Barmherzigkeit - Bistum Speyer

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Barmherzigkeit - Bistum Speyer
Bis B I S C H Ö F L I C H E S O R D I N A R I A T
SCHULEN, HOCHSCHULEN UND BILDUNG
Religionspädagogische Fortbildung
RELIGIONSPÄDAGOGISCHE FORTBILDUNG
Kirchenjahr 2016 –
Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Die sieben Werke der Barmherzigkeit, Pieter Brueghel d. J.
© Sammlung Museum der Brotkultur, Ulm
Barmherzigkeit
Anregungen für Schule und
Unterricht zum Heiligen Jahr
Bischöfliches Ordinariat Speyer
HA II Schulen, Hochschulen und Bildung
Große Pfaffengasse 13 • 67346 Speyer
06232/102-121
[email protected]
Inhaltsverzeichnis
Informationen - Heiliges Jahr, Heiliges Jahr der Barmherzigkeit, Heilige Pforte .......................................1
Mind-map - Barmherzigkeit ......................................................................................................................2
Kopiervorlage - "Die sieben Werke der Barmherzigkeit", Pieter Brueghel d. J. ...........................................3
Hinführung - Die Werke der Barmherzigkeit..............................................................................................4
Grundschule .............................................................................................................................................5
U-Einheit - Ein Herz haben (für) ……………………………………………………………...………6
U-Einheit - Gott hat ein Herz für Hagar (Erzählen mit dem Wüstensack) ….……………………7
U-Einheit - Menschen zeigen ihr Herz ..................................................................................15
Sekundarstufe I
Unterrichtsreihe – „Asozial oder barmherzig?“ (Kl. 5 / 6) ..............................................................17
Materialien - Werke der Barmherzigkeit ....................................................................................20
Materialien - Kinder, die die Welt verändern .............................................................................27
Materialien - Bibelarbeiten ........................................................................................................31
Unterrichtsreihe - Barmherzigkeit (Kl. 8 / 9) …………….…………………………………………… 33
Materialien - Werke der Barmherzigkeit im Bild Pieter Brueghels d. J. .....................................36
Materialien - Barmherzigkeit in der Rede des Papstes .............................................................38
Materialien – „Ein Willkommensfest“ – Geschichte ..................................................................41
Materialien - Beichtspiegel ........................................................................................................45
Sekundarstufe II
Leittext - „Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht“ (Jak 2,13).......................................49
Unterrichtsbausteine – Compassion! - Wie barmherzig sind wir? .................................................52
Material – Menschenbilder, eine Biografie erfinden und erzählen .............................................55
Material – Peter Singers „Praktische Ethik“ ...............................................................................56
Materialien – „Warmherzig, barmherzig“ – Wie viel Barmherzigkeit ist erlaubt? ........................56
Materialien – Das Gleichnis vom verlorenen Sohn ....................................................................58
Materialien – künstlerische Darstellungen zum Gleichnis vom barmherzigen Vater ..................61
Materialien – Compassion in unserer Zeit..................................................................................62
Globales Lernen
Unterrichtsentwurf – „Was ihr dem Geringsten tut“, Bild von Sokey Edorh, Togo (Kl. 5-7) ..........63
Aktionsvorschläge – Vom Lernen zum Handeln .........................................................................67
Ganztagsschularbeit
Projekt – Fremde Lebenswelten (AG-Vorschlag) .........................................................................68
Heiliges Jahr in Orts- und Weltkirche
Termine .......................................................................................................................................71
Aufkleber-Aktion ..........................................................................................................................72
Gebet zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit
Heiliges Jahr
In der katholischen Kirche griff Papst Bonifatius VIII. im Jahr 1300 die jüdische Tradition des Jubeljahres auf
und führte ein Jubiläumsjahr ein. Im Gegensatz zum alttestamentlichen Erinnern an Freiheit und Schuldenerlass, werden im christlichen Festjahr auch Vergebung und Buße, also die Befreiung der menschlichen Schuld,
thematisiert. Das Heilige Jahr sollte alle hundert Jahre gefeiert werden. Um aber jeder Generation die Feier
dieses Jahres zu ermöglichen, wurde 1475 festgelegt, dass das Heilige Jahr alle 25 Jahre stattfinden soll.
Darüber hinaus gibt es außerordentliche Jubiläen im Zusammenhang mit besonderen Anlässen. Sie finden
außerhalb des festen Rhythmus statt. Bis heute wurde insgesamt 26 Mal ein ordentliches Heiliges Jahr gefeiert.
Das letzte war das große Jubiläum im Jahr 2000. Es ist vielen durch die große Vergebungsbitte von Papst
Johannes Paul II. als Zeichen des Friedens und der Versöhnung in Erinnerung.
Das Heilige Jahr im Kirchenjahr 2016 ist damit ein außerordentliches Heiliges Jahr. Papst Franziskus hat es
ins Leben gerufen. Die offizielle Ankündigung eines Heiligen Jahres geschieht durch die Proklamation einer
eigenen Urkunde, einer sogenannten Bulle.
Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Papst Franziskus hat am Vorabend zum Barmherzigkeitssonntag, am 11. April 2015, im Petersdom in Rom die
Bulle „Misercordiae Vultus“ („das Antlitz der Barmherzigkeit“) verlesen lassen und damit das Heilige Jahr der
Barmherzigkeit angekündigt.
„Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist“ (Lk 6,36). Mit dieser Bibelstelle, die direkt dem Gebot zur Feindesliebe folgt, erinnert der Papst an die unvergleichbare Liebe Gottes zu den Menschen, im Bild elterlicher
Liebe, der Barmherzigkeit von Vater und Mutter gegenüber ihren Kindern, spiegelt sie sich wider. Er führt aus:
Das Geheimnis der Barmherzigkeit „ist Quelle der Freude, der Gelassenheit und des Friedens. Es ist Bedingung
unseres Heils“ (Bulle M. Vultus, 2).
Papst Franziskus erklärt sein Anliegen: „Es gibt Augenblicke, in denen wir aufgerufen sind, in ganz besonderer
Weise den Blick auf die Barmherzigkeit zu richten und dabei selbst zum wirkungsvollen Zeichen des Handelns
des Vaters zu werden. Genau darum habe ich ein außerordentliches Jubiläum der Barmherzigkeit ausgerufen.
Es soll eine Zeit der Gnade für die Kirche sein und helfen, das Zeugnis der Gläubigen stärker und wirkungsvoller
zu machen.“ (Bulle M. Vultus, 3).
Das Bild vom barmherzigen Vater, das im Heiligen Jahr aufgegriffen wird, wird durch die Jahreslosung der
Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen 2016 ergänzt: „So spricht der Herr: Wie eine Mutter ihr Kind
tröstet, so tröste ich euch. … Wenn ihr das seht, wird euer Herz sich freuen“ (vgl. Jes 66,13).
Heilige Pforte
Die Heilige Pforte ist das Symbol der Heiligen Jahre. Zu Beginn eines solchen wird im Petersdom in Rom eine
Pforte geöffnet, die am Ende des Heiligen Jahres wieder geschlossen wird. Was hat es mit diesem Brauch auf
sich? Er erinnert an das Jesuswort: „Ich bin die Tür. Wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden“ (Joh
10,9). So verbindet sich mit dem Durchschreiten der Tür seit jeher die Sündenvergebung und symbolisiert den
Übergang vom Tod zum Leben, aus der Schuld in die Gnade. Die Heilige Pforte wird mit drei Hammerschlägen
des Papstes symbolisch geöffnet. Neben der Heiligen Pforte am Petersdom gibt es noch weitere Heilige Pforten, zum Beispiel in Santiago de Compostella in Spanien. Im außerordentlichen Heiligen Jahr 2016 werden
auch Heilige Türen in den Bistümern der Welt geöffnet. Im Bistum Speyer etwa am Dom, in der Gnadenkapelle
Maria Rosenberg und in den Wallfahrtskirchen in Blieskastel und in Oggersheim.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
von Petra Hildebrand Hofmann
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Die sieben Werke der Barmherzigkeit, Pieter Brueghel d. J. (~ 1630)
© Sammlung Museum der Brotkultur, Ulm
Hinführung - Die Werke der Barmherzigkeit
Das Bild ist von Pieter Brueghel dem Jüngeren, es wurde zwischen 1616 und 1638 gemalt. Es befindet sich
heute im Museum für Brotkultur in Ulm.
Pieter Brueghel der Jüngere (1564-1638) ist der Sohn von Pieter Brueghel dem Älteren. Dieser ist als der
„Bauernbrueghel“ bekannt und hat viele Bilder gemalt, wie die „Bauernhochzeit“ oder den „Kindermord von
Betlehem“. Da der Vater starb, als sein Sohn erst fünf Jahre alt war, hat dieser ihn nicht ausgebildet.
Gelebt hat Pieter Brueghel der Jüngere in Antwerpen und dort auch eine Malerwerkstatt geführt. Seine Hauptbeschäftigung war dabei, Werke seines Vaters, die viel gefragt waren, zu kopieren. Eigene Bildgestaltungen
sind selten und in der Manier seines Vaters.
Im Bild „Die sieben Werke der Barmherzigkeit“ ist der Einfluss seines Vaters unverkennbar - die Szene in einem
ländlich geprägten Dorf, die vielen Einzelheiten, die auf genaue Beobachtung schließen lassen.
Thema des Gemäldes sind die sieben Werke der Barmherzigkeit. Dabei sind die sogenannten leiblichen Werke
gemeint. Denn die christliche Tradition kennt je sieben leibliche und geistige Werke der Barmherzigkeit, die
ursprünglich als Hilfe gegen menschliche Nöte verstanden wurden. Schon in vorchristlicher Zeit sind Werke
barmherzigen Handelns bekannt. Das Alte Testament benennt Gott den Barmherzigen: „Recht verschafft er
den Unterdrückten, den Hungernden gibt er Brot; der Herr befreit die Gefangenen. … (Ps 146,7). Die christliche
Hauptquelle finden wir im Matthäusevangelium. Jesus erzählt vom Himmelreich und von den gerechten Werken
und deren Lohn: „Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr
mir getan“ (Mt, 25,40, vgl. Mt 25, 34-46).
Der Kirchenvater Augustinus (354-430) hat darüber hinaus auch auf die geistigen Werke der Barmherzigkeit
hingewiesen. Seither werden die leiblichen und geistigen Werke unterschieden. Würden wir die Vergegenwärtigung für unser heutiges Handeln neu interpretieren, müssten wir fragen: Welchen Nöten der Menschen in
unserem Umfeld und Alltag gilt es aus christlicher Sicht zu begegnen? Charismen sind gefragt.
Wir suchen Werke der Barmherzigkeit ganz im Gebot der Nächstenliebe. Das Bild Brueghels zeigt uns, wie
dies vor rund 400 Jahren ausgesehen hat.
die leiblichen Werke der
Barmherzigkeit
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Hungrige speisen
Durstige tränken
Nackte bekleiden
Fremde aufnehmen
Kranke besuchen
Gefangene befreien und
7. Tote bestatten
die geistigen Werke der
Barmherzigkeit
1.
2.
3.
4.
5.
Unwissende lehren,
Zweifelnden raten,
Irrende zurechtweisen,
Trauernde trösten,
Unrecht ertragen,
6. Beleidigungen verzeihen,
7. für Lebende und Tote
beten.
meine …………………. Werke der
Barmherzigkeit
1. …………………….…………….
2. …………………….…………….
3. ……….…………….……………
4. ………………………………….
5. …………………………………..
6. …………………………………..
7. …………………………………..
4
Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
„Seid barmherzig, wie euer Vater im Himmel barmherzig ist“
Unterrichtseinheiten für die Grundschule
von Stefan Schwarzmüller
Aus Anlass des „Heiligen Jahres der Barmherzigkeit“ soll mit den Schüler.innen über die Sache der Barmherzigkeit nachgedacht werden. Dazu habe ich drei Stundeneinheiten geplant. Diese sind:
1. Was bedeutet es, „ein Herz zu haben“?
Im Mittelpunkt steht das Symbol des Herzens und die Erfahrung, dass man ein Herz für andere haben
kann (soll). Deshalb wird im ersten Schritt das Symbol „Herz“ erschlossen.
2. Gott zeigt sein Herz: Die Rettung Hagars in der Wüste
In der Geschichte von Hagar, die von Abraham in die Wüste geschickt wird und sterben will, wird deutlich, dass Gott ein Herz für alle Bedrängten hat.
3. Menschen zeigen ihr Herz: Die Werke der Barmherzigkeit
In der klassischen Vorstellung der „Sieben Werke der Barmherzigkeit“ kann den Schüler.innen deutlich
werden, dass es der Auftrag Gottes und Jesu ist, selbst ein Herz zu zeigen für andere.
Mögliche Kompetenzen:
Die Schüler.innen benennen die metaphorische Bedeutung von „Herz“;
Die Schüler.innen formulieren, für wen es wichtig ist, dass andere ein Herz für sie haben;
Die Schüler.innen erzählen die Geschichte von Hagar nach;
Die Schüler.innen versetzen sich in Hagar;
Die Schüler.innen finden ein „Bild“ für Gottes Rettungstat an Hagar;
Die Schüler.innen beschreiben Gott als den, der für andere da ist;
Die Schüler.innen finden Details in einem Bild (und achten auf sie);
Die Schüler.innen übertragen Bilddetails in heutiges Leben.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Was bedeutet es „ein Herz zu haben“?
Info „Herz“
Es steckt mitten im Wort „BarmHERZigkeit“, das Herz. Im „Großen Brockhaus in einem Band“ liest man: „Herz,
1) Antriebsorgan des Blutkreislaufes; bei Menschen etwa faustgroßer Hohlmuskel im Brustkorb, zu zwei Dritteln
links von der Mittelinie […] Die Herzschläge erfolgen beim Erwachsenen 60- bis 80-mal in der Minute; bei
Kindern häufiger. Jede Zusammenziehung des H. oder seiner Abschnitte wird als Systole, jede Erschlaffung
als Diastole bezeichnet. 2) Kartenspiel […].“ Was hier in allgemeinverständlicher wissenschaftlicher Sprache
zum Ausdruck gebracht wird, ist nicht weniger als die Feststellung, dass das Herz für den Menschen lebensnotwendig ist. Hört das Zusammenziehen und Erschlaffen des Herzens auf, hört also das Herz auf zu schlagen,
dann ist das Leben des Menschen beendet.
Staunenswert ist sicher, was das Herz leistet: Bei jedem Schlag werden etwa 60 bis 80 Milliliter Blut befördert.
„Das sind 4 bis 7 Liter Blut in der Minute. An jedem Tag werden ungefähr 17000 Liter Blut durch den Körper
transportiert. Die Kraft, die dazu nötig ist, ist dieselbe, die man braucht, um ein Gewicht von 20 Kilogramm auf
einen Berg von 1000 Meter Höhe zu bringen. Das Herz arbeitet ein Leben lang, ohne Pause und Feierabend,
ohne Wochenende und Urlaub“ (Rainer Oberthür, Das Buch der Symbole, München 2011, 118).
Es ist nicht verwunderlich, dass die Menschen im Laufe der Jahrtausende einem solch lebenswichtigen Organ
noch weitere, symbolische Bedeutung zusprachen. Lange galt das Herz als Sitz des Verstandes, des Willens
und der Gefühle (man hat z.B. „Herzschmerz“). Auch als wissenschaftlich klar war, dass das Gehirn der Ort all
dieser Dinge ist, blieb dem Herzen eine wesentliche Bedeutung. Vom Herzen sprach man nun, wenn man
etwas „Tiefes“ vom Menschen aussagen wollte, das Eigentliche des Menschen, seine Einzigartigkeit, sein
Selbst meinte. Viele Sprichwörter handeln davon: da ist einer herzlos, der andere gibt aus vollem Herzen. Zwei
sind wie ein Herz und eine Seele, anderen bricht das Herz, weil es nicht mehr so ist.
Es ist ein besonderer Blick auf die Welt gemeint, der mit dem Herzen in Verbindung gebracht wird. „Man sieht
nur mit dem Herzen gut“, so drückt es der „kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry unnachahmlich aus.
Wo vom Tiefsten und Innersten gesprochen wird, ist Gott nicht weit. Das Herz wird zum Symbol für die Gottsuche des Menschen. Und so bekennt Augustinus: „Unruhig ist unser Herz, o Gott, bis es ruht in dir.“
Unterrichtliche Hinweise
Erste Einheit: „Ein Herz haben (für)“
Im ersten Schritt geht es darum, das Wissen der Schüler.innen zu aktivieren. Dazu kann ein Brainstorming
gemacht werden. Eine Gruppe von Schüler.innen sitzt um ein Blatt Papier und schreibt alles auf, was ihnen zu
„Herz“ einfällt. Anschließend werden die gefundenen Begriffe geordnet (hilfreich ist womöglich das Bild eines
echten Herzens und ein gemaltes Herz).
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Alternative: Im Mittekreis wird ein gewickeltes Tuch in Herzform gelegt oder ein in ein Tuch eingewickeltes
Stoffherz ausgepackt. Die Schüler.innen assoziieren nun dazu.
Das eigene Herz spüren: Hand auf das Herz legen und den eigenen Herzschlag hören; Puls fühlen; Atem
anhalten und Puls fühlen.
Erstes Ergebnis: Das Herz ist lebenswichtig.
Zweiter Schritt: Karten werden ausgelegt: „Jemand ist herzlos“; „ein gutes Herz haben“; „ein Herz aus Stein“;
„Er ist barmherzig“. Die Schüler.innen wählen eine der Karten und überlegen in Partnerarbeit, welche Bedeutung der jeweilige Satz hat.
Zweites Ergebnis: Mit dem Herzen bringen wir in Verbindung, dass ein Mensch gut lebt.
Im dritten Schritt wird das Mitte-Herz golden ausgelegt oder ein Herz mit Goldfolie überzogen gezeigt. Die
Reaktion der Schüler.innen abwarten. Lehrer-Impuls: Wir haben von einem guten Herzen gesprochen. Die
Schüler.innen wiederholen nochmals, was zum guten Herzen gesagt wurde (vielleicht haben sie ja auch noch
die Nikolauslegende im Gedächtnis vom Kaufmann mit dem steinernen Herzen).
Ein gutes Herz haben, bedeutet, nicht nur für sich zu leben. Die Schüler.innen gestalten zum Abschluss ein
Herz mit der Aufschrift: „Ein Herz für …“
Zweite Einheit: Gott hat ein Herz für Hagar
Vorbemerkung: Gottes Herz für die Benachteiligten kann an vielen Geschichten aufgezeigt werden. Hagar
wähle ich deshalb, weil es eine eher unbekannte Geschichte ist und ihr Unglück „menschengemacht“ ist. Außerdem gibt Gott ihr eine Verheißung, dass ihre Nachfahren ein großes Volk werden. Dies geschieht in der
Bibel sonst nur den Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob. Ihre Gotteserfahrung in der Wüste sehe ich in
Parallele zur Befreiung Israels aus Ägypten. Denn beides Mal sieht Gott die Bedrängnis. Dort seines Volkes,
hier der Hagar.
Info: Wer ist Hagar?
Hagar ist die ägyptische Sklavin Saras. Ihr Name bedeutet auf Arabisch „Stein“, auf Hebräisch „Fremde“. In der
Bibel wird von ihr in Gen 16,1-15 und 21,9-21 erzählt. Abraham und Sara haben keine Kinder. Sara gibt dem
Abraham daraufhin Hagar als Nebenfrau. Hagar wird schwanger und bekommt ein Kind, das nach damaliger
Sitte als Erbe Abrahams und Saras galt. Allerdings fühlt sie sich danach ihrer Herrin Sara überlegen. Sara
behandelt Hagar schlecht, so dass Hagar in die Wüste flieht. Dort trifft sie auf einen Boten Gottes, der ihr
verheißt, dass ihr Sohn Ismael zahlreiche Nachkommen haben wird.
