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FRAGEZEIT HANNES JAENICKE
Zeitreisender: Hannes Jaenicke
pendelt zwischen Deutschland
und den USA, seinen Worldtimer
trägt er immer am Handgelenk
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Chronos 3-2008
„Das ist dein Leben,
das gerade vorbeitickt“
Der Schauspieler Hannes Jaenicke ist ein Reisender. Sein Herz verlor er an drei Kontinente: Amerika, Europa,
Australien. Eine zweite Zeitzone am Handgelenk ist für ihn mehr als eine dekorative Komplikation. Demnächst
wird seine Weltzeituhr wieder gefordert, wenn er für das ZDF in die Regenwälder Borneos geht, um dort über
das Verschwinden der Orang-Utans zu berichten. Im Großstadtdschungel Berlin nahm sich Hannes Jaenicke
Zeit für ein Gespräch über Timing, Wassersport und den Dalai Lama.
■ Fragen: Elmar Schalk & Nina Bauer
■ Bilder: Nina Bauer
Sie pendeln zwischen Köln und Los
Angeles?
Mein Hauptwohnsitz ist und bleibt
L.A. Meine bessere Hälfte, Tina Bordihn, dreht eine Serie in München, mit
acht Monaten Drehzeit pro Jahr. Insofern haben wir uns vorübergehend in
München was genommen. Die Kölner
Wohnung ist untervermietet – wir sind
halt Tingeltangel!
Welche Uhr tragen Sie momentan?
Einen Worldtimer von Jaeger-LeCoultre, die Master Compressor Geographic. Hier unten kann ich jede Zeitzone einstellen und auf dem kleinen
Zifferblatt ablesen, wie spät es ist.
„AM“ und „PM“ stehen für Vormittag
und Nachmittag. Da ich in Australien
drei Patenkinder und viele Freunde
habe und selbst heute immer noch vergesse, wie man die Zeit umrechnet, ist
das für mich ganz praktisch. Zu
Weihnachten hatte ich mal angerufen,
da kam mein ältester Patensohn so was
von schlecht gelaunt ans Telefon ...
Seitdem schaue ich vorher immer auf
die Uhr, ob es passt.
Wie entstand Ihre Beziehung zu
Uhren?
Eine Zeitlang bin ich unglaublich viel
gereist. Und meine damals Angebetete
lebte in Perth, an der Westküste von
Australien. Im Prinzip bin ich einmal
im Monat um die Welt geflogen, um sie
zu besuchen. Da bekommt man ein
spezielles Verhältnis zu Uhren, wenn
die Zeitzonen so oft wechseln.
Tragen Sie in den USA andere Uhren
als in Deutschland?
Ja, weil ich dort viel segle und an meinen Motorrädern rumschraube. Alles,
was teurer und edler ist, ziehe ich da
nicht an. Beim Surfen habe ich schon
zwei meiner Taucheruhren verloren,
weil die Armbänder dann doch mal
reißen. Für den Sport müssen die Uhren Salzwasser vertragen und absolut
robust sein. Deswegen besitze ich auch
die Cascadeur von Certina, eine
Quarzuhr. Mit der habe ich mal beim
Drehen in Afrika Nägel in die Wand
geschlagen – hinterher hatte sie nicht
mal einen Kratzer.
meiner ganzen Fernseh-Dokus: Wenn
ich auf dem Yukon paddle, kann ich
keine empfindliche Uhr gebrauchen!
Insofern ist Robustheit für mich eines
der Hauptargumente. Außerdem
muss sie ein klassisches Design haben
und gut lesbar sein. Beim „Tatort“ trug
ich mal eine Einzeigeruhr von Meistersinger. Nach sechs Wochen Drehen
hatte ich noch nicht raus, wie ich die
Uhrzeit ablesen soll! Völlig doof sind
auch digitale Anzeigen. Ich möchte
fette Zeiger, die nachts schön leuchten,
wenn ich mal im Jetlag bin und wissen
Kaufen Sie sich heute noch Quarzuhren?
