Von analyse unD sImulatIon üBer materIal

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Von analyse unD sImulatIon üBer materIal
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Adhäsions- und Grenzflächenforschung – von Analyse und
simulation über Material- und
Prozessentwicklung bis zur
Qualitätsüberwachung
Unter dem Begrif f »Ober fläche« – oder umfassender »Grenz fläche« – versteht man üblicher weise die z wei dimensionale Begrenzung von dreidimensionalen Objekten. Aber Grenz flächen zeichnen sich darüber hinaus
durch vielfältige funktionelle Eigenschaf ten aus. Das zeigt sich im Alltag in Form unterschiedlichster Phäno mene, beispielsweise bei der Ent spiegelung von Brillengläsern oder bei der Benet zung von Ober flächen durch
Wasser tropfen. Weniger of fensichtlich, aber von großer Bedeutung für die technologischen For t schrit te in
der Welt von heute und morgen sind funktionelle Grenz flächen oder Grenzschichten in technischen Produkten. Die Eigenschaf ten und Funktionen vieler dieser Produkte sind einerseit s durch die darin eingeset z ten
Werk stof fe und andererseit s durch die Beschaf fenheit der zugehörigen Materialober flächen bestimmt. Das
betrif f t insbesondere auch die Grenz flächen bz w. Grenzschichten z wischen den verschiedenen Materialien,
aus denen die Produkte aufgebaut oder mit denen sie beschichtet sind.
Grenzflächen in multifunktionalen Materialien
Rolle. Hierbei bestimmt die adhäsive Wechselwirkung zwischen den Faseroberflächen und dem verwendeten Matrixharz
die außergewöhnlichen mechanischen Eigenschaften der Ma-
Bei Klebverbindungen sind die Grenzflächen bzw. Grenz-
terialklasse.
schichten sowohl für die Adhäsion als auch beispielsweise
für Isolations- und Dämpfungseigenschaften zwischen zwei
Im Fertigungsprozess werden Materialoberflächen durch ge-
Fügeteilen verantwortlich. Ähnliches gilt für den mehrlagigen
zielte technische Verfahren behandelt, um ihre Eigenschaften
Schichtaufbau von Oberflächenschutzsystemen für Metall-
für die jeweilige Anwendung zu optimieren. Dabei ist das
strukturen. Diese Schichtverbunde müssen neben der
Ergebnis der Modifikationen in den meisten Fällen mit den
Haftung der einzelnen Schichten untereinander zusätzlich
menschlichen Sinnen weder zu erfassen noch zu beurteilen.
Barriereeigenschaften gegenüber äußeren Einflüssen oder
Diese Oberflächeneigenschaften, die zum Beispiel für Adhäsi-
weitere Funktionen, z. B. Korrosionsschutz, gewährleisten.
on, Korrosionsschutz oder Gleiteigenschaften verantwortlich
Grenzflächen spielen zudem bei zukunftsträchtigen Compo-
sind, manifestieren sich meist in einer extrem dünnen Ober-
sit-Materialien für Leichtbauanwendungen, beispielsweise in
flächenschicht – mit Dimensionen von wenigen Nanometern
carbonfaserverstärkten Kunststoffen (CFK), eine wesentliche
oder Moleküllagen. Dabei kommt der chemischen ZusammenJahresbericht 2011/2012 - © Fraunhofer IFAM
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5 μm
2a
2b
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setzung der Schichten sowie der Rauigkeit der Oberfläche
Nasschemische Oberflächenvorbehandlungsverfahren –
eine entscheidende Bedeutung für nachfolgende Fertigungs-
Erfolg durch material- und prozesstechnische Entwicklungen
schritte – wie Kleben oder Beschichten – zu.
