Zeitungsseite - St. Josefs

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Zeitungsseite - St. Josefs
RHEIN-MAIN R3
FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG, 24. MÄRZ 2013, NR. 12
Bei Gott
und von
dieser Welt
„Schwester Oberin“ wird Ordensfrau
Christa Kaltenbach im Wiesbadener
Sankt Josefs-Hospital genannt. Ihre
Aufgabe: das gehobene Management.
Von Ewald Hetrodt
„Ich bin nicht konservativ, sondern offen:“ Die Nonne, die ein Führungsamt bekleidet, in der Kapelle des katholischen Krankenhauses
I
hr Vater war ein braver Katholik, aber zutiefst entsetzt.
„Darüber ist das letzte Wort
noch nicht gesprochen“, sagte er, als Christa Kaltenbach
ihren Eltern eröffnete, dass sie ins
Kloster gehen werde. „Daran ist
nichts mehr zu ändern“, antwortete die Neunzehnjährige. Die Mutter vergoss viele Tränen, als ihre
Tochter auszog, im Sommer 1960.
Indem sie sich auf den Weg machte, der sie in die Chefetage des
Wiesbadener Sankt Josefs-Hospitals führen sollte, folgte Christa
Kaltenbach dem „Ruf des Herrn“,
wie sie sagt. Es sei eine Empfindung gewesen, die sie erst nicht
habe wahrhaben wollen.
Ihre Lehre hatte Christa in der
Kiedricher Raiffeisenkasse gemacht. Weil sie aber an einer Nervenentzündung am rechten Arm
litt, wechselte sie die Stelle. Als
Kindergärtnerin hatte sie häufig
mit ein paar Schwestern des Ordens „Arme Dienstmägde Jesu
Christi“ zu tun. Zu ihnen fühlte
sie sich hingezogen. Der „Ruf des
Herrn“ bestand nicht aus einem
Erweckungserlebnis, sondern aus
der ständigen Begegnung mit Menschen, die Vorbilder waren. Deren
Mutterhaus steht bis heute in dem
Westerwälder Dorf Dernbach.
Dass Christa es dort lange aushalten würde, glaubte in dem lieblichen Rheingauer Winzerort kaum
jemand. „Aus diesem Mädchen
wird keine Nonne“, prophezeiten
die Nachbarn. Sie seien einem
Missverständnis erlegen, meint die
Ordensfrau. Natürlich sei sie
schon immer ein fröhlicher
Mensch gewesen. Das Tanzen im
Dorf habe sie genossen. Aber damit disqualifiziere man sich nicht
für das Klosterleben - im Gegenteil. „Gott braucht keine Menschen, die immer nur den Kopf
hängen lassen.“ Ein junger Mann
habe sich mit ihrer Entscheidung
besonders schwer getan, erinnert
Schwester Christa sich mit einem
leisen Lächeln. Ihrer Mutter vertraute der hartnäckige Verehrer
sich an: „In meinen Gedanken
gebe ich sie erst auf, wenn sie das
ewige Gelübde ablegt.“ Am 26.
März 1963 war es soweit. Vor 50
Jahren entschied Christa Kaltenbach sich unwiderruflich für ein
gottgeweihtes Leben in Gehorsam, Jungfräulichkeit und Armut.
Profess nennt sich das feierliche
Bekenntnis, mit dem die Einundzwanzigjährige sich an die Ordensgemeinschaft der Armen Dienstmägde band. Vorher durften ihre
Eltern sie in Dernbach noch einmal besuchen. Ihre weltlichen Kleider lagen im Kofferraum des Wagens. „Wenn du hier nicht wirklich
glücklich bist, nehmen wir dich sofort wieder mit“, sagten sie. Das
war gleichsam das letzte Angebot.
Denn nachdem ihre Tochter das
ewige Gelübde abgelegt hatte,
durfte sie sieben Jahre lang nicht
nach Hause zurück. „Inzwischen
haben wir unsere Regeln gelockert“, sagt Schwester Christa.