Nein. Entweder Handaufzug oder
Automatik. Batterien sollten schon aus
rein ökologischen Gründen verboten
werden! Allerdings besitze ich noch
eine alte Weltzeituhr von Hamilton –
die liebe ich einfach. Ich habe sie mir
vor 25 Jahren gekauft, eine der schönsten Uhren, die je gemacht wurden. Mit
den Original-Uhren wurde die gesamte Invasion der Normandie koordiniert – eine ganz spannende Uhr!
Wie muss eine Uhr für Sie sein?
Schlicht und funktional. Und sie muss
was aushalten. Schon allein wegen
Die Master Compressor Geographic von
Jaeger-LeCoultre ist Jaenickes Reiseuhr: Bei
der 7-Uhr-Position lässt sich schnell ablesen,
wie spät es in der gewählten Zeitzone ist
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will, wie lange ich schon wieder wach
liege. Und ich trage grundsätzlich
keine Lederbänder, nur Metall.
Warum keine Lederarmbänder?
Eine Zeitlang wurden Armbänder aus
Haihaut gemacht. Ein Skandal! Es
wird momentan kein Tier so schnell
ausgerottet wie der Hai. Seit dem
Spielbergfilm („Der weiße Hai“, Red.)
gilt der Hai als Monster. Völliger Humbug! Es ist nachgewiesen, dass Menschen von Haien nicht angegriffen
werden; die mögen uns ja noch nicht
mal! Auf Oahu (Hawaii) gibt es ein
Hai-Projekt, bei dem Menschen seit 20
Jahren mit Haien schwimmen – und es
passiert nie etwas. Der Punkt ist: Haie
sehen schlecht. Und wer in trüben
Gewässern zum Surfen rauspaddelt,
sieht aus wie ein Tier auf der Flucht.
Zurück zu den Uhren: Ich trage nur
Metallarmbänder. Ich hasse es auch,
beim Duschen eine Uhr auszuziehen,
das ist unpraktisch!
Und im Bett: Uhr an oder aus?
(Grinst.) Wenn ich alleine bin – an.
Wenn ich nicht alleine bin – aus.
Was vermittelt Ihnen eine Uhr?
Sicherlich erst einmal Geschmack.
Wenn jemand eine besonders schöne
Uhr oder einen riesenfetten Klunker
trägt, fällt das ja auf. Ich finde es peinlich, wenn eine Uhr zum Statussymbol
verkommt. Zum Beispiel habe ich diesen Rolex-Kult nie verstanden. Für
mich hat diese Marke etwas Protziges.
Das einzige, was ich an Rolex gut finde,
ist, dass sie große Segelrennen sponsern (lacht). Ich schaue gerne den America’s Cup – finde ich sehr spannend!
Schafft ein ähnlicher Uhrengeschmack Verbundenheit?
Kann, muss aber nicht. Ich arbeite seit
Ewigkeiten mit Roman Knizka zusammen, und er trägt eine Uhr, die mir sehr
gefällt; die hat er sich auf der Tournee
in der Schweiz gekauft. Bei ihm sage
ich: Der hat Geschmack. Das ist so, wie
wenn sich zwei Leute treffen, die alte
Mini Cooper fahren. Der neue Mini ist
für die Katz, aber der alte ist cool.
Also beurteilen Sie Menschen auch
nach ihren Uhren?
Die Uhr gehört natürlich zum Gesamtbild, ist davon aber nur ein kleiner
Baustein. Man kann jedoch den Designgeschmack einer Person sehr
schnell an einer Uhr erkennen.
Zurzeit sind Sie auf der Bühne, da
spielt Timing wohl eine besonders
große Rolle?
Es gibt keinen Schneideraum. Wenn
eine Pause auf der Bühne zu lang ist,
dann ist sie zu lang. Und Timing ist auf
der Bühne die Hälfte der Miete. Das
hat viel mit Musikalität zu tun.
