Stillphilosophie 2008

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Stillphilosophie 2008
Stillphilosophie 2008
©2008 Bezirksspital Affoltern a.A. US
1
Die 10 Schritte zum erfolgreichen Stillen sind von WHO und UNICEF weltweit empfohlene
Massnahmen zur Förderung des Stillens.
Diese Fassung (14 Schritte) sind dem Bezirksspital Affoltern angepasst.
Das können Sie vom stillfreundlichen Bezirksspital erwarten:
•
Die schriftlichen Richtlinien sind für das Team verbindlich und dienen einer
einheitlichen, kompetenten Beratung.
•
Das Team wird laufend geschult, um die Richtlinien auf dem neusten Stand
umsetzen zu können.
•
Werdende und frischentbundene Mütter, die ihr Kind stillen wollen, werden in ihrer
Absicht unterstützt.
•
Unmittelbar nach der Geburt bleibt das Neugeborene im ungestörten Hautkontakt mit
seiner Mutter, bis es selber nach der Brust sucht.
•
Wenn die Mutter von ihrem Kind getrennt wird, erhält sie spezielle Hilfe zur
Förderung des späteren Stillens.
•
Weil Muttermilch alles enthält, was das Kind braucht, bekommt das gesunde
Neugeborene keine zusätzliche Flüssigkeit oder Nahrung.
•
In unserem Spital ist für Muttermilchersatzprodukte keine Werbung
zugelassen.
•
Mutter und Kind bilden eine Einheit. Sie können Tag und Nacht beisammen
bleiben.
•
Der Partner wird in seiner neuen Rolle als Vater unterstützt.
•
Das Stillen wird dem Bedürfnis des Kindes angepasst.
•
Um das Neugeborene in seinem Saugverhalten an der Brust nicht zu stören, wird in
den ersten Tagen auf Nuggis und Saugflaschen verzichtet. Bei Bedarf nehmen wir
einen Löffel oder Becher.
•
Beim Verlassen des Spitals geben wir Adressen von Hebammen, Stillberaterinnen
und Mütter- und Väterberatungsstellen ab. Die Stillberaterin im Haus oder das
Wochenbett-Team stehen für Fragen rund um die Uhr zur Verfügung.
•
Mütter, die nicht stillen können oder möchten, werden einfühlsam beraten.
•
Wir achten die Wünsche der Eltern und versuchen sie mit den Bedürfnissen des
Neugeborenen zu verbinden.
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©2008 Bezirksspital Affoltern a.A. US
Stillphilosophie des Bezirksspitals Affoltern a.A.
Einleitung
Inhaltsverzeichnis
1.
Vorwort
5
2.
Besonderheiten der ersten fünf Tage nach der Geburt
7
2. 1.
2. 2.
2. 3.
2. 4.
2. 5.
Der erste Tag
Der zweite Tag
Der dritte Tag
Der vierte Tag
Der fünfte Tag
3.
Voraussetzungen für einen guten Beginn der Stillzeit
3. 1.
3. 2.
3. 3.
3. 4.
3. 5.
Vorbereitungen in der Schwangerschaft
Stillanamnese
Bonding – der erste Hautkontakt
Erstes Stillen nach der Geburt
Rooming-in / Mutter und Kind als Einheit
4.
Praktisches Vorgehen
4. 1.
4. 2.
4. 3.
4. 4.
4. 5.
4. 6.
4. 7.
4. 8.
4. 9.
Hungerzeichen und Stillhäufigkeit
Stillpositionen
Brustmassage nach Marmet
Anlegen – mit dem Druckknopfprinzip
Das Saugverhalten einer einzelnen Stillmahlzeit
Weglösen von der Brust
Brustkontrolle
Saugtechnik und Auswirkungen auf das Saugen
Nicht alles Weinen des Neugeborenen ist Hunger
5.
Initiale Brustdrüsenschwellung (Milcheinschuss)
5. 1.
5. 2.
Initiale Brustdrüsenschwellung – Einsetzen
der Milchproduktion
Ausmassieren der Muttermilch von Hand
6.
Anatomie der Brust
28
7.
Stadien der Milchbildung
30
7. 1.
Stadien der Milchbildung und
Zusammensetzung der Muttermilch
Vorteile der Muttermilch
Vorteile des Stillens
Entscheidung der Mutter
7. 2.
7. 3.
7. 4.
13
15
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25
3
8.
Probleme um das Stillen
32
8.1.
8.2.
8.3.
8.4.
Brustpflege
Wunde Brustwarzen
Milchstau
Mastitis
9.
Stillhilfen
9.1.
9.2.
9.3.
9.4.
Milchpumpe – Abpumpen von Muttermilch
Aufbewahren, Auftauen und Erwärmen
von Muttermilch
Brustwarzenformer
Saughütchen
10.
Herausfordernde Still- und andere Situationen
10.1.
10.2.
10.3.
10.4.
10.5.
10.6.
Das „unruhige“ Kind
Das „schläfrige“ Kind
Kinder dürfen lernen
Das ikterische Kind
Das frühgeborene/ untergewichtige Kind
Stillerfahrung einer Mutter
11.
Zwillinge
44
12.
Flüssigkeitsgabe bei gestillten Kindern
45
13.
Das nicht gestillte Kind
46
14.
Abstillen
47
36
40
14.1. Primäres Abstillen
14.2. Sekundäres Abstillen
14.3. Das Medikament Dostinex©
15.
Die Rolle des Vaters
48
16.
Mutter/ Kind Abteilung
50
17.
Ernährung in der Stillzeit
52
18.
Medikamente, Genussmittel, Drogen und Muttermilch
54
18.1. Medikamente
18.2. Genussmittel – Nikotin, Alkohol, Koffein
18.3. Drogen
19.
Quellennachweis
56
20.
Arbeitsgruppe
57
4
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1. Vorwort
Mitte der 1960er Jahre arbeitete ich als Lernschwester auf der Wochenbettstation eines
Spitals in Zürich. Dort wurden nur wenige Neugeborene von ihren Müttern gestillt. Die
Werbung für Babynahrung war sehr aggressiv und es schien mir, dass bei diesen Müttern
das Geld keine Rolle spielte. Ein schöner Busen war wichtiger, als die gesunde und
natürliche Ernährung ihres Kindes. Die jungen Frauen wurden von ihren Ärzten und den
Pflegenden weder zum Stillen ermuntert noch darin unterstützt. Zu jener Zeit wurden die
Kinder nur alle vier Stunden den Müttern zum Stillen oder Schöppeln gebracht. Nach einer
halben Stunde holten wir die Kleinen wieder ab. Die übrige Zeit lagen sie in ihrem Bettchen
im Kinderzimmer. Die Kinder wurden von uns liebevoll betreut und gepflegt, ihre Mütter
mussten sich schonen. Die Kleinen gehörten uns! Dadurch lernten die Frauen ihre Kinder
und deren Bedürfnisse während des Spitalaufenthalts nicht kennen.
1968 kam ich als junge diplomierte Wochen-, Säuglings- und Kinderkrankenschwester ins
BSA. Ich glaubte kaum, was ich da sah. Fast alle Neugeborenen wurden von ihren Mamis
gestillt. Für die Landbevölkerung im Säuliamt war Stillen das Natürlichste der Welt. Nach
bestem Wissen und Gewissen und mit viel Freude unterstützten und begleiteten wir
Pflegefachfrauen die Wöchnerinnen, wie wir es zu jener Zeit gelernt hatten und es üblich
war. Wenig erfreut über unseren Stillerfolg waren die verschiedenen Babymilchvertreter.
Immer wieder hörten wir von ihnen: „Wenn in jedem Spital soviel gestillt würde wie in
Affoltern, müssten wir verhungern.“ Für uns war dies jedoch kein Grund, unsere Einstellung
zu ändern. Alle Bestechungsversuche dieser Vertreter nützten nichts, die Frauen stillten
weiter. Natürlich gab es früher auch bei uns Mütter, die nicht Stillen konnten oder wollten. Ihr
Entscheid wurde ebenfalls akzeptiert. Auch sie wurden in der Ernährung ihres
Neugeborenen selbstverständlich unterstützt.
In den 1990er Jahren lag das Wort "Stillfreundliches Spital" (UNICEF) in aller Munde.
Plötzlich wurden wir gefragt, ob wir ein so genanntes "Stillfreundliches Spital" seien. "Sind
wir schon lange, aber noch nicht von der UNICEF zertifiziert", sagten wir dann immer wieder.
Uns wurde bald klar, wir mussten die Zertifizierung anstreben, denn nur so konnten wir
weiter existieren.
1997 war es dann so weit. Mit grosser Freude und auch mit Stolz nahmen wir das Zertifikat
als "Stillfreundliches Spital" von der UNICEF entgegen. Mit dieser Auszeichnung haben wir
uns freiwillig viele Bedingungen auferlegt. Wir sind bestrebt, die Empfehlungen einzuhalten,
was für alle Beteiligten nicht immer ganz einfach ist. Die Wöchnerinnen müssen von uns gut
informiert, unterstützt und begleitet werden. 2003 wurden wir erstmals rezertifziert.
In der Zwischenzeit sind die meisten Spitäler UNICEF- zertifiziert, es gehört einfach dazu.
Freies Stillen und Rooming-in sind in diesen Häusern Normalität. Den Frauen und auch uns
Pflegenden wurde durch die UNICEF das Stillen noch bewusster gemacht. Und das ist gut
so.
Mein grösster Wunsch und meine Hoffnung für die Zukunft sind, dass das Stillen das
Natürlichste der Welt bleibt!
Affoltern a.A., im November 2008
Felicitas Wetli - Winiger
Pflegefachfrau, im Oktober 2008
40- jähriges Berufsjubiläum auf der
Wochenbettabteilung des BSA
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2.
Die Besonderheiten der ersten fünf Wochenbetttage
Jede Familie, jede Frau, jedes Kind ist anders. Sie werden in den ersten Tagen dem
begegnen, was Sie was Sie lesen werden, aber auf Ihre ganz persönliche Art und
Weise und evtl. etwas früher oder später...
2.1.
Der erste Tag
Stillhäufigkeit
•
mindestens 4 bis 6 x in 24 Stunden
Stilldauer
•
•
solange das Neugeborene ziehen mag
korrektes Saugen ist wichtig, um die
Milchproduktion anzuregen
Saugverhalten
•
kräftig, gleichmässig stark, mit Pausen
Saugmuster
kräftiges Saugen
Pause
•
•
Muttermilch
Muttermilchmenge
•
sehr gelb, durchsichtig
zähflüssig
wenige Tropfen pro Mahlzeit
Brust
•
•
weich
mit der Brustmassage beginnen
Brustwarzen
•
•
vor dem Stillen stimulieren
bei guter Stillposition sollte lediglich das
intensive Saugen des Kindes zu spüren sein
korrektes Lösen des Kindes von der Brust
Schmerzen beim Saugen melden, nicht
"ertragen"
Kontrolle durch die Pflegefachfrau
•
•
•
Mutter
•
•
•
•
lernt ihr Kind kennen
wird sich von der Geburt etwas ausruhen
ist aufgeregt, neugierig
kann vielleicht nicht schlafen
Kind
•
•
ist nach der Geburt für ca. 2 Stunden hellwach
erstes Stillen in den ersten zwei Stunden
Besonderheiten
•
alle (Mutter, Vater und Neugebornes) sind müde
von der Geburt
möchten ihre Ruhe
•
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2.2.
Der zweite Tag
Stillhäufigkeit
•
6 bis 8 x in 24 Stunden
Stilldauer
•
•
•
solange das Kind trinken mag
bei Schmerzen/ Brennen der Brustwarze
Stillmahlzeit unterbrechen
Kind an die andere Brust wechseln
•
kräftig, gleichmässig stark, mit Pausen
Saugverhalten
Saugmuster
kräftiges Saugen
Pause
Muttermilch
•
•
sehr gelb, orange, durchsichtig
zähflüssig
Muttermilchmenge
•
wenige Tropfen bis wenige ml pro Mahlzeit
Brust
•
•
weich
Brustmassage weiterhin vor der Mahlzeit
Brustwarzen
•
•
•
•
•
•
vor dem Stillen gut stimulieren
können empfindlicher werden
sind evtl. gerötet, gereizt
evtl. ist eine spezielle Pflege der Brustwarze
nötig
Veränderungen der Pflegefachfrau melden
Brustkontrolle durch die Pflegefachfrau
Mutter
•
•
•
lernt das Handling
lernt wickeln, die Versorgung des Kindes
ist müde von der Geburt, erschöpft
Kind
•
•
lernt weiterhin zu saugen
braucht evtl. Übung
Besonderheiten
•
man nimmt sein Kind das erste Mal als neues
Familienmitglied wahr
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2.3.
