierenden Mehrkosten von rd. 4,90 Mill. EUR (einschließlich der zusätzlich anfallenden Reinigungs– und Instandhaltungskosten). Aus zusätzlichen Einstiegsmöglichkeiten waren laut den der Ausschreibung zugrunde liegenden Marktstudien keine zusätzlichen Einnahmen für den Konzessionär zu erwarten, weil lediglich Fahrgastverlagerungen erwartet wurden. Tirol 2012/5 95 Projektumsetzung (3) Der Konzessionär ergänzte in Abstimmung mit dem Fachbeirat und nach Klärung der zusätzlichen Kosten seine dem Last and Best Offer zugrunde liegende Planung in technischer und architektonischer Hinsicht so, dass die Zustimmung des Gemeinderats und in der Folge die behördlichen Genehmigungen erreicht werden konnten. 13.2 Der RH sah die bereits zu Beginn der Planungsphase zur Ausarbeitung einer Projektskizze geäußerten Intentionen des Fachbeirats zur Änderung des ursprünglich angebotenen Projektkonzepts des Konzessionärs durch neue Anforderungen der Landeshauptstadt Innsbruck und ihrer Vertreter begründet. Der RH hegte Zweifel am Nutzen der zusätzlichen Station Löwenhaus, weil trotz der Höhe der eingesetzten Mittel weder Auswirkungen auf das zu erwartende Fahrgastaufkommen kommen — aufgrund der Nähe zur Station Kongresshaus — noch auf die Höhe der auf zehn Jahre fixierten Pachteinnahmen von 8,20 Mill. EUR zu erwarten waren. 14.1 (1) Neben der Einbindung des Fachbeirats und des Gemeinderats der Landeshauptstadt Innsbruck in den Genehmigungsprozess des Vorprojekts sah der Dienstleistungskonzessionsvertrag lediglich Informationspflichten des Konzessionärs gegenüber der INKB vor. Der Konzessionär informierte die INKB über den Stand des Projekts monatlich in so genannten Jour–fixe–Besprechungen. Diese Gesprächsplattform diente auch der Erörterung allfälliger Zusatzwünsche (bspw. der Landeshauptstadt Innsbruck oder des Bundesdenkmalamts), von Behinderungen des Bauablaufs sowie deren finanzieller Auswirkungen. (2) Als Grundstückseigentümerin war die INKB in sämtliche Behördenverfahren von Amts wegen eingebunden. Im Zuge des Betriebsbewilligungsverfahrens vertrat das BMVIT als Seilbahnbehörde den Standpunkt, dass die Eigentümerin der Seilbahnanlagen auch Inhaberin der Konzession für den Seilbahnbetrieb (Konzessionsträger) bleiben und — wegen ihrer an Dritte nicht übertragbaren Haftung als Betriebsführerin — die verantwortlichen Betriebsleiter beschäftigen müsse. Die Kosten der von der INKB beschäftigten Betriebsleiter wurden im Rahmen eines Arbeitskräfteüberlassungsübereinkommens vom Konzessionär getragen. 96 Tirol 2012/5 Tirol Projektumsetzung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen 14.2 (1) Aus Sicht des RH war durch das Procedere ein Mindestmaß an Information während der Errichtungsphase sichergestellt, so dass die INKB bei allfällig festgestellten Vertragsverletzungen die im Dienstleistungskonzessionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen (z.B. Forderung einer Vertragsstrafe wegen einer Vertragsverletzung) ergreifen kann. (2) Der RH wies darauf hin, dass mit dem Arbeitskräfteüberlassungsübereinkommen lediglich die Personalkosten der Betriebsleitung für die INKB aufwandsneutral verrechnet werden. Der INKB wird das verbliebene Risiko aus der Haftung als Betriebsführerin jedoch nicht abgegolten (TZ 10). Diesem Nachteil steht aber der Vorteil eines verbesserten Informationsgehalts für die INKB gegenüber, weil sie als Konzessionsträgerin für den Seilbahnbetrieb direkter Ansprechpartner bei den Behördenverfahren (technische Abnahmen, Arbeitsinspektorat) bleibt. Projektänderungen Allgemeines 15.1 Laut Dienstleistungskonzessionsvertrag war die INKB berechtigt, jederzeit Änderungen der vom Konzessionär geplanten, projektierten oder bereits errichteten Anlagen zu verlangen, wenn diese sich nicht nachteilig auf den Betrieb und die Profitabilität der Anlagen auswirken würden. Bei der Berechnung der vom Konzessionär erwarteten Mehrkosten waren allfällig erwartete Einsparungen des Konzessionärs zu berücksichtigen. Der Dienstleistungskonzessionsvertrag sah für die Vorlage der Mehrkostenforderungen durch den Konzessionär eine Frist von 30 Tagen dem Grunde nach und eine weitere 15 Tage–Frist vor, um die Höhe der Mehrkosten mitzuteilen. Als Frist für die Genehmigung der Mehrkostenforderungen durch die INKB waren sieben Tage vorgesehen. 15.2 Tirol 2012/5 Der RH anerkannte in der Festlegung der Vorlage– und Prüffristen das Bemühen, bei Änderungen des Leistungsumfangs eine rasche Einigung zu erzielen. Er sah aber in der kurzen Prüffrist eine Ungleichbehandlung eines Vertragspartners und empfahl der INKB, künftig die Prüffristen des Auftraggebers an die Vorlagefristen des Auftragnehmers anzupassen. 