Nussknacker - Tschaikowsky - Schulmusik
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Nussknacker - Tschaikowsky - Schulmusik
Peter I. Tschaikowsky / E. T. A. Hoffmann: Nussknacker und Mäusekönig SWR Young CLASSIX Mittwoch, 4. Dezember 2013, 11 und 13 Uhr Liederhalle Stuttgart, Beethovensaal Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR Dirigent: Christoph Altstaedt Erzähler: Malte Arkona Autorin: Rebecca Nuber 1 1. Einleitung ......................................................................................................................................... 1 2. Hintergrundinformationen für Lehrerinnen und Lehrer ................................................................. 2 3 2.1 Der Komponist Peter I. Tschaikowsky ..................................................................................... 2 2.2 Das Ballett Der Nussknacker/Die Nussknacker-Suite .............................................................. 4 2.3 E. T. A. Hoffmann und sein Kunstmärchen ............................................................................. 7 Vorschläge zur Unterrichtsgestaltung ............................................................................................. 7 3.1 Das Märchen kennen lernen ........................................................................................................ 7 3.2 Sachinformationen zu Tschaikowsky und der Nussknacker-Suite ............................................... 8 3.3 Unterrichtsvorschläge zu Tanz der Zuckerfee, Trepak, Tarantella und Tanz der Rohrflöten ..... 8 4 Material ........................................................................................................................................... 9 M1 Das Märchen vom Nussknacker und Mäusekönig ................................................................... 10 M2 Der russische Komponist Peter I. Tschaikowsky ...................................................................... 14 M3 Der Nussknacker von Peter I. Tschaikowsky ............................................................................ 17 M4 Der Tanz der Zuckerfee / Ein besonderes Instrument.............................................................. 19 M5 Der Trepak / Mitspielsatz ......................................................................................................... 21 M6 Tarantella ................................................................................................................................. 22 M7 Tanz der Rohrflöten .................................................................................................................. 24 5 Literatur ......................................................................................................................................... 26 1. Einleitung Das Konzept des Schulkonzertes sieht vor, dass der Erzähler Malte Arkona den Schülerinnen und Schüler das Märchen vom Nussknacker und Mäusekönig vorträgt. Die Fassung des Originalmärchens von E. T. A. Hoffmann, einst bearbeitet von Alexandre Dumas, diente dem Komponisten Peter Iljitsch Tschaikowsky 1892 als Vorlage für das Libretto zu seinem Ballett Der Nussknacker. Die gekürzte Rahmenerzählung wird immer wieder mit Tschaikowskys Musik untermalt und durch die eingängigsten Tänze aus dem Ballett unterbrochen. Folgendes sind die bekanntesten Stücke, die im Schulkonzert zur Aufführung kommen werden: Miniatur-Ouvertüre – Marsch – Tanz der Rohrflöten – Spanischer Tanz – Tarantella – Chinesischer Tanz – Tanz der Zuckerfee – Russischer Tanz. Um die Schülerinnen und Schülern in die zauberhafte Welt des Märchens zu entführen und ihnen ein bildhaftes, eindrückliches Konzerterlebnis zu bieten, wurde die altertümliche Sprache des Originals beibehalten. 2 2. Hintergrundinformationen für Lehrerinnen und Lehrer 2.1 Der Komponist Peter I. Tschaikowsky Der russische Komponist Peter Illjitsch Tschaikowsky wurde am 25. April (7. Mai1) 1840 in Wotkins/Ural geboren. Er stammt aus einer angesehenen Familie: Sein Vater war Direktor eines Bergwerks und verfügte über die finanziellen Mittel, seinen Kindern ein unbeschwertes Aufwachsen zu ermöglichen. Er ermöglichte ihnen Klavierunterricht, wie es in höheren gesellschaftlichen Kreisen im damaligen Russland üblich war. Der junge Peter hatte ein enges Verhältnis zu seiner Mutter Alexandra Andrejewna, zweiter Ehefrau des Vaters. Sie war den Kindern musikalisches Vorbild, spielte in ihrer freien Zeit Klavier und hatte eine schöne Gesangsstimme, außerdem konnte sie Französisch und Deutsch sprechen. Zu seiner Gouvernante Fanny hatte Peter ebenfalls eine enge Bindung. Sie entdeckte bald seine außerordentliche Begabung und verstand es, mit seiner Sensibilität und Reizbarkeit umzugehen. Daher litt Peter sehr, als er mit 10 Jahren mit seiner Familie – ohne Fanny – nach St. Petersburg umziehen musste, da der Vater dort eine Stelle als Justizbeamter annahm. Wenige Zeit später machte Peter eine weitere traumatische Erfahrung: Die Mutter des 12-jährigen starb plötzlich an Cholera. Peter zog sich immer mehr in die Welt der Musik zurück. Von 1855-58 nahm er Klavierunterricht beim angesehenen deutschen Pianisten Rudolf Kündiger. Mit 18 Jahren begann Tschaikowsky ein Studium an der Rechtsschule in St. Petersburg und arbeitete anschließend als Beamter im Justizministerium. Im Jahre 1862 wurde in St. Petersburg von Anton Rubinstein das erste russische Konservatorium gegründet. Tschaikowsky studierte fortan Komposition bei Rubinstein und beschloss bald, seine Beamtenstelle zu kündigen. Als schließlich 1866 das