Der dritte Tag
Stillhäufigkeit
•
8 bis 12 x in 24 Stunden
Stilldauer
•
Kind trinkt oft kürzer als bisher, dafür evtl. nur
eine Brust pro Mahlzeit
Saugverhalten
•
•
kräftige, regelmässige Züge
ab und zu hört man das Kind schlucken
Saugmuster
kräftiges Saugen
Pause
Muttermilch
•
orange, gelb
Muttermilchmenge
•
einige ml pro Mahlzeit
Brust
•
•
beginnende Brustdrüsenschwellung
die Brüste werden wärmer, härter, schwerer für
ca. 2 bis 3 Tage
evtl. werden Wickel nötig
Veränderung der Pflegefachfrau melden
Brustkontrolle durch die Pflegefachfrau
•
•
•
Brustwarzen
•
•
•
das Kind kann beim Ansetzen mehr Mühe haben,
da die Brüste praller und gespannter sind
dann Stillhilfe durch die Pflegefachfrau anfordern
die Brustwarze kann empfindlicher bis wund
werden
Mutter
•
•
•
lernt das Handling
lernt die Versorgung ihres Kindes
kann müde und erschöpft sein
Kind
•
•
•
lernt weiterhin zu Saugen, braucht Übung
nimmt an Gewicht ab
kann gelb (ikterisch) werden
Besonderheiten
•
typischer Tag des Baby Blues
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2.4.
Der vierte Tag
Stillhäufigkeit
•
8 bis 12 x in 24 Stunden
Stilldauer
•
•
•
trinkt vielleicht nur eine Brust pro Mahlzeit
hat dann erst einmal genug
mag vielleicht nach kurzer Zeit die andere Seite
Saugverhalten
•
•
zieht anfänglich fein und schnell
nach ca. 90 Sekunden kommt der erste
Milchspendereflex
saugt dann kräftig, man hört es schlucken
zieht nach einiger Zeit wieder fein und schnell,
schluckt dabei nicht
löst so einen weiteren Milchspendereflex aus
schluckt mit kräftigen Zügen
pro Brust hat die Mutter ca. 5 bis 6
Milchspendereflexe
•
•
•
•
•
Saugmuster
feines, schnelles Saugen
Pause
kräftiges Ziehen, Schlucken
Muttermilch
•
gelb, milchiger
Muttermilchmenge
•
mehr als 20 ml pro Mahlzeit
Brust
•
•
•
•
•
•
•
•
Höhepunkt der Brustdrüsenschwellung
die Brust ist prall, warm, grösser
kann schmerzhaft gespannt sein (durch
Schwellung des Gewebes und eines
Lymphstrangs)
Brustdrüsenschwellung wird von Frau zu Frau
sehr verschieden erlebt
Muttermilch kann herauströpfeln
evtl. warme Wickel vor dem Stillen
kühlen nach dem Stillen
Brustkontrolle durch die Pflegefachfrau
Veränderungen melden
•
•
•
vor dem Ansetzen stimulieren
Kind kann die Brustwarze häufig schwerer fassen
können empfindlich, wund sein
•
Brustwarzen
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Mutter
•
•
hat evtl. Mühe das Kind alleine anzusetzen (Hilfe
anfordern)
ist froh, wenn das Kind trinkt
hat das Gefühl, in den grossen Brüsten ist sehr
viel Milch
Stilleinlagen können nötig werden
Kind
•
•
nimmt meist wieder an Gewicht zu
kann weiterhin gelb (ikterisch) sein
Besonderheiten
•
•
•
der Guthrietest wird beim Kind abgenommen
2. Konakiongabe beim Kind
typischer Tag des Baby Blues
•
•
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2.5.
Der fünfte Tag
Stillhäufigkeit
•
6 bis 8 x in 24 Stunden
Stilldauer
•
•
das Kind lernt nun grössere Mengen zu trinken
die einzelne Mahlzeit dauert wieder länger
Saugverhalten
•
•
zieht anfänglich fein und schnell
nach ca. 90 Sekunden kommt der erste
Milchspendereflex
saugt dann kräftig, man hört es schlucken
zieht nach einiger Zeit wieder fein und schnell,
schluckt dabei nicht
löst so einen weiteren Milchspendereflex aus
schluckt mit kräftigen Zügen
pro Brust hat die Mutter ca. 5 bis 6
Milchspendereflexe
dieses Saugverhalten wird das Kind beibehalten
•
•
•
•
•
•
Saugmuster
feines, schnelles Saugen
Pause
kräftiges Ziehen, Schlucken
Muttermilch
•
milchig
Muttermilchmenge
•
über 30 bis 40 ml pro Mahlzeit
Brust
•
•
•
wird wieder weicher
Brustdrüsenschwellung abnehmend
Brust ist vor dem Stillen verhärtet, nach dem
Stillen deutlich weicher
Muttermilch kann weiterhin herauströpfeln
•
Brustwarze
•
•
weiterhin gute Pflege bei empfindlichen
Brustwarzen
Ansetzen des Kindes geht wieder besser
Mutter
•
•
ist aufgeregt, da es nach Hause geht
Vorfreude, Angst, Unsicherheit...
Kind
•
•
•
nimmt weiter an Gewicht zu
kann weiterhin gelb (ikterisch) sein
merkt die Vorfreude der Mutter?
Besonderheiten
•
•
die meisten Familien gehen heute nach Hause
sind durch eine ambulante Hebamme oder
Mütterberatung zu Hause gut betreut
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3.
Voraussetzungen für einen guten Beginn der Stillzeit
3.1.
Vorbereitungen in der Schwangerschaft
Meist geht die Frau davon aus, dass das Stillen das Normalste der Welt ist. Die
Notwendigkeit sich damit schon in der Schwangerschaft auseinanderzusetzen ist
nicht gegeben - denkt man. Aber...
Schon in der Schwangerschaft ist es sinnvoll sich auf die Stillzeit vorzubereiten.
Manche Frauen haben im Bekanntenkreis Mütter, mit denen sie über das Stillen
reden können oder bei denen sie auch schon einmal ein neugeborenes Kind in den
Armen halten konnten.
Was die Brust anbelangt, gibt es vor der Geburt nicht viel zu beachten. Sie muss
nicht speziell vorbereitet und nicht extra mit Cremes behandelt werden.
Zur Vorbereitung der Brustwarzen gibt es allerdings einige Tipps:
•
•
•
•
•
3.2.
Immer wieder den BH unter dem T - Shirt weglassen.
Keine speziellen Salben oder Cremen benutzen.
Bei manchen Frauen läuft schon in der Schwangerschaft etwas Muttermilch aus
der Brust. Diese kann auf der Brustwarze zur Pflege verteilt werden.
Brustwarze begutachten: Stellt sie sich auf? Ist sie eher flach? Bei Flach-, Hohloder Schlupfwarzen und anderen Fragen ist es ratsam, schon in der
Schwangerschaft Kontakt mit der Stillberaterin aufzunehmen.
Bei Ängsten und Hemmungen zu stillen ist es sinnvoll mit der Hebamme oder der
Stillberaterin frühzeitig in Verbindung zu treten um diesen Gefühlen Raum zu
geben und Lösungen zu finden.
Stillanamnese
Die Stillanamnese wird beim Vorgeburtsgespräch durch die Hebamme aufgenommen
und während dem Eintrittsgespräch nach der Geburt ergänzt. Alle Informationen
werden schriftlich festgehalten. So haben alle Hebammen/ Pflegefachfrauen sowie
Ärzte und Ärztinnen den gleichen Wissenstand und können die Mutter einheitlich
betreuen und beraten.
3.3.
Bonding - der erste Hautkontakt
Die erste Bindung zwischen Mutter und Kind entsteht bereits während der
Schwangerschaft. Ist das Kind geboren beginnt eine wichtige "äussere"
Kennenlernzeit.
Dafür ist es wichtig, dass,
• das Neugeborene nach der Geburt in ungestörtem Hautkontakt mit der Mutter in
einer ruhigen Umgebung bleibt,
• der erste Hautkontakt, ein bis zwei Stunden oder länger dauert,
• ist der erste Hautkontakt mit der Mutter nicht möglich, stellt der Vater in der Regel
den besten Ersatz für sie dar, um den ersten Körperkontakt zu übernehmen.
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3.4. Erstes Stillen nach der Geburt
•
•
•
•
•
•
•
3.5.
Das erste Stillen erfolgt in den ersten ein bis zwei Stunden nach der Geburt.
Oft sucht und findet das Neugeborene die Brust von sich aus.
Eine ruhige Atmosphäre ermöglicht der Mutter, sich beim Stillen zu entspannen
und in einen intensiven Kontakt mit ihrem Kind zu gehen.
Mutter und Kind für diesen Lernprozess des Stillens genügend Freiraum lassen
Bei Bedarf hilft die Hebamme das Neugeborene anzulegen
Auf sorgfältiges und korrektes Anlegen achten
Das Ziehen des Kindes an der Brust ist sicherlich ein ungewohntes Gefühl, es
kann ziepen, aber es darf nicht schmerzen.
Rooming- in/ Mutter und Kind als Einheit
Wir unterstützen, dass Mutter und Kind Tag und Nacht beisammen bleiben.
Die Mutter lernt ihr Neugeborenes und dessen Bedürfnisse so schneller kennen und
reagiert auf frühe Hungerzeichen. Wenn das Kind nach Bedarf an der Brust saugen
darf, werden das Kolostrum und die Muttermilch schneller gebildet.
Daraus entstehen weitere Vorteile des Zusammenseins:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
verbesserte Rückbildung der Gebärmutter (Oxytocin)
reduzierte Blutungsneigung
Kind schreit weniger
Ö verliert weniger Kalorien
Ö mehr Geborgenheit durch Nähe der Mutter
stabilere Körpertemperatur des Neugeborenen (Bedding- in)
geringeres Risiko von Hypoglykämie
geringeres Risiko von Hyperbilirubinämie durch Ausscheiden von Mekonium
weniger Gewichtsverlust
im Kolostrum sind wertvolle Immunstoffe enthalten
die Mutter übernimmt die Keime ihres Kindes und bildet Abwehrstoffe
die gebildeten Immunstoffe erhält das Kind mit dem Kolostrum/ der Muttermilch
initiale Brustdrüsenschwellung früher und weniger heftig
verminderte Gefahr von Milchstau und Brustentzündung
die Mutter lernt ihr Kind besser kennen
sie gewinnt Sicherheit für zu Hause
Mütter stillen länger nach der Entlassung aus dem Spital
Entlastung
Die Pflegefachfrauen sind jederzeit bereit das Kind zu wickeln, zu baden, zu
beruhigen und auch zwischendurch zu betreuen. Es ist aber auch wichtig, für die Zeit
zu Hause von Beginn an Entlastungszeiten und -hilfen einzuplanen (durch den Mann
oder die Familie).
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4.
Praktisches Vorgehen
4.1.
Hungerzeichen und Stillfrequenz
Das Neugeborene wird idealerweise nach Bedarf gestillt, d.h. wenn es sich meldet. Ein
schläfriges Kind hingegen sollte bei den ersten Hungerzeichen an die Brust gelegt oder
sanft aufgeweckt werden.
Hungerzeichen
Erste Hungerzeichen des Neugeborenen
• Such- und Saugbewegungen
• Öffnet Mund und streckt Zunge
nach vorne
• Führt die Hände zum Mund
• Bewegung der Augenlider
• Babylaute oder Seufzen
Fortgeschrittene Hungerzeichen
• Unruhe
• Weinen
• Schreien
Stillfrequenz in den ersten Tagen
Innerhalb der ersten
2 Std. nach der Geburt
1 x stillen
Zustand des Kindes wach,
aufmerksam, lernt Mutter kennen.
Tag 1
mind. 4 – 6x
stillen
Neugeborenes häufig schläfrig.
Spätestens nach 6 Stunden
aufwecken. Die Entstehung von
Hypoglykämie und
Hyperbilirubinämie werden so
vermindert
Tag 2
mind. 6 – 8x
stillen
Vorbeugung eines schmerzhaften
Milcheinschusses.
Aufbau der Milchproduktion.
Tag 3 – 4
mind. 8 – 12x
stillen
Während dem Milcheinschuss ist
2-3 stündliches Stillen normal. Nach
dem Milcheinschuss reduzieren sich
die Stillmahlzeiten wieder.
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4.2.
Stillpositionen
a)
Stillen im Liegen
Die Mutter liegt auf der Seite, ihr Rücken ist mit einem Kissen gut gestützt und ihr
Kopf liegt so, dass sie ihr Kind sehen kann, ohne sich auf den Ellbogen abzustützen.
Das Kind liegt Bauch an Bauch zur Mutter. Auch der Rücken des Kindes ist gestützt.
b)
Wiegehaltung
Die Mutter sitzt, sie hält das Kind im Arm, den Nacken des Babys gut gestützt in ihrer
Ellenbeuge. Das Kind liegt querwegs Bauch an Bauch zur Mutter, ihre Hand umfasst
das Gesäss des Kindes.
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c)
Modifizierte Wiegehaltung
Die Mutter führt bei dieser Position den Kopf des Kindes mit der Hand zur Brust (beim
Anlegen auf der rechten Seite wird die Brust mit der rechten Hand gehalten).
Speziell geeignet für kleine, frühgeborene Kinder.
d)
Seitenhaltung
Die Mutter sitzt, das Kind liegt seitlich neben ihr mit dem Kissen so gestützt, dass der
Mund bequem auf Brustwarzenhöhe liegt. Der Unterarm der Mutter stützt den
Rücken des Kindes, das Köpfchen liegt in ihrer Hand.
