Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln ohne Sachkenntnis

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Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln ohne Sachkenntnis
I N F O R M AT I O N D E S G E S U N D H E I T S A M T E S
Arzneimittelüberwachung
Einzelhandel mit freiverkäuflichen
Arzneimitteln
Die Aufnahme des Arzneimittelverkaufs muss bei der für die Arzneimittelüberwachung zuständigen
Behörde angezeigt werden. Ferner muss im Betrieb eine sachkundige Person zur Verfügung stehen.
Was ist eine sachkundige Person?
Diese und andere Fragen über den Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln (ohne und mit
Sachkenntnis), beantworten wir in dieser Broschüre. Auch wenn Sie die Sachkunde bereits besitzen,
es lohnt sich immer, das eine oder andere noch einmal nachzulesen!
Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln ohne Sachkenntnis
Folgende Arzneimittel dürfen ohne Sachkenntnis verkauft werden (§ 50 Abs. 3, § 51 Abs. 1, § 60 Abs.
1 Arzneimittelgesetz - AMG):
1. Fertigarzneimittel, die mit ihren verkehrsüblichen deutschen Namen bezeichnete, in ihren Wirkungen allgemein bekannte Pflanzen oder Pflanzenteile oder Press-Säfte aus frischen Pflanzen oder
Pflanzenteilen sind, sofern diese nur mit Wasser hergestellt werden.
Die nachstehend genannten Pflanzen und Pflanzenteile können als in ihren Wirkungen allgemein bekannt angesehen werden und sind deshalb als Fertigarzneimittel für das Reisegewerbe und den
Einzelhandel ohne Sachkenntnis zugelassen:
Baldrianwurzel, Brennnesselkraut, Eibischblätter, Fenchelfrüchte, Hagebutten, Holunderblüten,
Kamillenblüten, Kümmelfrüchte, Leinsamen, Lindenblüten, Melissenblätter, Mistelkraut, Pfefferminzblätter, Salbeiblätter, Schachtelhalmkraut.
(Die Einstufung der Drogen wurde entnommen aus: "Arzneimittel im Einzelhandel" von FritzEberhard Reuter, 9. aktualisierte Auflage.)
2. Fertigarzneimittel zur Verhütung der Schwangerschaft oder von Geschlechtskrankheiten beim Menschen.
Hierzu gehören Pasten, Gele, Vaginaltabletten, Vaginalzäpfchen.
Kondome (Präservative) sind Gegenstände im Sinne des Medizinproduktegesetzes. Sie sind keiner
Verkaufsbeschränkung unterworfen und unterliegen nicht dem Arzneimittelgesetz.
3. Fertigarzneimittel, die ausschließlich zum äußeren Gebrauch bestimmte Desinfektionsmittel sind.
4. Heilwässer und deren Salze in ihrem natürlichen Mischungsverhältnis oder ihre Nachbildungen.
5. Sauerstoff
6. Freiverkäufliche Arzneimittel für bestimmte Arten von Heimtieren, die von den Menschen zu irgendwelchen Zwecken, wie z.B. Hobby oder wissenschaftlichem Interesse, aber nicht zur Gewinnung von Lebensmitteln gehalten werden. Es handelt sich dabei um Zierfische, Zier- und Singvögel,
Brieftauben, Terrarientiere und Kleinnager.
Unter den Begriff Kleinnager fallen z.B. Meerschweinchen, Hamster, Mäuse, nicht aber Kaninchen
und Zwergkaninchen, die im wissenschaftlichen Sinne keine Nagetiere sind.
Zu den Terrarientieren gehören:
Eidechsen, Krokodile, Schildkröten, Schlangen, Kröten, Frösche
Sobald das Arzneimittelsortiment eines Einzelhandels Arzneimittel auch für andere Tiere als
die oben aufgeführten Arten beinhaltet, so ist die Sachkenntnis nach § 50 AMG erforderlich.
Das ist z.B. der Fall bei dem Verkauf von Flohschutzhalsbändern für Hunde und Katzen.