In der zweiten Erzählung ist Ismael schon älter und Isaak auch schon auf der Welt. Sara kann das gemeinsame
Aufwachsen der Kinder nicht ertragen und fordert Abraham auf, Hagar und ihr Kind zu verstoßen. Abraham
macht, was Sara sagt. Mit einem Beutel Essen und einem Schlauch Wasser wird Hagar in die Wüste geschickt.
Dort will sie sterben. Sie legt ihr Kind unter einen Strauch und legt sich selbst etwas entfernt davon zum Sterben
nieder. Aber auch jetzt kommt ein Engel Gottes und rettet Hagar und Ismael, indem er ihnen eine lebensrettende Quelle zeigt.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Es sind Texte mit einer der stärksten Gotteserfahrungen der Bibel: Gott sieht das Leid Hagars und rettet sie.
Als Nachkommen Ismaels werden die arabischen Völker betrachtet.
Paulus stellt Hagar und Sara idealtypisch gegeneinander. Die Nachkommen Ismaels leben in Knechtschaft, die
Nachkommen Saras in Freiheit. Diese Stelle bei Paulus (Gal 4,22-31) wurde gerne als Polemik zwischen Juden
und Christen herangezogen (vgl. Herders Bibellexikon, Freiburg 2008, Artikel „Hagar“).
Die Erzählung: Mit dem Wüstensack
Vorbemerkung: Die Erzählweise mit dem Wüstensack stammt aus der Erzähltradition des „GodlyPlay“. Dort
gibt es ausgearbeitete Erzählungen. Die folgende Erzählung zu Hagar nimmt die Tradition auf, ist aber keine
originale GodlyPlay-Erzählung. Kenner der GodlyPlay Tradition werden schnell merken, welche Elemente übernommen sind (Eingangssequenz, Figuren des Volkes-Gottes, Ergründungsfragen).
Außerdem habe ich beide Erzählstränge zu einem einzigen zusammengefügt.
Der Wüstensack wird aufgemacht, ausgebreitet.
„Dies ist die Wüste. Es ist nicht die ganze Wüste, sondern nur ein kleines Stück davon. Wir brauchen etwas
von der Wüste hier in unserem Raum, da den Menschen des Volkes Gottes in der Wüste so bedeutende Dinge
widerfahren sind.“
Mit der Hand beim Sprechen durch den Sand fahren, „Dünen bauen“, Sand durch die Finger rieseln lassen
usw.
Die Wüste ist ein gefährlicher Ort. Sie verändert ständig ihr Aussehen. Darum ist es schwierig zu wissen, wo
man gerade ist. Es gibt kaum Wasser in der Wüste. Darum wird man schnell durstig und wenn man kein Wasser
findet, kann man sogar verdursten. Es wächst auch nichts, darum finde man dort fast nichts zu essen. Am Tag
ist es ganz heiß. Die Sonne verbrennt einem die Haut. In der Nacht ist es sehr kalt. Wenn der Wind weht, piekst
einem der Sand. Deshalb tragen die Menschen mehrere Kleidungsstücke übereinander, um sich vor der Sonne
und dem Flugsand zu schützen. Die Wüste ist ein gefährlicher Ort. Die Menschen gehen nicht in die Wüste –
es sei denn, sie müssen dorthin“ (Matthias Steinhäuser, GodlyPlay. Praxisband Glaubensgeschichten, Leipzig
2006, 69)
Nacheinander werden Figuren im linken unteren Eck aufgestellt. Abraham, Sara und Hagar.
Am Rande der Wüste lebt Abraham mit seiner Frau Sara.
Die beiden sind schon älter und haben keine Kinder. Darüber sind sie sehr traurig. Wer soll ihren Besitz erben? Wer
ihren Namen weiter tragen in der Welt? Sara hat eine Magd.
Sie heißt Hagar. Damals war es möglich, dass die Magd für
den Herrn und seine Frau ein Kind bekommt. So wurde Ismael geboren (eine neue Figur dazustellen).
© Foto: Schwarzmüller
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Aber Sara war unglücklich. Dann bekam sie doch noch ein Kind. Isaak wurde geboren (eine neue Figur hinzustellen). Aber jetzt sind sie zu viele. Sara wollte Hagar und ihren Sohn Ismael nun nicht mehr bei sich haben.
Abraham sagt: Hagar, hier hast du einen Beutel mit Essen und einen Schlauch Wasser. Geh!“
Die Figur der Hagar und des Ismael werden nun langsam
– Schritt für Schritt – in die Wüste geführt, etwa in die
Mitte des Wüstensacks.
Da nimmt Hagar ihren Sohn und geht in die Wüste. Lange
sind sie unterwegs. Das Essen ist leer, aus dem Wasserschlauch kommt kein Wasser mehr. Hagar beschließt zu
sterben.
Sie legt Ismael unter einen Strauch (die Ismael-Figur in
eine kleine Kuhle etwas entfernt von Hagar legen).
Sie will nicht sehen, wie er stirbt. Hagar wartet auf den Tod. Da kommt ihr Gott ganz nahe (eine Handfläche
von rechts über die Hagar-Figur führen) und sie kommt Gott so nahe (die andere Handfläche von links über die
Hagar-Figur führen), dass sie in ihrem Herzen hört, was Gott spricht. „Hagar, was weinst du? Ich habe dein
Elend gesehen. Nimm deinen Jungen und halte ihn fest an deiner Hand. Ich will ihn zu einem großen Volk
machen.“ Da stand Hagar auf und nahm ihren Jungen an die Hand. (Die Figuren zueinander führen)
Als sie stehen, erblickt sie einen Brunnen (mit kleinen
Steinen und evtl. einem blauen Stück Papier) einen Brunnen errichten.
Sie gehen an den Brunnen (die Figuren zum Brunnen
bringen).
Dort füllen sie ihren Schlauch mit Wasser und gehen weiter. (Die Figuren langsam Schritt für Schritt nach rechts
oben führen).
Schließlich wandern sie nicht mehr weiter, sondern bleiben an einem Ort. Dort heiratet Ismael und wird zu
einem großen Volk (neue Figuren dazustellen).
© alle Fotos: Schwarzmüller
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Ergründungsfragen: Stellen Sie nacheinander folgende Fragen:
„Nun frage ich mich, welchen Teil dieser Geschichte ihr am liebsten mögt.
Was meint ihr, welcher Teil dieser Geschichte ist wohl am wichtigsten?
Ich würde gern wissen, wo ihr euch in dieser Geschichte wiederfindet. Welcher Teil dieser Geschichte erzählt
etwas von euch?
Ob wir wohl einen Teil dieser Geschichte weglassen könnten und hätten doch immer noch alles, was wir an
dieser Geschichte brauchen?“ (Matthias Steinkühler, GodlyPlay. Praxisband Glaubensgeschichten, Leipzig
2006, 80).
Nacharbeit: Lassen Sie die Schüler.innen eine Wüste malen mit einem Brunnen in der Mitte. Dann gestalten
die Schüler.innen Sprechblasen. Auf ihnen schreiben sie, was verschiedene Menschen und Dinge sagen:
Beispiel:
Die Wüste sagt: In mir kann man nicht leben. Oder: Niemand geht freiwillig in mich hinein….
Der Brunnen sagt: ………………
Gott sagt: ………………
Hagar sagt: ………………
Abraham sagt: ………………
…
Die Sprechblasen werden auf das Wüstenbild geklebt.
Alternative Gestaltung mit den folgenden Arbeitsblättern
Die Erzählung wird mit Hilfe der folgenden Arbeitsblätter erschlossen.
Biblische Erzählfiguren helfen zwar, sind aber nicht nötig.
Über die Aufträge der Arbeitsblätter können die Schüler.innen das Entscheidende der Geschichte herausarbeiten. Sie fühlen sich in die verschiedenen Personen ein und geben der Gottesbegegnung Hagars Ausdruck. Die
Lehrerin erzählt die Geschichte und kann bei den entsprechenden Momenten der Arbeitsblätter einen Halt
einlegen und das Arbeitsblatt bearbeiten lassen.
Oder es wird die ganze Geschichte erzählt und die Arbeitsblätter nach Nachbereitung eingesetzt.
Dies kann arbeitsteilig geschehen oder jede Schüler.in bearbeitet alle Arbeitsblätter.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
HAGAR MUSS IN DIE WÜSTE GEHEN
© Foto: Schwarzmüller
So beginnt die Geschichte der Gottesbegegnung Hagars.
Hagar muss in die Wüste gehen.
Fülle die beiden Sprechblasen aus!
Was sagt Abraham? Was denkt Hagar?
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
HAGAR IN DER WÜSTE
© Foto: Schwarzmüller
Alleingelassen sitzt Hagar in der Wüste.
Schreibe in die Denkblase ihre Gedanken!
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
GOTT ENTDECKT HAGAR
© Foto: Schwarzmüller
Gott kommt zu Hagar in die Wüste. Er spricht mit ihr.
Male in das Bild hinein, wie Hagar Gott hört.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
HAGAR DANKT GOTT
© Foto: Schwarzmüller
Hagar hat den Brunnen in der Wüste entdeckt.
Sie dankt Gott dafür. Sie und ihr Kind können leben.
Schreibe ein Dankgebet Hagars in die Sprechblase!
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Dritte Einheit:
Menschen zeigen ihr Herz - Die Werke der Barmherzigkeit
Pieter Brueghel d.J.,
Die sieben Werke der Barmherzigkeit
Abbildung als Kopiervorlage S. 3)
Unterrichtliche Hinweise: Wimmelbild
Die Schüler.innen suchen die Ausschnitte auf dem Bild. Was wird auf dem Ausschnitt dargestellt? Zwei oder
mehr Schüler.innen stellen eine der ausgeschnittenen Szenen nach. Die anderen Schüler.innen erraten, um
welche Szene es sich handelt.
Im nächsten Schritt nehmen die Schüler.innen kleine aus Papier ausgeschnittene Herzen und legen sie auf
dem Bild an die Stellen, an denen sie erkennen, dass hier Menschen „ein Herz haben für…“ dann wird zusammengetragen, für welche Menschengruppen hier Herz gezeigt wird: Kranke, Gefangene, Nackte, Tote, Hungernde, Durstende, Fremde.
Den Schüler.innen wird erklärt, dass dieses Bild „Die sieben Werke der Barmherzigkeit“ heißt. Die Schüler.innen geben ihre Erklärung ab. Dann wird Mt 25, 34-41 vorgelesen. Ergebnis: Wer eines dieser Werke der Barmherzigkeit tut, hat es Jesus getan.
Hungrige speisen
Gefangene besuchen
Fremde beherbergen
Nackte kleiden
Durstige tränken
Tote bestatten
Kranke pflegen
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Zum Abschluss gestalten die Schüler.innen eine Tür.
Sie soll geöffnet werden können, d.h. sie wird auf ein weiteres Blatt aufgeklebt.
Auf der Tür steht „Was ihr einem der geringsten meiner Brüder getan habt…“.
Ein Herz kann darunter gemalt werden.
Wenn man die Tür öffnet, steht „…das habt ihr Jesus getan“.
Die Schüler.innen können nun das Werk der Barmherzigkeit, welches ihnen aus dem Bild am meisten zusagt,
einkleben. Alternativ können sie auch malen, wie dieses Werk der Barmherzigkeit heute aussehen würde. Mit
diesem Bild der Tür kann den Schüler.innen abschließend auch der Brauch der „Heiligen Pforte“ erläutert
werden (s. S. 1).
Literatur
-
Herders Neues Bibellexikon. Freiburg 2008.
Steinkühler Matthias (Hrsg.), GodlyPlay. Praxisbuch Glaubensgeschichten, Leipzig 2006.
Kett Franz (Hrsg.), Jahrbuch 2012, Gröbenzell 2012.
Oberthür Rainer, Das Buch der Symbole. München 2011.
Arbeitsblätter: Stefan Schwarzmüller
Autor
Stefan Schwarzmüller ist Pastoralreferent der Diözese Speyer, bis 2003 leitete er die Religionspädagogische Arbeitsstelle Pirmasens. Er ist Fortbildungsleiter für die Grundschule. Seine Hauptangebote sind die Schuljahresbegleitung und Tage zur Religionspädagogischen Praxis (RPP). Stefan
Schwarzmüller lebt in Pirmasens, er unterrichtet an der Grundschule Ruhbank.
Pastoralreferent Stefan Schwarzmüller
Fortbildungsleiter Primarstufe
Telefon 0 63 31/14 57 57
[email protected]
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
„Asozial oder barmherzig?“
Unterrichtsreihe für Klasse 5 und 6
von Rosa-Maria Lopez-Diaz
Didaktisch-methodische Hinweise
Der biblische Begriff „Barmherzigkeit“, der sowohl die jüdische als auch die christliche Ethik entscheidend geprägt hat, wird von unseren Schülern und Schülerinnen kaum verwendet. Die Suche nach Synonymen ist nicht
einfach. Im Folgenden wird hier vor allem das semantische Feld „sozial“ / „a-sozial“ als Synonym für „barmherzig“ / „unbarmherzig“ benutzt, da es in der Lebenswelt unserer Schüler und Schülerinnen häufiger Verwendung
findet. Wenn sie über ihr Benehmen reflektieren, benutzen manche die Begriffe „sozial“ oder „asozial“, um sich
gegenseitig zu loben bzw. ein schlechtes Verhalten zu denunzieren. Dieser Aspekt soll am folgenden Beispiel
verdeutlicht werden.
September 2015 auf dem Hof einer Schule: Eine Lehrerin muss Schüler aus den oberen Stufen zurechtweisen,
weil sie sich prügeln. Sie sagt: „Warum tut ihr das? Eigentlich solltet ihr ein Vorbild für die Neuen sein!“ Einer
aus der 9. Klasse antwortet: „Es ist umgekehrt. Die Fünftklässler sind ein Beispiel für uns! Sie sind sozialer als
wir!“ Interessant ist dabei, dass Jesus vor 2000 Jahren auch Kinder als Vorbild für die Erwachsenen, insbesondere für seine Jünger und Jüngerinnen, nutzt. Anzufügen sind vor diesem Hintergrund Mk 9,37: „Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf“ sowie Mt 25,40: „Ich versichere euch: Was ihr für
einen meiner geringsten Brüder oder für eine meiner geringsten Schwestern getan habt, das habt ihr für mich
getan.“
Der Vater Jesu, unser Vater im Himmel, ist barmherzig (vgl. Lk 6,36). Daher kennen wir so viele Beispiele aus
der Bibel, die uns zur Barmherzigkeit aufrufen. Um barmherzig handeln zu können, kann man die gleichen
Schritte gehen, die in den biblischen Geschichten zu erkennen sind:
1. Zuhören
Jesu Reden werden im Neuen Testament meistens im Kontext einer Gruppe, die ihm zuhört,
meistens die Jüngerinnen und Jünger, oft auch „das Volk“, dargestellt.
Um die biblischen Geschichten zu verstehen, bedarf es eines konzentrierten Zuhörens der
Schüler und Schülerinnen, um die genaue Bedeutung erschließen zu können.
Um die Nöte der Menschen, die unsere Hilfe brauchen, zu entdecken, muss man ihnen ebenfalls genau zuhören.
2. Hinschauen
Jesus hat gesehen, dass seine Jünger auf einer gemeinsamen Wanderung lebhaft diskutierten
und er hat sie danach gefragt (vgl. Mk 9,33-37). Er hat gesehen, dass der kleine Zachäus auf
dem Baum war und hat gespürt, dass er etwas von ihm wollte (vgl. Lk 19,1-10). Er hat gesehen,
wie die Witwe fast alles, was sie besaß, dem Tempel gespendet hatte, und hat seine Zuhörer
darauf aufmerksam gemacht (vgl. Lk 20,45 – 21,4).
17
Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Manchmal drücken Menschen, die Hilfe brauchen, nicht explizit aus, welche Probleme sie haben. Da muss man genau hinschauen.
3. Sich bewegen
Jesus hat ein Kind in die Mitte geholt (vgl. Mk 9,33-37); er ist in Zachäus Haus gegangen (vgl.
Lk 19,1-10), und er hat versucht, die Herzen seiner Zuhörer zu bewegen, um die großzügige
Tat einer Witwe anzuerkennen (vgl. Lk 20,45 – 21,4).
Wenn man zugehört und hingeschaut hat, bekommt man eine Ahnung davon, wie man am
besten ein konkretes Problem lösen kann.
4. Handeln
Jesus hat sich nicht geschämt, am gleichen Esstisch mit Zachäus und seiner Familie zu sitzen
(vgl. Lk 19,1-10). Er hat die Witwe gelobt, für sie gebetet und hat seine Zuhörer aufgefordert,
in ähnlicher Weise zu handeln (vgl. Lk 20,45 – 21,4).
Der vierte Schritt beruht normalerweise auf „Ärmel hochkrempeln“, damit man seine Kraft besser für
Arme und Bedürftige einsetzen kann.
© Foto: Lopez-Diaz
-
Die Schüler und Schülerinnen lernen anhand der Bibelzitate, durch die Erfahrungen von Kindern, die
sich für eine bessere Welt engagieren (vgl. M 2. AB 2) und mit einer Bildbetrachtung (Brueghels „Werke
der Barmherzigkeit“) den Unterschied zwischen einem barmherzigen und einem unbarmherzigen Verhalten.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
-
Die Schüler und Schülerinnen vergleichen die ethische Dimension eines sozialen Verhaltens mit der
religiösen Dimension der Barmherzigkeit. Diese ist eine an die Christen gerichtete Aufforderung Jesu:
„Seid barmherzig, wie der Vater im Himmel“ (Lk 6,36). Dabei ist die Identifikation Jesu mit dem Kind
bzw. mit dem „Geringsten“ zu erfassen.
-
Die Schüler und Schülerinnen lernen die vier Schritte, derer es bedarf, um barmherzig sein zu können:
Zuhören, Hinschauen, Hingehen und Handeln.
-
Die Schüler und Schülerinnen gestalten eine Tafel, auf der sie die „traditionellen“ sieben Werke der
Barmherzigkeit mit einer malerischen Darstellung des 17. Jahrhunderts mit der Gegenwart vergleichen.
-
Die Schüler und Schülerinnen gestalten eine Tabelle, bei denen sie über ihre persönlichen Erfahrungen
reflektieren und systematisch über ihr „barmherziges“ Verhalten nachdenken.
-
Die Schüler und Schülerinnen gestalten einen Plan über ein kleines machbares Projekt für ihre unmittelbare Zukunft, in dem „barmherzig“ gehandelt wird“.
Autorin
Dr. theol. Rosa-Maria Lopez-Diaz studierte in Spanien Philologie (Spanisch,
Deutsch und Hebräisch) an der Universität Barcelona und ist ausgebildete
Gymnasiallehrerin; in Bilbao studierte sie Katholische Theologie an der Jesuiten-Universität Deusto. Nach ihrer Promotion an der Universität Bonn im
Fach Neues Testament wechselte sie in das Bistum Speyer; sie arbeitet als
Religionslehrerin an der Realschule Plus Lambrecht. Für das Bistum
Speyer ist sie für die Fortbildungen der Sekundarstufe I im Einsatz.
Dr. Rosa-Maria Lopez-Diaz
Fortbildungsleiterin Sekundarstufe I
Telefon: 0 63 25 / 3 04 70 90,
[email protected]
19
Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 1 - Die Werke der Barmherzigkeit
Einstieg in das Thema „Barmherzigkeit“ mit einer Bildbetrachtung
Das Bild: „Die Werke der Barmherzigkeit“ (Brueghels Schule - 17. Jh.)
