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brennpunkt
1/2014 4,00 Euro
30. Jahrgang
Magazin für Fotografie
Januar bis März 2014
Galerien • Buchbesprechungen • Fotoszene
Portfolio Christian Werner • Pavel Sticha
FÜR ORIGINALE
„Ich fotografiere für den Fine Art Druck. Erst die Kombination von hochwertigen traditionellen
Büttenpapieren und modernster Drucktechnik bringt die sinnliche Qualität meiner Bilder optimal
zur Geltung.“ Manfred Kriegelstein Die Digital FineArt Collection bietet exklusive Künstlerpapiere
mit edler Haptik und bestechender Optik für den Inkjetdruck. Brillante Schwarz-Weiß-Aufnahmen
oder subtile Farbfotografie werden dank unserer feinen Papiere der Individualität Ihrer Kunstwerke
mehr als gerecht. Mehr Papierkunst unter www.hahnemuehle.de
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P A P I E R E M I T M U S E U M S Q U A L I T Ä T, A L T E R U N G S B E S T Ä N D I G U N D M E H R F A C H P R Ä M I E R T .
Impressum:
brennpunkt
Magazin für Fotografie
Erscheint vierteljährlich,
erhältlich in Fotogalerien,
Geschäften, Buchhandlungen
und über Abonnement.
Jahresabo 13,50 Euro
Einzelpreis 4,00 Euro
Konten:
Postbank Berlin
Konto-Nr. 375 106 104
BLZ 100 100 10
Redaktionsschluss:
jeweils am 10. vor dem Erscheinungsmonat
Herausgeber:
edition buehrer
c/o Dietmar Bührer
Odenwaldstraße 26
12161 Berlin
Telefon u. Telefax: (0 30) 8 53 35 27
e-Mail: [email protected]
Internet: www.edition-dibue.de
Copyright bei Edition
Druck:
schöne drucksachen
Bessemerstraße 76a, 12103 Berlin
Redaktion:
Dietmar Bührer V.i.S.d.P.
Michael Gebur
Elke Tesch
Klaus Rabien
Manfred Kriegelstein
Udo Rzadkowski
Hinweis:
Für unverlangt eingesandte
Manuskripte und Fotografien
wird keine Haftung übernommen.
Le Rêve (Der Traum), Paris 1934
© Estate of Fred Stein
Galerien
 »GIGANTEN DES JAZZ« , (Jacobi, Lebeck, Kemlein, Kalischer, Rau, Bunge)........
 »HINTER GLAS« ...............................................................................................
 Robert Herrmann »MONOTONY« .....................................................................
 Volker Wartmann »Verschlusssache« .................................................................
 Helmut Newton »Paris-Berlin«. Greg Gorman »Men« .........................................
 ALFRED EHRHARDT »DAS WATT« ...................................................................
 Göran Gnaudschuhn »Alexanderplatz« .............................................................
 »lens-based sculpture« ......................................................................................
 Fotofreunde Zehlendorf »HIGHLIGHTS« ............................................................
 Delphine Burtin »ENCOUBLE« ..........................................................................
 Christian Tagliavini »Carte & 1503« .....................................................................
 MENSCH-RAUM-AURA ....................................................................................
 ICH & DU – Selbstporträts und Porträts ..............................................................
 Fotowettbewerb »My Secret Life« .......................................................................
 Kathrin Karras »Schattenrisse« .............................................................................
 Philipp Keel »Splash« ..........................................................................................
 »Sommer-Akt-Fotoshooting« – »Tabu« – »Look, I´m naked« ...............................
 Uwe Glanz »Stadtbilder von 1989 bis 2012« .......................................................
 IDENTITY LOST, Fotokunstgruppe VINGESUS ...................................................
 Fred Stein »Im Augenblick« .................................................................................
 Léa Habourdin »Cahier de Doléances« – »Book of Possibilities« .........................
 Francis Ducreau »Stadt der Menschen - Menschen der Stadt« ............................
 »AusZeiten&Räumen« ........................................................................................
 Franziska Rutishauser »Fotografische Installationen« ...........................................
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Ausstellungen in Berlin ............................................................................................
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Galeriebesprechungen
 Kulinarisches (Klaus Rabien) ..............................................................................
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Ausstellungen
 Andreas Adam »Die Sonne scheint ...« ................................................................
 JEFF WALL IN MÜNCHEN ..................................................................................
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Portfolio
 Christian Werner »Charcoal Children« ................................................................
 Pavel Sticha »Osterinsel« ....................................................................................
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Fotoszene
 DGPh - Veranstaltung / Gudrum Angelika Hoffmann, »Nackte Verfremdungen« .
 Fotokunst verkaufen mit Luxad ...........................................................................
 Europäischer Monat der Fotografie 2014 .............................................................
 Ein Gespräch mit Klaus Honnef (Pepper).............................................................
 Fotoclub Roth .....................................................................................................
 Plädoyer für ein festes Juryteam (Manfred Kriegelstein) .......................................
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Buchbesprechungen
 Bernhard Edmaier »EarthArt« .............................................................................
 Photoshop für Digitalfotografen .........................................................................
 Faszinierende Photoshop-Welten .......................................................................
 LUMIX GX7 ........................................................................................................
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Vorschau 2-2014 ......................................................................................................
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In dieser Ausgabe liegt eine Beilage von »Lettre International« bei.
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Galerien
GIGANTEN DES JAZZ
Fotografien von
Max Jacoby
Robert Lebeck
Eva Kemlein
Clemens Kalischer
Uwe Rau
Norbert Bunge
© Norbert Bunge, »Ella Fitzgerald«, 1968
© Robert Lebeck, »Eartha Kitt«, 1965
© Eva Kemlein, »Lous Amstrong«, 1965
© Clemens Kalischer, »Max Roach mit Schüler«, 1956
18. Januar bis 1. März 2014
Galerie argus fotokunst
Marienstraße 26
10117 Berlin-Mitte
© Max Jacoby, »Miles Davis«, Berlin, 1965
Mi – Sa
14 – 18 Uhr
Vernissage
17. Januar 2014, 19-21 Uhr
mit Oli Bott (Vibraphon)
und Rolf Römer (sax)
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Galerien
Jeremie Aubouin
Anna Arendt
Dorothée Baumann
Olle Fischer
Uta Protzmann
Christian Reister
Anke Schüttler
Nicole Woischwill
»HINTER GLAS«
Kuratiert von Jenny Graser und Nicole
Woischwill
Das Motiv des Fensters nahm in
der bildenden Kunst wie auch
in der Architektur seit jeher eine
Brückenfunktion ein und diente sprichwörtlich als Tor zur Welt. Das »Fenster61«, ein circa 2x2 Meter umfassendes Schaufenster, in dem seit 2005
in monatlichen Abständen zeitgenössische Fotografie gezeigt wird, spielt
sogleich mit dieser Eigenschaft. Denn
es ist nicht betretbar, sondern als Schauraum allein visuell erfahrbar. Darüber
hinaus präsentiert es in der Ausstellung
»Hinter Glas« fotografische Positionen
von acht Künstlerinnen und Künstlern,
die sich dem Seherlebnis widmen, das
Fenster und Spiegel generieren. Deren
bildkonstituierende Funktion gleicht
der Kameralinse mit den Worten des
Medienphilosophen Dieter Mersch
ausgedrückt darin, dass »angeschaut
vielmehr das Bild zurückblickt«, und
manchmal begegnet sich der Schauende
darin gar selbst.
Die Eigenschaft des Spiegels, seine
Umgebung oder ein Gegenüber abzubilden, wird in der Fotografie »Face you«
von Dorothée Baumann gezielt unterlaufen. Ein Spiegel ist hier zwischen die
Arme eines am Boden liegenden Mädchens gedrückt und verdeckt ihr Gesicht. Lange blonde Haare, eine schemenhaft angedeutete Brust sowie die leichte
Schatten werfenden Rippenknochen
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© Dorothée Baumeister, »Face You«, (Original in Farbe)
zweier Personen schälen sich aus
einem körnigen, diffusen Hintergrund heraus. Ihre Blicke begegnen sich
nicht. Ein Augenpaar ist direkt auf den
Betrachter gerichtet, fokussiert ihn,
scheint ihn zu verfolgen. Der Anblick
provoziert einen Gegenblick, ebenso
wie die aufmerksamen Augen eines
zähnefletschenden Wolfes, der uns auf
dem nächsten Bild der Fotografin begegnet. Harmonisch, vertraut und in keinster Weise aggressiv, wirkt hingegen die
Beziehung der beiden Personen, die
auf der crossentwickelten Fotografie
von Nicole Woischwill miteinander
interagieren. Mit dessen warmen
Farbton korrespondiert sogleich Anke
Schüttlers Arbeit, in welcher der Lichtund Schattenwurf eines roten Vorhangs
den Mittelpunkt bilden. Der vor ein
Fenster gehängte Stoff ist zwar trans© Anna Arendt, »In the Middle of the Brigde«
parent und lässt das Licht in den Raum
eindringen. Trotzdem erschließt sich
lassen einen weiblichen Körper erah- dem Betrachter weder die Beschaffennen. Dieser wirkt jedoch merkwürdig heit des Zimmers, noch wird der Blick
deformiert und durch den ungewöhn- hinaus ermöglicht. Dem warmen Farblich positionierten Spiegel fragmentiert. ton dieser beiden Bilder gegenüber steht
Der Frauenkörper, durch das Artefakt eine zweite, sehr viel kühler wirkende
zerstückelt, wandelt sich zum Objekt.
Arbeit von Nicole Woischwill. Auf der
Eine zunächst irritierende Wirkung schwarz-weiß Fotografie ist eine verzeichnet ebenfalls die Fotografie einzelte männliche Figur zu sehen. Sein
von Anna Arendt aus. Die Köpfe Rücken ist dem Betrachter, sein Blick
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pers zeichnen sich scherenschnittartig
auf der Scheibe ab. Zugleich spiegeln
sich darin helle Lichter einer gegenüberliegenden Hauswand, so dass der rätselhafte Eindruck entsteht, als befände
sich die Person doch im Freien. Eine
Überblendung von urbanem Raum
und Mensch begegnet uns ebenfalls in
der Fotografie von Uta Potzmann. Hier
verschmelzen das liebliche Abbild der
Dichterin Anna Achmatova, das hinter
einem Schaufenster platziert ist, mit den
sich im Fenster reflektierenden Ästen
und Schemen der Stadt Sankt Petersburg.
Auch das Motiv von Jeremie Aubouins
Arbeit setzt sich aus Fragmenten einer
Landschaft und Architektur zusammen.
Der Fotograf hat eine Wand abgelichtet,
deren Tapete einst Wälder, Berge, Flüsse
und ein Schloss beherbergte. Einer
Decollage gleich wurde die Tapete
jedoch großflächig abgerissen, so dass
der braune Untergrund der Hauswand
hervortritt. Die Linse der Kamera hält
eine abstrakte Form fest, die in die
feinmalerische Landschaftsdarstellung
einzubrechen scheint.
Das »Fenster61« präsentiert mit der Ausstellung »Hinter Glas« ein breites Spektrum an zeitgenössischer Fotografie,
deren einzelne künstlerische Positionen
unterschiedlicher kaum sein könnten.
Und doch haben sie etwas gemeinsam:
Das Bild, es schaut angeblickt zurück.
Und was siehst Du?
Jenny Graser
© Nicole Woischwill, (Original in Farbe)
© Olle Fischer
© Christian Reister
dem Licht, zugewandt. Was diesen aus denen der Zeit scheinbar entrückt, bis 14. Januar 2014
Augen wohl begegnet? Und was erblickt die Twin Towers deutlich hervortreten.
die in warme Kleidung gehüllte, durch Eine Möwe zieht vorbei.
FENSTER61
ein Fernglas schauende Dame, die Olle Außen- und Innenraum verbinden Torstraße 61
Fischer auf einem Dampfer fotografiert sich wiederum in der schwarz-weiß 10119 Berlin-Mitte
hat? In Unruhe versetzte Wellen und Fotografie von Christian Reister. Eine
dunkle schwarze Wolken umschließen unbekleidete Frau posiert lasziv in einem jederzeit einsehbar
miniaturartig wirkende Hochhäuser, Fensterrahmen. Die Konturen ihres Kör- www.fenster61.de
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Galerien
Robert Herrmann
»MONOTONY«
Einst zum Ideal der funktionalen Stadt
erkoren, legen sich die Satellitenstädte
wie Gespinste um die Großstadt – heute
monotone Schlafstädte, als Wohnstätten wenig beliebt.
Wer dort wohnt, pendelt tagtäglich ins
Stadtzentrum um mit einer Tätigkeit
im Dienstleistungssektor die eigene
schmale Existenz zu sichern.
Robert Herrmann stieg an mehreren
Wintermorgen in die frühesten SBahnen, besuchte die östlichen Berliner
Plattenbauquartiere und begleitete mit
der Kamera die Pendler auf ihrem Weg
in die Stadt.
Das Ergebnis dieser Reise ist eine stille
und nachdenklich stimmende Sinfonie
einer Großstadt.
© Robert Herrmann
© Robert Herrmann
15. Januar 2014 bis 11. Februar 2014
FENSTER61
Torstraße 61
10119 Berlin-Mitte
jederzeit einsehbar
www.fenster61.de
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© Robert Herrmann
Galerien
Volker Wartmann
»Verschlusssache
– Geheimnisvolle
Orte im Rathaus
Schöneberg«
Blicke hinter verschlossene Türen, in
unbekannte Winkel und auf verborgene Details, an denen fast jeder achtlos vorbeigeht – der Fotokünstler Volker
Wartmann hat das Rathaus Schöneberg zwischen Juni und Oktober 2013
nahezu unzählige Male durchstreift und
aus Perspektiven fotografiert, die Besuchern normalerweise verborgen blei-
© Volker Wartmann, Ausstellungshalle »Lichthof«, (Original in Farbe)
© Volker Wartmann, »Zimmer der
Bezirksbürgermeisterin«, (Original in Farbe)
ben. Dank der Unterstützung engagierter Rathaus-Mitarbeiter bekam er auch
Zugang zu Räumen, die für die Öffentlichkeit normalerweise absolut tabu
sind: beispielsweise zu dem ehemaligen Tresorraum der Stadtkasse Schöneberg, zur Dokumentenkammer im Glockenturm und zur ehemaligen Bierstube
des Ratskellers. Mit seinen Fotografien
eröffnet Wartmann den Betrachtern eine
neue Sichtweise auf das weltbekannte
Berliner Wahrzeichen, das im Jahr 2014
sein 100jähriges Bestehen feiert.
© Volker Wartmann, »Altaktenarchiv«, (Original in Farbe)
18. Januar 2014 bis 15. Februar 2014
198 Galerie
Tempelhofer Damm 198
12099 Berlin-Tempelhof
© Volker Wartmann, »Brandenburghalle«,
(Original in Farbe)
Mo – Fr
Sa
Vernissage:
18. Januar 2014, 16 Uhr
15 – 19 Uhr
14 – 18 Uhr
© Volker Wartmann, »Standesamt«,
(Original in Farbe)
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Galerien
Helmut Newton:
Paris-Berlin.
Exhibition Grand
Palais 2012 //
Greg Gorman: Men
Die Berliner Helmut Newton Stiftung
feiert mit dieser Ausstellung ein Jubiläum: Helmut Newton gründete vor
zehn Jahren, also im Herbst 2003, eine
eigene Stiftung und schloss einen Kooperationsvertrag mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Im Rahmen eines
»Public-Private-Partnership« gelangte
damals eine umfangreiche Sammlung
von Originalaufnahmen, Vintage-Ausstellungsplakaten und Archivalien als
Dauerleihgabe in Newtons Heimatstadt Berlin. Nach einer kurzen Umbauphase öffnete das »Museum für Fotografie« in einem ehemaligen Militärkasino
im Sommer 2004 mit einer Doppelausstellung, die der Photograph selbst nicht
mehr erleben konnte, da er kurz zuvor
in Los Angeles verstarb.
Doch durch sein Werk lebt er weiter.
Nicht nur in der Berliner Stiftung
werden regelmäßig Ausstellungen organisiert und präsentiert, sondern von
hier aus auch an verschiedene Institutionen in Europa ausgeliehen, so auch
2012 nach Paris ins Grand Palais. Es
war die erste Übersichtspräsentation
des Newton’schen Werkes in der französischen Hauptstadt seit seinem Tod
und die erste eines Photographen in
diesem renommierten Ausstellungshaus
überhaupt. Jene Ausstellung kehrt nun
zu ihrem Ausgangspunkt zurück und
wird in Berlin gezeigt, vor diesem Hintergrund ist auch der Ausstellungstitel
zu verstehen; sie vereint alle wichtigen
Werkgruppen des Photographen: Mode,
Akt, Porträts und die für ihn so charakteristischen Mischformen. Zusammengenommen sind es mehr als 200 SchwarzWeiß- und Farbphotographien unterschiedlicher Formate, teilweise als Vintage Prints.
Manche Aufnahmen waren bereits
in früheren Ausstellungskontexten in
der Helmut Newton Stiftung zu sehen,
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Helmut Newton, Bergstrom over Paris, 1976 © Helmut Newton Estate (O.i.F.)
andere werden zum ersten Mal gezeigt.
Mit jeder neuen Kombination kann
selbst das Werk eines bekannten Photographen neu entdeckt werden. Die
Gegenüberstellung einer Bildikone
wie beispielsweise »Rue Aubriot, Paris
1975« mit einer zweiten durch ein Aktmodell ergänzten Aufnahme erweitert die für Newton übliche Rezeption.
Helmut Newton hat einen Damensmoking von Yves Saint Laurent für die französische Vogue photographiert; das ist,
abgesehen vom revolutionären Akt des
Modeschöpfers, zunächst nicht ungewöhnlich, doch die Art der photographischen Inszenierung ist unvergleichlich und wirkte stilbildend: Das weibliche Modell mit Kurzhaarschnitt steht
rauchend und selbstbewusst nachts in
einer schmalen, spärlich beleuchteten
Gasse und scheint auf niemanden zu
warten. Zwei Assoziationen aus der
Kunst- und Photographiegeschichte
kommen dem Betrachter sofort in den
Sinn: Ernst Ludwig Kirchners Straßenszenen am nächtlichen Potsdamer Platz
aus den frühen 1910er-Jahren, auf denen
er die dort stehenden modisch gekleideten Frauen in ein Spannungsverhältnis zwischen Prostitution und urbanmodernem Lebensstil stellte, und Brassaïs Prostituiertenporträts, die jener in
den 1930er-Jahren insbesondere im
Pariser Marais aufnahm. Vierzig Jahre
später wählte Newton ebenfalls dieses
Viertel für seine Modephotographie. Mit
der zweiten Aufnahme des Modells am
gleichen Ort und einem Aktmodell an
dessen Seite steigerte er die verwirrende
Androgynität der bekleideten Frau noch.
Die Kombination einer bekleideten und
einer nackten Frau im Modekontext war
ziemlich radikal und eine solche Aufnahme für die Veröffentlichung in einem
Modemagazin wie die französische
Vogue ungeeignet. Die Kombination
bekleideter und unbekleideter Modelle
formulierte Helmut Newton ab 1980
in der berühmten Serie »Naked and
Dressed« aus, die in seinem dritten Bildband »Big Nudes« veröffentlicht wurde
sowie in der italienischen und französischen Ausgabe der Vogue; einige Jahre
später war eine solche Motivkombination für ein renommiertes Modemagazin somit kein Tabubruch mehr. Zwei
Diptychen jener Serie, die bereits Mitte
der 1970er-Jahre in der Rue Aubriot vorbereitet wurde, sind auch Bestandteil
der aktuellen Ausstellung.
Daneben finden sich Porträts zahlreicher Prominenter von Pierre Cardin
bis Margaret Thatcher, Modebilder für
Magazine aus den 1960er bis 1990erJahren sowie Akt- und Produktaufnahmen; darunter finden sich auch Aufnahmen aus »Fired«, etwa die legendären
Courrèges-Aufnahmen, veröffentlicht
1964 im Modemagazin Queen, die
damals der Grund für Newtons kurzfristigen Rauswurf bei der Vogue waren,
übersetzten die ultramodernen Entwürfe
Galerien
nen wir jungen, durchtrainierten Körpern in Schwarz-Weiß und unterschiedlichen Formaten, teilweise annähernd
lebensgroß.
Gorman wurde 1949 in Kansas City
geboren und lebt heute in Los Angeles;
noch während des Studiums begann
er 1968 seine Karriere mit Aufnahmen
von Jimi Hendrix bei dessen Konzert in
Kansas City. Später in Kalifornien blieb
er dem Show Business treu und photographierte, neben zahlreichen Werbeaufträgen, in der Folge vor allem Schauspieler und Musiker, darunter Angelina
Jolie und Johnny Depp, Michael Jackson
und David Bowie. Einige dieser ikonischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen zierten Filmplakate, andere erschienen auf
den Covern von CDs oder von Magazinen wie LIFE, Newsweek, Rolling Stone
oder Vogue. Aktphotographien entstanden häufig parallel, etwa während Plein
Air Workshops in seiner zweiten Heimat
Mendocino, einem kleinen Künstlerort nördlich von San Francisco. Greg
Gorman und June Newton wählten für
diese ergänzende Ausstellung 25 Motive
aus, die zwischen 1988 und 2012 überwiegend im Studio in Los Angeles entstanden sind. Die jungen Männer, teilweise in Gruppen, bewegen sich vor
Gormans Kamera wie Tänzer auf einer
leeren Bühne; es sind zeitlose, sinnliche Aktporträts.
Die Aktphotographie männlicher
Modelle gilt heute vielerorts noch
immer als Tabu. Im vergangenen Jahr
hat das legendäre Montreux Jazz Festival zwar einen Männerakt von Greg
Greg Gorman, Three Boys Jumping, 1991 © Greg Gorman
Gorman als Postermotiv verwendet,
die primären Geschlechtsteile bleiben
des französischen Designers kongenial seiner Kleinbildkamera im Bild. Unge- auf jenem Poster jedoch durch die Körins photographische Bild. Revolutionär wöhnlich für die Zeit war, wie Newton perdrehung des Modells verdeckt. Bei
waren die Hosen für Frauen, die knie- hier den Arbeitsprozess selbstironisch manchen Aufnahmen Gormans in der
freien Kleider und vor allem der spekta- und medienreflexiv kommentierte.
Helmut Newton Stiftung ist dies hingekuläre Weltraum-Look. Frauenbild und
gen anders.
gesellschaftliche Position der Frauen Helmut Newton hat sich hin und wieder
Matthias Harder
befanden sich damals bekanntlich in selbst und 1974 auch einmal Helmut
einem radikalen Wandel. Newton pho- Berger nackt porträtiert, gleichwohl bis 18. Mai 2014
tographierte die Courrèges-Modelle bleibt der männliche Akt in seinem
ohne jede Accessoires in klaustropho- Werk marginal. Auf Einladung von Helmut Newton Stiftung
bisch engen Räumen, deren metallene June Newton, die unter dem Pseudo- Museum für Fotografie
Wände Kleider und Modelle reflektier- nym Alice Springs gelegentlich nackte Jebensstraße 2
ten oder verdoppelten. Ende der 1960er- Männer ablichtete, stellt der amerikani- 10623 Berlin-Charlottenburg
Jahre nahm Newton Mode für die Elle sche Porträtphotograph Greg Gorman
wiederum in einem verwirrenden Spie- nun parallel zur Newton-Ausstellung Di, Mi, Fr
10 – 18 Uhr
gelraum auf; diesmal zeigte sich der eine Werkgruppe von Männerakten Do
10 – 20 Uhr
Photograph selbst hinter den Frauen mit aus. Hier, in »June’s Room«, begeg- So
11 – 18 Uhr
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Galerien
ALFRED EHRHARDT
DAS WATT
Seit Gründung der Alfred Ehrhardt Stiftung im Jahr 2002 laufen die Vorbereitungen der kommenden Ausstellung,
die nun durch einen Ankauf sowie
eine Schenkung ermöglicht wurde: Die
ausschließlich aus eigenen Beständen
bestückte Zusammenstellung von 70
Vintageprints aus der Serie »Das Watt«
(1933–1936) konzentriert sich auf Ehrhardts fotografisches Erstlingswerk, das
zu den herausragenden Bildleistungen
der Avantgarde-Fotografie der 1930er
Jahre zählt. Sie ist Ausgangspunkt für
das gesamte preisgekrönte fotografische
und filmische Schaffen dieses am Dessauer Bauhaus geschulten, vielfältigen
Künstlers und bildet die »crème de la
crème« seines fotografischen Werkes.
