ein magazin zum geburtstag
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ein magazin zum geburtstag
Ge|nos|sen|schaft (Abk. Gen.); vgl. eG eG = eingetragene Genossenschaft Genossenschaftsgesetz (GenG) § 1 Wesen der Genossenschaft (1) Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern (Genossenschaften), erwerben die Rechte einer „eingetragenen Genossenschaft“ nach Maßgabe dieses Gesetzes. „Solange Menschen die Erde bevölkern, haben sie sich, wenn es galt, wirtschaftliche oder andere Bedürfnisse zu befriedigen und dies die Kräfte des Einzelnen überstieg, in Gruppen oder Gesellschaften zusammengeschlossen. (…) Sich zu gegenseitiger Hilfe in einer Gemeinschaft zu verbinden, das ist der einfache Sinn des Genossenschaftsgedankens.“ Spar- und Bauverein eG Dortmund, 1893-2013 ein magazin zum geburtstag Geschichten. Erlebnisse. Standpunkte. Quelle: Helmut Faust, Geschichte der Genossenschaftsbewegung, Frankfurt 1965 (1932) Regeln zur Wohnungsnutzung: 4. „Dem Vorstand und Aufsichtsrat steht das Recht zu, die Wohnung durch Beauftragte ohne vorherige Anmeldung zur üblichen Tageszeit besichtigen zu lassen.“ 5. „Die Überlassung der Wohnung erfolgt ausschließlich zur Benutzung durch das Mitglied und die zu seinem Haushalte gehörigen Personen. Die Aufnahme anderer Personen in die Wohnung, besonders das Vermieten von Wohnungsteilen und das Halten von Kostgängern sowie Hunden, Klein- und Federvieh ist nicht gestattet. Die Wohnung soll dem Mitgliede und seiner Familie ein dauerndes Heim bieten und zu ihrem geistigen und körperlichen Wohl dienen. Sie darf daher seitens der Genossenschaft nur in dringenden Fällen gekündigt werden.“ Quelle: Spar- und Bauverein eG, 1932 01 Wilhelm Unverhau – die Gründung Getragen von der Idee der sozialen Verantwortung gründen Dortmunder Bürger am 4. März 1893 in der Gaststätte „Zum Schwarzen Raben“ die Wohnungsgenossenschaft Spar- und Bauverein eG Dortmund. Die treibende Kraft ist der Vorzeichner Wilhelm Unverhau; er möchte mit der Siedlungsgenossenschaft die große Wohnungsnot in solidarischer Selbsthilfe lindern. 02 Starke Bautätigkeit in den ersten Jahren Kurz nach der Gründung der Genossenschaft entstehen die ersten Gebäude in der „Lange Straße“, „Paulinenstraße“ sowie in der „Heinrichstraße“. 03 Die 3000. Wohnung Ein Ehrentag für die Genossenschaft: Am 10. Mai 1929 wird im Beisein wichtiger Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens die 3000. Genossenschaftswohnung, Neuer Graben 163, übergeben. 04 Zerstörung im Zweiten Weltkrieg Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939 wird der Wohnungsbau völlig aus der Bahn geworfen. An die Stelle des Aufbaus tritt bald Zerstörung. Von den 4.338 Wohnungen und 62 gewerblichen Einheiten der Spar- und Bauverein eG Dortmund bleiben lediglich vier Häuser mit 34 Wohnungen unbeschädigt. (02) (09) (01) (05) (11) 05 Wiederaufbau Am Tag des 60-jährigen Bestehens, am 4. März 1953, berichtet der Vorstand stolz, dass alle Trümmer beseitigt und sämtliche Ruinen wiederaufgebaut sind. 06 75-Jähriges Jubiläum Im Jahre 1968 wird der Spar- und Bauverein 75 Jahre alt. Der Bestand der Genossenschaft hat sich auf über 8.000 Wohnungen erhöht. Pünktlich zum 75-jährigen Jubiläum werden die ersten Wohnungen speziell für Senioren in Dortmund-Hacheney bezogen. 07 Friedrich Wilhelm Reckermann (05) 1975 in den Vorstand berufen, prägte Friedrich Wilhelm Reckermann über lange Zeit hinweg die Geschäftstätigkeit des Spar- und Bauvereins. 2012 trat er in den Ruhestand ein. 08 Den Nachwuchs fördern Die Spar- und Bauverein eG hat die Aus- und Weiterbildung junger Berufseinsteiger zu Fachkräften der Immobilienwirtschaft schon immer als Schlüsselaufgabe betrachtet. Es ist daher nur konsequent, dass mehr als die Hälfte der aktiv tätigen kaufmännischen Mitarbeiter im eigenen Unternehmen ausgebildet wurden. (07) (04) (03) 09 Nachbarschaft (er)leben Der Nachbarschaftstreff im Althoffblock wurde im Jahr 2000 eingerichtet. Die Stärkung des nachbarschaftlichen Lebens aller Generationen steht hier im Mittelpunkt. 10 Bewohnerfest Gegen die vielbeschworene Anonymität großstädtischen Wohnens setzt der Spar- und Bauverein die Förderung nachbarschaftlichen Miteinanders. Die vielen regelmäßigen Bewohnerfeste sind meist der Beginn wunderbarer Freundschaften. 11 Preiswürdig Verleihung des NRW-Landespreises-Architektur am 12.11.2012 im Ständehaus, Düsseldorf: NRW-Minister Michael Groschek (5.v.r.) im Kreise der Projektverantwortlichen. Ausgezeichnet wurde das Mehrgenerationen-Wohnprojekt am Generationenweg 1. (08) 12 Zukunft braucht Geschichten (10) Pläne, Ideen, Bilder von dem, was morgen sein könnte. Zukunft hat eine Geschichte – in Gestalt sämtlicher Anstrengungen, die gestern wie heute unternommen wurden und werden, um ihr das gewünschte Gesicht zu geben. (12) (06) Ursprung „Man muss wissen, wo man herkommt, um zu wissen, wohin man geht.“ Inhalt Dr. Martin Sprungala, Interview 2013 Seite 06 Ein Haus, Ein Platz 10 12 leben mit dem elefanten stein auf stein 14 Keiner geht verloren 16 gastliche stätte 18 die seite für kinder 20 erst sparen, dann bauen 22 die grosse verwandtschaft des dr. martin sprungala 24 Die genossenschaft ist für die zukunft gut aufgestellt 28 33 drei fragezeichen für den spar- und bauverein 36 Momente im Zeitwandel 38 zu guter letzt / das redaktionsteam eine Idee macht Geschichte 120 Jahre Geschichte, 120 Jahre Zukunft Zu Besuch am Borsigplatz in der Dortmunder Nordstadt Aufsichtsratsvorsitzer Peter Lauber im Gespräch Wohnmodelle für die Zukunft Freunde finden und sich gegenseitig helfen Aus einer Idee wird eine Geschichte. Und aus der Geschichte Zukunft. Liebe Leserinnen und Leser, liebe Mitglieder des Spar- und Bauvereins, am 4. März 1893 wurde unsere Wohnungsgenossenschaft in der Gaststätte „Zum Schwarzen Raben“ gegründet. Das war vor 120 Jahren. Heute sind wir nicht nur auf die Generation der wagemutigen Gründer stolz, sondern auch auf die vielen Akteure, die sich über Generationen mit Herzblut engagiert haben, damit ihre Genossenschaft stets auf der Höhe der Zeit war. Aus der Idee, gemeinsam und solidarisch etwas zu schaffen, was der Einzelne nicht konnte, wurde ein Unternehmen. Aus einer kleinen, engagierten Gemeinschaft wurde eine große Gruppe. Schon nach wenigen Jahren zählte der Sparund Bauverein Dortmund zu den bedeutendsten Wohnungsgenossenschaften in Deutschland. Die Ziele der Gründer gelten noch heute – und sie haben zum Erfolg unserer Genossenschaft beigetragen. Es gibt also viele Gründe sich zu freuen und unseren 120. Geburtstag zu feiern! Das wollen wir mit Ihnen, den Mitgliedern und Freunden unserer Genossenschaft, gemeinsam tun. Der Volmarsteiner Platz im Althoffblock Nicht harte Daten und Fakten zu 120 erfolgreichen Geschäftsjahren wollen wir in den Mittelpunkt stellen, sondern Sie, liebe Mitglieder. Wir sind unserer Geschichte mit Ihren Geschichten auf die Spur gegangen. In diesem Magazin möchten wir die Atmosphäre und Unternehmenskultur aus unterschiedlichen Blickwinkeln erlebbar machen. Traumschloss oder Ritterburg? Auf der Suche nach Geschichten haben wir viele Menschen aller Generationen befragt: Mitglieder und Gremienmitglieder sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir haben ihre Erlebnisse und Erinnerungen sowie alte Fotos und Dokumente gesammelt und stellen sie Ihnen hier auszugsweise vor. 120 Jahre Spareinrichtung Eine Familie und eine Wohnung – 110 Jahre Heinrichstraße Der Gesamtvorstand im Interview Geheimnis und Geschichtensuche mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen Begonnen haben wir unsere Geschichtsforschung mit einem Geschichtenwettbewerb für Kinder und einer digitalen Schatzsuche für Jugendliche, einem sogenannten Geocaching. Das brachte Spaß und auch wunderbare Geschichten ans Tageslicht. In Erzählcafés und vielen Interviews haben wir anschließend Zeitzeugen befragt, wie es früher war, in der „guten alten Zeit“ der Genossenschaft. Die Zeiten waren gewiss nicht immer gut, aber die Geschichten, die wir sammeln konnten, sind es! Ein Blick in die Vergangenheit muss aber immer auch ein Blick in die Zukunft sein. Denn 120 Jahre nach der Gründung treibt sie uns immer noch an, diese Genossenschaftsidee. Sie ist zum Baustein unserer Zukunft geworden. Der Sparund Bauverein hat sich mittlerweile zum wichtigen Wirtschaftsfaktor und stadtteilprägenden Investor im Großraum Dortmund entwickelt, ohne dabei das gemeinschaftliche Für- und Miteinander in der Genossenschaft aus den Augen zu verlieren. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – ein Dreiklang, mit dem der Spar- und Bauverein sich in der Stadt hören lassen kann. Ein herzlicher Dank an alle, die mitgemacht haben. Nun wünschen wir Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre! Im Namen des Gesamtvorstandes Ein Blick im Augenblick Impressum Franz-Bernd Große-Wilde Vorstandsvorsitzender 120 JAHRE 06.07 Eine Idee macht Geschichte Erst mit Überwindung der Inflation steuert der Sparund Bauverein wieder besseren Zeiten entgegen. So zählt die Genossenschaft im September 1924 schon 9.309 Mitglieder, die sehr zahlreich an der Mitgliederversammlung teilnehmen. Zerstörung statt Aufbau Kurze Zeit später beginnt mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler ein unendliches Leid. An die Stelle des Aufbaus tritt mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939 bald Zerstörung: Brandbomben und Phosphorkanister, Sprengbomben und Luftminen machen 120 Jahre Geschichte, 120 Jahre Zukunft – Die Spar- und Bauverein eG Dortmund bleibt ihren Zielen treu Baustelle Boldtstraße, 1928 Baustelle Steubenstraße 2-16, 1952 Getrieben von der Idee der sozialen Verantwortung gründen einige wenige, aber weitschauende Männer den Sparund Bauverein an jenem Tag im Jahre 1893. Die Gründungsväter, unter ihnen Wilhelm Unverhau als treibende Kraft, möchten mit der Siedlungsgenossenschaft die Wohnungsnot Dortmunds in solidarischer Selbsthilfe lindern. Metzgerei Gustav Purrmann, Roseggerstraße 60, Baujahr 1914 Der Weg in eine bessere Zukunft Das Gründungsrestaurant „Zum Schwarzen Raben“, Wißstraße 47 A ls am 4. März 1893 Dortmunder Bürger in der Gaststätte „Zum Schwarzen Raben“ zusammenkamen, konnte keiner ahnen, dass 120 Jahre später aus der mutigen Idee, die Wohnungsnot in ihrer Stadt zu lindern, die größte Wohnungsbaugenossenschaft mit eigener Spareinrichtung in NRW werden sollte. Damals, an jenem Tag im Jahre 1893, wurde der Grundstein für die Spar- und Bauverein eG Dortmund gelegt. Heute zählen 11.669 Wohnungen und 18.050 Mitglieder zu einer der leistungsstärksten Wohnungsbaugenossenschaften, deren Philosophie, den Menschen ein wertvolles und nachhaltiges Zuhause zu bieten, eng mit den Höhen und Tiefen der deutschen Geschichte und dem Leben im Ruhrgebiet verwoben ist. Eine Wirtschaftskrise, zwei Weltkriege, der Mauerfall oder auch jüngst die Finanzkrise: Die Spar- und Bauverein eG Dortmund hat in ihren 120 Jahren viel erlebt, doch ihr Ziel, das gemeinschaftliche Für- und Miteinander, nie aus den Augen verloren. Im Laufe des vergangenen Jahrhunderts hat sich die Genossenschaft so zum wichtigen Wirtschaftsfaktor und stadtteilprägenden Investor im Großraum Dortmund entwickelt. Eine Idee wird lebendig Ende des 19. Jahrhunderts führen Bevölkerungswachstum und Binnenwanderung in den industriellen Ballungszentren zur Wohnungsnot. Hunderttausende Arbeiter aus ländlichen Gegenden strömen ins industrielle Zentrum des Deutschen Reiches – doch es fehlt an ausreichend Wohnraum. Insbesondere in den rasch wachsenden Städten werden Wohnungen schnell zu teuer, sie sind durch Untervermietung überbelegt und hygienisch unzureichend. Die Folge: Viele Arbeiter leben in Elendsquartieren ohne Anbindung an die städtische Infrastruktur. Kurz nach der Gründung entsteht auch sogleich das erste Gebäude, Lange Straße 111-113. Seine 2- bis 3-ZimmerWohnungen – für etwa 150 bis 200 Mark im Jahr – sind begehrt. Alleine in den ersten beiden Jahren werden insgesamt 48 Wohnungen fertiggestellt und bezogen. Bereits zum Jahresschluss 1902 haben 3.116 Mitglieder – überwiegend Bergarbeiter, Eisenbahn- und Postbedienstete – durch Zeichnung eines Geschäftsanteils von 300 Mark ihren Beitritt erklärt. 30 Pfennig in der Woche müssen sie entrichten, bis zur Vollzahlung von 300 Mark. Für viele Familien bedeutet die wöchentliche Abgabe von 30 Pfennig sicherlich einen Verzicht. Zeitgleich ist es für viele Familien auch ein Ausweg aus dem Elend – und der Weg in eine bessere Zukunft. 