Moskauer Konservatorium eröffnet wurde, gelang es dem dortigen Leiter Nicolai Rubinstein, Tschaikowski als Lehrer und Dozent zu gewinnen. Mit Nicolai Rubinstein verband ihn seither eine enge Freundschaft. Nach seiner 1. Sinfonie entstand auch die erste Oper: „Der Woiwode“ wurde 1869 in Moskau uraufgeführt und erntete damals einigen Beifall, der Komponist allerdings war weniger zufrieden. Tschaikowsky ging Zeit seines Lebens äußerst kritisch mit seinen Kompositionen um und vernichtete oftmals jene Werke, die seinen eigenen hohen Anforderungen nicht entsprachen. Tschaikowsky reihte sich nicht in den Kreis des national eingestellten „Mächtigen Häufleins“ ein, dem damals Komponisten Balakirew, Rimsky-Korsakow, Cui, Mussorgsky und Borodin angehörten.2 Sie besannen sich auf die nationalrussische Musiktradition und standen dem westlich orientierten Musikschaffen Tschaikowskys kritisch gegenüber. Sein Ideal war die 1 Das Geburtsdatum 25. April bezieht sich auf den damals gültigen julianischen Kalender; nach dem gregorianischen Kalender gilt der 7. Mai als Geburtstag. 2 Zum Mächtigen Häuflein gibt es unter http://www.musicademy.de/index.php?id=2781 eine ca. 10-minütige „short music story“ (SWR/Lernradio Karlsruhe). 3 Schönheit: „Er ist der ‚Europäer‘ unter den Russen und wahrscheinlich darum im Westen zu beispiellos populär geworden, weil er russischen Melos in die vorgegebenen westlichen Formen gegossen hat, dem schönen Klang, der Virtuosität, vielfach auch der Glätte huldigend.“3 1877 wurde Tschaikowskys Ballett Schwanensee uraufgeführt. Das BolschoiBallett war jedoch zu dieser Zeit nicht in der Lage, die Tänze zu bewältigen. Die ersten Inszenierungen waren durchweg mangelhaft. Erst durch die Aufführung unter den beiden Choreographen des St. Petersburger Mariinsky Theaters, Marius Petipa und Lew Iwanow, die später auch dem Nussknacker zum Erfolg verhalfen, wurde das Schwanensee-Ballett populär. Als Dirigent war Tschaikowsky zunächst wenig erfolgreich, was vielleicht auch an seiner Menschenscheuheit lag. Seinen Briefen ist zu entnehmen, dass er seit seiner Moskauer Zeit immer wieder unter Krisen und Depressionen litt, sich gar mit Selbstmordgedanken trug. Als Gerüchte über seine homosexuelle Veranlagung die Runde machten und seinen Alltag belasteten4, sah Tschaikowsky im Jahr 1877 keinen anderen Ausweg, als seine Studentin Antonina Miljukowa zu heiraten, die ihn seit Jahren bewunderte, möglicherweise von der Liebe zu ihm besessen war. Tschaikowsky versprach ihr „brüderliche Liebe“, was Antonina zunächst zwar akzeptierte, doch die Ehe wurde für ihn zur Katastrophe. Tschaikowksy versuchte, sich durch das Bad in einem eisigen Fluss gar eine Lungenentzündung zuzuziehen, um dem Leben mit seiner Frau zu entgehen. Nach knapp drei Monaten verabschiedete er sich von ihr und sah sie nie wieder. Bereits 1876 bahnte sich eine rege Brieffreundschaft mit der wohlhabenden Witwe Nadeshda von Meck an. Sie war von seiner Musik so leidenschaftlich ergriffen, dass sie ihm ein jährliches Gehalt von 6000 Rubeln zusicherte. Tschaikowsky war ihr unendlich dankbar für die Beendigung seiner Geldsorgen und vor allem für die Freiheit, die ihm diese finanzielle Unterstützung ermöglichte: Von nun an konnte er sorglos durch Europa reisen, Freunde und Verwandte aufsuchen, zahlreiche Opernaufführungen besuchen und in ländlicher Abgeschiedenheit ungestört komponieren. Es entstanden die bedeutendsten Werke wie die Oper Eugen Onegin, die Vierte und Fünfte Symphonie, sein Violinkonzert und die ersten drei Orchestersuiten, das Ballett Dornröschen und die Oper Pique Dame.5 Es folgten ausgedehnte Konzerttourneen durch Europa und die USA, wo Tschaikowsky als Dirigent seiner eigenen Werke viel Beifall erntete. Peter I. Tschaikowsky und Nadeshda von Meck begegneten einander nie persönlich. Ihre Briefwechsel gelten bis heute als wichtige Quelle, um sein musikalisches Schaffen sowie seine Gefühls- und Gedankenwelt zu verstehen. Nach 13 3 Handbuch des Musiktheaters (Herder), Bd. 1, S. 403 Homosexualität wurde im damaligen Russland mit Aberkennung jeglicher Rechte und 4-5 Jahren Verbannung nach Sibirien bestraft. 5 Vgl. Harenberg Kulturführer Konzert, 7. Auflage, S. 684 4 4 Jahren beendete Nadeshda von Meck ihre Unterstützung aus bis heute ungeklärten Gründen – eine schmerzliche und zutiefst kränkende Erfahrung für Tschaikowsky. Wenige Tage nach seinem letzten öffentlichen Auftritt in St. Petersburg, wo er seine Sechste Symphonie (Pathétique) dirigierte, besuchte er mit Freunden ein Restaurant. Dort trank der Komponist ein Glas nicht abgekochtes Wasser, obwohl er wusste, dass zu jener Zeit in St. Petersburg eine Cholera-Epidemie herrschte.6 Tschaikowsky infizierte sich und starb kurz darauf, am 25. Oktober (6. November) 1893 – im Alter von 53 Jahren. 