Mobile HCI
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Mobile HCI
Mobile Mensch-Computer-Interaktion Mobile HCI • • • • Überblick, Fokus & Innovation Interaktions- & User Experience Design Herausforderungen Usability Engineering – Prototyping & Testing • VU Human Computer Interaction und Psychologie Zukunft von mobiler HCI Svenja Schröder Mobile HCI „In the mid-1950s, if you were the husband of the Queen [of England] you could have a mobile telephone connection to the public network. But if you were a mere marquis, you could go whistle.“ (Agar, J.: „Learning from the mobile phone“. Journal of the Royal Society of Arts. January, 2004. Bildquelle: http://www.economist.com/blogs/babbage/2013/07/history-telecoms) VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Mobile HCI? VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Mobile HCI – Was heißt „mobil“? • “Mobil” bedeutet mehr als nur Smartphones oder Tablets: – Wearables, Navigationsgeräte, Pager, PDAs, Smartwatches, Implantate… • Neue Interaktionsformen: – Touch, Sprache, Stifteingabe, 3D-Bewegungen, ... • Grenzen zwischen Funktionalität und Lifestyle verschwimmen zusehends Quelle: [MID06] VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Besonderheiten von mobiler HCI? • Nicht viel, Grundprinzipien bleiben gleich • Aber: andere Herausforderungen! – In Bezug auf technische Rahmenbedingungen (z.B. kleinere Bildschirme) – In Bezug auf Designkompromisse (siehe rechts) Quelle: [DMMT13], XKCD: https://xkcd.com/1174/ VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Heute: Fokus auf Smartphones / Tablets VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder 4 große Herausforderungen von mobiler HCI 1. 2. 3. 4. Eingabemöglichkeiten Ausgabemöglichkeiten Unbekannter Kontext Interaktion mit realer Welt (z.B. NFC) Definieren Forschungsfeld „Mobile HCI“ Quelle: [ER14] & https://www.interaction-design.org/encyclopedia/mobile_computing.html Foto: https://www.flickr.com/photos/yourdon/11764662796 VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Geschichte der Mobile HCI VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder 7 Phasen von mobiler HCI Vergangenheit ... Zukunft 1. Portabilität – Hardware wird tragbar, erste Laptops 2. Miniaturisierung – Geräte werden kleiner, z.B. Handhelds 3. Konnektivität – Geräte online und verbunden 4. Konvergenz – All-in-one Geräte (PDA, Kamera, Musik, Spiele, ...) 5. Divergenz – Spezialisierte Geräte nur für einen Zweck, z.B. iPod 6. Apps – (fast?) wichtiger als Hardware 7. Digitale Ökosysteme – „Konzert“ von ubiquitären Geräten Quelle: [ER14] & https://www.interaction-design.org/encyclopedia/mobile_computing.html VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Konvergenz vs. Divergenz: Spezialisierung oder „Schweizer Taschenmesser“? • • Einfache, aktivitätszentrierte Geräte oder all-in-one „Schweizer Taschenmesser“? Umfrage: – Wie viele Geräte tragen Sie mit sich herum? – „What‘s in your bag?“ https://www.flickr.com/photos/dust/2350435715 VU Human Computer Interaction und Psychologie https://www.flickr.com/photos/refractedmoments/240025839 Svenja Schröder Entwicklungen: Use Cases vs. technologische Möglichkeiten • Wie kann ich neue Interaktionsformen / Services / Gebrauchsformen entdecken / erfinden / einführen? • Innovationsstrategien für mobile Interfaces – Technologiegetrieben: „Welche neue Erfahrung wird mit dieser Technologie möglich gemacht?