So wurden beispielweise – über die vorhandenen Einrichtungen zur trockenchemischen Vorbehandlung im Bereich PlasGrenzflächenspezifisches Know-how am
matechnik und Oberflächen des Fraunhofer IFAM hinaus –
Fraunhofer IFAM
die Möglichkeiten der nasschemischen Vorbehandlung metallischer Werkstoffe gezielt weiter ausgebaut (Abb. 3). Eine
geeignete Vorbehandlung dieser Werkstoffe ist für die nach-
Der Nachweis und das Verständnis der technischen Auswir-
folgende Verarbeitung durch Lackieren oder Kleben zwingend
kungen der Eigenschaften von Oberflächen und Grenzflächen
erforderlich. Sie kann durch mechanische, trocken- oder nass-
bzw. -schichten sowie die gezielte Nutzung dieses Wissens
chemische Verfahren erfolgen. Letztere nehmen nach wie vor
für die Entwicklung von Oberflächenbehandlungsprozessen,
den größten Anteil in der industriellen Fertigung ein. Wegen
lack- und klebtechnischen Anwendungen sowie von neuen
Gefahren für die Gesundheit und gesetzlichen Einschränkun-
Materialien und Qualitätssicherungskonzepten stehen im Zen-
gen kann bei nasschemischen Verfahren immer weniger auf
trum der Aktivitäten der Experten der Adhäsions- und Grenz-
chromathaltige (Cr(VI)-haltige) Vorbehandlungen – die ausge-
flächenforschung am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik
zeichnete Oberflächeneigenschaften bezüglich Korrosionsbe-
und Angewandte Materialforschung IFAM. Ihnen steht eine
ständigkeit bzw. Haftfestigkeiten von Lacken oder Klebstoffen
Vielzahl von hoch entwickelten Analyseverfahren (Abb. 1, 2a
ermöglichen – zurückgegriffen werden.
+ b), computergestützten Simulationstechniken, nasschemischen Oberflächenvorbehandlungsverfahren sowie Test- und
Prüftechniken für ihre Forschungs- und Entwicklungsarbeiten
zur Verfügung.
So können die Kunden sowohl das Expertenwissen als auch
das Equipment der Tätigkeitsfelder Oberflächen- und Nanostrukturanalytik, Applied Computational Chemistry, Qualitäts-
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sicherung Oberfläche sowie Elektrochemie und Korrosionsschutz nutzen, um anwendungsorientierte Lösungskonzepte
Die Röntgenphotoelektronenspektroskopie (XPS) analysiert die Chemie von Oberflächen und Grenzflächen.
2a + 2b Neueste Analysetechniken bieten Einblicke in den Mikro-
zu ihren jeweiligen Fragestellungen zu bekommen. Zudem
und Nanokosmos – Focused-Ion-Beam-Präparation (FIB)
stehen die fachspezifischen Erfahrungen anderer Abteilungen
in Kombination mit Raster- und Transmissionselektronen-
des Fraunhofer IFAM zur Verfügung, mit denen die Adhäsi-
mikroskopie (REM, TEM):
ons- und Grenzflächenforschung eng zusammenarbeitet. Des
2a: Querschnitt eines oxidierten Titanwerkstoffs – REM-
Weiteren wird das vorhandene Know-how durch die Beteili-
Aufnahme. Die In-situ-Querschnittspräparation erfolgte
gung an nationalen sowie internationalen Forschungsprojek-
durch FIB-Technik.
ten laufend aktualisiert und erweitert.
2b: Querschnitt (Cryo-Bruch) durch eine kugelförmige
Seewasseralge als Beispiel der Cryo-REM von biologischen Proben.
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IFAM GEMINI
100 nm
Während der Umstieg auf Cr(VI)-freie Verfahren in vielen
schrumpf« lässt sich bisher nicht voraussagen, sondern muss
Bereichen, z. B. dem Automobilbau, bereits abgeschlossen
durch aufwendige und zeitintensive Messreihen in seiner
ist, dauert die Entwicklung in anderen Bereichen noch an.
Auswirkung auf die Bauteileigenschaften bestimmt werden.
Das betrifft u. a. die Bereiche Architektur und Luftfahrt, bei
Seine Berücksichtigung wäre aber schon bei der Auslegung
denen Oberflächen mit langen Lebensdauern sowie hoher
der Klebungen wünschenswert, um die während der Härtung
Zuverlässigkeit bereitgestellt werden müssen. Das Fraunhofer
auftretenden Spannungen im Fügeteil bzw. Verschiebungen
IFAM arbeitet seit vielen Jahren eng mit Partnern aus der
der geklebten Komponenten relativ zum restlichen Bauteil
Luftfahrtindustrie zusammen, um Cr(VI)-freie Verfahren zur
berücksichtigen zu können.