2.2 Das Ballett Der Nussknacker/Die Nussknacker-Suite Nachdem das Ballett Dornröschen zum großen Erfolg geworden war, bekam Tschaikowsky vom St. Petersburger Mariinsky-Theater 1892 den Auftrag, ein weiteres Ballett zu komponieren. Tschaikowsky erzählte dem Choregraphen des Theaters, Marius Petipa, von der Hoffmann’schen Erzählung Nussknacker und Mäusekönig.7 Nachdem der Komponist zunächst Zweifel hatte, ob sich das Originalgeschehen für ein Ballett eignete, verwendete er schließlich die geglättete, einfachere Version von Alexandre Dumas und ließ das spannende Binnenmärchen von der Nuss Krakatuk weg, so dass sich folgende Handlung ergibt: Die Geschichte spielt in Russland am Weihnachtsabend. Die Familie Stahlbaum mit den Kindern Fritz und Klara sitzt um den feierlich geschmückten Weihnachtsbaum. Das Mädchen bekommt von ihrem Onkel Drosselmeyer einen Nussknacker geschenkt. Um neun Uhr muss Klara ins Bett, doch von nächtlichen Geräuschen geweckt, schleicht sich Klara um Mitternacht in den Salon. Dort erblickt sie, wie ihr Nussknacker als Anführer eines Heeres von Soldaten gegen den siebenköpfigen Mäusekönig kämpft, der mit seinem Heer über die Süßigkeiten herfallen will. Klara kommt dem Nussknacker mit ihrem Pantoffel zu Hilfe, den sie auf den Mäusekönig wirft. Plötzlich verwandelt sich der Nussknacker in einen Prinzen, der Klara zum Dank ins Reich der Süßigkeiten führt. Dort veranstaltet er ihr zu Ehren ein großes Fest mit viel Tanz und Musik. Petipa, der Choreograph, gab die genaue Anzahl der Takte für die einzelnen Sätze vor, woran sich Tschaikowsky strikt hielt.8 Während dem Ballett in zwei Akten bei seiner Uraufführung im Dezember 1892 nur mäßiger Erfolg beschieden war, wurde die zuvor aufgeführte konzertante Fassung vom Publikum bejubelt: Die etwa 22-minütige Nussknacker-Suite op. 71a bildet bis heute in der Weihnachtszeit einen unverzichtbaren Bestandteil des 6 Auf aktuellere Untersuchungen über Tschaikowskys (möglicherweise selbst erzwungenen) Tod und homosexuelle Beziehungen, die dabei eine Rolle gespielt haben könnte, geht der Musikwissenschaftler Constantin Floros ausführlicher ein (s. Literaturliste). 7 Das komplette Märchen ist nachzulesen unter www.gutenberg.spiegel.de/buch/3083/1 . 8 Vgl. Harenberg Kulturführer Konzert, S. 699 5 Konzertrepertoires. Sie besteht aus 8 kurzen Stücken. Viele von ihnen wurden im Laufe der Zeit zu Ohrwürmern, jedermann aus dem Alltag bekannt. Tschaikowsky begeistert in seinen Tänzen durch seine originellen Einfälle, mitreißenden Melodien und die großartige Instrumentation. Anders als in vielen Opern dient die Ouverture miniature (Zweiteilige Form A1 B1 A2 B2) hier nicht der Einführung musikalischer Themen und Motive, sondern sie führt den Zuhörer in die poetisch-expressive Welt des Märchenstoffes ein. Tschaikowskys Musik brilliert durch sich gegenseitig abwechselnde, sich hochschaukelnde Teile des Orchesters und kommt dabei ohne die tieferen Celli und Kontrabässe aus. Der Einsatz der Triangel lässt die Musik sehr grazil wirken und lässt sich leicht mit dem Weihnachtsglöckchen assoziieren, das die Bescherung einläutet. Der nun folgende flotte Marsch 9 erklingt im Schulkonzert an jener Stelle, als Fritz und Klaradie prächtig geschmückte Wohnstube samt Tannenbaum erblicken. Im Stück agieren auf der einen Seite die Bläser im Marschrhythmus der Zinnsoldaten und auf der anderen Seite die Streicher, welche das aufgeregte Tappen und Scharren der Mäuse hörbar werden lassen. Im Tanz der Rohrflöten (Moderato assai, 2/4-Takt, D-Dur) charakterisiert Tschaikowsky die drei Tänzerinnen durch drei Querflöten, die parallel auf verschiedenen Tonhöhen agieren, meist im Terzabstand. Im Original heißen die Flöten „Mirlitons“. Dieser alte französische Name bezeichnet zum einen ein flötenähnliches Instrument (Klangerzeugung wie beim Kazoo), zum anderen eine französische Spezialität in Form von gefüllten Teigteilchen, was wiederum gut zum Reich der Süßigkeiten passt. Die jeweils dominanten Instrumente sind leicht zu erkennen, auch durch seine Struktur eignet sich das Stück hervorragend für die Gestaltung eines Tanzes: Vorspiel – Abschnitt A + Wh (Flöten) – Zwischenspiel mit ostinatem Grundrhythmus – Abschnitt A + Wh (Flöten, Streicher) – Abschnitt B (Blechbläser, Becken) + Wiederholung (Blechbläser, Streicher, Klarinette) – Zwischenspiel – Abschnitt A + Wh (Flöten, Streicher). Im Spanischen Tanz stellt sich die Schokolade aus dem Reich der Süßigkeiten vor. Zu Spanien gehörte damals ein Großteil Südamerikas, wo die Schokolade heute noch herkommt. Hier dominiert zunächst die Trompete als Melodieinstrument. Das sich anschließende Streicherthema entfaltet seine feurig-mitreißende Wirkung durch die Verwendung der typisch spanischen Kastagnetten. Es folgt die Tarantella, ein schneller, kurzer Tanz, begleitet vom rhythmischen Einsatz des Tamburins. Tschaikowsky leitete ihn aus dem gleichnamigen mediterranen Volkstanz ab. Ursprünglich erhielt der Tanz seinen Namen wohl von der süditalienischen Stadt Tarent, doch heute wird er zumeist mit dem sprichwörtlichen „Tarantel-Stich“ in Verbindung 9 Formanalyse s. http://www.wisskirchen-online.de/downloads/ffl04motivischeanalyse.pdf 6 gebracht: Eine Volksweisheit aus dem 18. Jahrhundert besagt, man könne das Gift der Spinne durch exzessives Tanzen aus dem Körper treiben. Im Chinesischen Tanz steht der Tee im Mittelpunkt, der im damaligen Russland mit viel Zucker genossen wurde und daher als Süßigkeit gilt. Die aufgeregt flirrende, auf- und absteigende Melodie der Querflöte kontrastiert mit dem Ostinatos des Fagotts im unteren Register. Im Tanz der Zuckerfee (Andante non troppo, 2/4-Takt, e-Moll, dreiteilige Form A1BA2) verwendet er als einer der ersten Komponisten die Celesta, ein Stahlplattenklavier mit Hammermechanik. Sie wurde im Jahre 1886 gerade erst entwickelt und hat einen silbrigweichen, glockenspielartigen Klang. Das Instrument hat in dem Stück den führenden Part und entführt den Zuhörer in eine märchenhafte Atmosphäre. Am Anfang und am Ende des Stückes erklingt ein Streicher-Pizzicato, ergänzt durch kurze, prägnante Einwürfe der Holzbläser. Die kraftvollen Soli der Bassklarinette bilden einen reizvollen Kontrast zu den „himmlischen Höhen“ der Celesta. Der Pas de deux bildet im Schülerkonzert den Ausklang von Maries Traumgeschichte, die darin gipfelt, dass Marie