Physisch – geographische Aspekte der südlichen Anden mit

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Physisch – geographische Aspekte der südlichen Anden mit
Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Physisch – geographische Aspekte der südlichen
Anden mit besonderer
Berücksichtigung der
Eisfelder
und deren Umfeld
von
Rudolf Hofmann
Birenbach 2007
Gliederung:
1.
Problemstellung, Ziele und Methoden
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
2.
Das Problem der Wasserscheide als staatliche
Grenze zwischen Chile und Argentinien
3.
Raumgliederung der Südanden nach Relief,
klimatische Rahmenbedingungen und Vegetation an
Hand von Landschaftsquerschnitten
4.
Veränderung der Patagonischen Eisfelder durch die
globale Erwärmung
a) Allgemeiner Überblick über die Patagonischen
Eisfelder
b) Gletscherverhalten am Beispiel von
Auslassgletschern
5.
Offene Fragen
6.
Anhang
 Kartenausschnitte, Abbildungen und
Luftaufnahmen
 Literatur
1.
Problemstellung, Ziele und Methoden
Eines der noch relativ wenig erforschten Gebiete der Erde, die südlichen Anden in Chile
und Argentinien stellen für eine Literaturarbeit aus physisch – geographischer Sicht eine
Herausforderung dar. Beim Versuch aus der Literatur sich einen Überblick zu
verschaffen, wird man schnell feststellen, dass eine Problemlösung nur mit den
verschiedensten Fachrichtungen möglich ist.
-2-
Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Abb.: 1
Dabei stellt sich die zentrale Frage, ob die Auslösung und Wirkung von Gletscherveränderungen am Beispiel der Patagonischen Eisfelder in den Südanden auch ein
Opfer der globalen Erderwärmung geworden ist.
Die Zielsetzung der Arbeit soll an dem unterschiedlichen Verhalten an vier ausgewählten Auslassgletschern aus den Patagonischen Eisfeldern eine Lösungsmöglichkeit aufzeigen. Hierbei treten auf Grund der Quellenlage deutliche Defizite auf,
da noch entsprechende Kenntnisse auf dem Gebiet der Messdaten – klimatologischer
und glaziologischer Art ( z.B. der Massenhaushalte ) – fehlen.
Das methodische Vorgehen ist durch die vorhandene Literatur vorgegeben. Hier
wird versucht einen Beitrag zur Veranschaulichung der historischen Prozesse im letzten
Jahrhundert an Hand der ausgewählten Gletscher der beiden Eisfelder aufzuzeigen und
miteinander zu vergleichen.
2.
Das Problem der Wasserscheide als staatliche
Grenze zwischen Chile und Argentinien
Der Landschaftsname Patagonien ist nach A. Borsdorf (1985,6) irreführend. Das „Land
der Patagonen“, jener großgewachsenen Indianer, deren guanakofellumhüllte Füße
rätselhafte Spuren im weichen Ufersand der patagonischen Küste hinterließen, die
Magellan bei seiner Umseglung der Meeresenge 1520 als Abdrücke großer Füße
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
(patagones) deutete, dieses ehemalige Indianerland ist längst ein Land der Schafe, der
Gauchos und des Erdöls und des Erdgases geworden.
Die Legende vom Calafatestrauch
„Wer einmal die Beeren des Calafatestrauches gekostet hat, kommt immer wieder nach
Patagonien zurück“ ! (Patagonisches Sprichwort)
Es war einmal eine Zeit, da gab es in Patagonien noch keine Pferde und auch nicht den
dornigen Calafatestrauch. Der Wintereinbruch war nahe, und Koonek, die alte Zauberin
der Tehuelche, war es leid, mit ihrem Volk jedes Jahr nach Norden ziehen zu müssen,
auf der Suche nach wärmeren Gebieten und günstigeren Jagdgründen. Sie blieb allein
zurück in ihrem Zelt aus Guanakoleder, das der Stamm gebaut hatte. Der Winter war so
streng, dass alle Lebewesen flohen, sogar die Vögel. Als es wieder Frühling wurde,
kehrten die Schwalben zurück, die Zaunkönige und die Grünfinken. Ohne ihr Zelt zu
verlassen, sprach Koonek zu den Vögeln und tadelte sie, weil sie sie allein gelassen
hatten. „Aber wie können wir hier im Winter bleiben, wenn wir kein Futter finden und
nichts haben, womit wir uns gegen Wind und Schnee schützen können?“ Klagten die
Vögel. „Von nun an könnt ihr den ganzen Winter hier bleiben“, erwiderte Koonek. Als
man das Zelt öffnete, war die Zauberin verschwunden. An ihrer Stelle war ein dorniger
Strauch zu sehen voller gelber Blüten, die einen intensiven Duft ausströmten. Aus
diesen Blüten sollten die dunkelblauen Beeren des Calafatestrauch werden.
Sicher ist nicht der Geschmack der etwas bitteren Beere, der einen Reisenden in
den Südzipfel Lateinamerikas zurücklockt. Vielmehr sind es jene unvergessener
landschaftlichen Reize sowie der besondere Menschenschlag, der den Anstoß zu dieser
Arbeit gab und damit zu diesem fast menschenleeren Raum ausmacht.
Nach der politischen Neuordnung der spanischen Kolonien von im Jahre 1542 verstand
man unter Patagonien das ganze Gebiet zwischen Atlantischen und Pazifischen Ozean
vom Rio Colorado an südlich bis zur Magellan-Straße. Patagonien blieb ein riesiger,
praktisch unberührter Raum, in dem die Indianerstämme frei umherzogen. Erst in der 2.