„Die Werke der Barmherzigkeit“ eignet sich sehr gut für eine Bildbetrachtung am Smartboard, da man u.a. die
Szenen des Hintergrundes mit der Zoomfunktion vergrößern kann.
Eine zweite Variante ist die Verteilung von Folien des Bildes (mindestens DIN A-4). Eine Folie für je zwei bzw.
drei Schüler und Schülerinnen.
Bild: „Die Werke der Barmherzigkeit“ (Brueghels Schule - 17. Jh.). Foto: Lopez-Diaz
Man kann von Anfang an den Namen des Gemäldes verraten und darauf hinweisen, dass es sieben Werke der
Barmherzigkeit gibt. Die Schüler und Schülerinnen werden darum gebeten, die Werke zu beschreiben und
Synonyme für das Wort „Barmherzigkeit“ zu formulieren.
Anschließend wird die Vorgeschichte der „Werke der Barmherzigkeit“ thematisiert, das heißt die Beziehung
vom Gemälde zum biblischen Text (Mt 25,34-40) erschlossen.
20
Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 1 - AB 1 Die Werke der Barmherzigkeit im Matthäusevangelium
Jesus erklärt im Matthäusevangelium, worauf er sich am meisten freuen wird, wenn wir ihm begegnen:
Aus dem Matthäusevangelium (Mt 25,34 – 40)
34
„Kommt her! Euch hat mein Vater gesegnet. Nehmt Gottes
(Leibliche Werke
neue Welt in Besitz, die er euch von allem Anfang an zugedacht
Barmherzigkeit):
hat.
35
der
Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben;
ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben;
Jesus:
ich war fremd und ihr habt mich bei euch aufgenommen;
36
ich war nackt, und ihr habt mir etwas anzuziehen gegeben;
ich war krank, und ihr habt mich versorgt;
ich war im Gefängnis, und ihr habt mich besucht.“
Erzähler
oder Erzählerin:
37 Dann
werden, die den Willen Gottes getan haben, fragen:
(Geistliche Werke
Barmherzigkeit):
der
„Herr, wann sahen wir dich jemals hungrig und gaben dir zu essen?
Oder durstig und gaben dir zu trinken?
38
Wann kamst du als Fremder zu uns und wir nahmen dich auf,
Die Gerechten:
oder nackt und wir gaben dir etwas anzuziehen?
39
Wann warst du krank
oder im Gefängnis und wir besuchten dich?“
Erzähler
oder Erzählerin:
Dann wird er antworten:
40
Jesus:
„Ich versichere euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder oder für eine meiner geringsten Schwestern getan habt, das
habt ihr für mich getan.“
Bibeltext: „Gute Nachricht für Teens. Die ganze Bibel“, Stuttgart 2000.
Arbeitsauftrag
Rollenverteilung und Vorbereitung des Vorlesens.
Die Rollen sind: Jesus / ein Erzähler oder eine Erzählerin / alle anderen in der Klasse sind „die Gerechten“.
Daher ist es wichtig, dass jeder / jede seine oder ihre Rolle zuerst für sich übt.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 1 - AB 2. Die leiblichen und geistigen Werke der Barmherzigkeit
Nachdem wir die Geschichte aus dem Matthäusevangelium (Mt 25,34 – 40) vorgetragen und über ihre Bedeutung diskutiert haben, wissen wir, dass es nicht so schwer ist, „etwas für Jesus zu tun“. Die Beispiele von dieser
Erzählung hat die Kirche „Werke der Barmherzigkeit“ genannt (siehe linke Spalte der Tabelle).
Da jeder Christ und jede Christin gerne dabei mitmachen möchte, gibt es auch die „geistigen Werke der Barmherzigkeit“ für den Fall, dass man nicht so oft, die „leiblichen Werke der Barmherzigkeit“ ausüben kann (s.
rechte Spalte der Tabelle).
Die sieben leiblichen
Werke der Barmherzigkeit
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Hungrige speisen
Durstigen zu trinken geben
Fremde aufnehmen
Nackte kleiden
Kranke pflegen
Gefangene besuchen
Tote begraben
Die sieben geistigen
Werke der Barmherzigkeit
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Unwissende lehren
Zweifelnden raten
Irrende zurechtweisen
Trauernde trösten
Unrecht ertragen
Beleidigungen verzeihen
Für Lebende und Tote beten
Aufträge:
1. Finde Gemeinsamkeiten zwischen den leiblichen (1.-7) und den geistigen Werken der Barmherzigkeit (1.-7)
heraus:
(1) Die Hungrigen bekommen Nahrung für den „Bauch“ / für den Leib.
(1) Die Unwissenden, die gelehrt werden, bekommen Nahrung für den „Kopf“/ für den Geist.
(2) Die Durstigen…
(2) Die Zweifelnden…
2. Fülle die Tabelle von M1.AB1 mit den leiblichen Werken der Barmherzigkeit aus (neben Mt 25, 34-36).
3. Fülle die Tabelle von M1.AB1 mit den geistigen Werken der Barmherzigkeit aus (neben Mt 25, 37-39).
Wo steht das siebte Werk der Barmherzigkeit?
Habt ihr das siebte Werk „Tote bestatten“ gefunden? Es ist versteckt. Diese gute Tat finden wir nicht im Matthäusevangelium, sondern im Alten Testament, im Buch Tobit (Tob 1,17–20). Es ist ein Vorschlag vom Kirchenvater Laktanz (* um 250; † um 320), sie in die Liste der Werke der Barmherzigkeit einzutragen. In der Geschichte vom gerechten Juden Tobit erzählt er selber: „Ich gab den Hungernden mein Brot und den Nackten
meine Kleider; wenn ich sah, dass einer aus meinem Volk gestorben war und dass man seinen Leichnam hinter
die Stadtmauer von Ninive geworfen hatte, begrub ich ihn“ (Tobit 1,17).
22
Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 1 - AB 3. Werke der Barmherzigkeit: damals und heute
Auftrag (Partnerarbeit):
Ergänzt die Tabelle mit zwei Bildern für jedes Werk der Barmherzigkeit. Ein Bild für die Zeit von Brueghel, ein Bild für
unsere Zeit.
Werke der Barmherzigkeit: damals und heute (1. Teil)
Werke der
Barmherzigkeit
im 17. Jahrhundert
die Zeit von Brueghel
heute
Hungrige speisen
(biblischer Text)
Jesus sagt:
Durstigen zu
trinken geben
(biblischer Text)
Jesus sagt:
Fremde
aufnehmen
(biblischer Text)
Jesus sagt:
23
Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Werke der Barmherzigkeit: damals und heute (2. Teil)
Werke der
Barmherzigkeit
im 17. Jahrhundert
die Zeit von Brueghel
heute
Nackte
kleiden
(biblischer Text)
Jesus sagt:
Kranke
pflegen
(biblischer Text)
Jesus sagt:
Gefangene besuchen
(biblischer Text)
Jesus sagt:
Tote
begraben
(biblischer Text)
Tobit sagt:
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 1 - AB 4. Meine Werke der Barmherzigkeit
Auftrag (Einzelarbeit):
Ergänze Deine eigene Tabelle zu den sieben Werken der Barmherzigkeit!
Meine Werke der Barmherzigkeit: 7 Beispiele (1. Teil)
Leibliche
Werke der
Barmherzigkeit
Geistige
Werke der
Barmherzigkeit
Hungrige
speisen
Unwissende
lehren
leibliches (LW)
oder geistiges
Werk (GW)
Wem habe ich
geholfen?
Wann?
Wo?
Was habe ich
genau getan?
Wie habe ich
mich dabei gefühlt?
Durstigen
Zweifelnden
zu trinken
raten
geben
Was habe ich
genau getan?
Wie habe ich
mich dabei gefühlt?
Fremde
aufnehmen
Irrende
zurechtweisen
Was habe ich
genau getan?
Wie habe ich
mich dabei gefühlt?
25
Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Meine Werke der Barmherzigkeit: 7 Beispiele (2. Teil)
Leibliche
Werke der
Barmherzigkeit
Geistigen
Werke der
Barmherzigkeit
Nackte
kleiden
Trauernde
trösten
leibliches (LW)
oder geistiges
Werk (GW)
Wem habe ich
geholfen?
Wann?
Wo?
Was habe ich genau getan?
Wie habe ich
mich dabei gefühlt?
Kranke
pflegen
Unrecht
ertragen
Was habe ich genau getan?
Wie habe ich
mich dabei gefühlt?
Gefangene
besuchen
Beleidigungen
verzeihen
Was habe ich genau getan?
Wie habe ich
mich dabei gefühlt?
Tote
begraben
für Lebende
und Tote
beten
Was habe ich genau getan?
Wie habe ich mich
dabei gefühlt?
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 2 - AB 1. Das Kind: Vorbild für Erwachsene
Mk 9,33-37:
Jesus und die Apostel «kamen nach Kafarnaum. Als er dann im Haus war, fragte er sie:
„Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?“
Sie schwiegen, denn sie hatten unterwegs miteinander darüber gesprochen, wer (von
ihnen) der Größte sei. Da setzte er sich, rief die Zwölf Apostel und sagte zu ihnen:
„Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein.“
Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen:
„Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf»
Text: Die Bibel. Einheitsübersetzung.
Aufträge:
1. Warum ist in dieser Geschichte ein Kind ein Vorbild für die Apostel?
2. Welche Eigenschaften hat ein Kind heute, die manche Erwachsene vielleicht nicht mehr haben.
3. Woran sollten Kinder die Erwachsenen erinnern?
4. Wann zeigen Kinder ein soziales Verhalten? Schreibe drei Beispiele auf.
5. Wann zeigen Kinder ein „a-soziales“ Verhalten. Schreibe drei Beispiele auf.
27
Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 2 - Info: Kinder, die die Welt verändern
Das Buch „Kinder, die die Welt verändern“ vom Fotografen Yann Arthus-Bertrand und von der Ingenieurin für
Umwelttechnik Anne Jankéliowitch ist im Jahr 2014 auf Deutsch erschienen. Es enthält kurze Geschichten von
über 20 Erfahrungen von Kinderinitiativen, die sich ganz konkret für eine bessere Welt einsetzen. (Yann ArthusBertrand / Anne Jankéliowitch, Kinder, die die Welt verändern, Stuttgart / Wien, 2014).
Der Bericht von jeder Erfahrung steht auf einer Seite. Auf zwei weiteren Seiten wird fast stichwortartig der Kern
jeder Initiative sehr verständlich erklärt. Daher ist es als Grundlage einer Recherchearbeit sehr geeignet.
Im folgenden Arbeitsblatt wird die Initiative von Cassandra Lin dargestellt.
Andere interessante Beispiele aus dem Buch „Kinder, die die Welt verändern“ sind:
a) Die Geschichte von Cameron Oliver (im Jahr 2008 elf Jahre alt), der in den Vereinigten Arabischen
Emiraten lebt und aus Südafrika kommt (www.cameronscamelcampaign.com): „Alles begann mit einem Zeitungsartikel. Darin stand, dass jedes zweite Dromedar stirbt, weil es Müll frisst, den die Menschen in die Natur werfen.“ (S. 28-31, hier 29). Er organisiert mediale Aufklärungskampagnen und
Reinigungsaktionen in der Wüste.
b) Felix Finkbeiner (2007 neun Jahre alt) aus Deutschland, der sich für die Pflanzung von Bäumen auf
der ganzen Welt engagiert (www.plant-for-the-planet.org) (vgl. S. 108-111).
28
Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 2 - AB 2. Kinder, die die Welt verändern
Cassandra Lin war im Jahr 2008 zehn Jahre alt. Sie wohnt in Rhode Island, USA und arbeitet heute noch weiter
an ihrem Projekt (www.w-i-n.ws/index_files/Page391.htm). Um Erdöl oder Heizöl zu sparen, haben sie und ihre
Freunde gebrauchtes Frittier-Öl recycelt, mit dem man Häuser beheizen oder sogar Autos antreiben kann.
Sie erzählt von ihrer Erfahrung:
„Mein Ziel: Ich wollte Energiequellen entwickeln, die nicht zur Klimaerwärmung beitragen.
Wie ich vorgegangen bin: Ich habe das Recycling von Speiseöl organisiert.
Was ich erreicht habe: Durch unsere Aktion wurden jährlich 190.000 Liter Speiseöl gesammelt und zu Biodiesel recycelt. Jeden Winter konnten so 50 Familien kostenlos mit Biodiesel heizen.
Was mich am meisten freut: Dass mein Projekt gleichermaßen der Umwelt nützt und den Menschen in meiner
Stadt.
Worauf ich besonders stolz bin: Wir haben die Gesetzgebung verändert! Dank unseres Einsatzes wurde ein
Gesetz erlassen, das die Restaurants, die Speiseöl verwenden oder verkaufen, dazu verpflichtet, es zu recyceln.
Mein größter Fehler: Mit den Restaurants haben wir uns am Anfang ungeschickt angestellt. Wir sind unangekündigt hingegangen, und meistens hatten die Restaurantbesitzer dann keine Zeit für uns. Also haben wir unsere Methode geändert: Erst haben wir angerufen und einen Termin ausgemacht, dann unser Projekt mit einem
kurzen Video vorgestellt. Das war viel erfolgreicher! Heute haben wir über 100 Restaurants in 12 Städten davon
überzeugt, ihr Speiseöl zu recyceln!
Die Rolle meiner Eltern: Sie haben mir immer geholfen und mich dazu ermuntert, mich für meine Umwelt zu
interessieren!
Mein Tipp: Versuche, nicht zu viel auf einmal erreichen zu wollen! Besser ist es, erst einmal ehrenamtlich in
einem Tierheim mitzuarbeiten oder seinen Müll zu trennen. Dann kannst du Schritt für Schritt weitermachen.
Aber nimm dir nur Projekte vor, die du auch tatsächlich verwirklichen kannst.
Was ich als nächstes tun werde: Ich möchte das Projekt auf andere Städte in unserer Region ausdehnen.“
(Yann Arthus-Bertrand / Anne Jankéliowitch, Kinder, die die Welt verändern, Stuttgart / Wien, 2014, 22-25, 24f)
Aufträge:
1. Wem hat die Initiative von Cassandra Lin besonders geholfen?
2. Was können Erwachsene und Kinder von Casandra Lin und ihren Freunden lernen?
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 2 - AB 3. Kinder, die die Welt verändern. Mein kleines Projekt
Mein kleines Projekt
Mein Ziel:
Wie ich vorgehen möchte:
Die Rolle meiner Eltern:
Mein Tipp für
______________________________ (Name des Mitschülers oder der Mitschülerin)
Ein Tipp von ________________________________ (Name des Mitschülers oder der Mitschülerin)
für mein Projekt:
Aufträge:
1. Schreibe einen Plan für Dich. Benutze die Stichworte von Cassandra Lin „Mein Ziel / Wie ich vorgehen möchte / Was möchte ich erreichen? / Die Rolle meiner Eltern.“ Dein Plan muss kein großes
Projekt sein. Begrenze es zuerst auf eine oder zwei Wochen. Versuche herauszufinden, wer regelmäßig ganz in deiner Nähe Deine Hilfe braucht (Beispiele: Die Mülltrennung zu Hause organisieren und
entsorgen / den Eltern beim Einkaufen oder Putzen helfen / die Großeltern besuchen)
2. Informiere dich über die Pläne von Deinen Mitschülern. Schreibe einen Tipp für einen Mitschüler oder
eine Mitschülerin. Bitte um einen Ratschlag oder einen Tipp für Dein Projekt.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 3. Zachäus, der „asoziale“ Reiche, der barmherzig wurde
Lk 19,1-10: «Dann kam er nach Jericho und ging durch die Stadt. 2 Dort wohnte ein Mann namens Zachäus;
er war der oberste Zollpächter und war sehr reich. 3 Er wollte gern sehen, wer dieser Jesus sei, doch die
Menschenmenge versperrte ihm die Sicht; denn er war klein. 4 Darum lief er voraus und stieg auf einen
Maulbeerfeigenbaum, um Jesus zu sehen, der dort vorbeikommen musste. 5 Als Jesus an die Stelle kam,
schaute er hinauf und sagte zu ihm: Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus
zu Gast sein. 6 Da stieg er schnell herunter und nahm Jesus freudig bei sich auf. 7 Als die Leute das sahen,
empörten sie sich und sagten: Er ist bei einem Sünder eingekehrt. 8 Zachäus aber wandte sich an den Herrn
und sagte: Herr, die Hälfte meines Vermögens will ich den Armen geben, und wenn ich von jemand zu viel
gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück. 9 Da sagte Jesus zu ihm: Heute ist diesem Haus das Heil
geschenkt worden, weil auch dieser Mann ein Sohn Abrahams ist. 10 Denn der Menschensohn ist gekommen,
um zu suchen und zu retten, was verloren ist.»
Text: Die Bibel: Altes und Neues Testament. Einheitsübersetzung, 1979.
Rollenspiel: In Jesu Fußabdrücken gehen
Die Gestaltung und Vorführung dieses Rollenspiels ist mit folgender Methode nicht sehr aufwändig und erhöht die Konzentration der Schüler und Schülerinnen, da sie vor allem zum Zuhören beim Vorlesen einer kleinen Geschichte aufgefordert sind. Damit werden viele Ablenkungsquellen verhindert, weil sie nichts auswendig lernen müssen und sie sich
nicht merken müssen, wann sie aktiv dran sind.
Einführung: Wir machen eine Zeitreise. Wir stellen uns vor, dass wir uns im ersten Jahrhundert in Palästina befinden. Wir
wohnen in der Stadt Jericho. Wir sind „das Volk“, das Besuch von Jesus bekommt.
Vorbereitung:
a) Jedes Kind schneidet seine beiden Fußabdrücke aus einem bzw. aus zwei weißen Papierblättern.
b) Die Lehrkraft schneidet zwei gelbe Abdrücke von großen Sandalen. Sie repräsentieren die Fußabdrücke von
Jesus. Sie schneidet zudem zwei kleine weiße Abdrücke, die für die Fußabdrücke von Zachäus stehen.
Rollenverteilung:
Jesus / Zachäus / „das Volk“. Alle müssen aufstehen und tragen die entsprechenden Fußabdrücke in den Händen. Sie
bewegen sich durch den Klassenraum nach den Anweisungen „der Geschichte“, die die Lehrkraft vorliest. Die Schüler
und Schülerinnen identifizieren sich durch diese Fußabdrücke schnell mit den Personen, die sie repräsentieren.
Aufträge:
Die Schüler und Schülerinnen haben das Neue Testament zur Verfügung und schreiben in ihr Heft die Antwort auf folgende Fragen:
1. Woran erkennt man, dass Zachäus früher „unbarmherzig“ war?
2. Woran erkennt man, dass Zachäus nach seiner Begegnung mit Jesus „barmherzig“ war?
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 4. AB 1. Die arme Witwe, die Gottes Barmherzigkeit spürt
Lk 20,45 – 21,4:
«45Als aber das ganze Volk zuhörte, sprach Jesus zu seinen Jüngern:
46„Hütet euch vor den Schriftgelehrten, die es lieben, in langen Gewändern einherzugehen,
und lassen sich gern grüßen auf dem Markt und nehmen gern beim Gottesdienst und bei
Tisch die Ehrenplätze ein; 47 sie stehlen die Güter der Witwen und verrichten zum Schein
lange Gebete. Die werden ein um so härteres Urteil empfangen.“
Er blickte aber auf und sah, wie die Reichen ihre Opfer in den Gotteskasten einlegten. 2 Er
sah aber auch eine arme Witwe, die legte dort zwei kleine Münzen ein. 3 Und er sprach:
„Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr als sie alle eingelegt. 4 Denn diese
alle haben etwas von ihrem Überfluss gespendet; sie aber hat von ihrer Armut alles eingelegt, was sie zum Leben hatte.»
Text: nach der revidierten Lutherbibel, 1984
Aufträge:
1.
2.
3.
4.
