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Baedeker Wissen Baedeker Wissen ... zeigt Interessantes aus der Algarve, zum Beispiel einen Hund, der früher die Fischer aufs Meer hinaus begleitete, die Seerouten der Entdeckungsfahrer im 15. und 16. Jahrhundert oder warum es heute Designprodukte aus portugiesischem Kork gibt. e e Der Schnee der Algarve Die Algarve zur Zeit der Mauren: Ein arabischer Emir musste unbedingt eine Schneelandschaft erzeugen und ließ sich etwas einfallen ... Seite 20 r r Entdeckungsfahrten der Portugiesen Gewürze, Gold und Glaubensverbreitung – das waren die treibenden Kräfte für die großen Weltmeerbesegelungen der Portugiesen. Seite 46 t Kork – nicht nur als Weinverschluss t Portugal steht mit 55 % der Weltproduktion an der Spitze Kork produzierender Länder. Der vielseitig verwendbare Rohstoff wurde jetzt auch von Designern entdeckt. Seite 106 u Abtauchen und Sonne tanken Wohin im Urlaub? Die schönsten Strände und die besten Tauchreviere. Seite 120 7 Praia da Falésia i u 8 Praia da Rocha Baixinha 9 Praia do Barril i i i Lagunenlandschaft unter Naturschutz Die Ria Formosa ist eine wattenartige Küstenlagune mit einer vielfältigen Tier- und P×anzenwelt. Seite 190 Baedeker Wissen p Wie ein Fisch im Wasser Er sieht aus wie ein Pudel – ist aber keiner. In früheren Zeiten war der portugiesische Wasserhund ein zuverlässiger Helfer der Algarve-Fischer. Seite 220 o a s p Geboren in Tavira Obwohl es ihn nie gegeben hat, wurde er am 15. Oktober 1890 in Tavira geboren: Álvaro de Campos, ein Heteronym des portugiesischen Schriftstellers Fernando Pessoa. Seite 261 Europas Südwestspitze Wo das Land endet und das Meer beginnt. Der griechische Geograf und Historiker Strabo nannte das stürmische und meerumtoste Kap einen »heiligen Gebirgszug«, und die Portugiesen planten hier ihre Seereisen. Seite 238 s a o Von Afrika nach Amerika Im 1. )h. Önanzierte Portugal seine Entdeckungs- und Eroberungsfahrten zu großen Teilen durch den Handel mit Sklaven aus Schwarzafrika. Seite 206 WISSEN i ALGARVE www.baedeker.com Verlag Karl Baedeker 2 INHALT Top-Reiseziele Top-Reiseziele Die Algarve erfüllt die unterschiedlichsten Urlaubswünsche. Hauptattraktionen sind sicher die Strände, aber es gibt auch interessante kleine Städte, Naturschutzgebiete, sensationelle Felsgebilde, die Wind, Wetter und das Meer im Lauf der Zeiten geschaffen haben, dazu schöne Berglandschaften. Wir haben zusammengestellt, was Sie möglichst nicht versäumen sollten. u M M Fóia Eine Fahrt auf die höchste Bergspitze der Algarve lohnt sich wegen der herrlichen Aussicht: Von hier oben überblickt man fast die gesamte Algarve! Seite 247 i M M Serra de Monchique e M M Cabo de São Vicente Der südwestlichste Punkt Portugals und Europas hat seit jeher die Menschen inspiriert. Nicht zuletzt zu Fantasien darüber, wie es hinterm Horizont aussehen könnte. Seite 238 Dieser Gebirgszug erstreckt sich im Westen der Algarve – seine heißen Quellen zogen schon die Römer an. Die ruhige Bergwelt erkundet man am besten auf Wanderungen. Seite 245 r r M M Costa Vicentina Sicherlich eine der eindrucksvollsten Küsten Europas. Weite Sandbuchten wechseln ab mit hohen Steilküsten, auf denen sich eine karge Vegetation gegen die ewigen Winde behauptet. Seite 177 t M M Ponta da Piedade Grandiose Landschaft mit Felsnasen, Zacken, Naturbögen und Türmen – das alles genießt man am besten aus der Bootsperspektive. Seite 210 t Top-Reiseziele p o M M Algar Seco Bizarre Felsformationen in der Nähe von Carvoeiro – Wind und Wetter haben eine höchst ungewöhnliche Landschaft geschaffen, die man durchwandern kann Seite 172 p M M Silves Die alte Hauptstadt der Mauren wirkt heute recht provinziell. Sie gefällt aber durch ihre entspannte Atmosphäre und hat interessante Sehenswürdigkeiten zu bieten. Seite 250 s INHALT a a M M Faro Die Hauptstadt der Algarve ist beliebte Einkaufsstadt und hat mit ihrem beschaulichen historischen Zentrum ein sehenswertes Bauensemble. Seite 185 s M M Ria Formosa Die Küstenlagune, die sich vor Faro, Olhão und Tavira erstreckt, steht als wattenartiges Ökosystem mit einer vielfältigen Flora und Fauna unter Naturschutz. Seite 190, 223 3 4 INHALT Lust auf ... Lust auf … ... kühles Quellwasser, das ein langes Leben verspricht, auf einen versteckten Ausguck, der von einem Spion erfunden sein könnte? #WH &GNƂPUEJYKOOGP .CIWPGPRCFFGNP GKP $CF KO (NWUU! 1FGT auf eine echte Grenzerfahrung? Für Ihr ganz persönliches AlgarveErlebnis helfen vielleicht diese Anregungen. $+00'0)'9 55'4 r Stille Lagunen “ Die ruhigen Wasserarme der Ria Formosa kann man gut per Kajak erkunden. Seite 187 r Quellwasser in Alte Das Wasser der Fonte Pequena in Alte sollte man probieren, es lässt einen angeblich uralt werden. Seite 164 r Flussbad bei Alcoutim Am Ortsrand lädt ein kleiner Flussstrand mit Bastschirmen zum Sonnen- und Süßwasserbaden ein. Seite 155 r 2QQNOKV&GNƂPGP Ruft Glücksgefühle hervor: Im Zoomarine Park kann man mit #DKÖMDMRBGVHLLDM Seite 153 ¸$'4$.