und der Nussknacker-Prinz ins Innere des Marzipanschlosses eintreten. Die ca. 5 Minuten dauernde Musik basiert auf einer simplen absteigenden DurTonleiter, von Tschaikowsky mit ergreifender Wirkung musikalisch entfaltet. Der Zuhörer kann das in der Traumwelt Erlebte Revue passieren lassen, bevor er mit dem Erklingen des Schlussakkordes – gemeinsam mit Marie – in die Realität zurückgeholt wird. Am Ende des Konzerts erklingt – jedermann bekannt - der Trepak (2/4-Takt, Molto vivace, GDur), ein feuriger russischer Volkstanz kosakischen Ursprungs. Er findet sich auch bei Mussorgsky und Strawinsky. Zunächst wird das rhythmisch-lebendige Thema zwei Mal von den Streichern gespielt, beim dritten und vierten Mal begleitet vom Tamburin, das ganz deutlich jeweils die erste Zählzeit markiert. Es folgt eine Überleitung, bevor wiederum das Thema zwei Mal erklingt und in einen ekstatischen Schlussteil mündet, der immer lauter und schneller wird. 7 2.3 E. T. A. Hoffmann und sein Kunstmärchen Ernst Theodor Amadeus Hoffmann wurde am 24. Januar 1776 im preußischen Königsberg geboren. Der studierte Jurist wurde vor allem als Schriftsteller der Romantik bekannt, gilt aber als Mehrfachgenie, da er auch zeichnete, illustrierte, komponierte und dirigierte. Sein dritter Vorname war ursprünglich Wilhelm, aus seiner Bewunderung für Mozart heraus änderte er ihn jedoch bald in „Amadeus“. Unter seinen berühmtesten literarischen Werken sind Lebensansichten des Kater Murr, Kreisleriana, Die Serapionsbrüder oder Die Elixiere des Teufels. Seine Oper Undine gilt mittlerweile als die erste romantische Oper. Die Erzählung vom Nussknacker und Mäusekönig wurde nach ihrem ersten Erscheinen im Jahr 1816 äußerst kontrovers aufgenommen. Man hielt sie aus pädagogischer Sicht für ungeeignet, da sie nicht – wie andere Kindermärchen zur damaligen Zeit – eine harmonische Fantasiewelt darstellte, sondern auf die Widersprüche und Gefährdungen des Lebens hindeutete. Diese Widersprüche reichen beispielsweise von der rätselhaften Rolle, welche der als unheimlich charakterisierte Pate Drosselmeyer spielt, über die Bedrohung Maries durch den siebenköpfigen Mäusekönig, bis hin zu Maries Entfremdung von der Familie durch ihre Heirat mit dem Nussknacker-Prinzen. Erst fünfzig Jahre später, im Jahre 1865, wurde eine ähnlich ambivalente, doppelbödige Fantasieerzählung zur Weltliteratur: Lewis Carrolls Alice im Wunderland. 10 3 Vorschläge zur Unterrichtsgestaltung Die folgenden Unterrichtsvorschläge sollen als Fundgrube dienen und bauen nicht zwingend aufeinander auf. Jede Lehrkraft sollte selbst entscheiden, welche Inhalte ihr für die jeweilige Klassenstufe geeignet erscheinen. 3.1 Das Märchen kennen lernen Um das Märchen kennenzulernen, bietet es sich an, die Geschichte vom Nussknacker im Unterricht zu erzählen oder gemeinsam zu lesen.11 Dadurch sind die Schülerinnen und 10 Vgl. Jahn/Richter: Bildwelten zu E. T. A. Hoffmann „Nussknacker und Mäusekönig“, S. 5 8 Schüler während des Konzerts leichter in der Lage, die altertümliche Sprache und alten Begriffe zu verstehen. Eine gekürzte Erzählversion findet sich im Anhang (M1). Wenn in der Erzählung zum ersten Mal vom Nussknacker die Rede ist, wird gemeinsam besprochen: „Was ist ein Nussknacker? Hat jemand von euch einen Nussknacker zu Hause? Wie sieht er aus und wie funktioniert er?“ Die Lehrkraft kann den abgebildeten Nussknacker zeigen und beschreiben lassen bzw. zu diesem Zweck einen echten Nussknacker mitbringen. 3.2 Sachinformationen zu Tschaikowsky und der Nussknacker-Suite Die Arbeitsblätter M2 und M3 geben einen Überblick über Tschaikowskys Leben und dienen als Einführung in die Nussknacker-Suite. Ein Kreuzworträtsel bzw. die Fragekärtchen (als Spiel durchführbar in Kleingruppen oder im Klassenverbund) dienen der Überprüfung des Gelernten. 3.3 Unterrichtsvorschläge zu Tanz der Zuckerfee, Trepak, Tarantella und Tanz der Rohrflöten Die Info- und Aufgabenblätter M4-M7 geben Anregungen, um ein vertieftes Hören und Erleben der Tänze sowie die Auseinandersetzung mit der Märchenerzählung anzubahnen. Für die Hör- und Bewegungsaufgaben wird eine Nussknacker-Aufnahme benötigt, die – sofern sie nicht in der Schule vorhanden ist – zum günstigen Preis (ab 3,99 €) im Handel erworben werden kann. Außerdem können die Tänze online abgerufen werden, die Links sind im Anhang zu finden. Ein Arbeitsblatt zum Tanz der Zuckerfee (M4) stellt die Celesta vor.12 Das Schülerbild der tanzenden Zuckerfee wirkt besonders lebensecht, wenn man im Kunstunterricht vorher mit einer Gliederpuppe eine Ballettpose formt. Anschließend wird die Tänzerin mit Bleistift skizziert und nach eigenen Vorstellungen kostümiert. Der Mitspielsatz zum Trepak (M5) eignet sich besonders für die Klassen 5 und 6 (Besetzung: Triangel, Becken, Tamburin, Pauken). Zum Trepak bietet es sich auch an, die Kinder in Kleingruppen selbst einen Tanz erarbeiten zu lassen, sei es im Musik- oder im Sportunterricht. Zur Tarantella (M6) wird getanzt und mit Nusskastagnetten und Tamburins musiziert. 11 Für jüngere Kinder gibt es eine DVD mit einer Nussknacker-Aufführung des Salzburger Marionettentheaters zur Musik Tschaikowskys. Sie ist auszuleihen im Medienzentrum Stuttgart, ein Ausschnitt daraus findet sich auch auf Youtube. 12 Ein Video einer begeisterten Celestaspielerin mit dem Tanz der Zuckerfee findet sich unter http://www.youtube.com/watch?v=y7wAM3i45UE . 