Warum ist in dieser Geschichte eine arme Witwe ein Vorbild für die Zuhörer?
Malt einen Abdruck von Eurer rechten oder von Eurer linken Hand.
Überlegt, was Eure Hände für andere tun können.
Auch kleine Spenden bewirken viel. Nenne drei Spendenaktionen, zum Beispiel Deiner Pfarrei, die
vielen Menschen zugutekommen.
Anregungen zur Recherche:
https://www.sternsinger.de/
http://www.kinderfastenaktion.de/
Pfarrbrief deiner Pfarrei
Kirchenzeitung „Der Pilger
Man kann die Schüler und Schülerinnen darum bitten, einen Pfarrbrief oder eine christliche Zeitschrift
mitzubringen. Dies setzt voraus, dass die Schüler und Schülerinnen ihre Pfarrei kennen. Diese Aufgabe
kann ein Ansporn sein, den Namen der eigenen Pfarrei zu erforschen. Es kann sein, dass es den meisten
Schülern und Schülerinnen nicht möglich ist, einen Pfarrbrief mitzubringen. Daher kann die Lehrkraft
solche Briefe aus der eigenen Pfarrei mitbringen bzw. manche Briefe, die im Internet als PDF-Datei zur
Verfügung stehen, ausdrucken.
32
Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Unterrichtsreihe Barmherzigkeit
für Klasse 8 und 9
von Petra Hildebrand-Hofmann
Kurze Einführung in die Didaktik und Methodik
Die Unterrichtsreihe „Barmherzigkeit“ ist für den Einsatz in einer achten oder neunten Jahrgangsstufe gedacht.
Als Ziele waren für mich wichtig: der Einsatz des Brueghel-Bildes, die Zusammenschau „offizieller“ Texte
(Papstrede, Gotteslob) mit Alltagssituationen der Jugendlichen, der kreative Umgang mit dem Thema und kompetenzorientierte Aufgabenstellungen, die möglichst verschiedene Kompetenzen trainieren. Die Reihe ist insgesamt auf sechs Stunden hin angelegt.
Da die Werke der Barmherzigkeit den Schülerinnen und Schülern nicht bekannt sind, steige ich mit dem Bild
ein. Das Arbeitsblatt informiert kurz über den Maler und listet die einzelnen Werke auf, die es auf dem Bild zu
entdecken gilt. Zum kreativen Umgang mit dem Bild gehört die Gestaltung einer Collage, die bis zur nächsten
Stunde als Hausaufgabe gegeben werden kann. Sie könnte sich aber auch als Gruppenarbeit über einen längeren Zeitraum erstrecken, in der Größe eines Plakats angefertigt und später ausgestellt werden.
Die Papstrede schließt direkt an die Arbeit mit dem Bild an, da sie den Grund für das Thema im Unterricht nennt
und Informationen über das Heilige Jahr liefert. Das offizielle Emblem halte ich für interpretationsbedürftig und
als solches wenig aussagekräftig. Sinn der Textarbeit ist es daher, eine Art Werbeplakat zu erstellen, was
durchaus in der Schule ausgehängt werden könnte. Das beste Plakat könnte prämiert werden. Plakate von
Lerngruppen werden in der Regel einmal gezeigt und dann gelagert. Eine bessere Wertschätzung erleben die
Schülerinnen und Schüler, wenn ihr Plakat veröffentlicht wird, vielleicht auch in ihrer eigenen Gemeinde oder
Kirche. Da manchen Kollegen die Beurteilung kreativer Arbeiten noch schwer fällt, ist eine kriteriengestützte
Benotungsform im Anschluss an die Aufgabe von mir vorgeschlagen worden. Sie kann den Schülerinnen und
Schülern so ausgeteilt werden, um die Benotungsart für alle transparent zu machen.
Ist der Begriff „Barmherzigkeit“ kirchlich genug ausgeleuchtet, soll er auf Alltagssituationen übertragen werden.
Der Text „Das Willkommensfest“ liegt in zwei Varianten vor, einmal auch für eine schwächere Lerngruppe. In
diesem Fall sind die möglichen barmherzigen Handlungen fett gedruckt. Eine eindeutige Lösung der Frage,
was im Text barmherziges Handeln sei, ergibt sich nicht. Die Übertragung in den Alltag heutiger Kinder und
Jugendlicher ist wichtig, da sie mit den klassischen Werken der Barmherzigkeit wie „Tote bestatten“ oder „Gefangene besuchen“, weniger zu tun haben werden.
Wie schon die Ankündigung des Heiligen Jahres während einer Predigt innerhalb einer Bußfeier zeigt, steht
barmherziges Handeln eng mit dem Sakrament der Buße in Verbindung. Daher wollte ich den sogenannten
„Beichtspiegel“ in den Blick nehmen, so wie er im Gotteslob abgedruckt ist. Trotz großer Veränderungen gegenüber den Fragen im alten Gotteslob enthält auch dieser Beichtspiegel Ausdrücke, Formulierungen und Fragen, die der Sprachwelt heutiger Jugendlichen nicht entsprechen. Andererseits ist er ein wirklich hilfreiches
Mittel der Gewissenserforschung und soll schon deshalb bekannt gemacht werden. Die Erweiterung dieses
Beichtspiegels oder die Umformulierung einzelner Fragen ist eine zeitintensive Aufgabe, weshalb für die Arbeit
mit dem Gotteslob zwei Unterrichtsstunden eingeplant sind.
Zum Abschluss der Reihe soll das Thema noch einmal in anderer Richtung aktualisiert und problematisiert
werden. Mit der Methode Placemat sollen Schülergruppen zu verschiedenen Aussagen Stellung nehmen.
33
Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Die Blätter werden je nach Klassengröße kopiert: jeweils vier Schülerinnen und Schüler erhalten ein Blatt, auf
das sie schweigend ihre Meinung zu dem Statement in eines der Felder schreiben. Für den Austausch gibt es
zwei mögliche weitere Vorgehensweisen. Zum einen kann nach einer Diskussion eine gemeinsame Position zu
den Aussagen formuliert werden, die dann im Plenum nochmal diskutiert werden könnte. Zum anderen kann
das Placemat gedreht werden und der benachbarte Schüler oder Schülerin kommentiert den geschriebenen
Beitrag. Das wiederholt sich mehrmals. Die Statements nehmen die gesellschaftlichen Bedenken gegenüber
Tierhaltung und tierischem Essen auf und problematisieren die Grenzen der Barmherzigkeit. Mit dieser Abschlussdiskussion und eventuell der Ausstellung der verschiedenen Lernprodukte (Collage, Beichtspiegel, Werbeplakat) ist die Reihe beendet.
Autorin
Petra Hildebrand-Hofmann studierte die Fächer Katholische Theologie, Biologie und Deutsch an der Universität Mainz. Nach dem Referendariat am
Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien kam sie als Religions- und
Biologielehrerin nach Kaiserslautern. Sie ist seit 1988 Lehrerin, davon seit
1997 am Albert-Schweitzer-Gymnasium Kaiserslautern, bis 2013 Beraterin
für Unterrichtsentwicklung am Pädagogischen Landesinstitut RheinlandPfalz. Sie ist im Bistum Speyer für Religionspädagogische Fortbildungen
der Sekundarstufe I tätig.
Oberstudienrätin Petra Hildebrand-Hofmann
Fortbildungsleiterin Sekundarstufe I
Telefon 0 63 01/ 7 16 87 68
[email protected]
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Übersicht über die Unterrichtsreihe „Barmherzigkeit“ (Klasse 8/9)
M 1 - Arbeitsblatt: Barmherzigkeit
– Pieter Brueghel d. J., Die Werke der Barmherzigkeit
Pieter Brueghel der Jüngere: Die sieben Werke der Barmherzigkeit (~ 1630)
Informationen zum Maler:
Pieter Brueghel der Jüngere, 1564 in Brüssel geboren und 1638 in Antwerpen gestorben. Als Sohn von Pieter
Brueghel dem Älteren und ebenso bekannten malenden Brüdern kam er früh mit Kunst und Malerei in Kontakt.
Biblischer Bezug des Motivs:
Brueghel stellt die sogenannten Werke der Barmherzigkeit in seinem Bild vor. Er bezieht sich auf verschiedene
Stellen der Bibel. Ihr kennt das Gleichnis im Neuen Testament vom barmherzigen Samariter (Lukas 10, 29-37)
und vom verlorenen Sohn oder dem gütigen Vater (Lukas 15, 11-32). Auch im Alten Testament wird Barmherzigkeit mehrfach erwähnt (Jesaja 58,7 oder auch Sprichwörter 11,17-18). Bei Matthäus 25, 34 – 46 zählt Jesus
die einzelnen Werke auf, die der gerechte Mensch tun soll, um in das Reich Gottes zu gelangen:
Hungrigen zu essen geben,
Durstigen zu trinken geben,
Nackte bekleiden,
Fremde beherbergen,
Kranke besuchen,
Gefangene befreien,
Tote begraben.
36
Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Arbeitsaufträge:
(EA = Einzelarbeit, PA = Partnerarbeit, GA = Gruppenarbeit)
1. Betrachte das Bild und nenne spontan Schlagworte, die Dir dazu einfallen.(EA)
2. Das Bild enthält eine Vielzahl von Motiven. Gehe bei Deiner Beschreibung des Bildes folgendermaßen
vor:
-
umrande mit einem Stift einzelne Szenen in dem Bild, (EA)
-
notiere Dir in Stichworten, was du auf den Szenen siehst (EA)
-
tausche Dich mit deinem Nachbarn, Deiner Nachbarin zu Deinen Beobachtungen aus.(PA)
3. Lest den Text „Biblischer Bezug des Motivs“ und ordnet die verschiedenen Werke der Barmherzigkeit den
Bildausschnitten zu.(PA)
4. Erörtere in einer Dreiergruppe, (GA)
-
welche Funktion solch ein Bild möglicherweise hatte (es ist wahrscheinlich eine Auftragsarbeit),
-
ob es diese Funktion auch heute noch erfüllen könnte,
-
ob mit diesem Bild für das Jahr der Barmherzigkeit geworben werden könnte.
5. Gestalte ein eigenes Bild als Collage (DIN A 3). Nimm das Brueghelbild als Vorlage. Sammle Zeitungsausschnitte, Plakatausschnitte oder eigene Zeichnungen und ordne sie an wie bei der Brueghelvorlage.
(EA)
Tipps:
Welche Motive willst Du ergänzen? Welche betonen? Welche weglassen?
Sind in der heutigen Zeit andere Werke der Barmherzigkeit wichtiger geworden?
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 2 - Arbeitsblatt: Barmherzigkeit - Ausschnitte aus der Papstpredigt
Anlass:
Papst Franziskus ist dem Thema Barmherzigkeit sehr verbunden, was schon sein Motto im Papstwappen zeigt.
Am 13. März 2015 hat er bei einer Bußandacht im Petersdom ein außerordentliches Heiliges Jahr angekündigt.
Als symbolische Handlung wird mit Beginn des Heiligen Jahres, am Hochfest der Unbefleckten Empfängnis
Mariens 2015 (8. Dezember 2015), die Heilige Pforte im Petersdom geöffnet. Ein Jahr später, am Christkönigssonntag (20. November 2016), endet das Heilige Jahr. Am 8.12.2015 jährt sich der Abschluss des Zweiten
Vatikanischen Konzils zum 50ten mal. Die offizielle Ankündigung des Heiligen Jahres geschieht durch die feierliche Verkündigung einer eigenen Urkunde (Bulle).
Wappen des Papstes Franziskus mit dem
Wahlspruch Miserando atque eligendo
(erbarmungswürdig und doch erwählt)
Worterklärung:
BULLE
Lat. Kapsel, ein in einer Metallkapsel enthaltenes Siegel. Seit dem 13.Jh. werden Dokumente, an denen solch
ein Siegel hing, als Bulle bezeichnet. Heute versteht man darunter eine päpstliche Urkunde, mit der der Papst
als Oberhaupt der katholischen Kirche rechtlich verbindliche Handlungen ankündigt.
HEILIGES JAHR
Mit dem Begriff Heiliges Jahr ist ein besonderes Jahr der Umkehr gemeint. Das Bußsakrament, die Beichte,
das Nachdenken über eigene Handlungen und der Blick auf den Mitmenschen stehen dabei im Vordergrund.
Dieses und andere Heiligen Jahre stehen damit in der Tradition der alttestamentlichen „Jobeljahre“ (→Jubeljahr, Erlass- oder Befreiungsjahr). Es wurde nach siebenmal sieben Jahren, also nach 49 Jahren und somit alle
50 Jahre gefeiert. Laut einiger Bibelstellen (z.B. Deuteronomium 15,1-6) sollen in solch einem Jubeljahr die
Sklaven freigelassen werden.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Das Jahr der Barmherzigkeit ist ein außerordentliches Heiliges Jahr, weil es sich nicht nach dem Rhythmus
richtet. Ein anderes außerordentliches Jahr ist von Papst Johannes Paul II. 1983/84 anlässlich der 1950-JahrFeier des Todes Christi ausgerufen worden.
„Auch in diesem Jahr sind wir hier …, um eine
Bußliturgie zu feiern… (Unser Vater) ist wirklich „reich an Barmherzigkeit“ und dehnt sie im
Überfluss über die aus, die mit aufrechtem
Herzen zu ihm kommen.
http://media02.radiovaticana.va/photo/
2015/03/13/ANSA762653_Articolo.jpg
Die Erinnerung Jesu treibt jeden von uns dazu
an, niemals an der Oberfläche der Dinge stehen zu bleiben, vor allem wenn wir jemandem
gegenüber stehen. Wir sind gerufen, darüber
hinaus zu schauen, auf das Herz um zu sehen, zu wie viel Freigiebigkeit jeder fähig ist.
Niemand ist von der Barmherzigkeit Gottes
ausgeschlossen, niemand ist von der Barmherzigkeit Gottes ausgeschlossen!
Alle kennen den Weg, um sie zu betreten und die Kirche ist das Haus, das alle aufnimmt und niemanden
zurückweist. Ihre Tore sind weit offen, so dass alle, die von der Gnade berührt sind, die Sicherheit der Vergebung finden können. So groß die Sünden sein mögen, größer ist die Liebe der Kirche für diejenigen, die sich
bekehren… Denken wir an den verlorenen Sohn, der zum Vater zurückkehren wollte und etwas sagen wollte,
aber der Vater hat ihn nicht reden lassen, er umarmt ihn. So macht es auch Jesus mit uns…
Liebe Schwestern und Brüder, ich habe oft darüber nachgedacht, wie die Kirche noch mehr ihren Auftrag,
Zeugin der Nächstenliebe zu sein, erfüllen kann. Es ist ein Weg, der mit einer geistlichen Bekehrung beginnt.
Und diesen Weg müssen wir gehen. Deswegen habe ich entschieden, ein außerordentliches Jubiläumsjahr
auszurufen, in dem es um die Barmherzigkeit Gottes gehen wird. Es wird ein „Heiliges Jahr der Barmherzigkeit“
sein. Wir wollen es im Licht der Worte Jesu leben: „Seid barmherzig wie der Vater“ (Lk 6:36). Das gilt vor allem
für die Beichtväter, so viel Barmherzigkeit!
… wir sind alle berufen, mit der Barmherzigkeit Trost jedem Mann und jeder Frau unserer Zeit zu spenden.
Vergessen wir nicht, dass Gott alles vergibt. Und Gott vergibt immer. Werden wir nicht müde, um Vergebung
zu bitten…“ (rv 13.03.2015 ord)
Quelle: Ausschnitte aus der Arbeitsübersetzung der Papstpredigt bei der Bußliturgie am 13.März 2015 http://de.radiovaticana.va/news/2015/03/13/papstpredigt_gott_weist_niemanden_zur%C3%BCck/1129100
Arbeitsaufträge:
1. Lies den Text und markiere die wichtigsten Aussagen.
2. Für das Heilige Jahr der Barmherzigkeit hat der Jesuit Marko I. Rupnik ein eigenes Emblem entworfen. Um über das Heilige Jahr zu informieren, wäre ein Plakat besser geeignet.
Entwerfe für Deine Schule mit Hilfe der Informationen aus dem Text ein Plakat, das alles Wichtige
zum Heiligen Jahr enthält.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Tipps:
-
-
-
Nimm für den Entwurf ein DIN A 4 Blatt. Der fertige Entwurf soll später auf ein größeres Plakatformat
übertragen werden.
Überlege Dir, was Du mit dem Plakat erreichen willst. Welche Menschen sollen es interessant finden?
Was soll im Vordergrund stehen? Soll es ein Werbeplakat oder ein Informationsplakat sein? Wähle
entsprechende sachliche Aussagen oder emotionale Aussagen aus.
Achte auch auf die richtige Mischung aus Bildern, Fotos, selbst erstellten Zeichnungen und Text.
Das Plakat wird benotet. Folgende Kriterien sind dabei wichtig:
-
Ist das Plakat aussagekräftig? Zeigt es die wichtigsten Inhalte?
-
Ist eine Überschrift vorhanden und gut lesbar?
-
Hat das Plakat eine Struktur?
-
Ist die Rechtschreibung und Zeichensetzung korrekt?
-
Ist das Plakat lebendig, abwechslungsreich gestaltet: Enthält es Bilder, ein Motto oder Grafiken?
-
Ist die Farbgestaltung harmonisch, klar und hilfreich zum Verstehen des Inhalts?
-
Ist das Plakat auch aus einiger Entfernung noch gut zu lesen?
Für jedes dieser Kriterien kannst Du 1, 2 oder 0 Punkte bekommen. Maximal kannst Du so 14 Punkte erreichen.
Das entspricht der Note 1. Bei 11 Punkte hast Du eine 2, bei 8 Punkten eine 3, bei 5 Punkten eine 4 und wenn
Du insgesamt nur 2 Punkte erreicht hast, dann ist das Plakat leider mangelhaft. Alle anderen Punktzahlen sind
Zwischennoten, also 2minus (10 Punkte) oder 4plus (6 Punkte) zum Beispiel.
Zum Vergleich das offizielle Emblem:
http://www.iubilaeummisericordiae.va/content/dam/gdm/images/grafiche/slider/settembre/Logo2.jpg/_jcr_content/renditions/original.file.jpeg
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 3 – Arbeitsblatt (a): Barmherzigkeit – eine Geschichte
Das Willkommensfest
Leon konnte es kaum noch erwarten. Und das verblüffte ihn selbst. Wie sehr hatte er sich gewünscht, mal von
der Familie weg zu kommen und etwas Sinnvolles zu tun – nicht immer nur Schule, Lernen, Aufräumen, Fernsehen, PC-Spielen. Vier Wochen war er jetzt in Großbritannien gewesen – ein Ferienprogramm, dem seine
Eltern gerne zugestimmt hatten, weil sie hofften, seine Englischkenntnisse würden sich in der Zeit verbessern.
Nun, das war weniger der Fall. In Nullkommanix lernte er andere Leute aus Deutschland kennen, mit denen er
dann meistens zusammen war und arbeitete. Was sie taten, hat Spaß gemacht: in einem Naturschutzgebiet
hat er mit seinen Kumpels Tiere beobachtet, verletzte Tiere versorgt, am PC Schutzplaketten erstellt, Schutzzäune bei Brutgebieten erstellt und Besucherwege von Müll gesäubert. Er fühlte sich gut dabei, etwas für die
Umwelt getan zu haben. Aber nun ging es heim. Seine Eltern hatten etwas von einem großen Willkommensfest
angedeutet, zu dem auch seine besten Freunde aus der Schule eingeladen werden sollten.