97 Projektumsetzung Projektänderung Station Löwenhaus – Änderungsvereinbarung zum Dienstleistungskonzessionsvertrag 16.1 In der ersten Fachbeiratssitzung am 19. Juli 2004 zur Realisierung des Projekts „Innsbrucker Nordkettenbahnen – Neu“ artikulierten die INKB bzw. die Landeshauptstadt Innsbruck Änderungswünsche und teilten dies dem Konzessionär am 21. Juli 2004 mit. Die Änderungen betrafen — die Planung einer zusätzlichen Station Löwenhaus am rechten Innufer vor der geplanten Innbrücke und — die Anbindung der Station Kongresshaus an die Tiefgarage des Kongresshauses. Den Wunsch der Anbindung der Station Kongresshaus an die Tiefgarage nahm der Fachbeirat in seiner zweiten Sitzung am 4. August 2004 zurück. Der Konzessionär übermittelte am 27. August 2004 eine Auflistung der Mehr– und Minderkosten zu den aus den Gesprächen mit dem Fachbeirat erwachsenen Änderungen und Ergänzungen seines angebotenen Grobkonzepts, die einen Saldo von rd. + 5,90 Mill. EUR auswies. Die Auflistung bestand aus Positionsgruppen mit einem Positionspreis. Die Auflistung enthielt keine Mengenangaben und keine korrespondierenden Einheitspreise. Nach einer unternehmensinternen Plausibilisierung der Kosten durch die INKB wurde mit dem Konzessionär ein Pauschalbetrag von 4,32 Mill. EUR verhandelt und — nach Genehmigung des Projekts durch den Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck im Dezember 2004 — beauftragt. Die INKB beauftragte die zusätzlichen Reinigungs– und Instandhaltungskosten von 66.000 EUR/Jahr (kapitalisiert gemäß Aufstellung des Konzessionärs 1,08 Mill. EUR) erst im Mai 2006. 16.2 98 Der RH kritisierte, dass die vertragliche Gestaltung des Dienstleistungskonzessionsvertrags und die Reduktion des Ergebnisses der funktionalen Ausschreibung auf einen einzigen Geldbetrag, eine Herleitung sowie Prüfung der auf Positionsgruppenpreise reduzierten Mehr– und Minderkosten für zusätzliche oder geänderte Leistungen nicht möglich machten. Tirol 2012/5 Tirol Projektumsetzung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Er empfahl der INKB, bei künftigen, gleichgelagerten Investitionsentscheidungen vertraglich eine Vorlage der Kalkulation des Konzessionärs vorzusehen, um bei Projektänderungen sowie –erweiterungen Angaben zu Mehr– und Minderkosten besser überprüfen zu können. Direktbeauftragung zusätzlicher Leistungen 17.1 (1) Der Fachbeirat schlug im September 2004 — zu Beginn der Phase der Erstellung des Vorprojekts — vor, dass der Konzessionär einen zweiten Architekten in Bezug auf die denkmalgeschützten Stationsbauwerke der Nordkettenbahnen (Baumann–Architektur) in sein Planungsteam einbinden solle. Weiters könnten wegen Synergien mit geplanten Bauvorhaben der Landeshauptstadt Innsbruck – Adaptierungen der Fluchtstiege am Kongresshaus, – Erweiterungen am Parkplatz Hungerburg sowie die – Überplattung im Bereich „Wiesele“ gemeinsam mit den Bauarbeiten des Konzessionärs erfolgen. Der Konzessionär legte, weil diese Änderungswünsche die im Last and Best Offer definierten Leistungen erweiterten, nach Aufforderung durch die INKB entsprechende, pauschalierte Zusatzangebote vor. (2) Die INKB beauftragte nach Genehmigung durch die Generalversammlung vom 25. April 2006 das bauausführende Unternehmen des Konzessionärs mit den Bauleistungen direkt mit einem Pauschalpreis von rd. 350.000 EUR. Weiters beauftragte sie den Konzessionär mit der Aufstockung seines Planungsteams um einen auf Umbaumaßnahmen denkmalgeschützter Bauwerke spezialisierten Architekten mit einem Pauschalpreis von 30.000 EUR. Ferner beauftragte die INKB das vom Konzessionär bei der Einreich– und Ausführungsplanung der denkmalgeschützten Stationsbauwerke der Nordkettenbahnen eingebundene Architekturbüro zusätzlich mit einer Pauschale von 15.000 EUR, weil im Zusammenhang mit der von der Landeshauptstadt Innsbruck und dem Tourismusverband präferierten Ausweitung des Gastronomieangebots im Restaurant Seegrube weitere Auflagen des Denkmalschutzes zu Umplanungen führten. Tirol 2012/5 99 Projektumsetzung (3) Im Dienstleistungskonzessionsvertrag übernahm die INKB nur für den Frau–Hitt–Warte–Lift und den Doppelsessellift Seegrube die Gewährleistung, dass diese zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses dem „ordentlichen Seilbahn–Standard“ entsprechen. Alle anderen Anlagenteile waren dem Projekt entsprechend zu erneuern oder auf Risiko des Konzessionärs entsprechend seines Betriebskonzepts zu betreiben. (4) Da der Betrieb des Doppelsessellifts seit 1995 im Wasserschutzgebiet der Mühlauer Quellen erfolgte, hatte die Wasserrechtsbehörde das Abstellen und Warten der Pistenraupen im Freien mehrfach untersagt. Mit Bescheid vom 6. Oktober 2005 erteilte die Landeshauptstadt Innsbruck der INKB die Baugenehmigung zur Errichtung einer Garage für Pistenraupen auf der Seegrube. Der Konzessionär plante diese Garage als Erweiterung des Kellergeschosses der Bergstation des Doppelsessellifts und im Erdgeschoss des Gebäudes einen Erste–Hilfe–Raum. Die INKB beauftragte das bauausführende Unternehmen des Konzessionärs auf Basis ihres Angebots direkt mit den Rohbauarbeiten für diese im Bereich des Kellergeschosses situierte Garage pauschal mit rd. 130.000 EUR. Weitere direkt beauftragte Professionisten verrechneten der INKB rd. 30.000 EUR. Aufgrund der Synergien und der mit dem Erste–Hilfe–Raum abgestimmten Raumgrößen beteiligte sich der Konzessionär an den Errichtungskosten der Pistenraupengarage mit rd. 20.000 EUR. Insgesamt bezahlte die INKB rd. 140.000 EUR für diese Garage. (5) Bei allen Direktbeauftragungen der Bauleistungen gab es keine Leistungsverzeichnisse auf Basis von Mengen und Einheitspreisen. Die INKB verbuchte die mit den Direktbeauftragungen verbundenen Kosten nicht auf der Kostenstelle des Gesamtprojekts. 