9 Zum Tanz der Rohrflöten (M7) können Mirlitons gebaut werden. Diese Instrumente funktionieren wie die bekannten Kazoos und sind leicht aus Bambusrohren herzustellen. Weiterführend könnte man – im HTW- oder MNK-Unterricht - gemeinsam mit den Schülern die typisch französischen Mirlitons backen – eine Art kleiner länglicher Kuchen mit einer Füllung aus Makronen oder Mandeln. Als Adventsnascherei oder leckeres Weihnachtsgeschenk können die Schüler ein Lebkuchen- oder Kekshaus anfertigen, das mit den Lieblingssüßigkeiten dekoriert wird. So hat jeder sein eigenes „Reich der Süßigkeiten“. Darüber hinaus findet sich zum Tanz der Rohrflöten im Musikbuch Rondo 3 (S. 38/39) eine Zuordnungsaufgabe zu den verschiedenen Melodieteilen sowie ein Tanzvorschlag mit selbst gebastelten Gymnastikbändern. Auch im Schülerbuch Die Musikstunde 5/6 (S. 140/141) wird die Nussknacker-Suite behandelt. Dort gibt es auch Notenbeispiele zum Marsch. 4 Material 10 M1 Das Märchen vom Nussknacker und Mäusekönig Es war der Abend des 24. Dezember. Sehnsüchtig warteten die Geschwister Fritz und Marie auf die Bescherung. Den ganzen Tag über durften sie nicht ins Wohnzimmer, das die Eltern festlich geschmückt und mit Geschenken versehen hatten. Endlich war es soweit: Mit dem Erklingen des Weihnachtsglöckchen öffnete sich die Wohnzimmertür. Wie prächtig der Weihnachtsbaum aussah! Er war mit Äpfeln, Nüssen und Kerzen geschmückt. Überall funkelte und glitzerte es! In diesem Moment klingelte es an der Tür. Der Pate Drosselmeyer hatte sich angekündigt. Der kleine, magere Mann mit der weißen Perücke brachte jedes Jahr zu Weihnachten etwas ganz Besonderes mit. Diesmal war es ein herrliches Miniaturschloss mit vielen Fensterchen und Türmen, in dem kleine Damen und Herren in prächtigen Gewändern umherspazierten. Fritz freute sich über ein ganzes Heer von kleinen Zinnsoldaten. Seine Husaren stellte er gleich in den hohen Glasschrank, damit auch keiner verloren ginge, wenn er am nächsten Tag mit ihnen spielen wollte. Plötzlich fiel Maries Blick auf etwas anderes: Sie entdeckte am Baum einen wunderschönen Nussknacker aus Holz, den sie sofort in ihr Herz schloss. (L: „Was ist ein Nussknacker?“ → s. 3.1. → Abbildung des Nussknackers zeigen) Marie ließ ihn begeistert die kleinen Nüsse knacken. Doch als Fritz ihm allzu unvorsichtig eine große Nuss in den Mund schob – krach -, da fielen dem Nussknacker plötzlich drei Zähne aus dem Mund. „Ach, mein armer, lieber Nussknacker“, rief Marie, und wiegte den Nussknacker in ihren Armen. Bald war die Bescherung vorbei, es wurde später Abend. Marie legte den armen bleichen Nussknacker in ein Puppenbettchen, sah nach seiner Wunde und stellte das Bettchen in den Glasschrank zu Fritz‘ Husaren. Als sie gerade in ihr Schlafzimmer gehen wollte, hörte sie ein Rascheln, Wispern und Flüstern. Auf der Wanduhr im Flur saß eine große vergoldete Eule, die tönte: Uhren, Uhren, Uhren, müsst nur leise schnurren, leise schnurren. – Mausekönig hat ja wohl ein feines Ohr – purrpurr – pum pum, singt nur, singt ihm altes Liedchen vor – purr purr – pum pum, schlag an, Glöcklein, schlag an, bald ist es um ihn getan!“ Marie erschrak sich sehr und wandte ihren Blick entsetzt von der Uhr ab. Als sie abermals zur Wanduhr schaute, erblickte sie statt der Eule plötzlich den Paten Drosselmeyer! Es kam noch unheimlicher, denn plötzlich drangen aus allen Ritzen der Wohnung Mäuse hervor, die mit tausend kleinen Füßchen herumscharrten und sie aus funkelnden Augen ansahen. Nun stellten sie sich in Reih und Glied auf wie die Soldaten aus Fritz‘ Armee! Mit einem Mal begann es so entsetzlich zu pfeifen, dass es ihr eiskalt über den Rücken lief. Dicht vor ihren Füßen erhob sich ein großer, plumper Mäusekörper mit sieben grässlich aussehenden Köpfen! Halb ohnmächtig vor Schreck wankte Marie zurück und stieß dabei an 11 den Glasschrank, dessen Scheiben zerklirrten. Eine herabfallende Glasscheibe traf Marie, so dass sie am Ellenbogen zu bluten begann. Mit einem Mal erhob sich nun der Nussknacker aus seinem Bett, der ebenfalls zu sprechen begann: „Knack – knack – dummes Mausepack – dummer, toller Schnack – Krick und Krack!“ Ihm folgte ein Heer von Zinnsoldaten, die ebenfalls zum Leben erwacht waren: „Aufgewacht – aufgewacht – wolln zur Schlacht – noch diese Nacht – aufgewacht – auf zur Schlacht!“. Siegessicher stürzten sie sich vom oberen Fach des Glasschrankes hinab. Die Schlacht zwischen den Mäusen und der Armee des Nussknackers begann. Als Munition dienten ihnen allerhand Süßigkeiten, die am Weihnachtsabend übrig geblieben waren. Zuckererbsen, Pfeffernüsse und kandierte Silberperlen schossen blitzschnell aus den Kanonenrohren hervor. Schließlich gelang es der Mäusearmee, den Nussknacker zu umringen. Er saß in der Falle! „Ein Pferd - ein Königreich für ein Pferd!“, rief er flehentlich, doch schon rannte der grässliche siebenköpfige Mäusekönig wutentbrannt auf ihn zu. „O mein armer Nussknacker!“, rief Marie, fasste beherzt nach ihrem linken Schuh und warf ihn mit Gewalt in den dicksten Haufen der Mäuse hinein, direkt auf ihren König. Als Marie aus ihrem tiefen Schlaf erwachte, lag sie in ihrem Bett. Neben ihr saß die Mutter. „Sind denn die grässlichen Mäuse jetzt fort, ist mein lieber Nussknacker gerettet?“, fragte das Mädchen. „Ach Marie, rede nicht so ein albernes Zeug. Wir haben dich heute Nacht neben dem Glasschrank liegen sehen. Du hast am Ellbogen geblutet und um dich herum lagen jede Menge Zinnsoldaten und Puppen. Wahrscheinlich hast du spät in der Nacht noch gespielt und bist dabei vor lauter Müdigkeit eingeschlafen.“ Nun trat der Pate Drosselmeyer in Maries Zimmer. „Na, wie geht es der kranken Marie?