Wachstum und Alter des Rotbarsches Die Altersbestimmung am

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Wachstum und Alter des Rotbarsches Die Altersbestimmung am
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Wachstum und Alter des Rotbarsches
Die Altersbestimmung am Rotbarsch weist nach wie vor mannigfaltige Probleme
auf. Wenn auch das äußerst langsame Wachstum und das sehr hohe Alter des marktgängigen Rotbarsches von diversen Autoren als Tatsache anerkannt wird, haben wir
bislang keine einwandfreie Methode der Altersbestimmung. Die Schwierigkeiten der
Otolithen~ und Schuppeninterpretation ergeben sich aus dem hohen Aiter dieser langsamwüchsigen Fische. Da die Zuverlässigkeit der Altersbestimmungen und der Interpretationen der verschiedenen Untersucher sehr gering ist, konnten die Ergebnisse bisher nicht als Basis für bestandskundliche Analysen dieser so wichtigen
Nutzfischart herangezogen werden.
Während wir es bei unseren meisten marktgängigen Nutzfischarten Kabeljau, Hering, Köhler, Schellfisch mit Altersklassen zu tun haben, die zwischen 3 und über
10 Jahren schwanken (bei der heutigen intensiven Fischerei wird die obere Altersgrenze immer weiter herabgedrückt), wird der Rotbarsch für die Fischerei erst
interessant, wenn er ungefähr 10 Jahre alt ist, da er erst zu diesem Zeitpunkt
eine marktgängige Größe erreicht hat.
Sowohl zwischen den Geschlechtern als auch zwischen den verschiedenen Beständen (Island, Norwegische Küste, Barentsmeer, Grönland und Labrador) bestehen erhebliche Wachstumsunterschiede. So sind z. B. die Rotbarsche im Golf von
Maine (American Rosefish) bedeutend langsamwüchsiger als unsere traditionell·
befischten Bestände.
Einen ungefähren Anhaltspunkt üBer das Alter des Rotbarsches erhält der Fischereipraktiker, wenn er sich folgender Faustregel bedient: Subtrahiert man von der Totalllinge 6 cm (= angenommenes Wachstum für das erste Lebensjahr) und dividiert
den Rest durch 3 (=angenommenes Wachstum ab zweitem Lebensjahr), so erhält
man dasungefähre Endalter. Ein Fisch von 36 cm Länge wäre demnach 10 Jahre
alt. Zu .den vorhergehenden Ausführungen sei bemerkt, daß das Wachstum im
zweiten Jahr erheblich nachläßt und die angenommene Zuwachsrate von 3 cm pro
·Jahr mit fortschreitendem Alter bis unter 1 cm fallen kann. Den Devisor 3
wü;rden wir ab Längen von 36 bis 46 cm ohne weiteres je nach Bestand, Geschlecht
usw.mit 2,5 bis 2 ansetzen. Ein 46 cm langer Rotbarsch von.derSW-Küstelslands
(Mehlsack) wäre demnach:
46 - 6
= 40
40
2,5 = 16
16+ 1 = 17 Jahre alt.
Es sei nochmals ausdrücklich betont, daß es sich hier nur um eine Faustregel
handelt, anhand derer sich der Laie eine ungefähre Vorstellung über das Alter
des Rotbarsches machen kann. Sie ist jedoch keineswegs für bestandskundliche
Analysen geeignet.
Da man nicht erwarten kann, daß auf einem Otolithen oder auf einer Schuppe
10, 20 und mehr Jahreszuwachszonen ohne weiteres erkennbar sind, versuchen
wir das Problem der Altersbestimmung beim Rotbarsch mittels chemischer und
polarisationsoptischer Methoden zu lösen. Die Altersbestimmungen wurden bislang
hauptsächlich an den Querbruchflächen der Otolithen durchgeführt. Wegen der
häufigen Sekundärringbildung, die man von den Wirklichen jährlichen Zuwachszonen kaum unterscheiden kann, kommt man zu viel zu hohen Altersangaben(Abb.l).
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Abb. 1: Querbruchfläche eines 33 cm
langen Rotbarsches mit Sekundärringen. Zuwachszonen schwer
zu identifizieren.
Abb. 2: Rechter und linker Otolith
eines 36 cm langen Rotbarsches. Die Otolithen
sind in Methylbenzoat aufgehellt und z€igen dieselbe
Anzahl und Anordnung der
Zuwachs zonen.
Abb. 3: Schuppe eines 35 cm langen
Rotbarsches in polarisiertem
Licht aufgenommen. Die äußersten Zuwachs zonen sind deutlich sichtbar. Durch Drehen der
Schuppe im polar. Licht werden
die inneren Zonen ebenfalls sichtbar.