Die künstlerische Qualität dieser Serie
sucht auch unter den Meistern der Fotografie der Neuen Sachlichkeit Ihresgleichen.
Einen idealen Anlass bietet die Neuauflage des Buches Das Watt von 1937
als exklusive Faksimilie-Auflage der Edition Xavier Barral. Die Publikation ist
eine Ode an die Natur und ein Meisterwerk der Buchkunst, das im Jahr 2004
nicht von ungefähr im reich bebilderten Band über Fotobücher The Photobook. A History von Martin Parr und
Gerry Badger auf internationaler Ebene
geadelt wurde: »This is both an attractively designed and finely printed book
– an island of tranquil beauty in a cultural sea that was becoming increasingly barbaric.«
ALFRED EHRHARDT (1901-1984)
war ein medialer Grenzgänger. Er war
Organist, Chorleiter, Komponist, Maler
und Kunstpädagoge, bevor er Fotograf wurde. Nach einem Aufenthalt am
Dessauer Bauhaus 1928/29, wo er bei
Josef Albers studierte und bei Wassily
Kandinsky und Oskar Schlemmer hospitierte, leitete er an der Landeskunstschule Hamburg den ersten Vorkurs für
Materialkunde außerhalb des Bauhauses. Erst nach der Entlassung aus dem
Hochschuldienst durch die Nationalsozialisten 1933 wandte er sich der Fotografie und dem Film zu. In Cuxhaven,
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Alfred Ehrhardt, Fließender Sand, 1933-1936, © bpk / Alfred Ehrhardt Stiftung
wo er sich in seinem ersten Beruf als Kirchenmusiker verdingte, entdeckte er im
vorgelagerten Watt zwischen den Inseln
Scharhörn und Neuwerk die Besonderheiten dieser wechselvollen Meereslandschaft. Ihn faszinierten die durch
Wind und Wasser täglich neu entstehenden abstrakten Strukturen im Sand,
die ihn an den Materialkundeunterricht
erinnerten, wo seine Studenten »Struktur, Textur und Faktur« von Materie zu
erfassen hatten. Es wurde ihm schnell
bewusst, dass die Kamera das unverfänglich zu produzieren imstande ist, was zu
malen verboten war. Statt zu Stift oder
Pinsel zu greifen, »zeichnete« er nun
die abstrakten Formen der Natur mit der
Kamera. Mit Hilfe von Motivwahl, Perspektiveinstellung und Lichtregie überhöhte er die Schätze der »Künstlerin
Natur« zu einer vom Menschen gestalte-
Alfred Ehrhardt, aus der Serie: »Das Watt«,
1933-1936, © Alfred Ehrhardt Stiftung
Galerien
Alfred Ehrhardt, Ein flacher Priellauf mit stark
strukturierten Uferflächen, 1933-1936,
© Alfred Ehrhardt Stiftung
Weitere Stationen:
Museum Kunst der Westküste,
Hauptstraße 7, 25938 Alkersum / Föhr
15. Juni 2014 – 11. Januar 2015
Publikation:
Alfred Ehrhardt, Das Watt, FaksimileAuflage der Ausgabe von 1937 im Heinrich Ellermann Verlag, Edition Xavier
Barral, Paris 2013, 22,5 x 29 cm, 96
SW-Aufnahmen, 112 Seiten, Texte: Kurt
Dingelstedt, Alfred Ehrhardt, 16 Seiten
Übersetzungen der Texte Englisch / Französisch, 45,- Euro.
Alfred Ehrhardt, Bodenriffelungen, 1933-1936, © bpk / Alfred Ehrhardt Stiftung
ten Kunstform, die der Natur ebenbürtig des Neuen Sehens, der naturphilososein wollte, ohne bloße Kopie zu sein. phisch begründete, typologische Ansatz
Breitet man Alfred Ehrhardts Fotogra- der Fotografie der Neuen Sachlichkeit,
fien abstrakter Sandformen im Watt sein am Bauhaus geschultes Gespür für
vor sich aus, drängt sich der Gedanke Komposition, Materialbeschaffenheit
»Chaos und Struktur« auf. Der hier vom und Abstraktion mit einem von KanKünstler gewählte Bildausschnitt offen- dinsky, Schlemmer und Klee beeinflussbart die immanente Schönheit des sich ten weltanschauliche Anliegen, Materiin so vielfältigen Formen darstellenden elles ins Geistig-Kosmische zu transzenNaturgeschehens, während die Zusam- dieren. In der Abwendung vom Chaos
menschau der Formvariationen die Ver- einer industrialisierten Welt, in der konbindung von Mikro- und Makrokosmos templativen Konzentration auf nur von
erstellen soll. Er bringt System in die Himmel und Horizont begrenzte leere
Strukturen und Ordnung in das Chaos Landschaften und in der Fokussierung
der Natur, als wolle er die Welt mit auf die verborgene Anmut und symmetseiner Technik begreifbar machen.
rische Schönheit des natürlichen MikroAlfred Ehrhardt war ein neusachlicher kosmos fand Ehrhardt hier zu höchster
Neuromantiker, ein »Naturphilosoph formaler Konsequenz von ergreifend
mit der Kamera«, wie man ihn damals schlichter Schönheit.
nannte. In seiner Serie »Das Watt« verbinden sich die Strukturexperimente
Eröffnungsrede:
Dr. Christiane Stahl,
Leiterin der Alfred Ehrhardt Stiftung
Eröffnung:
Freitag, 17. Januar 2014, 19 Uhr
18. Januar bis 27. April 2014
Alfred Ehrhardt Stiftung
Auguststraße 75
10117 Berlin-Mitte
Di – So
11 – 18 Uhr
Do
11 – 21 Uhr
www.alfred-ehrhardt-stiftung.de
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Galerien
Göran Gnaudschuhn
»Alexanderplatz«
Göran Gnaudschun fotografiert seit
2010 am Berliner Alexanderplatz die
Szene von jungen Ausreißern, Gestrandeten, Wohnungslosen, Punks und
Selbstdarstellern. Es gibt Erfahrungen
mit längeren Gefängnisaufenthalten,
Drogen und viel Alkohol. Diese Menschen passen in die Raster der normalen
Gesellschaft nicht hinein: weder in die
der Arbeitswelt und oft auch nicht in die
der sozialen Fürsorge. Kaum einer ist in
Berlin aufgewachsen, viele wollten aus
der Provinz fliehen, möglichst weit weg:
neu sein, anonym sein, die weite Welt
ohne einen Cent in der Tasche erleben.
© Göran Gnaudschuhn, »Fernsehturm«,
(Original in Farbe)
© Göran Gnaudschuhn, »Mel«,
Mai 2010, (Original in Farbe)
© Göran Gnaudschuhn, »Nicky«,
Mai 2010, (Original in Farbe)
© Göran Gnaudschuhn, »Jennis mit Mond«,
(Original in Farbe)
Einige treiben sich immer für mehrere Monate in anderen Großstädten
Deutschlands herum, andere wollten noch weiter, aber sitzen schon seit
Jahren auf dem Alex.
Kinder werden schnell erwachsen und
Erwachsene werden schnell alt. Gnaudschun portraitiert die Menschen dort,
immer darauf bedacht, eine Form von
fast verschüttet geglaubter Würde und
von Intensität ans Licht zu bringen. Er
fotografiert Situationen, in denen sich
Symbolhaftes zeigt, er führt Interviews
über die Lebenswege der Protagonisten
und schreibt selbst Texte über die Sicht
des Fotografen auf das vielschichtige
Phänomen Alexanderplatz.
Berlin Alexanderplatz ist eine Arbeit, in
der sich Text und Bild assoziativ ergänzen und die sehr subjektiv und nah über
das Leben von jungen Menschen am
Rand der Gesellschaft erzählt.
Die Ausstellung findet aus Anlass der
Publikation des Buchs zum Projekt im
Kehrer Verlag im Februar 2014 statt.
21. Februar bis 30. März 2014
Weitere Informationen dazu finden Sie
hier:
http://gnaudschun.de
Haus am Lützowplatz
Lützowplatz 9
10785 Berlin-Tiergarten
© Göran Gnaudschuhn, »Sitzecke, U 8«, (O.i.F.)
14
brennpunkt 1/2014
Di – So
11 – 18 Uhr
Galerien
»lens-based sculpture«
Die Veränderung der
Skulptur durch die
Fotografie
In der Ausstellung »lens-based sculpture« wird zum ersten Mal das Verhältnis von Fotografie und Skulptur aus der
Perspektive der Skulpturgeschichte dargestellt. Im Zentrum steht die Frage, wie
sich die moderne Skulptur durch die
Fotografie von dem jahrtausendealten
Prinzip der Statue löste und in eine neue
künstlerische Praxis verwandelte. Die
Fotokamera dient als primäres Werkzeug der Bildhauerei, als Skizzenblock
und als Hilfsmittel zur Übersetzung von
räumlichen und strukturellen Wiedergaben in Masse und Form.
Giuseppe Penone, Geometria nelle mani, 4 aprile, 2004 (Detail), S/W Fotografie, 30 x 39,4 cm
Photo © Archivio Penone, © VG Bild-Kunst, Bonn, 2013
Der hier erstmalig verwendete Begriff
der »lens-based sculpture« verweist auf
die in dieser Ausstellung neue Sichtweise auf die Skulptur und die Kunstgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts.
Der Einfluss der Fotografie mit ihren
technischen Möglichkeiten und ihrer
Raum- und Dinganschauung trugen
und tragen immens zur Veränderung
der Ästhetik der Skulptur bei.
medial bestückt, eröffnen sie zusätzliche Einblicke in die komplexe künstlerische Recherche zu den Phänomenen
von »lens-based sculpture«.
»lens-based sculpture«, eine Kooperation der Akademie der Künste und
des Kunstmuseum Liechtenstein, präsentiert rund 200 Arbeiten von mehr
als 70 internationalen Künstlerinnen
und Künstlern. Die Ausstellung wird
kuratiert von Bogomir Ecker, Raimund Michael Sauer, »Föhn«, 1978, Fotografie,
Ein ganz besonderes Highlight dieser Kummer, Friedemann Malsch und Her- 30 x 40 cm, Courtesy the artist,
Ausstellung ist die Rekonstruktion bert Molderings. Künstler und Kunstwis- Foto: Silke Helmerdig,
von Marcel Duchamps »Porte Gra- senschaftler erschaffen in dieser Aus- © VG Bild-Kunst, Bonn, 2013
diva« (1937), die hier erstmals in ihrer stellung gemeinsam in direktem Ausursprünglichen Form, als durchschreit- tausch einzigartige Gegenüberstellunbarer Türdurchgang, aufgebaut wird. gen künstlerischer Positionen und ungeDes Weiteren markieren die Werke wöhnliche Präsentationsformen.
von Umberto Boccioni und Raymond
Duchamp-Villon den Ausgangspunkt Es erscheint ein deutsch-englisches Katafür »lens-based sculpture«. Den Kern logbuch mit Texten von Michel Frizot,
der Schau bilden die seit den 1960er Ursula Frohne, Friedemann Malsch,
Jahren entstanden Arbeiten u.a. von Herbert Molderings, Dietmar Rübel und Eröffnung: 23. Januar 2014, 19 Uhr
John Ahearn, John Chamberlain, Tony Annette Tietenberg sowie einem BildesCragg, Valie Export, Rebecca Horn, say von Bogomir Ecker und Raimund
Edmund Kuppel, Ron Mueck, Bruce Kummer.
Nauman, Giuseppe Penone, Hermann
24. Januar bis 21. April 2014
Pitz, George Segal, Roman Signer und Gefördert durch den HauptstadtkulturKiki Smith. Die beiden Bildhauer Bogo- fonds Berlin und die Gesellschaft der Akademie der Künste
mir Ecker und Raimund Kummer entwi- Freunde der Akademie der Künste.
Hanseatenweg 10
ckelten die Ausstellungsarchitektur, in
10557 Berlin-Tiergarten
welche zwei Denkräume integriert sind.
Einem Archiv ähnlich, dicht und multiDi – So
11 – 19 Uhr
brennpunkt 1/2014
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Galerien
Fotofreunde
Zehlendorf
»HIGHLIGHTS«
Der Club wurde 1970 als »VHS-Fotoclub Zehlendorf« aus der Taufe gehoben.
Ab 1974 nannte er sich »Fotofreunde
Zehlendorf«. Von Anfang an war der
Club Mitglied im Deutschen Verband
für Fotografie (DVF). 18 Mitglieder sind
fotografisch aktiv und erfolgreich.
Wenn es um Wettbewerbsfotografie
geht, dann waren und sind die Mitglieder häufig unter den ausgezeichneten
Autoren. Sie beteiligten sich regelmäßig sehr erfolgreich an der »ifo-scanbaltic«, einem ehemaligen Salon für alle
Ostseeanliegerstaaten. Immer zählten
Mitglieder des Clubs zu den Preisträgern beim jährlichen Wettbewerb »100
Bilder des Jahres« der Gesellschaft für
Fotografie. Bei der »NorddeutschenFotomeisterschaft« war der Sieger etliche Male ein Mitglied der »Fotofreunde
Zehlendorf«.
Die »Fotofreunde Zehlendorf« stellten
ihre Fotografien in vielen europäischen
und einigen außereuropäischen Städten aus. Unter anderem war der Club
1986 als erster Fotoclub aus dem Ausland durch den lettischen Kulturbund
zu einer Ausstellung in Riga eingeladen. Weitere Stationen waren Warschau
(Polen), Vilnius (Litauen), Athen (Griechenland), Moskau (Russland), Allessandria (Italien), Graz (Österreich). 1984
folgte der Club einer Einladung des
Goethe-Institutes Marokko nach Casablanca. Weitere Ausstellungen: 1990
in der Städtischen Kunstsammlung Görlitz, 1992 Graz/Österreich, 1999 Waldhaus-Klinik, Berlin, 2004 Brügge/Belgien und in Kulmbach, 2006 im Rathaus Zehlendorf.
© Alexander Platz, »Hazel«, (O.i.F.)
© Eric Jenczmionka, »Mr. Cool«, (O.i.F.)
© Helmut Heidrich, »Herbststurm II«, (O.i.F.)
© Udo Rzadkowski, »Don Cherry«
© Ingelore Willing, »Mama pearl«
bis 2. Februar 2014
Café Berio
Maaßenstraße 7
10777 Berlin-Schöneberg
Mo – Do
Fr
Sa
So
16
07 – 24 Uhr
07 – 01 Uhr
08 – 01 Uhr
08 – 24 Uhr
brennpunkt 1/2014
© Astrid Mattwei, »Kleine Jungs«
© Dietmar Bührer, »Fireman«
www.fotofreunde-zehlendorf.de
www.cafeberio.de
Galerien
Delphine Burtin
»ENCOUBLE«
Im Oktober veranstaltete exp12, Pro-
jektraum für Fotografie, erstmals Portfolio Reviews.
Grund der Initiative war der Wunsch
des Kollektivs sich mit aktuellen Projekten internationaler, zeitgenössischer
Fotografen auseinanderzusetzen und
die beste eingereichte Arbeit im Januar
2014 in den projekteigenen Räumen in
Berlin zu präsentieren.
Aus über 50 Einreichungen aus zahlreichen europäischen Ländern entschied
sich das Kollektiv für die Schweizer
Fotografin Delphine Burtin, deren Arbeit
»ENCOUBLE« zu sehen sein wird.
© Delphine Burtin, »Encouble 1«, (O.i.F.)
Delphine Burtin kombiniert in ihrer
Serie Studioaufnahmen mit Tageslichtfotografien, die sie zerschneidet und
erneut fotografiert.
Das Ergebnis sind visuelle Eindrücke,
die den Betrachter irritieren und seine
Wahrnehmung der Realität hinterfragen. Es geht um die Interpretation des
Gesehenen, um die Relation zwischen
Gezeigtem und Verborgenem und um
die Betonung photographischer Inhalte
durch formale Stringenz.
Die Fotografin beschreibt ihre Arbeit
so:
»Ich mag visuelle Unfälle. Ich mag es,
wenn man denkt etwas zu sehen, das in
Wahrheit etwas anderes ist. Ich mag es,
wenn unser Gehirn uns austrickst und
uns etwas vortäuscht, das in Wirklichkeit nicht existiert.
Ich mag es, über Bilder des Alltags zu © Delphine Burtin, »Encouble 4«
stolpern, Kopien einer zweifelhaften
Realität einfangend oder rekonstruie- First PhotoBook nominiert. Das Buch
rend.«
ist während der Ausstellungslaufzeit bei
Delphine Burtin schloss ihr Studium exp12 erhältlich.
2013 an der School of Applied Arts in
Vevey, in der Schweiz ab. Ihre Arbeit Delphine Burtin lebt und arbeitet in Lauwurde mehrfach ausgestellt und ausge- sanne.
zeichnet.
»Encouble« wurde 2013 für den Prix
Voies Off, Arles, Frankreich nominiert,
und gewann den 1. Preis »SELECTION«
bei Photoforum PasquArt, Bienne (CH).
Auf der Messe Paris Photo 2013 wurde
ihre Publikation »Encouble« von der
Fondation Aperture unter der Rubrik www.burtin.ch/photographie
© Delphine Burtin, »Encouble 2«, (O.i.F.)
© Delphine Burtin, »Encouble 5«, (O.i.F.)
Vernissage
24. Januar 2014, 19 Uhr
25. Januar bis 23. Februar 2014
exp 12 / exposure twelve
Greifswalder Straße 217
10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Sa
16 – 20 Uhr
So
14 – 18 Uhr
www.exp12.com
brennpunkt 1/2014
17
Galerien
Christian Tagliavini
»Carte & 1503«
Die große Einzelausstellung in der CWC
GALLERY würdigt mit der neuen Serie
»Carte« und dem berühmten Zyklus
»1503« das beispiellose kreative Schaffen des Künstlers.
Geboren 1971, wuchs Christian Tagliavini in Italien und in der Schweiz auf. Er
studierte Grafikdesign, war als Architekt
und Grafiker tätig, bevor Tagliavini sich
ab 2000 der Photokunst widmete. Weitere bildende Künste wie Grafik, Baukunst und Zeichnung fließen bis heute
in seine Werke ein. Sein biografischer
Hintergrund prägte auch sein Verständnis dafür, eigens Werke zu »erfinden«,
zu kreieren und handwerklich zu produzieren. Seine Arbeiten sind nicht
nur »Bilder«, sondern komplexe Kunstwerke, die ihren Ursprung in verschiedensten Materialien haben. Das künstlerische Schaffen spiegelt sich zumeist
in in sich geschlossenen Serien wider,
die eigens kreierte Geschichten, Zitierungen der Kunstgeschichte oder ungewöhnliche Konzepte umfassen. Seine
Arbeiten wurden bereits in zahlreichen
Ausstellungen und Kunstmessen weltweit präsentiert. Christian Tagliavini ist
u.a. Preisträger des Hasselblad Masters Award (2012) und lebt und arbeitet heute in der Schweiz.
© Christian Tagliavini · 1503 · Ritratto di Signora in Verde (Original in Farbe)
bis 22. Februar 2014
CWC Gallery
Auguststraße 11-13
10117 Berlin-Mitte
Di – Sa
18
11 – 19 Uhr
brennpunkt 1/2014
© Christian Tagliavini · Carte · Regina di Fiori
(Original in Farbe)
© Christian Tagliavini · Carte · Regina di Quadri
(Original in Farbe)
Galerien
MENSCH-RAUMAURA
»Der Mensch macht
den Raum, und der
Raum macht den
Menschen…«
© Frank W. Habel
Der Projektkurs des Photocentrums
am Wassertor der VHS FriedrichshainKreuzberg unter der Leitung von Ebba
Dangschat präsentiert in einer Ausstellung fotografische Arbeiten zum Thema
»Mensch-Raum-Aura«.
Im Mittelpunkt steht »Die Metaphorik
des Raumes als bildliche Übersetzung
des Seelischen, der Um-raum als Spiegel des Innen-raums . Gefundene und
erfundene Räume erzählen etwas über
die in ihm befindliche Person, was über
das Sichtbare hinausweist. Inszenierte,
dokumentarische und experimentelle
Auslotungen des Unsichtbaren...«
(Ebba Dangschat)
Das Photocentrum am Wassertor der
VHS Friedrichshain-Kreuzberg bietet
in jahrelanger Tradition ein aufeinander aufbauendes Modulsystem an, in
dem Interessierte Fotografie von Grund
auf erlernen und sich nach eigenen
Vorlieben ausbilden und spezialisieren
können. Nach einem Grundstudium
der Kameratechnik und Bildgestaltung
bieten einjährige Projektkurse die Möglichkeit, eine subjektive Bildsprache zu
einem vorgegebenen Thema zu formulieren.Die Teilnehmer beschäftigen
sich in kleineren Gruppen intensiv mit
einem Thema, erarbeiten dazu eigene
fotografische Sichtweisen und Bildzyklen. Am Ende dieses Prozesses stellt
die Präsentation der Arbeiten in Form
einer Gruppenausstellung eine besondere Herausforderung dar. Die unterschiedlichen künstlerischen Positionen
laden dazu ein, zu staunen, zu vergleichen und ins Gespräch zu kommen.
© Lydia Kiesling (Original in Farbe)
VERNISSAGE:
Freitag, dem 10. Januar 2014 um 19
Uhr, mit einleitenden Worten von Jana
Borkamp,Stadträtin für Weiterbildung
und Kultur, Peter Held, Programmbereichsleiter Kultur &Gestalten der VHS
Friedrichshain-Kreuzberg und Ebba
Dangschat, Kursleiterin
...und räumlichen Klangexperimenten
von Studenten des Studiengangs Soundstudies der UdK Berlin unter der Leitung
von Caroline Siegers
© Nina Linstädt (Original in Farbe)
bis 19. Januar 2014
KÜNSTLERGESPRÄCH & FINISSAGE
am Sonntag, dem 19. Januar 2014 um
15 Uhr
Kunstraum im Kunstquartier
Bethanien
Mariannenplatz 2
10997 Berlin-Kreuzberg
Die Künstler sind anwesend und führen
durch die Ausstellung.
Mo – Fr
Sa + So
14 – 20 Uhr
12 – 18 Uhr
brennpunkt 1/2014
19
Galerien
ICH & DU
Selbstporträts und
Porträts
Die ausgestellten Arbeiten sind Ergebnisse von 11 Fotografen/innen, die sich
unter Anleitung des Berliner Fotografen
Thomas Kierok über mehrere Monate
mit den Themen Selbstporträt und Porträt auseinandergesetzt haben.
Den Blick auf sich selbst und der persönliche Blick auf andere eint die Neugier an der Inszenierung:
Was möchte ich von mir zeigen – und
was vom anderen?
Die Ausstellung bringt diese unterschiedlichen Ausgangssituationen
zusammen und präsentiert, auf welch’
unterschiedliche Weise die Kursteilnehmer die Blicke auf sich selber und auf
andere inszeniert haben. Dabei beinhaltet der persönliche Blick im Selbstporträt
immer auch die Perspektive des bereits
bei der Aufnahme latenten Betrachters,
während der Blick auf andere, die ganz
persönliche Haltung des Fotografen im
Porträt spürbar macht. Das Setting des
Fotografierens beim Selbstporträt und
Porträt ist im Ansatz unterschiedlich,
in ihren Bildwirkungen vollziehen sich
trotzdem in allen Fotografien die Auseinandersetzungen vom ICH & DU.