+%-' r .CPFGCPƃWI Die meisten kommen mit dem Flugzeug – kurz vor der Landung sieht man das Lagunensystem der Ria Formosa von oben. Seite 190/191 r Spionageblick Aus sicherem Versteck lassen sich die Straßen von Tavira beobachten. Die Camera obscura im Wasserturm macht's möglich. Seite 264 ◀ -CVJGFTCNVWTO Wer auf den Turm der Sé in Faro steigt, hat einen weiten Blick auf die Stadt und zur anderen Seite auf die vorgelagerten Inseln. Seite 192 r Gipfelhöhe Die Fóia ist die höchste Bergspitze der Algarve, von hier sieht man die Südküste, an klaren Tagen sogar die Westküste. Seite 247 Lust auf ... INHALT .'7%*66¸4/' r (CTQNFQ%CDQFG5¿Q8KEGPVG“ 33 Seemeilen weit strahlt das Leuchtfeuer vom südwestlichen Kap – für Seeleute ist es der erste Gruß vom europäischen Festland. Seite 240 r »Farol« Im Westen der Ilha de Culatra ragt ein Leuchtturm (farol) auf – oft wird dieser Teil der Insel deshalb einfach nur »Farol« genannt. Seite 224 r .GWEJVGPFG-KTEJG Früher schien nachts von der Fassade der Kirche in Olhão ein Licht in Richtung Lagune. Heute sitzt ein rotes Licht auf dem Dach. Seite 219 )'5%*/#%-55#%*'0 r %CVCRNCPCRTQDKGTGP Typisch für die Algarve-Küche – und garantiert köstlich! Seite 82 r &KG9GKPGFGU5ÀPIGTU Bei Guia kann man die guten Tropfen von Cliff Richard testen. Seite 153 r -WNKPCTKUEJG5QWXGPKTU “ In vielen kleinen Läden werden regionale Spezialitäten hübsch verpackt verkauft, so auch das Flor de Sal der Algarve. Seite 103 )4'0<'4(#*470)'0 r Ganz im Süden Wer auf die wüstenähnliche Ilha Deserta übersetzt, kommt beim Strandspaziergang an Portugals südlichstem Punkt vorbei. Seite 197 r 'KPUCOG$GTITGIKQPGP In der Serra do Caldeirão führen alle Wege nach Norden über die Provinzgrenze in den Alentejo. Seite 248 ◀ -WT\XQT#PFCNWUKGP In Alcoutim kann man mit dem Boot nach Spanien übersetzen. Seite 157 r Europas Südwestspitze Das Cabo de São Vicente ist ein magischer Ort, das fanden auch schon die Römer. Seite 238 5 66 INHALT Inhaltsverzeichnis *+06'4)470& Unter Südportugals Sonne 14 Fakten 12 15 20 Natur und Umwelt Special: Der Schnee der Algarve Bevölkerung · Politik · Wirtschaft Infografik: Die Algarve auf einen Blick Willkommen im Alltag! 28 30 32 40 46 54 55 78 79 82 86 Infografik: Entdeckungsfahrten der Portugiesen -WPUVWPF-WNVWT Kunstgeschichte Special: O Navegador – der »Seefahrer« PREISKATEGORIEN Restaurants (Preis für ein Hauptgericht) AAAA = über 20 € AAA = 15 – 20 € AA = 10 – 15 € A = bis 10 € Hotels (Preis für ein DZ) AAAA = über 150 € AAA = 100 – 150 € AA = 50 – 100 € A = bis 50 € *KPYGKU &DAÂGQDMO×HBGSHFD2DQUHBD nummern sind mit einem Stern gekennzeichnet: *0180.... Essen und Trinken Frisch aus dem Atlantik Aus der Algarve-Küche Special: Ein Schlückchen zum Frühstück 88 Feiertage · Feste · Events 89 92 Geschichte $GTØJOVG Persönlichkeiten 72 '4.'$'070& )'0+'55'0 Aufregende Tage Special: Was für ein Segen! /KV-KPFGTP unterwegs 97 Für junge Algarve-Fans 102 Shopping 103 Kork, Keramik, Köstlichkeiten 106 Special: Kork – nicht nur als Weinverschluss 108 Übernachten 109 Traumhaft schön logieren 112 Special: Einschlafen mit Meeresrauschen 116 Urlaub aktiv 117 Sonne, Strand und mehr 120 Infografik: Abtauchen und Sonne tanken 6174'0 132 Tourenübersicht 133 Unterwegs in der Algarve 135 Tour 1: Zentrales Algarvehinterland &KGVTCWOJCHVUEJÒPGP5VTÀPFGOCEJVGPFKG#NICTXGDGTØJOV 137 Tour 2: Ruhige Ostalgarve: Berge und Flusslandschaft 140 Tour 3: Rau und menschenleer – die Westalgarve 4'+5'<+'.' 810#$+5< 146 154 157 159 163 165 168 171 173 175 Albufeira Alcoutim Aljezur Almancil Alte Alvor Armação de Pêra Carvoeiro Castro Marim Special: Stippvisite mit Bedacht 177 Costa Vicentina 181 Estói 185 Faro 190 Infografik: Lagunenlandschaft unter Naturschutz 197 Lagoa 199 Lagos 205 Special: Ein Pferd für zehn Menschen 206 Infografik: Von Afrika nach Amerika 211 Loulé 216 Olhão 220 Special: Wie ein Fisch im Wasser 225 Portimão 230 Praia da Rocha 234 Quarteira 235 Sagres 238 3D: Europas Südwestspitze 8 INHALT Inhaltsverzeichnis 241 São Bartolomeu de Messines 242 São Brás de Alportel 245 Serra de Monchique 248 Serra do Caldeirão 250 Silves 257 Tavira 261 Special: Geboren in Tavira 266 Vila do Bispo 267 Vilamoura 270 Vila Real de Santo António 1TCPIGPJCKPKO*KPVGTNCPF 24#-6+5%*' +0(14/#6+10'0 276 Anreise · Reiseplanung 278 Auskunft 279 Mit Behinderung unterwegs 279 Elektrizität 279 Etikette 280 Geld 281 Gesundheit 282 Literaturempfehlungen 283 Medien 283 Notrufe · Notdienste 284 Öffnungszeiten 284 Post · Telekommunikation 285 Preise · Vergünstigungen 286 Reisezeit 286 Sprache 295 Toiletten 296 Verkehr 301 Zeit 302 Register 305 atmosfair 306 Verzeichnis der Karten und Grafiken 307 Bildnachweis 308 Impressum 309 Verlagsgeschichte 312 Kurioses in der Algarve Über dem Fischerhafen XQP.CIQUMTGKUGPFKG/ÒYGP Inhaltsangabe INHALT 9 HINTERGRUND Sonne, Meer und traumhafte Strandbuchten, fotogene Felsenküsten und kilometerlange Sandstrände – damit ist die Algarve zu Recht berühmt geworden. Und zudem hat das Urlauberparadies auch noch ein idyllisches, dörfliches Hinterland zu bieten. 