So, endlich am Flughafen. Die letzten britischen Münzen noch schnell einem Bettler an der S-Bahn-Station
gegeben, dann durch die Passkontrollen und los ging´s. Alles lief problemlos und nach der Landung in Frankfurt
wurde er von seiner Mama und Oma begeistert in Empfang genommen. Okay, ist doch nicht so schlecht mit
Familie und so, dachte er bei sich. Kaum im Auto und auf dem Weg nach Hause ließ die Begeisterung bei ihm
aber wieder nach. Was war mit seinem Willkommensfest? Es sollte erst am Abend stattfinden? Und wer kam
alles nicht? Er traute seinen Ohren kaum: Er sollte auch noch bei den Vorbereitungen helfen, weil seine Mutter
zur Nachbarin wollte, die wegen ihrer Demenz mal wieder überhaupt nichts in ihrer Wohnung fand und ihre
Lebensmittel sonst noch wo hin gepackt hatte. Sein Vater würde später kommen. Er arbeitet beim Jugendamt
und musste unbedingt noch den Fall eines völlig verwahrlosten Kindes bearbeiten, das noch heute aus der
Familie herausgeholt werden sollte. Sein guter Freund durfte gar nicht kommen, weil er Hausarrest hatte. Und
das bloß, weil er einen Freund beschützen wollte, der in eine Prügelei geraten war. Und sein bester Freund,
der eigentlich mit zum Flughafen kommen wollte, ist als Messdiener bei einer Beerdigung. Na, das macht ja
Stimmung. Und wenn die Leute dort noch wollen, dass er mit Kaffeetrinken kommt, dann sieht er ihn auch erst
am Abend, wenn alle anderen da sind und sie keine Ruhe zum Reden haben. Super. Statt seines Freundes
war seine Oma mitgekommen. Gefreut hatte er sich schon, mal davon abgesehen, dass sie die gesamte Zeit
im Auto erzählt hat, was in ihrem Garten alles zu machen sei, sie doch immer allein ist, weil ihre Tochter und
Schwiegersohn arbeiten müssen und sie sich so sehr freut, mit ihm gemeinsam ihre Fernsehsendungen gucken
zu können.
Der Tag hatte gut angefangen und ging leider schlecht weiter. Ziemlich sauer saß er dann abends bei seiner
chaotischen Willkommensfeier. Seine Mama konnte das nicht verstehen und war traurig. Erst als sein bester
Freund kam, der sich wirklich beeilt hatte und seine Mama die Mutter von seinem Kumpel überreden konnte,
den Hausarrest zu verlegen und sein Vater zwar erschöpft, aber zufrieden nach Hause kam, fühlte er sich
besser und es kam Feierstimmung auf. Ja, irgendwie war alles beim Alten geblieben. Schön, wieder da zu sein.
Und wenn er an die strahlenden Augen seiner Oma dachte, würde er vielleicht auch den „Fernsehgarten“ ertragen können.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Arbeitsaufträge:
1.
2.
3.
4.
5.
Unterstreichen alles, was Deiner Meinung nach zu den Werken der Barmherzigkeit gehört.
Tausche Dich mit deinem Nachbarn, Deiner Nachbarin über Deine Ergebnisse aus und
kommt zu einem gemeinsamen Ergebnis.
Vergleicht Euer Ergebnis mit den Werken der Barmherzigkeit, wie sie aus der Bibel abgeleitet werden.
Findet eine Erklärung für mögliche Unterschiede.
„Barmherzigkeit zeigt sich im Alltag“. Belege diese Aussage an der Geschichte und ergänze eigene
Beispiele.
Schärfe deinen Blick für Menschen, die Deine Hilfe brauchen. Nehme dir eine Sache vor, auf die Du
diese Woche besonders achten willst.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 3 Arbeitsblatt (b): Barmherzigkeit – eine Geschichte
Das Willkommensfest
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Leon konnte es kaum noch erwarten. Und das verblüffte ihn selbst. Wie sehr hatte er sich gewünscht, mal von
der Familie weg zu kommen und etwas Sinnvolles zu tun – nicht immer nur Schule, Lernen, Aufräumen, Fernsehen, PC-Spielen. Vier Wochen war er jetzt in Großbritannien gewesen – ein Ferienprogramm, dem seine
Eltern gerne zugestimmt hatten, weil sie hofften, seine Englischkenntnisse würden sich in der Zeit verbessern.
Nun, das war weniger der Fall. In Nullkommanix lernte er andere Leute aus Deutschland kennen, mit denen er
dann meistens zusammen war und arbeitete. Was sie taten, hat Spaß gemacht: in einem Naturschutzgebiet hat
er mit seinen Kumpels Tiere beobachtet, verletzte Tiere versorgt, am PC Schutzplaketten erstellt, Schutzzäune bei Brutgebieten erstellt und Besucherwege von Müll gesäubert. Er fühlte sich gut dabei, etwas für
die Umwelt getan zu haben. Aber nun ging es heim. Seine Eltern hatten etwas von einem großen Willkommensfest angedeutet, zu dem auch seine besten Freunde aus der Schule eingeladen werden sollten.
So, endlich am Flughafen. Die letzten britischen Münzen noch schnell einem Bettler an der S-Bahn-Station
gegeben, dann durch die Passkontrollen und los ging´s. Alles lief problemlos und nach der Landung in Frankfurt
wurde er von seiner Mama und Oma begeistert in Empfang genommen. Okay, ist doch nicht so schlecht mit
Familie und so, dachte er bei sich. Kaum im Auto und auf dem Weg nach Hause ließ die Begeisterung bei ihm
aber wieder nach. Was war mit seinem Willkommensfest? Es sollte erst am Abend stattfinden? Und wer kam
alles nicht? Er traute seinen Ohren kaum: Er sollte auch noch bei den Vorbereitungen helfen, weil seine Mutter
zur Nachbarin wollte, die wegen ihrer Demenz mal wieder überhaupt nichts in ihrer Wohnung fand und ihre
Lebensmittel sonst noch wo hin gepackt hatte. Sein Vater würde später kommen. Er arbeitet beim Jugendamt
und musste unbedingt noch den Fall eines völlig verwahrlosten Kindes bearbeiten, das noch heute aus der
Familie herausgeholt werden sollte. Sein guter Freund durfte gar nicht kommen, weil er Hausarrest hatte. Und
das bloß, weil er einen Freund beschützen wollte, der in eine Prügelei geraten war. Und sein bester Freund,
der eigentlich mit zum Flughafen kommen wollte, ist als Messdiener bei einer Beerdigung. Na, das macht ja
Stimmung. Und wenn die Leute dort noch wollen, dass sein Freund mit Kaffeetrinken kommt, dann sieht er ihn
auch erst am Abend, wenn alle anderen da sind und sie keine Ruhe zum Reden haben. Super. Statt seines
Freundes war seine Oma mitgekommen. Gefreut hatte er sich schon, mal davon abgesehen, dass sie die gesamte Zeit im Auto erzählt hat, was in ihrem Garten alles zu machen sei, sie doch immer allein ist, weil ihre
Tochter und Schwiegersohn arbeiten müssen und sie sich so sehr freut, mit ihm gemeinsam ihre Fernsehsendungen gucken zu können.
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Der Tag hatte gut angefangen und ging leider schlecht weiter. Ziemlich sauer saß er dann abends bei seiner
chaotischen Willkommensfeier. Seine Mama konnte das nicht verstehen und war traurig. Erst als sein bester
Freund kam, der sich wirklich beeilt hatte und seine Mama die Mutter von seinem Kumpel überreden konnte,
den Hausarrest zu verlegen und sein Vater zwar erschöpft, aber zufrieden nach Hause kam, fühlte er sich besser
und es kam Feierstimmung auf. Ja, irgendwie war alles beim Alten geblieben. Schön, wieder da zu sein. Und
wenn er in die strahlenden Augen seiner Oma dachte, würde er vielleicht auch den „Fernsehgarten“ ertragen
können.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Arbeitsaufträge:
1. Lies die markierten Textstellen. Haben diese Handlungen etwas mit Barmherzigkeit zu tun?
2. Tausch Dich mit deinem Nachbarn, Deiner Nachbarin zu der oben stehenden Frage aus und kommt
zu einem gemeinsamen Ergebnis.
3. Vergleicht Euer Ergebnis mit den Werken der Barmherzigkeit, wie sie aus der Bibel abgeleitet werden.
Findet eine Erklärung für mögliche Unterschiede.
4. „Barmherzigkeit zeigt sich im Alltag“. Belege diese Aussage an der Geschichte und ergänze eigene
Beispiele.
5. Schärfe Deinen Blick für Menschen, die Deine Hilfe brauchen. Nehme Dir eine Sache vor, auf die Du
diese Woche besonders achten willst.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 4 Arbeitsblatt: Barmherzigkeit Entwicklung eines Beichtspiegels (I)
Was ist ein Beichtspiegel?
Ein Beichtspiegel ist eine Ansammlung von Fragen, die helfen, das eigene Gewissen zu erforschen und zu
realisieren, was man selbst vielleicht falsch gemacht haben könnte. Dieses Hilfsmittel zur Gewissenserforschung dient der Vorbereitung auf das Sakrament der Buße, auch Sakrament der Versöhnung genannt (Beichte)
und ist als einzelnes Heftchen oder in verschiedenen Büchern enthalten, so zum Beispiel auch im Gotteslob.
Umfang und Aufbau ist sehr unterschiedlich und hat sich im Laufe der Zeit auch sehr verändert. Klassisch ist
die Gliederung nach den Zehn Geboten.
Welche Merkmale soll ein Beichtspiegel Deiner Meinung nach haben?
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
Alltagsbezug
Fragen aus dem Schulleben
Fragen zum Umgang mit dem anderen Geschlecht
Fragen zum Verhalten in der Familie
verständliche, altersgerechte Fragen
moderne Sprache
nicht mehr als zwei Seiten
knappe Überschriften
religiöser Bezug
kein zu deutlicher religiöser Bezug
thematische Gliederung
orientiert an den Zehn Geboten
bebildert
grafisch attraktiver, z.B. Sprechblasen
nach geringem Fehlverhalten fragen
positive Formulierungen: Vorschläge zum besseren Verhalten
Gedächtnisstütze
Arbeitsaufträge:
1. Kreuze fünf Punkte an, die Deiner Meinung nach ein guter Beichtspiegel erfüllen muss, um Jugendliche
anzusprechen.
2. Lese zwei der sieben Abschnitte aus dem Beichtspiegel im Gotteslob, Nr. 600, Abschnitte 1- 7.
3. Überprüfe diese Abschnitte nach den von Dir gewählten Kriterien. Was ist gelungen? Was würdest Du anders schreiben?
4. Schreibe zu den von Dir gewählten Abschnitten aus dem Gotteslob neue Fragen, die Deinen Kriterien entsprechen.
5. Gib Deinen kleinen Beichtspiegel Deinem Nachbarn, Deiner Nachbarin zur Bewertung. Ist die Umsetzung
Deiner Kriterien gelungen? Muss etwas überarbeitet werden? Es soll keine Benotung erfolgen!
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 4 – Arbeitsblatt a: Barmherzigkeit - Entwicklung eines Beichtspiegels
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 4 – Arbeitsblatt b: Barmherzigkeit - Entwicklung eines Beichtspiegels
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 4 – Arbeitsblatt c: Barmherzigkeit - Entwicklung eines Beichtspiegels
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
„Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht“ (Jak 2,13)1
Ein Leittext für die Sek II
von Joachim Reger
Papst Franziskus hat für das Jahr 2016 ein außerordentliches Heiliges Jahr ausgerufen, das dem Thema der
„Barmherzigkeit“ gewidmet ist. Mit seiner Wahl rückt Papst Franziskus die Tugend der Barmherzigkeit in das
Zentrum des Interesses, die bisher eher eine theologisch vernachlässigte Thematik darstellte.
Die Barmherzigkeit knüpft an die urmenschliche Erfahrung des Mitleids mit leidenden Menschen an, was die
enge Verwandtschaft der beiden Begriffe „Barmherzigkeit“ und „Mitleid“ verständlich macht. Beide Worte gehen
schon rein sprachlich ineinander über, was das lateinische Wort „misericordia“ verdeutlicht. „Misericordia“ meint
entsprechend seiner lateinischen Wortbedeutung sein Herz (cor) bei den Armen (miseri) haben, ein Herz für die
Armen haben. „In diesem allgemein-menschlichen Sinn bedeutet Barmherzigkeit/misericordia die Haltung, welche den eigenen Egoismus und die eigene Ich-Zentriertheit überschreitet und das Herz nicht bei sich, sondern
bei den Anderen, besonders bei den Armen und Notleidenden aller Art hat.“2
Die Barmherzigkeit steht gegenwärtig in keinem guten Ruf. Sie wird als ethische Grundhaltung geschätzt, aber
immer wieder mit Schwäche, Inkonsequenz und Nachgiebigkeit verwechselt. Barmherzig seien vorwiegend
Menschen, denen es an Kraft zur Durchsetzung fehle. Eine solche Schwäche passe nicht in eine Zeit, die sich
vor allem über technische Allmacht und Leistung definiere. Gleichzeitig bewirkt die gegenwärtige Daseinskälte
aber ein tiefes Bedürfnis nach einer Kultur der Barmherzigkeit, welche dem Menschen wieder den nötigen Raum
schenkt, zu sich selbst und zum Nächsten zu finden. Das Christentum kann in diese Eiszeit das Wort der göttlichen Barmherzigkeit sprechen.
Die Bücher des Alten Testamentes benutzen, um den Begriff „Erbarmen“ auszudrücken, vor allem zwei Wörter.
Zunächst das Wort „häsäd“, das eine tief verwurzelte Haltung von Güte zum Ausdruck bringt. Diese erwächst
aus der inneren Verpflichtung zweier Menschen zueinander, die Treue hervorruft. Im Alten Testament erscheint
„häsäd“ daher meistens im Zusammenhang mit der Treue Jahwes zu seinem Volk, die in seinem Bund mit Israel
Gestalt gewinnt. Das zweite Wort „raham“ lässt die Mutterliebe anklingen. Die Mutterliebe Gottes zu seinem Volk
findet ihren Ausdruck in der Rettung aus Gefahren, der Vergebung der Sünden und schließlich in der Entschlossenheit Jahwes, die endzeitliche Verheißung trotz der Verfehlungen der Menschen zu erfüllen.
Es ist immer noch die Ansicht verbreitet, der Gott des Alten Testamentes sei ein zorniger und strafender Gott.
Diese Auffassung ist insofern zutreffend, als die Zeugnisse des Alten Bundes Texte enthalten, die einem solchen
Gottesbild Vorschub leisten. Eine umfassende Sichtung der Quellen offenbart aber eine alttestamentliche Vorstellung von Gott, welche Jahwe auch als einen Gott des Erbarmens erweist. Die Texte des Alten Bundes stehen
damit nicht im Widerspruch zur Selbstoffenbarung Gottes im Neuen Testament.
Besonders die Propheten betonen im Zusammenhang mit den Vergehen des Volkes Israels immer wieder das
Erbarmen Gottes. Der Herr liebt Israel in Form einer besonderen Erwählung, ähnlich der Liebe eines Bräutigams
(Hos 2,21-25), die bewirkt, dass Gott sein Volk immer wieder annimmt (Jer 31,20; Ez 39,25-29). Exemplarisch
steht die grundlegende Erfahrung des auserwählten Volkes in der Zeit des Exodus: der Herr sah das Elend des
versklavten Volkes, hörte seine Schreie, erkannte seine Bedrängnis und beschloss, es zu befreien (Ex 3,7ff.).
Besonders bedeutsam ist, dass Jahwe sein Erbarmen gerade dann erweist, wenn sein Volk sich der Sünde
hingibt (Ex 34,6; Num 14,18; 2 Chr 30,9 u.a.).
Das Erbarmen, als grundlegende Wesenseigenschaft Gottes, steht im Alten Testament der Gerechtigkeit gegenüber, erweist sich aber als stärker und tiefer. Die Gerechtigkeit ist eine Eigenschaft Gottes, wird aber von
Verwendete und empfohlene Literatur:
Barmherzigkeit, in: Lexikon für Theologie und Kirche Bd. 2, Freiburg 2006.
Johannes Paul II: Enzyklika „Dives in misericordia“, 30.11.1980.
Kasper, Walter: Barmherzigkeit, Grundbegriff des Evangeliums – Schlüssel des christlichen Lebens, Freiburg 2012.
2 Kasper, 29f.
1
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
der Größe seiner Liebe überragt. „Die Liebe motiviert (...) die Gerechtigkeit, und die Gerechtigkeit dient letztlich
der Liebe. Der Vorrang und die Erhabenheit der Liebe gegenüber der Gerechtigkeit (...) kommen gerade im
Erbarmen zum Ausdruck.“3 Gottes Barmherzigkeit erwächst somit nicht aus Schwäche, sondern aus der Stärke
seiner Liebe, welche die Gerechtigkeit überschreitet.
Jesus Christus bezeugt seinen Vater, indem er an die Tradition des Judentums, seiner Religion, anknüpft. In
Wort und Tat offenbart er Gott als den Barmherzigen. Neben dem sprichwörtlich gewordenen Gleichnis vom
barmherzigen Samariter (Lk 10,25-37) wird die Barmherzigkeit Gottes vor allem im Gleichnis vom verlorenen
Sohn (Lk 15,11-32) anschaulich. Gemäß dem alttestamentlichen Verständnis des Erbarmens besteht die Hinwendung des Vaters zum verlorenen Sohn nicht in einer vordergründigen Gefühlsregung, sondern in der Treue
zu seiner Liebe, welche besorgt ist um die Würde des Sohnes. Das Erbarmen des Vaters pervertiert daher nicht
zu einer Bewegung der Herablassung, sondern wird zum Ausdruck der besonderen Wertschätzung. Barmherzigkeit bringt die Stärke der Liebe zum Ausdruck, die jede Gerechtigkeit überschreitet.
Die angesprochenen Gleichnisse offenbaren Gott somit als wesenhaft barmherzig. Die Barmherzigkeit ist die
nach außen sichtbare Seite des Wesens Gottes, der Liebe ist (1 Joh 4,8.16). Die Barmherzigkeit stellt die grundlegende Eigenschaft Gottes dar, da in ihr die Stärke und Kraft seiner Liebe zu den Menschen deutlich wird.
Dieser göttliche Wesenszug ist der zentrale Beweggrund des Heilsgeschehens von Geburt, Tod und Auferstehung Jesu. Gottes Allmacht ist so umfassend, dass er sich auf die Welt einlassen kann und Mensch wird. Gottes
Stärke kommt nicht dadurch zum Ausdruck, dass er sich über alles und jeden erhebt, sondern ein Herz für die
Menschen hat, ihnen nahe kommt. Maria kann deshalb im Magnifikat bekennen: „Gott erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten“ (Lk 1,50). Das Erbarmen Gottes verdeutlicht, das wahre
Barmherzigkeit nicht aus Inkonsequenz oder Mittelmäßigkeit erwachsen kann, sondern nur aus der Stärke der
Liebe, welche bloße Gerechtigkeit übersteigt.
Gottes Allmacht offenbart sich vollkommen in seiner Bereitschaft mit den Menschen zu leiden. Die traditionelle
Theologie ging davon aus, dass Gottes Allmacht und Absolutheit einer inneren Betroffenheit Gottes durch das
Leiden der Menschen widerspräche. Gott könne daher nicht leiden. Die Menschwerdung Gottes bewirkt aber,
dass Gott in Jesus Christus mit uns und für uns leiden will. Es gehört zur Allmacht der Liebe, sich vom Leid
betreffen zu lassen. Diese Betroffenheit wird nirgends so deutlich wie im Schrei Jesu am Kreuz: „Mein Gott,
mein Gott, warum hast du mich verlassen!“ (Mk 15,34). Gottes Allmacht offenbart sich in seiner Barmherzigkeit,
die sich in seiner freien Wahl zeigt, den Weg des Leidens bis zum Ende zu gehen. Dieser Weg wird in der
Auferstehung von den Toten vollendet. In ihr hat Christus insofern den erbarmenden Gott offenbart, als er das
Kreuz als Weg zur Auferstehung auf sich genommen hat. Gottes Barmherzigkeit ist stärker als der Tod.