590 Wohnungen, acht Verkaufsläden, zwei Gaststätten, eine Bäckerei sowie eine Metzgerei werden bis 1902 errichtet. In den folgenden Jahren setzt sich das Wachstum fort. Ganze Siedlungen entstehen, die ihren neuen Bewohnern gute und gesunde Wohnungen bieten. vor allem die Dortmunder Innenstadt zu einer Ruinenlandschaft, vernichten aber auch in den Vororten eine Vielzahl von Wohn- und Geschäftshäusern. Von den 4.338 Wohnungen und 62 gewerblichen Einheiten der Spar- und Bauverein eG Dortmund bleiben lediglich vier Häuser mit 34 Wohnungen unbeschädigt. Trotz Hungersnot und mit großer Mühe können dank zahlreicher erfinderischer Männer und Frauen viele Wohnungen zumindest provisorisch genutzt werden. Mit dem Beginn der Währungsreform am 20. Juni 1948 brechen die hitzigen Jahre des Wiederaufbaus an. Am Tag des 60-jährigen Bestehens, am 4. März 1953, berichtet der Vorstand schließlich stolz, dass alle Trümmer beseitigt und sämtliche Ruinen wiederaufgebaut sind. In den folgenden Jahren wird das Bauvolumen erweitert. Erstes Verwaltungsgebäude, 1902-1945, Heinrichstraße 27 /Adlerstraße 56 Einschnitte im Ersten Weltkrieg Trotz des beginnenden Ersten Weltkrieges können Mietwohngebäude in der Althoffstraße errichtet werden. Auch wenn an den bis 1918 erbauten 255 Häusern mit über 2.000 Mietwohnungen keine nennenswerten Schäden entstehen, bringt der Erste Weltkrieg Einschnitte mit sich. Nach Kriegsende stocken die Bauarbeiten, es fehlen schlichtweg Handwerker und Material. Hinzu kommt in der Nachkriegszeit eine schwere wirtschaftliche Prüfung: die Inflation. Kosten 1.000 Mauersteine im Jahr 1914 noch 19 Mark, so steigt der Preis für das so wichtige Baumaterial im Jahr 1920 auf mehr als 350 Mark. Gaststätte „Zum Adler“, Adlerstraße 62, Baujahr 1894/95 120 JAHRE 08.09 Das stetige Wirtschaftswachstum und der zunehmende Wohlstand prägen die rasante Aufwärtsentwicklung der Genossenschaft entschieden weiter. Zwischen 1961 und 1965 werden alleine 918 Wohnungen in Sölde, Schüren und Brackel fertiggestellt. Die Reformen nehmen Gestalt an Von einer Wohnungsnot wie zu Zeiten der beginnenden Industrialisierung kann Ende der 70er-Jahre keine Rede mehr sein. In der Folgezeit bis heute ist und bleibt die Genossenschaft ein Ort für reformerisches Denken. So werden zum Beispiel bereits ab 1962 die ersten umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen in Angriff genommen. Es entstehen eigene Badezimmer, die Toiletten werden von Podesten in Wohnungen verlegt und die Häuser werden nach und nach voll elektrifiziert. Die Genossenschaft eilt in den folgenden Jahren von Rekord zu Rekord. In den 70er-Jahren verfügt die Wohnungsbaugenossenschaft bereits über mehr als 9.400 Wohnungen. Ob sozialer Wohnungsbau, der Zuzug der Gastarbeiter, der Mauerfall im Jahr 1989, der eine Welle nicht nur finanzieller Aufbauhilfe auslöst, oder auch die ersten Auswirkungen des demografischen Wandels: Im Laufe der Zeit erfindet sich die genossenschaftliche Wohn- und Lebensform immer wieder neu und passt sich an die jeweiligen Lebensentwürfe und Wohnentwicklungen an. Wir werden immer älter Zweifelsohne stellt der demografische Wandel eine große Herausforderung in der heutigen Zeit dar. Immer weniger Kinder werden geboren, mehr Menschen haben ihre Wurzeln in einem anderen Kulturkreis – und: Wir leben länger. Doch der demografische Wandel ist gestaltbar. Genossenschaften können dabei helfen, indem sie beispielweise barrierefreie Wohnungen zur Verfügung stellen und bauliche Veränderungen im Wohnungsbestand vornehmen. Zusätzlich stellt sich die Spar- und Bauverein eG seit dem neuen Jahrtausend immer stärker darauf ein, mit zielgruppenspezifischen Angeboten den Be- dürfnissen ihrer Mitglieder gerecht zu werden. So richten sich zahlreiche realisierte und noch geplante Neubaumaßnahmen an sehr unterschiedliche Altersgruppen mit dem Ziel, in den Wohnquartieren möglichst vielen Lebenssituationen gerecht werden zu können. Die Palette des Engagements reicht beispielsweise von der kindgerechten Modernisierung eines Kindergartens in DortmundBodelschwingh über die Errichtung eines generationenübergreifenden Wohnprojektes in Zusammenarbeit mit dem W.I.R. e.V. in Dortmund-Brünninghausen bis hin zu unterschiedlichen Neubaumaßnahmen im Segment „Service Wohnen im Alter“. Bei den zuletzt angesprochenen Bauvorhaben im Seniorensegment legt die Genossenschaft besonderen Wert auf die moderate Mietpreisgestaltung sowie die faire Kalkulation von Grund- und Wahlleistungspauschalen. Individuelles Wohnen in der Gemeinschaft Anstatt isolierter Wohnungsbewirtschaftung steht dabei eine integrierte Stadtteilgestaltung auf der Agenda. Solidarisch gelebte Nachbarschaft in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche ist umso wichtiger, da Nachbarschaft sprichwörtlich einen Raum für Heimat bietet. Dort, wo vor allem viele ältere Menschen oft alleine leben, wird Nachbarschaft gelebt und gefördert – mit bunten Straßenfesten, geselligen Bewohnerfesten oder auch gemeinsamen Ausflügen. Nur wer sich wirtschaftlich, sozial und kulturell konsequent für die Entwicklung von Stadt und Quartier engagiert, kann den Menschen ein Zuhause bieten, in dem sie sich rundum wohlfühlen. 25-jähriges Dienstjubiläum, Klempner-Altgeselle Albert Macka, Heinrichstraße 54, 3. September 1949 Verleihung des Qualitätssiegels „Betreutes Wohnen NRW“ für den Neubau Bauerstraße 3, 5 in Dortmund-Brackel, überreicht vom Vorsitzenden des Kuratoriums Betreutes Wohnen, Alexander Rychter, Verbandsdirektor des VdW Rheinland Westfalen e.V. Düsseldorf, 2012 Bohrungen für geothermische Anlagen in der Bauerstraße 3, 5, 2008 © RuhrNachrichten, Schaper Mut und Fantasie Das Bewährte erhalten und mutig das Neue wagen: Das sind die zentralen Herausforderungen, denen wir uns seit mittlerweile 120 Jahren stellen. Auch in der Zukunft wird es unsere Aufgabe sein, hohe Wohn- und Lebensqualität für zukünftige Generationen zu sichern und zugleich Antworten auf die ökonomischen, ökologischen und sozialen Anforderungen zu finden. Das geschieht durch zeitgemäße Wohnformen, die auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind, in Zukunft aber flexibel nutzbar bleiben. Über die Jahrzehnte hinweg ist es uns mit dieser Strategie gelungen, die soziale Stärke der traditionellen Genossenschaft mit der Dynamik eines modernen Dienstleisters rund ums Wohnen und Sparen zu verbinden. Über 1600 Wohnungen bietet der Spar- und Bauverein im Dortmunder Norden, darunter viele rund um den Borsigplatz. Schmuckstück und Erkennungszeichen ist das Concordiahaus, erbaut Anfang 1900. Im Erdgeschoss des „Türmchenhauses“ befand sich bis in die 50er-Jahre das beliebte Tanz- und Festlokal „Concordia“. Ein Haus, ein Platz Zu Besuch am Borsigplatz in der Dortmunder Nordstadt Als der BVB 1909 am Borsigplatz gegründet wurde, stand dort bereits eines der ersten Häuser des Spar- und Bauvereins: das Concordiahaus. Damals wie heute trifft man an diesem für Dortmund so wichtigen Ort noch „Originale“, Menschen, die über fünfzig Jahre ihrem Viertel treu geblieben sind. Heute wohnen auch viele Studenten im Viertel und prägen mit regelmäßigen Kunstaktionen seinen Charakter. Doch wie eh und je steht der Ort für Superlative. Wo steht der größte Adventskranz der Welt? Natürlich auf dem Borsigplatz. P ariser Flair im Dortmunder Norden: Der „Stern des Nordens“ mit seinen sechs auf ihn zuführenden Straßen und seinen Platanen wurde nach französischem Vorbild angelegt. Seinen Namen verdankt er der 1871 gegründeten Maschinenfabrik des August Julius Albert Borsig. Hier zu wohnen, war schon was. „Man wohnt nicht in Dortmund, man wohnt am Borsigplatz“, heißt es hier noch heute selbstbewusst. Und das nicht nur, weil der Platz durch die Meisterfeiern des BVB europaweit Berühmtheit erlangt hat. Die Älteren erinnern sich noch stolz an die Dortmunder Hoesch-Stahlschmiede, in der sie malocht haben und die bis zu ihrer Schließung 1995 gut 17.000 Menschen Arbeit gegeben hat. In der „guten alten Zeit“, so um 1920, war die Gegend als „Nachtjackenviertel“ bekannt. Damals hingen die Mütter und Ehefrauen im Nachtjäckchen im Fenster und hielten Ausschau nach ihren Männern. Die waren in den umliegenden Kneipen versackt und tranken noch ein Bier. Und weil’s so schön schmeckte, noch eins … Solche Geschichten und noch viele mehr kennt Annette Kritzler. Die Stadtführerin betreibt mit einer Kollegin die „BorsigplatzVerFührungen“. Wenn sie mit ihren Teilnehmern durch die Straßen zieht, wirft sie gerne einen Blick in Ateliers oder Restaurants und macht auf Kleinode wie besondere Gärten und Hinterhöfe aufmerksam. Auch den schönen Innenhof des Concordiahauses besucht sie oft. „Das Haus mit dem Türmchen ist eine Landmarke, weit über die Grenzen Dortmunds hinaus bekannt.“ Im Krieg diente das Türmchen übrigens als Flakbeobachterposten. Heute kennen ihn BVB-Fans, weil Hausmeister Günter Domscheit die Glocke im Turm läutet, wenn Borussia wieder einmal Meister geworden ist. Seit 1959 wohnt Domscheit am Borsigplatz, seit 2006 arbeitet er für die Genossenschaft. Zusammen mit Andreas Prigge, stellvertretender Leiter der Technik bei der Genossenschaft, sitzen wir bei Domscheits auf der Küchenbank. Günter, wie ihn jeder nennt, erinnert sich gut an die Zeit, als noch an jeder Ecke eine Kneipe stand: „Wenn ich früher tapezieren wollte, ging ich in die Kneipe. Ich brauchte nur zu sagen, dass ich drei Mann zum Helfen suche und hinterher einen ausgebe. Dann hatte ich gleich fünf Helfer.“ Ein Bier kostete damals 35 Pfennig – das sind 18 Cent. Den Abbau des Hoesch-Werkes, das nach China verkauft worden war, hat Günter Domscheit vom Türmchen aus verfolgt. Das habe wehgetan, besonders die Sprengungen. Doch das ist Vergangenheit. Die Gegenwart ist fröhlicher, besonders, wenn man wie Domscheit fest in seinem Quartier verwurzelt ist. „Abends tut mir der Arm vom Winken und Grüßen weh“, feixt er. Auch Anja Lenze ist bekennender Borsigplatzfan. Über 20 Jahre hat die 44-Jährige in der Wambeler Straße in einer Genossenschaftswohnung gewohnt. Sie ging gerne in den Hoeschpark und an einer Wand ihrer Wohnung prangte ein Straßenschild „Borsigplatz“. Aktionen wie der große Adventskranz und das jährliche „Nordstadtdinner“ haben ihr gefallen. Gerne erinnert sie sich an das „Running Dinner“, das vom Quartiersmanagement organisiert wird. In drei verschiedenen Wohnungen wird dann gekocht und gegessen. 120 JAHRE 10.11 Lehm unter der Tapete An der Garage treffen wir das Ehepaar Hoffmann. Der 70-jährige Rudi Hoffmann ist traurig über die Entwicklung des Viertels. „Als ich an den Borsigplatz gezogen bin, waren hier alle Nationen vertreten. Wenn wir zusammen im Hof gegrillt haben, gab es Paella, Pizza, Fisch und Würstchen.“ Doch die Nachbarschaft sei nicht mehr so herzlich wie früher. Auch ärgert es ihn, dass viele sich nicht an Regeln halten. Aber deshalb lange böse sein? Nein, das könne und wolle er nicht. In der Uhlandstraße lebt Heinz Brummel. Hoffentlich schmeckt der Kaffee, fragt er besorgt. Der Kaffee schmeckt prima – und wenn Herr Brummel ins Erzählen kommt, meint man, seinen längst verstorbenen Onkel, den Schlachter Grizelius, die Straße lang fahren zu sehen: „Er hatte, um 1947 war das, ein Auto mit Holzvergaser, mit einem Schornstein darauf. Das wurde mit Holz geheizt und er fuhr damit zum Schlachthof.“ Der Wandel der Zeit berührt alle Bewohner des Viertels. Jeder erlebt ihn auf seine Art, nimmt ihn anders wahr. Und als der Spar- und Bauverein 2012 zum großen Nachbarschaftsfest im Uhlandblock lud, trafen sich viele wieder und ließen die gute alte Zeit noch einmal aufleben. Von diesem Fest spricht man heute noch. Und jeder Neubeginn hat ja auch seine guten Seiten. Früher gab es hier viele Prügeleien, erinnert sich Hausmeister Domscheit. „Wenn Du was willst, komm raus“, hieß es in den Kneipen. Vielleicht doch ganz gut, dass es jetzt mehr Künstlerateliers als Kneipen in der Nordstadt gibt. Immer wieder geht die Sonne auf. Im Dortmunder Norden. „Als wir 1947 aus dem Sauerland, wohin wir evakuiert worden waren, zurückkamen, war ich sieben Jahre alt. Meine Oma wohnte gegenüber in der Uhlandstraße 133. Dann kam auch mein Vater aus dem Krieg heim. Wir hatten nur zwei Zimmer, denn wir mussten uns die Wohnung mit einem Untermieter teilen. Nach dem Krieg war alles zerbombt und viele Häuser waren weg. Ich habe damals geholfen, in den Wannen Kalk zu löschen, der zum Bauen gebraucht wurde. In der Uhlandstraße wurden extra Eisenbahnschienen verlegt, um die hohen Schutthaufen mit Teckelwagen abzufahren. Dann ging in Eigenregie das Bauen los. Jeder besorgte sich irgendetwas. Die kaputten Wände in unserer Wohnung hat mein Vater mit Lehm ausgebessert. Deshalb kann ich die Tapete heute nicht abreißen, da hängen dann große Lehmstücke daran.“ Heinz Brummel, Mitgliedervertreter, 73 Jahre, Interview 2013 Der größte Adventskranz der Welt: der Borsigplatz. „Bier – Stahl – Fußball“ – der Dreiklang des Viertels auf der Wand des Schankraumes in der bekannten Gaststätte des Concordiahauses. Hier wurde getanzt und getafelt. 