© Romiana Marinow, (Original in Farbe)
ICH & DU – eine untrennbare Wirkungseinheit, die den Betrachter im gleichen
Sinn mit einbezieht.
bis 28. Januar 2014
imago fotokunst
Linienstraße 145
10115 Berlin-Mitte
Di – Fr
Sa
20
12 – 19 Uhr
14 – 18 Uhr
brennpunkt 1/2014
© Jan Radtke
Galerien
© Uli Schaub
© Annemarte Christ, (Original in Farbe)
© Carlijn van Tuyll
© Detlef Eden
© Malou v. Simson, (Original in Farbe)
© Susann Ziegler, (Original in Farbe)
brennpunkt 1/2014
21
Galerien
Fotowettbewerb
»My Secret Life«
Die Gewinner
Die dreizehn Gewinner der Ausstellung My Secret Life stehen fest – Mark
Alker, Jochen Arentzen, Maurice Baker,
Axel Boronczyk, Max Colson, Miguel
Hahn & Jan-Christoph Hartung, Heinrich Holtgreve, Sara-Lena Maierhofer,
Marlene Sattler, Corinna Sauer, Holger
Stöhrmann, Marc Volk und Franca Wohlt
werden ihre fotografischen Serien bis
zum 2. Februar 2014 bei C/O Berlin
präsentieren.
Ob versteckte Hanf-Plantagen, das
glanzvolle Leben von Hochstaplern,
anonyme Darkrooms im Blitzlicht, die
geheimen Bunkeranlagen der Schweiz,
unsichtbare Überwachung im öffentlichen Raum, sterile Berliner Gerichtssäle, die deutsche Waffenlobby oder
NSA und Edward Snowdon – die dreizehn Fotografen und Künstler haben das
von C/O Berlin vorgegebene Thema auf
vielfältigste Weise interpretiert und die
Fachjury mit ihren Arbeiten überzeugt.
Insgesamt haben 460 Bewerber ihre
fotografischen Serien eingereicht. Dr.
Christina Stahl, Alfred Erhard Stiftung,
Katia Reich, ehemalige Kuratorin des
Monats der Fotografie, Dr. Matthias
Harder, Kurator Helmut Newton Stiftung
und Felix Hoffmann, Kurator C/O Berlin,
haben Anfang November die stärksten
Serien für die erste große Partizipationsausstellung bei C/O Berlin ausgewählt.
Zudem werden die Arbeiten von Axel
Boronczyk, Heinrich Holtgreve und
Sara-Lena Maierhofer als beste Positionen in der nächsten C/O Berlin Zeitung publiziert.
Geheimnisse, Rätselhaftes und Undurchschaubares üben stets eine starke Faszination aus. Gerade heute, da Wissen frei
und ständig verfügbar ist. Was jedoch ist
das Besondere am Geheimen? Wieso
erhöht sich das Interesse, wenn verborgene Dinge an die Öffentlichkeit gelangen? »Eine von Geheimnissen durchweg
beherrschte Gesellschaft ist nicht entwicklungsfähig, weil ihr der notwendige
Kommunikationsraum fehlt. Eine Gesellschaft ohne Geheimnis ist aber ähnlich
22
brennpunkt 1/2014
© Mark Alker, »Fat iustitia et pereat mundus«, (O.i.F.)
eingefroren, weil ihr der Nährboden für
die Entfaltung von Möglichkeiten fehlt«.
Wie der Philosoph Georg Simmel analysiert, zählen nicht totale Enthüllung und
Transparenz, sondern das Undurchsichtige, was nicht gezeigt
und preisgegeben wird. Somit ist jeder
Mensch ein Experte im Verbergen und
balanciert tagtäglich auf dem schmalen, teils lustvoll-gefährlichen Grat zwischen der absoluten Kontrolle über ein
Geheimnis und der Angst vor dessen
Entdeckung. Für diese Ausstellung hat
C/O Berlin weltweit Fotografen aufgerufen, eigene Geheimnisse visuell zu
lüften und Einblicke in Strategien des
Verbergens zu geben.
Der Ursprung für dieses Thema ist das
aktuelle Geheimnis von C/O Berlin
selbst. Aufgrund von Sanierungsarbeiten ist der neue Standort, das Amerika
Haus am Bahnhof Zoo, seit zwei Monaten hinter einer weißen Plane verborgen.
Was genau hinter der Verhüllung
geschieht, wird erst 2014 sichtbar, wenn
C/O Berlin das Gebäude wiedereröffnet.
© Franca Wohlt, »Reduit«, (O.i.F.)
© Maurice Baker, »Backrooms«, (O.i.F.)
bis 2. Februar 2014
C/O Berlin
Bis dahin zeigt C/O Berlin Fotografie- Hardenbergstraße 22-24
ausstellungen Open Air vor dem Ame- 10623 Berlin-Charlottenburg
rika Haus. 24 Stunden pro Tag, sieben
Tage pro Woche und für jeden kosten- täglich
0 – 24 Uhr
los zugänglich.
www.co-berlin.org
Galerien
Kathrin Karras
»Schattenrisse«
Eine Treppe, die nach oben führt, und
eine Frau die am Fuße der ersten Stufe
steht.
Bevor sie hochgeht, dreht sie sich noch
einmal um. Was sieht sie da?
Zunächst schaut sie den Betrachter an.
Was sie sieht, wird ihm nicht offenbart, doch ahnt er es im Entsetzen ihres
Gesichtes. Angst lähmt sie, schaltet die
Treppe als Fluchtweg aus.
Sie kann der Angst nicht ausweichen.
Sie hält sie gefangen.
Sie hat allein mit ihr zu tun und ihrem
Geheimnis.
Durch den Säulenwald ihres Hauses, im
grauen Zwischenton des Nichts,
wirkt die Frau nicht anwesend.
Das Gleichmaß der Dinge hat sie
geschluckt.
Mit dem Fächer in der Hand, ihrem
wichtigsten Utensil, hat sie sich im Mauerwerk verewigt. Wer immer auch ihre
Nachfolger sein werden, werden Fächer,
wedelnd durchs Haus schwirren.
Die Frau mit der blauen Maske ist
gleichzeitig anwesend und nicht anwesend. Ihr Körper ist sinnlich, präsent und
gegenwärtig.
Die Maske vermittelt das Gegenteil.
Ihr Gesicht scheint einer anderen Welt
anzugehören. Die Farbe Blau hat ein
inneres Leuchten.
Durch sie leuchtet etwas von ihrem
Wesen.
Auch die Akkordeonspielerin passt nicht
zum Schnee und passt auch nicht zum
Mann neben ihr. Trotzdem ergeben sie
eine Einheit.
Es scheint, dass die beiden aus anderen
Zeiten zueinander fanden.
Die Fenster des Schlosses spiegeln sich
im See. In ihnen tauchen Gesichter auf,
jedoch nur in der Spiegelung. Es wird
mehr gespiegelt als da ist. Wie kann das
sein? Welche Kräfte hat der See? Es sind
Metaphern der eigenen Abgründe.
Dort Menschen zu begegnen, die einen
mit dem eigenen Selbst konfrontieren.
© Kathrin Karras, (O.i.F.)
© Kathrin Karras, (O.i.F.)
bewusstseins, die sich ins kryptische
Verlies ihrer Erinnerungen einfroren.
Die Fotografin deutet in ihren Bildern
an und lässt die Dinge offen.
Der Betrachter kann seinen Weg allein
ins Bild finden.
Was haben diese Bilder mit Kino zu
tun?
Jeder Mensch trägt viele Erinnerungen in seinem Unterbewusstsein, von
denen er nichts ahnt. Durch bildliche
Spiegelungen nimmt er sie überhaupt
erst wahr.
Genau das stellt Kathrin Karras dar.
Karras zeigt Kino im ursprünglichen
Sinn. Ihre Projektionen sind ihre eigenen Geschichten. Bei ihr sind Bilder
Bewusstseinsräume, in denen ein Licht
aufgeht.
Jeder von uns ist hier um etwas zu
lernen. Und sei es die Überwindung
der Angst.
Gundula Schulze Eldowy, 2011
Eldowy, verschiedene Seminare u.a.
bei Helga Paris, Donata Wenders,
Göran Gnaudschun,Nadin M. Rüfenacht, Thomas Kierock, Valerie Wagner,
Anneke de Boer
2007-2009 »Jugend-Förderpreis für Bildende Kunst«
Anerkennung der Sparkasse SpreeNeiße, Cottbus
Anerkennung bei der 8. Internationalen
Barnack Biennale
Arbeits- und Lebensmittelpunkt Grüneberg (Brandenburg/Oberhavel)
Vernissage
31. Januar 2014, 19 Uhr
Kathrin Karras
1967 in Guben geboren
1984-2003 Ausbildung, Satztechnik mit
Abitur und verschiedene Tätigkeiten
1. Februar bis 7. März 2014
2003 Geburt Tochter Louise
2005/2006 Ausbildungsklasse Foto- imago fotokunst
grafie, »imago-fotokunst« Berlin, kün- Linienstraße 145
stlerische Leitung Ursula Kelm
10115 Berlin-Mitte
Kathrin Karras stellt sich in ihren Frauen- 2006-2010 fortlaufendes autodidafiguren dar. Es sind existenzielle Situati- ktisches Studium Fotografie, Mento- Di – Fr
12 – 19 Uhr
onen aus dem Tiefkühlfach ihres Unter- rin: Ursula Kelm, Gundula Schulze Sa
14 – 18 Uhr
brennpunkt 1/2014
23
Galerien
Philipp Keel
»Splash«
CAMERA WORK freut sich, ab dem
7. Dezember 2013 eine Einzelausstellung von Philipp Keel zu präsentieren.
Die Ausstellung »Splash« zeigt eine
exklusive Auswahl an Photoarbeiten
des Künstlers und lädt dazu ein, sein
spannendes Oeuvre zu entdecken, welches konzeptuelle mit abstrakter Photokunst vereint. Über 100 Millionen Bilder
werden weltweit täglich auf Facebook
hochgeladen, die Zahl der gemachten
Photos in Deutschland beläuft sich auf
über 200 Millionen – pro Tag. Diese Entwicklung und die bewusste kritische
Auseinandersetzung damit sind Aus- © Philipp Keel, »Shark«, (Original in Farbe)
gangspunkt des konzeptuellen Selbstverständnisses des Künstlers Philipp zuletzt in Arbeiten, die in den MikroKeel. Versteht man die schiere Flut an kosmos des täglichen Lebens eindrinBildern als eine mediale Parallelreali- gen und aus teils skurrilen Trivialitäten
tät, die zumeist die Wirklichkeit zu kon- Photokunstwerke vollendeter Schönheit
servieren versucht, so sind die Arbeiten werden lassen, spiegelt sich dies ästhevon Philipp Keel als bewusster Antago- tische Bewusstsein wider. So wird aus
nismus dessen zu verstehen: persönlich, der Fruchtfleischstruktur einer Melone
paradox, querdenkerisch.
im Spiel mit ihren Kernen in der Serie
»Watermelon Seeds« eine intensive
»Das Glück in meiner Arbeit ist nicht, Erfahrung von Farben und Formen. Der
dass mir ein Motiv begegnet, sondern Grad des Abstrahierens wird dabei stets
dass ich in diesem entscheidenden bis zu einer Schwelle getragen, an der
Augenblick auch eine Kamera bei mir die Rezeption und das subjektive Verhabe. Danach werde ich vom Samm- arbeiten des Abgebildeten samt dessen
ler von Impressionen zum Experimen- (ir-)realer Ästhetik ungehindert mögtierenden.« – Philipp Keel
lich sind. Es bleibt, was es bleibt, nur
anders.
Philipp Keel hat nicht vor, die pure Realität abzubilden. Vielmehr verändert er Die Verfremdung als ästhetisches Werkdurch bewusste Überspannung, Verzer- zeug ist nicht Inhalt, sondern Mittel.
rung, aber auch Reduktion die sichtbare Sichtbar wird diese Anpassung von Form
Wirklichkeit – er suggeriert Realität, und Farbe etwa beim Werk »Below the
um dadurch den Blick des Betrachters Surface«. Nicht unwesentlich geprägt
darauf zu schärfen. Um das verrückte durch seine Zeit im kalifornischen Los
Leben zum Leben zu erwecken, wird Angeles, ist Wasser als wiederkehrenbei Philipp Keel also das Normale ver- des Element im Oeuvre von Philipp Keel
rückt. Diese Überzeichnung – seien es auch in der Werkgruppe »Air Mattress«
die Formen von Seerosenblättern oder wiederzufinden. Eindrucksvoll zeigt die
die Farbenspiele der Sierra Nevada, wie Serie, wie durch einen besonderen Aussie nur Ray-Ban sehen kann – fordert schnitt, dynamische Lichtreflektionen
das rezipierende Subjekt dazu auf, die oder farbliche Veränderungen unterFaszination einer subjektiven Deutung schiedliche Erfahrungen beim Betrachder Realität zu erfahren. Aus Licht und ten der Arbeiten ausgelöst werden
Form entsteht Kunst – für Philipp Keel können, von aufwühlend über erregend
sind beide unabdingbare und aufein- bis hin zu beruhigend und der Auslöander abzustimmende Elemente. Nicht sung synästhetischer Wirkungen.
24
brennpunkt 1/2014
© Philipp Keel, »Beloe the Surface«, (O.i.F.)
Auf jegliche vorherige Inszenierung
verzichtend und nicht darauf bedacht,
ein Motiv aufgrund dessen ästhetischer
oder referentieller Funktion auszuwählen, setzt der Künstler den Beginn
eines Werkes stets in jenem Zeitpunkt,
in dem ihn ein ergreifender Moment
einholt: beim Autofahren, Schwimmen
oder Sinnieren. In diesem besonderen
Augenblick der Erfahrung lässt sich Philipp Keel treiben und kreiert das Abbild
seines Empfindens. Damit beherbergt
jede Arbeit eine autobiographische
Facette, ist somit Reflektion seiner eigenen Wahrnehmung und seiner selbst
Galerien
© Philipp Keel, »Hotel Le Dune«, (O.i.F.)
© Philipp Keel, »Sierra Sunset«, (Original in Farbe)
© Philipp Keel, »Crow«, (Original in Farbe)
und gewährt dem Betrachter einen intimen Einblick. Die anschließende Phase
im Entstehungsprozess ist von einer subtilen Verfremdung bis hin zur Abstraktion gekennzeichnet. Mit einer eindringlichen Hingabe zum Detail wird der auf
den Träger »projizierte« Moment nach
ästhetischen Empfindungen weiterentwickelt, eine Phase, die bis zu einem
Jahr in Anspruch nehmen kann, bis die
Gestalt erreicht ist, die den Künstler endlich ruhen lässt.
Über Philipp Keel
1968 in Zürich geboren, arbeitete sich
bei Philipp Keel bereits in früher Kindheit ein starkes Interesse zu den bildenden Künsten heraus. Im Jugendalter begegnete er erstmals dem Medium
der Photographie als künstlerisches Ausdrucksmittel. Nach einer Ausbildung
am Berklee College of Music in Boston
gründete Philipp Keel in der Schweiz
eine kleine Werbagentur, auch um die
Unabhängigkeit seines Kunstschaffens
zu gewährleisten, bevor er an der Münchener Hochschule für Fernsehen und
Film Regie studierte. Die anschließend
in Kalifornien verbrachte Lebensphase
prägte sein künstlerisches Schaffen
nachhaltig. Er etablierte sich in dieser
Zeit als Künstler, Filmemacher sowie
Autor, schrieb u.a. den Bestseller »All
about Me« und begann sich intensiv mit
Farbphotographie auseinanderzusetzen.
Die Kooperation mit dem Printer Don
Weinstein – der auch mit Künstlern wie
Richard Avedon, Annie Leibovitz und
Helmut Newton zusammenarbeitete –
öffnete Philipp Keel einen experimentellen Raum, in dem er seine eigene
Bildsprache herausarbeiten konnte.
Im Alter von 27 Jahren entwickelte er
zusammen mit Epson die Imbue Prints –
eine bis heute unter Künstlern weit verbreitete Drucktechnik, die auch Grundlage zum persönlichen Anspruch höchster Qualität für Papier, Prints und Rahmungen ist. Neben zahlreichen Ausstel-
lungen weltweit war Philipp Keel im Jahr
2001 auch mit einer Einzelausstellung
auf der Art Basel vertreten, in der weltweit erstmals Imbue Prints präsentiert
wurden. Seit 1999 erschienen zudem
mit »Look at Me«, »Color« und »Aisa
– Images from an Imaginary Continent«
drei hochwertige Photobücher zum
photographischen Oeuvre des Künstlers. Philipp Keel lebt bis heute sein
künstlerisches Schaffen über die Photokunst hinaus auch in weiteren Gattungen der bildenden Künste wie Malerei oder in Zeichnungen aus. Nach dem
Tod seiner Mutter, der Malerin Anna
Keel, und seines Vaters, dem Verleger
Daniel Keel, leitet Philipp Keel seit 2012
den Diogenes Verlag.
bis 22. Februar 2014
Galerie Camera Work
Kantstraße 149
10623 Berlin-Charlottenburg
Di – Sa
11– 18 Uhr
Homepage:
www.camerawork.de
Facebook:
www.facebook.com/cameraworkberlin
brennpunkt 1/2014
25
Galerien
»Sommer-AktFotoshooting in der
Remise«
»TABU«
»Look, I‘m naked«
Sörens Horn
Hans Cebulski und
Manfred Wegener
Mitglieder des Arbeitskreises für künst- Zu diesem Ereignis ist die Galerie Freitag
von 16 - 20 Uhr und am Samstag und
lerische Aktfotografie
Sonntag von 14 - 20 Uhr geöffnet. Die
Vernissage
ist am Freitag, den 31. Januar
Die Dezember-Januar-Ausstellung
2014
um
19
Uhr und ist eine geschlos2013/14 »Sommer-Akt-Fotoshooting in
sene
Veranstaltung,
zu der sich Interesder Remise« ist das Ergebnis eines allsenten
bitte
bis
zum
20. Januar 2014
jährlich stattfindenden Gemeinschaftsanmelden,
da
der
Platz
begrenzt ist.
Fototermins von Mitgliedern und Freunden des Arbeitskreises künstlerische
Aktfotografie e.V. In diesem Jahr fand Anmeldungen zur Vernissage bitte unter:
diese als Indoor-Veranstaltung Ende E-Mail [email protected]
August 2013 statt.
Die Vernissage wird diesmal mit einigen
Überraschungen
bestückt sein.
Location war eine Remise in BerlinSpandau – einem 3-stöckigen WohnFotostudio, u.a. ausgestattet mit Requisiten der Berliner Fetisch-Szene.
Diese Ausstellung präsentiert nun die Vernissage:
ausgewählten Bildideen dieser kreati- 31. Januar 2014, 19 Uhr
ven Zusammenarbeit jedes Fotografen
mit jedem Modell in jedem der sehr
unterschiedlich gestalteten Räumlichkeiten.
Unter dem Titel, »Schau her, ich bin
nackt« zeigen Hans Cebulski und
Manfred Wegener eine kaleidoskopische Show künstlerisch inszenierter, intimer Porträts von selbstbewussten Frauen.
Die Aufnahmen entstanden im Studio,
in der Natur und an ungewöhnlichen
Orten. Beeindruckend ist die erotische Ausstrahlung und Kraft ihrer schonungslos ehrlichen Bilder.
Vernissage:
7. Februar 2014, 19 Uhr
© Hans Cebulski, (Original in Farbe)
7. Februar 2014 bis 2. März 2014
© Jochen Deckert, (Original in Farbe)
© Sörens Horn, (Original in Farbe)
bis 26. Januar 2014
31. Januar 2014 bis 2. Februar 2014
(nur 1 Wochenende!)
26
brennpunkt 1/2014
Die Aktgalerie
Krossener Straße 34
10245 Berlin- Friedrichshain
Fr., Sa., So.
16 – 20 Uhr
Galerien
Uwe Glanz
»Stadtbilder von 1989
bis 2012«
Uwe Glanz, 1956 in Berlin geboren,
erlernte den Beruf eines Elektromonteurs. Der Wunsch, Situationen, Personen fotografisch festzuhalten entstand
schon früh. Die Gelegenheit, dies auch
umzusetzen ergab sich, als anfang der
80er Jahre im Jugendclub Impuls, im
Prenzlauer Berg, ein Fotoclub gegründet wurde, den erst Roland Hensel und
später Jürgen Nagel leiteten. Später vervollkommnete Glanz seine Fähigkeiten in Seminaren der Ostkreuzschule
für Fotografie bei Michael Trippel und
Werner Mahler.
© Uwe Glanz
Großes Interesse zeigte Uwe Glanz an
der Straßenfotografie. Dies sei, so sagt
er, eine ergiebige Möglichkeit der Wirklichkeit nachzuspüren und einer Gesellschaft auf den Zahn zu fühlen.
So beschäftigt sich auch ein Teil der präsentierten Bilder mit den letzten Monaten der DDR, der »Wende« und der Zeit
der Hoffnungen auf weitgehende Änderungen.
Eine Reihe von Fotos stellt das Tun und
Treiben im ehemaligen Todesstreifen,
der zum Lebensstreifen wurde, dar.
Im letzten und größten Teil begleitet © Uwe Glanz
Uwe Glanz in Farbe und Schwarz-Weiß
die Entwicklung in einer Zeit der »Nor- Im Hauptbahnhof – der »Durchgangsmalität«.
tür« Berlins, zeigt Glanz das Kommen
Er beobachtet die Menschen im Regie- und Gehen in gigantischer Architekrungsviertel, am Hauptbahnhof, im tur, an einem Ort des ständigen NichtMauerpark, in Prenzlauer Berg und in Seins.
Mitte und versucht ihre Befindlichkei- Die Mischung, zu der auch Plakate und
ten einzufangen.
Graffitis gehören, ist es, die Glanz fasDie Bilder zeigen, wie sich im Mau- ziniert. So ist er unterwegs um sich ein
erpark der Rest einer guten Idee vom Bild vom Leben in Berlin zu machen,
Lebensstreifen, eines Ortes mit einer dass er uns darbietet.
besonderen Atmosphäre zu halten versucht.
Das Regierungsviertel – Beton gewordene Macht, groß und unterkühlt, zeigt
sich trotzdem anziehend für Touristen
und Sonntagsspaziergänger.
Vernissage
16. Januar 2014, 19 Uhr
17. Januar bis 28. Februar 2014
Fotogalerie Friedrichshain
Helsingforser Platz 1
10243 Berlin-Friedrichshain
Di, Mi, Fr, Sa
Do
14 – 18 Uhr
10 – 18 Uhr
brennpunkt 1/2014
27
Galerien
»IDENTITY LOST«
ein fotografisches
Projekt von der
dänisch-norwegischer
Fotokunstgruppe
VINGESUS
Die dänisch-norwegische Fotokunstgruppe VINGESUS (»Flügelschwirren«)
untersucht in ihrem Projekt »Identity
Lost« die Begriffe Transformation und
den Verlust der Identität mit dem Ausgangspunkt in diesen Gedanken.
Die Gruppe zeigt in einer Mischung aus
Realität und fotografischer Fiktion, wie
Identität und etablierte Wahrheit aufgelöst werden können und zu einer neuen
Interpretation der Wirklichkeit werden.
Die Mitglieder der Fotokunstgruppe
VINGESUS arbeiten mit der Fotografie
als künstlerisches Ausdrucksmittel in
allen Schattierungen.
Für die Mitglieder der Gruppe sind Fotoapparat und digitale Bildbearbeitung die
Werkzeuge in einem kreativen Prozess
wie Pinsel und Leinwand Werkzeuge
von Malern und Noten Werkzeuge von
Komponisten sind.
Gemeinsam besteht der Wunsch einen
Eindruck zu schaffen und zu vermitteln,
trotz der verschiedenen Richtungen der
Fotokunst.
Ob das mit Hilfe der einen oder anderen
Technik geschieht, ist ohne Bedeutung.
Es ist das Resultat und nur das Resultat, was zählt.
Die einzigartige Eigenschaft der Fotografie, im Vergleich mit anderen Kunstarten ist die präzise Registrierung eines
Objektes. Diese Eigenschaft weist sich
jeder Fotograf zu Nutzen zu machen.