Barmherzigkeit ist daher nicht, wie immer wieder angenommen wird, Ausdruck von Schwäche und Nachgiebigkeit, sondern erwächst aus einer Liebe, die so stark ist, dass sie sich wirklich einlassen kann. Sie gelangt zu
einem tiefen Verstehen des Nächsten und sprengt die Enge bloßer Gerechtigkeit. Barmherzigkeit fordert die
Stärke, über sich selbst hinauszuwachsen und frei zu werden für das Du. Die Barmherzigkeit braucht die Gerechtigkeit, damit sie sich nicht in Willkür verliert. Ihre menschenwürdige Gestalt erlangt die Gerechtigkeit aber
nur dann, wenn sie aus der Kraft wahrer Liebe erwächst. Aus diesem Grund triumphiert die Barmherzigkeit über
das Gericht (Jak 2,13). Jesus Christus hat diese Kraft der Liebe aufgebracht. Seine Allmacht befähigte ihn, sich
wirklich einzulassen, in seiner Menschwerdung und bis zu seinem qualvollen Ende am Kreuz. Jesus ist wahrhaft
barmherzig. Seine Auferstehung von den Toten gibt dem Triumph der Barmherzigkeit über die Gerechtigkeit
konkrete Gestalt.
Die Tugend der Barmherzigkeit entlässt konkrete Handlungsanweisungen, die in den sogenannten „Werken der
Barmherzigkeit“ ihre Ausfaltung gefunden haben. Man unterscheidet die leiblichen Werke der Barmherzigkeit
3
Dives in misericordia Nr. 4.
50
Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
(Hungrige speisen, Durstige tränken, Fremde aufnehmen, Nackte kleiden, Kranke besuchen, Gefangene befreien, Tote bestatten, vgl. Mt 25,31-46) von den geistigen Werken der Barmherzigkeit (Unwissende lehren,
Zweifelnden raten, Trauende trösten, Irrende zurechtweisen, Unrecht ertragen, Beleidigungen verzeihen, für
Lebende und Tote beten). Aus diesen Tugenden lässt sich ein ganzes Programm für die Gestaltung der Gesellschaft, der Kirche, der Schulgemeinschaft sowie jedes Einzelnen ableiten. Der Religionsunterricht wird bei der
Beschäftigung mit der Tugend der Barmherzigkeit darauf achten müssen, dass es sich dabei nicht nur um eine
ethische Handlungsanweisung handelt, sondern um eine Lebensgestaltung, die in Gott selbst ihr Vorbild nimmt.
Die Nutzbarmachung der Religion für die Ethik darf nicht dazu führen, das Zentrum der christlichen Ethik aus
dem Blick zu verlieren: Jesus Christus.
Die Tugend der Barmherzigkeit eröffnet die Möglichkeit für zahlreiche Einheiten im Religionsunterricht, die hier
nicht vollständig, sondern nur assoziativ angesprochen werden sollen.
Ein erster Themenschwerpunkt ergibt sich aus dem Gottesbild, welche sich in Gottes Barmherzigkeit zeigt.
Zentrale biblische Texte wie das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk 10,25-37), das Gleichnis vom barmherzigen Vater (Lk 15,11-32) sowie die Bergpredigt (Mt 5) können helfen, das Antlitz eines barmherzigen Gottes
zu zeichnen.
Die Tugend der Barmherzigkeit ist geeignet, um über das Wesen und die konkrete Gestalt der Kirche nachzudenken. Die diesbezüglichen Reflexionen erschöpfen sich vielfach im Aufweis einer Kriminalgeschichte der Kirche, die ihre Unbarmherzigkeit offenbart. Der Religionsunterricht könnte aber darüber hinaus versuchen, den
Spuren der Barmherzigkeit in der Geschichte der Kirche nachzugehen, welche beispielsweise in der urkirchlichen Speisung der Armen, im frühkirchlichen Ketzerstreit, den mittelalterlichen Hospizen und dem Engagement
der Kirche im Bereich der Caritas aufscheint.
Darüber hinaus gibt die Tugend der Barmherzigkeit Gelegenheit, über die Gestaltung der modernen Gesellschaft
zu reflektieren. Die Katholische Soziallehre gibt hier wichtige Prinzipien vor, die Ausdruck des Zusammenlebens
von Menschen darstellen, deren Horizont sich nicht auf Leistung und Durchsetzung der eigenen Bedürfnisse
reduziert.
Schließlich kann die Tugend der Barmherzigkeit dazu dienen, dem oder der einzelnen Schüler.in Haltungen
bewusst zu machen, die für eine Kultur der Barmherzigkeit notwendig sind: Einfühlungskraft, die sie/ihn befähigt,
die Bedürfnisse des Anderen wahrzunehmen, Dankbarkeit, über alles das, was dem Menschen geschenkt
wurde. Konkrete caritative Projekte könnten in Angriff genommen werden.
Die Sakramente sind die genuinen Zeichen der Barmherzigkeit Gottes in der Welt. Die Tugend der Barmherzigkeit kann als Schlüssel dienen, die Bedeutung der Sakramente neu zu erschließen, denn die Wurzel der christlichen Barmherzigkeit ist nicht bloße Tugend, sondern die Liebe Gottes, die sich in den Sakramenten den Menschen zeigt.
Autor
Dr. Joachim Reger studierte Katholische Theologie in Eichstätt und Boston/USA. 1984
Diplom in Katholischer Theologie. Nach der Priesterweihe 1986 Tätigkeit als Religionslehrer und Hochschulseelsorger im Bistum Speyer. 1999 Doktor der Philosophie. Lehrbeauftragter der Universität Koblenz-Landau, Abteilung Landau. 2004 Habilitation im
Fach Fundamentaltheologie durch die Theologische Fakultät Trier. 2005 Privatdozent
der Theologischen Fakultät Trier. 2006 Lehrbeauftragter der Ludwigs-Maximilians Universität, München. 2007 Ordentliches Mitglied der Klasse VII Weltreligionen der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste, Salzburg.
PD Pfarrer Dr. Joachim Reger
Lehrer am Käthe-Kollwitz-Gymnasium in Neustadt
[email protected]
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Compassion! - Wie barmherzig sind wir?
Unterrichtsbausteine zum Thema Barmherzigkeit im RU der MSS
von Christine Ehret-Cassel
Didaktik und Einordnung in den Lehrplan
Die SuS der MSS12 befinden sich Mitten im Übergang von Schule und weiterer Lebensplanung, was nicht wenige von ihnen vor viele offene Fragen stellt. Nicht immer kann – oder darf – das Elternhaus dabei Orientierung
geben. So kommt gerade dem Religionsunterricht und dem / der Religionslehrer.in bei der Klärung diverser
Lebensfragen eine gewichtige Rolle zu. In Anbindung an die Glaubensinhalte, in der MSS12 konkret: durch Jesu
Leben und Lehre, kann den SuS ein Orientierungsrahmen eröffnet werden, wie individuelles Leben UND Leben
in Gemeinschaft gelingen kann.
Wo stehe ich? Wo will ich in meinem Leben hin? Welche Haltung und Prinzipien sollen dabei mein Handeln
bestimmen und können mir in schwierigen Situationen helfen zurechtzukommen? ... Dies sind nur einige Fragen,
die durch unterschiedliche thematische Aspekte im RU beleuchtet werden und dadurch zum reflektierten Denken
und Handeln anleiten können.
Compassion, zu deutsch: Barmherzigkeit, ist ein christliches Motiv, das junge Menschen als Handlungsmotivation des Helfens prüfen und zur eigenen Lebensgestaltung als moderne Christen heranziehen sollen. Solidarität,
Subsidiarität und Personalität als Lebensgestaltungsprinzipien in einer Gemeinschaft zu leben, darum soll es
gehen.
Der rheinland-pfälzische Lehrplan für das Fach katholische Religion in der MSS bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten, das Thema Barmherzigkeit aufzugreifen und mit den Schülerinnen und Schülern in Verbindung zu bringen. Die hier vorgestellten Bausteine bieten die Verquickung des der Halbjahresthemen in der MSS 12.1, „Jesus
Christus und die Kirche“ und MSS 12.2 „Gutes Handeln unter dem Anspruch des Christseins“. Im Zentrum der hier kurz entworfenen Materialien steht das biblische Gleichnis vom barmherzigen Vater, das im Rahmen des Halbjahresthemas 12.1 als Teil Jesu Verkündigung vom Reich Gottes interpretiert wird. Erweiterung
und Transfer erfährt es durch die Aktualisierung und Anwendung auf die Schüler-Welt, welche sich dem Halbjahresthema 12.2 verpflichtet sieht.
Viele (meiner) SuS im gk12 streben nach dem Abitur ein Freiwilliges Soziales Jahr an oder wollen mit Hilfe einer
der vielen Organisationen 6-12 Monate in einem Entwicklungsland mit Kindern und Jugendlichen soziales Engagement beweisen. Sie nutzen diese Möglichkeiten auch, um sich für ihre eigene weitere Lebensgestaltung zu
orientieren. Dieser konkrete Wunsch vieler SuS soll daher als Lernanlass dienen, von der die Unterrichtsplanung ausgeht.
Didaktisch-methodische Hinweise
Die folgenden Materialien (M1-5) sind als Bausteine zu verstehen, die genutzt werden können, um die angestrebte(n) Intention(en) zu erreichen. Sie können chronologisch als Unterrichtsreihe oder als ‚Steinbruch’ für eine
individuellere Unterrichtssequenz nutzbar gemacht werden.
Zum Einstieg können die SuS mit Menschenbildern (M1) an das Thema herangeführt werden. Indem jede/r
ein Foto auswählt und eine Biografie (aus der Ich-Perspektive oder mit Namen) erfindet und erzählt, werden die
SuS zum einen für unterschiedliche Lebensläufe sensibilisiert, gleichzeitig können diese eventuell in einem thematisch passenden Gottesdienst (siehe Zeitaufgabe, M5) am Ende verwendet werden. Die Auswertung kann
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
mit Blick auf Kategorien wie Sinn – Sinnlosigkeit, Zufriedenheit – Unzufriedenheit, Glück – Unglück etc. gestaltet
werden. Die SuS sollten sich auf drei (maximal auf fünf) wichtigste, reflektierte Aspekte einigen.4
In Anknüpfung an einen der Lebensläufe kann eine These Peter Singers (M2)5 kritisch erörtert werden. Im
Sinne der „Praktischen Ethik“ Singers eignet sich primär die Erörterung des Wertes behinderten Lebens, aber
im Sinne der Reihe lässt sich auch die Frage nach der Wertigkeit, nach Glück und Unglück, nach Sinn und
Sinnlosigkeit als weitere Aspekte diskutieren. Hiervon ausgehend kann je nach Wahl des Einzelthemas z.B.
auch die Bioethik vertiefend behandelt werden, in diesem Fall würde das folgende M3 entfallen.
In einem weiteren Lernschritt können mit Hilfe des ZEIT-Artikels „Warmherzig, barmherzig“ (M3) Leitfragen
der Sequenz hergeleitet werden. Zur Anbahnung, als Anschluss an den Einstieg und zum Abruf des Vorwissens
der SuS sollte zunächst ein Bild des ehemaligen Limburger Bischofs gezeigt werden. Der Zeitungsartikel wirft
am Beispiel Tebartz-van Elst die Frage, wann wem wie viel Barmherzigkeit (durch wen) widerfahren kann/darf
(vgl. M3b, Stichwort „Umkehr“, Z.33) oder warum welche Gerechtigkeit dem „bishop of bling“ (M3b, Z.25) widerfahren soll. - Selbstverständlich muss neben dem Inhalt des Zeitungsartikels auch die sprachliche Dimension
des Textes funktional analysiert werden, damit die SuS die Thesen verstehen und adäquat erörtern können.
Inhaltlich gilt es Schlüsselbegriffen, wie zum Beispiel „Umkehr“ (Z.33), und besonders dem letzten Absatz Interesse zu schenken, denn hier kann sowohl die grundlegende Begrifflichkeit (Compassion/Barmherzigkeit) geklärt
als auch von der geäußerten Einschränkung ihrer Gültigkeit („nur für Männer,...“) organisch zum Gleichnis des
verlorenen Sohnes als biblisches Beispiel universaler Barmherzigkeit (Gottes) übergeleitet werden.
Das Gleichnis vom barmherzigen Vater (M4a) ist die zentrale Stelle des hier vorgestellten Materials und entworfenen Lernprozesses. Es dient als biblisches Beispiel für die Barmherzigkeit Gottes gegenüber den Menschen sowie für sozial-engagiertes Handeln, da das in der Erzählung beschriebene Fest am Ende als Heilsfindung in der Gemeinschaft gedeutet werden kann. Auch hier geht es um ein Leben „mit bling“ und die Frage,
warum diesem, der so sorglos und rücksichtslos lebt, Barmherzigkeit widerfahren soll etc. Da wohl einige SuS
demgegenüber die Behandlung des älteren Sohnes in Frage stellen werden, welcher ja fleißig zu arbeiten
scheint und dafür aber (vermeintlich) nicht „belohnt“ wird, gilt es auch dezidiert auf diese Figur der Erzählung
(Verhalten, Beziehung zum Vater) zu achten. Differenzierende Arbeitsaufträge, etwa in arbeitsteiliger Gruppenarbeit, können diese Fokussierung erleichtern bzw. unterstützen.
Der Rückbezug zur Problematisierung, d.h. zur aus dem ZEIT-Artikel herausgearbeiteten Leitfrage, sollte bei
der Auswertung der Ergebnisse zum Gleichnis nicht aus den Augen verloren und abschließend beantwortet
werden.
Das mögliche Tafelbild (M4b) bezieht sich auf das Gleichnis und dessen Deutung im Allgemeinen, es sollte nach
der im Folgenden beschriebenen Vertiefung noch um den Ausdruck der Barmherzigkeit (Interpretation von Ring
und Fest) erweitert werden.
Im Anschluss (oder bei leistungsstarken bzw. religiös gut sozialisierten SuS gleichzeitig!) kann im Sinne methodischer Kohärenz und nachhaltigen Lernens erneut die produktionsorientierte Methode des biografischen
Schreibens aus dem Einstieg (vgl. M1) eingesetzt werden. Einige künstlerische Darstellungen des Gleichnisses (M5) bieten Anlass und Raum, die erarbeitete Intention des Gleichnisses (text)produktiv umzuwälzen.
Wie bereits erwähnt ist auch die Perspektive des älteren Sohnes auf die Reaktion des Vaters interessant. In der
Auswertung der verfassten Monologe sollte in diesem Zusammenhang ebenso Augenmerk auf die Bedeutung
des Festmahls als Heilserfahrung gelegt werden, die jenem offen steht, der sich selbst öffnet. Durch dieses
Vorgehen kann, falls noch nicht geschehen, der Blick erneut in den Primärtext gelenkt werden und die Einladung
des Vaters und das Festmahl differenzierend gedeutet werden. Die Ergebnisse sind im entstandenen Tafelbild
(günstiger: OHF oder Smartboard) zu ergänzen (vgl. M4c).
Vgl. Vogel; Wawroscheck: Fach Religion, Unterrichtseinheit: Biografische Zugänge zu Compassion. In: Kuld; Gönnheimer (Hrsg.):
Praxisbuch Compassion. Soziales Lernen an Schulen. Praktikum und Unterricht in den Sekundarstufen I und II. Donauwörth, 2004,
S. 105.
5 Ebd. S. 111.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Die aus dem Text ausgedeutete Barmherzigkeit Gottes, die Heilsfindung in der Gemeinschaft mit Gott UND
anderen Menschen, soll Ausgangpunkt für den Transfer auf die Schüler-eigene Erlebenswelt sein. Die durch
Jesu Wort aufgeworfene Frage kann lauten: Wie können wir die Barmherzigkeit, das Heil in der Gemeinschaft,
das materielle oder auch das individuelle Heil erfahren ODER erfahrbar machen?
Die unterrichtliche Umsetzung hängt sowohl von den äußeren und inneren Gegebenheiten der jeweiligen Schule
als auch vom individuellen Kurs samt Religionslehrer.in ab. Je nach Engagement und o.g. Möglichkeiten kann
Compassion über den Fachunterricht hinaus Umsetzung finden, indem die SuS des Kurses beispielsweise für
den Rest des Schul(halb)jahres in Kleingruppen einmal pro Woche in einer Suppenküche oder einer Stätte für
geistig/körperlich behinderte Jugendliche freiwillige Arbeit leisten. Einige weitere Ideen, die je nach schulischen
Gegebenheiten und Zeit innerhalb oder außerhalb des RU das Thema Barmherzigkeit lebendigere Wirklichkeit
werden lassen, seien hier in einer Auswahl vorgestellt (M6). Sicher haben die SuS auch eigene gute Ideen, die
umsetzbar sind.
Autorin
Christine Ehret-Cassel studierte Katholische Theologie und Germanistik an
der Johannes-Gutenberg Universität Mainz.
Oberstudienrätin Christine Ehret-Cassel
Fachleiterin katholische Religion am Studienseminar für das Lehramt an
Gymnasien, Speyer;
Lehrerin am Gymnasium am Kaiserdom, Speyer
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Material
M 1 - Menschenbilder, eine Biografie erfinden und erzählen
Q.:diakonie-pfalz.de
Q.:msagd.rlp.de
Q.:wdr.de
Q.:cbm.de
Q.:familienratgeber.de
Q.:blog.taz.de
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 2 - These aus Peter Singers „Praktischer Ethik“
These:
Wir untersuchen die Absicht, dass alles menschliche Leben in gleichem Maße wertvoll
u nd unverletzlich sei. Wir kommen zu dem Schluss, dass diese Absicht ein Erbe der jüdisch-christlichen Tradition ist und sich nur in religiösen Begriffen begründen lässt. Daher
meinen wir, dass wir diese Absicht verwerfen und offen anerkennen müssen, dass einige
Leben wertvoller sind als andere.
Begründung:
Menschen entscheiden immer schon über den „Wert“ des Lebens (z.B. beim Töten von
Tieren) und greifen (z.B. in der modernen Medizin) in die natürlichen Ursachen von Tod
und Sterben ein.
Nach Vogel; Wawroscheck: Fach Religion, Unterrichtseinheit: Biografische Zugänge zu Compassion. In: Kuld; Gönnheimer
(Hrsg.): Praxisbuch Compassion. Soziales Lernen an Schulen. Praktikum und Unterricht in den Sekundarstufen I und II. Donauwörth, 2004, S. 111.
M 3 – „Warmherzig, barmherzig“ –
Wie viel Barmherzigkeit ist erlaubt?
M 3a
Q.: de.wikipedia.org/
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 3b - Warmherzig, barmherzig
Die Kirche lässt die Ihren nicht im Stich. Auch gefallene Bischöfe erhalten noch eine Chance.
VON CHRISTIANE FLORIN / DIE ZEIT Nº 05/2015, 29. Januar 2015 07:00 Uhr
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Arbeitslose Schlecker-Frauen könne man doch zu Erzieherinnen umschulen, schlug vor Jahren die damalige
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen vor. Da bekamen die Eltern all der früh geförderten Charlottes und Friedrichs Angst: Wer jahrelang Shampoos einsortiert hat, hält womöglich Jesper Juul für eine schwedische Haarspülung. Der Umschulungsvorschlag fiel durch. Dann interessierte sich niemand mehr für die Schlecker- Frauen.
Freie Wirtschaft, freier Fall.