“ – Geschichtsgetrieben: • • Welche mobilen Anwendungen waren in der Vergangenheit erfolgreich, welche nicht? Welche Anwendungen waren auf meinem Desktop-Computer erfolgreich? Kann ich sie in die mobile Umgebung transferieren? • Usability...?! VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Erinnern Sie sich...? Usability als Verkaufsfaktor! VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Erfolgsgeschichte SMS • • Hohe Nützlichkeit (usefulness) Hohe Gebrauchstauglichkeit (usability) – Hohe Alltags-Usability: leicht und unauffällig • Hohes Nutzungserlebnis (user experience) – Unmittelbar & emotional (Kontakt zu Familie, FreundInnen, KollegInnen) • • • • • Niedrigere Kosten als Anrufe Unaufdringlich im Alltag Unmittelbare Aussagekraft Sozial Privater als Anrufe Quelle: [MID06] VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Misserfolgsgeschichte WAP • • • Start 1999: „Surf the mobile net“ Bereits nach einem halben Jahr als Fehlschlag gewertet Jakob Nielsen: Selbst einfache Aufgaben (Nachrichten lesen, TVProgramm) kaum zu bewältigen • Backend-Probleme – • Langsam, teuer Frontend-Probleme – Sehr technische Sprache – Oft nur 5-8 Zeilen auf Bildschirm – Schlecht aufbereiteter Inhalt – Schlechtes Interaktionsdesign – „Walled Gardens“ Quelle: [MID06], Bild: https://www.flickr.com/photos/jamescridland/1470202502/ VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Interaktions- und User Experience Design für mobile HCI VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder „Gutes mobiles Interaktionsdesign? – Gibt es nicht!“ • Beschränkungen als Ausrede: „Was erwarten Sie auf so einem kleinen Bildschirm?“ • Drei Hauptgründe für schlechtes Interaktionsdesign: – Wahrgenommene Kosten für besseres Design – Übertriebene Betonung von Technologienutzung über Zweckmäßigkeit – Fehlendes User-Testing • Folgen von schlechten Interaktionsdesign: – Emotional: Hohes Frustrationspotential – Ökonomisch: Zeitverschwendung – Ethisch: Sicherheitskritische Situationen Quelle: http://acuraembedded.com/blog/importance-of-rugged-tablet-pc-in-industrial-and-outdoor-operations/ VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Wie kann gute Usability für mobile Geräte gelingen? • Funktionalität kommt vor Design! à Hohe Nützlichkeit ist essentiell! – „Users would walk over glass to send a text message“ (Scott Jenson) – „We surveyed people who had suffered through the painful experience of using WAP, and they definitely didn’t like it.“ (Jakob Nielsen in „WAP Usability“) • Gute Usability von Backend wie Frontend: – Dahinter liegende Technik funktioniert, z.B. Datenübertragung oder Serverdienste (Backend) – User Interface benutzbar (Frontend) Quelle: http://www.nngroup.com/reports/wap-usability/ http://www.itworld.com/article/2833392/mobile/the-hardest-part-of-switching-from-iphone---not-delivered---and-how-to-fix-it-.html VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Von mobiler Usability hin zu mobiler User Experience • • Ab 2002 in Österreich UMTS-Standard verfügbar Bis 2007: Mobiltelefone sehr erfolgreich, Smartphone-Verkauf eher schleppend – Symbian, Palm, Windows Mobile, BlackBerry • Ab 2007: Fokus auf mobiler User Experience • „My mobile phone is...“ [MID06] – Bezug auf: – Funktionalität – Benutzungskontext – Emotionen 2007 VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Shneiderman – 8 Goldene Regeln 1. Konsistenz – Beispiele: iOS & Android Styleguides 2. Berücksichtige unterschiedliche Erfahrungen – Beispiel: Mapping von Menü-Icons über Nummerntasten auf Handys als unterschiedliche Interaktionsformen je nach Erfahrungsgrad 3. Rückmeldungen auf Aktionen des Benutzers – Auf Smartphone vielfältig möglich: akustisch, visuell, taktil – Beispiel: Vibration bei Tastendruck auf virtueller Tastatur Quelle: [MID06] VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Shneiderman – 8 Goldene Regeln (2) 4. Abgeschlossene Operationen – Beispiel: SMS-Workflow 5. Fehler verhindern – Beispiel: Fehlerhafter Input durch „dicken Daumen“ führt zu Autokorrektur 6. Einfache Rücksetzmöglichkeiten („Undo“) – Gefahrloses Explorieren auf iOS VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Shneiderman – 8 Goldene Regeln (3) 7. Benutzerbestimmte Eingaben – Sehr wichtig in Bezug auf begrenzt verfügbare Ressourcen! 