Vorteile dieser Position:
die Mutter hat mehr Bewegungsfreiheit und guten Augenkontakt zum Kind. Speziell
geeignet für Frauen mit grossen Brüsten und/oder einem Bauchschnitt, sowie für
Kinder mit verstopfter Nase.
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4.3.
Brustmassage nach Marmet
Diese Brustmassage ist für alle stillenden Wöchnerinnen hilfreich. Sie wird von der
Mutter selbst ausgeführt. Die Massage sollte vor jedem Stillen durchgeführt werden.
Die Vorteile sind
• die Mutter lernt ihre Brüste kennen,
• die Mutter lernt ihre Brüste beobachten,
• Veränderungen werden gespürt,
• die Massage regt die Blutzirkulation an und förtdert damit auch den Abfluss
der Lymphflüssigkeit,
• die Muttermilch fliesst leichter.
Stimulieren des Milchspendereflexes
Massieren Sie die Milchdrüsen und -gänge.
Beginnen Sie am äusseren Rand der Brust.
Drücken Sie sanft gegen den Brustkorb und
bewegen Sie die Finger kreisförmig auf einer
Stelle. Wechseln Sie nach einigen Sekunden
zur nächsten Stelle. Kreisen Sie rund um die
Brust in Richtung Brustwarzenhof.
Die Bewegung ist ähnlich wie bei einer
Brustuntersuchung.
Massieren
Streicheln/kitzeln Sie die Brust vom Brustansatz
bis über die Brustwarze hinweg. Streicheln Sie um
die ganze Brust herum. Dies wirkt entspannend
und regt den Milchspendereflex an.
Streicheln
Schütteln Sie die Brüste, während Sie sich vornüberbeugen, so dass die Schwerkraft hilft, den
Milchfluss anzuregen.
Schütteln
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4.4.
Anlegen - mit dem "Druckknopf-Prinzip"
Die Wöchnerin nimmt eine bequeme Haltung ein (eine unbequeme Stellung hemmt
den Milchfluss). Eine korrekte Lagerung z.B. mit dem Stillkissen wirkt entspannend
und lässt die Milch leichter fliessen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Mutter liegend
oder sitzend stillt. Das Kind fühlt sich sicher aufgehoben.
Eine vorbereitende Brustmassage erleichtert dem Baby das Ansaugen. Wunde
Brustwarzen werden vermindert.
Ein korrektes Ansaugen ist der Schlüssel zum erfolgreichen Stillen
•
Mit der Brustwarze die Oberlippe des
Kindes stimulieren
•
Warten, bis das Kind den Mund weit
öffnet, dann das Kind an die Brust
ziehen
•
Beim Anlegen darauf achten, dass
das Kind nicht nur die Brustwarze,
sondern möglichst viel vom
Warzenhof fassen kann
Ober - und Unterlippe sind nach
aussen gestülpt
Kinn und Nasenspitze des Kindes
berühren die Brust
•
•
Wenn das Kind korrekt angelegt ist, darf es an der ersten Brust saugen solange es
hörbar schluckt. An der anderen Brust darf es saugen, bis es die Brust selber
loslässt. Nährendes und beruhigendes Saugen wird dadurch befriedigt.
Spürt die Mutter ein Brennen an der Brustwarze nach etlichen Minuten des Saugens,
darf sie das Kind lösen und die andere Seite anbieten.
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Wichtig
•
•
•
•
•
•
•
20
Das Kind ist mit dem ganzen Körper der Mutter zugewandt.
Der Kopf ist nicht abgedreht.
Ohr, Schulter und Hüfte des Kindes bilden eine gerade Linie.
Der Mund des Kindes liegt auf der Höhe der Brustwarze.
Das Kind nahe an den Körper ziehen, die Brustwarze wird so
geschont.
Das Kind liegt gut gestützt auf einem Stillkissen.
Eine zusammengerollte Stoffwindel unter einer grossen Brust
kann helfen die Brustwarze in eine geeignete Position zu bringen.
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4.5.
Das Saugverhalten einer einzelnen Stillmahlzeit
Im Frühstwochenbett, den ersten Tagen nach der Geburt, kann man das Saugen des Kindes
an der Brust in zwei verschiedene Typen unterscheiden. Um den 3. bis 4. Tag nach der
Geburt geht das erste Saugverhalten nahtlos in das später übliche Saugmuster über.
Das Saugverhalten VOR der initialen Brustdrüsenschwellung (Milcheinschuss)
•
•
•
•
•
•
Wenn das Kind die Brustwarze fasst, saugt es regelmässig, gleich stark.
Es macht immer wieder kleine Pausen.
Ein Kind, das korrekt angesetzt ist, hat Freude am Saugen.
Nach den kurzen Pausen zieht es ohne Stimulation weiter.
Nach einiger Zeit wird es müder, die Pausen werden länger.
Viele Kinder schlafen nach einiger Zeit ein.
Das Saugverhalten WÄHREND und NACH der initialen Brustdrüsenschwellung
•
•
•
•
•
•
•
4.6.
Das Kind fasst die Brustwarze und zieht erst einmal ganz fein und schnell.
Nach ca. 90 Sekunden kommt der erste Milchspendereflex, das Kind bekommt die
erste Milch und nimmt nun grosse Schlucke.
Jetzt hört man das Kind schlucken.
Nach einiger Zeit fängt das Kind wieder fein an zu ziehen und löst so den nächsten
Milchspendereflex aus.
Das Kind schluckt wieder Muttermilch. Dieser Vorgang wiederholt sich pro Brust ca. 5
bis 6 mal.
In diesem Schema, macht das Neugeborene seine Pausen, auch hier gilt:
wenn das Kind Muttermilch erwischt, zieht es nach kurzer Pause weiter.
Die Pausen werden gegen Ende der Mahlzeit grösser. Viele Kinder schlafen nach der
ersten Seite ein. Nachdem sie evtl. aufgestossen haben, kann man sie wickeln und
danach auf der zweiten Seite ansetzen.
Weglösen von der Brust
Um das Kind von der Brust abzunehmen, schiebt die Mutter den kleinen Finger vom
Mundwinkel her zwischen die Zahnleisten des Kindes und wartet, bis das Vakuum
gelöst ist. Das braucht am Anfang etwas Übung. Es ist aber zum Schutz der
Brustwarzen vor Verletzung sehr wichtig.
Das korrekte Lösen von der Brust beugt wunden Brustwarzen vor!
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21
4.7.
Brustkontrolle
Die Brustkontrolle kann im Anschluss der Stillmahlzeit einfach durchgeführt werden.
Die Brüste werden gleich wie bei der Brustmassage kontrolliert. Vor allem in den
ersten Tagen ist es von Vorteil, wenn die Brustkontrolle zusammen mit der
Pflegefachfrau durchgeführt wird.
Folgende Veränderungen können beobachtet werden:
Visuelle Veränderungen:
• Grösse, Asymmetrie
• Hautbeschaffenheit, Venenzeichnungen
• Rötungen, Schwellung
• Narben
• Hohl- oder Flachwarzen
• gerötete Brustwarzen, Schürfungen, Rhagaden, Fissuren
• nach dem Stillen: gequetschte, verformte, gut oder schlecht durchblutete
Brustwarzen
• Bläschen, weisse oder eitrige Ablagerungen
Durch Palpation tastbare Veränderungen:
• mit Milch gefülltes Drüsengewebe, Knoten
• lokale Stauungen
• Druckempfindlichkeit
• Überwärmung
Die Mutter lernt ihre Brust in der Stillzeit kennen. Die Brustkontrolle gibt Gelegenheit,
mit der Mutter über die Veränderungen zu sprechen. Wichtige Informationen über die
aktuelle Situation und Stand der Stillzeit können so ausgetauscht werden.
22
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4.8.
Saugtechnik und Auswirkung auf das Saugen
Das Neugeborene kommt mit einem ausgeprägten Saugreflex zur Welt. Einige Kinder
saugen bereits im Mutterleib an ihren Fingern. Ihre ersten Erfahrungen wirken sich
prägend auf das weitere Saugen aus. Ersterfahrungen sollten wenn möglich der
Körper, die Brust der Mutter sein.
Saugvorgang
• Die Brustwarze und ein Teil des Warzenhofes werden mit der Zunge erfasst und
tief in den Mund gesogen. Die Lippen sind locker nach aussen gestülpt.
• Die Zungenspitze ist auf der Unterlippe sichtbar und überdeckt die untere
Zahnleiste, während die Zunge die Brustwarze und einen Teil des Warzenhofes
dachrinnenförmig umschliesst.
• Auf Berührung verlängert sich die Brustwarze bei optimaler Elastizität um das
Zwei- bis Dreifache und erreicht den Saugpunkt.
• Eine wellenförmige Bewegung beginnt an der Zungenspitze und setzt sich über
die Zunge bis zum Zungenboden fort. Die Muttermilch wird aus dem Brustgewebe
gestrichen. Es entsteht ein Vakuum.
• Das Baby schluckt hörbar die Milch.
Richtiges Saugen
•
•
Das gesunde Termingeborene kann
rhythmisch saugen – schlucken –
atmen.
Das Brustgewebe füllt den ganzen
Mundraum aus. Nur so ist es dem
Kind möglich effizient die Brust zu
entleeren.
Zu korrigierendes Saugen
•
Das Kind hält sich mit den Zahnleisten
an der Brustwarzenspitze fest:
Ö wunde Brustwarzen/Schmerzen
Ö hinauszögern der Mahlzeit
Ö unruhiges Kind
•
Beim Misslingen des Andockens:
ÖEinschlafen des Kindes
ÖWechsel zwischen ungeduldigem
Ansaugen, Loslassen, Schreien
ÖKind stösst sich von der Mutter
weg
Ökein hörbares Schlucken
Överminderte Milchmenge
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23
4.9.
Nicht alles Weinen des Neugeborenen bedeutet Hunger
Beruhigungsmöglichkeiten
Ein Kind, das trotz wiederholtem Anlegen an die Brust unruhig ist, kann
folgendermassen beruhigt werden:
•
•
•
•
•
•
•
24
Körperkontakt mit der Mutter/Vater
Bedding – in, das Kind ins Bett nehmen
zwischen/nach dem Stillen Kind aufstossen lassen
herumgehen Ö Luft kann besser entweichen
Tragetuch Ö Mutter, Vater, Besuch, Pflegefachfrau
Kind in Decke einwickeln
warmen Chriesisteinsack ins Bettchen legen
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5.
Initiale Brustdrüsenschwellung (Milcheinschuss)
Milcheinschuss - das ist das Schlagwort für den 3. Tag nach der Geburt.
Den Begriff Milcheinschuss kennt jeder, medizinisch korrekt nennt man
ihn jedoch initiale Brustdrüsenschwellung.
5.1.
Normaler Verlauf
Die initiale Brustdrüsenschwellung tritt meist zwischen dem 2. - 4. Tag nach der
Geburt ein und ist ein normaler physiologischer Vorgang sowie ein Zeichen für den
Beginn der Milchbildung.
Anzeichen:
•
•
•
•
•
•
Spannungsgefühl in der Brust
leichte Empfindlichkeit der Brust
verstärkte Venenzeichnung auf der Brust
Drüsenkörper wird fester
Brust wird grösser und wärmer
Körpertemperatur < 38° C
Diese Schwellung ist einerseits auf eine Stauung der Lymphflüssigkeit, andererseits
auf die erhöhte Durchblutung zurückzuführen, selten auf eine übermässige
Milchproduktion.
Prophylaxe:
•
•
•
•
•
•
•
Brustmassage
Formen der Brustwarze vor dem Ansaugen
häufiges, uneingeschränktes Anlegen
Informationen über die Entwicklung des Milcheinschusses
abwechselnde Stillpositionen
entspannte Atmosphäre
rechtszeitiges Kühlen mittels z.B. Cold Pack
Verschiedene Faktoren können die erste Schwellung erschweren und eine stärkere
Brustdrüsenschwellung mit sich bringen.
Stärkere Brustdrüsenschwellung
Bei manchen Wöchnerinnen führt der erste normale Verlauf zu einer stärkeren
Brustdrüsenschwellung.
Anzeichen:
•
•
•
•
•
•
starkes Spannungsgefühl in der Brust
Starke Schmerzen bei jeder Bewegung
Brustgewebe ist hart
Brüste sind überwärmt, gerötet
Körpertemperatur > 38, 5° C
Mutter fühlt sich nicht wohl
Das Baby kann durch die starke Schwellung den Brustwarzenhof und das
Brustgewebe schwerer oder gar nicht erfassen. Ein Milchfluss ist erschwert.