Hälfte des 19. Jahrhunderts rottete ein Vernichtungskrieg unter dem argentinischen
General Roca die Indianer aus und so konnte die Erschließung Patagoniens einsetzen.
Dabei entstand bei der Erkundung des noch unbekannten Andengebiets ein politischer
Konflikt zwischen Chile und Argentinien. Für beide Staaten war und ist Patagonien ein
peripherer Raum. Nach den Unabhängigkeitskriegen musste die Grenze „endgültig“
festgelegt werden und so schloss man 1881 einen Vertrag „Tratado de los limites“.
Darin wurde als Grenzlinie die „Cumbres mas elevadas que dividan las aquas“ oder
über die höchsten, das Wasser scheidenden Gipfel (der Kordillere) betrachtet. Diese
Definition war zwar hilfreich in den Zentralanden, in den patagonischen Anden ergaben
sich Probleme. Hier deckten sich die höchsten Gipfel nicht immer mit der ozeanischen
Wasserscheide. Die chilenische Regierung räumte dem Prinzip der Wasserscheide
Priorität ein, die argentinische Regierung dem der Höhe. Der Vertrag hatte Chile bereits
einige Gebiete im östlichen Teil der Südanden und südlich des Rio Negro gekostet, die
seit langem von dem letzten noch lebenden Indianerstamm, den Araukanern, besetzt
waren. Es wollte daher auf keinen einzigen Meter mehr verzichten. Völlig unbekannt
waren die Gebiete im Bereich der patagonischen Eisfelder. Die großen Zungenbeckenseen am Fuße der patagonischen Anden sind erst in den Jahren 1867 bis 1896
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
entdeckt worden. Die Eisflächen selbst trugen weiter die Aufschrift „inexplorado“
(unerforscht).
Beide Länder setzten eine Grenzkommission ein mit Geographen und
Naturforschern, die, wo es möglich war, in den letzten beiden Jahrzehnten des 19.
Jahrhunderts die ersten systematischen und gründlichen Erforschungen der Gebiete
vornahmen. Sie entdeckten, dass die südlichen patagonischen Anden kein
zusammenhängendes Gebirgssystem darstellen, sondern durch Quertäler in mehrere
große Abschnitte zerlegt, so dass sich eine Hauptkette nur mit Mühe herauslösen lässt.
In diesen Quertälern, in denen die Flüsse in entgegengesetzter Richtung abliefen, war
es nahezu unmöglich, die Grenzlinie nach dem Vertrag von 1881 zu bestimmen. Die
Situation war ausweglos, so dass man König Edward VII von England zum
Schiedsrichter ernannte. Er entschied 1902 kurzerhand, die Seen Buenos Aires,
Pueyrredon und San Martin in der Mitte zu teilen. Die Chilenen gaben daraufhin ihrer
Hälfte jeweils einen anderen Namen. Man wusste damals noch nicht viel von den
patagonischen Eisfeldern, so dass es bis heute Streitereien um den Grenzverlauf gibt.
K. Fischer (1975,18) hat die Problematik der Grenzziehung dargestellt. Die
transandinen Quertäler sind keine antezedenten Talanlagen. Entgegen einer
geäußerten Meinung sind sie nicht postglazial, sonder präglazial durch rückschreitende
Erosion und damit verknüpfte Anzapfungsvorgänge gebildet worden. Noch im
Unterpliozän (vor 5 Millionen Jahren) lag die Wasserscheide westlich der heute
höchsten Aufragungen der Zentralzone des Gebirges (siehe Karte 2). Ältere, aus der
Zentralzone der Anden nach O abdachende Flachformen weisen noch eine
Entwässerung nach O auf. Durch glaziale Übertiefung östlich der Eisscheide wurde die
rückschreitende Erosion in den Bereich bereits bestehenden, nach W entwässerten
Quertäler verstärkt und nach O vorgetragen. Die Ursache des Vordringens pazifischer
Flusssysteme nach O ist weniger in den ungleichen Abdachungsverhältnissen von
atlantischer und pazifischer Seite zu suchen, als vielmehr durch die Heraushebung der
Südanden im Pliozän. Mit der Heraushebung verstärkt sich der Luv / Lee-Effekt und
damit wird das Gebirge zur Klimascheide, weil die Beständigkeit und Geschlossenheit
der südhemisphärischen Westwindzone nun einer besonderen Bedeutung zukommt.
„Während des Pleistozän wurde das Relief im Gebirge durch kräftige Zertalung
infolge Glazialerrosion und durch die von der pazifischen Seite weiter vordringenden
Kerbtäler in großen Bereichen zerstört. Im ostpatagonischen Tafelland kam es zur
Einschachtelung jüngerer in ältere Flächensysteme, ähnlich den Schotterplatten im
Alpenvorland, allerdings in erheblich größerer Dimension“. K. Fischer (1976,19).
Während heute die Westseite des Gebirges infolge ganzjähriger hoher
Niederschläge einer kräftigen Kerbtalzerschneidung weiter ausgesetzt ist, verstärkt sich
am östlichen Andenrand bei wachsenden semiariden bis ariden Klimaverhältnissen die
Tendenz zur Aufschotterung und damit zu flächenbildenden Prozessen. Die Folge ist
ein weiteres Verlagern der Wasserscheide nach O durch rückschreitende Erosion und
Anzapfungsvorgängen bis in das patagonische Tafelland.