“, fragte er. An diesem Morgen kam er ihr noch viel hässlicher vor als sonst. „Pate Drosselmeyer, ich habe dich heute Nacht auf der Uhr sitzen sehen. Warum kamst du uns denn nicht zu Hilfe, als uns die Mäuse bedrohten?“ Der Pate Drosselmeyer schnitt nur seltsame Grimassen und murmelte geheimnisvoll: „Perpendikel musste schnurren, picken wollte sich nicht schicken. Schlagen Glocken laut – kling und klang, Honk und Hank – Puppenmädel, sei nicht bang.“ Der Pate setzte sich an Maries Bett und zog aus seiner Tasche den Nussknacker hervor, dem er geschickt die verlorenen Zähnchen wieder eingesetzt hatte. Marie jauchzte laut auf vor Freude! „Siehst du nun, wie gut es der Pate mit deinem Nussknacker meint?“, sagte die Mutter lächelnd. Bald brach die Dämmerung herein. Marie wurde von einem seltsamen Poltern geweckt und entdeckte sogleich den siebenköpfigen Mäusekönig, der wohl durch ein Mauerloch geschlüpft war. „Musst mir deine Zuckererbsen und dein Marzipan geben, sonst zerbeiß ich deinen Nussknacker“, pfiff der Mäusekönig und verschwand wieder in seinem Mauseloch. 12 Am nächsten Tag legte die verängstigte Marie all ihre Süßigkeiten neben das Mauerloch, um ihren Nussknacker zu retten. Und tatsächlich – am nächsten Morgen waren die Süßigkeiten verschwunden! Auch in der nächsten Nacht erschien der grässliche Mäusekönig und forderte nun auch noch ihre Bilderbücher und Kleidchen. Am nächsten Morgen lief Marie zu dem Schrank, in dem der Nussknacker saß, und erzählte ihm alles. „Ach Mariechen“, entgegnete der Nussknacker, „nichts sollen Sie für mich opfern, besorgen Sie mir nur ein Schwert!“ Nachdem Marie ihrem Bruder von ihren Erlebnissen erzählt hatte, gab er ihr den silbernen Spielzeugsäbel von einem seiner Soldaten. Marie hängte ihn sogleich dem Nussknacker um. Vor lauter Angst konnte sie in der nächsten Nacht kaum einschlafen. Um Mitternacht hörte sie abermals seltsame Geräusche. „Der Mäusekönig!“, flüsterte Marie entsetzt. Es klopfte an der Türe. Marie öffnete, und wer stand vor ihr? „Allerbeste Marie, machen Sie mir auf!“, tönte es, und Marie erkannte sofort die Stimme ihres Nussknackers. Er trug den blutverschmierten Säbel in der einen Hand, und eine Kerze in der anderen. Doch welch ein Wunder - der Nussknacker hatte sich in einen wohlgewachsenen jungen Mann verwandelt! „O Marie, Sie haben meinen Rittermut gestärkt, so dass ich den grässlichen Mäusekönig überwältigen konnte. Kommen Sie mit, und ich werde Ihnen herrliche Dinge zeigen!“ Ein blendendes Licht strahlte Marie entgegen, und sie befand sich vom einen Augenblick zum anderen in einem wunderbaren Märchenreich, mit einer Wiese aus Zucker! Die beiden liefen durch ein Tor aus gebrannten Mandeln und es erklang allerschönste Tanzmusik. Schließlich erreichten sie ein Wäldchen mit Bäumen aus bunten Stämmen mit den prächtigsten Früchten. Marie und der Nussknacker gingen an einem rauschenden Bächlein entlang. „Das ist der Orangenbach“, sprach der Nussknacker, „doch bald werde ich dir den Limonadenstrom zeigen, der in den Mandelmilchsee mündet.“ Schließlich erreichten Marie und der Nussknacker die Hauptstadt namens Konfektburg. Wie sehr wunderte sich Marie, dass die Bewohner den Nussknacker mit einem „Willkommen, bester Prinz!“ begrüßten. Alle Häuser rings um den Marktplatz waren aus Zucker. In der Mitte stand ein hoher Baumkuchen, aus den Brunnen spritzen Fontänen aus Limonade, und in den Becken sammelte sich lauter köstliche Creme, so dass Marie das Wasser im Mund zusammenlief. Mit einem Mal standen die beiden vor einem hell erleuchteten Schloss mit hundert luftigen Türmen. „Das ist mein Marzipanschloss“, sagte der Nussknacker-Prinz und führte Marie in den Zauberpalast. Nun hörte Marie angenehme, sanfte Musik und es schien ihr, als hob sie sich auf steigenden Wellen immer höher und höher… „Marie, aufwachen!“, sprach die Mutter. Marie war noch ganz benommen vor Magie. „O Mutter, du kannst dir gar nicht vorstellen, wo mich mein Nussknacker-Prinz heute überall 13 hingeführt hat. Was habe ich alles Schönes gesehen!“ Die Mutter erwiderte: „Du hast einen langen, schönen Traum gehabt, Marie – einen wunderschönen Traum.“ Jedoch - noch heute erzählt man sich, dass Marie als Königin in jenem Land herrscht, in dem man funkelnde Weihnachtswälder, durchsichtige Marzipanschlösser, kurz – die herrlichsten und fantastischsten Dinge erblicken kann, wenn man nur Augen hat, sie zu sehen. 14 M2 Der russische Komponist Peter I. Tschaikowsky Peter (eigentlich: Pjotr) Illjitsch Tschaikowsky wurde im Jahr 1840 in einer kleinen Stadt in Russland geboren. Schon mit 4 Jahren war er fasziniert von der Musik und begann, Klavier zu spielen. Als Peter 10 Jahre war, musste die Familie nach Sankt Petersburg umziehen. Dort starb nach kurzer Zeit seine Mutter an Cholera, einer damals fast unheilbaren Krankheit. Peter flüchtete sich immer mehr in die Welt der Musik. Als Erwachsener wurde er zunächst Beamter im Justizministerium. Doch die Arbeit im Büro langweilte ihn. Im Jahr 1862 entschied er sich, die Musik zu seinem Beruf zu machen. Er studierte Musik bei dem berühmten russischen Pianisten Anton Rubinstein. Im Jahr 1866 erhielt Tschaikowsky eine Stelle am Moskauer Konservatorium. Nun unterrichtete er, schrieb Aufsätze über Musik und komponierte eigene Werke. Allerdings dauerte es einige Zeit, bis Tschaikowsky als Komponist und Dirigent bekannt wurde. Tschaikowsky wurde finanziell unterstützt durch eine reiche Dame. Dadurch konnte er viele Reisen in fremde Länder unternehmen und ungestört komponierten. Die beiden lernten sich jedoch nie persönlich kennen, sondern schrieben sich nur Briefe. Obwohl Tschaikowsky mit seinen Opern, Sinfonien, Klavierkonzerten sowie seinen Balletten Schwanensee und Der Nussknacker sehr bekannt und erfolgreich war, war er nie richtig glücklich. Er starb schon mit 53 Jahren an einer Krankheit. 