120 JAHRE 12.13 Von Generation zu Generation Leben mit dem Elefanten erste frau im aufsichtsrat „Meine Großeltern und Eltern waren bereits Mitglied im Spar- und Bauverein. Als ich älter wurde, gefiel auch mir die Grundidee der Genossenschaft. Ich finde, Genossenschaft funktioniert nur durch Mittun. Ich habe mich als Mitgliedervertreter aufstellen lassen und bin in die Versammlung gewählt worden. Nach einigen Jahren wurde ich für die Mitarbeit im Aufsichtsrat vorgeschlagen. Da bin ich jetzt seit gut acht Jahren und es macht mir sehr viel Spaß. Ich bereue den Schritt nicht, obwohl es auch Zeit kostet. Es geschieht viel Neues und ist immer spannend.“ Aufsichtsratsvorsitzer Peter Lauber im Gespräch über das Wir-Gefühl, Vertreterversammlungen und Henriette Davidis Kochbücher „1970 ist die erste Frau in den Aufsichtsrat gekommen: eine Vertreterin aus dem Althoffblock, Margot Westermann. Das geschah mit ‚Murren und Knurren‘, denn die damaligen Herren fanden das nicht so toll. Inzwischen haben wir fünf Damen im Aufsichtsrat.“ Heinrich Küter, Erzählcafé 2012 Martin Winterkamp, Erzählcafé 2012 Der Rechtsanwalt Peter Lauber ist seit 1997 Mitglied im Aufsichtsrat und seit 2000 dessen Vorsitzender. Übernommen hat er das Amt von Karl-Heinz Bieling. Der Vorsitz im Aufsichtsrat erfordere einen großen Zeitaufwand, meint Lauber, bereite ihm aber viel Freude. Herr Lauber, Sie sind in Dortmund-Hörde in einer Genossenschaftswohnung aufgewachsen. Spielt das für Sie heute noch eine Rolle? Auf jeden Fall. Genossenschaft ist mir von Kindheit an vertraut und erzeugt für mich bis heute ein Wir-Gefühl. Ich bin Jahrgang 1942 und habe die Nachkriegszeit sehr bewusst miterlebt. Als ich Kind war, konnte man sich glücklich schätzen, wenn man eine verlässliche Wohnstätte hatte, einen sicheren Hafen. Das war bei unserer Genossenschaft der Fall. Welche Laufbahn haben Sie eingeschlagen und wie sind Sie zum Dortmunder Spar-und Bauverein gekommen? Nach der Volksschule kam ich zur Stadtverwaltung und habe eine Kommunalverwaltungslehre absolviert. Dann machte ich am Abendgymnasium mein Abitur und kam im Jurastudium bei Professor Biedenkopf wieder mit dem Thema Genossenschaft in Berührung. Als Rechtsanwalt habe ich durch meine Arbeit den SBV kennengelernt. 1997 wurde ich auf der Vertreterversammlung direkt in den Aufsichtsrat gewählt. Man suchte einen Juristen und Karl-Heinz Bieling hatte mich vorgeschlagen. Seit 2000 bin ich Vorsitzender. Das bedeutet sehr viel Arbeit, aber macht viel Freude. Was bedeutet Ihnen der genossenschaftliche Gedanke? Halten Sie ihn für zeitgemäß? Unbedingt. Wenn es die Genossenschaften nicht gäbe, müsste man sie erfinden. Denn Wohnen ist ein elementares Bedürfnis des Menschen; seit der Steinzeit verleiht die richtige „Höhle“ Schutz und Geborgenheit. Genossenschaften sind eine Gemeinschaft Gleichgesinnter. Und aus der Vielzahl kleiner Beiträge erwächst ein großes Objekt. Dieser Grundgedanke hat nach wie vor Gültigkeit. Doch das bringt auch Verpflichtungen mit sich. Man kann sich als Mitglied nicht zurücklehnen und sagen „Hannemann, geh du voran.“ Jeder muss sich einbringen! Wir haben eine Zielsetzung und gehen gemeinsam weiter. Aufsichtsratsvorsitzer Peter Lauber und die Journalistin Bärbel Wegner Und wer von Ihren Vorgängern beeindruckt Sie? Etliche! Mir bedeuten die Zusammenkünfte mit Herbert Mackowiak viel. Auch wenn er heute im SBV nicht mehr aktiv ist, bleibt er mir ein väterlicher Freund und Unterstützer. Er ist inzwischen 88 Jahre alt, ein „Urgestein“ der Genossenschaft und auch der Stadt Dortmund. „Macko“ ist zum Beispiel der Erfinder der nun schon traditionellen Kinderferienparty. Die Aufsichtsratsmitglieder arbeiten neben dem Gesamtgremium in verschiedenen Ausschüssen. Ich bin Mitglied im Personalausschuss, im Mietengestaltungsausschuss und auch im Beschwerdeausschuss. Ich nehme mir viel Zeit für die Vorbereitung einzelner Sitzungsthemen und für die Abstimmung mit dem Vorstand. Was beeindruckt Sie bei dieser Arbeit? Wie arbeiten Aufsichtsrat und Vorstand zusammen? Ich stelle bei Vertreterversammlungen fest, dass es ein großes Gerechtigkeitsgefühl gibt. Die Vertreter haben bei Abstimmungen ein Gespür dafür, ob es um reine Querelen und Einzelinteressen geht oder Angelegenheiten für die Gemeinschaft. Auch darin zeigt sich für mich Zusammenhalt. Wir arbeiten gut zusammen. Im Aufsichtsrat wird intensiv diskutiert und der Aufsichtsrat hinterfragt, was der Vorstand tut. So ist es im Genossenschaftsgesetz festgelegt. Der Aufsichtsrat trifft sich zu etwa sechs Sitzungen im Jahr gemeinsam mit dem Vorstand, dieser erstattet dann ausführlich Bericht. Und was gibt es über den privaten Herrn Lauber zu sagen? Das Interview führte Bärbel Wegner, freie Journalistin und Autorin. „Als ich meine Frau kennenlernte, musste man miteinander verheiratet sein, wenn man als junges Paar gemeinsam wohnen wollte. Es gab damals noch den sogenannten Kuppeleiparagraphen, nach dem sich ein Vermieter strafbar machte, wenn er an ein unverheiratetes Paar vermietete.“ Wie bringen sich Vertreter sonst ein, wie ist der „Draht“ zum Vorstand? Die Vertreter treffen sich auch außerhalb der offiziellen Zusammenkünfte. Dann werden Angelegenheiten wie Spielplatzgestaltung oder Reparaturen besprochen. Die Ergebnisse der Diskussionen werden an den Vorstand gegeben – mit der Bitte um Bearbeitung. Die Mitgliedervertreter wissen, dass die Genossenschaft „sich kümmert.“ Sie ist nichts Distanziertes, kein Objekt, das man nur aus der Ferne wahrnimmt. Wie sieht die Tätigkeit des Aufsichtsrates aus? Kuppeleiparagraph In meiner Freizeit bin ich Jäger und viel im Sauerland unterwegs. Außerdem bin ich Hobbykoch und liebe es, nach dem Kochbuch von Henriette Davidis zu kochen. Meine Freunde sagen, man könne nicht verhungern, wenn man mit mir unterwegs sei! Vielen Dank für das Gespräch, Herr Lauber! Peter Lauber, Erzählcafé 2012 I ch entsinne mich an eine lustige Begebenheit mit Herbert Mackowiak, damals Alterspräsident im Aufsichtsrat. Er beglückwünschte mich zu meiner Wahl als Aufsichtsratsvorsitzer, übergab mir einen kleinen hölzernen Elefanten und sagte: „Alles, was dieser kleine Elefant symbolisiert, wünsche ich Dir – Standhaftigkeit, Durchsetzungsvermögen, ein dickes Fell und große Ohren, um zu hören, was in der Genossenschaft so vor sich geht.“ All das konnte ich tatsächlich für diese Tätigkeit gut gebrauchen. Peter Lauber, Erzählcafé 2012 120 JAHRE 14.15 Wir wohnen anders Stein auf Stein Diese zielgerichtete Ergänzung des lokalen Wohnungsspektrums realisiert die Spar- und Bauverein eG Dortmund bereits seit Jahren an verschiedenen Standorten und bietet somit umfangreiche sowie innovative Neubauprojekte für unterschiedliche Lebenssituationen an. „Ein Dorf in der Stadt – WIR wohnen anders“ Dortmund-Brünninghausen, Generationenweg 1 Mit diesem Bauvorhaben realisierte die Genossenschaft ein modellhaftes, architektonisch anspruchsvolles und mehrfach ausgezeichnetes Projekt mit 25 individuellen Wohnungen und einem Gemeinschaftsbereich. Das dreigeschossige Mehrfamilienhaus mit den Sparbau-Miet- Wohnmodelle für die Zukunft Älter, bunter und weniger: Diese drei Stichpunkte bringen den demografischen Wandel auf den Punkt. Immer weniger Kinder werden geboren, mehr Menschen haben ihre Wurzeln in einem anderen Kulturkreis – und: Wir leben länger. Laut Berechnung des Statistischen Bundesamtes wird bis 2050 jeder Dritte in Deutschland älter als 60 und mindestens jeder Zehnte über 80 Jahre alt sein. Wohnungsgenossenschaften wie die Dortmunder Spar- und Bauverein eG handeln im Interesse ihrer Mitglieder. Sie sind häufig Vorreiter für neue Wohnformen wie Wohnprojekte oder Mehrgenerationenhäuser. D er demografische Wandel ist nicht ungewöhnlich für eine moderne Gesellschaft und findet ähnlich auch in anderen Ländern statt. Er wirkt sich auf viele Politikfelder aus: vom Kindergartenbau über die Rentenpolitik bis hin zum Bauen und Wohnen. Heute ist die Infrastruktur in vielen Städten Deutschlands allerdings oft noch auf eine junge Bevölkerung ausgerichtet. Ältere Menschen kommen damit häufig nicht mehr zurecht. Für viele bedeutet das ein Dasein auf dem Abstellgleis, weit weg vom Leben der anderen. Zufriedenheit und Wohlergehen haben viel damit zu tun, ob die Menschen sich in ihrem Wohnumfeld Gemeinschaft wird hier großgeschrieben: In dem Gemeinschaftsraum in der Paulinenstraße treffen sich die Bewohner regelmäßig. wohlfühlen und sich mit ihrem Wohnviertel identifizieren. Denn Wohnen umfasst auch immer die Umgebung: die Nachbarschaft, Kontakte und Unterstützung, die gesamte Infrastruktur. In einer Gesellschaft, in der die Menschen immer älter werden und weniger Kinder zur Welt kommen, bleibt es umso wichtiger, dass Jüngere und Ältere Kontakt haben, füreinander einstehen, zusammenhalten. Das Wohnviertel spielt dabei eine entscheidende Rolle. Wer so lange wie möglich in der gewohnten Umgebung bleiben will, ist jedoch oft auf eine bedarfsgerechte Wohnung, möglichst frei von Barrieren, angewiesen. Das ist für die Genossenschaft Grund genug, bauliche Veränderungen im Wohnungsbestand vorzunehmen (Handläufe, Notrufe, niedrige Schalterhöhen, barrierefreie Badezimmer etc.) oder auch bedarfsorientierte Serviceleistungen anzubieten, um weiterhin ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben im vertrauten Wohnquartier zu ermöglichen. Unsere Aufgabe ist aber auch, in klar definierten und überschaubaren Quartieren neue, flexible und vor allem zielgerichtete Wohnungsangebote zu schaffen, aus denen sich die Menschen für jede Lebensphase das Richtige aussuchen können. Statt einseitiger Monostrukturen (eine Neubau-Reihenhaussiedlung auf „der grünen Wiese“) präferiert unsere Genossenschaft deshalb Wohnstandorte mit vielschichtigen Wohnformen. Nur dann ist der Verbleib im vertrauten Wohnumfeld auch bei Wechsel der Lebenssituation sichergestellt, nur so wird das Viertel zur Lebenswelt aller Generationen. Großeltern, Eltern und Kinder leben nicht notwendigerweise alle unter einem Dach, aber in unmittelbarer Nachbarschaft. Die verschiedenen Preise und Auszeichnungen der vergangenen Monate, darunter der Landespreis für Architektur, Wohnungs- und Städtebau Nordrhein-Westfalen 2012, belegen eindrucksvoll die Richtigkeit dieser Strategie sowie die Qualität unserer Arbeit. Doch nicht die Auszeichnungen sind es, die uns anspornen, sondern jeder einzelne Mensch, mit seiner aktuellen Lebenssituation und seinen besonderen Bedürfnissen. wohnungen bildet dabei den Kern des Quartiers, umgeben von 13 Doppel- und Einfamilienhäusern (Eigentum privater Bauherren). Das Mehrfamilienhaus bietet mit dem zentralen Wohnhof als Identifikationsort und Treffpunkt ebenso wie mit dem zentralen Eingangsbereich und den Galerieerschließungen vielfältige Aufenthalts- und Begegnungsmöglichkeiten. Die Grundidee war es, ein „Dorf in der Stadt“ zu realisieren, einen Ort mit verlässlicher Nachbarschaft für Jung und Alt. In Kooperation mit W.I.R.e.V. üben die Bewohner weitreichende Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte aus und gestalten ihr Zusammenleben im Spannungsfeld von Individualität und Gemeinsamkeit. Die gesamte Anlage ist selbstverständlich barrierefrei erschlossen. „Modernes Wohnen in allen Lebensphasen zu bezahlbaren Preisen zu ermöglichen, ist und bleibt unser oberstes Ziel für die Entwicklung unseres Wohnungsbestandes.“ Ulrich Benholz, Prokurist Wohnen mit Service für ein möglichst selbstbestimmtes Leben im Alter Dortmund-Brackel, Bauerstraße 3, 5 50 barrierefreie Wohnungen nebst Gemeinschaftsraum und Servicebüro sowie eine Tiefgarage mit 35 Pkw-Stellplätzen: Auch im Alter können die Mieter hier weitgehend selbstbestimmt wohnen und leben. Eine Bezugsperson vor Ort organisiert gemeinschaftliche Aktivitäten und steht den Bewohnern für individuelle Beratungs- und Vermittlungsleistungen zur Verfügung. Neben der zielgruppenorientierten Planung ist das innovative Energiekonzept hervorzuheben, das deutlich geringere Mietnebenkosten für die Bewohner zur Folge hat. Die Wärme- und Wasserversorgung erfolgt über eine Geothermieanlage, unterstützt durch eine auf dem Dach befindliche Solaranlage. Zusammenleben von Jung und Alt inmitten des Althoffblocks Dortmund-Innenstadt Dass barrierefreies Wohnen im Alter mit moderner Architektur, kostengünstigen und intelligenten Detail- und Gesamtkonstruktionen einhergehen kann, beweist dieser integrierte innerstädtische Neubau. Einerseits wurde hier das Angebot vor allem für ältere Menschen erweitert, andererseits wird hier ein generationenübergreifendes Miteinander großgeschrieben. Mit insgesamt 125 Mietwohnungen, einem großen Gemeinschaftsbereich, einer Tiefgarage sowie einer Kindertagesstätte wird das Zusammenleben von Jung und Alt gefördert. In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich 2.000 Wohnungen der Genossenschaft. Integriertes, innerstädtisches Wohnen im Alter mit Betreuungskonzept Dortmund-Innenstadt, Paulinenstraße /Adlerstraße In Kooperation mit der Caritas Dortmund bietet die Genossenschaft den überwiegend langjährigen Mitgliedern auch in diesem Neubau ein möglichst selbstbestimmtes Wohnen im Alter in vertrauter Umgebung. Es wurden 46 barrierefreie Wohnungen, ein großer Gemeinschaftsbereich samt Servicebüro und ein Gästezimmer geschaffen. Eröffnung der Kita FABIDO in der Kuithanstraße 40, April 2012. Die Kita ist ein wichtiger Bestandteil des neu errichteten Mehrgenerationenwohnkomplexes der Spar- und Bauverein eG im Althoffblock. 