In Berlin spielten Sie gerade das
Stück „Von Mäusen und Menschen“
von John Steinbeck.
„Alles, was einem ein Lächeln ins Gesicht zaubert, ist keine Zeitverschwendung“
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Genau. Mein Bühnenpartner Roman
Knizka und ich spielten ein Männerpaar, zwei Freunde: ich den Behinderten und er den Smarten. Im echten Leben ist er der Sohn einer Opernsängerin und eines Ballett-Tänzers. Man
merkt, dass er in seinen Genen Rhythmus, Musik und Sprachgefühl hat –
sein Timing ist perfekt. Der ganze Cast
ist großartig! Und weil wir so erfolgreich waren, überlegen wir, ob wir mit
Steinbeck weitermachen.
Wie ist das beim Drehen: Wird bei den
Kostümen auch auf die Uhr geachtet?
Absolut. Ich achte da sehr genau darauf, weil es natürlich viel über den
Charakter erzählt. Überhaupt sind
die äußerlichen Merkmale wesentliche Elemente einer Rolle. Dazu gehört neben dem Kostüm zum Beispiel
auch der Haarschnitt oder das Auto
der Figur.
In der RTL-Serie „Post Mortem“ spielen Sie einen Gerichtsmediziner.
Welche Uhr trägt Dr. Daniel Koch?
Da hatte ich meine eigene Omega Railmaster an. Wir wollten eine ganz nüchterne, klare Uhr. Koch stellt sie immer
auf den Schreibtisch – die Omega
kannst du schön aufklappen, sie bleibt
von selbst stehen wie ein kleiner Wecker. Wir haben die Figuren bis ins
Kleinste ausgearbeitet und wollten einen Typen, der im Kopf ganz klar ist.
Da hat die Uhr gut gepasst: Etwas
gänzlich Unverspieltes, ohne Datumsanzeige, nur ein schwarzes Zifferblatt
mit Zeiger – ein klares Bild.
Denken Sie über den Tod nach?
Eine Zeitlang schon. Wenn man die
Leute so vor sich liegen sieht, denkt
man: irgendwann liegst du auch da.
Die Endlichkeit des Daseins wird einem vor Augen geführt. Man sollte
nicht so tun, als könnte man alles
irgendwann noch machen. Es gibt einen wunderbaren jüdischen Spruch:
„Wann, wenn nicht jetzt?“ Aber mit
meiner Zeit bin ich schon immer extrem bewusst umgegangen. Das liegt
an meiner Macke, keine Zeit verschwenden zu wollen. Beim Betrachten des Sekundenzeigers habe ich mir
immer überlegt: das ist dein Leben, das
da gerade vorbeitickt. So ist mein Verhältnis zu Uhren entstanden.
Foto: RTL / Nick Briggs
Warum werden in Deutschland eigentlich so viele US-Serien kopiert?
Ich erzähle mal eine Geschichte, die
ganz archetypisch ist: „Post Mortem“
wurde 1996 als 90-Minüter konzipiert
und sollte in Serie gehen. Nach dem
Film hieß es aber: „Nee, Rechtsmedizin und Leichenfleddern will keiner
sehen.“ Es verstreichen vier Jahre, und
das erste „CSI“ kommt aus Amerika.
Es verstreichen sechs Jahre, und das
zweite „CSI“ kommt auf den Markt.
Im Jahr 2004 merkt RTL: „CSI läuft so
bombig, lasst uns doch auch so was
machen.“ Und plötzlich wird „Post
Mortem“ in Serie geschickt. Das heißt,
die Idee kam sehr wohl aus Deutschland, wurde aber erst gemacht, nachdem die Amis den Erfolg bewiesen
haben. Schlagen Sie doch mal einem
deutschen Programmchef eine Serie
vor, in der ein Arzt hinkt, Pillen
schluckt und sich wie ein Arschloch
benimmt! Jetzt läuft bei uns „Dr.