12 Porträt Unter Südportugals Sonne Unter Südportugals Sonne Weite Hänge mit Korkeichen, Feigen und Johannisbrotbäumen, gelb blühende Mimosenbüsche, üppige Mandel- und 2ƂTUKEJRNCPVCIGPTQVG/QJPYKGUGPsWPFØDGTCNNGOFCU<KTRGPFGT<KMCFGPWPFFGTUØ»NKEJG&WHVFGT1TCPIGPDNØVGP (TØJLCJTKPFGT#NICTXGIGJÒTVYQJN\WO5EJÒPUVGPYCUUKEJ GKPYKPVGTOØFGT'WTQRÀGTGTVTÀWOGPMCPP Aber die Algarve ist nicht nur im Frühjahr ein beliebtes Reiseziel. Mit 3000 Sonnenstunden im Jahr lockt dieser Landstrich zu jeder Jahreszeit Gäste an. Die sogenannte Felsalgarve mit ihren Stränden und Sandbuchten zwischen malerischen Klippen machte sie berühmt. Aber auch die Sandalgarve im Osten ist herrlich – über Kilometer ziehen sich flache Strände und Dünengürtel an der Küste entlang, kleine Badeinseln sind einem wunderschönen vogelreichen Lagunensystem vorgelagert. Und an der Westküste brandet der Atlantik mit aller Wucht an teilweise menschenleere Strände: Natur pur! '+08'4.14'0'52#4#&+'5! Dass solche von der Natur gegebenen Privilegien auch Nachteile mit sich bringen, bekamen die Algarvios in den letzten Jahrzehnten heftig zu spüren. Fast überall am Meer entstanden Ferienzentren. An vielen Stellen hat man deutlich über die Stränge geschlagen – darüber ist leider nicht hinwegzusehen. Selbst vor ausgewiesenen Schutzzonen hat man nicht Halt gemacht. Weite Teile der Küste sind in internationaler Hand, und das einstige Paradies ging schnell verloren. Viele Portugiesen setzen heute keinen Fuß mehr in ihren südlichsten Landesteil. Überraschenderweise hat sich aber nur einige Kilometer von den Bettenburgen entfernt ein Zauber erhalten, wie man ihn nach einem Blick in die Reiseprospekte nicht vermuten würde. An der Küste gibt es heute noch idyllische Buchten, in denen kaum ein Mensch ist. Und eine völlig andere Algarve erlebt man im Hinterland, eine ruhige, sanft hügelige Gartenlandschaft mit kleinen verschlafenen Dörfern – vom glitzernden lauten Trubel der Küstenorte ist hier nichts zu spüren. Und schließlich kommt man in die Berge. Hier gibt es Dörfer, die Lichtjahre von den Städten an der Küste entfernt zu sein scheinen. Die stille Bergwelt lädt ein zum Picknick unter hohen Bäumen, bei dem man gleich die schönsten kulinarischen Herrlichkeiten der Region probieren sollte, die es vielleicht am Wegesrand zu kaufen gibt: Würste, Pinienkerne, Feigen, Mandeln in allerlei Zubereitungen, würzigen Honig und frischen Ziegenkäse. (GTTCIWFQGKPGUFGTUEJÒPUVGP-ØUVGPFÒTHGTFGT#NICTXG 5;/2#6*+5%*&+'#.6'0#.)#48'56 &6%*'0 Neben Stränden und der verwunschenen Ländlichkeit wartet die Algarve mit einzigartigen, teilweise geschichtsträchtigen kleinen Städten auf, die alle einen ganz eigenen Charakter haben: das wunderschöne Tavira, in dessen Wasser sich die Walmdachhäuser spiegeln, die rechtwinklig aufgebaute »königliche« Grenzstadt Vila Real de Santo António am Rio Guadiana, Olhão mit seinen Würfelhäusern und der etwas skurrilen Atmosphäre, das internationale Faro, in dem ein hübscher historischer Kern erhalten ist, die alte Araberhauptstadt Silves, Lagos – mit großer Vergangenheit und sympathischer Gegenwart. Und schließlich die Häuseransammlung von Sagres, ein Ort, der kaum noch vermuten lässt, dass im 15. und 16. Jahrhundert diese Region am südwestlichsten Ende des europäischen Kontinents ein Zentrum des epochalen Geschehens war, als sich Portugal in groß angelegten Ozeanbesegelungen nach und nach die Welt aneignete. Fast alle diese Städte gehen auf WTCNVG)TØPFWPIGP zurück. Phönizier, Keltiberer, Römer und Araber wussten nämlich bereits die Lage der Algarve zu schätzen und hinterließen Spuren ihrer hoch entwickelten Kulturen. Vor allem Araber haben den Süden Portugals geprägt, allerdings sind kaum architektonische Zeugnisse erhalten. -.#55+5%*'4564#0&74.#7$ Aber die meisten kommen in den Süden Portugals, um auszuspannen, Sonne, Strand und Meer zu genießen. Und wo könnte man das besser als hier! Eine schöne Unterkunft findet sich allemal – das Angebot ist groß. Strände gibt es für jeden Geschmack. Dann fehlen für einen gelungenen Urlaubstag nur noch Badezeug und Sonnenmilch, zwischendurch gibt es einen Snack in einer Strandbar. Und am besten klingt der Tag bei einem guten Fischgericht mit Meeresblick aus. Fakten 0CVWTWPF7OYGNV HINTERGRUND 0CVWTWPF7OYGNV &KGØRRKIG8GIGVCVKQPGKPOCNKIUEJÒPG-ØUVGPWPFFCU-NKOC OCEJGP FGP 4GK\ XQP 2QTVWICNU UØFNKEJUVGT 2TQXKP\ CWU WPF DGUEJGTGPKJTUGKV,CJT\GJPVGPYCJTG7TNCWDGTUVTÒOG&CXQP RTQƂVKGTVFKGIGUCOVG4GIKQPFCFWTEJKUVUKGCDGTCWEJPCEJJCNVKIXGTÀPFGTVYQTFGPsUQYQJNFKG.CPFUEJCHVCNUCWEJFKG /GPUEJGPFKGJKGTNGDGPWPFCTDGKVGP .