120 JAHRE 16.17 unterhalten. „Die Gruppengröße schwankt von Woche zu Woche", sagt Gerlind Domnick. Heute ist der Raum rappelvoll. Gemeinsam spielen die Mütter dort mit den kleinen Kindern, singen, erzählen oder lesen Geschichten vor. Die Aufgabe der Krabbelgruppe besteht anders als bei Kindertagesstätten nicht darin, die Kinder während der Abwesenheit der Eltern zu betreuen. Stattdessen ist die Gruppe ein Angebot für beide. „Es ist ein Treff zum Plaudern und zum Erfahrungsaustausch, nur, dass man sich eben nicht in einer Privatwohnung trifft“, erklärt Gerlind Domnick. Für die Kinder bietet die Gruppe Gelegenheit zum Kontakt mit Gleichaltrigen, für viele Mütter ist der Erfahrungsaustausch eine sehr wichtige Erfahrung. „Will auch Ball", sagt Isabel und deutet auf die gut gefüllte Kiste mit den Spielsachen, doch als Sophie eine kleine Kugel durch ein Holzlabyrinth sausen lässt, ist der Ball aus der Spielkiste vergessen: Die Kugel ist eindeutig spannender. „Ich komme sehr gerne hierhin“, sagt Caro, die Mutter von Sophie. Mit einigen Müttern habe sich sogar eine Freundschaft entwickelt, erzählt sie weiter, mittlerweile treffe man sich auch mal abends oder am Wochenende. Ehrenamtliches Engagement „1997 wurde die Idee zum Nachbarschaftstreff im Althoffblock geboren und zur gleichen Zeit wurde ich pensioniert. Ich habe mich deshalb von Anfang an für den Treff interessiert und bis jetzt daran mitgearbeitet. Es ist sehr schön, eine Aufgabe zu haben. Das hat mir die Genossenschaft ermöglicht.“ Liselotte Hasebein, Erzählcafé 2012 A uch sonntags ist der Nachbarschaftstreff nicht nur geöffnet, sondern auch äußerst gut besucht. Zu den Spielnachmittagen kommen teilweise 20 Leute zusammen – vor allem für viele Alleinstehende sei das ein wichtiger Termin, der etwas Leben in den sonst ruhigen Sonntag bringe. „Unser Treff ist auch eine Antwort auf den Strukturwandel in der Familie“, weiß die Leiterin. Familien brechen auseinander, die Kinder ziehen weiter weg, die Gesellschaft wird anonymer. „Bei uns geht keiner verloren“, sagt Gerlind Domnick. So falle auf, wenn Schon die Kleinsten lernen im Nachbarschaftstreff: Gemeinsam geht vieles einfacher. Gemeinsam macht vieles Spaß! KEINER GEHT VERLOREN Freunde finden und sich gegenseitig helfen: Damit kann man nie früh genug anfangen. Deshalb wollen auch Isabel und Sophie mit ihren Müttern zur nächsten Krabbelgruppe wiederkommen. D en bunten Ball fest in die Hand gepresst, rennt das kleine braunhaarige Mädchen zur Tür und begrüßt die Neuankömmlinge: „Da“, sagt es, gibt dem blondgelockten Jungen das Willkommensgeschenk und rennt wieder zurück zu seiner Mutter. Dabei muss das kleine Mädchen geschickt sein: Viele bunte Bauklötze liegen kreuz und quer auf dem großen Spielteppich, hier steht eine Holzeisenbahn, dort ein Plastikbagger. Es ist Montag, 10.30 Uhr und der Nachbarschaftstreff im Althoffblock füllt sich mit Leben, denn es ist Zeit für die Krabbelgruppe. „Viele Menschen bringen einen Nachbarschaftstreff automatisch mit Senioren in Verbindung“, weiß die pädagogische Leiterin Gerlind Domnick. Natürlich gibt es viele ältere Menschen, die diese Angebote in Anspruch nehmen. Doch: Genauso viele junge Leute besuchen den Nachbarschaftstreff und bringen sich aktiv mit ihren Ideen und Wünschen ein. I m Jahr 1997 war die Basis für ein Nachbarschaftsprojekt gelegt worden: Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Spar- und Bauverein, der Caritas und Bewohner hatten erkannt, dass die Familienstrukturen und der nachbarschaftliche Zusammenhalt sich im Laufe der letzten 20 Jahre stark geändert haben. Das Miteinander der Generationen wandelte sich, kulturelle und soziale Unterschiede wurden größer. Das warf Fragen nach einer Neugestaltung in der Gesellschaft und somit auch im Wohnquartier Althoffblock auf. Der erste Nachbarschaftstreff im Althoffblock wurde daraufhin am 16. Juni 2000 in der Althoffstraße 12 eingeweiht. Keine fünf Jahre später stellte sich heraus: Die bisherigen Lokalitäten sind dem Ansturm nicht gewachsen. So zog der Nachbarschaftstreff im Jahr 2006 in die vom Spar- und Bauverein umgebaute ehemalige Post um. Eine komplett ausgestattete Küche, ein großer Veranstaltungsraum, ein Raum ohne Möbel für Sport, Spiel- und Basteltätigkeiten sowie ein PC-Raum und der Innenhof bieten ausreichend Platz für die etwa 500 Teilnehmer, die sich monatlich in über 30 Gruppenaktivitäten treffen. In einem dieser großzügigen Räume spielen gerade Sophie, Noah und Isabel mit bunten Bauklötzen und halten ihre Mütter auf Trab, während diese sich Die Spar- und Bauverein eG Dortmund fördert ihre Mitglieder durch Nachbarschaftstreffs und viele Veranstaltungen. G emeinsam mit einer ehrenamtlich tätigen Konzeptgruppe und anderen freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat Gerlind Domnick die spannende Aufgabe, an einem Programm von und für die Nachbarn im Althoffblock „und auch drumherum“ zu tüfteln. „Ohne das ehrenamtliche Engagement würde der Nachbarschaftstreff nicht funktionieren“, ist die Leiterin überzeugt. Sie koordiniert die Anfragen der Bewohner, sie hält die Fäden zusammen, doch die Anwohner sind es, die Impulse geben und ihre Ideen in das Programm einfließen lassen: Eine junge Frau möchte gerne Skat erlernen, eine andere eine neue Mutter-Kind-Gruppe gründen und eine Dame regt einen Verschenke-Tag an. Ein 18-jähriger Schüler möchte gerne Französisch-Unterricht geben und eine junge Frau ihre Bewerbung am Computer schreiben. Künstlerinnen und Künstler bieten Fotos, Ölgemälde und Tonfiguren zum Ausstellen an, andere verschenken Bücher oder regen ein gemeinsames Plätzchenbacken an. „Selbst bei Wind und Wetter, ob es regnet, stürmt oder schneit: Für ganz viele Leute ist ihre Gruppe ein fester Termin“, stellt Gerlind Domnick jedes Mal aufs Neue wieder fest. Nachbarschaft leben jemand fehle und man erkundige sich. Krankenbesuche, ein Einkauf für den Nachbarn oder Blumengießen im Urlaub werden durch das aufgebaute Beziehungsgeflecht zur Selbstverständlichkeit. Diese nachbarschaftlichen Brücken sind sowohl im Alltag als auch in besonderen Lebenssituationen von unschätzbarem Wert und ermöglichen oft vertrauensvolle, tragfähige soziale Beziehungen. So wird der Nachbarschaftstreff auch nicht zufällig von einigen als „zweite Familie“ oder als „Familienersatz“ erlebt, wissen doch die meisten Besucher, dass sie hier Gleichgesinnten begegnen und nicht allein sind. „Viele Leute kommen auch ganz gezielt zu mir, um ihre kleinen Sorgen, große Nöte oder auch pure Freude zu teilen“, erzählt die Leiterin des Nachbarschaftstreffs. „Hier ist ein Ort, an dem sie sich wohl fühlen; sie wissen: Hier ist jemand, dem sie vertrauen können.“ Die selbst organisierten Gruppenangebote sind offen, das ist ein entscheidendes Kriterium, und ermöglichen so regelmäßigen Kontakt der Bewohner untereinander. Sowohl Angebote mit einem Teilnehmer funktionieren als auch Aktivitäten mit 30 Leuten. Außerdem finden auf Initiative und unter Mitgestaltung der Ehrenamtlichen diverse Einzelveranstaltungen wie Vorträge, Ausflüge, Besichtigungen und Feste statt. Auch so werden nachbarschaftliche Begegnungen ermöglicht bzw. intensiviert. Sicherheit, soziale Kontakte, Sinn stiftende Tätigkeiten oder einfach gemeinsam feiern: Viele Menschen suchen genau das in unmittelbarer Wohnortnähe und sind bereit, sich für andere zu engagieren. Mit gegenseitiger emotionaler Unterstützung, einem hohen Maß an Aufmerksamkeit und Verantwortung füreinander sowie praktischer Lebenshilfe ermöglicht Nachbarschaftshilfe hier oft die Bewältigung von kleinen Alltagsproblemen, ist als aktive Maßnahme gegen Anonymität und Vereinsamung im gemeinsamen Quartier zu verstehen und sorgt für viel Spaß und Lebensfreude. Die Krabbelgruppe ist nur ein Beispiel von etwa 30 Angeboten, das monatlich mehr als 500 Teilnehmer gerne in Anspruch nehmen. Eine Gaststätte ist das Herzstück 120 JAHRE 18.19 Heiratsantrag im „Volmarsteiner Platz“ „Ich weiß noch genau, an welchem Tisch wir gesessen haben! An diesem Tag hatten mein zukünftiger Ehemann und ich einen langen Spaziergang durch den Althoffblock gemacht. Mein Mann lud mich nach dem Spaziergang zu einer Tasse Kaffee im Volmarsteiner Platz ein. Wir gingen oft dorthin. Wenn jemand Geburtstag hatte und die Wohnung nicht groß genug war, wurde im Volmarsteiner Platz gefeiert. Mein Mann fragte mich, ob ich ihn heiraten möchte. Ich habe ‚Ja‘ gesagt und wir haben uns fest in den Arm genommen. Das war 1959. Und für eine DM bekam man noch drei Glas Bier.“ und der Treffpunkt für eine gute Nachbarschaft Elisabeth Wilkniss, Erzählcafé 2012 Gastliche Stätte Der Volmarsteiner Platz im Althoffblock Sie ist eine Institution und zeitgleich Lebensmittelpunkt vieler Menschen, die deutsche Gaststätte. Auch die Lokalität „Zum Volmarsteiner Platz“ von der Gastronomin Liane Neff zählt dazu. Gemütlichkeit und Freundlichkeit werden hier großgeschrieben. Hohe Decken, bunte Fenster, einzigartige Lampen oder auch die zahlreichen Bilderrahmen an den Wänden und die modernen Accessoires, die hier und dort arrangiert sind: Der „Volmarsteiner Platz“ im Althoffblock bietet ein harmonisches und stilvolles Ambiente aus der früheren Zeit, das alle Altersgruppen anspricht. Wenn Liane Neff nicht gerade selbst in der Küche steht oder den „Bürokram“ erledigt („Denn das gehört auch dazu“) begrüßt sie ihre Gäste meist persönlich. „Ich bin fast immer hier“, sagt sie und führt ihre Besucher durch die Räumlichkeiten. Sie deutet auf den Mitteltrakt der Gaststätte, die sie seit Jahrzehnten vom Spar- und Bauverein anmietet: in der Mitte der Gang zum Tresen, links und rechts davon ein paar Tische, die Polsterung der Bänke und Stühle passend zur dunkelrot gestrichenen Decke. Diese Plätze seien bei ihren Gästen sehr beliebt, weiß sie: Hier hat man den Tresen am besten im Blick und kann sehen, wer hereinkommt und wer die Gaststätte wieder verlässt. Ein Sehen und Gesehen werden. Viele junge und ältere Menschen, die in der Umgebung wohnen, sind in der Gaststätte von Liane Neff anzutreffen. „Es ist eindeutig ein Kommunikationstreff im Althoffblock, unabhängig vom Alter“, sagt Liane Neff über ihr Lokal. Zahlreiche Spar-und-Bauverein-Mitglieder, die schon ihr Leben lang in dem Althoffblock wohnen, sind regelmäßig zu Gast. Und natürlich kommt in geselliger Runde gelegentlich die Sprache auf die Genossenschaft, das bliebe gar nicht aus. „Der Spar- und Bauverein ist einfach unübertroffen“, ist sich Liane Neff sicher. „Ich bin seit Jahren Mitglied. Und wenn ich Hilfe benötige, ist sofort jemand für mich da. Wo gibt es das heute noch?“, fragt sie. Und selbstverständlich pflegt die Gastronomin zu allen Organen der Genossenschaft einen engen Kontakt. Natürlich ist sie auf dem neuesten Stand: Die nächste Modernisierung der Fassaden im Althoffblock steht an – schick und elegant wird es, da ist sie sich sicher. Doch nicht nur Gäste aus der unmittelbaren Umgebung kehren in das gemütliche Lokal ein. „Wir haben Gäste aus ganz Dortmund“ sagt sie. Sogar aus Essen oder Köln reisen die Leute an, um zum Beispiel an ihrem Ärzte- oder Sport-Stammtisch teilzunehmen. „Eine Gaststätte ist das Herzstück und der Treffpunkt für eine gute Nachbarschaft“, ist Liane Neff überzeugt. Deshalb ist es ihr auch so wichtig, dass sich ihre Gäste, so verschieden sie auch sein mögen, wohlfühlen. Wohl gefühlt hat sich damals, vor etwa 20 Jahren, anscheinend auch der Dortmunder Boxclub 20/50. Wie genau die Boxer eigentlich auf ihre Gaststätte gekommen sind, das weiß sie nicht mehr. „Ich glaube, die haben damals einen schönen Saal gesucht“. Es muss den Boxern wohl so gut bei Liane Neff gefallen haben, dass sie seitdem regelmäßig zum Stammtisch einkehren. Und nicht nur das: Alle paar Monate versammeln sich hier viele bekannte Gesichter im Rahmen des Promi-Stammtisches. Die Gaststätte 1929 im „Neuer Graben“ „Der Henry Maske war hier“, sagt sie und zeigt stolz auf einen der zahlreichen Bilderrahmen, die überall in der Gaststätte die Wände schmücken. „Oder Dietmar Bär.“ Viele Jahrzehnte hat die Gaststätte erlebt – und gefeiert wird auch heute noch im „Volmarsteiner Platz“. Abends ist die eine Feier – und am nächsten Morgen geht es direkt weiter. Betriebsfeiern, Familienfeiern, die eine oder andere Beerdigung, viele Stammtische und Geburtstage wechseln sich ab. In den frühen siebziger Jahren, als die Schwiegereltern noch die Gaststätte bewirteten, war vor allem sonntags immer viel los. Die Leute aus dem Viertel aßen regelmäßig nach dem Kirchgang bei der Familie Neff zu Mittag. Heutzutage ist der Sonntag dagegen ein Ruhetag. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. So bietet Liane Neff ihren Gästen einmal im Monat sonntags ein großes Schlemmerbüffet an – für 9,90 Euro gibt es bei ihr Frühstück, Vorspeisen, eine Suppe sowie eine Fischplatte, verschiedene Fleischsorten, Beilagen und auch Desserts. „Wenn wir Feste, Versammlungen oder ähnliches ausrichten, dann öffnen wir selbstverständlich auch sonntags unsere Türen“, erzählt die Gastronomin, die langsam in ihren Beruf hineingewachsen ist. 1980 hat ihr Mann Peter Neff das Lokal von seinen Eltern übernommen, die das Geschäft mit den Fahrschulen aufgebaut hatten. In dieser Zeit gab es sehr viel zu tun, denn tagsüber waren vor allem Fahrschüler und Fahrlehrer anzutreffen. Stand eine Prüfung an, tummelten sich alle Fahrschüler mit ihren Lehrern und den Prüfern in den Räumlichkeiten – „von 8 Uhr in der Früh bis spät in den Nachmittag“. Während dann die einen oder anderen Fahrschüler nervös auf ihrem Stuhl herumrutschten und auf ihre Prüfung warteten, frühstückten die Fahrlehrer ausgiebig in der geselligen Runde. Teilweise war so viel zu tun, dass Liane Neff, zu diesem Zeitpunkt noch Hausfrau, stundenweise aushalf. Einmal, so erzählt sie, habe ein Fahrlehrer ihren Schwiegervater gefragt: „Heinz, was kannst Du mir heute empfehlen?“. Dieser habe trocken erwidert: „Ein anderes Lokal!“ So schlagfertig sei sie anfangs übrigens nicht gewesen. Ob in den 80er-Jahren oder auch heutzutage: Viele Gäste kommen gerne in den „Volmarsteiner Platz“ – so auch der Boxer Henry Maske (links im Bild, neben Liane Neff) oder auch der Schauspieler Diemtar Bär (nicht im Bild). Fotos: Dieter Schütze Bis dahin hat sie meist im Hintergrund agiert. „Nachdem wir in den 80erJahren die Gaststätte von den Schwiegereltern übernommen haben, stand mein Mann immer im Mittelpunkt. Er war der Dreh- und Angelpunkt.“ Als ihr Mann 1990 starb, musste sie sehr schnell sehr viel lernen – nicht nur, wie sich eine schlagfertige Antwort anhören kann. Jahrzehnte später warten übrigens immer noch Fahrschüler tagtäglich bei Liane Neff darauf, sich ins Abenteuer Auto zu stürzen. „Eigentlich könnte ich ein Buch schreiben, so viel habe ich hier erlebt“, sagt sie und dreht den Kugelschreiber, den sie in den Händen hält, einmal um die eigene Achse. Ein Buch schreibt sie zwar nicht, aber jeden Tag fein leserlich eine Sonderkarte, immer das, was ihr gerade in den Sinn kommt. Außer der Reihe kochen ist ihr ganz wichtig, denn wenn ein Gast Appetit auf etwas Süßes verspürt, serviert sie Milchreis oder eine Dampfnudel – selbst, wenn es nicht auf der Karte steht. Mit eigenen Töpfen stehen ihre Gäste sogar am Tresen und warten darauf, dass Liane Neff die mitgebrachten Gefäße mit Tafelspitz, Rehgulasch, Gänsekeule oder Rinderrouladen füllt. Sehr praktisch für den, der Zuhause selber Besuch erwartet oder einfach keine Lust hat, am Wochenende zu kochen. „Wer das bei mir vorbestellt, bekommt das auch. Das lässt sich doch alles regeln! Und jeder wird satt“, sagt die Gastronomin und geht zu den neuen Gästen, Block und Kugelschreiber fest in der Hand. Denn es gibt auch heute noch viel zu tun. 120 JAHRE 20.21 , t f a h c s n e s s o n e G as was ist d r tapezieren. nebenan: „Ich möchte meinen Flu Herr Meier fragt den Nachbarn damals gekauft?“ „Sieben.“ W ie viele Rollen Tapete haben Sie len Herr Meier: „Bei mir sind fünf Rol Eine Woche später beschwert sich auch.“ übrig geblieben!“ „Bei mir damals denn? n sich viele hört. Es be deutet: Wen ge l ma ein n ho sc t ich habt Ihr vielle nsch vielleicht nicht r einen“. Dieses Motto , was ein einzelner Me en ich re er s da en iner für alle – alle fü nn kö un d lgen. Es gibt entun, sin d alle stark meinsam ein Ziel verfo mm ge sa e zu all pe m up de Gr in er in, re ein in t Ve sbauBeispiel eine Wohnung so eine Gruppe, eine Ar m ist zu aft ist ch ns ein er sse uv no Ba Ge d e schafft. Ein schland. Der Spar- un itt bezahlen. Von ss so etwas wie Eintr nossenschaften in Deut mu Ge , ne te de ch mö hie en rsc rd ve le we d vie tglie n können die hier mitmachen un d Mi ngen. In diesen Häuser r nu de oh r, W de d Je un . er aft us ch Hä ns Genosse -Genossenschaft warm wird, kommt baut die Wohnungsbau oder die Heizung nicht ist tt pu ka tte diesem Geld wiederum ile To nicht nur neue mal die htet die Genossenschaft hnen. Un d wenn dann ric er wo ig em rd nst ße gü r Au de n. lie re tg Mi en Menzu reparie plätze oder hilft älter iel chaft vorbei, um das Sp ns ue sse ne no Ge ut r ba de n Sie . vo jemand hick un d mo dern Genossenschaft geht alte Häuser wieder sc gen können. In einer we be rt do e lem ob Häuser. Sie macht auch Pr lfen un d gerne h ohne chbarn gegenseitig he umzubauen, dass sie sic Na so die ng h nu sic oh ss W da die h, lic n, sche lbstverständ nder. So ist es ganz se es auch um das Miteina e für einen. einer für alle – un d all zusammen feiern. Eben spar- und bauverein E Wann wurde der Spar- un d Bauverein erfunden und warum? D 120 Jahre alt. er Spar- und Bauverein ist schon det. Im 19. JahrhunEr wurde am 4. März 1893 gegrün meisten Städten fehlten dert gab es ein Problem: In den en zogen vom Lan d in die Wohnungen. Immer mehr Mensch schen in die Stadt. Doch so schnell wie die Men en Häuser gebaut werden. Städte kamen, konnten keine neu en deshalb eine winzige Oft teilten sich mehrere Mensch ngen, die es gab, waWohnung. Und die wenigen Wohnu war damals nicht in der ren furchtbar teuer. Der Staat Zu dieser Zeit hatten ein Lage, allen Menschen zu helfen. e Idee: Wir helfen uns paar Leute aus Dortmund eine toll sie eine Wohnungsbaugegenseitig! Gemeinsam gründeten Spar- und Bauverein. Ganz Genossenschaft mit dem Namen die Stärkeren den Schwäwichtig war den Erfindern, dass schen gleich gut geht. cheren helfen, so dass es allen Men ren konnte der Spar- und Bereits in den ersten beiden Jah bauen. Bauverein viele neue Wohnungen enschen mals so viele M Warum zogen da Stadte? plotzlich in die erfunerste Dampfmaschine m Jahr 1712 wurde die en zum n zum Beispiel Maschin den. Mit ihr konnte ma ssten mu treiben. Die Menschen Weben un d Spinnen an – das griffe selber machen nd Ha e all hr me ht nic nun für sie. die neuen Maschinen übernahmen zum Teil Jahrhundert de des 18. un d im 19. So schossen gegen En hr hrgebiet mehr un d me vor allem bei uns im Ru die Menschen s dem Bo den. Hatten Fabriken wie Pilze au so zogen dem Land gearbeitet, f au em all r vo r he frü iken. t in die Nähe der Fabr sie im 19. Jahrhunder t Menschen wurden somi Viele Hunderttausen de nderung Arbeitern. Diese Verä iestr du In zu h lic tz plö g. heißt In dustrialisierun I Ein Mann fragt seinen Nachbarn: „Ist das Ihr Hund, der die ganze Nacht bellt?“ „Ja, ich habe dafür selber keine Zeit .“ Was ist das Besondere an einer Genossenschaft? E ine Genossenschaft möchte nich t in erster Linie Geld verdienen, son dern für ihre Mitglie der da sein. Dem Spar- und Bauverein ist es besonders wichtig, seinen Mitglie dern tolle und günstige Wohnungen zu bieten. Außerdem soll sich jedes Mitglie d in seinem Umfeld wohlfühlen. Die Genossenschaft gehört auch nicht nur eine r Person, son dern allen Mitglie dern. Sie dürfen mit bestimmen und entscheiden. Der Spar- und Bau verein hat mittlerweile 18.050 Mitglie der. Wenn abe r jedes Mitglie d mitbestimmen dürfte, wäre das Chaos ziemlich groß. Deshalb wählen die Mitglie der Leute, die stellvertretend für alle entscheide n. Diese Vertreter wie derum wählen den sogena nnten Aufsichtsrat. Und der wie derum wählt den Vor stan d. Hier wohnt Hier gibt es etwas zu gewinnen ! Nachbarn können manchmal ganz schön nerven. Manchmal sind sie aber auch richtig nett und helfen gerne. Welchen Nachbarn magst Du besonders gerne? Oder warum ist es toll, Nachbarn zu haben? Male ein Bild über Deine Nachbarschaft. Für die schönste Zeichnung gibt es einen Preis! Schicke Dein Bild bis zum 15.07.2013 an: Spar- und Bauverein eG Dortmund Gewinnspiel Nachbar Kampstr. 51, 44137 Dortmund. Dein personliches Turschild Traumschloss oder Ritterburg? Male Dein Türschild so aus, wie Du es magst. Schneide es an den Außenkanten aus. Damit es länger hält, kannst Du es auf eine feste Pappe kleben. Vergiss nicht, Deinen Namen aufzuschreiben – und schon bist Du Besitzer eines Schlosses oder einer Burg! 120 JAHRE 22.23 Schöne glatte Geldscheine Nach dem vierten Schnaps „Ich habe beim Spar- und Bauverein von 1964 bis 2003 gearbeitet. Beliebter Ort für mich und viele Kollegen war ,Das goldene U’, die Genossenschaftswirtschaft dicht an der Geschäftsstelle in der Viktoriastraße. Da haben wir mit einem Bier gerne unsere Probleme bearbeitet. Manchmal fand dort auch die Vorstandssitzung statt und der Chef gab ‚einen aus‘. Einmal wurde einer von uns nach dem vierten Schnaps sehr redselig. Er warf dem Chef vor, er hätte keine Menschenkenntnis und führte das weiter aus. Am Montagmorgen gab es ein großes Donnerwetter.“ Otmar Wüstermann, Erzählcafé 2012 40.000 DM unter der Matratze „Einmal kam eine ältere Dame zu uns. Sie war in Trauer, denn ihr Mann war verstorben. Er war offenbar recht geizig und hatte ihr immer nur wenig Geld gegeben. Nun kam sie mit einer Tüte voller Scheine zu mir und wollte nachsehen lassen, wie viel Geld darin sei. Es waren 40.000 DM. Die Frau war weinend und trauernd erschienen, um die notwendige Anteilsumschreibung zu machen. Nachdem sie begriffen hatte, wie viel Geld ihr Mann gespart hatte, schimpfte sie wie ein Rohrspatz. Denn der Mann hatte das Geld immer unter der Matratze versteckt, sie hatte es nur durch Zufall beim Bettenmachen gefunden.“ „Ich habe rund 40 Jahre beim Spar- und Bauverein gearbeitet. Als der Kassierer, Herr Schwarte, in Rente ging, kam ich an die Kasse der Sparabteilung. Herr Schwarte war ein Unikum: Er prüfte immer die Fünfmarkstücke auf ihre Echtheit. Allerdings habe ich nie ein falsches Fünfmarkstück gesehen. Er wollte immer gern ganz neues Geld haben und fragte, ob ich ihm nicht welches von der Landesbank besorgen könnte. Die Italiener stopften das immer einfach so in die Tasche, dann würde es so knubbelig, meinte er. Wenn er nicht viel zu tun hatte, konnte er den ganzen Tag Geld glatt streichen. Manchmal, wenn die Lehrlinge Geld von der Bank holen mussten, baten sie um extra verknitterte Scheine. Heinrich Möller, Erzählcafé 2012 Barbara Siebert, Erzählcafé 2012 Den Pfennig finden „Wir mussten sämtliche Geschäfts- und Sparkonten aufaddieren. Einmal hatten wir einen Pfennig Differenz. Heute kann man das ausbuchen und die Sache ist erledigt. Das gab es bei uns noch nicht. Wir wussten, aus einem Pfennig können 1000 Mark entstehen. Also haben wir tagelang gesucht. Auch Silvester bis in den Abend hinein. Um sechs oder halb sieben hatten wir den Pfennig gefunden. Zur Belohnung sind wir in die Gaststätte „Das Goldene U“ gegangen. Dort haben wir dem Gerstensaft zugesprochen, bis die Wirtin schließen musste.“ Peter Rademacher, Erzählcafé 2012 Wie eine Familie „Die Mitglieder kamen mit all ihren Sorgen zu uns. Wir hatten ein geradezu familiäres Verhältnis und kannten die Lebensumstände vieler Bewohner und Sparer. Selbstverpflichtend haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so geduldig wie möglich den Ausführungen unserer Bewohner und Sparer zugehört, die dann oft erleichtert den Heimweg antraten.“ Peter Rademacher, Erzählcafé 2012 Erst sparen, dann bauen 120 Jahre Spareinrichtung „Das Geschäftsjahr 1947 verzeichnet einen Anstieg der Genossenschaftsmitglieder auf 9.925, die über 10.000 Geschäftsanteile zeichnen. (…) Die erste DM-Bilanz des Sparund Bauvereins eröffnete mit knapp 12 Millionen DM am 21. Juni 1948.“ Quelle: 100 Jahre Spar- und Bauverein, Chronik 1993 Die Spar- und Bauverein eG Dortmund betreibt von Gründung an eine Spareinrichtung. Nach dem Vorbild des 1885 in Hannover gegründeten Spar- und Bauvereins richtete man eine solche auch in Dortmund ein. „Erst sparen, dann bauen“ lautete die Werbung um 1900. Rund 50 der insgesamt etwa 2000 Wohnungsgenossenschaften bundesweit betreiben heute eine solche Einrichtung. Die Spareinrichtungen von Wohnungsgenossenschaften spielen eine besondere Rolle: Die sparenden Mitglieder fungieren mit ihren Spargeldern als Kreditgeber für die Genossenschaft. Diese kann dann ein Stück weit unabhängiger von Banken agieren. Eine Spareinrichtung betreibt jedoch keine Bankgeschäfte, vergibt keine Kredite und führt keine Girokonten. Bei einer Spareinrichtung können nur Mitglieder und ihre Angehörigen sparen. Sie genießen bei ihren Mitgliedern großes Vertrauen und auch die Stiftung Warentest vergab 2010 gute Noten für Spareinrichtungen von Genossenschaften. 