17.2 Der RH merkte an, dass die Leistungsinhalte weder bei der Beauftragung noch bei der Abrechnung — auch wenn sie durch die Pauschalbeträge begrenzt wurden — hergeleitet bzw. nachgewiesen wurden. Der RH kritisierte, dass sich die INKB die baulichen Zusatzleistungen ohne Leistungsverzeichnis anbieten ließ und so auf die Möglichkeit einer Preisplausibilisierung verzichtet hatte. Der RH würdigte das Bemühen der INKB, bei der Erfüllung ihrer Gewährleistungsverpflichtung Synergien aus dem Dienstleistungskonzessionsvertrag zu nutzen. Er beanstandete jedoch, dass in Kenntnis der behördlichen Auflagen diese nicht bereits im Dienstleistungskonzessionsvertrag berücksichtigt worden waren. 100 Tirol 2012/5 Tirol Projektumsetzung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Er beanstandete weiters, dass durch die Direktbeauftragungen die Transparenz der Abrechnungskontrolle des Gesamtprojekts litt. Abwehr von Mehrkostenforderungen 18.1 Am 1. September 2006 bzw. 19. September 2006 ereigneten sich beim Vortrieb des Weiherburgtunnels zwei Tagbrüche4. Nach dem ersten Tagbruch meldete der Konzessionär am 12. September 2006 Mehrkosten an. In der Folge beauftragte die INKB einen Sachverständigen mit der Beurteilung des Sachverhalts. Im Februar 2007 teilte der Konzessionär der INKB mit, dass aufgrund der Tagbrüche im Weiherburgtunnel Mehrkosten in einer Größenordnung von rd. 4,90 Mill. EUR entstanden wären. Der Konzessionär bezifferte die Mehrkosten, die der unvorhersehbaren Bodenbeschaffenheit zuzuschreiben und nach seiner Auffassung von der INKB zu tragen wären, mit rd. 900.000 EUR. Mit Schreiben vom 12. März 2007 lehnte die INKB die Mehrkosten ab. Die INKB bezog sich auf ein Gutachten, wonach die Mehrkosten — entgegen der Darstellung des Konzessionärs — nicht aufgrund unvorhersehbarer Bodenbeschaffenheit entstanden seien. Vielmehr hätte der Konzessionär durch fachmännische Erkundungsmaßnahmen — wie im Vertrag bedungen (Risikotragung) — die Bodenbeschaffenheit feststellen müssen. Am 25. Juni 2007 teilte der Konzessionär mit, dass er keine Mehrkosten gegenüber der INKB aus dem Verbruch Weiherburgtunnel fordern werde. 18.2 Der RH bewertete die Vorgangsweise der INKB in Form der durchgeführten geologischen Untersuchung und der nachfolgenden Durchsetzung der im Dienstleistungskonzessionsvertrag festgelegten Risikoaufteilung positiv. Dadurch konnten Mehrkostenforderungen (900.000 EUR) zu Lasten der INKB abgewendet werden. 4 Tirol 2012/5 Verbrüche, die beim Vortrieb eines Tunnels oder Stollens über dem First entstehen und bis an die Erdoberfläche reichen; meist in Verbindung mit Wassereintritt im Tunnel mit nachfolgender Einwaschung von Material 101 Projektumsetzung Betriebsphase Übernahme der Hauptanlagen 19.1 (1) Aufgrund der unterschiedlichen Fertigstellungszeitpunkte der beiden Sektionen der Nordkettenbahnen (Wintersaison 2006/2007) und der neuen Hungerburgbahn (Wintersaison 2007/2008) lag es im Interesse der INKB und des Konzessionärs, den Betrieb der Nordkettenbahnen eine Wintersaison vor der Hungerburgbahn in die wirtschaftliche Verantwortung des Konzessionärs zu übergeben. Nach Vorliegen der behördlichen Bewilligungen konnte der Betrieb der Sektion I der Nordkettenbahnen (Hungerburg — Seegrube) im Dezember 2006 und der Betrieb der Sektion II (Seegrube — Hafelekar) im Jänner 2007 aufgenommen werden. Der Konzessionär teilte der INKB im Jänner 2007 die Fertigstellung der beiden Sektionen der Nordkettenbahnen mit. Im Februar 2007 führte ein gerichtlich beeideter Sachverständiger im Auftrag der INKB die Übernahmebegehungen für die baulichen Anlagen beider Sektionen der Nordkettenbahnen, insbesondere der drei denkmalgeschützten Stationsgebäude, durch und stellte bauliche Mängel — die nicht die Betriebssicherheit betrafen — fest. Nach Abschluss einer Änderungsvereinbarung betreffend die Teilabnahme zum Dienstleistungskonzessionsvertrag stellte die INKB die vertragsgemäße Fertigstellung dieser Anlagen vorbehaltlich der Behebung der baulichen Mängel fest und setzte zu deren Behebung eine Nachfrist. Diese baulichen Mängel wurden auf Kosten des Konzessionärs bis September 2007 im Wesentlichen behoben. (2) Die neu errichtete Hungerburgbahn nahm im Dezember 2007 ihren Betrieb auf. Die Mängelfeststellung der baulichen Anlagen erfolgte im selben Monat. (3) Im Zuge der seilbahntechnischen Anlagenüberprüfung im Jahr 2007 zur Erlangung der Betriebsbewilligung der Hungerburgbahn überschritt der gemessene Schienenverkehrslärm im Bereich der Bergstation den in der Immissionsschutzverordnung festgelegten Grenzwert von 60 dB. Dies stellte wegen der damit einhergehenden Einschränkungen der Betriebszeiten und der maximalen Anzahl der Fahrten einen Mangel dar, der die INKB laut Dienstleistungskonzessionsvertrag berechtigt hätte, die Abnahme der Anlage zu verweigern. 