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Karte 2: Die patagonischen Anden
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Somit kommt es zu einer Umkehr der Fließrichtung. Die heute nach Westen
entwässerten Flusssysteme zeigen merkwürdige Flussknicke, unausgeglichene
Längsprofile mit Talengen und Gefällsbrüchen auf. Zwei ungewöhnliche Beispiele dazu :
Rio Baker / Rio Chacabuco und Rio Pascua. Beide Systeme entwässern heute die
eiszeitlich stark übertieften Zungenbeckenseen wie Lago Buenos Aires, Lago
Pueyrredon und Lago San Martin zum Pazifik. Die Verlagerung der Wasserscheide
nach Osten in den patagonischen Anden dauert an. Zum Schluss noch ein weiteres
Beispiel für die Problematik der Grenzziehung : An den Osträndern der großen
Zungenbeckenseen gibt es beachtliche Moränenkränze, zwischen denen Flüsse zum
See entwässern. Es genügte auf Anregung der argentinischen Kommission eine
Flussmündung zwischen zwei Moränenkränzen zu teilen, um die Wasserscheide nach
Westen zu verlagern. Diese Korrektur brachte Argentinien einen Teil des Buenos Aires
Sees ein! (vgl. Buscaini / Metzeltin (1990,8).
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
3.
Raumgliederung der Südanden nach Relief,
klimatische Rahmenbedingungen und Vegetation an
Hand von Landschaftsquerschnitten
Die Anden zählen als Teil des zirkumpazifischen Kettengebirgssystems zu den
tektonisch aktivsten Krustenbereichen der Erde. Vor ca. 250 Mio. Jahren begann an der
patagonischen Westküste die Subduktion ozeanischer Pazifikkruste. Die Heraushebung
zur heutigen Höhenlage erfolgte erst vor ca. 15 Mio. – 2 Mio. Jahren. Dabei kam es vor
allem im nordpatagonischen Teil der Anden zu vulkanischen Aktivitäten.
Karte 3:
Plattengrenzen, Vulkanismus und
Erdbeben im südlichen Südamerika.
(„LOFZ“ = Liquine-OfquiVerwerfungszone; verändert nach KAY et
al. 1993: Fig1 und CANDE & LESLIE
1986: Fig. 2)
Zwischen 40° bis 52° s Br. verlaufen die südandinen Gebirgszüge fast meridional, um
weiter südlich zunehmend nach Südosten und Osten in die von zahlreichen Fjorden und
Meeresarmen zergliederten Gebirgszüge Feuerlands umzubiegen. Die Südanden sind
wesentlich niedriger als die Zentralanden und besitzen keine durchgehende Hauptkette.
Vielmehr sind sie durch zahlreiche Quertäler und niedrige Pässe in einzelne Gebirgsmassive unterteilt, die wegen ihrer ausgedehnte Eisfelder noch vielfach unerforscht
sind!
Die Hochkordillere der südpatagonischen Anden ist bis zur Darwin – Kordillere auf
Feuerland fast durchgängig vergletschert. Vom Pazifik reichen zahlreiche Fjorde weit in
die Kordilleren hinein. An der östlichen Abdachung liegen fast alle größeren Zungenbeckenseen Patagoniens wie bei Lago Buenos Aires, Lago Pueyrredon, Lago Viedma
und Lago Argentino. Teilweise greifen diese über fjordähnliche Seitenarme noch weit in
die Hochkordillere zurück.
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Geologisch lassen sich nach Borello (1957,5) zwei deutlich unterschiedliche
Längszonen in Nord – Süd - Richtung im Gesteinsaufbau der Anden unterscheiden :
a) die westliche besteht aus Graniten, Granodioriten und Dioriten aus einem
riesigen Batholithen
b) die östlichen zeigen Vulkanite und stark umgewandelte Gesteine aus der
Oberkreide und Tertiär sowie weiter im Osten ein mächtiges stark gefaltetes
Sedimentpaket, dass dann umgefaltet in das patagonische Tafelland
übergeht.
Karte 4: Globale Lage Patagoniens und geomorphologische Übersichtskarte von
Südpatagonien (Quelle: verändert nach Schellmann 1998, 2000)
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Lage und Klimatische Rahmenbedingungen des Raumes
Die heutigen Klimaverhältnisse Patagoniens von ca. 41° bis 53°S an der
Magellanstraße (entspricht auf der Nordhalbkugel der Strecke Hamburg – Neapel) zeigt
eine klimatische Sonderstellung des Raumes auf. Aus der allgemeinen Zirkulation der
Erde kann man 4 Kernaussagen (vgl. Weischert 1996) festhalten, zitiert nach Schneider
55, 2005:
 Der eisbedeckte Kontinent Antarktis in Pollage stellt ganzjährig einen extremen
Kältepol dar, wodurch vor allem im Sommer ein starkes Temperaturgefälle
zwischen Polargebiet und Tropen entsteht. Dies drückt sich in einem hohen
Druckgradienten aus, mit einer Drängung der Isobaren zwischen 40° und 60°S
(antarktischer Akzent).
 Die zirkumpolare Westwinddrift ist deutlich stärker als auf der Nordhalbkugel
ausgebildet. Hier kommt verstärkend das Fehlen großer Landflächen in den
Hohen Mittelbreiten der Südhalbkugel hinzu, was geringere
Reibungswiderstände und einen zonaleren Verlauf des Jetstreams bedeutet
(ozeanischer Akzent).
 Einzig die Südspitze Südamerikas und der äußerste Süden Neuseelands reichen
so weit von Norden in diese ganzjährige Westwinddrift hinein und sind einer
beständigen Abfolge von Zyklonen mit den dazugehörigen Kaltfronten
ausgesetzt.