120 JAHRE 24.25 Die groSSe Verwandtschaft des Martin Sprungala Dr. Martin Sprungala ist Osteuropa-Historiker und leidenschaftlicher Familienforscher. Über 500 Porträtfotos hat er gesammelt, unzählige Namensvetter kontaktiert. Am 1.4.1903 zogen seine Urgroßeltern in die Heinrichstraße – 87,50 Mark kostete die Wohnung im Vierteljahr. Dort lebt und forscht Sprungala heute. Eine Familie und eine Wohnung – 110 Jahre Heinrichstraße „Ich bin dort in der Küche geboren. Meine Mutter schräg gegenüber.“ Martin Sprungala lächelt verschmitzt, denn er weiß, dass diese Auskunft irritiert. „Im heutigen Badezimmer hat mein Uropa seine Schneiderstube gehabt.“ Und im jetzigen Wohnzimmer stand der Büroschreibtisch des Großvaters Anton Beele. Der führte nach dem Krieg ein Baugeschäft, da sein alter Arbeitsplatz zerbombt war, und arbeitete für den Spar- und Bauverein am Wiederaufbau. So langsam klären sich die Rätsel. Dr. Martin Sprungala, Jahrgang 1962, lebt nach dem Tod seiner Eltern allein in der Familienwohnung in der Heinrichstraße. Und weiß über jeden Winkel dieser Wohnung Bescheid. Verdeutlichen kann der Historiker, was er so detailliert erzählt, mit rund 500 Fotos von 800 Personen. Diese haben natürlich nicht alle in der mit alten Möbeln ausgestatteten Wohnung gewohnt. Es sind viele Abbildungen von Verwandten, die man teils schon „Vorfahren“ nennen muss. „Unseren Stammbaum konnte ich bis etwa 1550 zurück verfolgen“, erzählt Sprungala, dessen Name in fast vierzig verschiedenen Schreibweisen existiert. „Ich habe nach und nach alle Namensvetter angerufen. Das Ganze hat mich dann in die deutsch-polnische Beziehungsgeschichte geführt.“ Dazu forscht und veröffentlicht er inzwischen regelmäßig. 1999 und 2004 wurde er für seine Forschungen mit dem Förderpreis für Nachwuchswissenschaftler der Dr. Kurt Lück Stiftung und dem Kulturpreis der Landsmannschaft WeichselWarthe (LWW), dessen Bundessprecher und Kulturreferent er inzwischen ist, ausgezeichnet. Als Joseph-Kleine Bley, Schneidermeister aus Bossendorf bei Haltern im Jahr 1892 die Näherin Antoinette Drucks aus Neheim heiratete und elf Jahre später die Wohnung in der Heinrichstraße bekam, ahnte er nicht, dass sein Urenkel eines Tages einen großen Stammbaum entwickeln und beforschen würde. Er „vererbte“ die Wohnung. Wie bei vielen langjährig wohnenden Familien im Spar- und Bauverein wollte man Mitgliedschaft und Wohnung übertragen. Sein Urgroßvater väterlicherseits – Franz Xaver Sprungala und seine Frau Maria Elisabeth Jordan – wohnten direkt in der Nachbarschaft, in der Hermannstraße, der heutigen Sudermannstraße. Franz Xaver war schon in den 1890er-Jahren Mitglied im Spar- und Bauverein. Ihm wurde eine Wohnung im entstehenden Althoffblock angeboten. Der Urgroßvater wollte jedoch nicht hinter der Bahn wohnen, das galt damals, so Sprungala, als „schreckliches Viertel mit Schlägereien, denn Uropa hatte anfangs dort am ‚berüchtigten‘ Leierweg gewohnt.“ Da sei er wieder ausgetreten. Sein Urenkel gibt dem Wohnen bei der Genossenschaft eine neue Facette, die des Engagements. Seit 1985 ist Sprungala Mitglied, seit 2006 Mitgliedervertreter, seit 2011 Mitglied des Aufsichtsrates. Was er von Genossenschaften halte? „Für mich zu Zeiten der ‚Heuschrecken‘ das einzig Wahre. Das Schöne ist, dass man ein Mitbestimmungsrecht hat. Ich möchte, dass die Genossenschaft so menschlich bleibt, wie ich sie kenne.“ Auf diesem Foto sieht man die Erstmieter der Wohnung in der Heinrichstraße um 1909. Das Ehepaar Antonette und Joseph Kleine Bley mit den Kindern Maria (li.), Willi, Josef und Katharina. Willi und Gisela Sprungala, Aufnahme im Wohnzimmer, 1980 Familienforscher und Aufsichtsratsmitglied Dr. Martin Sprungala: "Der Name Sprungala bedeutet Anspannen, Deichseln, Kuppeln. Das war jemand, der zwei Pferde angespannt hat. Er leistete Frondienst für einen klösterlichen Gutsherren. Es war ein ziemlich reicher Bauer, weil er sich zwei Pferde leisten konnte.“ Alexandra Maria Rabe, Erzählcafé 2012 Margret Winterkamp, Erzählcafé 2012 Dr. Martin Sprungala hat 782 Familienangehörige identifiziert und dazu über 500 Porträtfotos zusammengetragen. Die Nachkommenschaft der Familie sei damit noch nicht komplett dokumentiert, meint der Familienforscher. Januar 1947, Roseggerstraße, Kreuzung Althoffstraße Personen von links: Ulla und Hildegard Schütze, Magdalena Niehaus, Karin und Agnes Franz, Dieter Schütze, Josef Niehaus Dieter Schütze, Erzählcafé 2012 „Ich bin sehr früh durch meine Eltern Mitglied des SBV geworden. Ich wohne seit 50 Jahren in ein und derselben Wohnung in der Kuithanstraße und bin seit vielen Jahren Vertreterin. Ich bin Mitglied der Genossenschaft, weil es hier bezahlbare Mieten gibt. Mein Vater war im Vorstand und mein Sohn Martin ist im Aufsichtsrat des SBV. Auch mein Enkel ist Mitglied. Das ist ein Erbe, das man antritt. Ein Onkel von mir, Joseph Hille, war sogar Mitbegründer des SBV.“ In der Wohnung der GroSSeltern „Ich bin hier groß geworden, meine Eltern und Großeltern wohnten auch im Althoffblock. Ich wohne in der Wohnung meiner Großeltern, die 1933 in den Neubau einzogen. Die Wohnung konnte ich nur durch Wohnungstausch übernehmen, anders war es derzeit nicht möglich. Ich wurde 1981 als Ersatzvertreter vorgeschlagen und seit 1983 bin ich Mitgliedervertreter. Ich habe viel fotografiert und mit einem Mitbewohner alte Fotos bearbeitet und neue gegenübergestellt. Ich fand es immer schon interessant, wie die Gebäude früher aussahen.“ Vater und Sohn, Onkel und Enkel – man tritt ein Erbe an Hochzeit am 30.8.1953 von Gisela Beele und Willi Sprungala, Aufnahme vor dem Haus Heinrichstraße, mit Blick gen Langestraße. „Ich bin familiär ‚vorbelastet‘ und in den SBV hineingeboren. Ich bin Mitglied geworden, als mir zum Studienbeginn eine kleine Studentenbude angeboten wurde. Später wurde es eine große Wohnung für die Familie, darin wohnen wir jetzt. Die Vorteile der Genossenschaft sind klar. Die Mieten sind günstig und es wird sich immer gekümmert, wenn Reparaturen fällig sind oder wir Fragen haben. Unsere Kinder sind auch durch Oma und Opa gleich Mitglieder des SBV geworden und haben eigene Anteile.“ “Urgroßeltern, Großeltern, Eltern, Onkel, Tanten, Mitarbeiter, alle haben hier mal gewohnt.“ Familiär vorbelastet 120 JAHRE 26.27 120 JAHRE 28.29 Die genossenschaft ist für die zukunft gut aufgestellt Der Gesamtvorstand im Interview über Branchen- und Standortentwicklung, das Genossenschaftswesen im Allgemeinen und über die strategische Ausrichtung der Spar- und Bauverein eG im Speziellen W o sehen Sie heute und zukünftig den Spar- und Bauverein im Vergleich zu anderen Wohnungsanbietern? Michael Ruwe: Aktuell und zukünftig sehe ich den Spar- und Bauverein deutlich positioniert im regionalen Markt in Dortmund als ein Unternehmen, das für Qualität und genossenschaftliches Wohnen steht. Wir haben nicht nur das reine Objekt „Wohnen“ im Angebot, sondern bieten klassischerweise das an, was Genossenschaft ausmacht: Die Mitverantwortung und das Miteigentum an Besitz. Ich sehe uns – durch die Zeiten hinweg – als einen der führenden „Treiber“ in der Entwicklung der einzelnen Quartiere, in der Wohnumfeldverbesserung und in dem Finden von neuen, bedarfsgerechten Wohnformen. W ie wird sich aus Ihrer Sicht der Standort Dortmund in den nächsten Jahren entwickeln und welche Auswirkungen hat das auf die Geschäftstätigkeit der Genossenschaft? Martin Trockels: Wenn man den Standort Dortmund mit anderen Städten innerhalb von NRW vergleicht – sei es nun Essen, Düsseldorf oder auch überregional betrachtet Hamburg, fällt auf, dass dort ein ganz anderes Mietniveau herrscht. Wir haben bei uns die glückliche Situation, dass wir unseren Anteilseignern dauerhaft Wohnraum zur Verfügung stellen konnten und können, zu einem wirklich angemessenen Preis; auch in Hinblick auf das Einkommen, das in der Region erwirtschaftet wird. Das ist sicherlich ein ganz entscheidender Vorteil. Wir werden gefordert sein, diesen Standard in der Zukunft aufrecht zu erhalten. W Der Gesamtvorstand der Spar- und Bauverein eG Dortmund: Franz-Bernd Große-Wilde (Mitte) leitet das Unternehmen als Vorstandsvorsitzender hauptamtlich. Michael Ruwe (links, stellvertretender Vorsitzender) und Martin Trockels (rechts) sind als nebenamtliche Vorstandsmitglieder in der Geschäftsführung der Genossenschaft tätig. W o steht die Wohnungswirtschaft heute und welche Herausforderungen sehen Sie für die Wohnungswirtschaft insgesamt? Franz-Bernd Große-Wilde: Allgemein auf die Branche bezogen gab es Anfang der 90er-Jahre mit der Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit einen großen Bruch. Seither haben sich die Wohnungsanbieter deutlich differenziert. Wir konnten uns als Genossenschaft entsprechend stärker positionieren und unser Profil schärfen. Heute können wir sagen, die Wohnungswirtschaft agiert vielfältiger, vielschichtiger. Darüber hinaus bestehen die Herausforderungen darin, auf der einen Seite Wirtschaftlichkeit zu erzielen, obwohl die Auflagen an uns in einem immer stärkeren Maß steigen. Das heißt, wir müssen unsere Objekte wirtschaftlich halten, weil wir etwa durch die Energiesparverordnung, die bislang gültige Verpflichtung zur Sanierung der Abwasserleitungen oder die Trinkwasserverordnung an höhere Auflagen gebunden sind, die wir nicht in höhere Erträge umsetzen können. Neben der wirtschaftlichen Komponente geht es auf der anderen Seite immer auch darum, die soziale Komponente der Genossenschaftsarbeit im Blick zu halten. Die Förderung stabiler Nachbarschaften und soziale Hilfeleistungen sowie zum Beispiel den barrierereduzierenden Umbau in Wohnungen langjähriger Nutzer halte ich für sehr wichtig in diesem Zusammenhang. Durch Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur und damit auch einhergehend in der Bewohnerstruktur ist die Zielausrichtung viel individueller geworden. Der Standardgrundriss der 50-, 60er-Jahre reicht heute nicht mehr aus, die Zielgruppen wünschen sich individuellere Lösungen. Darauf stellen wir uns als ein bewusst klassisches Bestandshalterunternehmen sowohl mit den Wohnformen als auch mit unserer Ansprache ein. as wird aus Ihrer Sicht mit den Wohnsiedlungen großer internationaler Privatinvestoren passieren, die immer mehr herunterkommen und bereits teilweise leergezogen sind? Martin Trockels: Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass man sich auf sein eigenes Unternehmen und die Mitglieder fokussieren sollte, denen wir in erster Linie verpflichtet sind. Ich gebe Ihnen aber Recht, dass einige Siedlungen, wenn man sich zum Beispiel Dortmund-Mengede ansieht, zu einem Stadtteilproblem werden können. Da muss man sich mit der Kommune gemeinsam an einen Tisch setzen, um eine Lösung zu finden. Die an der Rendite orientiere Betrachtung dieser Investoren wird das jedoch nicht einfach machen. Michael Ruwe: Nach Fallen der Wohnungsgemeinnützigkeit ist es die Verantwortung von Politik gewesen, dafür zu sorgen, dass die Quartiere nicht verelenden, wenn Bestände privatisiert und von großen Investoren aufgekauft werden, diese sich dann aber in der Folge nicht mehr an bestimmte Standards gebunden fühlen. Einige PrivateEquity-Gesellschaften versuchen mit ganzen Siedlun- gen Renditen zu erzielen, die man bei seriöser wohnungswirtschaftlicher Handlungsweise normalerweise nicht erwirtschaften kann. Infolgedessen wird zum Beispiel das Mietniveau bis zur Schmerzgrenze ausgereizt, dringende Instandsetzungsarbeiten werden oft nicht mehr durchgeführt und das, was hinterher als Trümmerhaufen daliegt, ist im Grunde genommen nicht mehr vermietbar. Weil die Bausubstanz nachhaltig geschädigt ist, muss auf Kosten der Allgemeinheit schließlich abgerissen werden. Diese Kosten zu tragen, wird die Allgemeinheit so nicht mehr lange akzeptieren. Mittlerweile hat auch die Politik erkannt, dass es auf diesem Niveau nicht weitergehen kann. Aktuell und vor allem ganz deutlich wird in der Politik darüber geredet, dass, wenn Städte, Gemeinden und Länder einspringen und bestimmte Sanierungsmaßnahmen vornehmen, sich die Investoren entsprechend an den Kosten beteiligen sollen – was sie bisher noch nicht mussten. Insofern liegt NRW-Bauminister Michael Groschek mit seinem aktuellen Vorstoß, diese Eigentümer zur Sanierung der Gebäude zu zwingen – andernfalls müssen sie die Kosten für den Zwangsabriss der „Schrott-Immobilien“ tragen – genau richtig. W elche grundlegenden Strategien wird die Genossenschaft in den nächsten Jahren verfolgen? Franz-Bernd Große-Wilde: Wir sind ganz klar Bestandshalterunternehmen, ein Bestandshalter im Vergleich zu einem Immobilienhandelsunternehmen, d.h. wir werden auch in den kommenden Jahren immer das hohe Investment in den Wohnungsbestand einbringen und zeitgleich mit einer nachhaltigen Rendite zufrieden sein. Als Genossenschaft ist unser oberster Grundsatz die Mitgliederförderung, insofern müssen wir uns für die grundlegende Strategie folgende Frage stellen: Welche Methoden finden wir, um unsere Mitglieder zu fördern – entsprechend ihren Bedürfnissen? Wir müssen sie auf den Weg in die Zukunft mitnehmen – und jetzt planen, damit wir auch für nachfolgende Generationen etwas zur Verfügung stellen können. Hinzu kommt, dass die kommunalen Kassen vergleichsweise leer sind. Infolgedessen sind gerade standortbezogene Unternehmen wie wir gefragt, teils kommunale Aufgaben zu übernehmen. Dabei geht es immer auch um die Betrachtung im Quartierszusammenhang. Wir sehen das Gebäude nicht isoliert für sich, sondern immer im Zusammenhang mit dem Quartier, in dem es steht. Insofern geht es ebenfalls darum, die Quartiere aufzuwerten und nachhaltig die Wohn- und Lebensqualität zu erhöhen. Die Standortverbundenheit führt darüber hinaus dazu, dass wir einerseits ein sehr großer Wirtschaftspartner sind für Auftragnehmer, sprich das lokale Handwerk, andererseits sind wir ein großer Arbeitgeber, der Beschäftigung am Standort sichert. Schlussendlich muss es darum gehen, diesen Grundsätzen der Genossenschaft entsprechend das Unternehmen für nachfolgende Generationen im Wert noch weiter zu steigern. 