Vorbehandlung von Metallen vor dem Kleben und Lackieren
zu entwickeln. Hierbei stehen vor allem die Leichtmetalle Alu-
Derartige Fragestellungen – und damit ein Bedarf für entspre-
minium und Titan sowie Stahl im Vordergrund. Dabei wird der
chende Simulationsverfahren – bestehen beispielsweise beim
gesamte Vorbehandlungsprozess betrachtet; einen Schwer-
positionsgenauen Kleben von Linsen in optischen Geräten
punkt bilden das Beizen, Passivieren und Anodisieren (Abb. 4).
bzw. von Sensoren im Messtechnik- und Mikrotechnikbereich,
bei denen eine hohe Präzision sowie Zuverlässigkeit der Hoch-
Zukünftige Arbeiten zielen zum Beispiel auf Cr(VI)-freie lo-
leistungsklebstoffe bis hin zur Nanometerskala erreicht wer-
kale Vorbehandlungen für Reparatur- und Nacharbeiten, die
den muss. Durch Verknüpfung verschiedener Simulations- und
Entwicklung von Klebebändern mit integrierter Beiz- oder
Analysemethoden konnten die Experten des Fraunhofer IFAM
Anodisierfunktion, weiterentwickelte Sealingverfahren von
ein Simulationstool zur Vorhersage der Volumenänderung des
Anodisierschichten sowie die Behandlung neuer metallischer
entsprechenden Klebstoffs entwickeln (Abb. 5).
Werkstoffe ab.
Dazu wurde ein makrokinetisches Reaktionsmodell für die
Beschreibung der im Klebstoff ablaufenden Vernetzungsreaktionen erstellt. In Kombination mit thermokinetischen
Vorhersage von Eigenspannungen und -verformungen
Messungen lassen sich mit diesem Modell zu jedem Zeitpunkt
geklebter Bauteile durch Simulationsverfahren
die Zahl der vorhandenen reaktiven Gruppen – und damit
der Reaktionsumsatz – berechnen. Molecular-ModellingVerfahren ermöglichen die Simulation der Polymernetzwerke
Neben den Entwicklungen von Oberflächenbehandlungspro-
auf molekularer Ebene und die Berechnungen der zugehöri-
zessen, Beschichtungsmaterialien und Klebstoffen ist auch
gen Dichte sowie des Polymervolumens. Bei einem Klebstoff
die Betrachtung von Einflüssen des Produktions- bzw. Ferti-
mit bekannter Zusammensetzung lässt sich so die härtungs-
gungsprozesses von besonderer Bedeutung für die Qualität
bedingte Volumenänderung zu einem beliebigen Zeitpunkt
der erzeugten Produkte. Die in der Entwicklungsphase eines
Produkts hergestellten Muster erlauben oftmals nur einen begrenzten Ausblick auf die komplexen Einflussfaktoren, die im
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späteren industriellen Herstellungsprozess auftreten können.
Schnell und flexibel – die Mini-Galvanik des Fraunhofer IFAM zur
kundenspezifischen Entwicklung und Optimierung von Vorbehandlungsprozessen für metallische Werkstoffe.
Ein Beispiel ist das Aushärten reaktiver Klebstoffe, bei de-
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Anodisierschicht auf der Oberfläche eines Aluminiumwerkstoffs.
nen während der Fertigung eine Vernetzung und damit ein
Die REM-Aufnahme der Bruchkante zeigt einen Querschnitt der
Schrumpfen des Volumens auftreten. Dieser »Härtungs-
nanoporigen Schichtstruktur.
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k l e b t e ch n i k u n d o b e r f l ä ch e n
Abb. 5: Am Fraunhofer IFAM entwickeltes Simulationstool zur Vorhersage des Volumenschrumpfes und der resultierenden Eigenspannung eines Klebstoffs.
voraussagen. Die Auswirkung des Schrumpfverhaltens auf die
turen – beispielsweise Rotorblätter von Windenergieanlagen,
Bauteilauslegung kann anschließend durch eine Verwendung
Flugzeugstrukturbauteile und Komponenten im Automobil-,
der molekular bestimmten Kenngrößen in Finite-Elemente-
Schienenfahrzeug- sowie Schiffbau – übertragen werden.
Methoden vorhergesagt und bei der Auslegung eines realen
Bauteils berücksichtigt werden (Abb. 6).
Dieser Ansatz ermöglicht die Zurückführung der makroskopisch erfassbaren Eigenspannungen und -verformungen
geklebter Bauteile auf die Chemie der Netzwerkbildung. Das
macht die Methode unabhängig von Schwindungsmessungen
und für verschiedenste Klebstoffe und Anwendungen einsetzbar. Der Simulationsansatz ist neben den beschriebenen Präzisionsklebungen in kleinen Dimensionen auch für das Kleben
bzw. für die Aushärtung von Matrixharzen großer Bauteile
von Interesse. Daher soll diese Methode in zukünftigen Arbeiten auch auf das Fügen und die Herstellung von Großstruk80
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Qualitätssicherungskonzepte
schichtungen und Lackierungen, etwa als Korrosionsschutz.