102 Tirol 2012/5 Tirol Projektumsetzung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Der Konzessionär führte im ersten Halbjahr 2008 lärmtechnische Verbesserungsmaßnahmen5 durch. Zur Minderung der Lärmemissionen schränkte das BMVIT als Seilbahnbehörde im Rahmen der Betriebsbewilligung vom September 2008 den Nachtbetrieb (22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) auf maximal sechs Fahrten mit einer Fahrgeschwindigkeit von maximal 5 m/s ein. Das BMVIT begründete die Betriebseinschränkung mit der amtsärztlichen Stellungnahme. Demnach könne der Grenzwert bei einer Begrenzung des Betriebs auf 61 Fahrten täglich mit der vertraglich ausbedungenen Fahrgeschwindigkeit von 10 m/s eingehalten werden. Da diese Auflage das monetäre Betriebskonzept nicht beeinträchtigte und die Konzernmuttergesellschaft zusätzlich eine bis Vertragsende gültige Patronatserklärung abgab, bei einem Mehrbedarf an Nachtfahrten die Kosten für Maßnahmen zur Minderung der Lärmemission zu tragen, übernahm die INKB im September 2008 die Hungerburgbahn. (4) Im September 2008 meldete der Konzessionär die Fertigstellung der Gesamtanlage. Ab diesem Zeitpunkt endete die Bauphase und begann die vertraglich definierte Betriebsphase des Dienstleistungskonzessionsvertrags. Der Dienstleistungskonzessionsvertrag endet am 30. September 2038. 19.2 Der RH empfahl der INKB, vor Ablauf der ersten zehn Betriebsjahre zu klären, ob eine Erhöhung der täglichen Anzahl der Betriebsfahrten wirtschaftlich sinnvoll ist, um rechtzeitig Maßnahmen zur Einschränkung der Lärmimmissionen veranlassen zu können. 19.3 Die INKB teilte mit, dass zur laufenden Überprüfung der Regelungen im Dienstleistungskonzessionsvertrag sowie, um vor Vertragsende den vertragsgemäßen Zustand der Einrichtungen außer Streit zu stellen und um rechtzeitig allfälligen Vertragsverletzungen entgegenwirken zu können, zwischen den Vertragspartnern ein umfassendes Berichtswesen ausgearbeitet und den Gesellschaftern vorgelegt worden sei. Zukauf von Betriebszeiten 20.1 Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck diskutierte im September 2003 die Möglichkeiten der Ausdehnung der Betriebszeiten für die Hungerburgbahn, einigte sich aber nicht auf die Einbindung dieser Überlegungen in den Dienstleistungskonzessionsvertrag, der den maximalen Investitionszuschuss festlegte. 5 Tirol 2012/5 lärmtechnische Verbesserungsmaßnahmen waren bspw. Schwingungsdämpfer im Bereich der Schienen und Stahlbrücke sowie Dammschüttungen 103 Projektumsetzung Nach Inbetriebnahme der neuen Hungerburgbahn stimmte der Gemeinderat am 22. November 2007 der Vereinbarung zwischen der IVB sowie dem Konzessionär über den Zukauf von zusätzlichen Betriebszeiten, der Integration der Hungerburgbahn in das Ticketsystem der IVB (Inhaber von Zeitkarten) und der Übernahme der dafür anfallenden Mehrkosten bis zu maximal 452.300 EUR pro Jahr zu. Ab Dezember 2010 bestellte die INKB beim Konzessionär zusätzliche Betriebszeiten (täglich von 18:00 Uhr bis 19:15 Uhr und montags bis freitags von 7:00 Uhr bis 8:00 Uhr). Für die von Dezember 2007 bis Ende 2010 vom Konzessionär verrechneten Leistungen bezahlten die IVB und die INKB insgesamt rd. 982.000 EUR. Davon entfielen auf die zusätzlichen Betriebszeiten im Jahresdurchschnitt rd. 247.000 EUR und auf die Integration in das Ticketsystem der IVB rd. 72.000 EUR. Durch Modifikation der Vereinbarungen über die Abgeltung von Beförderungsfällen der IVB–Kunden reduzierten sich die Zahlungen der IVB von 96.900 EUR/Jahr (2008) auf nunmehr 50.000 EUR/Jahr (ab Dezember 2010 bis November 2013). 20.2 Der RH kritisierte, dass die bereits zum Zeitpunkt der Ausschreibung diskutierte Betriebszeitenerweiterung nicht bereits — durch Anpassung der Betriebszeiten in den Ausschreibungsunterlagen — im Vergabeprozess berücksichtigt wurde. Die Preise der Abgeltung dieser Leistungen (bis Ende 2010 rd. 982.000 EUR) kamen somit nicht im Wettbewerb zustande und mussten zusätzlich zu dem maximalen Investitionszuschuss bezahlt werden. Im Vergabeprozess hätten die für die längeren Mindestbetriebszeiten der Hungerburgbahn von den Bietern zu kalkulierenden Kosten keine Erhöhung des maximalen Investitionszuschusses bewirkt. Dokumentation 21.1 104 Der Dienstleistungskonzessionsvertrag sah zunächst in der Betriebsphase keine Dokumentations– sowie Informationspflichten zwischen Konzessionär und INKB vor. Nach Erteilung der seilbahnrechtlichen Bewilligung ging die behördliche Konzession zum Betreiben einer Seilbahnanlage aber nicht — wie im Dienstleistungskonzessionsvertrag angenommen — auf den Konzessionär über, sondern verblieb bei der INKB als Eigentümerin der Anlagen. Tirol 2012/5 Tirol Projektumsetzung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Die als Betreiber von Seilbahnanlagen gegenüber den Behörden bestehenden Dokumentations– und Informationspflichten sind daher vom Konzessionär über die INKB als Inhaberin der behördlichen Konzession bzw. als Eigentümerin der Anlagen zu erfüllen. 21.2 Der RH kritisierte, dass der Dienstleistungskonzessionsvertrag in der Betriebsphase keine Dokumentations– sowie Informationspflichten zwischen Konzessionär und INKB vorsah. Der RH stellte jedoch fest, dass durch die behördlichen Auflagen im seilbahnrechtlichen Bewilligungsverfahren dieser Mangel im Dienstleistungskonzessionsvertrag repariert wurde. Übernahme am Vertragsende 22.1 Der Konzessionär hat am Vertragsende im Jahr 2038 der INKB die Betriebsanlagen der Haupteinrichtungen laut Dienstleistungskonzessionsvertrag uneingeschränkt betriebsbereit, in einwandfreiem (Erhaltungs–)Zustand und dem „ordentlichen Seilbahnzustand“ entsprechend zu übergeben; andernfalls hätte der Konzessionär — neben der Erfüllung seiner Vertragspflichten — eine Vertragsstrafe von 15.000 EUR für jeden Verstoß zu bezahlen. Der