120 JAHRE 30.31 Michael Ruwe: Die Menschen vertrauen denen, die sie kennen. Für viele gilt der Grundsatz stärker denn je: „Lege Dein Geld nur so an, dass Du die Anlageform selber verstehen kannst“. Wenn ein Unternehmen seit 120 Jahren besteht, dann geht das nicht, indem man kurzfristigen Renditeerwartungen und Trends hinterher rennt. Die Spareinrichtung hat sich historisch gesehen für das Unternehmen und die Sparer immer gelohnt und wir sehen auch keine Notwendigkeit, hieran etwas zu ändern. N Genossenschaft. Aktuell überarbeiten wir unsere Internetplattform, damit wir verstärkt auf die Informationsbedürfnisse der jungen Menschen eingehen können. Und wer einen genaueren Blick ins Unternehmen wirft, wird auch feststellen, dass das Durchschnittsalter unserer Belegschaft deutlich unter 40 Jahren liegt. achhaltigkeit ist nicht nur ein Trend der heutigen Zeit, sondern auch einer, der in den nächsten Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Wie nachhaltig ist der Spar- und Bauverein – und wie nachhaltig kann die Genossenschaft noch agieren? Michael Ruwe: Nachhaltigkeit zeigt sich zunächst einmal dadurch, dass das Unternehmen seit 1893 besteht und wir deswegen in diesem Jahr auch das 120-jährige Bestehen feiern dürfen. Würde der Spar- und Bauverein ein kurzfristiges Denk- und Geschäftsmodell verfolgen, wären wir heute nicht mehr existent. Unsere Unternehmensform ist an sich schon ein Synonym für Nachhaltigkeit, weil wir eine Eigentümergemeinschaft sind, die darauf setzt, die Substanz des Unternehmens zu erhalten und zu verbessern. So fließen von jedem erwirtschafteten Euro ungefähr 70 Cent wieder zurück in unseren Bestand. Des Weiteren sind die verschiedenen Preise, die unsere Genossenschaft in den vergangenen zwei Jahren für realisierte Bauprojekte erhalten hat, ein Indikator dafür, was nachhaltig ist. Wir gestalten den Wohnraum nicht nur angemessen, sondern so, dass sich die Menschen dort wohl fühlen. Nachhaltigkeit schließt Umweltaspekte, Entsorgungsaspekte und auch Energieeffizienz mit ein. Diese werden zwar vom Gesetzgeber teilweise gefordert, aber durch unsere Maßnahmen in ganz anderer Form gelebt. Letztendlich engagieren wir uns nicht nur im Dortmunder Wohnungsmarkt, Herr Große-Wilde ist auch in vielen bundesweiten und auch landesbezogenen Fachgremien aktiv, die eine Relevanz für die Wohnungswirtschaft haben. Ferner bedeutet Nachhaltigkeit, dass Herr Große-Wilde auch als Dozent an der brancheneigenen Fachhochschule in Bochum seiner Verantwortung für den Nachwuchs der Wohnungswirtschaft gerecht wird. Z weites großes Stichwort ist der demografische Wandel: Wir werden weniger und älter. Die Genossenschaft reagiert seit Langem schon mit vielen zielgruppenspezifischen Angeboten darauf – vor allem für das Alter. Nichtsdestotrotz gibt es eine Jugend. Wer für junge Leute nicht attraktiv ist, wird zukünftig auch die ältere Zielgruppe verlieren. Welche Strategie verfolgt die Genossenschaft hier? Michael Ruwe: Viele junge Menschen sind Teil unserer Genossenschaft. Vor allem für Studenten bieten wir sehr kostengünstigen Wohnraum an. Wenn es um Familien geht, haben wir z. B. Einfamilienhäuser im Angebot, wenn auch in begrenzter Anzahl. Auch Familien mit drei oder vier Kindern können wir so einen angemessenen Wohnraum bieten. Das Paradebeispiel für unser Unternehmen ist jedoch der Althoffblock. Der Anteil der jungen Bewohner ist hier sehr hoch und unsere jungen Mitglieder wohnen relativ lange in der I m Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise hat das Vertrauen vieler Kunden ins Bankensystem gelitten. Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang den Stellenwert der genossenschaftseigenen Spareinrichtung für die Wohnungsgenossenschaft? Lohnt sich aus Ihrer Sicht auch in Zukunft der Betrieb einer eigenen Spareinrichtung in Zeiten anhaltend niedriger Zinssätze? Martin Trockels: Die Spareinrichtung hat vom Ursprung her die Aufgabe, das Unternehmen ein Stück weit unabhängiger zu machen von den Banken im Bereich der Finanzierung. Wenn unsere Mitglieder in ihre Wohnung, in ihr Unternehmen, in ihre Genossenschaft investieren, dann wissen sie erst einmal, worin sie investieren und wir können dieses Geld von den Sparern – für die Sparer günstiger und für uns auch günstiger – verwenden, um es eben für unsere satzungsgemäßen Zwecke zu nutzen. Eine Finanzkrise kennen wir nicht und haben wir nicht. Franz-Bernd Große-Wilde: Einerseits ist die Spareinrichtung für uns ein Finanzierungsinstrument, denn dadurch sind wir von Banken unabhängiger. Andererseits ist diese Einrichtung für uns ein Mitgliederbindungsinstrument. Viele Kunden kommen persönlich vorbei, um sich ihre Zinsen gutschreiben zu lassen. Das zeigt ihre starke Bindung zum Unternehmen. Vielen Kunden liegt der persönliche Kontakt am Herzen, sie möchten mit uns sprechen, sie möchten persönlich beraten werden. Insofern dient die Spareinrichtung auch immer dazu, nachhaltig die Mitglieder an die Genossenschaft zu binden. W elche besonderen Projekte planen Sie für die Zukunft? Welche Projekte liegen Ihnen dabei besonders am Herzen? Franz-Bernd Große-Wilde: Der Reiz liegt natürlich in der Vielfalt. Es gibt viele verschiedene Projekte, die parallel laufen. Bei Projekten denkt man natürlich zuerst ganz konkret an Bauprojekte. Sicherlich werden wir auf dem hohen Niveau weiterhin investieren. Deshalb wird es ganz tolle Bestandsmodernisierungen geben. Ein Beispiel ist der Althoffblock oder die Modernisierungen in der alten Gartensiedlung in Dortmund-Wambel. Es gibt auch tolle Neubauprojekte wie ebenfalls im Althoffblock, wo zurzeit 125 Wohnungen vorrangig für ältere Menschen entstehen. Im Mittelfristzeitraum planen wir ein Projekt in Dortmund-Schüren – dort soll eine Energie-Plus-Siedlung entstehen, die größte bisher in Dortmund. Dies ist also wieder ein neues Modell, das wir in die Tat umsetzen. Projekte betreffen auch so etwas wie unser Magazin anlässlich des 120-jährigen Bestehens. Wir möchten nachhaltig eine Kommunikationspolitik mit unseren Mitgliedern aufbauen. So sind die ersten Erzählcafés, in denen wir aus 120 Jahren Geschichten von Zeitzeugen gesammelt und aufbereitet haben, keine punktuellen, einmaligen Aktionen. Sie werden weitergehen. Genauso spannend ist, dass wir im Rahmen von Kooperationsprojekten in Schulen gehen werden und dort die jungen Menschen schon früh mit Genossenschaften in Verbindung bringen möchten. Auch darauf freue ich mich. Ich denke, dass das ein spannender Ansatz für den gesamten Vorstand sein wird sowie für unsere Mitarbeiter. Viele unserer jungen Mitarbeiter übrigens qualifizieren sich in unserem Unternehmen weiter und schreiben Projektarbeiten für uns, sei es über professionelle Arbeitsmethoden oder das Portfolio-Management. Auch diese vermeintlich trockenen Themen machen Spaß und bringen das Unternehmen nach vorne. W ie wird sich der Spar- und Bauverein in der Verwaltung weiterentwickeln? Wird es mehr Mitarbeiter geben? Wird die Verwaltung noch weiter ausgebaut werden? Franz-Bernd Große-Wilde: Wir haben jetzt gerade erst die Hauptverwaltung erweitert. Wir haben an diesem Standort, weil es für uns ein 1a-Standort ist, 20 neue Arbeitsplätze geschaffen. Wir planen im Dortmunder Norden noch eine gewisse Ausweitung der Außenstelle in der Unverhaustraße. Das dokumentiert unser Ziel, möglichst präsent, möglichst vor Ort in den Wohngebieten zu sein. Die Zahl der Mitarbeiter wird nicht nennenswert steigen. Wir haben, was unsere Verwaltungskosten betrifft, ohnehin eine unterdurchschnittliche Quote. Die Arbeitsbelastung ist schon hoch, die Professionalität aber auch. Was sich zunehmend ändert, ist die Art der Tätigkeitsfelder. Es geht heut- zutage weniger um hierarchische Strukturen in den Unternehmen, sondern vielmehr um Projektarbeit und darum, abteilungsübergreifend Geschäftsprozesse zusammenzulegen, um so an den einzelnen Themen aus verschiedenen Blickwinkeln arbeiten zu können. Das erhöht den Reiz jeder einzelnen Tätigkeit. Schwerpunkt ist ferner seit ganz vielen Jahren die intensiv betriebene Aus- und Weiterbildung im Unternehmen. Es gibt 288 Genossenschaften in NRW, die zusammen 152 Auszubildende beschäftigen. Davon haben alleine wir 10 Auszubildende. Wir werden immer einen Schwerpunkt legen auf Nachwuchsförderung und Personalentwicklung aus den eigenen Reihen. Das hat zum Beispiel dazu geführt, dass heute mehr als die Hälfte unserer kaufmännischen Mitarbeiter in unserem Unternehmen ausgebildet worden sind. W ie wird sich die Zusammenarbeit von Vorstand, Aufsichtsrat, Vertretern und Mitgliedern weiterentwickeln? Michael Ruwe: Die Zusammenarbeit mit den einzelnen Gremien wird sich weiter professionalisieren. Dies ist alleine schon dadurch bedingt, dass die BAFin und der Gesetzgeber immer stärkere Auflagen an das Qualifikationsprofil sowie an die Aufsichtsführung und Kontrolle durch die Gremien machen. Wir möchten die Informationspolitik für unsere Gremien und Mitglieder weiterhin auf einem sehr hohen Niveau halten. Nach wie vor werden wir im Sinne von Satzung und Geschäftsordnung Mitglieder und Gremien in Entscheidungsprozesse mit einbeziehen. Dazu werden wir verstärkt moderne Kommunikations- und Informationsmittel einsetzen. E inerseits wird immer mehr Professionalisierung in der Gremienarbeit vorausgesetzt, andererseits sollen den Genossenschaftsmitgliedern möglichst weitgehende Mitwirkungsrechte in den Entscheidungsprozessen eingeräumt werden. Wie schätzen Sie in diesem Zusammenhang folgendes Spannungsverhältnis für die Zukunft ein? Martin Trockels: Es ist natürlich richtig und wichtig, dass der Sachkundenachweis innerhalb des Aufsichtsrates gegeben ist. Wir brauchen Leute, die kaufmännisch geprägt sind und ihren Überwachungsaufgaben gerecht werden. 120 JAHRE 32.33 Die komplette Gewinner-Geschichte finden Sie auf www.sparbau-dortmund.de Auf der anderen Seite ist es wichtig, dass der Aufsichtsrat den gesamten Anforderungen einer Wohnungsbaugenossenschaft Rechnung trägt, in dem Sinne, dass er weiß, was in der Genossenschaft passiert und sich möglichst aus Mitgliedern rekrutiert, die die Strukturen und Prinzipien der Genossenschaft kennen. Die Rechtsform der Genossenschaft ist dabei hilfreich, weil die Mitglieder letztlich den Aufsichtsrat wählen. Auf der anderen Seite sind bei über 18.000 Mitgliedern ausreichend Möglichkeiten gegeben, kompetente Vertreter zu finden. H at sich im Laufe der Zeit das Bild, das die Menschen von Genossenschaften haben, verändert? Und was glauben Sie, wie wird sich die Wahrnehmung von Genossenschaften in der Zukunft gestalten? Michael Ruwe: Zahlreiche Menschen hatten mit Genossenschaften über lange Zeit hinweg eher Konsumgenossenschaften wie Coop oder Volksbanken im Fokus. Genossenschaft gibt es aber in vielfältigster Form. Wir haben 2012 das Jahr der internationalen Genossenschaften gefeiert, mit sehr populären Menschen der Zeitgeschichte, die Werbung für Genossenschaften machten, sei es z. B. Ulrich Wickert oder Angela Merkel. Zu diesem Zeitpunkt ist das erste Mal vielen bewusst geworden, was Genossenschaft eigentlich bedeutet. Jemand hat im vergangenen Jahr gesagt: „Gäbe es Genossenschaften noch nicht, müsste man sie jetzt erfinden: Einige wenige Schwache schließen sich zusammen zu einer starken, effizienten Gemeinschaft, um das Wohl aller zu fördern.