House“ aus den USA, und es gibt
schon drei Kopieformate. Innovation
und Inspiration ist offensichtlich im
deutschen Film- und Fernsehbereich
die Ausnahme der Regel. Der „Tatort“
funktioniert beispielsweise immer
noch phantastisch. Aber das ist keine
Serie und damit ein ganz anderes Geschäft. Der 90-minütige Krimi ist die
letzte Bastion des Qualitätsfernsehens.
Wo gehen für Sie die Uhren schneller:
in Deutschland oder in L.A.?
Eine verdammt gute Frage. Ich persönlich habe das Gefühl, dass meine Tage
in L.A. schneller verfliegen, was eigentlich Quatsch ist. Die Amerikaner leben
getriebener, haben sehr viel weniger
Urlaub als wir und zum Großteil mehrere Jobs, um ihre Kinder in anständige
Schulen stecken zu können. Aber nun
lebe ich in L.A. am Strand, und der
Strand hat eine ganz eigene Zeitrechnung: Der Tag fängt an, wenn die Sonne
aufgeht und hört auf, wenn sie untergeht. Es wird in Kalifornien sehr früh
dunkel, weil es viel näher am Äquator
liegt. Insofern hab ich immer das Gefühl, dass die Tage in L.A. viel zu
schnell verfliegen. Vielleicht würde es
mir anders gehen, wenn ich dort festangestellt wäre und kein Freischaffender.
Wann würden Sie sagen: Zeit spielt
keine Rolle?
Spannung rund um den Seziertisch: In der RTL-Serie „Post Mortem“ spielt Hannes Jaenicke
den Gerichtsmediziner Dr. Daniel Koch
Zeit spielt immer dann keine Rolle,
wenn man eine gute Zeit hat, wenn
irgendwas richtig Spaß macht, egal ob
im Privatleben oder bei der Arbeit.
Wenn ich mir Zeit nehme, um mein Privatleben zu pflegen, mache ich keine
Termine. Dann lege ich die Uhr weg
und kümmere mich ausschließlich um
die Dinge, die ich machen will. Genauso bei der Arbeit: Wenn es ein
Regisseur ist oder ein Projekt, für das
es sich lohnt, drehe ich auch mal
20 Stunden am Stück.
ich habe nichts gegen leichte Unterhaltung, im Gegenteil. Ich finde Krimis und Komödien wunderbar. Ab
und zu möchte ich etwas machen, das
tiefer geht. Zudem kann ich das Fernsehen für wichtige Projekte nutzen.
Mein Ehrgeiz ist es, das Medium, in
dem ich arbeite, so zu nutzen, dass es
ein bisschen etwas bewegt.
Obwohl Sie für das Medium arbeiten?
Ich weiß. Ich lebe sehr gut davon, aber
ich schaue nur ab und zu im Hotel
Nachrichten. Fernsehen halte ich für
eine ziemliche Einbahnstraße. Jemand
beliefert dich mit allem: mit vorgefassten Sätzen, Texten, Gedanken, Bildern – ein absolut unkreativer Prozess.
Was empfinden Sie als Zeitverschwendung?
Mit Menschen in Kneipen abzuhängen, die sich nichts zu erzählen haben.
Nur weil man Angst hat, sich mit sich
selbst zu beschäftigen. Auch ganz
schlimm: Modehefte und Frauenzeitschriften. Was den Frauen alles suggeriert wird, um dem Schönheitsideal zu
entsprechen – das kapier’ ich nicht!
Und Autostaus sind Zeitverschwendung. Nirgendwo werde ich wütender. So viele Freunde kann ich mit dem
Handy gar nicht anrufen, damit ich
den Stau überlebe. Ich glaube, jeder
Vorgang im Leben, der einem ein Lächeln ins Gesicht zaubert, ist keine
Zeitverschwendung. Und alles, was
schmallippig und unzufrieden macht,
ist Zeitverschwendung.
Haben Sie kein Problem damit, dass
Sie selbst Teil des Systems sind?