Jedoch für die Fotokunstgruppe VINGESUS beginnt der Prozess erst richtig
hier.
nellen Ausdrucksformen eine Bildspra- tion aus Zeichnung – das ist ihr künstleche zu schaffen, wo Fiktion und Wirk- rischer Ausgangspunkt – und Foto, das
lichkeit zu einer neuen Einheit zusam- ist ihre anderes Medium, schildert sie
den Menschen als ein suchendes und
menschmelzen.
untersuchendes,
verwirrtes und einsaDie Fotokunstgruppe VINGESUS sucht
mes,
gebendes
und
vergebendes und
weder Harmonie noch Schönheit. Sie
manchmal
siegendes
Individuum. In
sucht die Artikulation und will damit
diesem
Spannungsfeld
wird
unser Anerzeigen, wie die Fotografie sich in neuen
kennung
und
Sehnsucht
untersucht
und
Bereichen ausdrücken kann.
das Erreichen der Identität.
Die Mitglieder der Fotokunstgruppe
VINGESUS:
Annemette Rosenborg Eriksen
Annemettes Arbeiten konzentrieren sich
auf die poetischen und wehmütigen
Schilderungen von Menschen und der
vom Menschen geschaffenen Umwelt.
Mit Sorgfalt und Anmut malt sie ihre
Tableauer mit der Kamera als wäre diese
ein Pinsel. Die Menschen die sie schildert, stellt sie eingeschlossen in sich © Dorte Bundesen
oder ihre Umgebung da. Die Natur wird
mit Eis bedeckt oder unter Wasser dar- Else Vinæs
gestellt. Ab und zu, wie ein Gegensatz, Else arbeitet mit der menschlichen
zeigt sich eine ungezähmte Wildheit Anwesenheit oder auch Abwesenheit
in ihren Bildern und der Wunsch nach in einer konstruierten Wirklichkeit. Die
Freiheit taucht auf – in ungewohnt hefti- Realität im Raum wird aufgehoben und
der Mensch zeigt sich als einziger wirkgen und warmen Farben, wie Feuer.
licher Bezugspunkt für den Zuschauer.
Dieser ist im Zentrum sowohl durch
seine Anwesenheit als auch durch seine
Abwesenheit. Farben werden dazu
gebraucht Stimmungen und Gefühle
hervorzuheben, ob es die schneiden
schönen oder eklatanten provozierenden sind. Formen und Inhalt suchen die
Zusammenarbeit zu einer bedeutungsvollen Einheit.
© Annemette Rosenborg Eriksen
Dorte Bundesen
Arbeitet mit Menschen und Kommunikation als Zentrum in ihren Werken. Ihre
Werke haben oft eine religiöse Dimension. Nicht so sehr im christlichen Verstand, sondern als eine Bereitschaft einzutauchen in den uralten Wunsch des
Menschen eine drohende Umwelt zu
verstehen. Darum findet man oft VerDie Fotokunstgruppe VINGESUS arbei- weise auf das gesamte Repertoire von
tet im Spannungsfeld zwischen Fiktion Symbolen und magischen Kultgegenständen, die Menschen schon immer
und Wirklichkeit.
Die Gruppe versucht sowohl mit expe- verehrt haben und die die Grundlage
rimentierenden als auch mit konventio- aller Kunst bilden. Mit einer Kombina28
brennpunkt 1/2014
Erik Jørgensen
Erik arbeitet mit dem Mensch im Zentrum. Der Mensch wird gut oder böse
dargestellt oft mit einem Augenzwinkern und einer ironischen Distanz,
andere Male mit völliger Empathie und
grosser Sensibilität. Manchmal in grellen Farben, dann wieder in harmonischen und schönen Farben. Wir können
die Personen als Bilder unserer selbst
sehen und lachen oder weinen oder
beides gleichzeitig. Und wir können
zuschauen und uns auf die Geschichte
der Umgebung beziehen und vielleicht
etwas mehr über uns selbst und unsere
Umgebung lernen. Die Bilder wollen so
Galerien
© Jesper Bo Jensen
© Else Vinæs
viel – sie wollen uns provozieren und
uns nachdenken lassen und sie wollen
unsere Gefühle treffen und hinterfragen
wer wir sind und wer wir seien wollen.
hinterlassen hat, die wir finden, und
wer sie wohl eines Tages ändern wird.
Die Natur ist ein Partner, kein Gegner
und fügt der von Menschen geschaffenen Umgebung Stoff und Struktur zu.
Es sind Räume, die man gerne betreten
möchte um sie zu erforschen und sie
dann klüger zu verlassen wer man ist.
Jesper Bo Jensen
Jesper arbeitet mit der Grenze zwischen
Wirklichkeit und Fiktion. Mit dem verwischen und weichmachen der Konturen und der Farben verschieben sich Peder Brødstedt Pedersen
die Bilder in einen Raum, wo die Fan- Peders Bilder sind von Stimmungen und
tasie ins Spiel kommt und die Reali- fliessenden Übergängen geprägt. Orgatät in Frage gestellt wird. Er manipu- nische Produkte aus unserer gewohnliert die Wahrnehmung der realen Welt ten und vertrauten Umgebung werden
und weckt damit bei dem Zuschauer die einbezogen und umgewandelt in einen
Lust und die Möglichkeit neue Perspek- etwas abenteuerlichen, manchmal
tiven seines Erlebens der Wirklichkeit. Er sogar sinnlichen Ausdruck. Eine Fantaist besonders von der Stadt eingenom- siewelt, geschaffen durch sehr konkrete
men, deren Räume und Leben in einem und erkennbare Elemente aus unseweichen Licht geschildert werden. Der rem Alltag wird zu nicht erkennbaren
Zuschauer wird mit einem Eindruck Elementen in einem Ganzen, welche
zurückgelassen, der intensiv und sinn- unsere Fantasie anregt.
lich ist. Ein Stadtraum, in dem man eintreten möchte.
Tor Einstabland
Tor wird als ein Mensch beschrieben,
Josephine Ernst
der schwer einzuschätzen ist und aus
Josefine schafft ihre ganz eigenen Räume dem man nicht klug wird. Seine Figumit einer Mischung aus Natur und Kultur. ren sind unscharf, undeutlich, flüchDie Räume ruhen. Sie sind menschen- tig und auf dem Sprung. Der Betrachleer obwohl man spürt, dass Menschen ter wird gefangen in der Jagd nach der
hier mal gewesen sind oder eines Tages Identität seiner Personen, wird neukommen werden. Die Räume sind ruhig gierig und bekommt Lust sowohl die
ein wenig nebelig und genügen sich Person als auch die Umgebung die sie/
selbst und doch haben die Menschen ihn umgibt zu untersuchen. Die Farben
ihre Spuren hinterlassen. Der Betrach- und Formen sind in vollendeter Harmoter wundert sich, wer wohl die Spuren nie und betonen ein Gefühl von Einsam-
© Josephine Ernst
keit und Suchen, welche des Betrachters eigene Suche nach Identität provozieren und wecken. Man wird mit der
Frage nach etwas oder jemand zurückgelassen, aber auch mit etwas Unruhe
und Freude.
Vernissage
20. März 2014, 19 Uhr
21. März bis 2. Mai 2014
Fotogalerie Friedrichshain
Helsingforser Platz 1
10243 Berlin-Friedrichshain
Di, Mi, Fr, Sa
Do
14 – 18 Uhr
10 – 18 Uhr
brennpunkt 1/2014
29
Galerien
Fred Stein
»Im Augenblick«
Ein Augenblick kann entscheidend sein
– im Leben wie in der Fotografie. Für
den Fotografen Fred Stein waren es
diese kurzen Momente, die sein Leben
bestimmten, persönlich wie beruflich.
Als Sohn eines Rabbiners 1909 in
Dresden geboren, wurde der überzeugte Sozialist Fred Stein nach der
Machtergreifung der Nationalsozialisten gezwungen, seine Position als Jurist
aufzugeben und Deutschland zu verlassen. 1933 konnte er unter dem Vorwand
einer Hochzeitsreise mit seiner Frau Lilo
nach Paris fliehen. Dort stand er vor der
Herausforderung, aus dem Nichts eine
neue Existenz aufbauen zu müssen. Eine
Kleinbildkamera der Marke Leica, die
sich Fred und Lilo Stein gemeinsam zur
Hochzeit schenkten, gab den entscheidenden Impuls: Die Fotografie wurde
seine neue Profession.
In Paris konnte Fred Stein nach kurzer
Zeit ein eigenes Fotostudio einrichten.
Bereits ab 1935 beteiligte er sich an
mehreren Ausstellungen, zusammen
mit namhaften Fotografen wie Brassaï,
Man Ray, Dora Maar und André Kertész.
Nach Ausbruch des Krieges gelang dem
Ehepaar, nun mit gemeinsamer Tochter,
erneut die Flucht.
1941 erreichten sie mit einem der letzten Schiffe New York. Dort nahm Fred
Stein die Fotografie wieder auf und
nutzte, neben der Leica, eine Mittelformatkamera der Marke Rolleiflex. Die
einfache Handhabung dieser Kameras
ermöglichte es ihm, durch die Straßen
zu flanieren und die Stadt und ihre Menschen in kurzen aber entscheidenden
Augenblicken festzuhalten. Zeit seines
Lebens konzentrierte er sich auf Straßenansichten und Porträts.
Die Ausstellung zeigt das Werk Fred
Steins erstmalig umfassend in Deutschland. In mehr als 130 Schwarz-WeißFotografien werden Straßenansichten
aus Paris und New York sowie Porträts präsentiert. Darüber hinaus veranschaulichen private Dokumente sowie
Original- und Kontaktabzüge Biografie
und Werk des Fotografen.
30
brennpunkt 1/2014
Zeitungshut, New York 1946,
© Estate of Fred Stein
Volksfront, Paris 1936, © Estate of Fred Stein
Soziologie der Straße
»Du hast nur diesen einen Moment. Wie
ein Jäger, der sein Ziel anvisiert, wartest
du auf den Augenblick, der aussagekräftiger ist als alle anderen.« (Fred Stein)
In den Städten seiner Emigration – in
den 1930er Jahren in Paris und ab den
1940er Jahren in New York – fotografierte Fred Stein unzählige Straßenansichten, darunter auch Aufnahmen der
jüdischen Viertel.
Neben klassischen Motiven der beiden
Metropolen, entstanden zahlreiche
Milieustudien und Charakterbilder. Sie
stehen in einem soziologischen Kontext Hydrant, New York 1947, © Estate of Fred Stein
von Armut und einfachem Leben in der
Stadt und zeigen Straßenarbeiter, Ver- bis 23. März 2014
käufer, Obdachlose und Familienszenen. Fred Steins Blick verbindet das All- Jüdisches Museum
tägliche mit einem Sinn für den außerge- Libeskind-Bau EG
wöhnlichen Moment. Ebenso fällt sein Eric F. Ross Galerie
Humor ins Auge, den er in seinen Bil- Lindenstraße 9-14
dern häufig aufblitzen lässt.
10969 Berlin-Kreuzberg
Psychologie des Porträts
»Die Kamera unterscheidet nicht zwischen Berühmtheiten und einem Niemand, zwischen einem guten Freund
und einem völlig Fremden, wenn sich
der Verschluss öffnet.« (Fred Stein)
.
Mo
10 – 22 Uhr
Di – So
10 – 20 Uhr
Eintrittspreise:
Museumsticket regulär: 7 Euro
Museumsticket ermäßigt: 3,50 Euro
Kinder bis 6 Jahre: Eintritt frei
Familienticket (2 Erwachsene, bis zu
4 Kinder): 12 Euro
Galerien
Léa Habourdin
»Cahier de
Doléances«
»Book of Possibilities«
»Der Mensch ist ein Tier, das sich
seiner eigenen Hilflosigkeit zuwenden
kann.«*
Die französische Fotografin Lea Habourdin stellt mit »Cahier de Doléances«
und »Book of Possibilities« zwei ihrer
Arbeiten in der Galerie exp12 - exposure twelve aus: In Ihrer Arbeit geht es
um das Spannungsverhältnis zwischen
dem instinktiven, triebhaften Verhalten
der Tiere und dem menschlichen Sozialverhalten, welches von den Regeln der
Vernunft innerhalb unserer Gesellschaft
bestimmt wird. In ihren Bildern vermischt Lea Habourdin Körper, Körperdetails, Schnitte oder Markierungen auf
der Haut mit Darstellungen von Tieren,
die oft nur schemenhaft zu erkennen
sind oder sich abwenden; sie sammelt,
verbindet und assoziiert. Sie zerschneidet Fotografien, die zu Metaphern für
physiologische Phänomene innerhalb
des Körpers werden; es geht um einen
Zustand, der manchmal unkontrolliert erscheint, in welchem der Mensch
handlungsunfähig ist oder sich in einem
ambivalenten Zustand treiben lässt.
Die Arbeit von Léa Habourdin wurde
bereits im Juni 2012 als Teil der Projektion The Flood Wall I bei exp 12
gezeigt. Zum ersten Mal werden nun
zwei Serien von Léa Habourdin innerhalb einer Einzelausstellung gezeigt:
»Cahier de Doléances« (»Beschwerdeheft« / »Register of grievances«) & »Book
of Possibilities« (»Buch der Möglichkeiten«).
»Cahier de Doléances« nannte man
zur Zeit des »Ancien Régime« in Frankreich eine Liste von Wünschen oder
Beschwerden, die an den König weitergereicht wurden. Bei Léa Habourdin
kann es als ein Buch der Klagen, Strafen, Erinnerungen oder sogar als Aufgabenheft verstanden werden.
Gedanken und Bilder, Zeichnungen und
Fotografien, Gegensätze und Verbin-
© Léa Habourdin
dungen wurden in der zweiten Arbeit,
dem »Book of Possibilities«, in Form
eines Skizzenbuches gesammelt. Dieses
Buch ist eine frühere Arbeit und gilt als
ein notwendiger Vorläufer, um die spätere Serie »Cahier de Doléances« zu
entwickeln und zu vertiefen. Die beiden
Serien werden nun erstmalig in Form
eines Dialogs im Raum für Fotografie
exp12 - exposure twelve präsentiert.
Léa Habourdin ist eine französische
Künstlerin, die an der Schule für Fotografie in Arles (École Nationale Supérieure
de la Photographie d’Arles / ENSP) studiert hat. Ihre Arbeiten wurden auf Festivals wie Les Boutographies in Montpellier, Voies-off in Arles, dem Phnom
Penh Photo Festival, dem Lianzhou Foto
Festival und dem Kaunas Photo Festival
(Auswahl) ausgestellt. Die Serie »Cahier
de Doléances« wurde beim Boutographies Photo Festival 2011mit dem 1st
Prize prämiert. Sie hat eine Anerkennung bei der Bourse du Talent sowie den
1st Young Talented Photograph Prize von
Express -Style bekommen.
© Léa Habourdin
© Léa Habourdin
8. März bis 6. April 2014
*Giorgio Agamben- Sur ce que nous pouvons ne
pas faire (Über das, was wir nicht tun können )Nudités- Payot Rivages 2009
exp 12 / exposure twelve
Greifswalder Straße 217
10405 Berlin-Prenzlauer Berg
http://www.leahabourdin.com
Vernissage:
7. März 2014 um 19 Uhr
Sa
16 – 20 Uhr
So
14 – 18 Uhr
www.exp12.com
brennpunkt 1/2014
31
Galerien
Francis Ducreau
»Stadt der Menschen Menschen der Stadt«
Eine Stadt ausdrücken. Ihr Wesen erfassen.
Muss man dafür die Größe ihrer Bauwerke hervorheben, den Charme ihrer
Straßen, die Farbe ihrer Gewässer, das
Wegenetz der Tram? Oder sollte man
versuchen, die geheimen Seiten der
Stadt ans Licht zu bringen?
All dies wäre möglich. Francis Ducreau hat jedoch einen ganz anderen
Weg gewählt.
Der Fotograf, der seit 25 Jahren in Berlin
lebt, hatte Zeit, sich mit der Stadt vertraut zu machen, ihre Stimmungen,
ihre Geschichte und ihren Rhythmus
aufzusaugen. Sie zu seiner eigenen zu
machen. Und das Berlin, das er fotografiert, ist ein menschliches, ein alltägliches, ein lebendiges Berlin.
Francis Ducreau erforscht Berlin am
liebsten vom Fahrrad aus und die hier
ausgestellten Bilder sind bei Fahrten
kreuz und quer durch verschiedene
Viertel in den letzten drei Jahren entstanden. Sie erheben weder Anspruch
auf Vollständigkeit, noch liegt ihnen ein
System zugrunde, und wenn, dann das
des geduldigen und aufmerksamen Blickes.
Im Laufe der verschlungenen Pfade,
denen wir folgen, bekommen wir weder
den Schatten des Fernsehturms zu sehen,
noch die imposante Silhouette des Brandenburger Tores oder die schwindelerregende Architektur am Potsdamer Platz.
Wir verweilen nicht in angesagten Straßencafés oder in Kellerräumen aktueller Szene-Clubs, und ebenso wenig
bewundern wir die Werke weltberühmter Straßenkünstler. Es geht hier weder
um die Weltgeschichte noch um die
europäische Hauptstadt mit dem größten Sexappeal. Das sind keine Bilder für
einen Reiseführer. Das Berlin, das Francis Ducreau uns zeigt, ist bescheiden
und keinesfalls ein Selbstdarsteller
Wenn man diese Brachen betrachtet, die
von Unkraut und Graffitis überwuchert
sind oder die engen Hinterhöfe, die rie32
brennpunkt 1/2014
© Francis Ducreau, (Original in Farbe)
© Francis Ducreau, (Original in Farbe)
sigen Plätze und die Möchtegern-Terras- vielmehr darum, was an einem Biergarsen der billigen Imbissbuden, dann wird tentisch passiert, auf dem Sprungturm
mit einem Schlag klar, was das Wesen eines stillgelegten Schwimmbades, auf
dieser Stadt heute ausmacht. Es ist die einer Parkbank, auf einem Friedhofsweg.
unbeschreibliche Freiheit, die sie ihren Es geht um die Menschen, die hier leben,
Bewohnern eröffnet.
um die Spuren, die sie hinterlassen, um
Der Raum, den sie dem Menschlichen die Schwingungen ihrer Lebensenergie,
gibt. Und natürlich kann man hier und um die vergängliche - weil lebendige da Spuren der Mauer, die Silhouette Dimension des Urbanen.
eines berühmten Bauwerks erahnen. Denn in diesen Bildern sieht man, dass
Und man bemerkt, dass es sich um Berlin eine Stadt mit menschlichen Auskeine reiche Stadt handelt. Der vernach- maßen ist. Das erscheint paradox, wenn
lässigte Zustand so mancher Gebäude man an ihre riesige Ausdehnung und
zeugt davon. Aber das ist nicht das ihre breiten Straßen denkt. NichtsdesThema. Darum geht es hier nicht. Es geht totrotz kommt einem beim Betrachten
Galerien
© Francis Ducreau, (Original in Farbe)
© Francis Ducreau, (Original in Farbe)
© Francis Ducreau, (Original in Farbe)
dieser Bilder genau das in den Sinn.
Berlin ist so groß wie die Träume seiner
Einwohner, wie ihre Wünsche und Fantasien...
Gesichter aus verschiedensten Lebensphasen und Schichten, natürliche oder
gestylte; die Berliner, die wir hier sehen,
sind vielleicht hier geboren oder leben
nur für einige Zeit in der Stadt, aber was
macht das schon? Durch ihren Anblick
zeigt uns Francis Ducreau die Großzügigkeit von Berlin. Ein Berlin, das
sich zurücknimmt, um sowohl denen
Platz zu geben, die hier leben als auch
denen, die nur auf der Durchreise sind.
zu ergreifen und einen der legendären
hier noch existenten Fotoautomaten
auszuprobieren. Es kostet nur ein paar
Euro die Spuren des eigenen Berlinbesuchs auf diese Weise zu verewigen.
Und das natürlich analog! Fotos, die
man für kein offizielles Dokument verwenden kann, die kein Amt akzeptieren
würde. Fotos, auf denen man zu zweit
sein kann, beim Grimassen schneiden
oder küssen. Fotos, nur für sich selbst.
In vier Bildern greift Francis Ducreau
dieses Thema auf. Das Posieren, das
Warten, das Lachen und Lächeln beim
Anblick der Ergebnisse. Beabsichtigte
Selbstreferenz?
Letztendlich bleibt auch er der analogen
Fotografie treu, ein Anhänger des Mittelformats, der Art des Fotografierens, die
das Überraschungsmoment bewahrt
und Geduld verlangt.
Und so kann man sich des Gedankens
nicht erwehren, dass das durch die Technik auferlegte Abwarten und der geduldige Blick des Fotografen ganz besonders gut zu dieser Stadt passen, die ihren
Bewohnern die Zeit zum Leben lässt.
Die Zeit, man selbst zu sein. Und wenn
das nur der Traum des Fotografen wäre,
so möchte man doch auf jeden Fall glauben, dass es wahr sein könnte.
Myriam Louviot
Aus dem Französischen von Esther
Jahns
Die Stadt enthüllt auf diese Weise ihr
wahres Selbst: ein riesiger Raum, in dem
sich jeder selbst erfinden kann.
Berlin, wo man mitten in der Stadt auf
Sand oder anderem Untergrund BeachVolleyball spielt, wo man auf Plätzen
ein Nickerchen macht, sich auf offener 2. Februar bis 18. Mai 2014
Straße küsst, seinen zerschlissenen Liegestuhl in einem dunklen Hof aufstellt, Café Aroma Photogalerie
sein Auto mitten auf dem Bürgersteig Hochkirchstraße 8
parkt... Berlin, wo man hier etwas baut, 10829 Berlin-Schöneberg
während sich dort die Natur ihren Platz
Mo – Fr 18 – 24 Uhr
zurückerobert.
14 – 24 Uhr
Berlin, wo man sich fotografiert. Alle Sa + So
Reiseführer empfehlen, die Gelegenheit und nach Vereinbarung
brennpunkt 1/2014
33
Galerien
Christina Vazou
Gunta Podina
Italo Morales
Lara Ciarabellini
Linka A Odom
Tracey Fahy
Uta Beyer
Veronika Lukasova
»AusZeiten&Räumen«
Die fotografischen Essays von acht AbsolventInnen des Masterstudiengangs Fotojournalismus und Dokumentarfotografie des London College of Communication, University of the Arts London sind
dokumentarische Reisen zu Menschen
und Orten in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Dabei werden wir als
BetrachterInnen nicht nur Zeugen dieser
Reise – das Zuschauen selbst wird zu
einer reisend-suchenden Bewegung:
Die Projekte fordern eine Justierung
des eigenen Blicks auf die uns umgebende Welt und ihrer fotografischen
Dokumentation, die uns gleichzeitig
auch auf unsere Position als ZuschauerInnen zurückwirft. Dabei wird das
Verhältnis zwischen dem, was wir zu
sehen bekommen und den Erzählungen
und Geschichten, die wir uns zu den
Bildern vorstellen verkehrt. Die Bilder
sind immer auch ein Entzug des Sichtbaren: Fragmente, Ausschnitte, Dekontextualisierungen, die neben dem Sehen
das Erzählen ihrer Geschichten anregen.
Was sehe ich? Und was sehe ich nicht?
Was erzählen mir die Bilder? Und was
erzähle ich mir selbst?
In Somnambulism öffnet uns Lara Ciarabellini psychologische Landschaften
des immer noch kriegsversehrten Bosnien und Herzegowinas. Dabei wird das
kollektive Gedächtnis eines Landes in
seinen Bewegungen zwischen schlafwandlerischer Schockstarre, Amnesie, Bewusstwerdung und Verdrängung
untersucht. Italo Morales blickt mit
Overnight Generation in die Haupt34
brennpunkt 1/2014
© Christina Vazou
© Italo Morales, (O.i.F.)
stadt Sarajevo und dokumentiert das
Leben ihrer jungen Erwachsenen, die
in einer Stadt aufwuchsen, die im Schatten des längsten Belagerungszustandes
der modernen Geschichte liegt. »Eine
Generation, die über Nacht erwachsen
werden musste, während wir anderen
schliefen.« Christina Vazou gibt mit
Behind the Scenes of the Greek Crisis ein
eindrucksvolles Porträt der politischen
und ökonomischen Situation Griechenlands in den Jahren 2009-2012. Als Frau
eines griechischen Abgeordneten und
Mutter zweier Jungen, als griechische
Bürgerin und Fotografin eröffnet sich
ihr zwischen privatem und öffentlichem
Leben ein berührender und eindringlicher Blick hinter die Kulissen Griechenlands als ein Land in der Krise. Mit Uta
Beyer begleiten wir in Heimlich zwanzig Rentnerinnen und Rentner in Tiflis/
Georgien, die am Rande des Existenzminimums leben. Die Bilder sind atmosphärische Momentaufnahmen, die zwischen Sehen und Erfahren liegen und
eine intuitive Annäherung an Bilder,
Gegenstände und Situationen ermöglichen.