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25
Therapie:
vor dem Stillen
•
Mutter fragen, ob ihr feuchte Wärme angenehm ist
(Dusche, Wickel)
• sanfte Brustmassage
• sanftes Ausmassieren von Hand (öffnen der Milchgänge)
• evtl. kurzes Anpumpen, um das Brustgewebe zu
entspannen, damit das Kind die Brustwarze und den
Warzenhof fassen kann
• kurz vor dem Stillen kann nötigenfalls ein Schmerzmittel
eingenommen werden
• häufiges Stillen in wechselnder Position
• grosse Brüste mit zusammengerollter Windel unterstützen
• Brustwarze ist leichter fassbar
• verhindert das Abrutschen nach dem Ansaugen
• Homöopathie (siehe Fachordner)
• Syntocinonspray (max. 48 Std.)
nach dem Stillen
• feuchte Kälte-Anwendung (Coldpack, Quark, Pastaboli®)
• keine Einschränkung der Trinkmenge der Mutter
• evtl. Pumpen, je nach Situation
Vermeiden:
26
•
•
Einschränkung der Stillzeit
Einschränkung der Trinkmenge der Mutter
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5.2.
Ausmassieren der Brust von Hand
Vorteile:
•
•
Manche Mütter ziehen das Handausstreichen der Milch dem
Abpumpen vor, weil sie es als angenehmer empfinden
Ausmassieren ist praktisch, umweltfreundlich und überall
möglich
Vor dem Ausmassieren soll die Brustmassage durchgeführt werden
A
Daumen, Zeige- und Mittelfinger ca. 2-3 cm hinter die
Brustwarze legen, nicht an den äusseren Rand
des Brustwarzenhofes, da dieser von Frau zu Frau
variieren. Die Brustwarze soll sich zwischen Daumen
und Zeigefinger befinden.
B
Eine grosse Brust erst anheben, Gewebe waagrecht
in Richtung Brustkorb ziehen. Finger nicht spreizen.
C
Finger nach vorne abrollen, so als ob man gleichzeitig
Fingerabdrücke machen wollte. Durch diese rollende
Bewegung werden die Milchgänge entleert, ohne das
Brustgewebe zu verletzen.
D
Punkte A bis C in rhythmischen Bewegungen
wiederholen.
E
Um die Brust rundherum zu
entleeren, Bewegung von allen
Seiten her durchführen
Rechte Hand
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Linke Hand
27
6.
Anatomie der Brust
A
Querschnitt durch die Brust vor der
Schwangerschaft
B
Die Brust während der Schwangerschaft.
Ab der 6. Schwangerschaftswoche bildet die
Plazenta Hormone, wodurch sich Milchgänge
und Alveolen bis zur Geburt des Kindes zu
einem funktionstüchtigen Drüsengewebe
entwickeln.
C
Die Brust während der Stillzeit
28
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Die Brust ist als sekretorische Drüse aufgebaut:
•
•
•
Drüsengewebe (für Bildung und Transport von Milch)
Bindegewebe (Stützfunktion und Struktur für Blut- und Lymphgefässe
und Nerven)
Fettgewebe (Stützfunktion, formgebend)
Das Drüsengewebe besteht aus ca. 20 Drüsenlappen (Lobi), welche jeweils in 20 40 Drüsenläppchen (Lobuli) unterteilt sind. Diese enden in den sogenannten
Milchbläschen (Alveolen). In diesen milchbildenden Drüsenzellen wird die Milch aus
dem Blut synthetisiert. Die Alveolen sind korbartig von glatten Muskelzellen umhüllt,
den sogenannten Myoepithelzellen. Diese ziehen sich zusammen, wenn sie durch die
Oxytocinfreigabe beim Milchspendereflex stimuliert werden. Der Milchfluss kommt
also nicht durch die Saugkraft des Säuglings zustande! Die Muttermilch fliesst durch
die Milchgänge (Ductuli, Ducti) Richtung Brustwarze (Mamille). Die Brustwarze
besteht aus zirkulären Muskelfasern, die bei Berührung oder Kältereiz das Aufrichten
der Brustwarze bewirken. Der Warzenhof (Areola) verfügt über spezielle Talgdrüsen
(Montgomerydrüsen), die ein fetthaltiges, antibakterielles Sekret abgeben. Dieses
Sekret pflegt die Mamille, macht es geschmeidig. Zudem erkennt das Neugeborene
an dem für ihn erkennbaren Duft des Sekretes unverwechselbar seine Mutter. Seife,
Parfüm oder Desinfektionsmittel stören diese Funktion und trocknen die Mamille aus,
was zu erhöhter Empfindlichkeit führen kann.
In der Schwangerschaft kommt es unter dem hormonellen Einfluss der Plazenta zu
einem weiteren Wachstum und einer Differenzierung des Brustdrüsengewebes - die
Brust wird grösser und voller. In der 2. Schwangerschaftshälfte differenzieren sich die
Milchgangendstrukturen zu Milchbläschen mit den milchbildenden Alveolarzellen, die
bereits ihre sekretorische Aktivität aufnehmen können - Austreten von Kolostrum
spontan oder bei Druck auf den Warzenhof ist möglich.
Die Geburt (inklusive Ausstossung der Plazenta) bewirkt einen plötzlichen Abfall der
Plazentahormone, dadurch kann das Prolaktin („Mütterlichkeits-hormon“) seine volle
Wirkung auf die Milchbildung entfalten. Neben dem Prolaktin haben noch weitere
Hormone wie z.B. Cortisol und Insulin Einfluss auf die Bildung der Muttermilch. Zum
Basis-Prolaktinspiegel müssen zusätzlich die "Prolaktinstösse" kommen, die durch
das Saugen an der Brust ausgelöst werden. Durch den Saugreiz kommt es zur
Prolaktinabgabe aus dem Hypophysenvorderlappen. Wird in den ersten Tagen zu
selten angelegt, wird weniger Prolaktin ausgeschüttet - die Laktation setzt später ein
und wird nicht ausreichend aufrechterhalten. Zwillingsanlegen und Pumpen mit dem
Doppelpumpset erhöhen die Prolaktinausschüttung. Durch effektives Saugen an der
Brust wird Oxytocin („Liebeshormon“), das im Hypothalamus gebildet und im
Hypophysenhinterlappen gespeichert wird, freigesetzt. Dieses Hormon ist
verantwortlich für die Kontraktion der glatten Muskulatur (Milchspendereflex) an
Alveolen und Milchgängen (gleichzeitige Kontraktion des Uterus). Ein extremer
Gegenspieler von Oxytocin ist das Adrenalin (Stresshormon) –dieses hemmt den
Milchfluss.
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29
7.
Stadien der Milchbildung
Die Muttermilch ist den Bedürfnissen des Neugeborenen ideal angepasst und
verändert sich immer wieder mit der Entwicklung und dem Wachstum des Kindes.
7.1.
Stadien der Milchbildung und Zusammensetzung der Muttermilch
a)
Stadien der Milchbildung
Kolostrum
•
•
•
•
•
•
•
Übergangsmilch
•
Die Zusammensetzung ändert sich bis zur Bildung der
reifen Muttermilch.
Reife Muttermilch
•
Der Nährwert (75kcal/100ml) passt sich laufend dem Alter
des Kindes an. Ab der 3. Lebenswoche spricht man von
reifer Muttermilch.
Je häufiger und effizienter die Brust entleert wird, desto
mehr Milch wird produziert. Das Angebot richtet sich nach
der Nachfrage.
•
30
Der IgA-Gehalt (Immunglobulin, das in der Brustdrüse
gebildet wird) ist in den ersten Tagen sehr hoch (~
5000mg/Tag) und fällt dann nach ca. 1 Woche auf 1/5 ab.
Immunglobuline, Laktoferrin, Lysozym und Makrophagen
schützen das Neugeborene vor Bakterien und Viren.
Nährwert: 67cal/100ml
Konsistenz: dickflüssig, gelblich (Beta Karotin),
leichtverdaulich.
Kolostrum regt den Abgang des Mekoniums an und fördert
das Wachstum des Laktobazillus. Bilirubinausscheidung
über den Stuhl wird beschleunigt.
Der hohe Natriumgehalt des Kolostrums schützt vor
Flüssigkeitsverlust.
Kolostrum ist hochkonzentriert und stabilisiert den
Blutzucker.
Milch in der Entwöhnungsphase
•
Wenn das Kind nach ca. 6 Monaten langsam feste
Nahrung bekommt, verändert sich die Zusammensetzung
der Muttermilch noch einmal, z.B. steigender
Natriumgehalt und steigende Immunabwehr.
Frühgeborenenmilch
•
Die Milch der Mutter eines Frühgeborenen ist während
einem Monat den Bedürfnissen ihres Kindes mit seinen
hohen Nahrungsanforderungen speziell angepasst.
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b)
7.2.
Faktoren, die einen Einfluss auf die Zusammensetzung der Muttermilch
haben
Tageszeit
Der Fettgehalt der Muttermilch ist um ca. 14 Uhr am
höchsten.
Dauer der Mahlzeit
Die Vordermilch ist wässrig/durchsichtig, die Hintermilch
fetthaltiger.
Ernährung der Mutter
Die Ernährung hat kaum Einfluss auf die grundsätzliche
Zusammensetzung der Muttermilch. Es gibt aber
Geschmacks- und Farbunterschiede.
Vorteile der Muttermilch
Muttermilch
•
•
•
•
•
•
•
•
•
7.3.
ist leicht verdaulich, wird optimal verwertet,
hat die ideale Zusammensetzung der Nährstoffe,
ist auf die Bedürfnisse eines jeden Kindes abgestimmt,
ist die beste Allergieprophylaxe,
stärkt das Abwehrsystem,
hat die richtige Temperatur,
stillt den Hunger und den Durst,
ist immer und überall sofort bereit,
ist also unübertroffen für das Kind in den ersten 6 Monaten.
Vorteile des Stillens
Stillen
•
•
•
•
•
•
7.4.
unterstützt die Mutter-Kind-Beziehung und hat auf beide eine beruhigende
Wirkung (Prolaktin),
kann das Selbstbewusstsein einer Frau stärken und das Einleben in die Rolle als
Mutter erleichtern,
gibt dem Kind Sicherheit und Geborgenheit,
spart Zeit und Geld,
fördert die Rückbildung der Gebärmutter
und unterstützt die Gewichtsreduktion der Mutter nach der Geburt.
Ernährungsentscheidung
Die werdende Mutter und ihr Partner werden über die Vorteile von Muttermilch und
Stillen umfassend informiert, sodass sie in der Lage sind, sich frei für die
Ernährungsart ihres Kindes zu entscheiden. Sie treffen eine informierte Wahl.
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31
8.
Probleme rund ums Stillen
8.1.
Brustpflege
•
•
•
•
•
•
•
8.2.
Mehrmals täglich Hände waschen.
Duschen/waschen der Brust ohne Seife.
Sobald Muttermilch vorhanden ist, ausmassierte Tropfen auf der Brustwarze
verteilen.
Falls bequem, den BH in den ersten Tagen weglassen Ö verbesserte
Durchblutung der Brustwarzen.
Falls erwünscht, gut sitzenden (Still-) BH von Vorteil aus Baumwolle, ohne
Metallstäbe und drückende Nähte tragen.
Stilleinlagen erst bei auslaufender Milch verwenden.
Bei Reizungen oder Rötungen nach dem Stillen Wollfett (Purelan®) hauchdünn
auf der Brustwarze einmassieren (ohne Brustwarzenhof).
Wunde Brustwarzen
Eine gewisse Empfindlichkeit der Brustwarzen ist normal und verschwindet nach ein
paar Tagen, sofern nicht eine fehlerhafte Stilltechnik oder eine organische Ursache
vorliegt.
Der Übergang zu wunden Brustwarzen ist aber fliessend und sollte nicht verpasst
werden.
Mögliche Ursachen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Vorbeugende
Massnahmen
•
•
•
•
•
32
Vorwiegend fehlerhafte Stilltechnik oder
Saugprobleme des Kindes
Kind wird nicht korrekt von der Brust gelöst
Kleiner Mund des Kindes - grosse, breite
Brustwarzen
Lange Brustwarzen z.B. verursacht durch
Abpumpen mit zu hohem Vakuum.
Unpassende Grösse der Brustglocke beim
Abpumpen
Prallvolle Brust
Nasse Stillkompressen
Frenulum (Zungenbändchen)
Soor
Allergien
Mutter und Kind beim Stillen unterstützen.
Beim Kind auf korrektes Ansetzen achten
(Druckknopf).
Abwechseln der Stillpositionen.
In den ersten Tagen auf BH und Stillkompressen
verzichten.
Nach dem Stillen Muttermilch auf Brustwarzen
verteilen.
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Kontrolle Stilltechnik
•
•
•
•
•
•
•
•
Behandlung
•
•
•
•
•
•
•
•
Bei Schrunden
•
•
•
Beim Pumpen zu
beachten
•
•
•
•
•
•
Position von Mutter und Kind: Bauch an Bauch.
Ohr/Schulter/Gesäss des Kindes sind in einer Linie.
Kind nahe an den Körper ziehen.
Brustwarze stimulieren.
Kind mit weit geöffnetem Mund an die Brust ziehen.
„Druckknopf-Prinzip“: Brustwarze und Mund des
Kindes verhalten sich wie ein Druckknopf.
Kind nahe an der Brust halten, direkte Berührung
Wange/Brust.
Ö Keinen Fingerdruck auf die Brust, um die Nase
des Kindes freizuhalten.