Die katholische Kirche, derzeit weltweit führender Anbieter von Kapitalismuskritik, zeigt, dass es auch warmherziger geht. Gestrauchelte Kirchenmänner sind auf dem Arbeitsmarkt noch schwerer vermittelbar als entlassene
Schlecker-Frauen. Für die einstigen Topverkäufer der Frohen Botschaft wurde deshalb ein Coaching-Programm
namens Compassion aufgelegt. Es umfasst die Module Einsicht, Reue, Umkehr und persönliche Wünsche.
Diese sind beliebig kombinierbar, ihre Intensität und Dauer wird auf die Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmt.
Als einer der ersten Deutschen kam Walter Mixa in den Genuss des Angebots. Der einstige Bischof von Augsburg hatte nach eigenen Angaben "die eine oder andere Watsch’n" an Heimkinder ausgeteilt. Von einer Umschulung zum Montessori-Pädagogen wurde abgesehen. Der Bischof durfte eine Weile mit evangelikalen Methoden experimentieren, wurde aber dann 2012 sanft wieder in römisch-katholische Zusammenhänge eingegliedert. Walter Mixa gehört seitdem dem Päpstlichen Rat für die Pastoral im Krankendienst an, zelebriert Gottesdienste und trifft gelegentlich in vollem Bischofsornat die alten Kollegen. Seine persönliche Homepage ist so
gut gepflegt wie sein Haar, der Terminkalender lässt auf ein erfülltes Dasein schließen. "Ich kann Compassion
nur von ganzem Herzen empfehlen", sagt er.
Wie individuell die Module angepasst werden können, zeigt das Beispiel des früheren Limburger Bischofs
Franz-Peter Tebartz-van Elst. Er trat im März 2014 zurück. Externe Experten ventilierten über die Medien verschiedene Vorschläge für das Modul "tätige Reue". Dem früheren CDU-Generalsekretär Heiner Geißler
schwebte ein Bistum in Afrika vor, dafür musste er sich allerdings den Vorwurf gefallen lassen, neo-kolonial zu
denken. Spaßigere Naturen sahen den ästhetisch versierten Kirchenmann als Assistenten in einer Neuauflage
der RTL-Deko-Soap Einsatz in vier Wänden. Wieder andere empfahlen ihm ein unscheinbares Pastoraltheologenleben in den USA. Auch Theologie-Studenten könnten ja eine Strafe sein. Doch weil es der bishop of bling
bis in amerikanische Satiresendungen geschafft hatte, war die Unscheinbarkeit vorbei, bevor sie beginnen
konnte. Sämtliche deutschen Brennpunktpfarreien lehnten eine Aufnahme des Problembischofs ab. In Regensburg fand Franz-Peter Tebartz-van Elst schließlich Zuflucht und Zuspruch.
Doch auch hochrangige Kleriker haben ein Recht, glücklich zu sein, lautet das Credo des katholischen
Coachings. Franz-Peter Tebartz-van Elst wird, bisher unbestätigten Gerüchten zufolge, eine Aufgabe im päpstlichen Rat für die Neuevangelisierung übernehmen. Limburg, Regensburg, Vatikan: In der freien Wirtschaft
nennt man so etwas "nach oben fallen", in der Kirche ist diese Bewegung als "Umkehr" geläufig. Franz-Peter
Tebartz-van Elst darf oben noch einmal ganz von vorn anfangen. Vom Schreibtisch aus wird er neue Christinnen
und Christen von der Freude des Evangeliums überzeugen. Wenn er bis Jahresende 2015 mehr Katholiken
hinzugewonnen hat, als seinetwegen aus der Kirche ausgetreten sind, darf er eine Frühmesse im Petersdom
zelebrieren.
Compassion heißt Barmherzigkeit. Und Barmherzigkeit heißt: Wer auf dem Boden liegt, dem wird geholfen.
Bedingungslos. Das gilt aber nur für Männer, die nach Rom unterwegs sind.
Q.: http://www.zeit.de/2015/05/tebartz-van-elst-compassion-vatikan, letzter Zugriff 08.09.2015
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 4 - Biblische Begründung für Barmherzigkeit
M 4a - Lk 15,11-32 Das Gleichnis vom verlorenen Sohn
11Weiter
sagte Jesus: Ein Mann hatte zwei Söhne. 12Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib
mir das Erbteil, das mir zusteht. Da teilte der Vater das Vermögen auf. 13Nach wenigen Tagen packte der
jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen. 14Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über das Land und es
ging ihm sehr schlecht. 15Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn
aufs Feld zum Schweinehüten. 16Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine
fraßen; aber niemand gab ihm davon. 17Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters
haben mehr als genug zu essen und ich komme hier vor Hunger um. 18Ich will aufbrechen und zu meinem
Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. 19Ich bin
nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner.
20Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von weitem kommen und er hatte
Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. 21Da sagte der Sohn: Vater,
ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein. 22Der
Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt ihm einen
Ring an die Hand und zieht ihm Schuhe an. 23Bringt das Mastkalb her und schlachtet es; wir wollen essen und
fröhlich sein. 24Denn mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und
sie begannen, ein fröhliches Fest zu feiern. 25Sein älterer Sohn war unterdessen auf dem Feld. Als er heimging
und in die Nähe des Hauses kam, hörte er Musik und Tanz. 26Da rief er einen der Knechte und fragte, was das
bedeuten solle. 27Der Knecht antwortete: Dein Bruder ist gekommen und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn heil und gesund wiederbekommen hat. 28Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Sein Vater aber kam heraus und redete ihm gut zu. 29Doch er erwiderte dem Vater: So viele Jahre schon
diene ich dir, und nie habe ich gegen deinen Willen gehandelt; mir aber hast du nie auch nur einen Ziegenbock
geschenkt, damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte. 30Kaum aber ist der hier gekommen, dein
Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet. 31Der
Vater antwortete ihm: Mein Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist auch dein. 32Aber jetzt
müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern; denn dein Bruder war tot und lebt wieder; er war verloren und
ist wiedergefunden worden.
Text: Die Bibel. Einheitsübersetzung
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Ehret-Cassel und J. Distelrath). Hrsg.: Bischöfliches Ordinariat Speyer, geplant für 2016.
Q,: Skript zur differenzierenden Behandlung des Gleichnisses vom barmherzigen Vater im RU der Grundschule, Orientierungsstufe, Sek I und MSS; hier konkret: in der MSS. (von C.
M 4b
mögliches Tafelbild
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M 4c
mögliches Tafelbild als Darstellungsvariante, inkl. Deutung des Festmahls
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 5 - künstlerische Darstellungen
zum Gleichnis vom barmherzigen Vater
(
Max Slevogt, 1886-1932: Die Heimkehr des verlorenen
Sohnes (Ausschnitt))
Q.:http://www.reformiert-.‐info.de/4010-.‐0-.‐105-.‐15.html
(Rembrandt Harmensz. van Rijn, 1636: Der verlorene Sohn
)
Q.: http://www.ehlerding1.de/Rembrandt%20-.‐%20Maler%20der%20Bibel.htm
(
Walter Habdank, 1978: Rückkehr des Sohnes)
Q.: http://www.dreikoenigsgemeinde.de/glaube/philSchmidt_predigt_44.php
(Marc Chagall, 1975-76: Der verlorene Sohn
)
Q.: http://www.muensterlandzeitung.de/storage/pic/mdhl/fotostrecken/leben-.‐erleben/kultur_muensterland/2012/10-.‐
2012/marcchagall/3442916_1_Marc_Chagall_Der_verlorene_Sohn_1975-.‐76_l_auf_Leinwand_Privatsammlung__VG_Bild-.‐Kunst_Bonn_.jpg?version=1387328921
Möglicher Arbeitsauftrag:
1. Wählen Sie EIN Bild aus und verfassen Sie aus Sicht des älteren ODER jüngeren Sohnes einen
inneren Monolog.
2. Begründen Sie anschließend in wenigen Sätzen, was Ihnen bei der Gestaltung wichtig war und
worin Sie dies inhaltlich wie sprachlich umgesetzt sehen.
3. Überprüfen Sie, inwiefern Ihr Monolog sowohl in Verbindung mit dem Bild als auch in Verbindung mit
dem Gleichnis stimmig ist, indem Sie mit einem/r Mitschüler.in, der/die das gleiche Bild gewählt
hat, Ihre Ergebnisse zu Nr. 1+2 austauschen und Feedback geben.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
M 6 - Ideensammlung für Zeitaufgaben: Compassion in unserer Zeit
Wählen Sie eine der folgenden Aufgaben aus, die Sie je nach Arbeitsauftrag alleine oder als Kleingruppe umsetzen. – Bei Gruppenarbeiten ist die Leistung des Einzelnen auszuweisen, damit eine individuelle Bewertung
erfolgen kann! Den Abgabetermin Ihrer Arbeit entnehmen Sie dem jeweiligen Arbeitsauftrag.
1. Erstellen Sie ein Portfolio zum Thema „xxx“, mit Abschlussartikel für lokale Zeitungsausgabe oder Schülerzeitung. Beachten Sie die Kriterien zur Erstellung eines guten Portfolios (erhältlich bei Ihrer Lehrkraft).
Abgabetermin ist der xx.xx.20xx
2. Drehen Sie einen Werbe-Film für ein Compassion-Projekt an Ihrer Schule/für die kommender Jahrgangsstufe X/... . Ziel ist soll es sein, Schulleitung, LehrerInnen und MitschülerInnen zu motivieren, im
nächsten Schuljahr eine Compassion-Woche zu veranstalten. Jede/r Klasse/Kurs/EinzelschülerIn soll
sich im Sinne des Projektes im christlichen Sinn ‚barmherzig’ engagieren. Erstellen Sie dazu ein Storyboard und setzen Sie es filmisch um. Beides ist bis zum xx.xx.20xx abzugeben.
3. Engagieren Sie sich in einer sozialen Einrichtung für mindestens 6 Zeitstunden/... . Dokumentieren SIe
Ihre Erfahrungen und Eindrücke medial aufbereitet (Präsentation mit PPT, Filmtagebuch o.ä.) für Ihre
MitschülerInnen. Abgabetermin ist der xx.xx.20xx
4. Compassion als Thema des Abitur-Gottesdienstes. Planen Sie einen Abitur-Gottesdienst passend zu
unserem Unterrichtsthema, wobei Sie alle Materialien und Produkte des Unterrichts in die Gestaltung
mit einfließen lassen können. Die Durchführung findet zum durch die Schulleitung gesetzten Datum statt.
Abgabe des fertigen Konzeptes ist der xx.xx.20xx
5. Analysieren und interpretieren Sie ausgewählte Teile der Comic-Verfilmung „Watchmen“
unter der Leitfrage „Kennt Rorschach keine
Barmherzigkeit und ist Ozymandias das Modell
des neuen barmherzigen Samariters unserer
Zeit?“
Abgabetermin: xx.xx.20xx
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
„Was ihr dem Geringsten tut!“ – Die Werke der Barmherzigkeit im
MISEREOR-Hungertuch von 2011
Ein Unterrichtsentwurf für die Klassen 5 bis 7
von Monika Bossung-Winkler
MISEREOR-Hungertuch 2011 „Was ihr dem Geringsten tut" von Sokey A. Edorh.
Grundlagen
Die Tradition des Hungertuchs oder Fastentuchs geht zurück ins Mittelalter. Ursprünglich verhüllte es während
der Fastenzeit die Jesusbilder, insbesondere auch die Darstellungen am Kreuz. Zunächst waren die Hungertücher nur einfarbig, ab dem 12. Jahrhundert wurden sie jedoch bebildert und zur Verkündigung benutzt. Daher
stammt auch das bekannte Sprichwort „am Hungertuch nagen“, das ursprünglich „am Hungertuch nähen“ bedeutet.
1976 griff das Bischöfliche Hilfswerk MISEREOR diese Tradition wieder auf. Seither drücken Künstler aus verschiedenen Erdteilen ihre Vorstellungen und Erfahrungen zu Themen wie Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung, Armutsbekämpfung, Teilhabe, Verantwortung und Gleichberechtigung mit Motiven aus ihrem jeweiligen
Kulturkreis aus. Häufig liegen ihren Arbeiten biblische Texte zu Grunde.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Im Hungertuch von 2011 hat der togolesische Künstler Sokey Edorh die Szene vom Jüngsten Gericht aus Mt
25, 31-46 in eine afrikanische Großstadt verlegt, deren Hochhäuser und Industriegebiete man im Hintergrund
erkennen kann. Im Vordergrund stehen jedoch die Menschen in den Armenvierteln, die sowohl Zielgruppe als
auch Akteure der Werke der Barmherzigkeit sind: „Was ihr dem Geringsten tut“ – so der Titel des Hungertuchs.
Auf den ersten Blick erscheint die Vielfalt an Häusern und Menschen unüberschaubar – gerade so, wie sich ein
Elendsviertel einer Großstadt des Globalen Südens für den europäischen Gast darstellt. Um es zu erschließen,
beginnt man am besten in der oberen Mitte. Dort schwebt das Symbol des Heiligen Geistes über einem afrikanischen Königsthron. Der Platz des Weltenrichters ist noch leer – noch ist Zeit, das eigene Leben und die Gesellschaft mit Werken der Barmherzigkeit zu gestalten.
Es ist die Zeit des Heiligen Geistes. Ausgehend vom Thron wirft er seine Lichtstrahlen in die Welt und verwandelt
die Menschen. Menschen, die selbst der Barmherzigkeit bedürfen, geben uns durch ihre Werke der Barmherzigkeit ein Beispiel: gegenseitige Hilfe, die wir durch Hilfe zur Selbsthilfe unterstützen können.
Bei der Darstellung der Werke der Barmherzigkeit aus Mt 25, 31-46 hat der Künstler jedoch Akzente gesetzt,
die den Erfahrungen von MISEREOR aus der Entwicklungszusammenarbeit entsprechen:
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„Hungernde speisen“: Lebensmittelspenden lösen nicht das Hungerproblem auf der Welt. Im Bild von
Sokey Edorh bringt der Laster eines Kleinhändlers die Lebensmittel zu den Slumbewohnern. Produziert
wurden sie von Kleinbauern aus den ländlichen Regionen des Landes. Die regionale Wirtschaft ermöglicht dem Kleinbauern Einnahmen aus dem Verkauf seiner Produkte und den Bewohnern der Armenviertel den Zugang zu preisgünstigen und gesunden Lebensmitteln. Das ist ein Schritt zur Nahrungsmittelsouveränität, mit der Länder des Globalen Südens mit ihren eigenen Produkten ihre Bevölkerung
ernähren.
„Durstigen zu trinken geben“: Die Versorgung der Elendsviertel mit Trinkwasser ist ein strukturelles
Problem. Das Wasser aus den Tankwägen, die Armenviertel beliefern, ist häufig um ein Vielfaches
teurer als das Leitungswasser im Stadtzentrum, mit dem Reiche ihre Schwimmbäder befüllen. Hier
muss eine Infrastruktur geschaffen werden, die allen Zugang zu Trinkwasser ermöglicht. Die Bewohner
der Armenviertel müssen unterstützt werden, dies bei den Stadtverwaltungen einzufordern.
„Nackte bekleiden“: Der Export unserer Altkleider nach Afrika schafft dort eher Probleme als er Hilfe
bringt, denn er zerstört die einheimische Kleiderproduktion. Sinnvoller ist es, die einheimischen Weber
und Schneiderinnen zu unterstützen, damit sie eigene Werkstätten aufbauen können.
„Gefangene besuchen“: Sokey Edorh hat bewusst kein Gefängnis gemalt, sondern das Gitter mitten
ins Elendsviertel verlegt. Das ganze Viertel ist ein Gefängnis, ein Ort der sozialen Ausgrenzung, die
manche in die Kriminalität treibt. Kinder betäuben ihr Elend mit Drogen; Jugendliche beschaffen sich
auf illegalen Wegen Dinge, die sie sich von ihrem Einkommen nicht leisten können. Kindern und Jugendlichen den Zugang zu Bildung und dem Arbeitsmarkt zu verschaffen, ist ein wirkungsvolles Mittel,
dem Abrutschen in die Kriminalität vorzubeugen.
„Kranke besuchen“: Damit ist mehr gemeint als ein freundlicher Besuch mit Genesungswünschen.
Menschen im Armenviertel haben selten eine Krankenversicherung. Ein Arztbesuch oder Krankenhausaufenthalt kostet Geld. Da ist die Hilfe von Nachbarn bei der häuslichen Krankenpflege wichtig.
Gesundheitspromotoren beraten bei leichteren Erkrankungen und unterstützen, falls ein Krankenhausaufenthalt notwendig ist.
„Fremde aufnehmen“: Migration ist in vielen Ländern des Globalen Südens ein internes Problem. Die
Menschen fliehen vom Land in die Stadt, weil sie sich dort bessere Chancen auf Arbeit und Bildung
versprechen. Die meisten Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge versuchen zunächst in den Nachbarländern Unterschlupf zu finden. Dort werden sie von Menschen unterstützt, die oft genauso arm wie sie
selbst sind. Umso mehr ist es für uns in Europa eine Herausforderungen, Flüchtlingen unsere Barmherzigkeit zu zeigen.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
•
„Kinder unterrichten und spielen lassen“: Sokey Edorh hat die klassischen Werke der Barmherzigkeit
durch moderne ergänzt. In der rechten Bildmitte unterrichtet ein Lehrer seine Schüler unter freiem Himmel. Schulbildung findet im Armenviertel oft unter widrigen Bedingungen statt – und doch ist Bildung
der Schlüssel zur Überwindung der Armut. Unten rechts sehen wir Kinder beim Spielen – auch ein
Grundrecht, das durch Kinderarbeit bedroht ist.
Schließlich setzt Sokey Edorh auch die Rolle der Kirche ins Bild. Zwischen den Hochhäusern in der oberen
rechten Bildhälfte ist sie nur mit Mühe zu entdecken. Sie scheint klein geworden, angesichts der modernen
Kathedralen: Bankhäuser und Schaltzentralen der Wirtschaft. Für sie müssen heute „Opfer“ erbracht werden –
sei es um eine angeschlagene Bank oder einen wirtschaftliche instabilen Konzern zu retten.
Deutlich stärker fällt die Präsenz der Kirchen im Armenviertel auf. In der linken Bildhälfte ist eine Prozession zu
sehen – ein Kreuzweg. Mit dem leidenden Jesus können sich die Menschen gut identifizieren. Ist doch ihr eigenes Leben häufig ein Kreuzweg. Wie Jesus am Kreuz sagen sie: „J’ai soif – Mich dürstet.“ Damit ist nicht nur
der reale Durst gemeint, sondern auch der Durst nach Gerechtigkeit.
Kreuze sind auch in verschiedenen Hütten zu finden. Jesus ist in ihnen gegenwärtig und sagt: „Was ihr dem
Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“
Trotz der vielen Anzeichen von Armut und Bedürftigkeit wirkt das Armenviertel nicht trostlos. Sokey Edorh hat
es in bunten Farben gemalt, voller Hoffnung und Leben. Die Menschen strahlen Kraft und Engagement aus. Sie
wissen, dass es sich lohnt, sich für ein besseres Leben einzusetzen. In den vielen kleinen Werken der Barmherzigkeit wird ein Stück des Reiches Gottes schon jetzt und hier Wirklichkeit. (Diese Grundgedanken gehen
zurück auf das Arbeitsheft zum MISEREOR-Hungertuch 2011.)
Der folgende Unterrichtsentwurf ist für die Klasse 5 bis 7 konzipiert und einsetzbar im Themenfeld 5.3. (In Gemeinschaft leben: Das Volk Gottes) und im Themenfeld 6.3. (Von einer besseren Welt erzählen: Das Reich
Gottes) des Rahmenlehrplans Katholische Religion in Rheinland-Pfalz sowie im Saarland in Klasse 7 (Kirche:
Leben in Gemeinschaft).