Dienstleistungskonzessionsvertrag sieht am Vertragsende keine förmliche Übernahme und Zustandsfeststellung der Betriebsanlagen durch die INKB vor. 22.2 Der RH empfahl der INKB, rechtzeitig vor Vertragsende den vertragsgemäßen Zustand der Einrichtungen mit dem Konzessionär außer Streit zu stellen, weil das Risiko einer Vernachlässigung und eines schlechten Zustands der Anlagen zum Ende der Vertragslaufzeit steigen kann. Für die INKB als übernehmende Eigentümerin der Anlagen können sich die eventuell anfallenden Sanierungs– oder Adaptierungskosten nach Ende der Vertragslaufzeit dadurch erhöhen. In diesem Zusammenhang erinnerte der RH daran, dass der INKB aufgrund ihrer Stellung als Inhaberin der behördlichen Betriebskonzession und ihrer Funktion der Betriebsleitung ein Mindestmaß an betriebsrelevanten Informationen, die für Auskünfte gegenüber der Behörde erforderlich sind (wie bspw. Personalstand), sowie Einblick in den Seilbahnbetrieb erhalten bleibt, um rechtzeitig allfälligen Vertragsverletzungen entgegenwirken zu können. Tirol 2012/5 105 22.3 Laut Stellungnahme der INKB sei zwischen den Vertragspartnern ein umfassendes Berichtswesen ausgearbeitet und den Gesellschaftern vorgelegt worden, um Regelungen im Dienstleistungskonzessionsvertrag laufend überprüfen, um vor Vertragsende den vertragsgemäßen Zustand der Einrichtungen außer Streit stellen und um rechtzeitig allfälligen Vertragsverletzungen entgegenwirken zu können. 23.1 (1) Neben den Aufwendungen und Erlösen aus dem Dienstleistungskonzessionsvertrag fielen für die INKB bis 2010 weitere Aufwendungen an, welche sie auf gesonderten Sammel– oder Personenkonten verbuchte. Projektabrechnung Gesamtkosten – Überblick Diese Aufwendungen sind als Transaktionskosten, als Mehrkosten infolge Leistungsänderungen oder –behinderungen sowie als zusätzliche Leistungen dem Gesamtprojekt zuzuordnen und erhöhen die in der folgenden Tabelle dargestellten Projekterrichtungskosten für die INKB bis 2010 von 41 Mill. EUR auf 46,36 Mill. EUR. Tabelle 5: Projekterrichtungskosten der INKB bis 2010 in Mill. EUR1 Dienstleistungskonzessionsvertrag Auftragserweiterung Station Löwenhaus (Initiative durch Fachbeirat) 4,32 Auftragserweiterung „Baumann–Architektur“ – Denkmalschutz 0,04 Zwischensumme Dienstleistungskonzessionsvertrag und Auftragserweiterungen 45,36 Gewährleistung Dienstleistungskonzessionsvertrag Sessellift – Pistenraupengarage 0,14 Transaktionskosten aus Abwicklung Dienstleistungskonzessionsvertrag 0,60 Ausführungswünsche Landeshauptstadt Innsbruck – Parkplatz Hungerburg, Notausgang Kongresshaus 0,25 Summe Abrechnung bis 2010 abzüglich Pachterlöse der INKB als erhaltene Vorauszahlung des Konzessionärs für zehn Jahre Summe der Zahlungen der INKB (Saldo) 1 41,00 46,36 8,20 38,16 rundungsbedingte Differenzen Quelle: RH 106 Tirol 2012/5 Tirol Projektabrechnung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen (2) Bedingt durch die Änderungen des Projekts entstanden zusätzliche Kosten des laufenden Betriebs (Reinigung der neuen Station Löwenhaus und der geänderten Station Alpenzoo), welche der Konzessionär bis 2010 mit rd. 0,21 Mill. EUR geltend machte. Diese werden in den Jahren 2011 bis 2018 voraussichtlich um 1,90 Mill. EUR auf 2,11 Mill. EUR anwachsen. Die von der INKB beauftragten zusätzlichen Leistungen wurden von der Landeshauptstadt Innsbruck entweder aufgrund der Anforderungen des Fachbeirats bereits bei Genehmigung des Vorprojekts (in Summe 6,46 Mill. EUR)6 oder wegen der Synergien mit anderen Bauvorhaben (in Summe 250.000 EUR)7 bestellt und deren Kostenübernahme genehmigt. (3) Für die von der IVB für die Jahre 2008 bis 2010 bzw. ab 2011 von der INKB zugekauften Betriebszeiten der Hungerburgbahn und die Beförderung von IVB–Zeitkarteninhabern auf der Hungerburgbahn fielen bis Ende 2010 Kosten von rd. 980.000 EUR an. Bis 2038 werden sich diese — wie in der folgenden Abbildung dargestellt — um 6,75 Mill. EUR erhöhen und von der öffentlichen Hand (mehrheitlich von der Landeshauptstadt Innsbruck) zu tragen sein, wenn die Landeshauptstadt Innsbruck die Einbindung der Hungerburgbahn in den öffentlichen Nahverkehr auf Dauer für notwendig erachtet. Tirol 2012/5 6 Die durch Anforderungen des Fachbeirats begründeten Kosten waren der Zusatz Löwenhaus mit 4,32 Mill. EUR und die Kosten für die zusätzlichen Architekten für die denkmalgeschützten Gebäude mit 0,03 Mill. EUR sowie die bis 2038 anfallenden Reinigungskosten (30 Jahre) von 2,11 Mill. EUR. 7 Die von der Landeshauptstadt Innsbruck initiierten Kosten betrafen den Parkplatz Hungerburg (220.000 EUR) und den Notausgang Kongresshaus (30.000 EUR). 