#0&5%*#(6'0 9+55'0 Die Algarve ist ausgesprochen vielfältig, was man nach einem Blick in die üblichen Reiseprospekte kaum vermutet. Sie ist an drei Seiten von Wasser begrenzt: im Westen und im Süden vom Atlantik, im Osten bildet der Guadiana die Grenze zu Spanien. Nach Norden schirmen zwei große Gebirgszüge die Region ab: die Serra de Monchique im NordO Algarve westen und die Serra do Caldeirão im Norden und Nordosten. Grob kann Die Bezeichnung Algarve leitet man die Algarve in einen schmalen sich aus der Zeit der arabischen und teilweise sehr touristischen KüsHerrschaft ab. Die Algarve gehörtenstreifen .KVQTCN, das Vorgebirge te zum Emirat Córdoba und lag $CTQEECN und die wenig besiedelten im Westen des damaligen arabiund touristisch kaum erschlossenen schen Machtbereichs. Aus dem Bergregionen, die Serra, unterteilen. Namen »Al-Gharb« (= der Westen) Allein die Küste zeigt die unterfür diese Region entwickelte sich unter den Portugiesen die Beschiedlichsten Varianten zwischen zeichnung »O Algarve«. Korrekt steiler Felsküste und flacher, düniger müsste man das im PortugiesiSandstrandküste. Nördlich des Küsschen maskuline »O Algarve« mit tenstreifens beginnt schnell das leicht »der Algarve« übersetzen, was hügelige Hinterland. Besonders im man mitunter auch so hört. Da Winter und Frühjahr grünt und blüht im Deutschen aber die feminine es hier. Im zentralen Hinterland und Form üblicher ist, wird sie in dieim Osten erstreckt sich eine fruchtbasem Reiseführer verwendet. re und liebliche Gartenlandschaft mit Obstplantagen, Mandel-, Feigen- und Olivenbäumen. Nach Westen hin wird es mit zunehmendem Einfluss vom Atlantik karger, im äußersten Westen bestimmen niedrige Büsche und Macchiagewächse das Bild. In den Bergen prägen Wälder mit Eukalyptus, Kastanien und Steineichen und weiter oben widerstandsfähige Zistrosen die Landschaft. &CU-CRKVCNFGT#NICTXG(GNUGP5CPFUVTÀPFGWPFFCU/GGT 15 16 HINTERGRUND 0CVWTWPF7OYGNV Westküste/ %QUVC 8KEGPVKPC Das spektakuläre und sagenumwobene Cabo de São Vicente bildet den südwestlichsten Punkt des europäischen Festlands. Hier endet der europäische Kontinent – ein breites Felsplateau fällt aus einer Höhe von ca. 60 m abrupt zum Atlantik hin ab. Das nach dem heiligen Vinzenz benannte Kap bildet den südlichen Endpunkt der Costa Vicentina, die sich im Norden bis weit in den angrenzenden Alentejo zieht: eine raue Steilküste, die von größeren und kleineren Sandbuchten durchsetzt ist. Bis zu 150 m hoch erheben sich die Klippen über dem Meer. An diesem Küstenabschnitt rollt der Atlantik mit seiner ganzen Macht an, bricht sich an den Felsen oder brandet in die Strandbuchten. Der gesamte westliche Küstenabschnitt der Algarve ist seit 1988 als Teil des Parque Natural do Sudoeste Alentejano e Costa Vicentina unter Naturschutz gestellt – diese Küstenregion ist eine der intaktesten in Europa. Felsalgarve Der westliche Abschnitt der algarvischen Südküste vom Cabo de São Vicente bis kurz vor Faro wird als Felsalgarve oder auch $CTNCXGPVQ (Luvseite) bezeichnet. Hier findet man eine massive felsige Steilküste mit kleinen Sandbuchten oder umgekehrt längere Strände, die von malerischen Felsgruppen durchsetzt sind. Zahlreiche Grotten und Höhlen, vorgelagerte Einzelfelsen und bizarre Klippenformationen machen den landschaftlichen Reiz dieser Region aus. 2QPVCFC2KGFCFGsGKPOCNKIG(GNUHQTOCVKQPGPWPFKO5QOOGT Touristenmagnet 0CVWTWPF7OYGNV HINTERGRUND 9+55'0 Die östliche Sandalgarve erstreckt sich etwa von Vale do Lobo west- Sandalgarve lich von Faro bis zur Guadiana-Mündung. Dieser auch Sotavento (Leeseite) genannte Küstenabschnitt ist den Atlantikeinflüssen weit weniger ausgesetzt als die westlichere Küste. Man findet hier einerseits kilometerlange, breite Sandstrände und andererseits ein ausgedehntes Lagunensystem. Das YCVVGPOGGTCTVKIG .CIWPGPIGDKGV wird durch eine an einigen Stellen durchbrochene, ungefähr 60 km lange Inselkette vom offenen Meer abgetrennt, die von Quinta de Lago Epizentrum westlich von Faro bis Manta Rota östlich von Tavira reicht. Anschlüsse Nur 65 km südwestlich der Algarzum Meer bestehen durch natürliche veküste fällt der Meeresboden Wasserarme und einige künstlich geum 4000 m ab. 250 km südwestlich der Algarveküste liegt die schaffene Öffnungen, die immer Gorgine-Bank, ein unterseeisches wieder ausgebaggert werden. Durch Gebirge mit Höhendifferenzen das Ablagern von Sedimenten von ca. 5000 m. In diesem Meerschließt sich die Lagune im Lauf der gebiet stoßen die eurasische und Zeit immer mehr. Die natürlichen die afrikanische Kontinentalplatte Wasserstreifen zum offenen Meer aufeinander, wodurch es zu häujversanden allmählich bzw. verlagern gen tektonischen Bewegungen sich in Richtung Osten. Durch den kommt. In der Gorgine-Bank geringen Zufluss von Süßwasser aus befand sich das Epizentrum des dem Hinterland und die ständige Erfolgenschweren Erdbebens, das neuerung des Lagunenwassers durch 1755 die gesamte Algarveküste die Gezeiten ist der Salzgehalt in der erschütterte. Lagune sehr hoch. Das Zusammentreffen von relativ warmem flachem Wasser, lehmigen, weichen Böden und hohem Salz- und Sauerstoffgehalt durch den häufigen Austausch des Wassers schafft einen ganz außergewöhnlichen Lebensraum für eine sehr vielfältige Fauna und Flora. Daher ist das Lagunengebiet der Ria Formosa seit 1987 unter Naturschutz gestellt. Die Gebirge im Norden der Algarve stellen eine schützende Abgrenzung zum zentralen Teil Portugals dar. Sie halten kalte, von Norden kommende Witterungseinflüsse auf und bewirken im südlichen Vorgebirgs- und Küstenbereich der Algarve klimatische Verhältnisse, die schon spürbar nordafrikanisch sind. Die ausgedehnte Serra do %CNFGKT¿Q steigt bis auf 589 m an. Die höchsten Erhebungen sind in der Serra de Monchique zu finden: der Fóia-Gipfel mit 902 m und der Picota-Gipfel mit 773 