Erhalt des Musikzugs am Hebel

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Erhalt des Musikzugs am Hebel
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 12 / 3678
12. Wahlperiode
21. 01. 99
Kleine Anfrage
des Abg. Ewald Veigel FDP/DVP
und
Antwort
des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport
Erhalt des Musikzugs am Hebel-Gymnasium Pforzheim
Kleine Anfrage
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Anstrengungen werden von der Landesregierung unternommen,
musische Züge an den Gymnasien des Landes auch weiterhin zu fördern?
2. Hat die Landesregierung Auflagen hinsichtlich der Mindestschülerzahlen
vorgesehen, wonach möglicherweise musische Züge an den Gymnasien des
Landes in ihrer Existenz bedroht erscheinen?
3. Hat die Landesregierung die Anzahl der Gymnasien im Land Baden-Württemberg mit musischem Zug begrenzt und falls zutreffend, aus welchen
Gründen?
4. Das Hebel-Gymnasium in Pforzheim ist das einzige Gymnasium mit einem
Musikzug in Pforzheim und im Enzkreis. Ist dieser Musikzug in irgendeiner
Weise durch Maßnahmen der Landesregierung gefährdet, falls ja, wie ist
sichergestellt, dieses schulische Angebot weiterführen zu können?
5. Hat die Landesregierung gegenüber neuen Städten Zusagen für musische
Züge an deren Gymnasien gegeben, wenn ja, gegenüber welchen Städten,
und hat dies gegebenenfalls Auswirkungen auf das Hebel-Gymnasium in
Pforzheim?
17. 01. 99
Veigel FDP/DVP
Eingegangen: 21. 01. 99 / Ausgegeben: 03. 03. 99
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Begründung
Dem Vernehmen nach soll die Landesregierung beabsichtigen, die Gymnasien
mit musischem Zug aus Gründen der Lehrerversorgung zu begrenzen. Sollten
darüber hinaus einzelnen Städten Zusagen zur Einrichtung neuer Musikzüge
gemacht worden sein, ist zu befürchten, dass wegen dieser Deckelung anderen
Schulen der Musikzug wieder genommen wird. Im Interesse der Schulträger
und der musikalischen Ausbildung der betroffenen Schüler besteht hier Aufklärungsbedarf.
Antwort
Mit Schreiben vom 11. Februar 1999 Nr. III/2–S 15 PF, Hebel/15 beantwortet
das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport die kleine Anfrage wie folgt:
Zu Ziff. 1:
Das Land Baden-Württemberg ist hinsichtlich der Quantitäten und Qualitäten
des verstärkten Musikunterrichts an allgemein bildenden Gymnasien führend.
Derzeit bestehen 36 Einrichtungen dieser Art, wobei – mit Ausnahme der
Klassenstufe 8 – von Jahrgangstufe 5 bis 11 ein durchgehend 4-stündiger
Wochenunterricht Musik erteilt wird. Ab Klasse 9 zählt Musik hierbei als
Hauptfach.
Um die Arbeit dieser Einrichtungen zu unterstützen, wurde zum Schuljahr
1996/97 der Lehrplan vollständig überarbeitet und vor allem im Bereich des
schülerattraktiven Musizierens zeitgemäß gestaltet. Gleichzeitig hat das Ministerium in Verbindung mit den Oberschulämtern eine Elterninformation herausgegeben, um vor allem die Eltern der vierten Grundschulklassen auf diese
Einrichtungen für musikalisch interessierte und musikalisch talentierte Kinder
aufmerksam zu machen.
Darüber hinaus werden die Chöre und Orchester der musikbetonten Gymnasien häufig im Rahmen des musisch-kulturellen Förderprogramms des Landes
vorgestellt und erhalten hierdurch eine außergewöhnliche Unterstützung, um
in der Öffentlichkeit bekannt zu werden.
Die Zahl der musikbetonten Gymnasien in Baden-Württemberg ist seit den
Anfangsjahren (Beginn im Schuljahr 1969/70 mit vier Pilotschulen) kontinuierlich bis heute auf die Zahl von 36 ausgeweitet worden. Dies zeigt die bildungspolitische Bedeutung, die das Land diesen Einrichtungen beimisst.
Zu Ziff. 2.:
Die in Baden-Württemberg eingerichteten Musikzüge sind inhaltlich nach
dem Prinzip der „musizierenden Schulklasse“ ausgestaltet. Somit sind auch
die Lehrpläne der einzelnen Musikklassen darauf eingerichtet, dass eine
größere Schülergruppe bereitsteht, welche mehrstimmig miteinander singen
bzw. verschiedene Instrumentengattungen gleichzeitig pflegen kann.
Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass es in den ersten vier Klassenstufen vergleichsweise einfach ist, die Musikklasse zu verlassen und in
einen Parallelzug desselben Gymnasiums überzuwechseln (bspw. in das
naturwissenschaftliche Profil oder in das sprachliche Profil). Der umgekehrte
Weg, d.h. der nachträgliche Eintritt in eine Musikklasse ist schwierig. Dies
führt dazu, dass die musikbetonten Klassen vor allem bis Ende der Jahrgangs-
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stufe 8 immer wieder Musikzugschüler verlieren; auch deshalb, weil eine Reihe der entsprechenden musikalisch geförderten Schülerinnen und Schüler
nach der Klassenstufe 8 das Angebot einer dritten Fremdsprache einer Weiterführung des Hauptfaches Musik vorziehen. In der Summe aber bedeutet dieser Sachverhalt, dass Musikklassen, welche in Klasse 5 mit einer zu geringen
Größe „starten“, bis zu Beginn der Klassenstufe 9 zu viele Schülerinnen und
Schüler verlieren, um dann noch eine mehrstimmig singende und musizierende Klassengemeinschaft bilden zu können.
Vor diesem Hintergrund wurden zum Schuljahr 1998/99 für die Klassenstufe 5
der musikbetonten Gymnasien 24 Anmeldungen für den Musikzug als Mindestzahl zugrunde gelegt. Diese Mindestschülerzahl ist auch erforderlich, um
in Klassenstufe 9 noch wenigstens eine Zahl von 12 Schülerinnen und Schüler
gewährleisten zu können. Schließlich sind diese Mindestschülerzahlen in Zeiten äußerst knapper Ressourcen insbesondere auch im Bereich der Musiklehrerversorgung und im Interesse eines effizienten Lehrereinsatzes unverzichtbar.
Wird die erforderliche Mindestzahl von 24 Schülerinnen und Schüler für das
Musikprofil in der Eingangsklasse in zwei aufeinander folgenden Jahren nicht
erreicht (beginnend ab dem Schuljahr 1998/99), kann in der Klassenstufe 5
keine Musikprofil-Klasse gebildet werden. Die bereits bestehenden Musikprofil-Klassen der Klassenstufe 6 und höher werden jedoch weitergeführt.
Zu Ziff. 3:
Das Kultusministerium muss hinsichtlich der Einrichtung neuer Musikprofile
an allgemein bildenden Gymnasien auf eine ausgewogene Verteilung dieser
Einrichtungen achten. Wenn nunmehr 10 % aller allgemein bildenden Gymnasien über solche Einrichtungen verfügen, liegt es nahe, die weitere Zunahme an Musikzügen auch im Interessse der Sicherung des hohen Leistungsniveaus dieser Einrichtungen an einer gewissen Obergrenze zu orientieren.
Hierbei ist auch zu beachten, dass für das betreffende Gymnasium ein volles
Deputat für einen Musiklehrer zusätzlich erforderlich ist und darüber hinaus
auch der Schulträger im sächlichen Bereich erhebliche Zusatzkosten tragen
muss (weitere Musikfachräume, jährliche Zusatzaufwendungen für zusätzliche Musikaktivitäten dieser Gymnasien).
Das Kultusministerium ist sehr daran interessiert, dass diese Einrichtungen
ausgewogen und bedarfsgerecht angeboten werden. Deshalb ist nicht auszuschließen, dass im Einzelfall ein Musikzug, für den kein ausreichendes Interesse mehr vorliegt, aufzugeben und dafür an einen anderen Standort, an dem
ein öffentliches Bedürfnis nachgewiesen wird, ein solches Angebot eingerichtet wird.
Zu Ziff. 4 und 5:
Das Kultusministerium ist bestrebt, das Musikprofil am Oberzentrum Pforzheim mit seinem großen Umlandbereich zu erhalten, zumal aufgrund landesweiter Erfahrungen in einem solchen Raum genügend Schüler vorhanden sein
müssten, um dieses Angebot dauerhaft zu gewährleisten.
Es müssen daher vor Ort Anstrengungen aller Beteiligten, insbesondere der
Schule und des Schulträgers, unternommen werden, um das Interesse an diesem qualitativ hochwertigen Angebot zu wecken, damit das Musikprofil die
erforderliche Nachfrage erhält und mit Leben erfüllt wird. Zu diesem Zweck
wurde auch das Oberschulamt Karlsruhe gebeten, die Schule und den Schulträger zu beraten und Hinweise zu geben, mit welchen Maßnahmen der
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Bestand der Musikprofile an anderen gymnasialen Standorten gesichert werden konnte.
Die derzeitigen Probleme hinsichtlich der Bestandserhaltung des Musikzugs
am Hebel-Gymnasium Pforzheim stehen jedoch in keinem Zusammenhang
mit Initiativen auf Einrichtung eines Musikprofils in anderen Städten.
Dr. Annette Schavan
Ministerin für Kultus,
Jugend und Sport
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