Unterrichtsverlauf
Stunde 1:
Das Hungertuch und Mt 25, 31-46
Unterrichtsphase
Einstieg
Hinführung
Erarbeitung
Unterrichtsinhalt
SuS äußern ihre Vermutungen zum
Sprichwort „Am Hungertuch nagen“.
L erläutert die Tradition des Hungertuchs und die Bedeutung des Sprichworts.
SuS beschreiben ihr Puzzle-Teil des
Hungertuchs.
SuS ordnen ihr Puzzle-Teil einer Textstelle aus Mt 25, 31-46 zu.
Methode/
Sozialform
Medien
LSG
Tafelanschrieb
LV
Gruppenarbeit
Hungertuch als Puzzleteile
Bibel
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Vertiefung
SuS setzen Puzzle-Teile zum Gesamtbild zusammen und stellen die Ergebnisse ihrer Gruppenarbeit dar.
L erläutert den Entstehungskontext
des Hungertuchs.
ErgebnisSicherung
SuS beschriften Kopie des Hungertuchs mit den entsprechenden Bibelversen und notieren die Werke der
Barmherzigkeit.
Ausblick
Nicht alle Puzzle-Teile sind Darstellungen eines Verses aus Mt 25, 31-46.
Warum hat der Künstler noch andere
„Werke der Barmherzigkeit“ dargestellt?
LSG
Hungertuch als Folie
(OHP oder PPT)
LV
Folie des Hungertuchs
mit Bibelstellen
Hungertuch als SWKopie
Tafelanschrieb
Einzelarbeit
Puzzle-Teil 1 (Schulunterricht)
Puzzle-Teil 11
(spielende Kinder)
LSG
Stunde 2:
Werke der Barmherzigkeit in der Entwicklungszusammenarbeit von
MISEREOR
Unterrichtsphase
Einstieg
Erarbeitung
Ergebnissicherung
Unterrichtsinhalt
Rückblick auf vorangegangene Stunde:
Werke der Barmherzigkeit auf dem Hungertuch
SuS lernen MISEREOR-Projekte kennen, die in Afrika, Asien und Lateinamerika exemplarisch Werke der Barmherzigkeit umsetzen
SuS präsentieren ihre Plakate
Methode/Sozialform
Medien
LSG
Folie Hungertuch
Gruppenarbeit
Arbeitsblätter
Plakatpapier
Edding-Stifte
Klebstoff
Rundgang
LSG
Plakate
Arbeitsblätter mit Projektinformationen zur Erstellung der Plakate zum Download unter:
http://www.bistum-speyer.de/erziehung-schule-bildung/angebote-fuer-schulen/globales-lernen/material/
Falls die Plakate als Leistungsnachweis dienen sollten, können die SuS als Hausaufgabe unter https://www.misereor.de/projekte/ weitere Informationen zu den betreffenden Projekten sammeln und eventuell auch Fotos
ausdrucken.
Zusätzlich können zu den Projekten – unter Angabe der Projektnummer - auch CDs mit Hintergrundinformationen und weiteren Bildern bestellt werden bei. Zu den Flüchtlingsprojekten gibt es eine Info-Mappe.
Die Informationen zu den Arbeitsblättern stammen aus der MISEREOR-Broschüre „Projektpartnerschaft. Hilfe
mit Gesicht in Lateinamerika, Asien und Afrika“, die von der Abteilung Projektpartnerschaften herausgegeben
wird.
CDs und Info-Mappe sind erhältlich bei: MISEREOR, Abt. PPS, Mozartstr. 9, 52064 Aachen, [email protected],
0241-442 125.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Globales Lernen
Vom Lernen zum Handeln – Aktionsvorschläge: Barmherzigkeit
Von Werken der Barmherzigkeit zu reden, fordert wie kaum ein anderes Thema dazu auf, auch etwas zu tun.
Dieses Engagement beginnt natürlich zunächst im eigenen Umfeld. In jeder Gemeinde sind mittlerweile Flüchtlinge angekommen, die wir als „Fremde aufgenommen“ haben. Für sie fehlen Kleidung, Bettwäsche, Hygieneartikel, Kochutensilien und vieles mehr. Caritas im Bistum Speyer hat eine Informationsbroschüre herausgegeben, wie Flüchtlinge sinnvoll unterstützt werden können. Sie ist erhältlich in den städtischen Caritas-Zentren und
zum Download unter: www.caritas-speyer.de/59401.asp?id=44189. Die Caritas-Zentren sind auch ein Ansprechpartner, wenn die Schülerinnen und Schüler Flüchtlinge unterstützen möchten.
Flüchtlingskinder gehen auch in unsere Schulklassen, ohne dass sie ausreichend Deutsch können. Personal,
das Schulen bei der Integration dieser Kinder und Jugendlichen unterstützt, wird kaum zur Verfügung gestellt.
Wenn ihre Mitschüler sich aber bereit erklären, ihnen bei den Hausaufgaben zu helfen, ist das auch ein Form
„Fremde aufzunehmen“.
Wenn die Beschäftigung mit dem Hungertuch die Schülerinnen und Schüler angeregt hat, ein MISEREOR-Projekt zu unterstützen, gibt es dazu zahlreiche bewährte Aktionsvorschläge, die auf der Homepage unter www.misereor.de/spendenaktionen/ zu finden sind.
Besonders beliebt sind dabei der Coffee-Stopp und der Cocktail-Stopp mit dem Ausschank von fair gehandelten
Kaffee und Fruchtsaftgetränken in den Schulpausen oder bei Schulfesten, Informationstagen oder Bundesjugendspielen. Dies kann noch ergänzt werden durch einen Kuchen- oder Waffelverkauf. Dabei ist es sinnvoll,
wenn die Schülerinnen und Schüler im Vorfeld der Aktion die anderen Klassen darüber informieren, warum sie
diese Verkaufsaktion machen und welches Schulprojekt sie dabei unterstützen.
Eine weitere bewährte Aktionsform für Jugendliche ist das „Pfandraising“. Dabei werden leere Getränkeflaschen
gesammelt, in Supermärkten oder Getränkegeschäften abgegeben und der Erlös gespendet. Dabei können
Schulhöfe oder S-Bahnen durchaus gute Orte sein, um mit dem Sammeln zu beginnen. Auf https://www.misereor.de/spenden-aktionen-in-der-schule/ wird diese Aktion mit einem Video-Clip anschaulich gemacht.
Die Aktionen benötigen zwar ein bisschen Vorbereitung außerhalb der Schulzeit, können bei der Durchführung
aber meistens in den normalen Ablauf eines Schultags integriert werden. Die Pausenaktion „15 Minuten für
Deine Welt“ zeigt, wie Schülerinnen und Schüler mit viel Spaß in kurzer Zeit etwas für andere tun können:
www.15-minuten-fuer.de/
Es gibt viele Formen, wie Schülerinnen und Schüler Werke der Barmherzigkeit einüben können. Dadurch wird
Religionsunterricht nicht nur lebensnah, sondern wirkt auch nachhaltig.
Autorin
Dr. Monika Bossung-Winkler, Studium der Katholischen Theologie an der
Katholischen Fakultät Trier, mit Abschluss des Diploms; Promotion an der
Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen; langjährige Aufenthalte in Südamerika (Ecuador, Uruguay). Referentin der Katholischen
Erwachsenenbildung im Bistum Speyer bis 2005,
Dr. Monika Bossung-Winkler
Referentin Globales Lernen, Religionslehrerin i. K. am Hans-PurrmannGymnasium in Speyer
Telefon 0 63 24/78 01 50
[email protected]
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Ganztagsschularbeit
Projekt „Fremde Lebenswelten“
von Monika Schuster
„Fremde Lebenswelten“ ist ein Projekt im Bereich des
sozialen Lernens.
Schüler.innen setzen sich in der AG mit ihnen fremden
Lebenswelten und Lebenswirklichkeiten auseinander.
Ziel ist die Entwicklung sozialverpflichteter Haltungen,
so dass junge Menschen hinschauen - statt wegzusehen, anpacken - statt davonzulaufen, offen sind - statt
Vorurteile zu pflegen, Verantwortung übernehmen statt auf andere zu warten. Es soll eine Gegen-Haltung zur emotionalen „Coolness“ und sozialen Gleichgültigkeit gefördert werden
Foto: Fotolia.de
Methode
Mit vielen aktiven Elementen und dem dazugehörigen fundierten Input ist die AG lebendig gestaltet, handlungsorientiert und bietet zudem Raum für Reflexion der eigenen Lebenswelt und die der anderen. Als Grundlage des
methodischen Vorgehens gelten die Prinzipien der Projektmethode:
- Schülerorientierung. Im Projekt haben die Schüler erhebliche Entscheidungs- und Handlungsspielräume,
um ihre Interessen, Vorstellungen und Erfahrungen einzubringen. Sie werden so zu Subjekten ihres Lernprozesses und können sich mit ihrer Arbeit leichter identifizieren.
- Wirklichkeitsorientierung. Die Schüler setzen sich handelnd mit komplexen Gegenständen und Problemen
des Lebens auseinander. Das Engagement der Schüler.innen soll auf einen realen Bedarf reagieren, der
von allen Beteiligten als sinn- und bedeutungsvoll wahrgenommen wird.
- Produktorientierung. Ziel ist hier eine konkrete Aktion, die einen Beitrag zur Verbesserung einer Lebenssituation leisten soll.
Inhalte und Durchführung
Es gibt drei Blöcke, die aufeinander aufbauen.
I. Block - Einführung in Lebenswelten (8-10 Einheiten)
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der entsprechenden Fachbereiche der Diözese führen die Schüler.innen durch
Erarbeitung von Hintergründen, ganzheitliche Übungen und punktuelle Besuche von Einrichtungen in die entsprechende Lebenswelt ein. Es werden in Absprache mit der Schule 4-5 Themenbereiche ausgewählt.
Themenbereiche können sein:
Lebenswelt von Flüchtlingen
Lebenswelt von Menschen mit Behinderungen
Lebenswelt von Menschen am Rande der Armut
Lebenswelt von Süchtigen
Lebenswelt von Menschen im Gefängnis
Lebenswelt von kranken Menschen
Lebenswelt von alten Menschen
Lebenswelten von Menschen in Ländern der „Dritten Welt“
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
II. Block - Themenfindung, Planung und Durchführung Sozialprojekt (8-10 Einheiten)
Schülerinnen und Schüler entscheiden sich, in welchem Bereich sie als Gruppe ein konkretes Sozialprojekt
durchführen wollen. Bei der Durchführung wird mit den sozialen Einrichtungen und gegebenenfalls mit den Pfarreien vor Ort kooperiert.
Es gibt grundsätzlich drei Möglichkeiten des sozialen Engagements:
- direktes Engagement (direkter Kontakt mit den Menschen)
- indirektes Engagement (z.B. Erlös einer Aktion kommt der entsprechenden Gruppe zu)
- Engagement durch Anwaltschaft (Öffentlichkeit für ein Problem schaffen)
III. Block - Reflexion ( 2 Einheiten)
Reflexion, Präsentation des Projekts und Würdigung des sozialen Engagements der Schüler.innen. Klärung
hinsichtlich der Zukunft des Projekts.
Ziele
Das Projekt „ Fremde Lebenswelten“ hat das Ziel, dass Schüler.innen:
• Lebenswelten von Menschen aus verschiedenen Bereichen und Randbereichen der Gesellschaft
kennenlernen
• sich mit eigenen Werten auseinandersetzen (Selbsterfahrung)
• für die Not und die alltäglichen Sorgen anderer Menschen sensibilisiert werden
• sich einfühlen in die verschiedensten Lebenssituationen und sensibel werden im Umgang mit diesen Menschen
• Erfahrungen ermöglicht werden, sich in der Gesellschaft zu erproben
• sich für andere Menschen engagieren und soziale Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen.
Durch die Projektmethode können die Schüler.innen zudem Kompetenzen wie Kommunikation, Problemlösestrategien und Kooperationsfähigkeit vertiefen.
Für die Schule bietet das Projekt zudem die Chance des Kennenlernens und der Vernetzung mit sozialen Einrichtungen vor Ort.
Rahmenbedingungen
Schulen:
Zielgruppe:
Gruppengröße:
Kosten:
Koordination:
Kooperation:
für Ganztagsschulen als halbjährige AG
alle Schülerinnen und Schüler 7.-10.Klasse (auch Halbtagsschüler)
bis 16
keine
youngcaritas (Marie Blechschmidt), Referat Ganztagsschule (Monika Schuster)
Caritas, Bischöfliches Ordinariat, Pfarrei
Beitrag Schule
Ein Planungsgespräch und Abschlussgespräch mit den Koordinatorinnen. Eine Person für kontinuierliche Leitung der AG wäre sinnvoll.
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Ist das Projekt auch für den RU geeignet?
Der Religionsunterricht bietet wegen seiner Ausrichtung am christlichen Menschenbild vielfältige Möglichkeiten
zum sozialen Lernen. Wer Kindern ein Zusammenleben in der Liebe zum Nächsten vermitteln möchte, wird
ohne soziales Lernen und Engagement für andere dies bei den Schüler.innen nur schwer verinnerlichen können.
Das Projekt „Fremde Lebenswelten“ ist zwar für den AG Bereich in der GTS konzipiert und daher aus zeitlichen
Gründen nicht direkt auf den Unterricht übertragbar. Das Grundkonzept kann aber in verkürzter Form auch im
Religionsunterricht durchgeführt werden.
Wir möchten Sie als Religionslehrer.innen daher ermutigen:
- Exemplarisch eine fremde Lebenswelt auszuwählen und Referent.innen einzuladen (wir stellen den Kontakt
gerne her).
- Den Unterricht und die Lernkultur bei diesem Thema so zu verändern, dass Engagement und Unterrichtsinhalte verknüpft werden.
- Sich mit sozialen Einrichtungen der Kirchen vor Ort zu vernetzen und den Schüler.innen direkte Erfahrungen
und Begegnungen zu ermöglichen.
Ansprechpartnerinnen
Bischöfliches Ordinariat
HAII/ Referat Koordinationsstelle Ganztagsschularbeit
Monika Schuster
Große Pfaffengasse 13
67343 Speyer
Tel.06232/102-402
[email protected]
Caritasverband für die Diözese Speyer e.V.
Projektleitung youngcaritas
Marie Blechschmidt
Obere Langgasse 2
67346 Speyer
Tel. 06232/209-210 Mobil:
01520/9381926
[email protected]
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Heiliges Jahr in Orts- und Weltkirche
- Termine
Heilige Pforten in der Diözese Speyer
Speyer, Dom St. Maria und St. Stephanus, Domplatz, 67346 Speyer –
Öffnung am 3. Adventssonntag 13.12.2015, 10.00 Uhr
Ludwigshafen Oggersheim, Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt, Kapellengasse 4, 67071 Ludwigshafen –
Öffnung am 4. Adventssonntag 20.12.2015 Uhr, 11.00 Uhr
Waldfischbach-Burgalben, Maria Rosenberg, Rosenbergstraße 22, 67714 Waldfischbach-Burgalben –
Öffnung am 4. Adventssonntag 20.12.2015, 10.00 Uhr
Blieskastel, Wallfahrtskloster, Klosterweg 35, 66440 Blieskastel –
Öffnung am 4. Adventssonntag 20.12.2015 11.00 Uhr
Schließung aller Pforten am 13.11.2016
Wallfahrten
Rom, 08. – 15. Oktober 2016
La Verna nach Assisi, Auf den Spuren des Heiligen Franziskus, 22. Mai – 02. Juni 2016
Assisi – Rom, 02. – 11. Oktober 2016
Weltjugendtag 2016 „Selig die Barmherzigen, sie werden Erbarmen finden“
Begegnung in der Diözese Kattowitz (19.-24.07.2016)
Weltjugendtag-Programm in Krakau (25.-31.07.2016)
Chill-out-Tage in Zakopane (01.-04.08.2016)
Domweihfest
01.10.2016 Nacht der Barmherzigkeit mit den Brüdern von Taizé /02.10.2016 Pontifikalamt
alle Informationen unter:
http://www.bistum-speyer.de/bistum-speyer/heiliges-jahr-der-barmherzigkeit/
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Aufkleber-Aktion zum Jahr der Barmherzigkeit
- ein Angebot des Bistums Speyer
Mission Misericordia
Das Heilige Jahr der Barmherzigkeit
an Ihrer Schule,
mit Ihren Schülerinnen und Schülern
Die aus Menschen gebildete Tür auf dem Aufkleber bringt
zum Ausdruck, dass Barmherzigkeit immer mit Menschen
zu tun hat und ein menschliches Gesicht hat. Der
Mensch, der von Gott ergriffen ist, ist die Tür zur Barmherzigkeit.
Die Aufkleber liegen in den Kirchen im Bistum Speyer
aus.
Weitere Exemplare können hier bestellt werden
Bischöfliches Ordinariat
Hauptabteilung Seelsorge
Webergasse 11
67346 Speyer
Telefon 06232/102-311
[email protected]
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Bistum Speyer – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit
Gebet zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit
Herr Jesus Christus,
du hast uns gelehrt,
barmherzig zu sein wie der himmlische Vater,
und uns gesagt, wer dich sieht, sieht ihn.
Zeig uns dein Angesicht, und wir werden Heil finden.
Dein liebender Blick
befreite Zachäus und Matthäus aus der Sklaverei des Geldes;
erlöste die Ehebrecherin und Maria Magdalena davon,
das Glück nur in einem Geschöpf zu suchen;
ließ Petrus nach seinem Verrat weinen
und sicherte dem reumütigen Schächer das Paradies zu.
Lass uns dein Wort an die Samariterin so hören,
als sei es an uns persönlich gerichtet:
„Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht!“
Du bist das sichtbare Antlitz des unsichtbaren Vaters
und offenbarst uns den Gott, der seine Allmacht vor allem
in der Vergebung und in der Barmherzigkeit zeigt.
Mache die Kirche in der Welt zu deinem sichtbaren Antlitz,
dem Angesicht ihres auferstandenen und verherrlichten Herrn.
Du wolltest, dass deine Diener selbst der Schwachheit unterworfen sind,
damit sie Mitleid verspüren mit denen,
die in Unwissenheit und Irrtum leben.
Schenke allen, die sich an sie wenden,
die Erfahrung, von Gott erwartet und geliebt zu sein
und bei ihm Vergebung zu finden.
Sende aus deinen Geist und schenke uns allen seine Salbung,
damit das Jubiläum der Barmherzigkeit
ein Gnadenjahr des Herrn werde
und deine Kirche mit neuer Begeisterung
den Armen die Frohe Botschaft bringe,
den Gefangenen und Unterdrückten die Freiheit verkünde
und den Blinden die Augen öffne.
So bitten wir dich,
auf die Fürsprache Mariens, der Mutter der Barmherzigkeit,
der du mit dem Vater in der Einheit des Heiligen Geistes
lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
Amen.
Quelle: http://www.dbk.de/heiliges-jahr/gebet-und-hymne/
© Foto: Bistum Speyer
Tore der Barmherzigkeit öffnen
Dom St. Maria und St. Stephanus, Speyer –
Otto-Portal, Heilige Pforte im Jahr der Barmherzigkeit
Herausgeber
Bischöfliches Ordinariat Speyer
HA II Schulen, Hochschulen und Bildung
Große Pfaffengasse 13
67346 Speyer
[email protected]
Redaktionsleitung: Dr. Irina Kreusch
Autorinnen und Autoren:
Dr. Monika Bossung-Winkler, Christine Ehret-Cassel, Petra Hildebrand-Hofmann, Dr. Rosa Lopez-Diaz,
PD Pfr. Dr. Joachim Reger, Monika Schuster, Stefan Schwarzmüller
Druck: Druckmedien Speyer GmbH
Druck auf 100% Recyclingpapier