Ö Beim Lösen kleinen Finger zwischen die
Kieferleisten schieben, um Vakuum zu lösen.
Nach dem Lösen Brustwarze auf Form und
Farbe kontrollieren.
Ursache erkennen und beheben.
Verletzung der Brustwarze beurteilen und
Behandlung danach richten.
Stillposition häufig wechseln, dadurch wird die
Brustwarze vom Unterkiefer und der Zunge
unterschiedlich belastet.
Muttermilch auf der Brustwarze trocknen lassen.
Purelansalbe nach dem Stillen dünn auftragen.
Luft und Sonnenlicht fördern die Wundheilung.
Lasertherapie bei Rötung und Schmerzen
idealerweise vor dem Stillen.
gute Hygiene.
Nach dem Stillen Salbeiteekompresse 10 Minuten
auf die Brustwarze (siehe Merkblatt im Anhang)
legen.
Evtl. Mepilex®lite auf die Brustwarze kleben.
Bei starken Schmerzen:
Ö Stillpause über 24 – 48 Stunden,
Ö Muttermilch abpumpen,
Ö evtl. Schmerzmittel verabreichen.
Vorgängig die Brüste massieren.
Evtl. die Pumphaube durch Wollfett (Purelan®)
geschmeidiger machen, damit das Pumpen nicht
schmerzt.
Passende Grösse der Brustglocke wählen.
Brustwarze zentrieren.
Auf kleiner Stufe pumpen.
Bei Besserung abwechselnd einmal stillen, einmal
abpumpen.
Empfindliche Brustwarzen gibt es immer wieder, sie dürfen aber nach
Behandlungsbeginn nicht wunder werden!
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33
8.3.
Milchstau
Durch mangelhafte Entleerung der Brust staut sich die Muttermilch in den
Milchdrüsen.
Symptome
•
•
•
•
•
•
•
Rötung lokal
Überwärmung
Knotenbildung (gestaute Milchdrüsen)
druckempfindliche Stellen
gespannte, harte Brust
mangelnder Milchfluss
evtl. erhöhte Temperatur bis 38,5°
Ursachen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
falsche Saug- und Trinktechnik
Überproduktion der Milchmenge
mangelnde Brustentleerung wegen Zeitmangel (Besucher)
Stress, Müdigkeit, Schmerzen
mangelnde Brustentleerung wegen Saughütchen
gestörter Milchspendereflex
psychische Belastung
verändertes Trinkverhalten des Kindes
längere Schlafphasen des Kindes
Druckeinwirkung auf die Brust, z.B. einengender BH mit Bügel,
Kleider, Tragehilfen, Pumphaube
Überhäutung von Milchausführgängen
Vasospasmen
•
•
Therapie
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Ruhe
vor dem Stillen: feuchte Wärme
Brustmassage
häufiges Stillen oder Entleeren der Brust
Stillpositionen wechseln (Kind beim Anlegen mit Unterkiefer in
die Richtung der gestauten Stelle)
Syntocinonspray® (nicht länger als 48 Std. anwenden)
Homöopathie (siehe Fachordner)
Analgetikum, schmerzfrei fliesst die Milch leichter
unmittelbar nach dem Stillen Kälteanwendung (Cold Pack,
Quarkwickel, Pastaboli® für mindestens 20 Minuten)
Milchbläschen eröffnen
Vasospasmen behandeln
bei Überproduktion der Milchmenge, Pfefferminztee, Salbeitee
zu Milchreduktion (1 bis 2 Tassen täglich reichen)
Wenn nach 24 bis 48 Stunden keine Besserung auftritt, ist es ratsam mit der
Hebamme, der Stillberaterin oder dem Arzt Kontakt aufzunehmen.
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8.4.
Mastitis
Eine Mastitis ist eine Infektion, die lokal durch das Eindringen pathogener Keime
hervorgerufen wird. Rhagaden, wunde Brustwarzen oder ein unbehandelter Milchstau
begünstigen die Verbreitung der Bakterien. Selten tritt sie systemisch über den Blutoder Lymphweg auf.
Symptome
Ursachen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Therapie
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•
•
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•
•
•
•
•
•
•
Vorbeugend
•
•
•
grippeartige Symptome wie Kopf- und Rückenschmerzen
rasch ansteigendes Fieber, Schüttelfrost
Temperaturen über 38,5°C
Rötung und Überwärmung der Brust
Druckdolenz
evtl. Schwellung des axillären Lymphknotens
Schrunden
Rhagaden
Soor
Augeninfektion des Kindes
Racheninfektion eines
Familienmitgliedes
mangelnde Hygiene
Stress
Bettruhe, Ruhe, Zuneigung
Wärme während Schüttelfrost
fiebersenkende, schmerzstillende Mittel
vor der Stillmahlzeit feuchte Wärme
Syntocinonspray® (für max. 48 Stunden)
Sobald die Mutter Kälte erträgt, Brust nach dem Stillen kühlen
Kind häufig in wechselnden Positionen von der kranken Brust
trinken lassen (2 bis 3 stündlich).
Unmittelbar nach dem Stillen Kälteanwendung (Cold Pack,
Quarkwickel, Pastaboli® für mindestens 20 Minuten).
kann oder will das Kind die erkrankte Brust nicht leeren, ist das
Abpumpen unumgänglich. Sobald der Milchfluss versiegt, die
Seite wechseln (die Milchmenge nimmt häufig bei der
Mastits ab).
während den Fieberschüben Ö viel trinken
Wenn 24 Std. nach Behandlungsbeginn keine Besserung
eintritt, Antibiotika nach ärztlicher Verordnung.
Bei beidseitiger, gleichzeitig auftretender Mastitis sofort nach
ärztlicher Verordnung mit Antibiotika beginnen.
Mehrmals täglich Hände waschen (Mutter)
Händedesinfektion (Pflegende)
Wunde Brustwarzen vor dem Stillen mit Wasser abtupfen.
Jeder Milchstau kann in eine Mastitis übergehen. Selten kommt es zur
Abszessbildung. Eine Mastitis ist kein Grund abzustillen.
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35
9.
Stillhilfen
9.1.
Die Milchpumpe - Abpumpen von Muttermilch
Das Abpumpen dient der Aufrechterhaltung und der Steigerung der Milchproduktion
•
Im Spital verwenden
und vermieten wir
•
elektrische Pumpen
mit dem Einzelpumpset
Doppelpumpset
Indikationen
•
•
•
•
•
Saugprobleme des Kindes
Brustwarzenprobleme
Milchstau oder Mastitis
Überbrücken von Stillpausen
Trennung von Mutter und Kind
Vorgehen
•
•
•
Hände waschen
ruhige, geschützte Atmosphäre schaffen
Milchspendereflex durch Massage und evtl. feuchtwarme Wickel anregen
evtl. die Pumphaube durch Wollfett (Purelan)
geschmeidiger machen, damit das Pumpen nicht
schmerzt
•
•
•
Häufigkeit
alle 3 bis 4 Stunden
mit einer Nachtpause von maximal 6 Stunden
Erhaltung der Milchmenge
Mit dem Einzelpumpset
jede Brust
•
•
•
•
Mit dem Doppelpumpset
beide Brüste gleichzeitig
•
•
•
36
Erlernen des Abpumpens
kurzzeitiger Einsatz
Dauer: 10 -15 Minuten pro Seite
Die Pumpzeiten können wie folgt aussehen:
rechts 5-7 Minuten / links 5-7 Minuten
rechts 3-5 Minuten / links 3-5 Minuten
rechts 2-3 Minuten / links 2-3 Minuten
langzeitiger Einsatz
Dauer: 10 -15 Minuten
verkürzte Abpumpzeit
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9.2.
Aufbewahren, Auftauen und Erwärmen von Muttermilch
Aufbewahren von Muttermilch
Ausmassierte oder abgepumpte Muttermilch kann wie folgt aufbewahrt werden:
•
•
•
•
bei Zimmertemperatur
im Kühlschrank bei 4°-6°C
im Tiefkühlfach des Kühlschrankes bei –12°
im Tiefkühlschrank bei –18°
6 Stunden
3 bis 5 Tage
3 Wochen
6 Monate und länger
Einfrieren von Muttermilch
Zum Einfrieren eignen sich spezielle Gefrierbeutel für Muttermilch.
•
•
•
•
•
Abgekühlte Portionen vom gleichen Tag (24 Std.) dürfen vor dem Einfrieren
zusammengeschüttet werden.
Kleine Mengen einfrieren.
Portionen von 50ml, 100ml, 150ml Ö ergeben einen geringeren Verlust von
erwärmter, aber nicht gebrauchter Muttermilch
Gläser und Beutel nicht ganz füllen Ö Muttermilch dehnt sich in gefrorenem
Zustand aus
Behälter mit Name, Datum, Zeit und Menge beschriften
Bei kranken oder frühgeborenen Kindern sind spezielle Empfehlungen der
neonatologischen Abteilung zu befolgen.
Auftauen von Muttermilch
•
•
•
•
über Nacht im Kühlschrank
bei Zimmertemperatur
bei Zeitmangel: Behälter unter fliessendem, wärmer werdendem Wasser auftauen
bis Muttermilch geschmolzen ist. Regelmässig schütteln
Muttermilch innerhalb 24 Stunden aufbrauchen, kein zweites Mal aufwärmen
Erwärmen von Muttermilch
•
•
•
im Wasserbad auf Körpertemperatur erwärmen
Behälter regelmässig schütteln
Temperatur vor dem Verabreichen kontrollieren
Muttermilch:
•
•
•
nicht aufkochen
nicht im Mikrowellenherd oder Steamer auftauen oder erhitzen
Ö wertvolle Bestandteile werden zerstört!
nicht im 0° Fach im Kühlschrank lagern
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9.3.
Brustwarzenformer
Indikation: Hohl- und Flachwarzen
Echte Hohlwarzen sind selten. Flachwarzen sieht man dagegen häufiger. Sie sind auf
zu kurze Milchgänge zurückzuführen. In vielen Fällen lässt sich die Elastizität der
Hohl- und Flachwarzen durch das Tragen eines Brustwarzenformers erfolgreich
verbessern.
Anwendung
In der Schwangerschaft
Bei Hohl- oder Flachwarzen können Brustwarzenformer ab der 32.
Schwangerschaftswoche tagsüber stundenweise getragen werden. So werden die
Brustwarzen elastischer und besser für das Neugeborene fassbar.
Nach der Geburt
Bis zur Brustdrüsenschwellung kann der Brustwarzenformer tagsüber getragen
werden. Mit und nach der Brustdrüsenschwellung sollte er erst kurz vor dem Stillen,
z.B. während des Wickelns des Kindes, in den BH gelegt werden, da durch einen
längeren Druck ein Milchstau entstehen kann.
Wegen der Gefahr eines vermehrten Bakterienwachstums dürfen in den
Brustwarzenformer keine Stillkompressen eingelegt werden.
Reinigung
Die Brustwarzenformer müssen 1 x täglich ausgekocht oder sterilisiert werden und
danach trocken aufbewahrt werden.
38
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9.4.
Saughütchen
Das Saughütchen ist in der Regel ein vorübergehendes Hilfsmittel und erübrigt sich ca. 2–3
Wochen nach der Geburt.
Wann wird das Saughütchen eingesetzt?
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bei Hohl- und Flachwarzen
bei heftiger initialer Brustdrüsenschwellung, dass Kind kann die Brustwarze nicht
mehr richtig fassen
bei frühgeborenen oder kranken Kindern
Wie wird das Saughütchen erfolgreich angewendet?
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Immer zuerst versuchen, dass Kind anzulegen (Brust als Ersterfahrung).
Wenn das Ansetzen nicht gelingt, Stillhütchen einsetzen.
Das KInd muss möglichst viel vom Hütchen im Mund haben.
Schafft das Neugeborene nicht die Brust ausreichend zu stimulieren, beginnt man
mit dem Abpumpen.
Diese Muttermilch mit Löffel oder Becher verabreichen.
Was ist zu beachten?
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gute Brustkontrolle vor und nach dem Stillen
Brüste fühlen sich nach dem Stillen angenehm an, sind weicher
1x täglich beide Brüste pumpen
• um die Brust gut zu entleeren
• um die Milchmenge optimal anzuregen
Weitere Betreuung durch ambulante Hebamme, Stillberaterin
Wie reinigen?
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mach jedem Gebrauch unmittelbar auswaschen
Saughütchen trocken aufbewahren
Saughütchen 1 x täglich auskochen
Wie kann das Kind vom Saughütchen entwöhnt werden?
Wenn sich Mutter und Kind in der Handhabung sicher fühlen und das Kind gut trinkt, kann
man Versuche starten auch ohne Saughütchen zu stillen:
• Kind mit Saughütchen ansaugen lassen bis es hörbar Milch schluckt.
• Saughütchen selbst oder mit Hilfe des Partners schnell entfernen und Kind sofort
weiterstillen lassen Ö Überraschungseffekt
• Evtl. Brust kurz anpumpen Ö Verbesserung der Brustwarzenform, des
Milchflusses.
• Kind an der besseren Brustwarze zuerst ansaugen lassen.