Schon die Formulierung verrät,
dass sie in ihrem Orden heute ein
gewichtiges Wort mitredet.
Er wurde 1851 im Westerwald gegründet. Ein paar Jahre später erreichte ihn die Bitte von Wiesbadener Bürgern, Schwestern zur Krankenpflege zu schicken. Drei Nonnen kamen zu Fuß aus dem Westerwald, um in der Stadt eine Art
Zweigstelle ihres Ordens zu errichten. Mit Hilfe von Spenden ließen
sie ein Krankenhaus bauen, aus
dem das heutige Sankt Josefs-Hospital erwuchs. Es ist zwar inzwischen als GmbH organisiert, aber
die Mutterorganisation ist nach
wie vor das „Filialinstitut der Armen Dienstmägde Jesu Christi“.
An dessen Spitze steht Schwester
Christa. Sie vertritt seit dem Jahr
1995 in dem Krankenhaus die Interessen des Trägers.
Als Oberin hat sie darauf zu achten, dass die ethischen Grundsätze
ihrer Ordensgemeinschaft eingehalten werden. Als sich 1993 heraus-
Zur Person
Christa Kaltenbach wurde am 5.
September 1941 in Kiedrich als
eine von zwei Töchtern eines
Schreiners geboren. Sie arbeitete
zunächst bei der Raiffeisenbank,
dann als Kindergärtnerin. Mit 19
Jahren schloss sie sich dem Orden
der „Armen Dienstmägde Jesu
Christi“ an. In dessen Westerwälder Mutterhaus legte sie am 26.
März 1963 ihr ewiges Gelübde ab.
Sie arbeitete lange in Kindergärten
und Horten, wurde Krankenhausseelsorgerin und Pflegerin. Seit
1995 ist sie die Oberin des Wiesbadener Sankt Josefs-Hospitals. Sie
leitet außerdem den Konvent der
dort lebenden vier Ordensfrauen.
stellte, dass in Wiesbaden dringend eine Ambulanz zur Betreuung von Aids-Patienten gebraucht
wurde, war das katholische JosefsHospital als einziges Krankenhaus
der Landeshauptstadt bereit. „Wir
wollen den Menschen, die unsere
Hilfe brauchen, würdig begegnen“, sagt Schwester Christa. Das
gilt auch für vergewaltigte Frauen,
die in ihrer Not um die „Pille danach“ bitten. Dass sie abgewiesen
würden, wie unlängst in Köln geschehen, sei im Josefs-Hospital undenkbar, versichert Schwester
Christa. Im Interesse der Frauen
lege man großen Wert auf Beweissicherung. Zu diesem Zweck arbeite man in solchen Fällen mit dem
rechtsmedizinischen Institut der
Universität Mainz zusammen.
„Ich bin nicht konservativ, sondern offen“, sagt die Ordensfrau.
Dass bedeutet nicht, dass sie der
verbreiteten Kritik an ihrer Kirche
nichts zu entgegnen hätte. „Wer
nur lange genug sucht, der findet
auch etwas“, meint sie. Das gelte
aber nicht nur für Christen. „Wir
sind alle nicht vom Himmel gefallen.“ Dass Schwester Christa von
dieser Welt ist, bekommt regelmäßig der Chef des Unternehmens
zu spüren, das für die Hygiene im
Josefs-Hospital sorgen muss. Die
Patienten können sich darüber informieren, wann in ihren Zimmern welche Reinigungsdienste
vorgesehen sind. Sie sind aufgefordert, sich zu melden, wenn die Arbeiten nicht oder nur nachlässig erledigt werden.