107 Projektabrechnung Abbildung 4: Zusätzliche Kosten für Unternehmen der öffentlichen Hand (INKB bzw. IVB) in Mill. EUR 10 9 8 7 6 6,75 5 4 3 2 1 0,98 0 1,90 0,21 bis 2010 2011 bis 2038 zusätzliche Betriebszeiten und Beförderung IVB Kunden Hungerburgbahn Kongress – Hungerburg Mehrkosten Reinigung Stationen Löwenhaus und Alpenzoo Quellen: INKB Buchhaltung 2008, 2009, 2010; RH–Prognoserechnung 23.2 108 (1) Der RH bemängelte die fehlende Gesamtkostenevidenz bei der Projektabwicklung. Er ermittelte — auf Basis der Abrechnung des Dienstleistungskonzessionsvertrags und der Zusatzleistungen, der angefallenen Nebenkosten und der bis 2010 angefallenen zusätzlichen Betriebskosten für Reinigung sowie der zwischen Konzessionär und IVB bzw. der INKB für den Zukauf von Betriebszeiten sowie Einbindung der IVB–Zeitkarten abgeschlossenen Verträge — Kosten von insgesamt 47,55 Mill. EUR. Unter Berücksichtigung der erhaltenen Pachtvorauszahlung von 8,20 Mill. EUR saldieren sich die bis Ende 2010 angefallenen Kosten für das Projekt auf rd. 39,35 Mill. EUR. Tirol 2012/5 Tirol Projektabrechnung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Der RH rechnete hoch, dass unter gleichbleibenden Betriebsbedingungen von 2011 bis zum Vertragsende im Jahr 2038 weitere Kosten von rd. 8,65 Mill. EUR (zuzüglich Wertanpassung) für die Unternehmen der öffentlichen Hand anfallen werden. Er empfahl der INKB, bei Großprojekten neben der buchhalterischen Erfassung und Zuordnung der Rechnungen zumindest eine Gesamtkostenevidenz durch die Projektleitung einzufordern. (2) Weiters empfahl der RH der INKB und der Landeshauptstadt Innsbruck, wegen der hohen Kostenrelevanz die mit dem Konzessionär künftig noch abzuschließenden Entgeltvereinbarungen für den Betrieb der Hungerburgbahn (z.B. Zukauf von Betriebszeiten, Abgeltung von Beförderungsfällen von IVB–Kunden) auf den regelmäßig zu evaluierenden, tatsächlichen Bedarf abzustimmen und anzupassen. Transaktionskosten der Projektvorbereitung und –abwicklung 24.1 Tirol 2012/5 Wie die folgende Tabelle zeigt, bezahlte die INKB seit 2001 bis Ende 2004 rd. 560.000 EUR für die Projektvorbereitung. Während der Errichtungsphase bezahlte die INKB für Berater– und Gutachtertätigkeiten im Zusammenhang mit Grundstücksentschädigung sowie den Abnahmen der Bauwerke nach Inbetriebnahme der Nordkettenbahnen und der Hungerburgbahn weitere rd. 40.000 EUR. Somit fielen insgesamt bis Ende 2007 rd. 600.000 EUR an Transaktionskosten für die Projektabwicklung an, die jedoch in die wirtschaftliche Betrachtung des Projekts nicht miteinbezogen wurden. 109 Projektabrechnung Tabelle 6: Transaktionskosten 2001 bis 2007 Zusammenstellung Projektvorbereitung 2001 bis 2004 in EUR Erstellung einer nicht verwirklichten Ausschreibung zur Sanierung der Nordkettenbahnen 37.640,00 Studien in Bezug auf eine Prognose der Einnahmen bei zentrumsnaher Anbindung der Hungerburgbahn 15.400,00 Honorare für rechtsfreundliche Beratung zur Erstellung der Vertragsunterlagen und Abwicklung des Vergabeverfahrens1 406.553,65 Fachberater des Fachbeirats 14.819,35 Medien (bspw. für Veröffentlichung der Ausschreibung) 11.193,08 Sonstiges 76.450,41 Summe 2001 bis 2004 562.056,49 Zusammenstellung Projekterrichtung 2005 bis 2007 Rechtsanwalts–Honorare Behörden, Grundstücksnebenentschädigung 5.994,80 Abnahmen 4.734,00 Summe 2005 bis 2007 Summe Transaktionskosten 2001 bis 2007 1 24.387,92 35.116,72 597.173,21 Der prozentuale Anteil der Kosten der vertragsrechtlichen Projektvorbereitung und –abwicklung von rd. 1 % an den geschätzten Investitonskosten (41 Mill. EUR) liegt in der Größenordnung anderer österreichischer PPP–Projekte. Quelle: Buchhaltung INKB 24.2 Der RH empfahl der Landeshauptstadt Innsbruck, in der wirtschaftlichen Betrachtung PPP–spezifische Beratungskosten zu berücksichtigen, weil diese die Beratungskosten bei konventionell errichteten Projekten übersteigen. Kostentragung durch die Landeshauptstadt Innsbruck 24.3 Laut Stellungnahme der Landeshauptstadt Innsbruck werde sie in ihrer Funktion als Gesellschafterin verstärktes Augenmerk auf angemessene Beratungskosten legen. 25.1 (1) Der Gemeinderat hatte im Jahr 2003 die Ausschreibung eines Dienstleistungskonzessionsvertrags mit einem Investitionszuschuss von höchstens 41 Mill. EUR und im Jahr 2004 dessen Erhöhung um 4,32 Mill. EUR beschlossen. Der Konzessionär verrechnete der INKB für die Errichtung der Nordkettenbahnen Sektionen I und II sowie der Hungerburgbahn insge- 110 Tirol 2012/5 Tirol Projektabrechnung Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen samt rd. 45,32 Mill. EUR8. Aufgrund der bereits laut den jeweils gültigen Zahlungsplänen bis 18. April 2006 geleisteten Anzahlungen und Abschlagszahlungen von insgesamt rd. 37,12 Mill. EUR ermittelte die Buchhaltung der INKB eine nach Vorlage der Schlussrechnung fällige Restzahlung von insgesamt 8,20 Mill. EUR, die mit der in gleicher Höhe sofort mit der Inbetriebnahme fälligen zehnjährigen Pachtvorauszahlung gegengerechnet wurde. Der Konzessionär gliederte erst nach Aufforderung der INKB die Schlussrechnungen nach Bauteilen entsprechend dem Bilanzierungsschema der INKB. (2) Das vom Stadtsenat im Juli 2003 beschlossene Budget für das mit Investitionen von 41 Mill. EUR veranschlagte PPP–Projekt ging von Zuschüssen des Tourismusverbandes und des Landes Tirol in Höhe von 10 Mill. EUR bzw. 3,50 Mill. EUR und von Pachteinnahmen von 8 Mill. EUR aus. Demnach wäre der von der Landeshauptstadt Innsbruck zu tragende Kostenanteil 19,50 Mill. EUR gewesen. Entgegen diesen Annahmen zum Budgetbeschluss 2003 erhöhten sich die Pachteinnahmen gemäß Dienstleistungskonzessionsvertrag auf 8,20 Mill. EUR. Von dem letztlich vom Tourismusverband zugesagten Zuschuss von 7,50 Mill. EUR waren bis 2006 erst 375.000 EUR angewiesen worden, bis 2010 erhöhten sich die Beiträge auf insgesamt rd. 3,03 Mill. EUR. Der Restbetrag von 4,47 Mill. EUR soll in den Folgejahren an die