Einem weit entfernten und utopischen
Ort widmet sich Veronika Lukasova.
Galerien
© Gunta Podina, (O.i.F.)
© Uta Beyer, (O.i.F.)
© Tracey Fahy
© Linka A Odom, (O.i.F.)
© Veronika Lukasova, (O.i.F.)
In Mars: Dreams and Schemes untersucht sie den Mars als einen Ort der
wissenschaftlichen Forschung und der
Zukunftsvisionen. Spinning Compass
von Linka A Odom zeigt das Bereisen der
Welt und ihre Reisenden: Handbemalte
Schwarz-Weiß-Fotografien von Reisenden werden zu einer sozial-anthropologischen Untersuchung über Erfahrungen und Beweggründe des Reisens. Die
Flucht vor dem Alltag und die Reise an
einen vermeintlich »perfekten Platz«
schildert Njut Lagom! The Secret Art of
Being Swedish von Gunta Podina: Njut
Lagom! berichtet über die SchwedInnen
und ihr Freizeitverhalten. Es untersucht
die Exzentrizitäten und kulturellen Klischees in Momenten der Flucht aus dem
Alltag. Bereits in den alltäglichen und
allgegenwärtigen Ereignissen und Vor- © Lara Ciarabellini, (O.i.F.)
fällen, liegt etwas Besonderes, das uns
Tracey Fahy in If not now, when? zeigt: Vernissage:
»Das gewöhnliche Leben, voll und ganz 14. Februar 2014, 19 Uhr
gelebt, ist außergewöhnlich«.
15. Februar bis 9. März 2014
In ihrem besonderen Spannungsverhältnis zwischen Sichtbarem und Unsicht- aff Galerie
barem, Erlebtem und Erzählten geben Kochhannstraße 14
die Projekte einen vielschichtigen und 10249 Berlin-Friedrichshain
intensiven Einblick in die zeitgenössische Dokumentarfotografie.
Sa + So
15 – 18 Uhr
Kuratiert von Lena von Geyso www.aff-galerie.de
brennpunkt 1/2014
35
Galerien
Franziska Rutishauser
»Fotografische
Installationen«
Aufwändige Cibachrome-Vergrößerungen von Belichtungen im Sandwichverfahren und Montagen als Intarsien
und in mehrteiliger Rahmung entstanden zwischen 1989 und 1995. Danach
nutzte Franziska Rutishauser die Fotografie als Entwurfsmedium für ihre
Malerei. Die Galerie Carpentier zeigt
einige dieser frühen Werke in Gegenüberstellung zu ihren neuen fotografischen Arbeiten. In den letzten Jahren
wurde die Fotografie von der Künstlerin ganz bewusst als digitales und damit
»schnelles« Medium eingesetzt. So entstanden Bildserien, die filmische Assoziationen hervorrufen. Die Schaffung von
Durchlichtbildern auf Leuchtkästen in
installativen Anordnungen hat neben
der Malerei einen Platz im Œuvre der
Künstlerin gefunden.
Franziska Rutishauser, An-Wuchs, 1994
Ilfochrome, Glas, MDF, 92x60cm, Unikat
Die Arbeitsweise der Künstlerin macht
die 2013 als Heft 007 in der Edition
Carpentier erschienene Werkmonographie »Berliner Sandberge / Bildserie 4«
anschaulich. Eine Folge von 83 Fotografien als beinah filmischer Bildlauf führt
den Gang durch riesige Sandhaufen des
Boden-Austausches einer Berliner Baufläche für geplante Einfamilienhäuser.
Assoziationen wie Bodendekontaminie- © Franziska Rutishauser, Ab-Schied, 1994.
rung und die in demselben Jahr erfolgte Ilfochrome, Glas, MDF, 83 x 88,5 cm, Unikat
Marslandung sind bewusst nicht ins
Bild geführte Sichtbarkeiten. Franziska Vernissage:
Rutishauser sagt über ihre Arbeit: »Für Freitag, 31. Januar 2014, 19 Uhr
mich ist die von mir ausgehende Sicht Musikperformance: Joachim Gies
von Bedeutung. Diese Sichtweise geht
einher mit einer gelebten Idee, sie leitet MEET THE ARTIST
sich ab von Weltanschauung. Von der Samstag, 15. Februar 2014
Utopie, die ich in mir erzeuge. Etwas 11 bis 15 Uhr
Fremdes soll in den Arbeiten entstehen, das zugleich anzieht und sich verweigert, Signale sendet, die Betrachter 1. Februar bis 21. Februar 2014
gewissermaßen angemessen kleidet.«
Carpentier Galerie
Die 1962 in der Schweiz geborene Meinekestraße 13
Künstlerin studierte 1982 – 1988 an 10719 Berlin-Wilmersdorf
der Hochschule für Kunst der Universität Bern. Seit 2009 lebt und arbeitet Di – Fr 16 – 18 Uhr
Franziska Rutishauser in Berlin.
und nach Vereinbarung
Manfred Carpentier www.carpentier-galerie.de
36
brennpunkt 1/2014
© Franziska Rutishauser, Ueber-Lauf, 2013.
Installation, 350 x 45 x 40cm, Duraclear auf
Leuchtkästen, Metallrohre, Gummileitung
Ausstellungen
Galerie Thomas Schulte Museum Europäischer imago fotokunst
Kulturen
1. Februar bis 22. März 2014
15. März bis 11. April 2014
Robert Mapplethorpe
Charlottenstraße 24
10117 Berlin-Mitte
Di–Sa
12–18 Uhr
bis 27. April 2014
Edgar Zippel
»Porträts junger Europäer«
Martin Gropius Bau
Arnimallee 24
14195 Berlin-Dahlem
Di–Fr
10–18 Uhr
Sa + So
11–18 Uhr
bis 9. März 2014
Barbara Klemm
»Fotografien 1968-2013«
15. März bis 22. Juni 2014
Wols
»Der gerettete Blick«
Niederkirchnerstraße 7
10963 Berlin-Kreuzberg
Mi–Mo
10–19 Uhr
Deutsches Historisches
Museum
9. Mai bis 5. Oktober 2014
Herlinde Koelbl
»Targets«
Ausstellungshalle I.M. Bau
Hinter dem Zeughaus
Unter den Linden 2
10117 Berlin-Mitte
täglich
10–18 Uhr
Galerie cubus-m
bis 24. Januar 2014
Andreas Fux
»Fährten«
Pohlstraße 75
10785 Berlin-Schöneberg
Di–Fr
14–19 Uhr
Sa
11–19 Uhr
DAS VERBORGENE
MUSEUM
bis 9. Februar 2014
Käthe Augenstein
Abschlussarbeiten, Fotoklasse 34
Künstlerische Leitung:
Andreas Rost
Linienstraße 145
10115 Berlin-Mitte
Di–Fr
12–19 Uhr
Sa
14–18 Uhr
Kommunale Galerie
Berlin
9. Februar bis 30. März 2014
Hans Hochheim / Andreas Rost
»Berlin unterwegs«
Schlüterstraße 70
10625 Berlin-Charlottenburg
Do–Fr
15–19 Uhr
Sa + So
12–16 Uhr
Hohenzollerndamm 176
10713 Berlin-Wilmersdorf
Di–Fr
10–17 Uhr
Mi
10–19 Uhr
So
11–17 Uhr
Wagner + Partner
Caritas Galerie
9. Mai bis 21. Juni 2014
Raïssa Venables
»Clearing Space«
bis 7. Februar 2014
Benjamin Ochse
»Hotel 1000 Sterne«
Strausberger Platz 8
10243 Berlin-Friedrichshain
Di–Sa
13–18 Uhr
Residenzstraße 90
13409 Berlin-Reinickendorf
Mo–Fr
8–18 Uhr
Galerie Dittmar
CIRCLE berlin
bis 25. Januar 2014
Barbara Klemm
25. Januar bis 23. März 2014
Piotr Pietrus
»Józio«
Auguststraße 22
10117 Berlin-Mitte
Di–Sa
12–18 Uhr
Loock Galerie
14. März bis 26. März 2014
Charlie White
Potsdamer Straße 63
10785 Berlin-Schöneberg
Di–Sa
11–18 Uhr
Brunnenstraße 188-189
10119 Berlin-Mitte
Mo–Fr
10–16 Uhr
Swedish Photography
17. Januar bis 26. Januar 2014
I am Swed (ish)
Karl-Marx-Allee 62
10243 Berlin-Friedrichshain
Mi–Sa
12–18 Uhr
brennpunkt 1/2014
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Galeriebericht
Kulinarisches
Man sagt, das einst für seine Boulette und deren engste Verwandte, die
Schrippe, bekannte Berlin sei heute
Deutschlands kulinarische Hauptstadt, mit mehr Sterneköchen als sonst
irgendwo. Kaum zu glauben. Wo soll
denn so viel guter Geschmack so
schnell herkommen? Da könnten wir
ja gleich dem unsäglichen Jürgen Teller
den Nobelpreis für Modefotografie verleihen, nachdem wir Gundlach und
Newton endlich überwunden haben.
Auf diese Idee hat mich Jens Hinrichsen vom Tagesspiegel gebracht, der
sich diese Alternative für Newton in der
Jebensstraße tatsächlich vorstellen kann.
Kaum zu glauben. Das ist ein Phänomen: Einerseits gibt es diesen Trend zum
extrem banalen, unfotografischen Bild,
bunt und doch farblos, andererseits verführt die immer perfektere digitale Technik zu opulenten Leckerbissen.
Berlin, Porträt 01, 22nd of April, 2012, © Erwin Olaf /Courtesy WAGNER + PARTNER, Berlin, (O.i.F.)
© Eugenio Recuenco, Orientalism 1, 2009, (O.i.F.)
Jahren nicht gegeben war. Recuenco verströmen eine unheilvolle Stimmung.
Ein 5-Sterne-Künstler ist Eugenio doziert aber nicht, er öffnet vor allem Die Personen, auch Kinder, wirken so
Recuenco bei CWC in der August- jungen Leuten leichteren Zugang zu eingezwängt in das Konzept des Künststraße. Der Spanier greift mit seinen unseren Wurzeln, weil er seinen Fries lers, dass ich froh bin, am Straußberlustvoll ironischen Inszenierungen tief mit heutigen Menschen bevölkert.Er ger Platz wieder unter lebendigen
in den Fundus der Kunstgeschichte und schlägt damit eine Brücke vom helleni- Menschen zu sein. Francis Bacon lässt
verzaubert uns auf jeweils zwei Qua- schen zum modernen Schönheitsideal. grüßen.
dratmetern mit komplexen Bilderzäh- Der Effekt erinnert an YadegarAsisi und Ein rechter Schlawiner auf dem Gebiet
lungen. Das spektakuläre Prunkstück sein geniales Pergamon-Panorama auf der inszenierten Fotografie ist Matthias
der Ausstellung ist sein »GreekFrieze«, der Berliner Museumsinsel, geschaffen Leupold bei argus. Er hat es faustdick
sagenhafte 18 Meter lang und manns- mit den Mitteln der Fotografie und der hinter den Ohren, seit 30 Jahren. Erinhoch. Wenn man die Strecke abschrei- Malerei.
nern Sie sich an unser letztes Cover?
tet, taucht man ein in die Antike und die Die Meister der flämischen Schule Den Rufer im 3-D-Kino? Das ist eine
Klischees, die vom Schulwissen übrig sind dem Niederländer Erwin Olaf bei Serie, im nächsten Bild hält sich der Typ
sind. Die Brillanz und die Genauigkeit Wagner + Partner Vorbild für seine düs- eine Waffe an die Schläfe, aufgenomin jedem Detail täuschen eine Wahrhaf- teren Arrangements. Technisch sind die men mit echtem Publikum im Ostberlitigkeit vor, die eigentlich schon vor 2000 großen Tableaus bestechend, doch sie ner »International« im Jahre 1983! Das
38
brennpunkt 1/2014
Galeriebericht
© Giampiero Assumma
© Matthias Leupold, »Brotausträgerin«
muss man sich erstmal trauen! Da war
noch kein Tauwetter an der Mauer. Es
hat ihn denn auch mehrfach erwischt,
bis man ihn 1986 ausreisen ließ. Man
kann keinem seiner analogen SWFotos trauen. Sie haben alle einen doppelten Boden. Besonders hat sich der
1959 geborene Leupold in seiner Serie
»Fahnenappell« mit der berüchtigten
Formalismus-Debatte von 1953 auseinandergesetzt, mit der die SED die
Künstler der DDR auf ihre Staatsziele
festlegen wollte. Seine »Schönheit der
Frauen«knüpft pfiffig an die Aktfotografie der vorigen Jahrhundertwende an.
Wenn ich nach solchen Herausforderungen in die Jebensstraße wechsle, zu
JuneNewtons Auswahl »Paris-Berlin« Leonid Breschnew, Willy Brandt, Bonn, 1973. © Barbara Klemm
aus dem Nachlass ihres Helmut, 2012
gezeigt im Grand Palais vor 400.000 Absolut ungekünstelt sind dagegen die gleichen, mit ruhiger Hand und kühlem
Besuchern, vermisse ich schon etwas kraftvollen Männerbilderdes Neapoli- Kopf den einen Moment erfassen, in
mehr Substanz hinter dem schönen taners Giampiero Assumma bei imago. dem Geschichte sichtbar wird, für uns
Schein, der allerdings was Kulinarisches Das brutale Schwarzweiß ist das ideale und die, die nach uns kommen. Von
hat. Es mag auch mit der Bewunderung Medium für die dampfende Körper- 1959 bis 2004 hat das Barbara Klemm
für den weiblichen Körper zusammen- sprache dieser Typen aus der Psychia- als geniale Chronistin der FAZ souverän
hängen und dem Respekt vor der Per- trie oder von hinter den Kulissen athle- gemeistert. Und zugleich bestätigt sie
sönlichkeit. Dafür haben seine Models tischer Wettkämpfe (siehe brennpunkt die heute in der Bilderflut untergeganihm und uns wenig von sich verraten. 4/2013).
gene Maxime, dass ein durchkompoBis 18. Mai ist die Kollektion aus dem Ein ganz anderes Feld ist das Bild vom nierter Bildaufbau zusammen mit dem
erschöpflichen Archiv der Stiftung zu Mann im Fokus der Öffentlichkeit. Die entscheidenden Moment erst das aussehen, zusammen mit den brillanten Bildmedien können heute politische sagestarke Foto ergibt. Ich kann meinen
Männerakten des Greg Gorman, von Schicksale entscheidend beeinflussen. Lesern nur empfehlen, sich die wunderJune Newton bei der Eröffnung hoch Deshalb tragen die Menschen hinter der bare Retrospektive im Martin-Gropiusgelobt, aber geschmacklich arg an der Kamera hohe Verantwortung. Vor allem Bau anzusehen, offen noch bis 9. März
Grenze.
die Fotografen müssen ganz nah dran 2014. Es ist lebendige Geschichte.
sein, oft im drängelnden Pulk von ihresbrennpunkt 1/2014
39
Galeriebericht
© Thomas Nitz, MC#1, 2011
trag des Stern jahrelang begleitet, um
nicht zu sagen verfolgt, weniger respektvoll als Barbara Klemm, auch in Familie
und Badehose. Dazu eine Sonderschau
des »Kanzlerfotografen« Konrad Rufus
Müller, der unsere politischen Vaterfiguren oft aus großer Nähe und sehr
emotional porträtiert hat. Am liebsten
sind mir seine listigen Details von der
Mimik des alten Adenauer, der genau so
ein Schlitzohr war. Die finden begreifWilly Brandt 1978, © Konrad Rufus Müller, courtesy PINTER & MILCH
licherweise in der SPD-Zentrale keinen
Platz. Es gibt manchmal Querverbindungen, die politisch nicht korrekt erscheinen. Da hat Norbert Bunge (argus) im
Oktober eine kleine Ausstellung eingeschoben für Will McBride und sein
neues Buch »Berlin im Aufbruch«. Das
Buch ist neu, die Fotos sind von 1956
bis 63. Ein ganz wichtiger Abschnitt in
der dramatischen Nachkriegsgeschichte
der Stadt. Der freche eher linke Aufklärer für Quick und Twen hat übrigens
1965 einen Porträtband über Adenauer
gemacht. Durchaus mit Respekt und
dem Humor, der dem auch eigen war.
Wenn man in den Berliner Galerien unterwegs ist, muss man für alles
offen sein. Da ist immer Unerwartetes,
manchmal Umwerfendes. Das kann
sogar umwerfend konventionell sein.
So bei DS Allen, der mit dem analogen
Willy Brandt 1978, © Konrad Rufus Müller, courtesy PINTER & MILCH
SW-Film durch Prenzlauer Berg wandert, vornehmlich im Winter, immer bei
Danach sollte man der Stresemann- lich deutsche und deutsch-deutsche Sonnenschein, den Fotokünstler sonst
straße folgen bis zum Willy-Brandt- Geschichte gemacht. Max Scheler, eher meiden. In der Fehrbelliner Straße,
Haus. Das lohnt sich auch für SPD- Robert Lebeck, Thomas Hoepker und am Pfefferberg, zeigte er seine spannenMuffel. Der Namenspatron hat schließ- Volker Hinz haben Willy Brandt im Auf- den Perspektiven aus dem Kiez, bereitet
40
brennpunkt 1/2014
Galeriebericht
© Ulrich W. Schmidt »Treib:gut«
mit den klassischen Zutaten Licht und
Schatten. Hier kocht der Chef noch
selbst, die leuchtenden SilbergelatinePrints entstehen in der Dunkelkammer.
Nur ein paar große Formate, die schon
bei Carpentier zu sehen waren, sind
Digidrucke.
Carpentier zeigte im November die
»Fotografischen Unikate« von Thomas
Nitz. Der treibt die Kochkunst auf die
Spitze, indem er seine frontalen Frauenbildnisse auf Planfilm mit bizarren
Strukturen überlagert und auf Aquarellkarton belichtet, den er zuvor mit Pigment, Binder, Sand und lichtempfindlicher Emulsion beschichtet hat. Zum
Nachtisch zerschnippelt er das Negativ
und macht damit sein Kunstwerk unwiederholbar. Hier ist der Weg das Ziel,
nicht das Ergebnis. Oder der Preis?
Es gibt einen soliden Mittelweg, den
man schon fast einen Trend nennen © Paolo Primiero
könnte. Dem folgen zum Beispiel die 9
Mitglieder des »Atelier freier Fotogra- früher vorgestellt. Ulrich W. Schmidt
fen (aff)« die sich der dokumentarisch- war bis 10. November zu sehen mit
narrativen Sparte des Mediums ver- seinen stimmungsvollen französischen
schrieben haben. Sie öffnen ihre schmu- Küstenlandschaften. In zauberhaften
cke Galerie in Friedrichshain auch ähn- Grautönen »besingt« er die Weite von
lich gepolten Gästen. Die Gruppe zeigt Himmel und Meer, hat aber auch Sinn
ihre facettenreichen »Fragmente« noch für ironische Details.
bis 18. Januar. (Siehe auch brennpunkt Paolo Primiero gewinnt dem nassen
4/13). Thomas Graichen und Helena Element mit seinen »WasserbegegnunSchätzle haben wir den Lesern schon gen« bis Ende Januar im Café Aroma
auch mal eine vertrackte Form ab, mit
eigenwilligen Ausschnitten, die die
Anteilnahme des Betrachters einfordern.
Wenn der sich in der lebhaften Atmosphäre des Restaurants darauf einlassen
kann, genießt er den sinnlichen Gehalt
der meditativen Bilder. Das ist in Schöneberg. Schon mal was gehört von schöneberger-art(.de)? Das ist ein herbstlicher Galerierundgang im Bezirk der
Freiheitsglocke. Der bot dem Gründer
des Berliner Fotosalons, Volker Wartmann, Gelegenheit, dort seine »Verschlusssache – geheimnisvolle Orte
im Rathaus Schöneberg« öffentlich zu
machen. Mit Digikamera und Stativ ließ
man ihn in Büros und Archiven stöbern.
Die detailscharfe Ausbeute soll nun zu
einem Bildband werden. Ich sorge mich
ein wenig um die Zielgruppe.
Herangeführt an die unaufgeregte Art
des Bildermachens mit überkommener
Technikwerden junge Fotobegeisterte
an den Berliner Schulen auch deshalb,
weil ihre Begeisterung dem heute selbstverständlichen Umgang mit Handy und
Smartphone entspringt. Es fehlt die fotografische Grundversorgung. Was dann
am Ende eines Lehrgangs auf den Tisch
oder an die Wand kommt, kann sich
meistens sehen lassen. So im Dezember bei imago die Arbeiten der Klasse
33 unter der Leitung von Ursula Kelm.
Die erfahrene Dozentin versteht es, aus
ihren Zöglingen heraus zu kitzeln, was
in ihnen steckt, an langer aber straffer
Leine. Die »Fotografie als Fotografie«
bleibt dabei die Richtschnur.
In der großen Schau des 7. Jahrgangs
der Ostkreuzschule in den Uferhallen
war das weniger deutlich. Bei 25 Schülern von 3 Dozenten ist es schwer, Tendenzen auszumachen. Auf jeden Fall
überwiegt hier die digitale Farbfotografie, hintergründige Bildideen sind eher
selten, aber ein festes Konzept ist die
Regel. Das Bild vom Menschen, oft vom
eigenen Ich, nimmt auf vielerlei Weise
Raum ein. Noch ist nicht abzusehen, ob
die Eleven mal nach den 5 Sternen des
Recuenco greifen werden oder, vielleicht sogar einträglicher, nach Jürgen
Tellers Erbsensuppe?
Ein glückliches 175. Jahr der Fotografie
wünscht allen Lesern
Klaus Rabien
brennpunkt 1/2014
41
Buchbesprechung
Bernhard Edmaier
»EarthArt – Colours of
the Earth
Faszination Erde: Die
Farben der Welt«
Ari Atoll, Maldives
Yukon, Alaska, USA
Laguna Roja, Chile
Maellifellsandur, Iceland
Neuer Bildband: EarthArt – Colours
of the Earth
220 Seiten, 160 großformatige
Abbildungen, Größe 30,5 x 35 cm,
gebunden mit Schutzumschlag,
Phaidon Verlag, London, 2013, ISBN
978-0714865768, Preis 49,95 Euro�
Phänomen Farbe
Wir nehmen Farbe mit all unseren
Sinnen wahr, wir sehen, wir spüren, wir
riechen sie und manchmal kann man
Farbe auch hören. »Farben wirken direkt
auf Geist und Empfindung.« Farben
haben einen »direkten Einfluß auf die
Seele«, schrieb schon Johann Wolfgang
von Goethe, der 1810 seine Schrift »Zur
Farbenlehre« veröffentlichte.
Faszination Natur – Neue Perspektiven
auf den Planeten Erde
Bernhard Edmaier nimmt uns mit auf
eine Reise zu den Wundern der Welt.
Der vielfach ausgezeichnete Fotograf
Bernhard Edmaier bereiste für sein
neues Buch die unterschiedlichsten
Länder und Kontinente – von Europa
nach Nord- und Südamerika, von Afrika
bis nach Island und Spitzbergen. Für
EarthArt – Colours of the Earth trug er
160 ausgewählte Fotografien zusammen (90% Luftaufnahmen), die das
schier unendliche Farbspektrum der
Erde wiedergeben.