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10. Herausfordernde Still- und andere Situationen
Die ersten Tage gerade nach der Geburt des ersten Kindes sind geprägt von
vielen Veränderungen. Aus dem Paar wird eine Familie, die Verantwortung wird sichtbar. Die
Mutter muss sich von der Geburt erholen, gleichzeitig lernen sie und
ihr Kind sich neu kennen. Sie ist verantwortlich für die Pflege, Ernährung – das Stillen ihres
Kindes.
Stillen braucht Übung und vor allem in den ersten Wochen Zeit und Geduld.
Wenn diese erste, zugegebenermassen nicht ganz einfache Zeit überstanden ist, wird das
Durchhalten belohnt.
Umso intensiver erlebt es die Mutter, wenn das Kind zu unruhig ist, um an die
Brust zu gehen oder dort zu bleiben, zu schläfrig, um sich dem Stillen zu widmen.
Diese scheinbare Ablehnung durch das Kind verursacht bei den Müttern oft
grosse Sorgen und Überforderungsgefühle.
Diese Gefühle der Mütter sind verständlich und doch sind sie nicht nötig. Denn in den
allerseltensten Fällen lehnen die Kinder mit ihrem Verhalten tatsächlich die Mutter ab. Sie ist
weder schuld am Verhalten ihres Babys noch weist dieses auf ein gestörtes
Vertrauensverhältnis zwischen ihr und ihrem Kind hin. Die Mutter kann dem Kind in dieser
Zeit der Stolpersteine helfen, mit Ruhe und Wissen die Hürde zu überwinden und ihm damit
den Weg freigeben für eine gesunde Entwicklung. Sie ist damit umso mehr wichtigste
Beziehungsperson für ihr Kind.
10.1.
Das unruhige Kind
Manche Kinder kommen auf die Welt und sind in den ersten Tagen unruhig, weinen häufig.
Sie wollen getröstet werden, brauchen Körperkontakt. Nicht immer ist alles Weinen Hunger.
Häufig wird dies aber von der Mutter so gedeutet. Das sind Situationen, in denen das Kind
viel und lange an der Brust saugt. Manche Brustwarzen machen diesen Marathon nicht mit.
Damit es nicht zu übermüdeten Mütter oder wunden Brustwarzen kommt, gibt es einige
Alternativen zum Saugen an der Brust.
Jederzeit darf sich die Mutter Unterstützung durch die Pflegefachfrau holen.
Helfen kann
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Das Neugeboren im Bett der Mutter schlafen lassen
Hand auf den Kopf des Kindes legen
Bettchen mit dem Chriesisteinsäckli anwärmen
Wickel, warme Bauchwickel
Kind massieren
Pucken, Kind in das Deckbett einwickeln
Herumgehen
Kind an seiner eigenen Hand saugen lassen
Am Finger der Mutter oder Vater saugen lassen
10.2. Das schläfrige Kind
Meist sind alle Kinder kurz nach der Geburt hellwach. Dann fallen viele Kinder in eine
Müdigkeit, müssen und dürfen sich erst einmal von der Geburt ausruhen.
Am ersten Tag wird ein Neugeborenes nach ca 6 Stunden geweckt und eingeladen an der
Brust zu saugen. Kinder, die auch über den ersten Tag hinaus schläfrig sind, werden beim
Stillen situationsangepasst unterstützt. Man sieht immer wieder Kinder, die ein paar Tage
brauchen, um sich auf das Erdenleben umzustellen.
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Helfen kann
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Handinnenfläche und/ oder Füsse massieren.
Die Ärmchen sanft hoch und runter bewegen.
Nach dem Stillen an der ersten Brust das Kind wickeln.
Kontrollieren, ob das Kind richtig angesetzt ist. Manche Kinder,
die das richtige Ansaugen nicht geschafft haben, schlafen
rasch ein.
Der Mutter sagen, dass ihr Kind nicht einschläft, weil sie keine
Muttermilch hat, sondern weil es sich an der Brust so wohl und
geborgen fühlt.
Ist ein Kind wirklich zu müde zum Saugen, soll die Mutter
frühzeitig mit dem Anregungspumpen beginnen.
10.3. Kinder dürfen lernen
Alle Kinder haben die Anlage zum Saugen, nur manche können dies aus verschiedenen
Gründen nicht sofort umsetzen. Manche Neugeborene sind in den ersten 1 bis 2 Tagen
durch Fruchtwasser im Magen von Übelkeit geplagt und müssen würgen und kötzeln. In
dieser Situation ist den Kindern nicht nach Saugen an der Brust zumute. Etliche Kinder
trainieren schon im Bauch an ihren Händen zu saugen und doch ist es nun eine Umstellung
dies an der Brust zu tun und muss geübt werden.
Helfen kann
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Unterstützung der Pflegefachfrau
Wiederholte, gezielte Stillversuche
Kind erwachen lassen und ansetzten
Stillposition wechseln
Ruhe und Geduld
Saugtraining am Finger
Evtl. an der "besseren" Brust üben
Brustmassage, damit die Muttermilch
einfacher fliesst
Anregungspumpen
Wenn das Kind zu früh zur Welt kommt oder nach der Geburt eine gelbe Hautfarbe zeigt
(ikterisch wird), ist dies stets Anlass zur Sorge bei den Eltern. So wirft die Gelbfärbung der
Haut, die das ikterische Kind aufweist, bei den Eltern viele Fragen auf: Wie lange dauert die
Gelbfärbung? Ist mein Kind gesund? Wann ist mein Kind nicht mehr so müde, um gut an der
Brust zu ziehen?
All diese Ängste sind mehr als verständlich, doch handelt es sich um überwindbare
Anfangshürden. Mit etwas Ruhe und der richtigen Unterstützung gehören diese schneller der
Vergangenheit an, als man denkt. Ihr Kind ist nicht krank, es bedarf nur während der
Anfangszeit etwas mehr Aufmerksamkeit seitens der Eltern und der Pflegenden.
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10.5. Das Ikterische Kind
Es ist normal, wenn ein Kind in den ersten Tagen nach der Geburt eine Gelbfärbung der Haut
zeigt. Manche Kinder benötigen eine Lichttherapie, wenn die Laborwerte zu sehr ansteigen.
Es kommt ins Bilibett - ein spezielles Bett mit einer Blaulichtlampe. Der Ikterus lässt das Kind
müder werden.
Helfen kann
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Erste Hungerzeichen beachten
Kind regelmässig wecken (alle 3 Stunden)
Brust anmassieren, damit das Kolostrum, die Muttermilch leichter
fliessen kann
Anregungspumpen
10.6. Das frühgeborene und/oder untergewichtige Kind
Ein frühgeborenes Kind wird vor der 37 0/7 Schwangerschaftswoche geboren. Ein
untergewichtiges Kind wiegt unter 2500gr am Termin. Im Spital Affoltern können wir Kinder
von der 34 0/7 SSW an und Kinder ab einem Geburtsgewicht über 2000gr betreuen.
In beiden Fällen achtet man besonders gut auf die regelmässige und ausreichende
Ernährung des Kindes. Zusätzlich ist wichtig, dass diese Kinder eine konstante
Körpertemperatur haben, der Blutzucker stabil bleibt und das Gelb - werden nicht zu stark
wird. Diese Kinder brauchen also in der ersten Zeit mehr Unterstützung und Überwachung
In den ersten Tagen soll das Kind regelmässig, alle drei Stunden zum Stillen geweckt
werden. Gleich im Anschluss wird dem Kind MD-Tee (ein spezieller Neugeborenentee)
angeboten. Das Kind wird schön warm gehalten und darf häufig im Lammfellsack schlafen.
Manche Kinder mögen in dieser Anfangszeit nicht so gut an der Brust trinken. Den Müttern
raten wir auch hier zum Anregungspumpen.
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Stillerfahrung einer Mutter
Oktober 2008
Ich habe immer gedacht, der angeborene Saugreflex führe automatisch dazu, dass Babys an der Brust
trinken. Stillen ist doch die natürlichste Sache der Welt, so steht es zumindest in vielen Ratgebern
geschrieben. Die ersten drei Lebenswochen unseres Sohnes haben mich gelehrt, dass natürlich nicht
gleichbedeutend mit „funktioniert automatisch“ ist und Stillen nicht einfach so gelingt, sondern sehr
viel mit Übung, Ausdauer und Teamarbeit zu tun hat.
In den ersten Tagen nach seiner Geburt verschlief unser Sohn im wahrsten Sinne des Wortes das
Stillen. Trotz vieler Versuche und Tipps des Pflegepersonals gelang das Ansetzen an meine Brust kaum
und mit jedem weiteren Versuch wurde ich unsicherer und gestresster. Mein Sohn wollte einfach nicht
trinken! Während dem Milcheinschuss versuchte ich ihn mittels Abpumpen und Zufüttern mit der
Spritze mit einem weichen Silikonaufsatz (Fingerfeeder) zu ernähren, was zumindest vorübergehend
einen gewissen Druck von mir nahm. Doch Stillen hatte ich mir aber anders vorgestellt. Und vor
allem: So konnte ich ja nie nach Hause gehen! Am fünften Tag nach der Geburt erhielt ich von der
Stillberaterin den erlösenden Tipp, das Stillen mit einem Stillhütchen zu probieren. Der Versuch
klappte auf Anhieb. Hätte ich dies bloss schon früher ausprobiert! Durch das Stillhütchen gewann ich
Sicherheit und vor allem auch Zuversicht, zuhause erfolgreich mit dem Stillen fortzufahren. Dennoch
gab’s in den ersten Wochen immer wieder neue Unsicherheiten: Trinkt er genug, habe ich genügend
Milch, nimmt er genug zu, werde ich jemals ohne Hütchen stillen können? In dieser Zeit war ich sehr
froh um die unterstützenden Hausbesuche der Hebamme und Stillberaterin.
Inzwischen bin ich dabei, meinem Sohn das Stillen mit Hütchen abzugewöhnen. Manchmal gelingt’s
und er trinkt direkt ohne Hilfsmittel von der Brust, manchmal auch nicht. Stillen ist eben Teamarbeit
und braucht neben viel Übung auch viel Ausdauer!
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11. Zwillinge
Für manche Eltern ist die Nachricht, dass sie Zwillinge erwarten, eine wahre Freude, für
andere ein anfänglicher Schock. Ebenso wie alle Mütter überlegt sich auch diese werdende
Mütter, ob sie stillen möchte.
Grundsätzlich gilt: Es braucht zwar mehr Organisation und auch Unterstützung als bei einem
Kind, aber es spricht nichts dagegen Zwillinge erfolgreich zu stillen.
Hier einige Tipps:
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Die Entlastung und Unterstützung der Mutter hat erste Priorität. Sie benötigt die
Zeit um ihre beiden Kinder zu stillen und um sich von der Geburt zu erholen. Die
Pflege der Kinder lernt sie schnell, wenn ihr das Stillen vertraut ist.
Unmittelbar nach der Geburt mit Stillen beginnen und häufig anlegen.
Wechselnde Stillpositionen und korrektes Anlegen sind besonders wichtig, um
wunden Brustwarzen vorzubeugen (Doppelbelastung!).
Handhabung wird einfacher erlernt, wenn die Kinder nacheinander trinken.
Anregungspumpen, falls die Kinder klein, schläfrig oder schwach sind
bei jeder Mahlzeit jedes Kind an die Brust legen und erst dann falls nötig nach
Bedarf zufüttern.
Gleichzeitiges Anlegen erst dann beginnen, wenn Kinder problemlos korrekt
ansaugen und die Mutter dazu bereit ist.
Gleichzeitiges Anlegen spart Zeit und erhöht den Prolaktinspiegel .
Die Pflegefachfrau hilft ihr dabei.
Manche Mütter bevorzugen es, die Kinder einzeln zu stillen .
Da die Kinder unterschiedlich stark saugen können, die Kinder an beiden Seiten
ansetzen (nicht ein Kind nur rechts, das andere Kind nur links ansetzen), so
werden beide Brüste gleichermassen stimuliert und entleert.
Hilfe bei Zwillingen:
• schon in der Schwangerschaft Hilfe für die erste Zeit organisieren
Bsp. ambulante Hebamme, Haushalthilfe
• Kontakt mit anderen Zwillingseltern aufnehmen, Erfahrungen einholen (z.B.
Zwillingseltern - Club)
Stillpositionen bei Zwillingen
Seitenhaltung
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Parallelhaltung
12.
Flüssigkeitsgabe bei gestillten Kindern
„ Weil Muttermilch alles enthält, was das Kind braucht, bekommt das gesunde Kind
keine zusätzliche Flüssigkeit oder Nahrung“
So lautet einer der 10 Schritte zum erfolgreichen Stillen der UNICEF. Das gesunde
Neugeborene braucht in den ersten zwei bis drei Tagen nur wenige Tropfen Muttermilch. In
den ersten 24 Stunden hat der Magen eines Babys ein Fassungsvermögen von ca. 7 ml pro
Stilleinheit. Das wertvolle, hochkonzentrierte Kolostrum füllt so den Magen des Kindes
ausreichend und spendet alle wichtigen Energie- und Abwehrstoffe. Auch haben die Kinder
selbst noch ausreichende Energiespeicher für bis zu ca. 2 - 3 Tage, von welchen sie zehren.
