Gedichte - Erich Fried

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Gedichte - Erich Fried
Gedichte
Aufgabenstellung:
15 Gedichte Erich Frieds in einem Satz beschreiben, drei davon genauer analysieren
Auswahl der Werke aus: Erich Fried: Das Nahe suchen
Bernd Hollerit
Buchbesprechung: Erich Fried: Gedichte
INHALTSVERZEICHNIS
1
15 Gedichte und ihre Inhaltsangabe
3
1.1
Kleines Beispiel
3
1.2
Zahnzahlenmythos des 20. Jahrhunderts
3
1.3
Gesundes Volksempfinden
4
1.4
Ende gut
4
1.5
Verschlechterung
5
1.6
Katzenbewußtsein
5
1.7
Machbar?
5
1.8
Der Unbescholtene
6
1.9
Futurologie
6
1.10 Realistischer Realismus
7
1.11 Liebesbeziehungslosigkeit
7
1.12 Genügsamkeit
7
1.13 Unlogische und logische Schlüsse
8
1.14 Unaufhörlich
8
1.15 Zwei Haikus vom Krieg
9
2
Analyse
10
2.1
Wortwahl
10
2.2
Synthax
10
2.3
Biographie eines Autors
10
2.4
Zeithintergrund
10
3
Genauere Analyse
11
3.1
Kleines Beispiel
11
3.2
Zahnzahlenmythos
11
3.3
Katzenbewußtsein
11
Bernd Hollerit
2
Buchbesprechung: Erich Fried: Gedichte
1)
1.1
15 Gedichte und ihre Inhaltsangabe
Kleines Beispiel
Auch ungelebtes Leben
geht zu Ende
zwar vielleicht langsamer
wie eine Batterie
in einer Taschenlampe
die keiner benutzt
Aber das hilft nicht viel:
Wenn man (sagen wir einmal)
diese Taschenlampe
nach so- und so vielen Jahren
anknipsen will
kommt kein Atemzug Licht mehr heraus
und wenn du sie aufmachst
findest du nur deine Knochen
und falls du Pech hast auch diese
schon ganz zerfressen
Da hättest du
genau so gut
leuchten können
Zusammenfassung: Fried vergleicht ungelebtes Leben mit einer Taschenlampe, die nicht
leuchtet. Diese Taschenlampe - und damit auch das ungelebte Leben – halten zwar länger,
werden aber schwierig bis gar nicht wieder zum Leuchten gebracht werden.
1.2
Zahnzahlenmythos des 20. Jahrhunderts
Zweiunddreißig
der eine Zahn mehr
hieß Hitler
Der war zuviel
der war zu scharf
der hat wehgetan
Der ist zerschlagen
der ist verbrannt
der ist begraben
Der ist ausgesät:
kein harmloser
Drachenzahn
Zusammenfassung: Fried vergleicht in diesem angeblich in der Zwischenkriegszeit
begonnenen Gedicht Hitler mit einem gefährlichen Drachenzahn.
Bernd Hollerit
3
Buchbesprechung: Erich Fried: Gedichte
1.3
Gesundes Volksempfinden
Am langen Strick
der lose ohne zu würgen
um seinen Hals liegt
führt man einen vor die Soldaten
mit kurzgeschorenem Haar
mit zerbrochener Brille
mit zerrissenem Hemd
mit nacktern Unterleib
Der Lautsprecher ruft: „Der da
seht ihn euch ganz genau an
hat hier bei uns
die Folter abschaffen wollen!“
Allgemeines Gelächter
Witze und gutgelaunte
derbe Vorschläge
dann erst die ersten Steine
Zusammenfassung: Das für damalige Verhältnisse „gesunde Volksempfinden“ wird
geschildert: Jemand, der die Folter abschaffen wollte, wird verspottet und – gefoltert.
1.4
Ende gut
Als wir beschlossen hatten
nur jeden Dritten
zu Tode zu foltern
und die zwei anderen
einfach verhungern zu lassen
fanden sich Freunde
die ihre Stimme erhoben
und uns vorschlugen
für den Friedenspreis
Er wurde uns zuerkannt
und beim Lesen
der Liste derer
die ihn erhalten hatten
im Laufe der letzten Jahrzehnte
fanden wir das zuletzt
gar nicht komisch
sondern ganz einfach
eine unsrer würdige Ehrung
Zusammenfassung: Wieder werden die Werte der Zwischenkriegszeit geschildert. Für den
Vorschlag, jemanden nicht zu Tode zu foltern, sondern verhungern zu lassen, wird der
Friedenspreis beantragt.