“ Dieser Gedanke ist ein Erfolgsmodell. Es ist krisenfest, aktuell und zukunftsorientiert, weil es keine Spekulation gibt. Martin Trockels: Ich habe den genossenschaftlichen Gedanken mit der Muttermilch aufgesogen und bin infolgedessen auch privat in den verschiedensten Genossenschaften beteiligt, weil ich einfach von dem Modell überzeugt bin. W ie wirken wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen auf Genossenschaften? Sind Genossenschaften in der Lage, sich selbst zu verändern oder weiter zu entwickeln? Franz-Bernd Große-Wilde: Genossenschaften verändern und entwickeln sich weiter. Sie agieren nicht in einem luftleeren Raum. Folglich sind wir von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen betroffen. Wenn jetzt beispielsweise die Arbeitslosigkeit massiv ansteigen würde, könnte es als Folgeerscheinung passieren, dass aufgrund fehlender Einkommen auch die Mietforderungen steigen würden. Gesellschaftliche Veränderungen spüren wir frühzeitig, stellen uns darauf ein und entwickeln uns unter Berücksichtigung der jeweils neuen Rahmenbedingungen zukunftsgerichtet weiter. Dabei nehmen wir das Bewährte aus der Vergangenheit mit und kombinieren es mit innovativen Lösungsansätzen. Wir geben uns keinen kurzfristigen Modeerscheinungen oder Gewinnmaximierungsmaßnahmen hin, sondern haben den nachhaltigen Erfolg und die langfristige Wohnwertsteigerung im Fokus. Die genossenschaftlichen Prinzipien leben wir im Detail und setzen sie in mitgliederorientierte Projekte und Maßnahmen um: Das Spektrum reicht von der Mitgliederbetreuung in Form von Vertreterbesichtigungsfahrten durch den eigenen Hausbestand bis hin zur Realisierung einer sogenannten „Genossenschaft im Kleinen“ im Mehrgenerationenwohngebäude Generationenweg 1 in Dortmund-Brünninghausen. Es gilt der Grundsatz: Je näher wir unseren Mitgliedern verbunden sind und uns mit ihren Bedürfnissen und Wünschen auseinandersetzen, je zielgerichteter und zeitgemäßer können wir uns wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen anpassen. K önnen Sie abschließend jeder von Ihnen kurz zusammenfassen, warum Genossenschaft – und insbesondere der Spar- und Bauverein – Zukunft hat und was Sie sich für die Zukunft wünschen? Franz-Bernd Große-Wilde: Genossenschaft hat Zukunft, weil unser Geschäftsmodell dem Nutzerinteresse am nächsten kommt. Jeder Mieter, jeder Bewohner wünscht sich Sicherheit, keine Anonymität, sondern Eingebundenheit, Identifikation. Ich wünsche mir, dass das Modell durchaus noch Verbreitung findet. Martin Trockels: Ich wünsche mir, dass wir weiterhin Impulse von unseren Mitgliedern bekommen und diese dann auch umsetzen können. Wenn wir junge, mittelalte und ältere Mitglieder haben und auf ihre Bedürfnisse eingehen, müssen wir uns keine Sorgen um die Zukunft machen. Michael Ruwe: Das historisch Bewährte, sehr am Mitglied orientierte, erfolgreiche Geschäftsmodell der Genossenschaften, das Basisdemokratie schlechthin ist und dem Gemeinschaftsnutzen am meisten dient, soll auch in den nächsten Jahren noch weiter ausgebaut werden und seine Marktpräsenz steigern. Wir wollen auch in Zukunft das Wohl unserer Mitglieder fördern und die Wohnsituation unserer Bewohner kontinuierlich verbessern. Vielen Dank für das Gespräch. Das Interview führte Frau Nicole Brückner, Pressereferentin Spar- und Bauverein eG Dortmund. Drei Fragezeichen für den Spar- und Bauverein Geheimnis- und Geschichtensuche mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen 2012 wurde von den Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr der Genossenschaften ausgerufen. Gleichzeitig nahte das 120-jährige Bestehen unseres Spar- und Bauvereins. Man beschloss, gemeinsam mit Mitgliedern und Mitarbeitern die Geschichte der Genossenschaft zu erkunden. Dazu entwickelte die Journalistin und Autorin Bärbel Wegner ein zunächst dreistufiges Konzept, das gemeinsam mit den projektverantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Spar- und Bauvereins in die Tat umgesetzt wurde: In einem ersten Schritt begann die Suche nach Geschichten zur Geschichte mit einem Schreibwettbewerb, wurde mit einer digitalen Schatzsuche, einem „Geocaching“, im Kreuzviertel fortgesetzt und mit drei Erzählcafés jeweils für Gremienmitglieder, langjährige und ehemalige Mitarbeiter sowie Bewohner abgeschlossen. Das Geheimnis! Erzähle die Geschichte. Schreibwettbewerb im Frühjahr 2012 „Der Schatz vom Althoffblock.“ Alexander Haneberg war der Erste. Seine Geschichte traf Mitte Februar ein. „Tom war 16 Jahre alt und er war sehr neugierig. Kaum verabredete er sich mit einem seiner Freunde, passierte ein spannendes Abenteuer…“ Fast einhundert Geschichten trudelten bis zum Einsendeschluss am 31. März ein. Die Jury hatte viel zu tun. Mitglied der Jury waren neben dem Vorstand des Spar- und Bauvereins, Franz-Bernd Große-Wilde, unter anderem die Bürgermeisterin der Stadt Dortmund, Birgit Jörder, die Journalistin Bärbel Wegner sowie Anja Karl und Sina Grünewald, Mitarbeiterinnen der Stadtbücherei Dortmund. Die meisten Geschichten hatten Kinder im Alter von neun und zehn Jahren geschrieben, vier Schulen, verteilt in ganz Dortmund, hatten sich insgesamt beteiligt. Nun galt es auszuwählen aus Geschichten wie: „Schreck auf dem Friedhof “, „Das Geheimnis vom Adlerturm“, „Ein Geheimnis im mittelalterlichen Dortmund“ oder auch „Die Burg Syburg und der verliebte Ritter“. Als Preise hatte der Spar- und Bauverein für die ersten drei einen E-Book-Reader sowie Bücher und für sieben Preisträger einen Schreibworkshop als Preis ausgesetzt. Der Schreibworkshop fand in Kooperation mit Jugendstil, dem Kinder- und Jugendliteraturzentrum NRW, in Dorstfeld statt. Vier Stunden lang lud der Dortmunder Autor Sascha Pranschke die Kinder zum kreativen Schreiben ein. Am 22. Mai waren die Preise in der Stadtbücherei Dortmund überreicht worden, verbunden mit der Lesung von Geschichten. Über 70 Zuhörer lauschten den selbst vorgetragenen Geschichten der jungen Autoren. Diese wiesen im Anschluss spielerisch daraufhin, dass die Geheimnissuche ja weitergehe – mit einem Geocaching im Kreuzviertel. Das Geheimnis! Finde die Geschichte. Geocaching für Jugendliche im August 2012 Der Spar- und Bauverein wollte sich mit seinen Aktionen an möglichst viele Altersgruppen, darunter auch Jugendliche, wenden. Ein Geocaching, Schatzsuche mit modernen Mitteln wie Tablet-PC und GPS, schien da die richtige Wahl. Oliver Krooß von GEO°BOUND und Tine Bargstedt von der Projektschneiderei bereiteten den Cache vor. Das Besondere: Die Geschichten der Kinder aus dem Schreibwettbewerb, wie das geflügelte Nashorn oder der Adlerturm, wurden als Rätsel eingebaut. Nach einer kurzen Einweisung in Spielregeln und Technik ging es am 19. August zweieinhalb Stunden lang kreuz und quer durch das Kreuzviertel. Die Anweisung lautete: „Ausgerüstet mit einem Tablet-PC und einer Tasche voller Tools spielt Ihr ein Adventure in Eurem Kiez! Ihr sammelt Punkte, löst Rätsel-Stationen, meidet Sperrbereiche und sucht nach versteckten Codes und Schätzen – nicht am Rechner, sondern im Kreuzviertel.“ Ausgerechnet dieser Augusttag wurde der heißeste Tag des Jahres! Das senkte ein wenig die Teilnehmerzahl, aber nicht das Spielfieber der Teams. Im Nachbarschaftstreff applaudierten nachmittags auch ältere Bewohner den jungen Helden zur Preisverleihung, gegrillt und gegessen wurde anschließend gemeinsam. 51° 30‘ 52‘‘N, 7° 27‘ 24‘‘0 120 JAHRE 34.35 „Erzählcafés“ für ältere Mitglieder und Mitarbeiter im Herbst 2012 Erzählcafés sind eine bewusste Form des Erinnerns! Diese sind durch die Arbeit der Geschichtswerkstätten bekannt geworden. Der Spar- und Bauverein lud langjährige Gremienvertreter, Mitarbeiter und Bewohner dazu ein, Geschichten und Erinnerungen auszutauschen. Es ging unter anderem darum, wie früher Wohnungen gesucht und gefunden, wie zusammengelebt wurde und an wen und was man sich noch als aufregend erinnerte. Die drei Erzählcafés waren gut besucht und fanden in der Gaststätte „Zum Volmarsteiner Platz“ statt, einem Ort, der schon selbst zum Erzählen einlud, mitten im Althoffblock gelegen und seit vielen Jahren Treffpunkt für Mitglieder und Ort für Veranstaltungen der Genossenschaft. Die Erzählcafés wurden von der Journalistin Bärbel Wegner geleitet. Sie zeichnete die Gespräche auf und einen Teil davon kann man, als kleine Geschichten verpackt, in dieser Publikation nachlesen. Geplant ist eine Fortsetzung der Erzählcafés. Als fortlaufende Geschichtsforschung der Genossenschaft und als Basis für Projekte mit Schülern und Lehrern. Aber in erster Linie stellen die Geheimnissuche mit den drei ??? das dar, so Vorstand Franz-Bernd Große-Wilde, was die Genossenschaft auszeichne und ihr am Herzen liege: die Mitglieder zu fördern und Gemeinschaft zu stärken. Momente im Zeitwandel – Ein Blick im Augenblick 1) Althoffstraße 1-35, 2-36 um 1924 · 2) Ehemalige Hauptverwaltung, Kleppingstraße 20/Viktoriastraße 7, um 1959/1960 · 3) Aus dem Geschäftsbericht 1934 · 4) Roseggerstraße 61, um 1960 und 2005/2006 · 5) Spielplatz Kuithanstraße, um 1957/58 · 6) Aus dem Vorstand 2006: (v.l.) Friedrich Wilhelm Reckermann, Heinrich Küter, Herbert Kirschner, Franz-Bernd Große-Wilde, Heinrich Wellen · 7) Mitarbeiter, aufgenommen im Rahmen der Feier zum 110-jährigen Geburtstag der Genossenschaft, VIP-Lounge, Signal Iduna Park, 2003 · 8) Mitarbeiter und ehemalige Mitarbeiter beim Sommerfest der Genossenschaft in 2010 · 9) Mitarbeiter-Fußballmannschaft für einen Tag, Anfang der 70er · 10) Chemnitzer Straße 65, Modernisierung in 2012 · 11) Albrechtstraße 7, Silvester bei Ehepaar Bayer, um 1954/1955 · 12) Heinrichstraße 54, Monika Bayer, 1951 · 13) Heinrichstraße 28-36, um 1904 · 14) Innenansichten ins Waschhaus Kuithanstraße, um 1956 · 15) Concordia Haus, Wambeler Straße 4/Oesterholzstraße 51 · 16) Bewohnerin aus dem Althoffblock, Ende der 20er-Jahre · 17) Spielplatz Studtstraße, 20. August 1934 120 JAHRE 38.39 ZU GUTER LETZT Unsere Genossenschaft hat gemeinsam Geschichte geschrieben. Auch Sie, liebe Mitglieder, haben Geschichten geschrieben, gefunden und erzählt – witzige, nachdenkliche und spannende. Einige der Erzählungen und Standpunkte haben wir im vorliegenden Magazin zusammengestellt. Damit möchten wir die Dokumentation jedoch längst nicht abschließen. Wir planen, die Sammlung der erlebten Geschichte(n) auch in Zukunft fortzusetzen und schauen dabei schon erwartungsvoll auf das Jahr 2018. Dann wird die Genossenschaft ihr 125-jähriges Bestehen feiern, ein weiterer großer Anlass für eine Veröffentlichung der Mitgliedererlebnisse. Genossenschaft lebt vom Mitmachen. Wenn Ihnen also noch Fotomaterial oder Dokumente vorliegen, die Bezug zum Wohnen beim Spar- und Bauverein haben, oder Ihnen beim Lesen des Magazins Erinnerungen aus dem Genossenschaftsalltag gekommen sind, tauschen Sie diese mit uns aus. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldungen und werden von Zeit zu Zeit Erzählcafés und weitere Foren zum Gedankenaustausch bieten. Herzlichst! Ihr das redaktionsteam Franz-Bernd GroSSe-Wilde Vorstandsvorsitzender, Spar- und Bauverein eG Bärbel Wegner Journalistin und Autorin Angelika Rademacher Vorstandsassistentin, Spar- und Bauverein eG Ljubow Schneider Öffentlichkeitsarbeit, Spar- und Bauverein eG Eva Strauch und Sabrina Merdzanovic Kommunikationsdesigner, edelweiss Kommunikationsdesign GbR HERAUSGEBER Spar- und Bauverein eG Dortmund Kampstr. 51, 44137 Dortmund Tel. 0231-18 20 3-0, Fax: 0231-18 20 3-166 www.sparbau-dortmund.de Projektleitung Franz-Bernd Große-Wilde Franz-Bernd Große-Wilde Eine Genossenschaft funktioniert nur, wenn alle an einem Strang ziehen und dasselbe Ziel verfolgen. Eben einer für alle und alle für einen. So ein Gemeinschaftswerk ist auch dieses Magazin zum 120-jährigen Geburtstag. Unzählige kreative Stunden, zahlreiche leere Weingummipackungen und mehrere Redaktionssitzungen später ist es vollbracht: Das Magazin ist gedruckt. Dem Redaktionsteam gehören an: Nicole Brückner Pressereferentin, Spar- und Bauverein eG DRUCK Pomp GmbH, Bottrop FOTONACHWEIS S. 01: Tapete © Jan Engel - Fotolia S. 03: Nr. 11 © Thilo Saltmann / Architektenkammer NRW S. 13: Elefantengruppe © Keller - Fotolia Andreas Prigge Stellvertretender Leiter Technik, Spar- und Bauverein eG Redaktion Nicole Brückner (Eine Idee macht Geschichte; Stein auf Stein; Keiner geht verloren; Gastliche Stätte; Seite für Kinder, Interview mit dem Gesamtvorstand) Bärbel Wegner (Ein Haus, ein Platz; Erst sparen, dann bauen; Die große Verwandtschaft des Martin Sprungala; Drei Fragezeichen für den Spar- und Bauverein; Interview mit Peter Lauber, Geschichten aus den Erzählcafés), www.textpertin-hamburg.de Bildredaktion Ljubow Schneider Korrektorat Franz-Bernd Große-Wilde, Nicole Brückner, Andreas Prigge, Angelika Rademacher, Ljubow Schneider, Bärbel Wegner gestaltungskonzept und Satz edelweiss Kommunikationsdesign GbR, www.design-edelweiss.de Haftungshinweis / Urheberrecht Trotz aller Bemühungen um Konsistenz, Vollständigkeit und Richtigkeit der Informationen übernimmt der Spar- und Bauverein keinerlei Gewährleistung für die Inhalte dieses Heftes. Alle in diesem Heft angebotenen Informationen dürfen ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Spar- und Bauvereins Dortmund weder ganz noch teilweise gespeichert, kopiert oder weitergegeben werden. Das verwendete Layout, Zeichnungen und Grafiken unterliegen dem Copyright des Spar- und Bauvereins Dortmund.