Pop und Besinnliches auf dem Petersplatz in Rom

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Pop und Besinnliches auf dem Petersplatz in Rom
Neue Z}rcer Zeitung
AUSLAND
Samstag, 01.01.2000 Nr.0
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Pop und Besinnliches auf dem Petersplatz in
Rom
Neujahrssegen des Papstes
Der Papst hat den Wechsel zum Jahr 2000 in der Silvesternacht unter anderem dazu benützt, Gott für die Sünden der Menschheit um Vergebung zu bitten. Zum erstenmal wurde
auf dem Petersplatz in Rom zur Begrüssung des neuen Jahres ein Popkonzert veranstaltet.
sdl. Rom, 1. Januar
Im Zuge der Feierlichkeiten zum grossen
«Giubileo» ist das neue Jahr in Rom ausser an
den traditionellen Party-Orten im Freien zum
erstenmal auch auf dem St. Petersplatz mit einem
Riesenfest begrüsst worden. Während etwa auf
der anderen Tiberseite vor dem Quirinalspalast
im Beisein des italienischen Staatspräsidenten
Ciampi ein Konzert mit klassischer Musik auf
dem Programm stand, dominierten vor der
Peterskirche Pop und Gospel-Songs. Doch zwischen Auftritten des italienischen Schlagersängers
Claudio Baglioni oder Gesangseinlagen eines
amerikanischen Gospel-Chors wurde auch der
Schwester Nirmala, der Nachfolgerin von Mutter
Theresa aus Kalkutta, Gelegenheit geboten, eine
Botschaft zu verlesen. Wenige Minuten nach Mitternacht erschien Papst Johannes Paul II. an
einem Fenster des apostolischen Palastes, richtete
ein paar Worte an die über 100 000 auf dem
Petersplatz Versammelten und erteilte ihnen dann
seinen Segen. Während einer Vesperandacht früh
am Abend in der Petersbasilika war der Papst in
seiner Neujahrsansprache auf die grossen techno-
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logischen und wissenschaftlichen Fortschritte der
zurückliegenden Jahrhunderte zu sprechen gekommen. Er gab den Gläubigen zu bedenken,
dass diese Errungenschaften allzu häufig zum
Nachteil und Verderben der Menschheit zum
Einsatz gebracht worden seien; dafür gelte es,
Gott um Vergebung zu bitten, denn der Herr
alleine gebiete über die Jahre, Dekaden, Jahrhunderte und Jahrtausende. Das Oberhaupt der
katholischen Kirche erwähnte ferner namentlich
die beiden politischen Ideologien Kommunismus
und Nationalsozialismus, deren Herrschaft laut
dem Papst unsägliches Leid und eine beispiellose
Zahl von Opfern gefordert hat.
Zum zweitenmal innert einer Woche hat der
von Krankheit sichtlich gezeichnete Johannes
Paul II. den Weg durch das Hauptschiff zum
Hochaltar von St. Peter nicht aus eigenen Kräften
zu Fuss zurückgelegt, sondern sich dazu einer mit
Rädern und einer Halterung versehenen Plattform bedient, die von zwei Vatikanbediensteten
vorsichtig geschoben wurde.
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