Das Akutkrankenhaus der
Schwerpunktversorgung verfügt
über etwa 450 Betten. In den Statuten steht, dass die Gesellschaft
nicht am Profit orientiert, sondern
allein dem körperlichen und seelischen Heil der Patienten verpflichtet sei. Trotzdem erwirtschaften
knapp 1200 Mitarbeiter bei einem
Umsatz von rund 100 Millionen
Euro je Jahr regelmäßig Überschüsse in der Größenordnung
von fünf Millionen Euro. Ein großer Erweiterungsbau ist geplant.
Dass das Krankenhaus einen katholischen Träger hat, erkennt
man auch daran, dass der Wiesbadener Stadtdekan traditionell an
der Spitze des Verwaltungsrats
steht. Die Oberin gehört dem Gremium zwar nur als einfaches Mitglied an. Aber sie hat ein Vetorecht, das vor allem in Personalangelegenheiten von Bedeutung ist.
Ein Chefarzt im Josefs-Hospital
muss nicht unbedingt katholisch
sein, sich aber zum Christentum
bekennen. Ob umgekehrt Katholiken in evangelischen Krankenhäusern führende Positionen einnehmen könnten, wisse sie nicht genau, behauptet Schwester Christa.
Die Diplomatin, die auch die Bezeichnung Managerin für sich gelten lässt, erzählt von einer konfessionslosen Frau aus dem Osten, die
sich gerade um die ausgeschriebene Stelle „am Tresen in der Notaufnahme“ beworben habe. Sie wird
den Job bekommen. „Ich gebe
Menschen gern eine Chance.“
Sich um eine reizvolle Position aus
eigenem Antrieb zu bewerben
kommt übrigens für die Armen
Dienstmägde nicht in Frage.
Stattdessen gilt das Versprechen
des Gehorsams. So ist Schwester
Christa mit der Leitung unterschiedlicher Kindergärten im Westerwald, in Koblenz, Düsseldorf,
und Mönchengladbach betraut worden. „Die Menschen zurücklassen
zu müssen, wenn ich gerade heimisch geworden war, hat mir sehr
zu schaffen gemacht“, berichtet sie.
„Manchmal habe ich geweint.“ Es
sei der Wille Gottes, habe ihr die
Generaloberin bei einer Versetzung erklärt. Die Antwort kam
spontan: „Das glaube ich zwar
nicht, aber ich mache es trotzdem.“
Zu Anfang der neunziger Jahre
ließ der Orden Schwester Christa
eine Ausbildung als Krankenhausseelsorgerin und Pflegerin angedeihen. Ein paar Jahre später übernahm sie die Führungsaufgabe in
Wiesbaden. In Armut zu leben bedeutet für sie, im Monat über einen Betrag von zehn Euro frei verfügen zu können. Allerdings muss
Foto Frank Röth
sie auf Annehmlichkeiten wie gelegentliche Restaurantbesuche nicht
ganz verzichten. „Die Rechnung
reiche ich ein.“ Auch Ausflüge und
Urlaubsaufenthalte sind inzwischen normal. Die Kleidung der
Dernbacher Schwestern ist traditionell. Die graue Ordenstracht tragen sie alltags, die schwarze an
Sonn- und Feiertagen. Dazu zählt
Schwester Christa auch die Besuche von Fotografen, wie sie scherzhaft anmerkt.
In einer Wohnung im zweiten
Stock des Krankenhauses lebt sie
mit drei weiteren Dernbacher
Schwestern zusammen. Sie erfüllen ihren Dienst an verschiedenen
Stellen im Haus. Die Aids-Ambulanz gehört ebenso dazu wie die
Krankenhauskapelle. Drei der vier
Nonnen sind älter als siebzig Jahre. Ihre Oberin ist sich darüber im
Klaren, dass ihr kleiner Konvent in
nicht allzu ferner Zukunft schließen muss. Ohne die Ordensfrauen
wird das Josefs-Hospital ein anderes Krankenhaus sein. Schwester
Christa verdrängt den Gedanken
daran: „Noch habe ich Kraft.“
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