m. Hauptgesteine der Bergregion sind Tonschiefer und Sandstein, Letzterer wird vielfach für Bauten in der Algarve verwendet. In der Serra de Monchique gibt es durch Vulkanismus bedingte heiße Quellen, die u. a. zu Heilzwecken eingesetzt werden. In den Bergen des Algarvehinterlandes entspringen zahlreiche kleine Flüsse, die nach Süden in die Küstenregion fließen. Sie Serra 17 18 HINTERGRUND 0CVWTWPF7OYGNV gewährleisten nach regenreichen Winter- und Frühjahrsmonaten eine einigermaßen ausreichende Wasserversorgung. Das kostbare Nass wird in mehreren großen Stauseen gespeichert. )WCFKCPC Der Guadiana, der im Osten die Grenze zum benachbarten Andalusien bildet, ist der wichtigste Fluss der Algarve. Sein Name leitet sich vom Arabischen Uadi-Ana (der Fluss Anas) ab. Er entspringt in Spanien in der Landschaft La Mancha und hat eine Länge von 830 km. Der Guadiana war in römischer Zeit bis hinter Mértola schiffbar. Heute ist er nur noch auf den letzten 48 km zwischen Pomarão und Vila Real de Santo António mit kleineren Booten befahrbar. Die Breite beträgt hier zwischen 100 und 500 m, die durchschnittliche Tiefe knapp 5 m. -.+/# Mit 3000 Stunden Sonnenschein pro Jahr kann die Algarve werben, sie ist damit eine der wettersichersten Regionen der Erde und mit Abstand die Region Europas mit der längsten Sonnenscheindauer. Durch die nördlich vorgelagerten Gebirge ist die Küste von kühleren Einflüssen abgeschirmt und daher von ähnlichem Klima geprägt wie die nordafrikanische Küstenzone. Zu der hohen Sonnenscheindauer kommt ein warmer und trockener mediterraner Einfluss, zudem wirkt der Atlantik ausgleichend und sorgt auch im Winter für milde Temperaturen. Temperaturen Die wärmsten Monate sind Juni, Juli, August und September. In dieser Zeit steigen die Tagestemperaturen durchschnittlich bis 28 °C an. Da aber eigentlich immer eine leichte Brise vom Meer her weht, ist es fast nie unerträglich heiß. Im Winter wird es dagegen kaum einmal wirklich kalt, die Temperaturen fallen selten unter 10 °C. Die geringsten jährlichen Temperaturschwankungen der gesamten Iberischen Halbinsel hat mit 6,2 °C das Cabo de São Vicente zu verzeichnen. Ein warmes Kleidungsstück im Reisegepäck ist unerlässlich – selbst im Sommer sind die Abende mitunter windig und frisch. Da es im Winter nie sehr kalt wird, sind die Innenräume häufig nicht mit Heizungen ausgestattet, sodass es in dieser Jahreszeit drinnen unangenehm kühl werden kann. Die Temperaturen des Atlantiks liegen generell unter denen des Mittelmeers: Im Sommer erwärmt sich das Wasser auf etwa 22 °C, im Winter sind es nur noch 15 °C. Im Westen der Algarve sind die Wassertemperaturen etwas niedriger als weiter östlich, wo sich die Wirkung des Atlantiks allmählich abschwächt und schon mediterraner Einfluss wirksam wird. 0CVWTWPF7OYGNV HINTERGRUND /KV5QPPGPUVWPFGPKO,CJTMCPPFKG#NICTXGHØTUKEJYGTDGP Die Niederschlagsmengen liegen im Jahresdurchschnitt zwischen 350 und 600 mm; in den Bergen im Algarvehinterland sind sie meist etwas höher als an der Küste. Die ergiebigsten Regenfälle gibt es normalerweise im November. 0KGFGT schläge 2(.#0<'070&6+'4' Pflanzenliebhaber sollten zeitig im Frühjahr an die Algarve fahren. Ab Dezember wird alles, was zuvor braun und verbrannt war, wieder grün. Im ,CPWCTWPF(GDTWCTDNØJGPCNU'TUVGUFKG/CPFGNDÀWme. Im Hinterland der Algarve findet man vor allem in der Serra de Monchique eine ausgesprochene Artenvielfalt. Aber auch an unbebauten Abschnitten der Küste gibt es diverse Pflanzen zu entdecken. Besonders interessant sind die unter Naturschutz gestellten Gebiete der Ria Formosa und der Costa Vicentina. In diesen Regionen konnte sich auf sehr großen zusammenhängenden Flächen relativ ungestört eine mannigfaltige Flora und Fauna entwickeln und erhalten. Zudem gedeihen in der Algarve viele exotische Pflanzen aus verschiedenen Regionen der Erde. Durch die Entdeckungen im 15. und 16. Jh. wurden zahlreiche Pflanzen aus Übersee nach Portugal gebracht und sind seitdem hier verbreitet. In den Jahrhunderten zuvor kamen mit den Römern und Arabern Pflanzen aus dem gesamten Mittelmeerraum nach Südportugal. Flora 19 9+55'0 Mandelblütenmärchen Der Schnee der Algarve Man stelle sich die Algarve ohne Mandeln vor. Kein schneeweißes Blütenmeer im Januar/Februar. Keine abgefallenen Blütenblätter, die durch die Luft gewirbelt werden. Auf den Märkten kein Mandelverkauf. Keine süßen, keine salzigen, keine gerösteten, keine gebrannten Mandeln. Und: keine Köstlichkeiten aus Marzipan. Eben diesen mandellosen Zustand hat es in der Algarve einst gegeben, bevor ein arabischer Emir sich in die Schwedin Gilda verliebte. Die packte ihre Siebensachen und kam zu ihm in die warme Sonne des Al-Gharb. Es wurde geheiratet, und sie sollen sehr glücklich gewesen sein. Aber irgendetwas bedrückte die Schwedin schon im ersten Winter. Auch im zweiten war sie wortkarg und verschlossen, im dritten wurde sie richtig traurig. Der einfallsreiche Emir Stundenlang starrte sie in die üppig grüne Umgebung des Kastells und sprach kein Wort. Der Emir zog ihre Dienerin ins Vertrauen. Die wusste längst, was los war: Der Schwedin