Die Gold-Tresore der ZKB quillen über
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Die Gold-Tresore der ZKB quillen über
Die Gold-Tresore der ZKB quillen über Von Andreas Flütsch. Die Menschen flüchten in Gold und andere Edelmetalle. Wie gross der Ansturm ist, zeigt ein Besuch im Tresor der ZKB tief unter der Zürcher Bahnhofstrasse. Allein dieser gut kniehohe Goldhaufen tief unter der Zürcher Bahnhofstrasse wiegt rund 40 Tonnen – und ist 1,4 Milliarden Franken wert. Bild: Thomas Burla Er ist tief unter der Erde vergraben, der Goldschatz der Zürcher Kantonalbank, Für den Dollar besteht Rutschgefahr irgendwo an der Zürcher Bahnhofstrasse. Wo US-Staatsdefizit steigt auf 1800 Milliarden Dollar genau, muss offen bleiben. Wer in den Tresor der ZKB vorgelassen wird, muss eine mehrseitige Geheimhaltungserklärung unterschreiben. Besucher werden von den Hütern der Edelmetalle so lange in Liften hoch und runtergefahren und durch lange Gänge geführt, bis sie jede Orientierung verloren haben. Erst dann landet man im Allerheiligsten. Und ist erst mal enttäuscht. Im vielleicht zwanzig mal zwanzig Meter grossen Raum stapeln sich auf Holzpaletten, Reihe um Reihe, Berge von Gold, Silber, Platin und Palladium. Das Ganze sieht, beleuchtet von Neonröhren, so banal und kalt aus wie jedes Lager. Artikel zum Thema Verletzliche Bitumenschicht Voll sieht es hier drin aus, überfüllt aber nicht. Dieser Eindruck kann entstehen, wenn Besucher bloss eine sehr blasse Ahnung haben, wie schwer Edelmetalle sind. Um die 12,5 Kilo wiegt so ein Goldbarren, obwohl er nicht nicht grösser ist als ein Liter Milch im Tetrapak. Der gut kniehohe Haufen, der an einer der wenigen noch freien Stellen in Kreuzbeigen aufgeschichtet ist, sei 40 Tonnen schwer, sagt der Tresorchef. Macht bei einem Kilopreis von gegen 35'000 Franken rund 1,4 Milliarden. Schwer zu glauben, aber die ZKB hat ein echtes Gewichtsproblem mit ihrem edlen Schatz. Im Tresor dürfen nur 10 Tonnen pro Quadratmeter gelagert werden. Der Tresorraum liegt unter dem Grundwasserspiegel. Der Boden ist mit einer Bitumenschicht als Abdichtung überzogen. Wird diese Schutzschicht verletzt, dringt Grundwasser ein, eine Horrorvorstellung für Tresorverwalter. Darum wurden auf das Bitumen hochfeste Kunststoffplatten verlegt, und darauf bringen Handwerker derzeit zusätzlich Metallplatten an, damit die Belastung überall gleichmässig ist. Jetzt wird auch klar, warum die Stapel aus dem leichteren Silber so viel höher sein dürfen. Und warum der Tresor vom Gewicht her übervoll ist, obwohl einzelne Flecken noch frei sind. 423 Tonnen Silber, das viel Platz frisst, habe man zu Sega Intersettle nach Olten auslagern müssen. Und im Mai, wenn in Olten neue Tresorräume bezugsbereit sind, werde nochmals eine grosse Ladung Silber dorthin verschoben. Flucht in Sachwerte Verantwortlich für die Platznot ist die explodierende Nachfrage nach sogenannten Exchange Traded Funds (ETF) auf Edelmetallen. Diese Wertpapiere werden an Investoren verkauft, die sich gegen Finanzkrisen und Inflation absichern wollen, und ihr Wert steigt und fällt an der Börse mit dem Wert des damit verbundenen Edelmetalls. Das Einmalige an diesen ETFs ist, dass sie zu 100 Prozent hinterlegt sind: Für jeden ETF-Titel, den die ZKB verkauft, muss sie den entsprechenden Gegenwert in Gold, Platin, Palladium oder Silber in den Tresor legen. Insgesamt hat die ZKB solche ETFs für 5,5 Milliarden Franken an Investoren verkauft und den entsprechenden Gegenwert in Edelmetall im Tresor eingelagert. Davon macht Gold mit 4,5 Milliarden Franken den Löwenanteil aus. Gold für eine Milliarde seit Herbst Letzten Herbst habe die Nachfrage nach ETFs nochmals drastisch angezogen, weil dies der einzige Weg war, rasch an grössere Mengen Edelmetall heranzukommen. Der Run auf Goldmünzen, Goldvreneli und «Bärreli» unter einem Kilo war so gross, dass die Lieferfristen immer länger wurden. «Die Nachfrage der Kleinkunden ist ungebrochen», heisst es bei der UBS, die 90 Prozent des Goldvreneli-Angebots abdeckt. Der Bedarf nach «Metallkonten» und Kleinmengen ist auch bei der ZKB nach wie vor hoch. Nein, den Tresor mit den Kundenbeständen könne man nicht besichtigen. Die ZKB will ebenso wenig verraten, wie gross die dort gelagerte Menge ist. Auch UBS und CS verweigern die Auskunft, wie viel Gold sie lagern oder verwalten: «Kein Kommentar» und: «Dazu machen wir keine Angaben.» Wie stark die Flucht in Sachwerte zugenommen hat, lässt sich am besten am phänomenalen Erfolg des von Julius Bär im Herbst lancierten Gold-ETFs ablesen. In wenigen Monaten wurden für über eine Milliarde Franken der Gold-Titel verkauft. Die entsprechende Menge Gold hat Bär bei der Sega in Olten hinterlegt. Speziell bei Investoren, die neben dem Schutz vor Inflation eine Absicherung gegen Währungsschwankungen suchen, sind die Bär-Papiere gesucht. Denn in diese ist zusätzlich eine Absicherung gegen Schwankungen von Dollar und Euro eingebaut. Angst vor Krisen und Inflation Die Flucht in die Sachwerte werde in den nächsten Jahren anhalten, heisst es bei der Credit Suisse: «Edelmetalle profitieren vom Drang in sichere Häfen. Die steigenden Inflationserwartungen und der Anstieg der Staatsverschuldung sind längerfristig positive Faktoren.» Kein anderer Rohstoff profitiere so stark von niedrigen Zinsen. Und: «Edelmetalle leiden nicht unter einem Überangebot oder einem Bestandesüberhang», sagt CS-Rohstoffanalystin Eliane Tanner. Zudem seien die Haltekosten von Gold und anderen Edelmetallen niedrig, was zusätzliche Investoren anziehe. Goldvreneli sind knapp Klar, viele Kleinkunden haben weder das Geld, um im Keller 12,5-KiloGoldbarren einzumauern, noch trauen sie den ETF-Papieren. Sogar professionelle Grossinvestoren seien schon vorbeigekommen, um mit eigenen Augen zu überprüfen, ob die ZKB wirklich so viel Gold im Tresor lagere, wie sie ETFs verkauft, sagt der Tresorchef und schmunzelt. Schwere Goldmünzen wie Krügerrand und Maple Leaf, die bei wohlhabenden Privatkunden beliebt sind, seien immer noch knapp. Und Goldvreneli sind so gesucht, dass der Bund prüft, erstmals seit 1949 wieder neue Münzen zu prägen. Zum Golde drängt, am Golde hängt doch alles. (Tages-Anzeiger)