Abb. 4: Dieselbe Schuppe in nicht
polarisiertem Licht aufgenommen. Es sind keine Zuwachs zonen zu erkennen.
Wenn man den Otolithen als Ganzes aufhellt, treten die Zuwachsringe viel deutlicher in Erscheinung (Abb. 2). Wegen der großen Regelmäßigkeit in der Anlage der Ringe, die um den ganzen Otolithe.n herum zu verfolgen· sind, kann man
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sie mit großer Wahrscheinlichkeit als jährliche Zuwachszonen ansprechen. Unsere
Erfahrungen an den Otolithen anderer Nutzfischarten weisen darauf hin, daß es
sich um Zuwachs zonen handeln muß. Befried:gende Ergebnisse können mit dieser
Aufhellungsmethode bei den kompakten Otolithen der alten Tiere (ab 15 Ja:hre)
nicht mehr' erzielt werden, weil das in diesem Falle angewandte Methylbenzöat
den Otolithen nicht mehr vollkommen durchdringt und mit zunehmendem Alter
der Absta:nd von einem Zuwachs ring zum anderen bis auf Bruchteile des ursprünglichen Abstandes der in denersten Jahren angelegten Zuwachs zonen vermindert
wird. Die Schwierigkeitender Otolitheninterpretation veranlaßten die russischen
Forscher, dieAltersbestimmungen am Rotbarsch anhand der Schuppen durchzuführen" bei denen anscheinend die Sekundärr:ngbildung mehr oder minder. wegfällt. Eigene Untersuchungen machen es wahrscheinlich, daß sich die Schuppen
ebenfalls besser als die Otolithen zur Altersbestimmung eignen. Voraussetzung
ist dazu allerdings polarisiertes Licht (vgl. Abb. 3 und 4). In Abb. 3 sind die
zuletzt angelegten Zuwachs zonen deutlich zu erkennen. In diesen Zonen, die bislang in unpolarisiertem Licht schwer sichtbar zu machen waren, liegt die größte
Fehlerquelle der Altersbestimmung. Aufgrund der doppelbrechenden Strukturen,
hervorgerufen durch die Kalkablagerungen der Deckschicht und durch den fibrillären Aufbau der Basalschicht, kann die Schuppe einer polarisationsoptischen
Analyse unterzogen werden. Von den doppelbrechenden Strukturen darf man annehmen, daß sie im Zusammenhange mit dem jährlichen Wachstum angelegt
werden. Auf diesem Wege scheint es möglich zu sein, die Altersbestimmung
des Rotbarsches einer befriedigenden Lösung näherzubringen und sich somit
an das Problem der bestandskundlichen Analyse heranzuwagen.
Markierungsexperimente, die dem Fischereihiologen wichtige Hinweise auf
Wanderung, Alter und Wachstum geben, konnten bislang unsererseits nicht
durchgeführt werden, da der Rotbarsch in großen Tiefen lebt(bis 700 - 800 m)
und infolge des Druckunterschiedes bereits so geschädigt an Deck kommt, daß er
nicht mehr lebensfähig ist. Dänische Forscher führen seit einiger Zeit Markierungsexperimente in den seichten westgrönländischen Fjorden durch, wo die
Fische mit Angeln gefangen und markiert werdeJikönnen. Die wenigen Wiederfänge bestätigen das ausgesprochen langsame Wachstum des Rotbarsches.
Die schon nach einer kurzen Zeit der Befischung nachlassende Ergiebigkeit
neu aufgefundener Fangplätze deutet ebenfalls auf das langsame Wachstum hin.
So bildete z. B. auf den westgrönländischen Fangplätzen der Rotbarsch in den
fünfziger Jahren den Hauptanteil der Anlandungen deutscher Dampfer. Nach
der schnellen Abfischung dieser Bestände änderte sich das Verhältnis in den
sechziger Jahr8n zugunsten,des Kabeljaus.
Die Rotbarschbestände sind aufgrund ihres langsamen. Wachstums in der Situ~
atien, daß sie schon bei einer relativ geringen fischereilichen Sterblichkeit
den höchstmöglichen Dauerertrag erbringen. Eine darüber hinausgehende fischereiliche Sterblichkeit wird zu einer schnellen Reduzierung der befischten
Populationen führen, zumal diese sich in vielen Fällen nicht selbst erhalten,
sondern durch Zufuhr von Jugendstadien aus anderen Gebieten (z. B. Irminger
See) ergänzt werden.
K. Kosswig
Institut für Seefis cherei
Außenstelle Bremerhaven

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