fehle schlicht der Schnee ihrer Heimat, meinte sie. Ihr Heimweh nach nordischen Gejlden verschlimmere sich mit jedem Winter. Der verliebte Emir erschrak, erwies sich aber als außerordentlich pjfjg und ließ aus seiner Heimat heimlich Tausende von Mandelbäumen kommen. Ein Schiff nach dem anderen landete an und lud »Prunus Amygdalus«-Bäumchen ab. In Windeseile wurden sie gepkanzt, ohne dass die vom Heimweh geplagte Gilda etwas mitbekam. Die Überraschung gelang vollends: Als im nächsten Januar die vielen Tausend Mandelbäume blühten, führte der Emir seine Schwedin auf die Burgmauer. Von oben sah man in ein endloses weißes Meer von Mandelblüten. Dies sei der 5EJPGGFGU#N)JCTD, meinte der spendable Emir stolz. Und die verblüffte Schwedin? Sie soll glücklich gewesen sein angesichts der schneeweißen Blüten und beim NGKUGP4KGUGNP der verwelkten Blütenblätter. 0CVWTWPF7OYGNV HINTERGRUND 9+55'0 Der Charakterbaum der Algarve ist der Mandelbaum (Prunus dulcis; port. amendoeira), der mit seinen weißen und zartrosa Blüten bereits im Januar den Frühling in der Algarve ankündigt und danach mit seinem zartgrünen Laub die Landschaft beherrscht. Die Blütezeit liegt zwischen Mitte Januar und Ende Februar. Die Früchte (Mandeln = amendoas) sind schon unmittelbar nach der Blüte zu sehen, im April ausgewachsen und können zwischen Juni und August geerntet werden. Danach wird das Laub des Mandelbaums trocken und unansehnlich, wird aber erst im Winter abgeworfen. Die knorrigen, langsam wachsenden 1NKXGPDÀWOG (Olea Europaea) sind in der Algarve wie im gesamten mediterranen Raum sehr häufig zu finden. Oliven- oder Ölbäume können bis zu 2000 Römische Olivenbäume – arabische Oliven Jahre alt werden. Sie kamen durch die Römer nach PorBereits die Römer brachten Olivenbäume tugal. Olivenbäume sind seit nach Portugal, erst die Mauren widmeten Urzeiten als Kulturpflanze sich den Oliven und der Herstellung von bekannt, sie galten früher Olivenöl. Diese Entwicklung lässt sich exals Symbol des Reichtums. akt in der portugiesischen Sprache nachvollziehen: Olivenbaum heißt auf PortuDie Blütezeit lieg im Mai giesisch »oliveira«, was lateinischen und Juni. Lange trockene Ursprungs ist, Oliven sind dagegen »azeiSommer sind für die Austonas« und Olivenöl ist »azeite«, beide reifung der Früchte unerWörter leiten sich aus dem Arabischen ab. lässlich. Im November beginnt die Ernte der Oliven, aus denen das Öl gewonnen wird. Die Ernte geht bis in den März hinein. Im Verlauf der Reifung wechseln die Früchte ihre Farbe von grün nach schwarz. Charakteristisch für die Algarvelandschaft sind auch Johannisbrotbäume (Ceratonia siliqua), die man hier seit einiger Zeit systematisch kultiviert. In der Algarve haben sie durch die hohe Sonnenscheindauer ideale Bedingungen. Sie bilden große braune Schoten, die sehr nährstoffreich und als Tierfutter geeignet sind. Oft sieht man in der Algarve 'TFDGGTDÀWOG (Arbutus unedo), die zu den Erikagewächsen gehören. Sie werden nur 2–3 m hoch, haben ledrige Blätter und wachsen häufig am Straßenrand. Die Bezeichnung leitet sich von den Früchten ab, die durch Farbe und Form ein wenig an Erdbeeren erinnern. Aus ihnen wird der Medronho hergestellt, ein hochprozentiger klarer Schnaps. Eine Besonderheit von 1TCPIGPDÀWOGP (Citrus sinensis) ist, dass sie gleichzeitig blühen und Früchte tragen. Die Blütezeit liegt zwischen Februar und Juni. Schon in diesen Monaten beginnen die Früchte zu wachsen. Die kleinen weißen Blüten strahlen einen unglaublich aromatischen Duft aus, der bei entsprechenden Wetterlagen über der gesamten östlichen Algarve liegt, da hier die meisten Orangenplantagen zu finden sind. Geerntet werden die Orangen von 21 22 HINTERGRUND 0CVWTWPF7OYGNV Dezember bis März und vereinzelt sogar bis in den Sommer hinein. <KVTQPGPDÀWOG (Citrus limonium) werden etwas seltener in Plantagen angebaut als Orangen. Sie haben größere Blätter als die Orange, ihre Blüte ist an den Spitzen ein wenig rosa gefärbt. Charakteristisch für Feigenbäume (Ficus carica) ist die Form der Blätter, die gleichzeitig mit den Blüten treiben und meistens fünf symmetrisch angelegte Finger ausbilden. Im August reifen die grünen und dunkelvioletten Feigen, deren Mark essbar ist. Die dornigen )TCPCVCRHGNDÀWOG(Punica granatum) sind im östlichen Mittelmeerraum beheimatet. Zwischen Mai und September tragen sie rote Blüten. Granatäpfel haben eine harte, lederartige Schale, die eine Vielzahl von Samen in einer fruchtfleischartigen Hülle enthält. Wegen der zahlreichen Samen gelten Granatäpfel als Symbol der Fruchtbarkeit. Sie werden im Oktober und November geerntet. Japanische Mispeln (Mespilus japonica) gibt es erst seit knapp 200 Jahren in der Algarve und in Portugal. Ihre etwa pflaumengroßen tiefgelben Früchte (nêsperas) haben große braune Kerne, schmecken angenehm säuerlich und reifen im April, spätestens im Mai. Korkeichen (Quercus suber) sind für Portugals Wirtschaft wichtige Bäume – das Land ist der weltweit größte Korkproduzent. Korkeichen bilden um den Stamm herum eine Schicht aus abgestorbenen Zellen, die einen Wasserverlust verhindern sollen und