 Jahreszeitliche Änderungen im Wettergeschehen werden in erster Linie durch die
meridionale Verlagerung des Subtropenhochs über dem Ostpazifik, sowie durch
das sommerliche Hitzetief über Nordargentinien gesteuert. Der äußerste Süden
bleibt davon aber weitestgehend unbeeinflusst und zeichnet sich durch
ganzjährig relativ gleich bleibendes Klima unter permanentem Westwindregime
aus.
Karte 5a:
Schematischer Überblick über die Zirkulationsbedingungen an der Südwestküste
Südamerikas (nach Weischet)
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Karte 5b:
mittlerer Druck in Meereshöhe (in hPa) zusammen mit durchschnittlicher
Windkraft bei ca. 1350 m über Meershöhe für Januar und Juli
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Ein weiterer Gesichtspunkt des Klimas von Patagonien sind das Gebirgshindernis der
Südanden, die eine verstärkte Luv / Lee Wirkung zeigen. Auf der niederschlagsreichen
Andenwestabdachung erreichen Gletscherzungen bereits bei 46°30´S das Meer. Auf
dieser Breite liegen auf der Nordhalbkugel Bozen und der Genfer See. Je
niederschlagsreicher die Luvseite ist, umso trockener die Leeseite.
Verantwortlich und umso wirksamer sind die Föhneffekte, die aus einer hohen
Anströmungsgeschwindigkeit an der Luvseite, auf der Leeseite als Fallwinde bis ins
Patagonische Tafelland vorstoßen. Hier herrschen Windgeschwindigkeiten im Winter
um das vierfache, im Sommer sogar im das sieben- bis achtfache an Stärke vor, als in
entsprechenden Breiten auf der Nordhalbkugel.
Die globale Erwärmung vor allem in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts fällt im Süden
Patagoniens stärker aus als im Norden. In den vergangenen Jahrzehnten Lagen die
Temperaturzunahmen im SW Patagoniens zwischen 0,1 – 0,3°C pro Dekade.
Karte 6a:
Temperaturzeitreihen und lineare Trends der Stationen Faro Evangelistas,
Punta arenas Flughafen und Punta Arenas Jorge Schythe (Instituto
Patagonia, Universidad de Magallanes)
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Karte 6b:
Jahresgang der Niederschläge, der vorherrschenden Windrichtung und
mittlerer Windgeschwindigkeiten verschiedener Klimastationen
Patagoniens
(Quelle: Endlicher 1991a; Sev. Meteor. Nac. Arg., Buenos Aires:
Klimadaten der Periode 1971 -80)
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Patagonien liegt zentral im Bereich der Westwindzone, wo aber südlich im Bereich der
Drakensstraße die El Niño–Southern–Oscillation (ENSO) mit der zirkumpolaren
antarktischen Störung in Wechselwirkung tritt. „Zudem führt die Abschwächung sowohl
der subpolaren Tiefdruckrinne über der Bellingshausen See als auch des subtropischen
– randtropischen Hochdruckgürtels über dem SO Pazifik zu einer Abnahme des
Zonalwindes und damit des Niederschlages an der Westseite des südlichen
Patagoniens während der Enso Warmphase“. (Schneider, 55, 2005)
Schneider und Gies* 56, 2004 haben die Zusammenhänge zwischen Enso,
Niederschlägen, Windgeschwindigkeit und Luftdruck in Seehöhe an der SW Küste
Patagoniens aufgezeigt.
Karte 6c:
Quelle: C. Schneider und D. Gies
Aceituno (1988) und Karoly (1989) beschreiben eine anomale Hochdruckzirkulation
über der Bellingshausen See während der El Niño Ereignisse, die kalte Polarluft an die
SW Küste Patagoniens bringt. Damit kommt es häufiger zu Blockierungen der
Westwindströmung und zur Verlagerung der Zugbahnen von Zyklonen nach
Nordpatagonien und Mittelchile. Hier fallen verstärkte Niederschläge bei negativem SOI.
(Aceituno 1988, Ruttland und Fuenzalida 1991). Der mehrjährigen Veränderlichkeit
durch ENSO überlagert ist eine generelle Verstärkung der südhemisphärischen
Westwindrift.
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Mit diesen klimatischen Unterschieden zwischen Luv und Lee geht eine ebenso große
vegetationsgeographische Differenzierung einher. Es lassen sich vier Hauptzonen
ausgliedern : (nach Endlicher, 1991,16 und Schneider, 2004,54)
Karte 7:
Vegetationszonen im
südlichen Südamerika
1. Im Inselbereich der westpatagonischen Luvseite bei um die 4000 mm Niederschlag
im Jahr kommt es zur Ausbildung des Moorlandes. Es handelt sich um Moor- und
Krautfluren mit Riedgräsern.
2. An der noch maritim - regenreichen und kühlgemäßigten Westseite, jedoch im
windärmeren Lee der Inseln im Bereich der inneren Kanalzone um die
Hauptkordillere und im Küstensaum des Festlandes, wächst der immergrüne
patagonische Regenwald. Auf podsolierten bis anmoorigen Böden zeigt der
Regenwald (v. a. Südbuchen ohne Lianen, Bambus und Kletterpflanzen) eine sehr
hohe Baum-, aber nur eine geringe Strauchdichte.