Information der Kreisverwaltung Recklinghausen - Vestischer Gesundheitsdienst www.kreis-recklinghausen.de Gesundheitsamt
Stand 09.03.2009
Information des Gesundheitsamtes
Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln
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Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln mit Sachkenntnis
gemäß § 50 Arzneimittelgesetz (AMG)
Sachkenntnis
Voraussetzung für die Berechtigung, freiverkäufliche Arzneimittel im Einzelhandel in den Verkehr zu bringen, ist gemäß § 50 AMG der Nachweis
der erforderlichen Sachkenntnis.
Diese besitzt, wer Kenntnisse und Fertigkeiten über das ordnungsgemäße
Abfüllen, Abpacken, Kennzeichnen, Lagern und Inverkehrbringen von Arzneimitteln, die zum Verkehr außerhalb von Apotheken freigegeben sind,
sowie Kenntnisse über die für diese Arzneimittel geltenden Vorschriften
nachweist.
Als Nachweis gilt das Prüfungszeugnis über den Abschluss folgender Berufsausbildungen:
Drogist, Apothekenhelfer, Pharmazieingenieur, Apothekerassistent, Pharmazeutisch-technischer Assistent, Pharmazeutisch-kaufmännischer Angestellter1.
Personen, die ihre Sachkenntnis durch eine Prüfung vor der Industrie- und
Handelskammer erfolgreich nachgewiesen haben, gelten ebenfalls als
sachkundig.
Anwesenheit Abwesenheit der sachkundigen Person
Die sachkundige Person muss während der Öffnungszeiten einer Verkaufsstelle ständig für den Bereich -freiverkäufliche Arzneimittel- zur Verfügung stehen, um das ordnungsgemäße Inverkehrbringen der Arzneimittel
(Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, das Feilhalten, das
Feilbieten und die Abgabe an andere) überwachen zu können und dem
Kunden (Patienten) beratend zur Verfügung zu stehen.
Dies bedeutet: Wird die sachkundige Person in einer anderen Abteilung der
Verkaufsstelle eingesetzt, so muss sie jederzeit kurzfristig abrufbar sein,
um persönlich zur Beratung zur Verfügung zu stehen.
Bei Abwesenheit der sachkundigen Person (z.B. Mittagspause, Urlaub,
Krankheit) ist eine sachkundige Vertretung zu beschäftigen. Andernfalls
sind die Arzneimittel für die Dauer der Abwesenheit in geeigneter Weise
dem Zugriff der Kunden zu entziehen und vom Verkauf auszuschließen
(z.B.: Ausräumen der freiverkäuflichen Arzneimittel, die eine Sachkenntnis
erfordern).
Information der Kreisverwaltung Recklinghausen - Vestischer Gesundheitsdienst www.kreis-recklinghausen.de Gesundheitsamt
Stand 09.03.2009
Information des Gesundheitsamtes
Umgang mit
Arzneimitteln
Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln
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Hinsichtlich des Umgangs mit Arzneimitteln wird auf Folgendes hingewiesen:
Eine Betriebsverordnung für den Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln ist bisher noch nicht erlassen worden. Grundsätzlich müssen Arzneimittel so gelagert werden, dass die Qualität der Produkte nicht negativ beeinträchtigt wird.
- Die Arzneimittelvorräte sind vorschriftsmäßig zu lagern, die Lagerhinweise der Hersteller sind zu beachten. Direkte Sonneneinstrahlung
(Schaufenster) und übermäßige Wärmeeinwirkung (Heizung) sind zu
vermeiden. Das Lagern der Arzneimittel neben geruchsintensiven Produkten (z. B. Duftseifen, Duftkerzen) ist ebenfalls zu vermeiden.
- Apothekenpflichtige oder verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen nicht außerhalb der Apotheken in den Verkehr gebracht werden.
- Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, dürfen nicht mehr in den
Verkehr gebracht werden. Das Verfalldatum („verwendbar bis...“) ist mit
Monat und Jahr angegeben. Das bedeutet, dass diese Arzneimittel nicht
mehr zum Verkauf vorrätig gehalten werden dürfen.