8. Geringe Belastung des Kurzzeitgedächtnisses – Kapazität 7 +– 2 Einheiten – Beispiel: Lange Navigationsmenüs auf kleinen Bildschirmen VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Goldene Regeln vs. „kleines Display“? (2/2) • Gestaltung mobiler Geräte bleibt herausfordernd: – Kleines Display – Mangelnder Fokus durch NutzerInnen (mobiler Kontext) – Wahrnehmung auf Basis bestehender Erfahrungen • Lösung: neue, angepasste Interaktionsformen ausnutzen! – Feedback nicht visuell, sondern akustisch (Warnsignal) oder haptisch (Vibration) – Sichtbarkeit als relevanter Ausschnitt aus großem Ganzen (Peephole) – Andere mobile Utensilien als Metaphern (Notizblock) – Direkte Manipulation noch direkter machen • Z. B. Drehen des Smartphone-Displays kippt das Bild VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Peephole Displays: Sichtbarkeit als relevanter Ausschnitt aus großem Ganzen Ka-Ping Yee. 2003. Peephole displays: pen interaction on spatially aware handheld computers. In Proceedings of the SIGCHI Conference on Human Factors in Computing Systems (CHI '03). ACM, NY, USA, 1-8. VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Exkurs: Designprinzipien für Embedded Interfaces* (1/2) • Produkt nicht für einen Desktop-Computer halten – Wollen Sie Ihre Kamera mit dem Windows Desktop bedienen? • Hardware- und Software-Design aus einem Guss – Besonders bei spezialisierten mobilen Geräten – Beispiel: Desktop-Telefon à • Den Kontext das Design steuern lassen – In welchem Kontext wird das Gerät verwendet? Quelle: [AF14] VU Human Computer Interaction und Psychologie * Nicht nur Smartphones / Tablets! Svenja Schröder Exkurs: Designprinzipien für Embedded Interfaces* (2/2) • Verschiedene Modi nur sparsam verwenden, wenn überhaupt • Anwendungsbereiche (scope) begrenzen • Navigation mit Displaygröße balancieren • Eingabemöglichkeiten vereinfachen – Nur unbedingt notwendigen Input verlangen Quelle: [AF14] Bildquelle: amazon.de, Yamaha RX-V679 AV-Receiver schwarz VU Human Computer Interaction und Psychologie * Nicht nur Smartphones / Tablets! Svenja Schröder Herausforderungen VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder „Wurstfingerproblem“ („fat finger problem“) • Eingabe mit Finger auf kleinem Touch-Bildschirm hat eine hohe Fehlerrate – Breite Auflagefläche des Daumens + Okklusion des Bildschirminhaltes • Alternativen: – Stifteingabe (Problem: Stift sehr leicht zu verlieren) – Buttons? – Eingabe auf Rückseite des Gerätes?! • Mögliche Lösung: – Lokaler Zoom (iOS / Android) Bildquelle: http://www.whistleout.co.uk/MobilePhones/Reviews/Apple-iPhone-5s-Review VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Tippen auf Mobilgeräten • Tippen auf virtuellen Tastaturen Herausforderung – Blick auf Tastatur notwendig, Lage kann schwer erlernt werden, Fat Finger Problem • Warum hat sich die virtuelle Tastatur durchgesetzt? – Mehr Anzeigefläche für Displays – Viele Apps und Webseiten nur für Inhaltskonsum • Fehlertoleranz bei SMS, Emails, ... Allerdings nicht bei Formularen! – Assistenz bei Formularen sehr wichtig Quelle: [MU13] VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Text auf Mobilgeräten • Mobile Inhalte 2x schwieriger zu verstehen, da Lesen durch ein „Schlüsselloch“ („Peephole“) • Warum? • Kleinerer Bildschirm erfordert höhere Merkleistung: Zusammenhänge schlechter begreifbar – Weniger Kontext = weniger