15 Kreuzworträtsel Lies den Text über Peter Illjitsch Tschaikowsky und löse anschließend das Kreuzworträtsel! Wenn du die Buchstaben in den grauen Kästchen richtig ordnest, erhältst du das Lösungswort! 1 2 3 4 5 6 7 Waagerecht: 1. Tschaikowskys Lehrer im Studium hieß mit Nachnamen ... 3. Erstes Musikinstrument 4. Hauptstadt von Russland 7. Seine Mutter starb an ... Senkrecht: 1. Geburtsland Tschaikowskys 2. Sein zweiter Vorname lautete … 4. Dieses Fach studierte Tschaikowsky später 5. Erster Vorname Tschaikowskys 6. Ein großes Musikwerk, zu dem getanzt wird, nennt man ... Peter Illjitsch Tschaikowsky war ein bekannter russischer ___ ___ ___ ___ ___ ___ ___ ___ ___ . 16 Lösung Kontrolliere Deine Lösung des Kreuzworträtsels! 1 R U B U I N S T E I A V I E R N L 3 S K L S J L I 4 5 M O S K A U T P U N S E S D C T 6 B 7 I C H K O L E R R A L L E T T Waagerecht: 1. Tschaikowskys Lehrer im Studium hieß mit Nachnamen ... 3. Erstes Musikinstrument 4. Hauptstadt von Russland 7. Seine Mutter starb an ... Senkrecht: 1. Geburtsland Tschaikowskys 2. Sein zweiter Vorname lautete… 4. Dieses Fach studierte Tschaikowsky später 5. Erster Vorname Tschaikowskys 6. Ein großes Musikwerk, zu dem getanzt wird, nennt man ... Peter Illjitsch Tschaikowsky war ein bekannter russischer K O M P O N I S T . 17 M3 Der Nussknacker von Peter I. Tschaikowsky Da Tschaikowsky mittlerweile dafür berühmt war, wunderschöne Ballette zu komponieren, bekam er einen besonderen Auftrag vom St. Petersburger Theater. Er sollte die Geschichte vom Nussknacker und Mäusekönig vertonen. In dieser Geschichte von Alexandre Dumas, die in Anlehnung an das Märchen von E. T. A. Hoffmann entstand, wird von einem Weihnachtsabend erzählt. Das Mädchen Klara bekommt einen Nussknacker geschenkt. Um Mitternacht hört sie Geräusche im Wohnzimmer. Sie schleicht herunter und entdeckt, wie der Nussknacker mit einem Herr von Zinnsoldaten gegen eine Armee Mäuse kämpft. Sie werden angeführt vom schrecklichen siebenköpfigen Mäusekönig. Klara wirft mit ihrem Schuh nach dem Nussknacker und rettet ihn. Der Nussknacker verwandelt sich in einen Prinzen. Zum Dank führt er Klara ins Reich der Süßigkeiten. Dort werden ihr zu Ehren die unterschiedlichsten Tänze aufgeführt. Kennst du auch eine Geschichte oder einen Film, wo Spielzeug lebendig wird? Beim Ballett wird auf der Bühne eine Geschichte erzählt, aber ohne Worte. Es gibt keinen Erzähler und keine Sänger wie in der Oper. Dafür gibt es Balletttänzer mit außergewöhnlichen Kostümen und einem Bühnenbild. Der Tanz wird von einem Orchester mit klassischer Musik begleitet. Warst du schon einmal bei einer Ballettaufführung dabei? Kennst du jemanden, der Ballett tanzt? Vom Ballett Der Nussknacker gibt es eine kürzere Fassung. Sie heißt NussknackerSuite und wurde im Jahr 1892, einige Monate vor dem großen Ballett, aufgeführt. Das Publikum war begeistert von den 8 kurzen, mitreißenden Stücken. In der Nussknacker-Suite kommen die bekanntesten Tänze vor. Viele der bezaubernden Melodien kennst du sicher. Sie erklingen vor allem zur Weihnachtszeit im Radio, in Kaufhäusern oder in der Werbung. Am besten, du hörst dir einmal einige Stücke an. Kommen sie dir bekannt vor? 18 Fragespiel zum Nussknacker Wer schrieb das Märchen vom Nussknacker und Mäusekönig? Wie heißt die kurze Fassung des Balletts Der Nussknacker? Was ist Maries schönstes Weihnachtsgeschenk? Wer gab Tschaikowsky den Auftrag, das Märchen vom Nussknacker zu vertonen? Was sieht und hört man bei einer Ballettaufführung? Aus wie vielen Zu welcher Jahreszeit kurzen Stücken erklingen heute oft besteht die die Tänze aus dem Nussknacker- Suite? Nussknacker? Wer bedroht den Nussknacker in der Nacht? Wer kämpft an der Seite des Nussknackers? Wie rettet Marie den In wen verwandelt Nussknacker? sich der Nussknacker nach seiner Rettung? Womit bedankt sich der NussknackerPrinz bei Marie? Wie nennt man die Kleidung, die eine Balletttänzerin trägt? Wie gefiel dem ersten Publikum die Nussknacker-Suite? In welchem Jahr wurde der Nussknacker aufgeführt? 19 M4 Der Tanz der Zuckerfee / Ein besonderes Instrument Auf einer Reise durch Frankreich entdeckte Peter Illjitsch Tschaikowsky ein seltenes Instrument: Die Celesta. Heimlich ließ er sie nach Russland bringen, damit kein anderer auf die Idee kam, sie zu verwenden. Die Celesta wurde erst wenige Jahre zuvor in Paris entwickelt, von einem Franzosen namens Auguste Mustel. Der Name kommt vom französischen Wort „céleste“, auf Deutsch „die Himmlische“. Das Instrument hat einen besonders süßen, weichen Klang. Obwohl die Celesta aussieht wie ein Klavier, klingt sie wie ein Glockenspiel. Im Inneren des Instruments befinden sich keine Saiten wie beim Klavier, sondern Stahlplatten wie bei einem Glockenspiel. Die Stahlplatten werden jedoch mit Hilfe der Tasten angeschlagen. Der zauberhafte Klang erinnert ein wenig an die Musik aus einer Spieldose. Die Celesta Hört euch den Tanz der Zuckerfee an! Findet ihr weitere Begriffe, die den Klang der Celesta gut beschreiben? ____________________________________ Drei Instrumentengruppen könnt ihr sicher besonders gut heraushören: Streicher - Celesta - Holzbläser Spielt die Instrumente in verteilten Rollen pantomimisch mit, wenn sie erklingen! Wer von euch spielt das tiefe Solo der Bassklarinette? 20 Male die Zuckerfee im Reich der Süßigkeiten! 