Mit unseren Augen können wir mehrere hundert Farben unterscheiden, mit
technischen Hilfsmitteln sind es bis zu
7 Millionen Farbtöne. Sie scheinen wir
wieder zu finden in den Aufnahmen des
neuen Bildbandes EarthArt – Colours
of the Earth, der beim renommierten
42
brennpunkt 1/2014
© Bernhard Edmaier, »Laguna Verde«, Atacama Desert, Bolivia, (O.i.F.)
© Bernhard Edmaier, »Artist´s Palett«, New Zealand, (O.i.F.)
»Gute Landschaftsfotografen gibt es
viele; aber keiner versucht derart radikal wie Edmaier, die funktionalen Prinzipien unseres Planeten in ästhetisch
vollkommenen Bildern einzufangen.«
natur & kosmos
»Voller Farbe ist die Welt von Bernhard
Edmaier .... Über Gletscher und CanyDer Fotograf Bernhard Edmaier
Geboren 1957, ausgebildeter Geologe, ons, Eismeere und Wüsten ist er geflobevor er vor etwa 20 Jahren die Foto- gen und hat Bilder von diesem Planegrafie zu seinem Beruf machte und die ten eingeholt, die sich kein Maler phanFotoagentur »Geophot - Bilder der Erde« tasievoller hätte ausdenken können ....«
gründete. Seine Bildbände zeigen die Süddeutsche Zeitung
vielfältigen Farben, Formen und Strukturen der Erde. Bernhard Edmaier konzen- Die Autoren:
triert sich in seinen Arbeiten auf Luftauf- Dr. Angelika Jung-Hüttl ist Geologin
nahmen von 50 bis 4000 Metern Höhe. und Wissenschaftsautorin für eine VielFür »Geoart – Kunstwerk Erde« erhielt er zahl von verschiedenen Zeitungen und
1998 den Kodak-Fotobuchpreis. 2001 Magazinen. Sie arbeitet und reist mit
wurde er mit dem renommierten Has- Bernhard Edmaier seit 20 Jahren und
ist Autorin verschiedener seiner Bildselblad Master Award ausgezeichnet.
bände.
Stella
Paul ist Kunsthistorikerin und
Pressestimmen zu Bernhard Edmaier
freie
Journalisten.
Sie war lange Zeit
»Bernhard Edmaier ist der interessanfür
das
Metropolitan
Museum of New
teste Luftbild-Fotograf der Welt.« ARD
York
tätig.
Kulturweltspiegel
Kunstbuchverlag PHAIDON in London
erschienen ist.
Der Bildband wird ergänzt mit Beiträgen
der Wissenschaftsjournalistin Angelika
Jung-Hüttl und der New Yorker Kunsthistorikerin Stella Paul.
Fotoszene
Deutsche Gesellschaft
für Photographie
veranstaltet
internationale Tagung
zum 175-jährigen
Jubiläum der
Photographie
Unter dem Titel Missing Links & Forschungslücken veranstaltet die Deutsche Gesellschaft für Photographie
(DGPh) vom 6. bis 8. März 2014 im
Auditorium der Berlinischen Galerie
eine internationale interdisziplinäre
Tagung zum 175-jährigen Jubiläum der
Photographie.
Wo liegen die weißen Flecken auf
der Landkarte der Photographiegeschichte?
Welches sind die einerseits heute dringend erscheinenden Desiderate und
andererseits geeignete neue Ansätze,
um der Photographieforschung neue
Richtungen zu eröffnen? Welche Wendepunkte gab es in der 175-jährigen
Geschichte der Photographie wirklich?
Und wie ist der als so tiefgreifend emp-
fundene Wandel des Mediums seit der
Digitalisierung aus historischer Perspektive einzuordnen und zu bewerten?
Wo gab und gibt es in der Geschichte
des Mediums Photographie »Missing
Links«, die Neuorientierungen, aber
auch Sackgassen und »Fehlentwicklungen« aufzeigen und erklären können?
Die DGPh nutzt das 175-jährige Jubiläum der Photographie im Jahr 2014 zu
einer Annäherung an diese Fragen. Im
Rahmen ihres dreitägigen, mit international hochkarätigen Referentinnen und
Referenten besetzten Symposiums soll
anhand von Fallbeispielen schlaglichtartig die ganze Bandbreite des Mediums
aufgerufen werden.
Die DGPh mit ihren sechs ganz unterschiedlichen Schwerpunkten – organisiert in den Sektionen Bild, Bildung,
Geschichte und Archive, Kunst - Markt
- Recht, Medizin- und Wissenschaftsphotographie sowie Wissenschaft und
Technik – ist dazu hervorragend aufgestellt. In die Betrachtung soll sowohl die
Vergangenheit als auch die Gegenwart
einbezogen werden, unter Umständen
können sogar Prognosen für mögliche
zukünftige Entwicklungen der Photographie entworfen werden.
Die Tagung versammelt in exemplarischen Fallstudien die ganze
Bandbreite der Forschungen zur
Photographie(geschichte) in Theorie
und Anwendung, die heute zumeist in
Gudrun Angelika
Hoffmann
»Nackte Verfremdung«
separate Felder aufgeteilt ist und deren
Vertreterinnen und Vertreter kaum mehr
im Austausch miteinander stehen. Aber
gerade dieser Austausch, der hier angestrebt wird, ermöglicht neue Sichtweisen, das Erkennen neuer Forschungsfelder und die Möglichkeit, sich heute
den als solchen wahrgenommenen Missing Links & Forschungslücken anzunähern. Die intensive Diskussion der
Vorträge, die bedeutende Vertreter der
unterschiedlichsten Bereiche zugesagt
haben, steht im Zentrum der Tagung.
Die DGPh als zentraler Verein, der sich
vorrangig für die kulturellen Belange
der Photographie und verwandter Bildmedien einsetzt, ist dazu prädestiniert,
einen solchen Austausch zur 175-jährigen Geschichte und zu künftigen Perspektiven des Mediums zu ermöglichen.
Der genaue Tagungsablauf wird in
Kürze auf der Webseite der DGPh
bekannt gemacht werden. Anmeldungen werden ab sofort online entgegengenommen.
Diese Pressemitteilung zum Download
unter:
http://www.dgph.de/presse_news/
Weitere Informationen zum Symposium
Missing Links & Forschungslücken und
zur Deutschen Gesellschaft für Photographie unter:
www.dgph.de
Alle Bilder basieren auf Aktstudien an
lebenden Modellen. Die Bildnisse vermitteln einen freien, anmutigen Umgang
mit dem Thema der Nacktheit.
Weitere Sujets expressiver, abstrakter
Werke unter:
www.Gudrun-Angelika-Hoffmann.de
Malerei in Öl und Acryl
Die Aktgalerie präsentiert mit Gudrun
Angelika Hoffmann eine Stahnsdorfer
Kunstmalerin. Sie benutzt Öl und Acrylfarben für ihre Aktbilder. Die Ölbilder
basieren auf einer Renaissancetechnik
des Mittelalters. Dadurch erhalten die
Körper eine durchscheinende, greifbare Realität, die z.T. mit einer modernen Technik verfremdet wird.
Die Acrylwerke sind von der expressiven
Arbeitsweise der Künstlerin geprägt.
Vernissage
7. März 2014 um 19 Uhr
7. März bis 30. März 2014
© Gudrun Angelika Hoffmann, (O.i.F.)
Die Aktgalerie
Krossener Straße 34
10245 Berlin- Friedrichshain
Fr., Sa., So.
16 – 20 Uhr
brennpunkt 1/2014
43
Fotoszene
Fotokunst verkaufen
mit Luxad
17 Ausstellungen in drei Jahren Luxad
haben bei mir wertvolle Eindrücke und
Erkentnisse hinterlassen. Unter anderem habe ich erkannt, dass ein Großteil
der Interessenten und Käufer aus dem
Umfeld der Künstler selbst stammt und
es im Grunde nicht sein kann, dass Fotokunst zum Verkaufen in eine Form aus
Ausstellungsort, -dauer und -umfang
reduziert wird. Die angemessene, freie
und dauerhafte Präsentation der Werke
gelingt nur den Fotokünstlern selbst.
Im Sommer 2013 war die Idee geboren, das klassische Ausstellungskonzept
im Luxad komplett abzulösen und mit
einem neuen, innovativen FotokunstKonzept zu starten.
Kernstück des Konzepts ist der direkte
Verkauf von Fotografien in Kombination
mit Bilderrahmen über den Onlineshop.
Das System ist dabei so angelegt, dass es
Fotografien direkt von den Internetseiten
der Künstler verkaufen kann und dabei
ohne ein separates Anlegen und Verwalten der Fotografien auskommt. Ein
simpler »Link« je Fotografie reicht jetzt
aus, um sie bestellbar zu machen. Die
Fotokünstler bleiben weiterhin völlig
frei in Präsentation und Angebot und
erweitern ihre Portfolien lediglich um
den neuen Verkaufslink. Durch den Einsatz auf den Webseiten der Fotokünstler ergeben sich automatisch völlig neue
Möglichkeiten, denn nur wer den Link
sieht, kann das Werk bestellen.
© Andreas David
© Andreas David
Im Laden finden Besucher ein FotokunstRegal mit bereits eingerahmter Fotokunst von verschiedenen Künstlern zur
sofortigen Mitnahme. Es wird regelmäDie Künstler bestimmen ihren indivi- ßig in Zusammenarbeit mit den Künstduellen Preis pro Quadratzentimeter, lern befüllt und präsentiert in erster Linie
woraus sich die Preise für verschiedene die Fotokunst, die bereits über den Onli© Andreas David
Bildgrößen ergeben.
neshop verkauft wurde.
Das Konzept kommt ohne Grundgebühr aus. Lediglich ein fairer Abzug Ausführliche Informationen für Fotogravom Bildpreis wird berechnet, um damit finnen und Fotografen sind zu finden
Luxad
unter anderem die Kosten für den Foto- unter:
Mommenstraße 42 (rechs)
druck abzudecken. Teilnehmen kann www.luxad.de/fotokunst/verkaufen/.
10629 Berlin-Charlottenburg
jeder, der seine Fotos im Internet präsentiert. Eine Anmeldung als Fotokünst- Die vollständige SchnittstellenbeschreiMo – Fr 10 – 19 Uhr
ler ist erforderlich.
bung mit Beispielen kann unter:
12 – 18 Uhr
www.luxad.de/api/ abgerufen werden. Sa
44
brennpunkt 1/2014
Fotoszene
6. Europäischer
Monat der Fotografie
16. Oktober bis
16. November 2014
Der 6. Europäische Monat der Fotografie Berlin findet vom 16. Oktober bis
16. November 2014 an verschiedenen
Orten der Stadt statt. Das Thema lautet:
Umbrüche und Utopien. Das andere
Europa. Die kuratorische Leitung des
alle zwei Jahre stattfindenden Fotofestivals übernimmt der Berliner Kurator und
Kunsthistoriker Frank Wagner.
In den letzten hundert Jahren hat sich
Europa, wie wir es heute kennen, ständig verändert. Vielfältige Zäsuren, darunter die beiden Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise 1929, die Gründung der
beiden deutschen Staaten und die friedliche Revolution von 1989, haben sein
Bild immer wieder neu geprägt. Was
verstehen wir heute unter Europa im
Unterschied zu damals?
Krieg, Freiheit, Jubel, Protest, Stillstand,
Krise, das Entdecken neuer und alter
Kulturen, Gleichberechtigung, Toleranz, Identität, Intimität, Glaube, Sexualität, Mode und Alltag sind einige der
Aspekte, die das Miteinander in Europa
formen und die beim Festival zum
Tragen kommen. Häufig wird Europa
über seine Begrenzungen definiert.
Das wirft Fragen auf: Wie werden die
extremen wie auch die allmählichen
Umbrüche und Verwerfungen erlebt?
Welche Utopien prägen unser Bild von
der Zukunft? Welche Perspektiven tun
sich auf?
Der 6. Europäische Monat der Fotografie geht auf Entdeckungsreise und reagiert auf diese Fragen mit historischen
und zeitgenössischen Ausstellungen.
Frank Wagner lebt und arbeitet als
Kunsthistoriker und freier Kurator in
Berlin. 2012 kuratierte er eine fundamentale Ausstellung zum Werk des chilenischen Künstlers Alfredo Jaar, die parallel in drei Kunstinstitutionen in Berlin
stattfand: Alte Nationalgalerie, Berlinische Galerie und neue Gesellschaft für
bildende Kunst (nGbK). Von 2009 bis
2013 betreute Frank Wagner die Ausstellungen zum Arbeitsstipendium Bildende Kunst des Landes Berlin in der
nGbK, in deren RealismusStudio er seit
1985 Mitglied ist. In seiner fast 30-jährigen Tätigkeit als Kurator hat Frank
Wagner an vielen Institutionen Ausstellungen verantwortet, so z.B. am Cobra
Museum – Museum for Modern Art in
Amsterdam/Amstelveen, am Museum
Ludwig in Köln und im Hamburger
Bahnhof – Museum für Gegenwart –
in Berlin (u. a. eine Retrospektive über
Felix Gonzalez-Torres), und mit vielen
Künstlern zusammengearbeitet, darunter Group Material, General Idea, Barbrara Kruger, Allan Sekula, Rineke Dijkstra, Robert Gober, Katharina Sieverding, Stan Douglas, Miriam Cahn, Cady
Noland, Hanne Darboven, Marlene
Dumas, Hans Haacke, Monica Bonvicini und John Miller. Seine Ausstellung
in der nGbK Berlin mit Projektionen und
Fotoarbeiten von Klaus Mettig wurde
2010 in erweiterter Form in das Museum
Kunstpalast in Düsseldorf übernommen.
»Das achte Feld«, die erste deutsche
Museumsschau zur sexuellen Diversität in der Kunst seit 1960 (2006 Museum
Ludwig, Köln) zeigte Serien bedeutender Fotografen, darunter Claude Cahun
und Brassaï, Diane Arbus, Nan Goldin,
Cindy Sherman, Peter Hujar und Wolfgang Tillmans. 2003 präsentierte er mit
Hildtrud Ebert die Retrospektive »VALIE
EXPORT – Mediale Anagramme« in der
Akademie der Künste Berlin und stellte
eine Retrospektive zum filmischen Werk
Yoko Onos zusammen, 2002 kuratierte
er eine Retrospektive über Sanja Ivekovic. 1987 war Frank Wagner als Projektleiter und Redakteur (gemeinsam mit
Klaus Behnken) für die bahnbrechende
Ausstellung und das Buch »Inszenierung der Macht – Ästhetische Faszination im Faschismus« verantwortlich.
Pressekontakt: Gabriele Miketta, Tel.
030-24749-732,
[email protected]
Berichtigung
In der letzten Ausgabe 4-2013 haben
wir ein falsches Bild von Wolfgang
Hiob (Seite 82) im Rahmen »50 Jahre
Colorclub Berlin-Treptow) veröffentlicht.
Wir bitten um Entschuldigung!
© Wolfgang Hiob, (Original in Farbe)
brennpunkt 1/2014
45
Ausstellungen
Andreas Adam
»Die Sonne scheint,
da geht eine Frau und
alles ist gut«
Auf den Spuren Elizabeth von Arnims
auf Rügen
Ein Rügenurlaub im Jahr 2013 war Anlass,
sich auf Spurensuche zu begeben.
In den Jahren 1897/98 sowie 1901 nämlich hatte die Schriftstellerin Elizabeth
von Arnim (1866 – 1941) die Sommermonate auf dieser Insel verbracht
und ihre Beobachtungen und Erlebnisse in den autobiografisch gefärbten
Roman »Elizabeth auf Rügen« einfließen lassen.
Ihre (Kutsch)fahrt führte sie damals vom
Süden der Insel an der Ostküste entlang,
vorbei an Sellin, Binz und Saßnitz hoch
bis Kap Arkona und nach Hiddensee.
© Andreas Adam, »Pavillon, Seebrücke Sellin«
Begegnungen mit einem englischen
Verehrer und seiner Mutter, insbesondere aber mit ihrer emanzipationsmissionarischen Cousine Charlotte, die sich
auf der Flucht vor ihrem älteren Mann,
einem Professor und notorischen Charmeur, befindet, werden auf amüsante
Art geschildert.
Wie würde es um die Schauplätze von
einst heute, gut 110 Jahre später, bestellt
sein?
Um das herauszufinden, wurden ausgewählte Stationen der Reise aufgesucht
und abgelichtet.
Einige davon waren tadellos erhalten und nahezu unverändert, an anderen hatte deutlich der Zahn der Zeit
genagt.
So war beispielsweise die »Bretterbrücke« in Lauterbach, dem Ort, wo »das
Baden am schönsten« und an dem Elizabeth »am glücklichsten« war, überraschenderweise noch als Relikt vorhanden - den »Bonbon-Automaten in
Gestalt einer brütenden Henne«, allerdings, gibt es nur noch in der vergnüglichen Sommerlektüre zu entdecken…
Andreas Adam
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brennpunkt 1/2014
© Andreas Adam, »Badehaus Goor«, Lauterbach
© Andreas Adam, »Da geht eine Frau«, (O.i.F.)
© Andreas Adam, »Die Bretterbrücke«, (O.i.F.)
Vernissage:
21. Januar 2014, 16.30 Uhr
21. Januar bis 14. März 2014
GDA Wohnstift Göttingen
Charlottenburger Straße 19
37085 Göttingen
© Andreas Adam, »Hünengrab«,
Lancken-Granitz (O.i.F.)
täglich von 08 – 20 Uhr
Ausstellungen
JEFF WALL
IN MÜNCHEN
Wie kaum ein anderer Künstler seiner
Generation hat der Kanadier Jeff Wall
(geb. 1946) die Möglichkeiten bildnerischer Gestaltung, die Grenzen zwischen den Gattungen Malerei, Fotografie, Skulptur und Film, zwischenFiktion
und Realität thematisiert und das fotografische Bild neu definiert. München
hat sich früh zu einem Zentrum der Jeff
Wall-Rezeption entwickelt, bereits seit
den frühen 1980er Jahren war sein Werk
hier präsent, wurde ausgestellt, gesammelt und publiziert.
Die Ausstellung, die in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler entsteht,
vereint erstmals die in Münchner Sammlungen vertretenen Arbeiten. Vor allem
in den 1980er und 1990er Jahren entstanden, gibt diese 19 Werke umfassende Auswahl einen pointierten Überblick über die wichtigsten Aspekte
in Jeff Walls Schaffen, teils mit heute
berühmten, oftmals gezeigten Arbeiten
wie »The Thinker« oder »Restoration«,
aber auch durch Werke, die zu den
weniger bekannten und selten gezeigten zählen.
Jeff Wall, The Thinker, 1986, transparency in lightbox, 239 x 216 cm
Collection Lothar Schirmer, Munich, Courtesy of the artist, © Jeff Wall, (Original in Farbe)
Zur Ausstellung erscheint ein Katalogbuch im Schirmer/Mosel Verlag.
Ein vielfältiges Rahmenprogramm mit
Führungen, Workshops, Vorträgen und
Filmen begleitet die Ausstellung. Für die
Ausstellung hat Jeff Wall zudem eine
Matinée mit europäischen und amerikanischen Autorenfilmen zusammengestellt. Die einzelnen Filme werden
jeweils am 2. Sonntag des Monats zu
sehen sein.
Kuratorin: Inka Graeve Ingelmann
Die Ausstellung wird gefördert durch
den Deutschen Sparkassen- und Giroverband und PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne e.V.
Jeff Wall, The Smoker, 1986, transparency in
lightbox, 87,5 x 104 cm Collection Christa
Döttinger Courtesy of the artist, © Jeff Wall,
(Original in Farbe)
Jeff Wall, A Donkey in Blackpool, 1999
transparency in lightbox, 195 x 244 cm
Collection Lothar Schirmer, Munich, Courtesy
of the artist, © Jeff Wall,
(Original in Farbe)
bis 9. März 2014
Pinakothek der Moderne
Barer Straße 40
80333 München
Di – So
Do
10 – 18 Uhr
10 – 20 Uhr
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Fotoszene
»DIE
EXHIBITIONISTEN
BEGEGNEN DEN
VOYEUREN AUF
EINER EBENE.«
EIN GESPRÄCH
ÜBER DIE
ZEITGENÖSSISCHE
AKTFOTOGRAFIE
ZWISCHEN DEM
FOTOHISTORIKER
KLAUS HONNEF
UND DEM
FOTOGRAFEN
PEPPER VOM APRIL
2013.
Pepper: In Ihrem aktuellen Beitrag für
die Kunstzeitung beschreiben Sie den
Bedeutungswandel der Aktfotografie
und ihre in Ihren Augen zunehmende
Seichtheit und Gleichförmigkeit. Sie
vermissen innovative und mutige Künstler und Fotografen, die Tabus zu brechen oder ästhetische und gesellschaftliche Impulse zu geben in der Lage sind.
Dabei haben Sie mit Ryan McGinley ja
selbst einen Namen genannt, der eine
wohltuende Frische in das Sujet bringt,
auch ganz ohne Tabubruch. Ich sehe
die Situation nicht so verfahren wie Sie,
denn neben all den, ich will mal sagen,
Mainstreamfotografen, gibt es, wie es ja
immer der Fall war, auch Ausnahmeerscheinungen. Denken Sie zum Beispiel
an Jürgen Teller, der, aus der Modefotografie kommend, sich nackt auf einem
Flügel rekelnd, in seiner Korpulenz
selbst portraitiert. Das ist doch eine
Position, die nicht gekünstelt ist son48
brennpunkt 1/2014
dern ehrlich und authentisch. Ein paar tage nicht mehr seine Karriere mit Aufsolche Persönlichkeiten reichen doch nahmen aus dem schwulen S/M-Milieu
völlig aus, um sagen zu können, die Akt- starten, weil die nicht mehr einzigartig
fotografie bringt nach wie vor Spannen- wären. Mapplethorpe hatte für seine
des hervor, auch in unserer Zeit.
Themata das, na, sagen wir mal Glück
in einer Zeit zu leben, in der SexuaKlaus Honnef: Ich halte es mit meinem lität durch starke Tabus, gesellschaftliLehrer René König. Auch die Haltung che Vorurteile und auch Gesetze eine
der Nackten am Strand ist keineswegs enge Eingrenzung erfuhr. Da fielen
ursprünglich, sondern »parure«, ist seine Arbeiten auf und wurden konAusdruck eines kulturellen Gepräges, trovers debattiert. Das hat seine Kargehorcht den umfassenden Gesetzen riere beflügelt, er wurde international
der Mode. Was derzeit in den fortge- rezipiert. Im Langzeitgedächtnis hinschrittenen Konsum- und Mediengesell- gegen sind seine am klassischen Ideal
schaften sichtbar wird, gibt ihm recht. ausgerichteten Akte und seine BlumenDer nackte Körper ist sogar längst zu stillleben stärker verankert. Also nicht
einer Art undurchsichtigem Anzug das Kontroverse Werk. Und seien wir
geworden, dessen Erscheinungsbild ehrlich, längst nicht alles was Mappleman unbekümmert mit Hilfe von Sport, thorpe fotografiert hat war herausraDiäten und chirurgischem Besteck nach gend sondern einfach nett anzusehen.
Gutdünken modelliert wie eine Figur Denken Sie an das Buch über seine
aus Ton. Die ostentativ und massen- langjährige gute Freundin Liza Lyon.
haft zur Schau gestellte Nacktheit hat Aus heutiger Sicht ist der größte Teil
ihn förmlich entmenschlicht, indem dieser Bilder banal und langweilig.
er ihn entsexualisiert und enterotisiert Aber das ist doch Ok so, die Gesellhat, so dass er längst das Gegenteil von schaft geht weiter, die Interessen und
Authentizität »verkörpert«. Der schein- Ansichten ändern sich und eine neue
bar auf ewig jung gestylte menschli- Generation von Fotografen sucht sich
che Körper weist nur auf die makello- ihre Themen und bemüht sich um neue
sen Körper der »Hubots«, der künstli- Aspekte. Wenn wir dann mal eine Zeit
chen Menschen (Robotern), voraus, die der netten Bilder erleben ist es eben
im Fernsehen oder Kino zirkulieren: kli- so. Irgendwann ist es den Leuten langscheehaft schön, sauber, mechanisch – weilig und dann kommt etwas Neues.
und dienstbar. Dass sich in ihnen auch Man muss auch nicht krampfhaft
Gefühle entwickeln, bildet den uto- einen Tabubruch hervorzaubern. Das
pischen Ausblick. Dass die Fotografie hat jetzt zwar nichts mit Fotografie zu
diesem Prozess auf dem Weg in die tun, aber ich denke gerade an Santiago
Künstlichkeit, dessen Komplize sie ist Sierra, der in einer seiner Aktionen vier
und war, etwas entgegen setzten kann drogensüchtigen Prostituierten eine
(und wird), sehe ich nicht.