Die lückenlose Überwachung der betreffenden Fertigungsprozesse ist hier ein Ziel der entwickelten Inline-Verfahren. Damit
Zusätzlich zur Analyse der Auswirkungen von fertigungsbe-
lässt sich eine durchgängige Überwachung des Zustands von
dingten Einflüssen ist eine prozessintegrierte Kontrolle von
Bauteiloberflächen in die individuellen Fertigungsprozesse des
Oberflächeneigenschaften für zahlreiche Industriezweige und
Kunden integrieren.
Produktionsbereiche von hohem Interesse. Aktivierungen
und Vorbehandlungen von Werkstoffoberflächen nehmen
Innerhalb der Adhäsions- und Grenzflächenforschung des
im Transportmittelbau – Automobil, Nutzfahrzeug, Flugzeug,
Fraunhofer IFAM bringen die Experten des Tätigkeitsfelds
Schienenfahrzeug, Schiff – einen ebenso großen Raum ein
»Qualitätssicherung Oberfläche« neue innovative Verfahren
wie bei der Herstellung elektronischer Baugruppen oder in
der permanenten Oberflächenüberwachung im Produktions-
der Medizintechnik. Große Windenergieanlagen, ob Onshore
prozess zur Anwendungsreife. Ein Beispiel für eine gelungene
oder Offshore, benötigen oft hochwertige, fehlerfreie Be-
Anwendung von Inline-Messverfahren ist der Nachweis von
fertigungsbedingten Trennmittelrückständen auf Faserverbundbauteilen mittels Laserinduzierter Plasma-Spektroskopie
(LIPS), um nachfolgend schadhafte Klebungen oder Lackierungen zu vermeiden (Abb. 7). Ein weiteres Beispiel ist ein
im Fraunhofer IFAM entwickelter Wasserbenetzungstest,
die »Aerosol-Benetzungsprüfung«, mit dem die Qualität der
Vorbehandlung großflächiger Oberflächen überprüft werden
kann (Abb. 8). Speziell entwickelte Bilderfassungssysteme sowie Auswertungsroutinen ermöglichen sichere Aussagen und
sind optimal in laufende Produktionsprozesse integrierbar.
Abb. 6: Der aus dem atomaren Strukturmodell des Klebstoffs
(oben rechts) berechnete Volumenschrumpf geht direkt als
Parameter in die Auslegung des Bauteils (unten links) ein. So
lassen sich Volumenänderung des Klebstoffs in der Klebfuge
(Mitte, rot hervorgehoben) und die sich aufbauenden Eigenspannungen im Bauteil vorhersagen.
7 Laserinduzierte Plasma-Spektroskopie (LIPS) zur Untersuchung
der Elementzusammensetzung der Probenoberfläche.
8 Untersuchung der Benetzungseigenschaften von Oberflächen
mithilfe der im Fraunhofer IFAM entwickelten Aerosol-Benetzungsprüfung.
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Korrosionsschutz
Wirkstoffverkapselung
Durch den zunehmenden Einsatz von Faserverbundwerkstof-
Darüber hinaus werden Strategien zur Verkapselung von
fen für Leichtbaukonstruktionen gilt es, für Materialverbun-
Wirkstoffen für die Einarbeitung in polymere Materialien oder
de zwischen CFK und metallischen Werkstoffen wirksame
Beschichtungen erarbeitet. Diese Wirkstoffe, bei denen es
Schutzkonzepte zur Vermeidung von Kontaktkorrosion be-
sich neben Korrosionsinhibitoren auch um Substanzen zur
reitzustellen (Abb. 9). Letztere würde sonst insbesondere bei
Hemmung von Eisbildung oder um Duftstoffe handeln kann,
Verbindungen zwischen CFK und Aluminiumlegierungen nicht
werden bei Bedarf – d. h. aufgrund eines äußeren Reizes, in
nur unweigerlich, sondern auch rasch zu Korrosionsschäden
Form einer mechanischen Verletzung oder einer Tempera-
am Aluminiumwerkstoff führen. Hier helfen sowohl kleb-
turänderung – gezielt aus ihren verkapselten Depots freige-
technische Lösungen als auch maßgeschneiderte Korrosions-
setzt. Als Kapselmaterial werden dabei nanoskalige Zeolithe
schutzkonzepte, die von den Experten für Elektrochemie und
(Abb. 12) oder funktionelle Biokapseln (Abb. 13) verwendet.
Korrosionsschutz erarbeitet werden.