Ja und nein. Ja, weil ich weiß, dass viel
Schrott im Fernsehen läuft. Nein, weil
ich natürlich versuche, mit den Sachen, die ich mache, zumindest gelegentlich über dieses Niveau hinauszukommen. „Post Mortem“ ist meines Erachtens ein geglückter Versuch,
etwas zu machen, das jenseits des
deutschen Serienquarks liegt. Aber
Kann Sie auch eine Uhr erfreuen?
Klar – wenn ich in eine Uhr mit Glasboden schaue: Es ist schon genial, was alles auf so kleinem Raum Platz findet.
Verglichen mit dem Chip eines i-phones ist eine mechanische Uhr ein Dinosaurier. Aber das Tolle an Uhren ist die
traditionelle Mechanik. Wo gibt es in
der modernen Technik heute noch
ein Zahnrad? Mich fasziniert, dass so
etwas Altmodisches überhaupt noch
Also ist Zeit zweitrangig, wenn Sie
sich für eine Sache engagieren?
Ich bin ein Mensch, der in seinem Leben wahrscheinlich noch nie auch nur
eine Minute Zeit vergeudet hat. Ich
besitze keinen Fernseher.
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hält und noch nicht alles auf Chips gespeichert ist. Insofern hat eine mechanische Uhr etwas Sentimental-Romantisches. Wo noch richtiges Handwerk
gefragt ist.
Haben Sie schon mal einem Uhrmacher zugesehen?
Klar. Zudem konnte ich schon zweimal den Dalai Lama interviewen, dessen großes Hobby es ist, Uhren auseinanderzunehmen und wieder zusammenzuschrauben. Er gehört natürlich zu den Menschen, die ohne jeglichen Besitz leben. Er trägt eine ganz
schlichte Uhr, die aussieht wie eine uralte Kienzle. Das Auseinandernehmen
und Wiederzusammenbauen macht
er, um zu relaxen. Er ist ein beeindruckender Mann und hat ein großes
Faible für Mechanik.
Sie engagieren sich stark für die Umwelt. Wie setzen Sie Prioritäten?
Das Problem „wie reise ich, ohne zu
fliegen“, ist schwer zu lösen. Das sagt
selbst George Clooney, der wirklich aktiv ist. Ich habe mein Fliegen in den letzten fünf Jahren radikal reduziert. Innerdeutsch nehme ich meistens die Bahn,
die müsste nur noch günstiger werden.
Solange Kerosin steuerfrei verkauft
wird – was eine Absurdität ist – sind die
Flüge natürlich billig. Ich achte darauf,
keine Energie zu verballern. Ich kaufe
auch nichts mehr „made in China“, was
immer schwieriger wird. Ich gebe offen
zu, dass ich mir mal eine Fake-Panerai
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Problem: Es steht zwar „bis 300 m wasserdicht“ drauf, aber nimm die mal mit
ins Salzwasser! Das ist wie Harley fahren: Damit kann man Brötchen holen,
aber fahr’ bitte nie eine lange Tour. Natürlich könnte man mit einem japanischen Motorrad fahren, aber die sind
mittlerweile so perfekt, dass sie keine
Ecken und Kanten mehr haben. Eine
Honda ist wie eine Swatch unter den
Motorrädern. Die läuft irgendwie immer, aber irgendwas fehlt.
Welche Arbeit erfordert mehr Geduld: das Drehbuchschreiben oder
das Einarbeiten in eine neue Rolle?
Schreiben ist eine Geduldsache, weil es
Disziplin erfordert. Als Autor steht
man morgens auf und denkt: „Mir
fällt nix ein, und das Wetter ist so
schön – ich geh erst mal raus.“ Schreiben kann eine Qual sein, deswegen
arbeite ich mit einer Koautorin zusammen. Das Schauspielern geht fast
von alleine, wenn ein Buch richtig gut
ist. Andererseits kostet es viel Geduld
und Energie, wenn man wegen des
Zeitdrucks schon drehen muss, die
Drehbücher aber noch nicht ausgearbeitet sind.