3. In der transandinen ostpatagonischen Übergangszone im Lee der Hauptkordillere
wandelt sich der immergrüne sehr rasch zu einem laubwerfenden, sommergrünen
Wald (Lenga und Nirre). Er steht vor allem auf grauen Waldböden über
Moränenablagerungen. Dieser Raum ist auf Grund seiner besseren Zugänglichkeit
der Kanäle, Fjorde und Meerbusen eine Gunstzone und die Waldbestände
unterliegen einem starken Rodungsdruck.
4. Die rasche Abnahme der Niederschläge hat zur Folge, dass eine Steppenvegetation
auf Schwarzerden bis zu kastanienfarbigen Böden der glazialen Serie besteht.
Wichtigste Charakterart dieser Grasflur ist das
ausdauernde Tussockgras. Dazu kommen Krautpolster- und
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Zwergsträucherfluren (v.a. Murtilla), letzterer steht bereits zum Übergang zur
Strauchhalbwüste, die unter einem Klimastress steht. Einerseits sind es die langen
Einstrahlungszeiten im Sommer, andererseits die hohen Windgeschwindigkeiten, die
zu einer hohen Verdunstung führen. So kommt es zu einer geringen
Phytomassenproduktion.
In Ostpatagonien ist seit über 100 Jahren die extensive Schafweidenutzung die
vorherrschende Nutzungsform. Schafe verwerten rohfaserreiche, nährstoffarme
Futterstoffe, wie sie in der patagonischen Steppe und Halbwüste vorhanden sind,
besonders gut. Sie können große Weideflächen auf Grund ihrer beachtlichen
Marschfähigkeit und Beweglichkeit optimal ausnutzen. Schließlich ist die Wolle nicht
nur ein gut lagerfähiges, sondern auch ein hochwertiges Produkt, dass die weiten
Transportwege zu den Abnehmern in Kauf genommen werden können. Gegen den
Wind und die niedrigen Temperaturen (insb. in höheren Lagen) werden die Tiere
durch ihr Wollkleid geschützt (Aus Endlicher / Hoppe S. 119 / 120, 15).
Südpatagonien lässt sich geologisch und morphologisch in 2 große Teile
untergliedern, die Patagonischen Anden im Westen und das Patagonische Tiefland
im Osten. Die Anden setzen sich zusammen aus dem Küstenbergland am Pazifik,
der Patagonischen Hauptkordillere und den subandinen Schichtstufen im Osten. Das
Küstenbergland stellt die Fortsetzung des granodioritischen Andenbatholiths von
Mittelchile dar. Es ist in eine Großzahl von Inseln und Halbinseln aufgelöst, die von
Kanälen und Fjorden getrennt werden und glazial zu Rundbuckeln überformt wurden
(z.B. Isla Desolacion). Die Patagonische Hauptkordillere wird von metamorphen
Gesteinen und Plutoniten gebildet. Sie ist ein alpinotypes, vergletschertes
Hochgebirge in Meeresniveau. Südlich des Patagonischen Inlandeises erreicht sie
nirgendwo mehr 2.000 m (z.B. Cerro Piramide). Die subandine Zone wird von steilen
Schichtstufen und glazial übertieften Trogtälern aufgebaut. Da sie noch unter dem
Meeresspiegel liegen, werden sie auch als transandine Kanalzone (wie z.B. der
Seno Skyring) im Gegensatz zu präandinen Kanalzone (z.B. Magellan-Straße) des
Inselarchipels bezeichnet.
Von besonderer Bedeutung sind aber die quer zum Kordillerenstreichen nach Osten
ausgreifenden Zungenbecken, die sich an der Magellan-Straße zusammenschließen
und Feuerland vom Kontinent abtrennen, letztere bilden einen „klimatischen
Gunstraum“ und stellen die Hauptlebensräume des chilenisch-patagonischen
Staatsgebietes dar. Das ostpatagonische Tiefland wird im wesentlichen vom
glazialen Formenschatz geprägt. Grundmoränenhügelländer und Drumlinfelder (wie
z.B. die Gegend um die Laguna Blanca), Endmoränenwälle und
Schmelzwasserrinnen bestimmen das Landschaftsbild. Hinzu kommen weiter nach
Osten einzelne Lavafelder. Die klimatischen Verhältnisse von Südpatagonien
werden durch seine Lage in der südhemisphärischen Westwindzone bestimmt.
Aufgrund des ganzjährigen Vorherrschens der Westwinde und der quer zur
Hauptströmungsrichtung verlaufenden Kordillere entsteht in Patagonien eine der
markantesten Klimascheiden der Erde (nur noch mit den Südalpen in Neuseeland
vergleichbar). Da der Niederschlag am Hauptkamm mit über 10.000 mm errechnet
wurde (Schneider, 2004,53) kommt es an der Luvseite zu 300 – 320 Tagen
Niederschlag im Jahr, im Lee dagegen nur auf 400 – 200 mm. Kühle Sommer und
milde Winter mit jährlichen Durchschnittstemperaturen von ca. 6,5° C und geringen
täglichen und jährlichen Temperaturamplituden von + / - 5° C sowie enormen
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Windgeschwindigkeiten von mehr als 100 km / h zeichnen das Klima aus. Vor der
westpatagonischen Küste verzeichnet die Inselgruppe Evangelistas noch ohne
Einfluss von Staueffekten etwa 2.261 mm im Jahr. In der präandinen Kanalzone bei
Bahia Felix steigen die Niederschläge auf 4.025 mm und am Fuße des Gran Campo
Nevado auf 6.642 mm an. Da es in den Gipfelhöhen keine Wetterstationen gibt,
wurden für den Gran Campo Nevado über 10.000 mm Niederschlag errechnet. Am
Seno Skyring wurden noch jährlich 988 mm, im Kordilleren Lee in Punta Arenas
(Fughafen) 356 mm gemessen. In Ostpagagonien sinken die Niederschlagswerte
auf ca. 250 mm im Jahr ab, hervorgerufen durch Wolkenauflösung (Alto cummlus
lenticularis) verbunden mit Föhneffekten ( Eriksen 1979).