Linie auf ihren Rücken hat tätowieren
lassen und ihnen dafür den Gegenwert
Pepper: Oh, das sehe ich aber anders, für einen Schuss Heroin gezahlt hat. Er
zumindest in einigen Punkten. Ohne und ein Großteil der Kunstkritik halten
Zweifel ändert sich das Bild des Kör- diese Aktion für eine großartige provopers durch die Konsum- und Medienge- kante Gesellschaftskritik. Ich finde sie
sellschaft. Das ist aber kein neues Phä- nur ekelhaft und dekadent, denn Sierra
nomen, sondern Veränderung findet bringt Frauen dazu sich selbst zu verimmer statt und wird es auch in Zukunft stümmeln, ihren Körper, mit dem Sie
geben. Auch dass die massenhafte Dar- ihr Leben finanzieren, zu verunstalten.
stellung des Körpers, also des nackten Das ist die Aktion eines wohlhabenKörpers bis hin zur Pornografie ente- den, satten Menschen der sich selbst
rotisierend wirkt, kann ich zumindest auf Kosten anderer in den Mittelpunkt
für mich nicht behaupten. Doch ich stellt. Kritik lässt sich auch anders forwill wieder konkret zurück zur künst- mulieren. Also, ich finde nicht, dass
lerischen Fotografie kommen. Klar, Kunst und Fotografie einem Prozess
dadurch, dass heute alles möglich ist, auf Teufel komm raus etwas entgegen
schockiert vieles auch nicht mehr. Ein stellen muss. Sobald die L’Art pour l’Art
Robert Mapplethorpe könnte heutzu- Attitüde in der Aktfotografie langweilt,
Fotoszene
ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie,
der sie so viel unterwegs sind und so
viel zu Gesicht bekommen, nicht auch
die eine oder andere Position entdecken, von der Sie sagen: wunderbar,
die Aktfotografie gebe ich noch nicht
völlig verloren.
Klaus Honnef im Gespräch mit Helmut Newton während der von ihm kuratierten Ausstellung
»Helmut Newton« im Rheinischen Landesmuseum Bonn, 1987. © Walter G. Müller, DGPh
wird der Blick der suchenden Konsu- (s)einer exzessiven sexuellen Begierde
menten, Kritiker und Kuratoren schon auf. Mit dem Schwinden der humanisdie Positionen herauspicken, auf die es tischen Bildung geht allerdings der Sinn
in der nächsten Dekade ankommt.
für diese kühne Art der Provokation verloren. Im sterilen Körper der neueren
Klaus Honnef: Dass sich das Verhältnis Aktfotografie ist das dunkle, das animazum Körper vollständig versachlicht hat, lische Element des Menschseins gleichdass der Körper inzwischen als eine Art sam wegoperiert – mit Hilfe der digitaMaschine begriffen wird, die sich ten- len Technik kein Problem und schmerzdenziell bei entsprechender Behand- frei. Narben sind nicht (mehr) zu sehen
lung regenerieren lässt, ist schon etwas oder andere kosmetische »UnvollkomNeues in der Menschheitsgeschichte menheiten«. Übrig bleiben mehr oder
und hat einschneidende Auswirkungen minder attraktive Menschen in mehr
auf seine Darstellung im Bild. Damit oder minder künstlichen Verrenkungen.
schwindet im Prinzip schon der essen- Ich habe nichts gegen hübsche Dekoratielle Unterschied zwischen Körper und tion. Doch klinisch saubere Bilder schöBild. Der Körper wird in letzter Konse- ner Frauen, schöner Männer in dekoratiquenz selbst zum Bild. Das Bedürfnis, ver Hin-Richtung finde ich eher belangihn halb oder ganz nackt in der Öffent- los und total unnatürlich.
lichkeit zu zeigen, wie es von Sommer
zu Sommer in ansteigender Form zu Pepper: Aber wieder sprechen Sie von
erleben ist, wobei dieses demonstrative der Masse und negieren, dass es immer
Zeigen nicht als Appell, ihn zu berüh- auch Fotografen und Künstler gibt, die
ren, missverstanden werden darf, illus- diesem Trend in keinster Weise folgen.
triert die Sache hinreichend. Noli me Im vergangenen Jahr habe ich Bilder
tangere. Nur tiefe Blicke sind gestat- der Fotografin Benita Suchodrev gesetet. Die Exhibitionisten begegnen den hen, die Frauen um die 50 gebeten hat,
Voyeuren auf einer Ebene des symboli- sich erotisch bis nackt zu inszenieren,
schen Austauschs – take and give. Laut also Frauen, die bereits einen Groß»Spiegel« soll ja Autoerotik das Gebot teil ihres Lebens hinter sich haben und
der Stunde sein, ebenfalls mit stei- die Narben der Zeit auf dem Körper
gender Intensität. In den Bildern von tragen. Das sind keine exhibitionistiRobert Mapplethorpe tut sich dagegen schen Bilder und stehen völlig gegen
noch die skandalisierende Kluft zwi- den Trend, der in Hochglanzmagazinen
schen dem klassischen Ideal der Kalo- präsentiert wird. Das sind Statements
kagathie, des schönen Geistes im schö- von Frauen, die sagen; hier bin ich, so
nen Körper, und der abgründigen Seite sehe ich aus, ich bin auch noch da. Und
Klaus Honnef: Natürlich sind auch die
Bilder von Frau Suchodrev im Prinzip
exhibitionistische Bilder. Dagegen ist
auch nichts zu sagen, es ist unvermeidlich, ebenso, dass sie sich an unsere
voyeuristischen Gefühle adressieren.
Ich kenne die Bilder aber nicht. Deshalb kann ich mir auch kein Urteil über
sie bilden. Dass viele Frauen über 50
eine erheblich erotischere Ausstrahlung haben als die sterilen PuppenSchönheiten im Alter zwischen 17 und
22 der grassierenden Casting Shows
– geschenkt. Im Kino feiern sie von
Meryl Streep über Kristin Scott-Thomas
und Catherine Deneuve bis Charlotte
Rampling derzeit große Erfolge – wunderbar. Nick Knight und andere sind
noch weiter gegangen und haben die
erotische Kraft von behinderten Körpern
gezeigt – ohne Schlüsselloch-Perspektive, aber mit einem Schuss von attraktiver Beunruhigung. »Bilder, die noch
fehlten« hieß unsere Ausstellung mit ein
paar unglaublich prägnanten und anziehenden Beispielen dieser Sorte von Bildern. Das Schlimme an der gegenwärtigen Aktfotografie ist ja, soweit ich es
sehe, dass sie in jeder Beziehung »politically correct« ist. Und penetrant züchtig
zugleich. Wie sich ja auch die sexuelle
Praxis im deutschen Beamtenfernsehen
nur noch in Hut und Mantel, in voller
Montur vollzieht, reduziert auf ein gymnastisches Rubbeln, also verzichtbar ist.
Deshalb ist die momentane Aktfotografie auch so unerträglich langweilig – wie
das meiste in der Kunst und der Kunstfotografie. Leider. In den großen Museen
der Welt geht in den Abteilungen für
die Kunst und Kultur vor Aufbruch der
Moderne, die »alte Kunst« also, die Post
erheblich vehementer ab. Ein Vergleich
lohnt, ist aber für viele Aktfotografen
deprimierend. Vom Gegenteil ließe ich
mich allzu gerne überzeugen.
Pepper: Ach, ich glaube nicht, dass
das für die so deprimierend ist, viele
werden das eher ignorieren. Aber die,
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49
Fotoszene
die ein waches Auge haben, finden viel- ich alles andere als ein Prophet. Aus
leicht Inspiration in diesen Museums- langer Erfahrung bin ich jedoch davon
abteilungen, die ja auch Ethnologische überzeugt, dass Bilder von Autoren, die
Departments mit einschließen. Haben selbst den anziehenden nackten Körper
Sie denn gerade einen heißen Tipp, was im Netz vieldeutigster Bezüglichkeiman sich unbedingt anschauen sollte? ten zeigen, im Focus seiner hellen und
Manchmal muss man ja auf etwas gesto- dunklen Punkte, sowie den spezifischen
ßen werden.
Blick der Betrachter gleich mit thematisieren, die darüber hinaus noch ein
Klaus Honnef: Ich befürchte, im ersten Licht auf die kollektiven Erwartungen
Fall haben Sie recht. Wer sich allerdings und Befindlichkeiten ihrer Zeit werfen,
in den Bildentwürfen der Vergangenheit überdauern werden. Für die unmittelumtut, egal ob in Kunst- oder Ethnolo- bare Vergangenheit wären das Bilder
gie-Museen, und sich inspirieren lässt, von u. a. Helmut Newton, Guy Bourläuft Gefahr, die Grenzen dessen, was din, Bettina Rheims, Robert Mapple»politically correct« vorschreibt, zu ver- thorpe, Nan Goldin, Larry Sultan, Jürgen
letzen. Der Kunst täte das gut, den Urhe- Teller, Miroslav Tichy´, Nobuyoshi Araki,
bern vermutlich weniger.
Antoine D´Agata, Boris Mikhailov – und
Einen heißen Tipp zur Anschauung? Die etliche andere, doch alle keine reinen
Kunstgeschichte in den Museen der Welt Aktfotografen. Der Akt als Akt, als bloße
– Prado, Louvre, Eremitage, die National Vergegenwärtigung eines nackten weibGalerien von London und Washington, lichen oder männlichen Körpers, ist,
nicht zu vergessen die Gemäldegale- glaube ich, kein herausforderndes Bildrie in Berlin, so lange Kuratorenhoch- thema mehr.
mut sie nicht zerstört, und in der allfälligen Literatur. In puncto erotischer Pepper: Wie bewerten Sie eine PosiKunst, ein etwas umfassenderes Gebiet tion wie die von Terry Richardson, der
als die Gattung des Aktes, immer noch sich erfolgreich im Spektrum zwischen
die vielen Bücher des Sammlers Eduard harter Pornografie und ModefotograFuchs. Vor allem wegen der immensen fie bewegt?
Fülle der leider schlecht reproduzierten
Abbildungen, auch wenn die umfang- Klaus Honnef: Grundsätzlich ist er einer
reichen Analysen des Autors nur noch der Fotografen, die realisieren, was ich
in Grenzen zeitgemäß sind. Nicht ver- von einem »notwendigen Bild« (Robert
gessen sollte man aber auch, dass der Bresson) erwarte. Seine Gefahr ist allernackte Körper früher nicht allein ero- dings, dass er den Verlockungen des
tisch-sexuelle Assoziationen auslösen Kommerzes und des Spektakulären
sollte, sondern gerade in der christli- allzu oft nachgibt. Viele seiner Bilder
chen Mythologie auch die Unschuld fallen demzufolge ziemlich vordergrünund Reinheit symbolisierte. Aus diesem dig aus und huldigen lediglich dem VoyZwiespalt schlugen viele Künstler indes eurismus, ohne dass sie jenes Quäntdie ästhetischen Funken.
chen Erschrecken und Schaudern mitliefern, das sie von einer auf pornograPepper: Gibt es für Sie gegenwärtige phische Elemente setzende WerbefotoAktfotografien, von denen Sie glauben, grafie abhebt.
dass sie die Zeit überdauern werden?
Es müssen jetzt nicht unbedingt Auf- Pepper: Ich denke, dass Richardson
nahmen junger Fotografen und Foto- ein Phänomen unserer Zeit ist. Sexugrafinnen sein.
alität bis hin zur harten Pornografie
ist heutzutage in unserer Gesellschaft
Klaus Honnef: Obwohl ich – im Rück- kein Tabu mehr und wird von vielen
blick – offenbar eine besondere Intui- auch nicht mehr als anstößig empfuntion für die Künstlerinnen und Künstler den, was meiner Meinung nach auch
hatte, die fotografischen eingeschlossen, in Ordnung ist. Interessant ist aber
und deren Arbeiten bereits früh ausge- etwas, das mir eine befreundete Stustellt und kritisch gewürdigt habe, die dentin kürzlich erzählt hat, nämlich
inzwischen die visuellen Vorstellun- dass etliche ihrer Kommilitonen und
gen der Zeit maßgeblich prägen, bin Kommilitoninnen gar nicht mehr in
50
brennpunkt 1/2014
der Lage sind zwischen einem künstlerischen Akt und reiner Pornografie
zu unterscheiden. Und genau deshalb,
weil es immer häufiger keinerlei Unterscheidung mehr gibt, kann eine Person
wie Richardson beispielsweise für ein
Modelabel wie Sisley erfolgreich Kampagnen mit starken pornografischen
Andeutungen fotografieren. Es irritiert dann auch keinen, dass er parallel dazu reine Pornografie, zum Teil mit
ihm selbst als Akteur, in einem Buch
wie »Kibosh« publiziert. Dabei ist das,
was in »Kibosh« zu sehen ist grottenschlecht. Und ich wage zu bezweifeln,
dass er in Zukunft wegen seiner Künstlerischen Qualität im Bewusstsein bleiben wird. Ich halte da einen Fotografen
wie Nobuyoshi Araki für sehr viel interessanter. Klar, auch Araki macht viele
banale pornografische Aufnahmen,
aber sein Spektrum ist doch wesentlich
vielschichtiger. »Tokyo Lucky Hole«
beispielsweise geht über das Pornografische und Narzisstische hinaus –
Araki zeigt sich darin ja auch selbst als
teilnehmenden Akteur – weil es eine
konsequente fotografische Dokumentation eines berühmten Rotlichtviertels in Tokyo ist. Auch etliche seiner
Bondagefotos haben eine klare ästhetische Qualität und reichen über den
bloßen Skandal und die reine Pornografie weit hinaus. Ich habe beispielsweise die Ausstellung »Kinbaku« in der
Jablonka Galerie 2008 in Berlin noch
in guter Erinnerung.
Klaus Honnef: Womöglich haben Sie
recht. Ich ziehe ebenfalls Araki vor.
Er scheint ernsthafter und obsessiver
zu sein. Richardson schielt mit einem
Auge - nach meiner Ansicht - immer
auf die Betrachter. Er will seine Bilder
stets verkaufen, und da schreckt er
offenbar vor nichts zurück. Andererseits ist sein Vorgehen symptomatisch
für unsere auf Verkauf und Konsum versessene Gesellschaft. Als Dokumente
einer primär konsumorientierten Einstellung sind seine Bilder außerordentlich signifikant. Wenn auch nicht mein
Ding. Aber an diesem Beispiel lässt sich
leicht illustrieren, wie unsere ästhetischen Urteilskategorien durch ästhetische Praxis ihre Griffigkeit eingebüßt haben. Niemand würde Richardsons Bilder unter dem Begriff »Doku-
Fotoszene
Pepper, © Jan Sobottka, 2013, (O.i.F.)
mentarfotografie« subsumieren. Dabei
besteht kein Zweifel, dass sie »dokumentarisch« sind, weil sie das Inszenierte als Inszenierung sichtbar machen
und nicht so tun als ob. Deshalb bin ich
auch mit einer Bewertung vorsichtiger
als Sie. Sie mögen von einem bestimmten ästhetischen Gesichtspunkt »grottenschlecht« sein. Gleichwohl waren
»Bad Paintings« Ende des 20. Jahrhunderts ein wichtiger Beitrag der zeitgenössischen Malerei zur Bildkunst, weil sie
mit herkömmlichen Konventionen brachen. Ich bereite gegenwärtig eine Rede
über Andy Warhols Fotografien für eine
Galerie in Zürich vor. Über den Künstler habe ich schon 1989 eine Monografie veröffentlicht, die in über zehn Sprachen übersetzt wurde und bisher x-Auflagen erreicht hat. Nicht von ungefähr.
Denn ich habe beschrieben und analysiert, wie seine künstlerische Haltung
und sein Werk die Maßstäbe der Kunst
– Fotografie und Film eingeschlossen –
regelrecht umgestürzt haben. Seither
müssen wir unsere Maßstäbe auch in
Sachen Aktfotografie völlig neu justieren. Und in puncto dieser Bestrebungen
stehen wir noch ganz am Anfang.
Pepper: Ja, da mag ich nun meinerseits etwas zu voreilig und impulsiv in meiner abschließenden Bewertung sein. Ich lasse mich da mal überraschen. Dass Sie jetzt über die Fotografie von Warhol reden werden, finde
ich ja interessant. Ich hatte Ende der
1990 Jahre in der Hamburger Kunsthalle eine Ausstellung über alle Aspekte
der Fotografie in Warhols Gesamtwerk
gesehen und war seinerzeit sehr beeindruckt. Welche Bedeutung hat die Warholsche Fotografie in Ihren Augen für
die Gegenwart? Gehen von ihr noch
wichtige Impulse aus?
Klaus Honnef: Warhol hat die Kunst Warhols entscheidender Beitrag zur
wie kein anderer Künstler der zweiten Kunstgeschichte ist, dass er den künstHälfte des 20. Jahrhunderts verändert. Er lichen Charakter der Kunst ernst genomhat ihre Parameter geradezu umgepolt. men hat. So war Marilyn Monroe nie
Man kann die Kunst der letzten Jahr- eine individuelle Person, sondern ein
zehnte in eine Kunst vor und eine nach Geschöpf Hollywoods und als »SexsymWarhol einteilen. Seither sind ästheti- bol« ein Produkt millionenfacher (meist
sche Kriterien wie »gut gemacht« oder männlicher) Phantasie. Daran ist Norma
»gut gemalt« hinfällig, haben den glei- Jean Baker zerbrochen. Indem Warhol
chen Rang wie das inhaltsleere »gefällt sie zur Ikone erhob – zu ihren Lebzeiten
mir« bei Facebook, haben als ästhe- gab es höher bezahlte weibliche Stars
tische Maßstäbe ausgedient. Warhol und berühmtere – hat er ihr gleichsam
Impulse sind mit anderen Worten längst ein Stück Lebendigkeit zurückgegeben –
wirksam.
um den Preis des Lebens allerdings.
Pepper: Unter anderem hat Warhol sich
intensiv mit dem nackten, erotischen
männlichen Körper auseinandergesetzt,
auch ganz explizit mit dem männlichen
Geschlechtsteil und dem Sexualakt, den
er fotografiert und als Silkscreen veröffentlicht hat. Für Warhol war die Fotografie aber vor allem Ausgangspunkt für
seine kommerziellen Portraits und für
seine freien Arbeiten; die eigentlichen
Werke waren dann die Bilder und Siebdrucke. Später hat er dann Berühmtheiten für seine Zeitschrift Interview
fotografiert. Für mich sind es gerade
die Fotografien Warhols, die in ihrer
Authentizität und ihrem Materialcharakter noch heute betören.
Klaus Honnef: Nachdem er die Madison Avenue und damit eine erfolgreiche Karriere als Designer aufgegeben
hatte, um »freier« Künstler zu werden,
unterschied Andy Warhol nie zwischen freier und Auftrags-Kunst. Ebenso
wenig wie zwischen Fotografie, Malerei (meist ja Siebdruck), Skulptur, Film,
Zeitschrift, zwischen malen, fotografieren, filmen, drucken, schreiben oder
sammeln. »All is pretty«, einer seiner
vielen inflationär zitierten Sätze, fasst
seine Haltung präzis zusammen und
bezieht sich nicht auf Äußerlichkeiten. Entsprechend gleichgültig waren
ihm die Motive seiner ästhetischen
Bearbeitungen. Mit ihm ist in der zeitgenössischen Kunst an Stelle des bürgerlichen Kunstgenies der coole Beobachter, Kommentator, Macher, Organisator (eher eine Haltung, die in der
Fotografie zählt) getreten. Auch nicht
mehr im Einzelbild äußert sich seither
die Essenz des künstlerischen Wollens,
sondern in der Bildserie, der Bildreihe.
Pepper: Der männliche Akt ist in der
öffentlichen Wahrnehmung nicht so
verbreitet, obwohl er natürlich genau
so existiert wie der weibliche. Im künstlerischen Bereich waren es seit den
1960er Jahren unter anderem Robert
Mapplethorpe, Arthur Tress, Duane
Michals, Herb Ritts, Peter Hujar und
ein paar andere, die hier neue Akzente
gesetzt haben. Gibt es in ihren Augen
eine unterschiedliche Entwicklung zwischen männlichem und weiblichem
Akt? Also in den vergangenen Jahrzehnten.
Klaus Honnef: Schwierige Frage. Ich
sehe Unterschiede, bin aber ein Mann.
Die männlichen Akte, die ich kenne und
die vor allem von den Fotografen stammen, die Sie nennen, sind direkter, fordernder und vielleicht (????!!) weniger
voyeuristisch als die weiblichen Akte,
die Männer fotografiert haben. Vermutlich nur in einem anderen Sinne
anziehend und verführerisch. Würde
man jedoch ein Auto, das vorwiegend
auf weibliche Käuferschicht zielt, mit
einem halbausgezogenen Mann bewerben? Andererseits kenne ich von Fotografinnen fotografierte weibliche Akte,
die sexuell herausfordernder, appellativer und abgründiger sind als die meisten von Fotografen fotografierten Akte.
Ich kann die Frage also nicht mit einem
klaren Ja oder Nein beantworten.
www.klaushonnef.de
www.pepperproject.de
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51
Portfolio Christian Werner
Christian Werner
»Charcoal Children«
Christian Werner is a freelance photographer based in Nordstemmen, Germany.
As a teenager he developed his interest
in photography while travelling to foreign countries.
Since 2009 he’s studying photojournalism at the University of Applied Sciences in Hannover.
His main interests are social diversity
and global political issues. The areas of
interest is mainly the arabic world and
culture.
Chris worked in various countries in
Asia, Africa, Eastern Europe and South
America.
His work has been exhibited internationally. He welcomes assignments
local and overseas and.
Since 2012 Christian is represented by
agency laif.
Vita
1987 – born in Hannover.
2007 – final secondary-school examinations.
2008 – seven-month practical course
at the photography department of the
newspaper »Neue Presse«, Hannover.
2009 – begin of photojournalism study
at the University of Applied Sciences in
Hannover.
2012 – represented by agency laif.
2012 – four-month practical course at
the photography and multimedia department of the magazine »DER SPIEGEL«,
Hamburg.
Awards
2012, »BEST PORTFOLIO«- competition, 3rd , Freundeskreis des Hauses
der Photographie e.V.
2012, Unicef Photo of the Year, Honorable Mention, Unicef.
2013, Canon ProfiFoto Award 13/1,
winner, Profifoto.
2013, PDN photo annual, winner, Pdn
photo annual.
2013, px3 Prix de la Photographie Paris,
gold medal, px3.
2013, brennpunkt AWARD, winner,
brennpunkt Magazin.
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© Christian Werner
© Christian Werner
2013, American Aperture Awards, 2 x
winner, ax3.
2013, dpa news talent, 2nd, dpa news
talent
2013, Axel-Springer-Preis, finalist, AxelSpringer-Preis.
2013, Alexia Foundation Professional
Grant, finalist, Alexia Foundation.
2013, Eugene Smith Grant, finalist,
Eugene Smith Memorial Fund.
2013, Kindernothilfe Medienpreis,
winner, Kindernothilfe.
2013, Felix Schoeller Photo Award,
nominated, FSPA.
2013, JGS Photography Contest, runner-
up, Forward Thinking Museum.
2013, 68th College Photographer of the
Year, gold + bronze medal, CPOY.