Landeshauptstadt Innsbruck überwiesen werden. Das Land Tirol zahlte die Förderung in zwei Tranchen aus, 1,50 Mill. EUR im Jahr 2006 und im Folgejahr 2 Mill. EUR. (3) Die Landeshauptstadt Innsbruck bedeckte die in den Jahren 2005 und 2006 fälligen Zahlungen der INKB an den Konzessionär und die Transaktionskosten (0,60 Mill. EUR) von insgesamt rd. 38,16 Mill. EUR, indem sie das Eigenkapital der INKB mit Gesellschaftereinlagen entsprechend erhöhte. (4) Zwischen 2006 und 2010 fielen 1,19 Mill. EUR für die zusätzlichen Reinigungskosten für die Station Löwenhaus und Kosten für zusätzliche 8 Tirol 2012/5 Investitionskosten ohne Auftragserweiterung „Baumann–Architektur“–Denkmalschutz Teilschlussrechnung vom 20. April 2007 nach Inbetriebnahme der Nordkettenbahnen Sektionen I und II im Dezember 2006 bzw. Jänner 2007; Schlussrechnung und Nachtrags–Schlussrechnung vom 31. Oktober 2008 nach Inbetriebnahme der Hungerburgbahn im Dezember 2007. 111 Projektabrechnung Betriebszeiten der Hungerburgbahn und die Integration der IVB–Kunden an, die dem Projekt zuzurechnen waren und welche die Landeshauptstadt Innsbruck über weitere Gesellschafterzuschüsse den Gesellschaften (INKB und IVB) zur Verfügung stellen musste. Bei unveränderter Betriebsführung und –abgeltung werden diese zusätzlichen Betriebskosten ab 2011 bis 2038 um rd. 8,65 Mill. EUR auf 9,84 Mill. EUR ansteigen. (5) Gegenüber der Annahme aus dem Jahr 2003 wurde der Haushalt der Landeshauptstadt Innsbruck bis Ende 2010, durch die von der Landeshauptstadt Innsbruck initiierten zusätzlichen Leistungen (4,32 Mill. EUR), die Erhöhung des Pachtentgelts, die Reduktionen des Kostenzuschusses des Tourismusverbands um 2,50 Mill. EUR — ohne Berücksichtigung der späteren Restzahlungen (4,47 Mill. EUR) der zugesagten Zuschüsse — um 8,85 Mill. EUR höher belastet. 25.2 Der RH zeigte auf, dass die seitens der Landeshauptstadt Innsbruck gewünschten Mehrleistungen baulicher und betrieblicher Art — gegenüber dem 2003 beschlossenen maximalen Investitionszuschuss von 41 Mill. EUR — das Projekt bis 2038 voraussichtlich um rd. 15,20 Mill. EUR verteuern; insgesamt sind Kosten von rd. 56,20 Mill. EUR zu erwarten. Diesen Kosten stehen Einnahmen von rd. 19,20 Mill. EUR in Form von – Pachterlösen mindestens (für die ersten zehn Betriebsjahre) 8,20 Mill. EUR, – Förderungen des Landes Tirol 3,50 Mill. EUR und – Kostenbeiträgen des Tourismusverbands 7,50 Mill. EUR gegenüber, so dass von der Landeshauptstadt Innsbruck statt eines Kostenanteils (laut Budgetbeschluss 2003) von 19,50 Mill. EUR nunmehr rd. 37 Mill. EUR aufgebracht werden müssen. 25.3 112 Die INKB teilte mit, dass die Zusatzbestellungen für den Betrieb der Hungerburgbahn (Betriebszeiten, Einbindung in das Tarifsystem der IVB) regelmäßig evaluiert und an den Bedarf angepasst würden. Die Kostenansätze seien von einem Wirtschaftsprüfer plausibilisiert worden. Tirol 2012/5 Tirol Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Zusammenfassende Beurteilung 26 (1) Der RH berichtete im Jahr 2010 über die Errichtung von Autobahn– und Schnellstraßenteilstücken in Form eines PPP–Konzessionsmodells (Reihe Bund 2010/2). Dieses Modell stellte auf die Zahlung einer Schattenmaut durch den damaligen Auftraggeber und damit — im Unterschied zum gegenständlich überprüften PPP–Konzessionsmodell — auf Zahlungsströme über die gesamte Vertragslaufzeit ab. Weiters wählte der damalige Auftraggeber eine funktionale Leistungsbeschreibung, und gab — im Unterschied zum nunmehr überprüften PPP–Konzessionsmodell — die wesentlichen Parameter (bedingt durch die RVS–Straßenbau) vor. Dies gab dem damaligen Auftraggeber die Möglichkeit — aufgrund des eingeschränkteren Spielraums (gegenüber dem nunmehr überprüften PPP–Konzessionsprojekt) des Konzessionärs —, eine aussagekräftige Ermittlung der Kosten bei einer konventionellen Errichtung durchzuführen. Die Überprüfung der Planung, der Errichtung und des Betriebs der Hungerburgbahn und der Nordkettenbahnen als PPP–Konzessionsmodell war hinsichtlich der Funktionalität wesentlich freier gestaltet. Dies kam darin zum Ausdruck, dass z.B. hinsichtlich der Trasse und auch des Transportsystems (Standseilbahn, Schwebeseilbahn) keine Vorgaben im Vergabeverfahren existierten. Eine Kostenermittlung für eine konventionelle Errichtung war daher nicht möglich, so dass die INKB lediglich mit eigenen Projektvarianten samt Kostenermittlung ihren maximalen Investitionszuschuss definierten. Zahlungsströme über die gesamte Vertragslaufzeit sah das nunmehr überprüfte PPP–Konzessionsmodell nicht vor. (2) Die aufgezeigten Unterschiede in der Ausgestaltung der beiden PPP–Konzessionsmodelle ließen einen unmittelbaren Vergleich beider überprüfter Modelle ins Leere laufen. (3) Hinsichtlich des Umgangs mit den Risiken und der erschwerten Kontrollmöglichkeit des Auftraggebers — bedingt durch die funktionale Ausschreibung der Leistung — ergaben sich bei beiden Projekten deckungsgleiche Problemfelder. Diese waren: – die Dokumentation und Bewertung der transferierten Risiken, – der vertragliche und operative Umgang mit dem Betreiberrisiko, – die Bewertung von Projektänderungen. Tirol 2012/5 113 Zusammenfassende Beurteilung (4) Die Investorensuche auf Basis eines Dienstleistungskonzessionsvertrags in Form eines PPP–Konzessionsmodells mit einem gedeckelten Investitionszuschuss trugen dazu bei, die durch die öffentlichen Diskussionen herrschenden Schwierigkeiten der Entscheidungsfindung zu kanalisieren und den Weg zur operativen Umsetzung des Projekts zu ebnen, wenngleich — über den im Jahr 2003 beschlossenen Investitionszuschuss (41 Mill. EUR) hinaus — bis zum Ende des PPP–Projekts im Jahr 2038 Mehrkosten von rd. 15,20 Mill. EUR zu erwarten sind. Diese Mehrkosten resultieren aus seitens der Landeshauptstadt Innsbruck gewünschten Mehrleistungen baulicher und betrieblicher Art sowie aus einem — entgegen den ursprünglichen Erwartungen — niedrigeren Kostenzuschuss (TZ 4). 