21 M5 Der Trepak / Mitspielsatz © 1994 Diesterweg Verlag, Frankfurt Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags 22 M6 Tarantella Die Tarantella ist ein sehr kurzer, schneller Tanz und stammt ursprünglich aus Süditalien. Der Tanz sollte einer Legende zufolge helfen, wenn man von einer Tarantel gestochen wurde. Heute weiß man, dass der Stich einer Tarantel nicht viel giftiger ist als der einer Wespe. Trotzdem glaubten die Leute, dass sie bis zur Erschöpfung tanzen mussten, um das Gift aus dem Körper zu treiben. Auf der Fotografie (unten) aus dem 19. Jahrhundert siehst du ein Paar, das die Tarantella tanzt und dabei von Musikern begleitet wird. Hör- und Bewegungsaufgaben: 1. Eines der abgebildeten Instrumente hört ihr auch in Tschaikowskys Tarantella. Welches? 2. Stellt euch vor, ihr wurdet von der Tarantel gestochen und wollt nun durch Tanzen das Gift loswerden. Überlegt euch, wie ihr euch dazu bewegen könntet. Tanzt zur Musik! Ihr braucht dazu viel Platz, um nichts zu berühren. 23 Die Tarantella rhythmisch begleiten Ihr könnt die Tarantella mit Tamburin und Kastagnetten rhythmisch begleiten. Hört zunächst genau auf die Musik: Wann setzen die Rhythmusinstrumente ein? Verwendet den untenstehenden Begleitsatz und wiederholt ihn bis zum Schluss, oder denkt euch selbst einen passenden Rhythmus aus! Tipp: Bastelt euch selbst Nusskastagnetten, indem ihr zwei Walnusshälften auf ein Stück Pappe klebt und es in der Mitte knickt! Ihr könnt die Nusskastagnetten auch anmalen – am besten vor dem Aufkleben der Walnusshälften. 24 M7 Tanz der Rohrflöten Der Tanz der Rohrflöten heißt im Original Tanz der Mirlitons. Mit „Mirlitons“ sind im Französischen nicht nur kleine, flötenähnliche Musikinstrumente für Kinder gemeint, sondern auch längliche, rund geformte Blätterteigteilchen, die mit Mandeln gefüllt sind. Damit passen die Mirlitons natürlich besonders gut ins Reich der Süßigkeiten! Tschaikowsky setzt in seinem Tanz keine Mirlitons, sondern Querflöten ein. Die Querflöte ist ein Holzblasinstrument, denn sie wurde früher aus Holz hergestellt. Heute besteht sie aus Metall, Silber oder Gold. Man hält sie nicht wie die Blockflöte nach unten, sondern waagerecht. Der Ton wird erzeugt, indem man gegen die Kante des Mundloches bläst. Höraufgaben: Findet ihr heraus, wie viele Querflöten Tschaikowsky einsetzt? Spielen sie alle dieselbe Stimme? Bewegen sie sich parallel oder entgegengesetzt? 25 Ein Mirliton bauen Du brauchst: - Eine runde oder halbrunde Feile Ein Bambusrohr (ohne Verdickung), ca. 15 cm lang Pergamentpapier einige Gummibänder Anleitung: 1. Erzeuge mit der Feile etwa 5 cm von einem der Enden entfernt ein Loch. Es soll einen Durchmesser von etwa 7 mm haben. Dort werden später die Lippen angesetzt, um einen Klang zu erzeugen. 2. Überziehe beide Enden des Rohres nun mit Hilfe der Gummibänder mit dem Pergamentpapier. 3. Wenn du nun in das Loch hineinsummst, wird die Pergamentmembran zum Schwingen gebracht und deine Stimme wird verstärkt – ähnlich wie beim Kazoo, das du vielleicht schon kennst. Spielt euch auf den Mirlitons gegenseitig bekannte Melodien vor. Wer errät die meisten Lieder? 26 5 Literatur Peter Tschaikowsky: Der Nussknacker, Ballett op. 71. Baden-Baden: Edwin F. Kalmus Notenarchiv E. T.A. Hoffmann: Nussknacker und Mausekönig. Stuttgart: Reclam 2006 Harenberg Kulturführer Konzert, 7. Auflage. Mannheim: Mayers Lexikonverlag 2006 Wagner, Renate: Handbuch des Musiktheaters, Bd. 1. Freiburg im Breisgau: Herder 1992 Floros, Constantin: Peter Tschaikowsky. Reinbek: Rororo 2006 Helm, Everett: Peter I. Tschaikowsky in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek: Rowohlt 1976 Laroche, Hermann: Peter Tschaikowsky/Aufsätze und Erinnerungen. Berlin: Verlag Ernst Kuhn 1993 Laroche, Hermann: Tschaikowsky aus der Nähe. Kritische Würdigungen und Erinnerungen von Zeitgenossen. Berlin: Verlag Ernst Kuhn 1994 Mann, Klaus: Symphonie Pathétique. Ein Tschaikowsky-Roman. Reinbek: Rororo, 1999 Medien für Kinder: Friedl, Peter; Hämmerle, Susa: Der Nussknacker (mit CD). München: Annette Betz Verlag, 2006 Zuckowski, Rolf: Das große Abenteuer Musik Vol. 14 – Claras Traum vom Nussknacker und Mäusekönig. Philips Kinder Classics 1994 Schulbücher: Keller, Karl-Heinz (Hrsg.): Rondo 3 - Schülerbuch, Offenburg: Mildenberger Verlag Meyer, Heinz (Hrsg.): Die Musikstunde – Schülerband 5/6 , Frankfurt: Diesterweg Verlag Bildnachweise: Peter Tschaikowsky, Seite 3,4: http://www.russisches-musikarchiv.de/ werkverzeichnisse/ tschaikowski-werkverzeichnis.htm E. T. A. Hoffmann, Seite 8: http://www.bildindex.de Nussknacker, Seite 13: http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ANussknacker.jpg Ballett, Seite 18: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Snowdance.jpg Glockenspiel, Seite 20: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Glockenspiel-malletech.jpg 27 Celesta, Seite 20: http://commons.wikimedia.org/wiki/Celesta Mitspielsatz, Seite 21: Aus Die Musikstunde 5/6, Schülerband, S. 137. Frankfurt: Diesterweg Verlag. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers GmbH. Querflöte, Seite 24: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons /6/6d/ Flauto_Traverso_COMET3.jpg Links zu den Balletttänzen: Tanz der Zuckerfee: http://www.youtube.com/watch?v=vH9vYiqDX5o Trepak: http://www.youtube.com/watch?v=oXQH1sKiuD4 Tarantella: http://www.youtube.com/watch?v=Zhoarl9fuPI Tanz der Rohrflöten: http://www.youtube.com/watch?v=H_BQOKTZ8DM Gesamtaufführung des Mariinsky-Theaters aus dem Jahr 2007: http://www.youtube.com/watch?v=pO1tGHD6zr8 [Alle Internetquellen abgerufen am 04.10.13]