Landschaftsquerschnitt Schnitt D (siehe Karte 8):
Abb. 9: Hygrisches Profil durch Südpatagonien bei 53° S
(nach Endlicher, verändert Hofmann)
Daten: Instituto de la Patagonia, Universidad de Magallanes,
Punta Arenas
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Abb. 10 Landschaftsquerschnitt bei ca. 50° südlicher Breite
Dieser West – Ost – Gegensatz verstärkt sich noch weiter nach Norden. Die
niederschlagsreichste Wetterstation in Westpatagonien liegt auf Guarello (50°21`Süd)
und verzeichnet einen Spitzenwert von 7.330 mm Niederschlag im Jahr. Über den
Canal Conception mit über 300 m Tiefe zur Isla Figueroa mit über 900 m Seehöhe zum
Fjord Andres, in den als Nebenarm der Fjord Guilardi mündet. Am Ende des Fjordes
Kalbt der gleichnamige Gletscher, der vom südpatagonischen Eisfeld aus 1.000 bis
1.500 m herunterführt. Das ganze Szenarium gleicht einer Eiszeitlandschaft wie in den
Alpen vor 10.000 Jahren. Auf Grund der höheren Gipfellagen von 2.500 – 2.900 m, die
meist als eisgepanzerte Nunatakker aus dem Eisfeld herausragen, errechneten
Casassa u. a. Niederschläge von über 10.000 mm im Jahr. Es gibt auf beiden Eisfeldern
keine Wetterstationen, da über die meiste Zeit des Jahres orkanartige Westwinde
hinwegfegen (furios fifties). Aus der Gipfelregion strömt der Mayo Gletscher nicht mehr
direkt in den gleichnamigen Fjord, der einen Teil des Lago Argentino ist. Ein
beachtlicher Eisstausee mit einem Moränenwall versperrt den unmittelbaren Zugang.
Clapperton (1993,12) stellt die Eisoberfläche als Rest eines Gebirgsschildes dar,
dessen Auslassgletscher sich in den Kaltzeiten zu großen Vorlandgletschern vereinigten
und bis zu 175 km weit nach Osten vordrangen. Bei diesen Vorstößen entstand – wie
viele andere Seen – der Lago Argentino auf 181 m Seehöhe mit einer Fläche, die etwa
das 3-fache des Bodensees ausmacht. Die starke fjordartige Verzweigung geht
einerseits auf weitere riesige Gletscher wie der 60 km lange Uppsala und der 25 km
lange Moreno Gletscher zurück, andererseits sind an der Ostflanke der Südanden durch
intensive Faltung und Bruchbildung von Nord nach Süd streichenden Verwerfungen
gekennzeichnet. Die Halbinsel Avellaneda endet dann zum eigentlichen Hauptsee, der
einige hundert Tiefenmeter aufweist. Je höher die Niederschläge auf der
Andenwestseite, je geringer fallen die Niederschläge im Lee. In El Calafate erreichen
sie noch etwa 200 mm im Jahr und dieser Betrag setzt sich dann bis zur Atlantikküste
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
fort. Die böenartige Fallwinde in dieser stark eingetieften Landschaft verstärken die
Austrocknung, so dass hier teilweise am Ostrand Halbwüsten auftreten. Bedingt durch
die niedrigen Jahresdurchschnittstemperaturen von 7,3°C und den hohen
Niederschlägen im Gipfelbereich liegt die Schneegrenze bei ca. 1150 m Seehöhe.
Dieser West – Ostwandel auf kürzester Entfernung zeigt sich auch im Vegetationsbild.
Regentriefende patagonische Wälder mit der immergrünen Südbuche im Westen wird
von der Gestrüpp- und Hartgrassteppe abgelöst.
Abb. 11
Landschaftsquerschnitt bei ca. 47° südlicher Breite
Der West – Ost Gegensatz an der Pazifikküste wird von einem weniger ausgeprägten
Nord– Süd Gradient überlagert. Von ca. 50° Süd polwärts nimmt der Niederschlag ab
auf Grund der niedrigeren Temperaturen und damit verbunden ein abnehmender
Wasserdampfgehalt in der Luft. Äquatorwärts führt der steigende Einfluß des
Subtropenhochs zu einer Abnahme der Niederschläge. Capo Raper, 47° Süd am
Nordende des Golfo de Pena erhält nur noch 1.979 mm Niederschlag im Jahr. Das hat
weiter zur Folge, dass über dem Nordpatagonischen Eisfeld es dann häufig zur
Ausbildung einer Inversionsschichtung kommt, wobei die Lufttemperaturen unterhalb
von 3 km Höhe auf über 0° C ansteigen und kräftige Schnee- und Eisschmelzen
auslöst. Fuyiyoshi u.a. (1987,21) sehen daher in der Häufigkeit der Südverlagerungen
des südostpazifischen Subtropenhochs einen wichtigen Einflussfaktor auf die
Massenbilanz nordpatagonischer Andengletscher. Da hier aber die vorgelagerten Inseln
und Halbinseln fehlen, fallen die Niederschläge unmittelbar auf das nordpatagonische
Eisfeld mit den höchsten Erhebungen der gesamten Südanden im Bereich des San
Valentin (4.058 m) und Cerro Arenales (3.437 m). Der Querschnitt entstammt einem
Aufsatz aus der Geographischen Rundschau 1998 (42) von Richter und Bähr und ist
von mir verändert worden. Die Autoren gehen von einer Niederschlagshöhe von 3.000 –
7.000 mm Niederschlag im Jahr aus. Auch hier gibt es keine Wetterstationen. In einem
Aufsatz in Arctic und Alpine Research 1988, Glacier Inventory for the Northern
Patagonian Icefield schätzt Aniya die jährlichen Niederschläge von 4.000 – 10.000 mm
zitiert nach Inoue, Yamada (1987,64). Der größte Zungenbeckensee auf der Ostseite,
der Lago Buenos Aires auf nur 227 m über dem Meer gelegen hat östlich des Seeendes
in Perito Moreno (489 m) gerademal 116 mm Niederschlag. Diese gewaltigen
Unterschiede bei den Niederschlägen schlagen sich auch im Pflanzenkleid nieder.