Dennoch sind manche Kinder hungrig, bevor die Muttermilch fliesst. Wenn ein Kind sich nicht
beruhigen lässt, haben wir folgende Möglichkeiten
Gabe von:
• Abgekochtem Wasser
• MD, einem speziellen Neugeborenen- Tee, der Maltrodextrin, beinhaltet.
MD ist keine Säuglingsnahrung und dient vorwiegend der Flüssigkeit- und
Energiezufuhr
• Fencheltee bei Bauchweh
„ Um das Neugeborene in seinem Saugverhalten an der Brust nicht zu stören, wird in
den ersten Tagen auf Nuggis und Saugflaschen verzichtet. Bei Bedarf nehmen wir
einen Löffel oder Becher“
Falls das Neugeborene Flüssigkeit oder auch Anfangsnahrung braucht, geben wir dies mit:
• dem Herzogbecher oder
• dem Löffel oder
• dem Fingerfeeder.
Abgekochtes Wasser oder MD, kann mit dem Becher oder Löffel erfolgen.
Pumpt die Mutter die Milch ab, wird sie dem Neugeborenen per Fingerfeeder verabreicht.
Diese Hilfsmittel unterstützen das korrekte Saugen an der Brust.
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13.
Das nicht gestillte Kind
Stillen ist eine individuelle und sehr persönliche Angelegenheit. Ob ein Kind gestillt wird soll
alleine die werdende Mutter entscheiden. Mutter, Vater und Kind sind gleichermassen
wichtig um diesen Entscheid zu tragen.
Es können verschiedenste persönliche und/ oder medizinische Hintergründe dazu führen das
Kind mit alternativer Säuglingsanfangsnahrung zu ernähren.
Nicht das Stillen alleine macht Verbindung zum Kind. Es ist gut möglich die Zeit des Fütterns
mit der Flasche in ruhigen Raum zu gestalten, so dass Mutter und Kind Zeit haben sich
kennenzulernen und Bindung zu erfahren. Das Bonding nach der Geburt ist gleich wie bei
gestillten Kindern.
"Kuscheln kann ich auch, wenn ich den Schoppen gebe"
Wenn entschieden wurde, dass die Mutter ihr Kind nicht stillt, wird sie von Hebamme,
Pflegefachfrau und Arzt darin unterstützt und begleitet.
Mütter, die ihre Kinder schöppeln werden auch eingeführt in
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unterstützende Massnahmen beim Abstillen
(siehe auch Kapitel 16)
Aufbau der Ernährung des Kindes
Tagestrinkmenge
Schoppennahrung
Schoppenzubereitung
Hygienemassnahmen
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14.
Abstillen
Indikationen:
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auf Wunsch der Mutter
schwere mütterliche Erkrankung
HIV-positive, drogenkonsumierende Mütter (Methadon) siehe Kapitel Drogen
Galaktosämie des Kindes
Todesfall des Kindes
14.1. Primäres Abstillen
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medikamentös: Dostinex® nach Schema oder Verordnung des Arztes
Brüste mehrmals täglich kontrollieren
feuchtkalte Wickel
zusätzlich Salbeitee trinken
Flüssigkeit nicht einschränken
homöopathische Mittel und alternative Methode:
mit Phytolacca D1 (siehe Fachordner) oder Schüsslersalz Tbl. Nr 10
bei Bedarf Entlastungspumpen, nicht ganz entleeren!
14.2. Sekundäres Abstillen
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alternative Methode
2 – 3 Tassen Salbeitee trinken
Entlastung der Brüste durch Ausmassieren oder
Pumpen, jedoch nicht leerpumpen, anschliessend
Cold Pack oder kalte Wickel mit Quark oder
Pastaboli
gut sitzenden BH tragen
homöopathische Mittel (siehe Fachordner)
gute Brustkontrolle
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medikamentöse Methode
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Dostinex® s.u.
2–3 Tassen Salbei-/Pfefferminztee trinken
evtl. Entlastungspumpen
Wickel/ Kühlen der Brüste
gut sitzenden BH tragen
Brüste mehrmals täglich auf Verhärtungen
kontrollieren
gute weitere Kontrolle der Brüste
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14.3. Das Medikament Dostinex©
Dosierung
Primäres Abstillen
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innerhalb der ersten 24 Stunden nach der
Geburt 2 Tabletten zu 0,5,mg einnehmen
Sekundäres Abstillen
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½ Tablette Dostinex® alle 12 Stunden über zwei
Tage verabreichen
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15.
Die Rolle des Vaters
Die Geburt eines Kindes ist ein einmaliges Ereignis im Leben jeder Frau und jedes Mannes.
Es beginnt der Familienprozess, der für alle Beteiligte eine grosse Herausforderung
bedeutet.
Nicht nur die Frau muss sich in der Rolle als Mutter einfinden, auch der Vater steht meist vor
einem Berg an neuen Anforderungen, die ihn anfangs nicht selten zu überfordern scheinen.
Er, der die Schwangerschaft womöglich aktiv miterlebt und dennoch nur von Aussen
wahrgenommen hat, der sich bei aller Vorbereitung und Vorfreude meist erst in der
Gebärabteilung bewusst wird, welchen grossen Schritt in eine neue Lebenswelt seine Frau
und er gerade tun. Er soll nun kühlen Kopf bewahren und da sein für Frau und Kind.
"Nur eineinhalb Stunden nach Spitaleintritt war unsere zweite Tochter gesund und
kräftig bereits bei uns. Meine Rolle als Vater änderte sich somit fast schlagartig und
es ging alles sehr schnell. Zuerst musste ich vor allem funktionieren und diverse
Arbeiten erledigen. Ich war froh zu sehen und zu wissen, dass es meiner Frau dank
der kurzen Geburt recht gut ging und sie im Spital von kompetenten Fachfrauen
betreut wurde. Somit konnte ich zunächst meine organisatorischen Arbeiten erledigen
und auch sicherstellen, dass unsere erste Tochter weder von ihrer kleinen Schwester
noch von der Schule zu wenig mitbekam. Ich selbst brauchte schon ein paar Tage bis
ich die Geburt so wirklich realisierte, eigentlich geschah dies erst nach den ersten
Tagen zu Hause."
Kaum ist das kleine Wunder da, heisst es für ihn, zwischen beruflichen Alltag und
Spitalbesuchen die emotionale Nähe zur neuen Familie zu festigen. Später gilt es, für zwei
die Nerven zu bewahren, wenn das neue Familienmitglied weint, schreit oder beim Stillen
Probleme auftreten. Er soll Lehrbuchgemäss seine Frau unterstützen, reden und zuhören,
auch wenn er ihre „Wöchnerinnengefühle“ nicht recht begreifen mag. Er soll sie verwöhnen,
das Kleine väterlich betreuen, den Kühlschrank füllen, den Haushalt versorgen und
gleichzeitig den Türsteher spielen, um die meist gut gemeinte, doch oft auch belastende Flut
an Verwandten, Bekannten und Nachbarn zu kontrollieren, die das neue Erdenkind so gerne
willkommen heissen möchten.
Eine grosse, nun mehr denn je aktive Verantwortung lastet somit auch auf dem
frischgebackenen Vater. Das Gefühl, den eigenen, jenen der Partnerin und den von aussen
projizierten Erwartungen nicht gerecht werden zu können, kennen dabei viele Väter. Weil die
Frau instinktiv alles richtig zu machen scheint, weil der Fokus Aussenwelt vor allem auf dem
Kind und der Mutter liegt, weil der Umgang mit dem so zerbrechlich scheinenden Kind in der
Theorie so einfach und in der Realität so viel schwerer erscheint.
"Ich fühlte mich in der ersten Zeit hilf- und nutzlos. Meine Frau war "nur" mit dem Kind
beschäftigt. Wenn das Kind aber lange weinte, dann war meine Unterstützung
gefragt. Dies hat mich zu Beginn recht an meine Grenzen gebracht".
All das ist völlig normal und kein Grund für Vorwürfe, Verzweiflung oder Frustration. Der
Vater wird in seiner Rolle während der Wöchnerinnen- und Stillzeit am besten gerecht, wenn
er an Frau und Kind aber auch an sich selber denkt.
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Auch das Pflegepersonal kann helfen, indem es den Mann als wichtiges Familienmitglied in
der zentralen Rolle als Vater und Partner wahrnimmt. So gelingt es viel einfacher, ihn von
Anfang an aus der Besucherrolle herauszuheben. Das Spital ist meist die erste Kultur, mit
der die junge Familie in Kontakt kommt. Die Haltung, die das Pflegepersonal den Eltern
gegenüber hat, ist mitbestimmend für die Integration des Vaters im Wochenbett. Es stehen
nicht nur die Wöchnerin und das Kind im Mittelpunkt, vielmehr soll die Familie als Ganzes
individuell betreut werden.
Hier einige Empfehlungen für gelingende erste Tage im Spital und zu Hause:
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Eine gemeinsame Besichtigung der Geburtenabteilung schafft vertrauen.
Der ehrliche Austausch mit der Frau über Ängste die zum Beispiel die Geburt
betreffen. Evtl. stärkt es den Partner, Abmachungen zu treffen, wie "Ich darf aus dem
Gebärzimmer gehen, wenn es mir zuviel wird" oder "Ich darf deine wohlgemeinte
Hilfe zurückweisen, wenn ich sie während der Geburt nicht ertragen kann."
Bringen Sie sich ein und stellen Sie Fragen. Beides ist auf der Gebärabteilung, wie
auch im Wochenbett erwünscht.
Nutzen Sie das Angebot des Familienzimmers.
Austrittsgespräch im Wochenbett zu zweit, damit auch die Fragen des Partners
erklärt werden können.
Auch wenn er nicht selber gebar: Auch der Vater braucht Entspannung und Erholung
nach solch einem Ereignis.
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16.
Mutter – Kindabteilung
Überweisung von Frau ... in die Mutter Kind Abteilung des Bezirksspitals Affoltern:
Die Schwangerschaft verlief noch komplikationslos – das Kind (aktuell 6 Wochen alt)
ist ein Wunschkind. Die Geburt war normal, dauerte aber sehr lange- zwei Tage und
zwei Nächte. Im Wochenbett schlief Frau ... sehr wenig, was sie wie auch ihre
Betreuungspersonen als normal bewerteten. Die Erschöpfung kam aber schleichend
und stellte sich bemerkbar erst Wochen nach der Geburt ein: Bereis in der zweiten
Woche nach der Geburt musste der Säugling alle zwei Stunden gestillt werden. Der
Partner übernahm zwar stundenweise zur Entlastung seiner Frau die Betreuung des
Kindes, dennoch litt die junge Mutter immer mehr unter Versagensängste und
vermehrter Gefühllosigkeit für ihre Umgebung und ihr Kind. Dazu kam, dass sich die
Frau zunehmend in der Betreuung unsicherer fühlte und die Gedanken zu kreisen
begannen. Die Weinattacken nahmen zu und das Gefühl nicht fähig zu sein, ihr Kind
zu versorgen, führte schlussendlich zum "Totalausfall" der Mutter. Obwohl der
Partner, die Familie und die Nachbarn versuchten, Entlastung zu bieten,
verschlechterte sich die Situation. Schliesslich wies der Hausarzt Frau ... auf ihren
Wunsch so schnell wie möglich in die Mutter - Kind Abteilung ein.
So ähnlich lesen sich Einweisungsberichte, mit denen Frauen und ihre Säuglinge auf unsere
Mutter – Kind Abteilung, integriert in die Wochenbettstation, überwiesen werden. Der
gesamte Lebensrhythmus verändert sich nach der Geburt drastisch, die Nächte werden kurz,
das Kind und seine Bedürfnisse müssen kennen gelernt werden. Häufig ist dies mit
viel Unsicherheit verbunden. Das Stillen braucht gerade in den ersten Wochen, bis sich ein
Rhythmus entwickelt, viel Zeit.
"Ich habe bis zu 9 Stunden pro Tag gestillt. Einerseits hat mich dies an den Rand der
Erschöpfung gebracht, andererseits war dies die einzige Zeit, in der ich meine
Tochter ohne Versagensängste bei mir haben konnte. Das Stillen war noch das
Einzige das geklappt hat. Ich weiss nicht, wie es gewesen wäre, wenn ich nicht
gestillt hätte - ob dies Entlastung gebracht oder mein Gefühl des Versagens verstärkt
hätte.“
Der Anspruch an sich, den Haushalt und Alltag alleine zu bewältigen, ist bei den meisten
Müttern sehr ausgeprägt. Wenn dies nach einer bestimmten Zeit „nicht klappt“, kann sich aus
dem Gefühl der Unfähigkeit und der Erschöpfung heraus zu einer Depression entwickeln. In
dieser Situation benötigt es professionelle Hilfe bedarf. Im ambulanten Bereich kann diese
Unterstützung und Begleitung durch die Hebamme, Mütterberaterin, den Gynäkologen oder
Hausarzt, idealerweise interdisziplinär stattfinden.