Verständnis • Blättern und Scrollen notwendig – Scrollen braucht Zeit à man kann sich weniger merken – Aufmerksamkeit wandert von Inhalt zum Scrollen – Textpassage muss wiedergefunden werden Quelle: [MU13], http://www.learningsolutionsmag.com/articles/860/learning-solutions-magazine-goes-mobile VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Wie sollte Text auf mobilen Geräten gestaltet sein? • Optimale Ausnutzung der Anzeigefläche • Redundante Informationen weglassen • Text gut lesbar (Formatierung) und übersichtlich (Zwischenüberschriften) • Sekundäre Inhalte auf sekundäre Seiten • Scheinbares Paradoxon: „Vertreib mir kurzweilig die Zeit, aber langweile mich nicht mit überflüssigen Inhalten!“ Quelle: [MU13] VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Usability Engineering für mobile HCI VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Prototyping für mobile Geräte • • Jeff Hawkins: Erfinder des Palm Pilot und des Handspring Treo (jetzt Neurowissenschaftler) Vor der Entwicklung des Palm Pilot trug er eine Woche lang einen Holzblock in der Hosentasche – Er synchronisierte den Holzblock mit seinem Computer – Er telefonierte mit dem Holzblock am Ohr – Er speicherte Notizen auf dem Holzblock • Am Ende entschied er sich, dass der Palm Pilot ein Erfolg werden würde Quelle: http://archive.wired.com/science/discoveries/news/1999/10/32010 Bildquelle: "Palmpilot5000 eu" by Channel R at en.wikipedia Bildquelle: http://amitpande.co/2014/02/17/5-takeaways-from-lumo-at-firstdesigngsb-session/ VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Prototyping für mobile Geräte VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Mobile NutzerInnen-Tests „Even when a device is easy to operate and plainly communicates the effect of interacting with it, the test comes when it is deployed in the complex, messy world of real situations. When a user calls on its service in everyday use, it might still disappoint dramatically.” [MID06] • NutzerInnen-Tests sind auch im mobilen Bereich sehr wichtig! • Besonderheiten: – Kein stationärer Rechner, sondern mobiles Gerät à Wie Testdaten mobil erfassen? – Mobiler Kontext à Testen „im Feld“? Nachstellen im Labor? VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Mobile NutzerInnen-Tests: ... mehr in der dazugehörigen Einheit! J Quelle: tobii.com VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Zukunft von mobiler HCI VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Zukunft von mobiler HCI • Zwei interessante Beispiele für neue Interaktionsformen • Neue Eingabeformen: https://www.youtube.com/watch?v=g3XPUdW9Ryg • [Harrison, C., Tan, D. Morris, D. 2010. Skinput: Appropriating the Body as an Input Surface. (In Proceedings of SIGCHI 2010)] • Neue Ausgabeformen: https://www.youtube.com/watch?v=swmGaGT8lvs • [Lopes, P. and Baudisch, P. Mobile Force-Feedback based on Electrical Muscle Stimulation. (In Proceedings of CHI 2013)] VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Zukunft von mobiler HCI: Neue Risiken? VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder Quellen • [MID06]: „Mobile Interaction Design“ – Matt Jones and Gary Marsden (2006) • [AF14]: „About Face“ – Alan Cooper, Robert Reimann, David Cronin and Christopher Noessel, 4. Auflage (2014) • [MU13]: „Mobile Usability – Für iPhone, iPad, Android, Kindle“ – Jakob Nielsen und Raluca Budiu (2013) • [DMMT13]: „Don‘t Make Me Think Revisited“ – Steve Krug (2013) Danksagung... ... an Prof. Dr. Rukzio für die Bereitstellung seiner Vorlesungsfolien zu „Mobile Mensch-Computer Interaktion“ [ER14] http://www.uni-ulm.de/in/mi/mi-mitarbeiter/enrico-rukzio.html VU Human Computer Interaction und Psychologie Svenja Schröder