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Magellanische Niedermoore und immergrüne Regenwälder im Westen werden weiter
östlich von winterkahlen Laubwäldern und der patagonischen Strauch- bzw. Grassteppe
abgelöst. Leztere sind der extensiven Weidewirtschaft vorbehalten. Die im Querschnitt
ausgewiesenen genutzten Bereiche wurden verstärkt seit 1927 unter staatlicher
Förderung besiedelt. So dringt die „frontera“ von Ost nach West und von Nord nach Süd
auch in abgelegene Täler vor und damit das Fortschreiten der Entwaldung. Ein letzter
Impuls nach Süden zum Estero Baker erfolgte mit der Fertigstellung des letzten
Abschnittes der Carretera Austral bis Tortel und damit eine weitere Vernichtung der
Naturwälder (Richter / Bähr, 1998,43).
Abb. 12
Landschaftsquerschnitt bei ca. 41° südlicher Breite
Zwischen ca. 47° bis 41° südlicher. Breite tauchen Küstenkordillere und südchilenisches
Längsttal im Golfo de Ancud und Golfo Corcovado ab. Die Küstenkordillere ist nun von
zahlreichen Inseln, Meeresarmen und Fjorden gekennzeichnet. Diese stark gegliederte
Küstenzone besteht überwiegend aus Tiefengesteinen des Patagonischen Andenbatholithen. Die morphologisch tiefe Lage des Andenbatholithen dürfte eine Folge
extremer pleistozäner Glazialerrosion sein. Das Längsttal setzt sich submarin fort und
wird fast vollständig von breiten Meeresstraßen eingenommen. Der nördlichere Teil der
Südanden besteht aus einer stark abgetragenen Küstenkordillere von 600 – 900 m im
Westen. Östlich davon besticht das chilenische Längsttal durch seine Moränenkränze
der zahlreichen Zungenbeckenseen am Fuße des Westrandes der Hochanden in 50 –
270 m Höhe. Der Llanquihue See mit 51 m über dem Meer ist der größte mit 875 km²
(etwa 1,5-fache des Bodensees), obwohl ihm sein östliches Ende fehlt. Bei einem
Ausbruch des Vulkan Osorno (2.660 m) trennte ein ca. 150 m hoher Lavarücken seinen
„ehemaligen Ostteil“ ab. Der entstandene Lago Todos los Santos auf 200 m schiebt sich
auf 37 km Länge in die Hochanden nach Osten. An ihm liegen durch eine Nord – Süd
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
streichende Verwerfungszone imposante Vulkankegel wie Osorno, Puntiagudo und
Tronador, die alle auf dem nur 1.200 – 1.500 m hohen Mittelgebirgsrelief des
Andenbatholiths aufsitzen. Über den knapp 1.000 m hohen Perez – Rosales Paß
gelangt man in das Einzugsgebiet des Lago Nahuel Huapi auf 764 m Meereshöhe. Das
Araukanerwort bedeutet „Insel des Tigers“ und stellt mit seinen fjordartigen Armen das
Herzstück des ältesten argentinischen Nationalparks dar. Bei einer maximalen Tiefe von
438 m entwässert er einerseits über den Rio Limay zum Atlantik. Andererseits wie
Seeterassen 50 m über den heutigen Seespiegel belegen, entwässerte er über den
Lago Guterrez und Lago Mascardi über eine heute noch nur 15 m hohe
Talwasserscheide über den Rio Manso zum Pazifik. Der See und seine Umgebung
gehören 2 völlig verschiedenen Klimazonen an. Einer östlichen, die mit spärlichen 400 –
800 mm Niederschlag und austrocknenden Westwinden zum semiariden der
patagonischen Steppe gehört und einer westlichen andinen mit fast täglichem
Niederschlag schlagartig auf 71° 30’ westlicher Länge beginnt und Niederschlagshöhen
zwischen 3.000 – 4.000 mm fallen. Eine Sonderstellung nimmt der stark erodierte
Schildvulkan Tronador (3.554 m) ein. Er schickt Gletscher in alle Richtungen. In Chile
bis in die Regenwaldgebiete in 400 m Höhe, in Argentinien endet ein anderer in 825 m
Höhe. Eine Besonderheit stellt die Besiedlung dieses Raumes dar. Nach
kolonialzeitlichen Berichten sollen schon im Jahre 1610 jesuitische Missionare von
Chiloe´über den Paß gekommem sein und den See entdeckt haben. Im Jahre 1717
wurde die Mission von den Araukanern zerstört, mit Ausnahme der eingeführten
Apfelbäume. Die Kolonisierung des Gebietes setzte erst in den neunziger Jahren, und
zwar von Chile aus ein. Deutschstämmige Siedler, die sich seit 1846 am Llanquihue
See niedergelassen hatten, und Schweizer vom Lago Todos los Santos gründeten die
Ackerbaukolonie San Carlos de Bariloche. Heute ist Barriloche Zentrum des
Fremdenverkehrs sowohl im Winter als auch im Sommer (vgl. Rohmeder / Wilhelmy
1963,50).