Und was fahren Sie selbst?
Moto Guzzi. Die ist gebaut wie ein
Traktor: Nicht besonders „sophisticated“, aber sie läuft. Ich besitze auch eine
Ducati – ein italienisches Kunstwerk –
die läuft dafür nie. Beide haben ihre Eigenheiten. Übrigens habe ich ein großes Faible für Turmuhren. Wenn ich in
Köln bin, bimmelt es überall. Und in
Lindau gibt es beispielsweise eine Kirche mit fantastischer Sonnenuhr.
Gab es einen speziellen Anlass für
Ihre Jaeger-LeCoultre?
Ich hatte eine Folge „Voxtours extrem“
in Hawaii zu machen und eine in Norwegen. Da wollte ich eine Uhr haben,
die ich nicht ausziehen muss. Meine
Omega läuft zwar prima, ist aber nicht
wirklich wasserdicht. Dann habe ich
diese Master Compressor Geographic
gekauft, auch weil sie salzwasserverträglich ist. Das ist bei vielen Uhren ein
Warum tragen Sie Ihre Uhr rechts?
Keine Ahnung, ich habe sie schon als
Kind rechts getragen. Es hat mir nie jemand beigebracht, sie links zu tragen –
komisch. Meine erste Uhr war eine
Kienzle, die bekam ich zur Kommunion. Die gibt es auch noch irgendwo,
mein Vater hat sie aufgehoben. Und er
trägt die Uhr seines Vaters. Ich komme
aus einer Familie, in der alles weitervererbt wird.
▼
Wann haben Sie das letzte Mal mit
ihm gesprochen?
Das war im Zusammenhang mit dem
„RTL Spendenmarathon“ im letzten
November. Eines von den sechs Projekten ist mein Flüchtlingsprojekt ICT
(International Campaign for Tibet).
Wir konnten über eine Million Euro
sammeln und bauen davon ein Kinderdorf. Letzten Oktober sind wir nach
Dharamsala in Indien geflogen, um
dort tibetische Flüchtlingsdörfer zu filmen. Einmal im Monat empfängt der
Dalai Lama frisch angekommene
Flüchtlinge, die es über den Himalaja
geschafft haben. Bei dieser Audienz
konnte ich mit ihm sprechen. Und als
er letzten September seinen Ehrendoktor von der Uni Münster erhielt, habe
ich ihn auch interviewt.
in Asien gekauft habe. Die taiwanesischen Kopien sind mittlerweile auf
einem erschreckend hohen Niveau.
Irgendwie beängstigend: einerseits,
wie gut sie nachmachen, andererseits,
wie schamlos sie fälschen.
Zur Person
Hannes Jaenicke (Jahrgang 1960) verbrachte
einen Teil seiner Kindheit in Pittsburgh (Pennsylvania). Nach seiner Schauspielausbildung sieht
man Jaenicke 1984 zum ersten Mal auf Zelluloid, im Drama „Abwärts“. Seitdem spielt er die
unterschiedlichsten Rollen in deutschen und
amerikanischen Produktionen: Ob in Margarethe von Trottas „Rosa Luxemburg“ oder „Knockin’ on Heaven’s Door“, in der US-Serie „Highlander: The Raven“ oder an der Seite von Burt
Lancaster und Julie Christie in „Väter und Söhne“ – Hannes Jaenicke ist auf beiden Seiten des
Atlantiks zu Hause. Ruhe für das Schreiben von
Drehbüchern findet er vor allem in seinem
Strandhaus nahe Los Angeles. Hierzulande
spielt er in der RTL-Serie „Post Mortem“ den
Oberarzt Dr. Daniel Koch und steht auch wieder auf der Theaterbühne. Außerdem engagiert
sich Hannes Jaenicke für verschiedene Umweltund Menschenrechtsorganisationen, beispielsweise für die „International Campaign for Tibet“
(www.savetibet.org/de).

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