Letztere leisten als nachwachsende Rohstoffe einen Beitrag
sowohl zum Umweltschutz als auch zum nachhaltigen Ma-
Korrosion ist auch ein maßgeblicher limitierender Faktor für
terialeinsatz und bieten hinsichtlich ihrer Eigenschaften bei
den Einsatz von Offshore-Windenergieanlagen (Abb. 10). Die
Verarbeitung bzw. Einsatz gegenüber synthetischen Polymer-
Sicherstellung bzw. Verlängerung der Lebensdauer der Anlagen
kapseln Vorteile in Bezug auf Größenverteilung, Belastbarkeit
ist ein wichtiges Ziel, das durch geeignete Korrosionsschutz-
sowie Speichereigenschaften.
maßnahmen erreicht werden soll. Hier kommt die jahrelange
Erfahrung des Bereichs Elektrochemie und Korrosionsschutz
In den genannten Beispielen – wie auch bei vielen anderen
zum Tragen, um geeignete Korrosionsschutzbeschichtungen
Tätigkeiten der Adhäsions- und Grenzflächenforschung des
zu bewerten und um Konzepte für die regelmäßige Kontrolle
Fraunhofer IFAM – ist die Beschaffenheit von Oberflächen
des »Ist-Zustands« der Schutzfunktion (»Monitoring«) sowie
bzw. Grenzflächen von besonderer Bedeutung für die tech-
der Instandsetzung im Bedarfsfall zu entwickeln. Aktuell wer-
nischen Eigenschaften und Funktionen der betrachteten
den für Offshore-Windenergieanlagen in diesem Zusammen-
Materialien, Bauteile sowie Produkte. Der Nachweis und das
hang gemeinsam mit Entwicklern von Beschichtungsmateri-
Verständnis dieser Zusammenhänge dienen zur gezielten
alien, Wartungsfirmen, Anlagenbetreibern, Stahlbauern und
Entwicklung neuer Materialien sowie Oberflächenbehand-
Konstrukteuren nachhaltige Reparaturkonzepte geplant.
lungsprozesse, zum Einsatz maßgeschneiderter Qualitätssicherungs- und Korrosionsschutzkonzepte sowie zur fundierten
Als Beitrag für neue Korrosionsschutzbeschichtungen arbeitet
Schadensanalyse. Expertenwissen, langjährige Erfahrung und
die Adhäsions- und Grenzflächenforschung des Fraunhofer
IFAM auch an der Entwicklung neuer Korrosionsinhibitoren,
die die EU-Chemikalienverordnung REACH (Registration, Eva-
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luation, Authorization and Restriction of CHemicals) erfüllen.
zepte helfen, die Kontaktkorrosion zwischen CFK und Alumini-
Hier werden beispielsweise im Rahmen eines öffentlich geförderten Projekts polymere Wirkstoffe mit korrosionsschützen-
Die vom Fraunhofer IFAM entwickelten Korrosionsschutzkon-
um zu vermeiden.
10 Korrosionsschutzkonzepte für Offshore-Windenergieanlagen
den Eigenschaften für eine breite Palette von Metallen entwi-
– die Expertise aus dem Fraunhofer IFAM (Quelle: REpower
ckelt und erprobt (Abb. 11).
Thornton Bank 12; Foto: Christian Eiche).
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IFAM GEMINI
10 μm
hoch entwickeltes Equipment – das sind die Grundlagen für
die erfolgreiche praxisorientierte Bearbeitung von oberflächenbzw. klebtechnischen kundenspezifischen Fragestellungen.
Dr. Stefan Dieckhoff
Adhäsions- und Grenzflächenforschung
Telefon +49 421 2246-469
[email protected]
Institut
Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und
Angewandte Materialforschung IFAM,
Bereich Klebtechnik und Oberflächen, Bremen
Abb. 12: Abschätzung der sterischen und chemischen Anforderungen für die Einlagerung von Wirkstoffmolekülen in ZeolithGastsystemen sowie Bestimmung der Beladung und Verteilung
mittels »Molecular Modelling«.
11 Salzsprühnebelgerät im akkreditierten Korrosionsprüflabor des
Fraunhofer IFAM.
13 Lackschicht mit Biokapseln, die Wirkstoffbeladungen von bis zu
50 Massenprozenten enthalten können, um Lackschichten z. B.
mit korrosionsinhibierender oder antimikrobieller Funktionalität
auszustatten. Die REM-Aufnahme der Bruchfläche zeigt einen
Lackschichtquerschnitt und die darin enthaltenen fein verteilten,
einheitlich großen Biokapseln.
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