Ein Aufenthalt in einer für Mutter-Kind spezialisierten Einheit kann sinnvoll sein. Die
Entlastung vom Alltag, für die Betreuung des Kindes nicht alleine verantwortlich zu sein (vor
allem nachts) bringt häufig schon erste Entspannung. Die liebevolle Begleitung der
depressiven Mutter und ihres Kindes durch die Pflegefachfrau der Wochenbettabteilung stellt
einen wichtigen Teil im Alltag dar. Das Therapiekonzept beinhaltet unter anderem
Physiotherapie, Körperwahrnehmung und Gruppengespräche. Zentrale Rolle bildet die
Kunst- und Ausdrucksorientierte Psychotherapie. Zur Interaktionsförderung zwischen Mutter
und Kind wird ein Babymassagekurs angeboten.
Wenn sich auf Dauer keine Besserung zeigt, wird eine medikamentöse Unterstützung durch
Antidepressiva in Erwägung gezogen. Zeigt sich die dringende Notwendigkeit, wird bei der
Auswahl der Medikamente möglichst auf die stillende Mutter (und das Kind) Rücksicht
genommen. Alle diese Substanzen gehen zu einem kleinen Teil in die Muttermilch über.
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Es kann sein, dass zu einer Medikamentengruppe gegriffen werden muss, welche der Mutter
nicht mehr erlaubt, ihr Kind weiter zu stillen, da dadurch dessen Gesundheit gefährdet
würde.
Dieser von der Mutter als drastisch empfundene Schritt wird von unserem Behandlungsteam
mitgetragen. Es ist uns wichtig, die betroffene Mutter in den Prozess der Entscheidung mit
einzubinden und zu unterstützen. In dieser Zeit lernt sie schrittweise neue Möglichkeiten
kennen, mit ihrem Kind gemeinsam den Alltag positiv zu gestalten.
Gerade bei depressiven Müttern scheint es uns besonders wichtig, bewusste Momente der
Mutter- Kind-Bindung zu schaffen. Idealerweise geschieht dies über das Stillen, da dies der
natürliche Weg dazu ist. Ist dies aus verschiedensten Gründen nicht möglich oder sinnvoll,
braucht es der Frau und ihrem Kind angepasste Alternativen.
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17.
Ernährung in der Stillzeit
Als stillende Mutter brauchen sie sich grundsätzlich nicht anders zu ernähren als jeder
andere Mensch. Eine gesunde Ernährung ist in allen Lebensphasen einer Frau wichtig. Vor
allem aber die Schwangerschaft und Stillzeit stellen grosse Anforderungen an die Mutter und
ihren Körper. Eine den veränderten Bedürfnissen angepasste Ernährung kann sehr viel zum
Wohlbefinden und zur Gesundheit von Mutter und Kind beitragen.
Wie viel muss eine stillende Mutter essen?
Während der Stillzeit ist der Energiebedarf gesteigert. Mit der Muttermilch gibt die Mutter
Energie und Nährstoffe an das Kind weiter. Daher muss sie regelmässig essen. Jedoch
sollte dieser Mehrbedarf nicht durch Schokoriegel und Kuchen gedeckt werden, sondern
durch eine ausgewogene Mischkost, d.h. durch viel Gemüse, Kartoffeln, Vollkornprodukte,
Obst (um den erhöhten Bedarf zu decken braucht es 3 Portionen Gemüse, - saft oder Salat
und 2 Portionen Obst oder Fruchtsaft täglich) und etwas Fisch, Fleisch, Eier, Milchprodukte,
Fette und Öle (berücksichtigen sie 2-3mal die Woche fettreichen Seefisch, wie Lachs, Hering
oder Makrele, und wertvolle pflanzliche Öle wie Raps-, Oliven-, oder Leinöl).Ein schneller
Energielieferant für zwischendurch sind Nüsse. Wenn sie sich als stillende Mutter
ausgewogen ernähren und sparsam mit Süssem und Fettreichem umgehen, werden sie
auch dann langsam abnehmen, wenn sie nach Appetit essen. Die grösste Gewichtsabnahme
findet in der Regel zwischen dem 3. und 6. Monat nach der Geburt statt.
Muss eine stillende Mutter mehr trinken?
Der Durst der Mutter steigt mit dem Stillen automatisch, da sie einen Mehrbedarf an
Flüssigkeit hat. Trinken sie nach ihrem natürlichen Verlangen immer so viel, dass sie keinen
Durst empfinden. Vor allem während dem Stillen und während einer Hauptmahlzeit ist es
wichtig, dass sie sich ein grosses Glas Wasser zur Seite stellen, damit sie nach Bedarf
trinken können.
Hat die Ernährung der Mutter einen Einfluss auf die Qualität der Muttermilch?
Die grundlegende Zusammensetzung der Muttermilch ist unabhängig von der Ernährung der
Mutter. Jedoch der Gehalt an bestimmten Nährstoffen, wie Vitaminen und Fettsäuren
hängen von der Ernährung der Mutter ab (siehe bei „wie viel muss eine stillende Mutter
essen?“)
Muss eine stillende Mutter auf bestimmte Lebensmittel verzichten?
In der Muttermilch können Geschmack- und Eiweissstoffe aus der Nahrung gefunden
werden. Diese fremden Eiweissstoffe können bei Säuglingen mit entsprechender
Veranlagung Allergien auslösen (z.B. Hautausschläge, Koliken, Erbrechen etc.). Bei
vollgestillten Kindern treten Allergien weniger häufig auf. Trotzdem wird auch stillenden
Müttern empfohlen nicht mehr Kuhmilch als während der Schwangerschaft zu sich zu
nehmen, da Kuhmilchallergien immer wieder vorkommen.
Sehr verbreitet ist der Glauben, dass blähendes Gemüse oder säurehaltige Lebensmittel
Bauchschmerzen und einen wunden Po beim gestillten Säugling verursachen. Hierfür gibt es
keine wissenschaftlich belegten Hinweise. Falls Sie als stillende Mutter ein bestimmtes
Lebensmittel in Verdacht haben,
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Unverträglichkeitsreaktionen beim Baby auszulösen, sollten Sie das verdächtige
Lebensmittel weglassen und überprüfen, ob so eine Besserung auftritt. Um sicher zu gehen,
ob das verdächtigte Lebensmittel tatsächlich Schuld an den Problemen hat, können sie beim
nächsten Verzehr beobachten, ob sich die Symptome bei ihrem Kind wiederholen. Wenn ja,
sollten sie dieses Lebensmittel vorübergehend von ihrem Speiseplan streichen.
Ist eine vegetarische Ernährung möglich?
Wenn durch eine bewusste Zusammenstellung der Kost eine angepasste Eisen- und
Eiweisszufuhr sichergestellt ist, dann ist eine vegetarische Ernährung (Verzicht auf Fleisch,
nicht aber auf Milchprodukte und Eier) während der Stillzeit möglich. Eine vegane Ernährung
(Verzicht auf alle tierischen Lebensmittel) ist absolut nicht zu empfehlen, da diese zu
neurologischen Schäden beim Kind führen kann. Falls eine stillende Mutter auf keinen Fall
tierische Lebensmittel zu sich nehmen will, braucht sie zusätzliche Nahrungssupplemente für
Vitamin B12, Eisen, Kalzium und Zink.
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18.
Medikamente, Genussmittel, Drogen und Muttermilch
Die Einnahme von Substanzen während der Stillzeit kann sich auf 3 Ebenen
auswirken:
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auf die Milchproduktion selbst (Diuretika, Östrogene z.B. Pille)
auf die Milchzusammensetzung und Geschmack
auf das Kind (die meisten Substanzen lassen sich im Serum oder Urin des Kindes
nachweisen)
Medikamente, Genussmittel und Drogen haben bereits einen Einfluss in der
Schwangerschaft auf das ungeborene Kind. Im vorgeburtlichen Gespräch mit der
Hebamme sind die Themen zu besprechen und im Einzelfall eine Lösung zu suchen.
Für das Kind ist Stillen die beste Möglichkeit, einen langsamen Entzug
durchzumachen!
Sämtliche Fragen um die Medikamenteneinnahme in der Stillzeit können
unter www.embryotox.de/ beantwortet werden.
Sowie im Buch: “ Arzneimittelverordnung in der Schwangerschaft und Stillzeit“
von Schäfer, Spillmann, Vetter (das Buch liegt auf der Abteilung auf)
18.1. Medikamente
Die Medikamentenkonzentration in der Muttermilch schwankt je nach
Einnahmehäufigkeit, Art (i.v., per os) und Stillzeiten. Auch geringe Mengen können
bei längerem Gebrauch zu Nebenwirkungen beim Kind führen. Es lässt sich in der
Regel ein Medikament finden, das mit dem Stillen vereinbart werden kann. Gespräch
mit dem Arzt suchen.
Quelle: Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit, Spielmann, Schaefer.
•
Kontraindikation:
Verwendung
unter pädiatrischer Kontrolle:
radioaktive Substanzen, gewisse Zytostatika
•
Langzeitbehandlung mit Antiepileptika,
Valium®, Methadon®
• Antikoagulantien, Gyrasehemmer
(Ciproxin® u.ä.)
18.2. Genussmittel
Nikotin
Nikotin beeinflusst den Milchspendereflex, die Milchmenge und den Geschmack der
Muttermilch. Mehr als 10 Zigaretten pro Tag können beim Säugling Unruhe,
Herzfrequenzbeschleunigung, erhöhte Darmtätigkeit, Bauchkoliken etc. verursachen.
Der Mutter empfehlen, unmittelbar nach dem Stillen zu rauchen.
Niemals in Gegenwart des Kindes rauchen!
Falls notwendig langsam abstillen!
Alkohol
Der Alkohol geht 1:1 in die Muttermilch über.
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Regelmässiger Konsum (mehr als 15ml reinen Alkohols pro Tag) kann beim gestillten
Kind Schläfrigkeit, geringere Gewichtszunahme und Entwicklungsstörungen
hervorrufen. Geringe Mengen sind wahrscheinlich unbedenklich, allerdings kann der
Geschmack der Milch verändert werden und so das Trinkverhalten des Kindes
beeinflussen.
Nach Alkoholeinnahme 1–2 Stunden mit dem Stillen warten.
Bei regelmässigem hohem Alkoholkonsum ist vom Stillen abzuraten.
Koffein
Eine Koffeineinnahme von 4 Tassen Kaffee oder 8 Tassen Schwarztee in 24 Stunden
ist in der Stillzeit als unbedenklich anzusehen. Bei zusätzlichem Konsum von andern
koffeinhaltigen Getränken und Schokolade kann ein Kind mit Übererregbarkeit und
Schlaflosigkeit reagieren.
18.3. Drogen
Heroin, Kokain,
Amphetamine, Haschisch,
Marihuana, Crack:
•
sind mit dem Stillen nicht zu vereinbaren
Methadon:
•
bei Dosen bis zu 20mg/ Tag wurden beim Kind
keine Nebenwirkungen beobachtet
höhere Dosen in Absprache mit dem Arzt
ein Konsum anderer Drogen ist
auszuschliessen
•
•
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19.
Quellennachweis
Seite 9 bis 13
Saugmuster
frei nach Ursula Schürch
Seite 20
Marmet Technik
Bilder
Chele Marmet 1988
Arlette Meier 2003
Seite 21/ 22
Stillen
wir eltern, medela
Seite 23
"Last uns etwas Zeit"
Christa Herzog, medela 1996
Seite 25
Alles über Stillen
Brigitte Benkert 1995
Seite 27
VELB Ausbildungsunterlagen
Verena Marchand 2003
Seite 28
Fotos
Christa Herzog
Seite 29
Manual Expression
of Breastmilk
medela USA
Seite 30
Zeichnungen
Felix Schürch
Seite 36/ 37
Breastfeeding
Jan Riordan 1983
Seite 39
Stillen und Stillberatung
Carina Kroth 1999
Seite 45/ 47/ 48
Fotos
Ursula Schürch
Seite 51 / 52
Fotos
Jacinta Solér
Seite 53
VELB Ausbildungsunterlagen
Verena Marchand 2008
Literaturhinweise
"Stillberatung" Mutter und Kind professionell unterstützen
Maria Biancuzzo
Urban und Fischer Verlag
"Handbuch für die Stillberatung"
Nancy Mohrbacher, Julie Stock, La Leche Liga Deutschland
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Arbeitsgruppe
Zertifizierung UNICEF
Rezertifizierung UNICEF
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Verena Brönnimann
Rita Hess
Käthi Roth
Marlies Studer
Denise Werthmüller
Rosmarie Wettstein
Bezirkspital Affoltern
Januar 1997
Susanne Aeschlimann
Christa Herzog
Regula Pachlatko Loosman
Jacinta Solèr
Cornelia Venzin Dariz
Denise Werthmüller
Bezirksspital Affoltern
Überarbeitet August 2003
2. Rezertifizierung UNICEF
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Susanne Aeschlimann
Judith Kaufmann
Ursula Schürch
Jacinta Solèr
Nadine Wunderlich
Bezirksspital Affoltern
Überarbeitet November 2008
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