Bernd Hollerit
4
Buchbesprechung: Erich Fried: Gedichte
1.5
Verschlechterung
Der singen wollte
will nur noch sprechen
Der sprechen wollte
Will nur noch klagen
Der klagen wollte
will nur noch weinen
Der weinen wollte
will nur noch schlafen
Der schlafen wollte
will nur noch sterben
Der sterben wollte
Will nur noch
einen von Denen
mitnehmen
Zusammenfassung: Fried zeigt, wie jemand seinen Gemütszustand immer weiter
Verschlechtern kann, vom Singen über das Weinen bis hin zum eigenen Tod und der
„Mitnahme von einem von Denen“
1.6
Katzenbewußtsein
Ab morgen rühre ich
keine einzige Maus mehr an
nur noch Ratten
und immer größere Vögel
Dann kommt das Kind an die Reihe
Also bin ich wieder ein Löwe
der bekanntlich
der König der Menschen ist
Dann gehen zunächst einmal
alle Hunde vor die Hunde
damit Ruhe und Ordnung herrscht
Dann wollen wir weitersehen
Zusammenfassung: Der Größenwahnsinn einer Katze wird angenommen: Sie begnügt sich
nicht mehr mit Mäusen, sondern will wieder ein Löwe sein - der König der Menschen – und
so gehen auch die störenden Hunde zu Grunde, also herrscht wieder Ruhe und Ordnung.
1.7
Machbar?
Seit die Maus
Eine tote Katze
Gesehen hat
In einer Rattenfalle
Plant sie die Revolution
Zusammenfassung: Hierbei handelt es sich um den Größenwahnsinn einer Maus, die in einer
durch eine Rattenfalle getöteten Katze die Chance zur Revolution wittert.
Bernd Hollerit
5
Buchbesprechung: Erich Fried: Gedichte
1.8
Der Unbescholtene
Ich habe noch nichts gestohlen
also bin ich ein ehrlicher Mensch
und noch kein Kind zerfleischt
also bin ich kein Wilder
und noch keinen Mann kastriert
also bin ich sehr gutmütig
und noch keine Frau vergewaltigt
also bin ich auch zärtlich
und noch überhaupt niemand erwürgt
also bin ich harmlos
ich war noch in keiner Anstalt
also bin ich normal
und ich bin noch nicht tot also bin ich lebendig
Aber ich habe noch nichts von meinem Leben gehabt
Zusammenfassung: Fried schildert sich bzw. das lyrische Ich als normalen,
durchschnittlichen, braven Bürger, der eben durch diese Bravheit noch nichts Aufregendes
erlebt hat.
1.9
Futurologie
Während sie
von einer Zwischenlösung
der Lebensprobleme ihrer Kinder
erfolgreich übergehen
zu Vorarbeiten an einer Theorie
zur Lösung
aller Probleme
der Kindeskinder
kommen sie
nicht umhin
aus alter Gewohnheit
an ihren eigenen Problemen
zu krepieren
Zusammenfassung: Es werden Menschen beschrieben, die sich ihr Leben lang nur um die
Probleme ihrer Kinder und Kindeskinder kümmerten und noch immer kümmern und dabei
langsam an ihren eigenen Problemen zu Grunde gehen.
Bernd Hollerit
6
Buchbesprechung: Erich Fried: Gedichte
1.10
Realistischer Realismus
Die ewigen
Wahrheiten
meiner Gedichte
langweilen mich
Wann
kommen endlich
ihre Irrtümer
Träume
und Lügen
Zusammenfassung: Fried lobt sich unterschwellig selbst, indem er die ewigen Wahrheiten
seiner Gedichte kritisiert und endlich einmal eigene Irrtümer aufdecken will.
1.11
Liebesbeziehungslosigkeit
Manchmal
liebe ich eine Zeile
Eines Gedichtes
das ich geschrieben habe
als hätte ich sie geschrieben
Ich weiß sogar
ich habe sie geschrieben
Aber das hilft mir nicht
denn ich schreibe Sie jetzt nicht
Die Zeile
die ich liebe
liebt mich nicht wieder
Zusammenfassung: Eine Existenzfrage Frieds: Er weiß, er hat eine geniale Gedichtszeile
geschrieben, bringt aber im Moment keine annähernd gute neue hervor. Was nützt ihm also
die schon existente Gedichtszeile?
1.12
Genügsamkeit
Es gibt eine Art Realismus
(nicht nur im Deutschen
doch dort besonders
in der schönen Literatur)
die anfängt mit der Erkenntnis
dass Exkremente stinken
und die nur selten hinausgeht
über diese Erkenntnis
Zusammenfassung: Fried beschreibt den Realismus einzig und allein als die Erkenntnis, dass
Exkremente stinken.
Bernd Hollerit
7
Buchbesprechung: Erich Fried: Gedichte
1.13
Unlogische und logische Schlüsse
Wenn ich glücklich wäre
könnt ich das
nicht schreiben
Wenn ich noch leben könnte
könnte ich das nicht schreiben
Wenn ich nicht lebte
könnte ich das nicht schreiben
Weil ich es schreibe
weiß ich
ich lebe noch
Weil ich noch lebe
kann ich vielleicht
noch leben
Weil ich noch leben kann
kann ich vielleicht
noch glücklich sein
Zusammenfassung: Hier stellt Fried einige logische und unlogische Schlüsse in den Raum.