Temperaturschwankungen ausgleichen können. Die etwa 3 cm dicke Korkschicht kann abgeschält und weiterverarbeitet werden. Man beginnt mit dem Abnehmen der Korkschicht, wenn der Baum mehr als 20 Jahre alt ist. Die Schicht wächst nach und kann erst wieder nach neun Jahren geschält werden. Auf dem geschälten braunen Stamm findet sich die Endziffer der letzten Schälung: Eine Sieben bedeutet z. B., dass der Baum 1997 geschält wurde, also erst wieder im Jahr 2006 seine Korkschicht abgenommen werden kann. Wie Korkeichen sind auch Steineichen (Quercus ilex) immergrün. Man erkennt sie an den dunkelgrünen ledrigen Blättern, die auf der Unterseite weißlich–filzig schimmern. Steineichen kommen teilweise als zusammenhängende Wäldchen vor. Wachsen sie alleinstehend, können sie eine sehr üppige Krone ausbilden. 'WMCN[RVWU(Eucalyptus globulus), den man in den bergigen Regionen sehr häufig sieht, kommt ursprünglich aus Australien. In Portugal trifft er auf ein vollständig anderes ökologisches System als in Australien. Eukalyptusbäume tragen in Portugal mit zur Verwüstung weiter Teile des Landes bei, weil sie mit ihren langen Wurzeln Wasser selbst aus großen Tiefen aufnehmen. Sie wachsen außerordentlich schnell und brauchen erhebliche Mengen Wasser. Da sie zur Papierherstellung systematisch angebaut werden, droht das Austrocknen weiter Flächen. Eine durch Eukalyptus verwüstete Region ist auch nach Abholzen der Pflanzen erst nach rund 60 Jahren wieder in ihrem ökologischen Gleichgewicht. 0CVWTWPF7OYGNV HINTERGRUND In Gartenanlagen oder am Straßenrand sieht man häufig Judasbäume (Ceris siliquastrum), die im April über und über mit hübschen rosafarbenen Blüten gespickt sind und erst während der Blütezeit ihre herzförmigen Blätter bekommen. Später im Jahr erkennt man sie an den langen Schoten. An einem solchen Judasbaum soll sich Judas erhängt haben. Sehr hübsch ist die Acacia dealbata, die landläufig als Mimose bekannt ist. Im Februar und März bilden Mimosen unzählige gelbe Blütenköpfchen aus. Etwas Besonderes sind ihre Blätter, die sehr fein gefiedert sind und sich bei Berührung zusammenziehen. Manche Landbesitzer fürchten Mimosen, da sie sich sehr stark verbreiten. Aus Brasilien stammen die Jacaranda- oder auch Palisanderbäume (Jacaranda mimosifolia), die zur Blütezeit von Mai bis Anfang Juli wunderschön violettblau blühen. Während der Blüte haben sie anfangs noch keine Blätter. Jacarandabäume werden in Portugal häufig als Straßenbäume oder in Parkanlagen gepflanzt. Die ausgesprochen dekorativen Schirmpinien (Pinus pinea) fallen durch ihre ausladenden Kronen auf. Man findet sie in kleinen Pinienwäldchen oder noch häufiger einzeln stehend, wobei ihre üppigen Schirmkronen besonders gut zur Geltung kommen. Die Samen in den großen Zapfen sind essbar, ihr Geschmack ist haselnussartig. Araukarien (Araukaria excelsa) oder Norfolktannen kommen aus Neukaledonien. Sie werden in Portugal häufig in Parks angepflanzt. Man erkennt sie an ihrer charakteristischen Form: Ihre Nadeln sind wie lauter kleine Handfeger übereinander gestaffelt. +O#NICTXGJKPVGTNCPFYGTFGP1TCPIGPKP2NCPVCIGPCPIGDCWV 23 24 HINTERGRUND 0CVWTWPF7OYGNV &KGDNØJGPFG#ICXGJCVGKPGPDCWOJQJGP$NØVGPUVCPF Unter den Palmen sieht oder sah man in der Algarve besonders oft -CPCTKUEJG &CVVGNRCNOGP (Phoenix jubaea canariensis). In den letzten Jahren hat der Rüsselkäfer den Bäumen schwer zugesetzt, ein Großteil des Palmenbestandes ist vernichtet. Ursprungsregion der Kanarischen Dattelpalmen sind die Kanarischen Inseln, von dort aus verbreiteten sie sich über den gesamten Mittelmeerraum. Sie sind an den kleinen gelborangen Früchten zu erkennen, die in langen Büscheln zwischen den Palmwedeln hängen und nicht genießbar sind. Agaven (Agavae americana), die aus Portugal und den Mittelmeerländern heute nicht mehr wegzudenken sind, wurden erst in der Zeit der Entdeckungen aus Amerika nach Europa gebracht. Charakteristisch ist der dekorative baumhohe Blütenstand. Nachdem eine Agave geblüht hat, sterben Blüte und Blätter ab. Allerdings bleiben die Wurzeln erhalten, aus ihnen entstehen immer wieder neue Pflanzen. Unter den Sträuchern gibt es in der Algarve <KUVTQUGP(Cistus ladanifer) besonders oft. In höheren Regionen sieht man zwischen Ende März und Juni ein Meer aus weißgelb blühenden, niedrigen Sträuchern. Die Blüten wirken wie zerknittert, die Blätter glitzern klebrig. Fauna Während durch die ausufernde Bebauung an der Küste der Lebensraum für Tiere größtenteils zerstört wurde, gibt es in den Bergen und in den Naturschutzgebieten noch relativ gute Lebensbedingungen auch für seltene Tierarten. Hier kann man eine recht große Artenvielfalt beobachten. An 8ÒIGNP findet man besonders an geschützten Stellen Reiher, Fischadler, Schnepfen, Austernfischer, Eisvögel, Purpurhühner und 0CVWTWPF7OYGNV HINTERGRUND Regenpfeifer. Bis in die Städte hinein kommen Störche, um dort zu nisten. Die unter Naturschutz gestellte Sumpfzone bei Castro Marim ist für ihre vielen Flamingos bekannt. In Wäldern findet man Blauelstern, in den Obstgärten des Algarvehinterlandes Heckensänger. Die Steilküsten bieten Brutplätze