2013, Fellowship 14, Commendation
Award, Silver Eye Center for Photography.
www.werner-photography.com
Im Rahmen des »browse fotofestival
berlin 2013«, wurde dieses Portfolio
mit einem brennpunkt AWARD ausgezeichnet.
Portfolio Christian Werner
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Portfolio Pavel Sticha
OSTERINSEL
Der aus Tschechien stammende und
in Berlin lebende Fotograf Pavel Sticha
hat sich international einen Ruf erarbeitet mit Fotografien aus 55 Ländern, und
natürlich aus seiner zweiten Heimat
Berlin. Gerade hat er in der Galerie des
Theaters seiner Heimatstadt Podêbrady
eine Ausstellung vorgestellt mit Bildern
von den Osterinseln.
Reporter: Pavel Sticha, Sie haben 55
Länder bereist, viele davon mit Ihrem
Assistenten Philip. Die Zusammenarbeit
war immer sehr erfolgreich. Aber dieses
Mal konnte Philip nicht dabei sein.
Pavel: Leider, leider.
Reporter: Wieso haben Sie ausgerechnet die Osterinseln aufgesucht?
Pavel: »Schuld« sind meine Schwester
und Thor Heyerdahl. Ich bekam von
meiner Schwester in den 80er Jahren
das Buch »Das letzte Paradies« des
tschechischen Schriftstellers Miloslav
Stingl über Polynesien geschenkt. Und
natürlich kannte ich die Südsee-Bilder
von Paul Gauguin. Dann las ich in der
Zeitung, dass der tschechische Ingenieur Pavel Pavel eine der großen Figuren
auf den Osterinseln, die Moai genannt
werden, »zum Laufen brachte«. Der
Artikel blieb mir auch deswegen in Erinnerung, weil ich zunächst dachte, dem
Journalisten wäre ein Fehler unterlaufen: Die Namens-Kombination »Pavel
Pavel« ist selbst in Tschechien sehr
ungewöhnlich.
Reporter: Warum sind Sie dann erst jetzt
auf die Osterinseln geflogen?
Pavel: Ich wäre beinahe schon früher
dorthin gekommen. Beim Rückflug
von Argentinien, wo ich einen Auftrag
für die Steakhaus-Kette Maredo hatte,
machte ich einen Zwischenstopp in
Santiago de Chile. Ich hätte von dort
gleich weiter auf die Osterinseln fliegen können, bekam aber leider kein
Flugticket mehr.
Reporter: Was gab den Ausschlag für die
Reise in diesem Jahr?
Pavel: Ich war mit meiner Frau Martina
in Neuseeland, und sah in einem Reisebüro eine Werbung für die Osterinseln. Da dachte ich: »Jetzt oder nie!« Im
März bin ich dann mit meinem Freund
dorthin geflogen.
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© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
Reporter: Ist es schwer, zu den großen
Figuren, den Moai, zu kommen?
Pavel: Nein, das ist wie mit der Siegessäule in Berlin – jeder findet sie.
Reporter: Wie ist es mit den Bedingungen zum Fotografieren?
Pavel: Das Wetter kann zum Problem
werden. Wir hatten an neun Tagen
Regen, an zwei Tagen konnten wir gar
nichts machen.
Reporter: Welche Erfahrungen haben
Sie mit den Menschen gemacht?
Pavel: Die Menschen dort sind sehr nett.
Einer hat uns einen Tipp gegeben, wo
es die einzige Figur im Landesinneren
zu finden gibt.
Reporter: Was hat Sie noch auf der Insel
fasziniert und beeindruckt?
Pavel: Der Besuch im Museum. Dort
weiß man alles über Pavel Pavel.
Reporter: Wissen Sie jetzt selbst mehr
über die Osterinseln?
Pavel: Es gibt verschiedene Theorien
über Transport der Moais. Einheimische sagen, sie sind gekommen.
Und das hat Pavel Pavel und Thor Heyerdahl mit einem Versuch 1986 bewiesen.
Christian Schindler
Portfolio Pavel Sticha
© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
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Portfolio Pavel Sticha
© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
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Portfolio Pavel Sticha
© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
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© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
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© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
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Portfolio Pavel Sticha
© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
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© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
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© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
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Portfolio Pavel Sticha
© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
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Fotoszene
Fotoclub Roth –
hochklassige AmateurPhotographie seit
dreieinhalb Dekaden
Der Fotoclub Roth besteht seit 1979,
also nunmehr seit fast 35 Jahren. Aus
den wenigen Gründungsmitgliedern
von damals entwickelte sich im Lauf
der Zeit eine Gruppe von rund 35 eingeschriebenen Photographie-Begeisterten, deren Arbeits- und Interessenspektrum von klassischem schwarz/weiß bis
hin zur Infrarotphotographie reicht. Der
Verein bzw. seine Mitglieder nehmen
seit langem regelmäßig und v.a. auch
regelmäßig erfolgreich an regionalen
wie überregionalen jurierten Ausstellungen und Wettbewerben teil und
präsentieren ihre Arbeiten gelegentlich
sogar im Ausland, wie in Polen und
Finnland.
Der Fixstern des Vereins ist naturgemäß
die »eigene«, jährlich stattfindende S/WAusstellung. Diese fachkundig jurierte
und auch mit ansehnlichen Preisgeldern
dotierte Ausstellung präsentiert jeweils
ca. 120 aus allen Einsendungen ausgewählte Werke in den Räumen der Kulturfabrik Roth, deren lichtdurchflutetes
sachliches Ambiente sich zu diesem
Zweck bestens eignet. An dieser Ausstellung kann übrigens jeder Amateurund Profifotograf teilnehmen. Einige
Ausstellungsimpressionen und natürlich
auch nähere Informationen zum Fotoclub Roth im Allgemeinen finden sich
unter: www.fotoclub-roth.de.
in verschiedenen Foren, wie Modelkartei und der fotocommunity messen.
Wir sind stolz drauf, nicht nur für die
Schublade zu photographieren, sondern
unsere Werke auch öffentlich zu präsentieren - in letzter Zeit z.B. in Ausstellungen der Metropolregion Nürnberg sowie
in diversen Galerien von Unternehmen
und öffentlichen Einrichtungen«.
Ein Ausstellungsaustausch mit einem
englischen Fotoclub (in einer Rother
Partnerstadt) ist übrigens gerade in Vorbereitung. Daneben stehen in Kürze
auch wieder einige gemeinsame Tagestouren an.
Außerdem bieten einige Mitglieder
aktuell wieder Volkshochschul-Kurse
zu den Grundlagen der Photographie und zur Bildbearbeitung mit Photoshop an, sogar eine Photowoche
auf den Azoren mit Leitung ist dabei.
© Andreas Michel, »TT«
© Andreas Michel, »water girl«
Folglich haben wir auch keinen echten
thematischen Schwerpunkt. Landschaft, Stillleben, Portrait und Akt sind
im Grunde gleichermaßen beliebt
und anerkannt - und auch ein guter
Schnappschuss steht immer hoch im
Kurs. Aus diesem breiten Themenspektrum ergibt sich allerdings zwangsläufig,
dass wir keineswegs eine einheitliche
Meinung zu technischen und ästhetischen Fragen vertreten. Es ist ein Glücksfall, dass uns die ausgesprochen gute
Dirk Ringehahn
Atmosphäre innerhalb der Gruppe seit
vielen Jahren ermöglicht, diese meist
Dirk Ringehahn:
sehr unterschiedlichen Meinungen bzw.
»Persönlich freue ich mich besonders vor allem deren Differenzen ausgesproauf einen bald stattfindenden Workshop chen zwanglos und offen zu diskutieim Volksbad Nürnberg, einem wun- ren. Bei unseren internen monatlichen
derschönen Jugendstil-Hallenbad, das Bildbesprechungen geht es deshalb oft
architektonisch stark an römische Ther- auch richtig zur Sache – aber gerade
men erinnert und vor etlichen Jahren unsere Uneinigkeit in photographiDirk Ringehahn, der Vorsitzende und stillgelegt wurde. Mindestens ebenso schen Fragen empfinden wir als großen
Leiter der Gruppe sagt:
wichtig wie all diese Aktivitäten ist mir Gewinn, denn erst die ständige Diskus»Wie in jedem Verein gibt es auch bei als Vorsitzenden allerdings, dass unser sion und Kritik regen die Kreativität an
uns mehr und weniger aktive Mitglie- aktiver harter Kern sowohl nach Alter und eröffnen uns allen immer wieder
der. Der harte Kern der Aktiven zählt und Persönlichkeiten als auch nach Inte- neue Perspektiven und neue Ideen.
derzeit rund 15 Köpfe. Im Verhältnis zur ressen gut durchmischt ist. Unter uns Wünsche…Ja, wie jeder Verein oder
Mitgliederzahl ist dies erfahrungsgemäß finden sich typische Reisephotographen Club wünscht man sich in den heutieine recht gute Quote - vor allem wenn ebenso wie künstlerisch ambitionierte gen Zeiten, dass die alten aktiv bleiben,
man bedenkt, dass diese 15 Photogra- Aktspezialisten, akribische Stillleben junge dazu kommen und durch diese
phen nicht einfach nur regelmäßig aktiv Arrangeure und experimentier- freudige Mischung viel Interessantes und Kreaphotographieren, sondern an jurierten Photoshop -Nerds«.
tives entsteht.
Wettbewerben teilnehmen und mit
Dirk Ringehahn
Ihren Photographien sich online und
Leiter des Fotoclubs der städt. vhs Roth
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Fotoszene
© Heinz Ripka, »Brandung«
© Thilo Bittner, »Nebel«
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Fotoszene
© Dirk Ringehahn, »sea world«
© Christine Trautner, »Brücke«
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Fotoszene
© Bernd Weyrauch, »im Nebel«
© Günther Blösl, »An der Küste«
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Fotoszene
© Günther Mühlöder, »kein Ausweg für den Falter«
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Fotoszene
© Peter Wedig, »Lazise«
© Tamara Ambrunn-Weinrich, »Strandkorb«
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Fotoszene
© Ralph Engelhardt, »Macho«
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Fotoszene
© Matthieu Favre, »Roller Speed«
© Heiko Würth, »Turmland Nürnberg«
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Fotoszene
© Rudolf Auernhammer, »Ziegenbart«
© Franz Künstler, »A apple a day«
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Fotoszene
© Günther Ullmann, »Rapunzel«
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Fotoszene
Plädoyer für ein festes
Juryteam
Mal ehrlich, geht es Ihnen nicht
genauso? Sofern Ihre Bilder bei einem
Wettbewerb ausgezeichnet werden,
waren sicherlich »gute Juroren« am
Werk. Wenn Ihre Bilder »im Keller«
landen, ist es mal wieder ein willkommener Anlass die Kompetenz der Jury in
Frage zu stellen.
Bei hinreichender Anzahl von Teilnahmen an solchen Veranstaltungen,
werden Sie aber feststellen, dass Sie mal
auf der einen - und mal auf der anderen
Seite des Grabens landen. Also haben
Sie wahrscheinlich für sich dann schon
eine Liste von »guten und schlechten«
Juroren im Kopf gespeichert.
Wenn es mal so einfach wäre...
Seitdem ich die Wettbewerbsszene
kenne, hat man sich damit abgefunden, dass Bilder auf der einen Seite
»im Keller« landen und auf der anderen Seite hoch dekoriert werden.
Ich konnte das nie so richtig akzeptieren und habe mich immer nach dem
»warum« gefragt. Wenn man diese Frage
im Kollegenkreis diskutiert, bekommt
man häufig die gleiche Antwort: »Kunst
ist eben subjektiv und sei keine Mathematik!«
Die Beurteilung von Kunst mag ja subjektiv sein - aber sie ist keinesfalls beliebig!
Sonst würde es keine Bewerbungsmappen für Fachhochschulen, oder
Abschlussprüfungen an Universitäten
im Fachbereich Kunst geben.
Warum redet man dann in der fotografischen Wettbewerbsszene immer »vom
Geschmack der Jury«?
Für mich ist das ein »Unwort des Jahres«.
Der persönliche Bildgeschmack eines
Jurors hat bei den Auswahlkriterien
keine Rolle zu spielen. Ein Jurykollege hat mal bei der Bewertung von
Bildern zu mir gesagt »das Bild gefällt
mir«. Darauf habe ich ihm geantwortet »dann kaufe es und hänge es Dir an
die Wand«.
Jurieren bedeutet das Anwenden von
Auswahlkriterien auf eine Bildmenge
zum Zwecke der Selektion durch ein
Gutachtergremium!
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Die Auswahl von Juroren
Seien wir doch mal ehrlich, oft haben
Veranstalter schon die Musikgruppe für
die Eröffnung einer Fotoveranstaltung
gebucht, bevor ihnen einfällt, dass sie
ja vielleicht noch Juroren brauchen,
die die Bilder aussuchen. Und das geht
dann nach dem Motto: »Wer kennt da
jemanden...« und wer verursacht die
geringsten Spesen.
Die Benennung von Juroren durch Veranstalter ist daher häufig ein reines Lotteriespiel.
Früher konnten Juroren ihre Inkompetenz auch immer hinter der Anonymität der Punktewertung verstecken und
da es als normal angesehen wurde, dass
Ergebnisse von Wettbewerben höchst
unterschiedlich sind (siehe oben),
konnte der Juror wenn er ein schlaues
Gesicht gemacht hat und freundlich war,
damit rechnen auch weiter gereicht zu
werden. Wenn der Name dann immer
häufiger als Juror in Katalogen auftauchte, galt er als etabliert und wurde
immer häufiger eingeladen.
Das klappt heute zum Glück nicht
mehr. In der modernen Debattenjury
beim Rundensystem, muss jeder Juror
»die Hosen runterlassen« - natürlich
fachlich gesehen! Spätestens bei der
Begründung seiner Entscheidung kann
sich jeder ein Urteil über die fachliche
Qualifikation eines Jurors machen.
Auch die Besetzung im Viererteam fördert die intensive Auseinandersetzung
zwischen den Juroren - es kann eben
nicht wie bei dem historischen Dreierteam einfach überstimmt werden,
weil schon der Magen knurrt und man
schnell an den Futtertrog will.
Glauben Sie mir bitte, bei dreissig
Jahren Juryerfahrung - habe ich alles
schon erlebt!
Nun will ich auch nicht zu schwarz
malen. Es gibt selbstverständlich auch
eine Reihe von ganz ausgezeichneten
fachlich versierten Juroren. Aber auch
die haben ein Problem. Nämlich die Tatsache, das es keine verbindlichen Richtlinien gibt. Es fehlt gewissermaßen das
übergreifende fachliche Regelwerk an
dem man sich einerseits orientieren,
aber andererseits auch neue Erkenntnisse hinzufügen kann.
Juryteam
Es ist ja nun nicht so, dass diese Problematik im DVF nicht gesehen wird und
es gab ja auch schon Versuche etwas
zu ändern. Zum Beispiel die Jurorenschulungen, die Wilfried Müller und ich
im Auftrag des Verbandes durchgeführt
haben. Es hat sich aber gezeigt, dass
zu den Teilnehmern überwiegend Fotogruppen gehörten, die zwar an dem
Thema interessiert waren, aber eigentlich nicht zu der erwünschten Zielgruppe der aktiven Juroren gehörten.
Meiner Meinung nach, muss es verbindliche Bewertungskriterien für Bilder
geben, die von einem kompetenten
Team entwickelt werden, welches auch
für die verbindliche Umsetzung sorgt.
Diese Bewertungskriterien müssen
natürlich immer dem aktuellen Wissensstand der künstlerischen Fotografie
und der technischen Entwicklung angepasst und publiziert werden.
Die Veröffentlichung der Bewertungskriterien gehört zu den wichtigsten Erfordernissen, denn nur daran kann ein Wettbewerbsteilnehmer sich orientieren und
auch die Ergebnisse überprüfen.
Mit dem Dreiklang der Siebziger Jahre
»Idee - Umsetzung - Technik« kommen
wir heute nicht mehr sehr weit.
Man sollte bei der gleichen Wettbewerbsgruppe (zum Beispiel Bundesfotoschau) die Viererjury immer mit zwei
Leuten aus diesem »Entwicklungsteam
»besetzen - gewissermaßen als »Qualitätsbeauftragte«. Mindestens so lange,
bis es einen kompetenten Pool an Juroren gibt, die die Kriterien umsetzen
können.
Wenn jemand sagt, bei konstanter Jury
käme immer »dasselbe« raus, ist es
natürlich Quatsch, weil der Charakter
einer Ausstellung von den Einsendern
abhängt, nicht von der Jury (zumindest
bei der hier angedachten Modernisierung des Systems).
Eine gute Jury muss sämtlichen Genres
der Fotografie gerecht werden können
und die Qualifikation haben, diese zu
beurteilen.
Außerdem adaptiert sich eine feste Jury
auch an den wiederkehrenden Einsendungen eines bestimmtes Wettbewerbs
und kann so immer feinere Kriterien für
dessen Bewertung entwickeln.
Vielleicht kann man in Zukunft dahin
kommen, dass Bewertungen in der Fotografie nachvollziehbarer sind und nicht
mehr den Eindruck einer Lotterie vermitteln.
Manfred Kriegelstein
Buchbesprechung
Faszinierende PhotoshopScott Kelbys Photoshop für
Welten
Digitalfotografen
mit Peter »Brownz« Braunschmid
Erfolgsrezepte zum Arbeiten mit CS6
und CC
Scott Kelby
Verlag: dpunkt.verlag
ISBN: 978-3-86490-112-6
484 Seiten, Festeinband, komplett in
Farbe
36,90 Euro
Na, da ist er endlich wieder - der Guru
der Bildbearbeitung aus den USA!
Wenn Sie also noch Wissensbedarf zu
Photoshop CS6 oder CC haben, bei
Scott Kelby finden Sie Lösungen. Und
wenn Sie meinen, Sie wüßten alles,
dann liefert Ihnen das Buch Fragen, auf
die Sie nie gekommen wären - fairerweise natürlich auch die zugehörigen
Antworten. Der Aufbau der Kapitel ist
nicht nur didaktisch hervorragend, nein
auch der Schreibstil von Kelby ist einfach vergnüglich und unterhaltsam zu
lesen.
Nicht von ungefähr gehören seine
Werke jedes Jahr zu den literarischen
Preisträgern ihrer Klasse. Ich freue mich
sehr, dass jetzt offensichtlich auch der
dpunkt Verlag diesen hervorragenden
Autor unter Vertrag hat.
Meiner Meinung nach gehört dieses
Buch in jedes Regal, das sich auch nur in
der Nähe eines Bildbearbeitungsrechners befindet - eine absolute Empfehlung!
Manfred Kriegelstein
Verlag: Galileo Design
ISBN: 978-3-8362-2756-8
DVD - 11 Stunden Gesamtspielzeit
39,90 Euro
Wer Spaß an verblüffenden Composings und surrealen Bilderwelten hat,
ist hier genau richtig! Peter »Brownz«
Braunschmid ist ein ausgesuchter Experte
in Sachen Bildmontagen - gewissermaßen der österreichische Ulli Staiger...
Im Gegensatz zu vielen reinen Demonstrationsvideos, können Sie hier am Bildschirm alle Schritte selbst nachvollziehen. Und wer Lust auf computergenerierte 3D-Elemente hat, wird in diesem
Video auch entsprechende Anleitungen
finden. Selbst wenn man nicht sämtlichen aufwändigen Konstrukten folgen
möchte - eine Anregung und technische
Hilfestellung für eigene Ideen findet
man auf jeden Fall.
Und keine Angst, obwohl Österreicher, der Autor spricht ein klares Hochdeutsch mit sympathisch eingefärbten
Akzent!
Wer vorab schnuppern möchte - auf
der Verlagsseite gibt es ein kostenloses
Demonstrationsvideo.
Manfred Kriegelstein
LUMIX GX7
System Fotoschule
Frank Späth
Verlag: Point Of Sale Verlag
ISBN: 978-3-941761-41-1
288 Seiten mit 450 farbigen
Abbildungen
28,00 Euro
Der Produktionszyklus dreht sich immer
schneller - da kann einem ganz schwindelig werden.
Auf den Neuerscheinungen der LumixReihe von Panasonic, folgt unmittelbar
das entsprechende Fachbuch von Frank
Späth. Man könnte direkt den Eindruck
gewinnen, dass der Autor heimlich als
Entwicklungsingenieur bei Panasonic
mitarbeitet - so schnell und präzise
erscheinen seine Fachbücher.
Wie auch immer, wer diese neue edle
Kamera der Lumix-Reihe sein eigen
nennt, kommt an dem Buch nicht vorbei.
Was Sie hier über die Technik und das
Handling des Apparates erfahren, kann
keine Bedienungsanleitung leisten.
Die meisten Fotografen nutzen ja nur
einen Teil ihrer Möglichkeiten aus - weil
sie viele Features gar nicht kennen.
Dieses Werk hilft ihnen endlich mal den
Durchblick zu bekommen und dann in
vollem Wissen die Entscheidung zu treffen, was sie nutzen wollen.
Manfred Kriegelstein
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Vorschau 2/2014
brennpunkt 2-2014
erscheint am
4. April 2014
6. Europäischer Monat
der Fotografie 2014
Portfolio
Manfred Carpentier
Die Fotosequenz »Cuban Coffee« entstand - wie zwei weitere Fotosequenzen
- im Winter 2011 in Miami Beach, Florida, USA. Sie alle wurden realisiert mit
einer digitalen Panasonic-Reisekamera.
Die Sequenz »Cuban Coffee« wurde in
gehender Bewegung aus Oberschenkelhöhe fotografiert ohne durch den Sucher
zu sehen. Es entstanden »zufällige« Aufnahmen. Die Fotografien wurden zu
einem Kontaktbogen zusammengefügt.
Von diesem wurden eher assoziativ Ausschnitte gewählt.
Carpentier wurde 1954 in Gerolstein
geboren. Nach zahllosen abgebrochenen, überwiegend geisteswissenschaftlichen Universitätsstudien in Berlin, war
er erst als Fahrer für Süßwaren und Zeitungen und dann drei Jahre als Nachtwächter tätig. Schließlich begann er
1985 auf Drängen einer Frau eine Ausbildung zum Diplombibliothekar und ver-
© Manfred Carpentier, »cuban-coffee«
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© Ingelore Willing, Serie: »Reiher«, (O.i.F.), Ausgezeichnet mit einer »Medaille«
bei der DVF-Landesfotoschau Berlin 2013.
Nils Stelte wurde 1989 in Berlin geboren. Er hat Soziologie-, Politk- und Kulturwissenschaften an der Humboldt
Universität studiert. Sensibilisiert für
gesellschaftliche Thematiken wandelt
er diese fotojournalisitisch um. Seine
Arbeiten wurden unter anderem im
C / O Berlin ausgestellt. Als Hospitant
hat er in den Fotoredaktionen der Agentur MAGNUM Photos, The New Yorker
und OSTKREUZ - Agentur der Fotografen gearbeitet. Neben der Arbeit als
selbständiger Fotograf hospitiert Nils
Von A nach B mit New Yorker Subway momentan in der Bildredaktion des
zu kommen kann atemberaubend sein: »ZEITmagazins« und assistiert Dawin
jammende Musiker; Geschäftsmänner, Deckel.
die bei ihrem Lieblingslied mitsingen
oder Liebespaare, die jeden Fahrgast
mitbekommen lassen, wie schwierig
doch Beziehungen sein können - und
dies in zumeist überfüllten Waggons.
Überwältigt von diesen lebendigen Eindrücken zogen mich die stillen Momente
der pulsierenden Stadt an: Menschen,
die sozialen Interaktionen aus dem Weg
gehen, müde, gedankenverloren warten
oder andere beobachten.
© Nils Stelte, »breathing deeply«
abschiedete sich damit ins kleinbürgerliche und kreativ-freie Leben. Er bekam
einen Sohn und wurde unkündbar. Erst
2004 kehrte Carpentier zurück. 2010
gründete er eine Privatgalerie. Carpentier ist Herausgeber einer Edition von
Künstlerbüchern. Gelegentlich nimmt
er eine Kamera in die Hand.
Nils Stelte
Vorschau 2/2014
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Vorschau 2/2014
1984 – 2014
»30 Jahre«
brennpunkt Magazin
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