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
4.
Veränderung der Patagonischen Eisfelder durch die
globale Erwärmung
a) Allgemeiner Überblick über die Patagonischen
Eisfelder
Nach Grönland stellen die Patagonischen Eisfelder das größte zusammenhängende
Vergletscherungsgebiet der außerpolaren Breiten dar.
Im zentralen Bereich der vergletscherten Hochkordillere verläuft die Eis- und
Wasserscheide zwischen Pazifik und Atlantik entlang der argentinisch-chilenischen
Grenze. Dieses Eisstromnetz stellt ein flaches 1500 – 2000 m ü/M erhebendes Gewölbe
dar. Es handelt sich um Gebirgsgletscher, die in einer großen Längsmulde der
Südkordillere zusammenfließen und diese völlig ausfüllen. Zahlreiche 2500 – 3500 m
hohe Nunatakker mit Schnee und Eis beladen überragen die Eisfelder. Die Ausdehnung
am Ende der Eiszeit war um ein vielfaches größer als heute, aber es handelt sich nicht
um Überreste aus jener Zeit, sondern um nach West und Ost vorrückende Eismassen,
die sich beständig erneuern.
Da während des ganzen Jahres die Monatsmittel in 1500 – 2000 m Höhe unter 0 C
bleiben, (Jan. – 5°/-2°C, August -10°/-9°C) das sind extrapolierte Werte nach
Schwertfeger (57) fallen enorme Niederschlagsmengen (über 7000 mm) fast
ausschließlich als Schnee. Nur an wenigen Tagen im Jahr wird die 0° Grenze
überschritten. Das Kondensationsniveau liegt an 96% aller Tage unter 500 m, d. h., die
Eisfelder sind praktisch immer in Wolken gehüllt und gelten als die am stärksten
bewölkten Gebiete der Erde. Neue klimatische Gesichtspunkte des südlichen
Patagonischen Eisfeldes von Carrasco, Casassa und Rivera (2002,9) ergeben für die
Küstenstationen San Pedro durchschnittlich 77% der Tage Bewölkung und 297 Tage
Regen. Faro Evangelistas hatte 86% der Tage Bewölkung und 322 Tage mit
Niederschlag. Die Zunahme der Erwärmung der letzten 100 Jahre in der Umgebung der
Patagonischen Eisfelder liegt zwischen +1,3°C und + 2°C. Faro Evangelistas wurde um
+ 0,7°C (1901 – 1988) und Rio Gallegos um + 1,4°C wärmer.
Durch die leichte Südverlagerung der Tiefdruckbahnen kommt es zur Abnahme der
Niederschläge im Sommer, sowie zu einer stärkeren Zunahme im Winter in Verbindung
mit einem stärkeren Ansteigen der Temperaturen im Winter (ca. 1°C in 22 Jahren) und
einem leichten Abnehmen im Sommer (ca. 0,45°C in 22 Jahren). Im Lichte der
klimatologischen Trends der letzten Jahrzehnte bis Mitte der 80iger Jahre beobachtete
man überall eine Erwärmung, die mit einem negativen Trend im Hinblick auf die
Niederschläge rund um das Südpatagonisches Eisfeld (SPI) einherging. Rosenblüht,
Ibarzabal u. a. sahen in diesen Voraussetzungen eine mögliche Erklärung für den
allgemeinen Gletscherrückgang im SPI. Ab Mitte der 80 iger Jahre erfolgt eine relative
Abkühlung in Verbindung mit höheren Niederschlägen.
Das Nordpatagonische Eisfeld (NPI) erstreckt sich nach Warren/Sugden (Vol.25.4,60)
über 100 km zwischen 46°30´S und 47°30´S mit einer durchschnittlichen Breite von 45
km und einer Gesamtfläche von 4200 km² (fast zweimal so groß wie das Saarland). Die
Höhen des Eisfeldes liegen zwischen 1000 m auf der Westseite und 1500 m auf der
Ostseite, die durch eine NW-SO verlaufende Linie von Nunatakker getrennt werden,
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
wobei die westliche Begrenzung das Nährgebiet des Colonia Gletschers darstellt. In der
NO-Ecke liegen die höchsten Erhebungen Patagoniens um den Co. San Valentin mit
über 4000 m. Es gibt 28 Auslassgletscher (Zungen-Gletscher), die meisten enden auf
dem Festland.
Luftbild 13:
Nördliche Patagonische Eisfeld
Quelle: Satellite Image Atlas of the world of glaciers of the world , S.1176
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Luftbild 14: Satellitenfoto der NASA vom 06.02.2002
Quelle: T. Dauer – Cerro Torre, S. 141
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Die südlichen Anden mit besonderer Berücksichtigung der Eisfelder und ihrem Umland
Luftbild 15a: Südliches patagonisches Eisfeld (Teil 1)
Quelle: The Patagonian Icefield, S. 71
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