1.14
Unaufhörlich
Dumm
Sich
Die Tränen
Zu trocknen
Bevor man
Aufhört
Zu weinen
Aber man muss sie
Trocknen
Zum zu versuchen
Ob man nicht doch
Aufhören kann
Zu weinen
Oder
Man darf
Überhaupt nicht mehr
Aufhören
Wollen
Zu weinen
Zusammenfassung: Fried kritisiert die Tatsache, dass man sich die Tränen trocknet, während
man weint. Es kommen ja wieder Tränen nach, die getrocknet werden müssen, warum also
sollte man sich die „Arbeit“ nicht ersparen?
Bernd Hollerit
8
Buchbesprechung: Erich Fried: Gedichte
1.15
Zwei Haikus vom Krieg
„Kämpft gegen den Krieg!“
Hunderttausend sagten doch:
„Warum grade ich?“
Als der Rauchpilz stieg
Hunderttausend fragten noch:
„Warum grade mich?“
Zusammenfassung: Fried meint, dass es dem, der nicht gegen den Krieg kämpfe Recht
geschieht, wenn sie dessen Auswirkungen zu spüren bekommen.
Bernd Hollerit
9
Buchbesprechung: Erich Fried: Gedichte
2)
Analyse
Meine nachfolgenden Gedichtsanalysen basieren auf den „Hinweisen zur Interpretation
lyrischer Texte“. Da Frieds Gedichte in den Belangen Wortwahl, Syntax und natürlich
Biografie des Autors sowie Zeithintergrund fast bis vollkommen ident sind, werde ich auf das
genannte einmal analysieren und „nur“ die inhaltliche und phonetische Ebene dreimal
gesondert ausführen. Sollte dies zu einer Degradierung meiner Leistung führen, bitte ich um
Erlaubnis zur Neubearbeitung.
2.1
Wortwahl: Fried verwendet auch für heute Verhältnisse leicht verständliches
Vokabular. Er bedient sich außerdem gerne Metaphern und Vergleichen, die leicht
nachvollziehbar sind.
2.2
Syntax: Selten findet sich ein vollständiger Satz in Frieds Gedichten, denn obwohl
er grammatikalisch korrekt vorgeht, benutzt er hauptsächlich Ellipsen, die aber dem
Verständnis seiner Aussagen nicht entgegenwirken.
2.3
Biografie des Autors: Erich Fried, geboren 1921 in Wien und dort aufgewachsen.
1938 Flucht vor den Nazis nach London, mit Gelegenheitsarbeiten hält er sich über Wasser.
Nach dem Krieg bis 1968 Kommentator im deutschen BBC-Programm. Ab 1963 Mitglied der
„Gruppe 47“. Die ersten Shakespeare-Übersetzungen entstehen. 1966 löst der Band und
Vietnam und eine lang andauernde Diskussion über das politische Gedicht aus. In den
folgenden Jahren ergreift Fried in vielen politischen Fragen Partei und wird in der Folge mit
Verleumdungen, Zensur und gerichtlichen Klagen überzogen. Erst als über Sechzigjährigen
erreichen ihn Ruhm und Preise. Schon lange schwer krank, stirbt er 1988 während einer
Lesereise.
2.4 Zeithintergrund: Die meisten Gedichte Frieds sind zeitlos, einigen merkt man aber
doch ihren Zeithintergrund der Zwischenkriegszeit, des 2. Weltkriegs und der Nachkriegszeit
an.
Bernd Hollerit
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Buchbesprechung: Erich Fried: Gedichte
3)
Genauere Analyse
3.1
Kleines Beispiel
Wie schon in meiner Zusammenfassung beschrieben, vergleicht Fried ungelebtes Leben mit
einer Taschenlampe, die nicht leuchtet. Diese Taschenlampe - und damit auch das ungelebte
Leben – halten zwar länger, werden aber schwierig bis gar nicht wieder zum Leuchten
gebracht werden. Auf phonetischer Ebene fallen weder Reime noch Rhythmus noch Metrum
auf. Meiner Ansicht nach handelt es sich hierbei um ein zeitloses Gedicht, das von einem
nachkriegszeitlichen Gedanken (vgl. „lebensunwertes Leben“) zu einer Lebensphilosophie
Frieds wird.
3.2
Zahnzahlenmythos des 20. Jahrhunderts
Hier spricht Fried die Zwischenkriegszeit direkt an. Er beschreibt Hitler als überflüssigen,
schmerzenden Drachenzahn. Da das Gedicht angeblich schon in der Zwischenkriegszeit
begonnen wurde, könnte man meinen, Fried sah Hitlers Untergang voraus. Ich denke aber
eher, dass zumindest die letzten zwei, wenn nicht drei Strophen nach Hitlers Tod entstanden
sind. Das Werk ist zum größten Teil rhythmisch, aber in Prosa gehalten.
3.3
Katzenbewußtsein
Fried schildert den Größenwahnsinn einer Katze, die wieder Löwe sein will und glaubt, so
sowohl Menschen und Hunde beherrschen zu werden. Es handelt sich um ein weiteres
Gedicht Frieds, das weder Reim noch Rhythmus enthält.
Bernd Hollerit
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