114 Tirol 2012/5 Tirol Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH – Neuerrichtung Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen Schlussbemerkungen/Schlussempfehlungen 27 Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen hervor: (1) Bei künftigen Projekten wäre bereits in der konzeptiven Phase auf die erforderliche technische und kaufmännische Vorausplanung einschließlich einheitlicher Terminologie und Schlüssigkeit der den Entscheidungsgremien berichteten Projektinhalte zu achten. (TZ 5) (2) Bei künftigen Verfahren wäre mit Informationen zum Vergabeverfahren sehr restriktiv umzugehen. (TZ 7) (3) Die wesentlichen Vergabeschritte wären zu dokumentieren, um ein transparentes Vergabeverfahren zu gewährleisten. (TZ 8, 9) (4) Um ein nachträgliches Austauschen von Angebotsunterlagen zu unterbinden, sollten Sicherheitsmaßnahmen (bspw. durch Markierung der abgegebenen Angebote) ergriffen werden. (TZ 9) (5) Künftig wären Zuschlagskriterien zu wählen, welche die Wahrscheinlichkeit, im Ergebnis zwei idente Bestangebote zu erhalten, minimieren. (TZ 9) (6) Bei funktionalen Ausschreibungen wären die rechtlichen und kommerziellen, nicht verhandelbaren Kernbereiche festzulegen. Die Vergleichbarkeit der Angebote wäre durch Regelungen der Bewertung der verhandelbaren Vertragsabweichungen in den Ausschreibungsbedingungen sicherzustellen. (TZ 10) (7) Rechtzeitig vor Vertragsende sollte vermehrt auf die Betriebssicherheit der Anlage durch geeignete Überwachungsmaßnahmen geachtet werden. (TZ 10) (8) Bei Mehrkostenforderungen wären die Prüffristen des Auftraggebers an die Vorlagefristen des Auftragnehmers anzupassen. (TZ 15) (9) Im Dienstleistungskonzessionsvertrag sollte eine Verpflichtung zur Vorlage der Kalkulation des Konzessionärs vorgesehen werden, um bei Projektänderungen sowie –erweiterungen Angaben zu Mehr– und Minderkosten besser überprüfen zu können. (TZ 16) Tirol 2012/5 115 Schlussbemerkungen/ Schlussempfehlungen (10) Vor Ablauf der ersten zehn Betriebsjahre wäre zu klären, ob eine Erhöhung der täglichen Anzahl der Betriebsfahrten wirtschaftlich sinnvoll ist, um rechtzeitig Maßnahmen zur Einschränkung der Lärmimmissionen veranlassen zu können. (TZ 19) (11) Rechtzeitig vor Vertragsende wäre der vertragsgemäße Zustand der Einrichtungen mit dem Konzessionär außer Streit zu stellen. (TZ 22) (12) Bei Großprojekten wäre neben der buchhalterischen Erfassung und Zuordnung der Rechnungen zumindest eine Gesamtkostenevidenz durch die Projektleitung einzufordern. (TZ 23) Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH und Landeshauptstadt Innsbruck (13) Wegen der hohen Kostenrelevanz wären die mit dem Konzessionär künftig noch abzuschließenden Entgeltvereinbarungen für den Betrieb der Hungerburgbahn (z.B. Zukauf von Betriebszeiten, Abgeltung von Beförderungsfällen von IVB–Kunden) regelmäßig zu evaluieren sowie auf den tatsächlichen Bedarf abzustimmen und anzupassen. (TZ 23) Landeshauptstadt Innsbruck (14) In Hinkunft wäre bei PPP–Projekten mit funktionalen Ausschreibungskonzepten die Herleitung der Angebotspreise auf Basis von nach Bauteilen gegliederten und ausgepreisten Leistungsverzeichnissen zu verlangen. (TZ 6) (15) In der wirtschaftlichen Betrachtung sollten PPP–spezifische Beratungskosten berücksichtigt werden, weil diese die Beratungskosten bei konventionell errichteten Projekten übersteigen. (TZ 24) 116 Tirol 2012/5 Tirol ANHANG Entscheidungsträger ANHANG Entscheidungsträger des überprüften Unternehmens Anmerkung: im Amt befindliche Entscheidungsträger in Gründruck Tirol 2012/5 117 118 Tirol 2012/5 Tirol ANHANG Entscheidungsträger Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH Geschäftsführung Tirol 2012/5 DI Martin BALTES (seit 28. November 2001) 119 120 Tirol 2012/5 Wien, im August 2012 Der Präsident: Dr. Josef Moser Tirol 2012/5 121 122 Tirol 2012/5 Bisher erschienen: Reihe Tirol 2012/1 Bericht des Rechnungshofes – Reisegebührenvorschriften der Länder Burgenland, Oberösterreich und Tirol – Flugrettung mit den Schwerpunkten Salzburg und Tirol – Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie hinsichtlich Fließgewässer auf Ebene des Bundes sowie in den Ländern Niederösterreich, Salzburg, Steiermark und Tirol – Abfallentsorgungsverband Kufstein Reihe Tirol 2012/2 Bericht des Rechnungshofes – Abfallentsorgungsverband Kufstein Reihe Tirol 2012/3 Bericht des Rechnungshofes – Konsolidierungsmaßnahmen der Länder Kärnten, Niederösterreich und Tirol Reihe Tirol 2012/4 Bericht des Rechnungshofes – Erhaltungsmaßnahmen bei Autobahnen und Schnellstraßen – EU–Finanzbericht 2010 – LEADER 2007 bis 2013