- Ein Einzelhändler mit Sachkenntnis darf bestimmte Arzneimittel aus größeren Gebinden in kleine Einheiten umfüllen und diese in unveränderter
Form unmittelbar an den Verbraucher abgeben. Die Abgabe in unveränderter Form bedeutet, dass z.B. verschiedene Teesorten nur getrennt
voneinander abzufüllen und nicht zu mischen sind. Es dürfen ausschließlich freiverkäufliche Arzneimittel mit Standardzulassung umgefüllt
werden. Die in der Standardzulassung enthaltenen Angaben über die
Qualität, die Kennzeichnung und das Verpackungsmaterial sind unbedingt einzuhalten.
Anzeigepflicht bei der
zuständigen Behörde
Der Handel mit Arzneimitteln muss vor Aufnahme der Tätigkeit der
zuständigen Behörde angezeigt werden.
Zuständige Behörde:
Vestischer Gesundheitsdienst – Gesundheitsamt - des Kreises Recklinghausen, Lehmbecker Pfad 31, 45770 Marl
- Anzeige nach § 67 AMG
Überwachung durch die Alle Betriebe und Einrichtungen, in denen Arzneimittel hergestellt, geprüft,
zuständige Behörde
gelagert, verpackt oder in den Verkehr gebracht werden, unterliegen gemäß § 64 AMG der Überwachung durch die zuständige Behörde (Vestischer Gesundheitsdienst); das gleiche gilt auch für Personen, die diese
Tätigkeiten berufsmäßig ausüben.
Die zuständige Behörde hat sich davon zu überzeugen, dass die Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln und über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens beachtet werden. Dies erfolgt durch regelmäßige Besichtigungen sowie die evtl. Entnahme von Proben.
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Information des Gesundheitsamtes
Duldungs- und Mitwirkungspflicht
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Personen, die der Überwachung unterliegen, sind verpflichtet, die Überwachungsmaßnahmen zu dulden und die Überwachungspersonen in ihrer
Tätigkeit zu unterstützen. Den in der Überwachung tätigen Personen sind
auf Verlangen die Räume, Behälter und Behältnisse zu öffnen, Auskünfte
zu erteilen und die Entnahme von Proben zu ermöglichen (§ 66 AMG).
Im Rahmen der Arzneimittelsicherheit und des Verbraucherschutzes
ist die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften unerlässlich. Deshalb
sieht das Arzneimittelgesetz bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Bestimmungen die Einleitung behördlicher Maßnahmen vor.
Begriffserläuterungen
Fertigarzneimittel
Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer
zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden.
Herstellen
Herstellen ist das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be- oder
Verarbeiten, das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken und das
Kennzeichnen.
Inverkehrbringen
Inverkehrbringen ist das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere.
Vorrätighalten
Das Vorrätighalten eines Arzneimittels wird dann als Inverkehrbringen angesehen, wenn es bei dem Besitzer (Einzelhändler) mit der von ihm gegebenen Bestimmung lagert, verkauft oder sonst zu einem der in § 2 AMG
genannten Zwecke an andere abgegeben werden soll (auch unentgeltlich
oder im Wege des Tausches).
Feilhalten
Unter Feilhalten versteht man ein dem Kaufinteressenten bemerkbares
oder mitgeteiltes Zumverkaufvorrätighalten. Es genügt, dass die Verkaufsabsicht in irgendeiner Form nach außen in Erscheinung tritt. Auch Ausstellen in einer Glasvitrine im Verkaufsraum ist Feilhalten.
Feilbieten
Feilbieten ist ein Feilhalten, das mit zum Verkauf anregenden Handlungen
verbunden wird.
Quellennachweise
Arzneimittelgesetz (AMG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394) in der zurzeit
gültigen Fassung
Kloesel/Cyran (2008): Arzneimittelrecht Kommentar. Deutscher Apothekerverlag.
Reuter (2005, 10. Auflage): Arzneimittel im Einzelhandel. Ein Leitfaden für den Handel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln.
Friedrich Kiehl Verlag.
Fresenius/Niklas/Schilcher (2006, 6. Auflage): Freiverkäufliche Arzneimittel. Vorbereitung auf die Sachkenntnisprüfung und
Leitfaden für die Praxis im Einzelhandel. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.
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Amtsapothekerin
02365 / 935 7511
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Sachbearbeiterin
02365 / 935 7513
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