für Blauracken und Bienenfresser. Von weltweit 200 000 Schmetterlingsarten leben in Portugal rund 1600. In der Algarve zählt man nur etwa 300 Schmetterlingsarten, darunter Nachtpfauenauge, Eichenspinner, Totenkopfschwärmer, Admiral, Bläuling, Taubenschwänzchen, Schwalbenschwanz, Segelfalter und Zitronenfalter. Die Algarve ist für Schmetterlinge kein besonders günstiger Lebensraum. Große Teile sind stark zersiedelt, und die geschützten Gebiete befinden sich in Meernähe, wo Schmetterlinge nur eine wenig brauchbare Vegetation finden. Aus nördlicheren, sehr artenreichen Regionen kommen kaum Schmetterlinge in die Algarve, sie werden durch die Gebirgszüge im Alentejo und in der Nordalgarve abgehalten. Säugetiere findet man in der Algarve hauptsächlich in der Nutztierhaltung, in erster Linie Esel, Ziegen, Schafe. An frei lebenden Säugetieren gibt es nur relativ wenige Arten, die vorwiegend in den Bergen leben, u. a. Wildschweine, Rehe und Füchse. Unter den 4GRVKNKGPsieht man am häufigsten Eidechsen, die oft auf Mauern sitzen und die Sonne genießen. Sie verschwinden blitzschnell, sobald sie eine Bewegung in der Umgebung wahrnehmen. Mauergeckos haben aufgrund von Saugvorrichtungen an ihren auffälligen Zehen die Fähigkeit, sich auch auf senkrechten glatten Wänden zu bewegen. In geschützten Gebieten gibt es Chamäleons, die ihre Hautfarbe der Umgebung und der Tageszeit anpassen und sich dadurch vor ihren Feinden schützen. Außerdem leben in der Algarve auch Schlangen, von denen einige Arten giftig sind. An der Algarveküste gibt es eine ungleiche Verteilung der vorkommenden Muschelarten. An den Sandstränden der Ostküste ist eine erheblich geringere Artenvielfalt zu finden als an den westlichen Küstenabschnitten, die mit ihren kalkhaltigen Steilküsten und felsigen Stränden weitaus vielfältigere Lebensräume bieten. Man sieht vor allem Venusmuscheln, Miesmuscheln, Herzmuscheln, Dreiecksmuscheln, Schwertmuscheln, Austern und auch Stachelschnecken. 7/9'.6241$.'/'0#6745%*76< Ein außerordentlich großes Problem stellen in der Algarve die Auswirkungen des Tourismus dar. Noch in den 1950er-Jahren war die Küste so gut wie unbebaut. In den folgenden Jahrzehnten sind weite Teile des Küstenstreifens zubetoniert worden, womit der natürliche Lebensraum zahlreicher Pflanzen- und Tierarten zerstört wurde und sich das Landschaftsbild innerhalb kürzester Zeit verändert hat. Tourismus 25 HINTERGRUND 0CVWTWPF7OYGNV In Portugal gab es lange Zeit kein ausgeprägtes Umweltbewusstsein. Große Regionen des Landes waren oder wirkten noch intakt, ökologischen Problemen und Fragen schenkte man keine Aufmerksamkeit. Zu einer Veränderung haben u. a. die Auswirkungen des Tourismus Achtung: Brandgefahr beigetragen, da man plötzlich merkte, dass eine unversehrte Natur nicht ■ Zigaretten sorgfältig ausmaselbstverständlich ist. Auch der EUchen. Zigarettenkippen oder Beitritt 1986 war ein Wendepunkt, glimmende Streichhölzer nicht da nun einerseits Gelder für Industrieanlagen und Straßenbau zur Verachtlos wegwerfen, auch nicht fügung standen, andererseits aber während der Fahrt aus dem von der EU auch neue UmweltgesetAutofenster ■ Camping-Gaskocher, Kerzen, ze gefordert wurden. 1987 wurde in Lagerfeuer nur unter absoluter Portugal erstmals ein Umweltbasisgesetz verabschiedet, 1989 ein natioKontrolle benutzen ■ Keine Flaschen oder Glasschernales Umweltamt gegründet, 1990 ben im Freien liegen lassen, ein Umweltministerium. Das Befremden Glasmüll auch ruhig wusstsein für Umweltfragen zu schärfen, machen sich aber in erster mal zur Seite räumen ■ Feuerzeuge und brennbare Linie PKEJVUVCCVNKEJG 7OYGNVUEJWV\XGTDÀPFG wie »Amigos da Materialien nicht der direkten Terra«, QUERCUS (»Eiche«) oder Sonne und Hitze aussetzen ■ Fahrzeuge mit Katalysator nicht die bereits 1948 gegründete LPN (Liga para a Protecção da Natureza) auf trockenen Vegetationszur Aufgabe. In der jüngeren Genekächen abstellen ■ Bei beginnenden Bränden ration gibt es mittlerweile ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein. Eine Tel. 112 anrufen wichtige lokale Umweltorganisation in der Algarve ist Almargem mit Sitz in Loulé; Almargem hat u. a. den Wanderweg Via Algarviana quer durch das Hinterland initiiert. 7OYGNV DGYWUUVUGKP 9+55'0 26 0CVWTUEJWV\ gebiete In der Algarve wurden 16 kleinere und größere Naturschutzgebiete eingerichtet. Die wichtigsten sind die %QUVC 8KEGPVKPC im Westen der Algarve, die 1988 als Parque Natural do Sudoeste Alentejano e Costa Vicentina unter Naturschutz gestellt wurde, und das .CIWPGPIGDKGVFGT4KC(QTOQUC (“Baedeker Wissen, S. 190) westlich und östlich von Faro. Es hat seit 1987 den Status eines Naturschutzgebietes. Bereits 1975 wurde die 5WORƃCPFUEJCHVDGK%CUVTQ/CTKO als Reserva Natural do Sapal de Castro Marim geschützt. Wasserversorgung Eines der in der Algarve relevanten Umweltprobleme ist die Wasserversorgung. In vielen Jahren bleibt der Regen selbst im Winter und Frühling nahezu aus. In der gesamten Region macht sich wiederholt akute Wasserknappheit bemerkbar. Dürreperioden gab es in den Jahren 1981 bis 1984 und 1992 bis 1996, in den Zwischenzeiten hat