saaltext s.farassat - lichtbildkunst

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saaltext s.farassat - lichtbildkunst
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lichtbildkunst / 4
sissi farassat
sissi farassat
publikationen und rezensionen (auswahl)
geboren 16.05.1969 in teheran, iran,
1978 übersiedlung nach wien,
seit 1991 als freie fotografin tätig
2003
»mehr als ein auffälliges format«, ursula graf, in:
standard, 02.01.2003
»von foto rückseiten und foto-kleidern.
zu arbeiten von sissi farassat«, gisela steinlechner, in: fotogeschichte 87/2003, marburg.
ausstellungen, wettbewerbe, stipendien
2003
new york stipendium des bundeskanzleramtes,
wien
2002
design now. austria, haramuseum, tokyo
differing views, unit f, wien
2001
verschiedene welten, fotohof, salzburg
what is architecture, architekturzentrum wien
im osten nichts neues, k/haus passagengalerie,
wien
innere szene wien, nomi galerie, st.petersburg
russland museum der kunst, pärnu, estland
lichtmarke passinger fabrik, münchen
2000
expo hannover-eisfabrik, hannover
time, live, solidarity, documenta seoul
i love fashion, ffwd galerie, berlin
1999
quenns report, semper depot, akademie der bildenden kunst, wien
fast forward, künstlerhaus wien
1998
ich, ich immer ich, cult galerie, wien
förderungspreis des bundeskanzleramtes, sektion
kunst
1997
portraits v, cité internationale des arts, paris
1996
portraits iv, fotogalerie im wuk, wien
1994
parisstipendium des bm:wfk (ministerium für
kunst)
2001
»sioseh, sissi farassats fotozeitschrift mit ablaufdatum«, anton holzer, in: wiener zeitung, extra,
30/31.03.2001.
»dreiunddreißig heißt sioseh, die kleinste fotozeitschrift der welt«, timm starl, in: frankfurter
allgemeine zeitung, 16.03.2001.
2000
zoo, issue 4, london.
1999
octogon, 1999/4, budapest.
»am markt vorbeigeknipst«, timm starl, in:
frankfurter allgemeine zeitung, 13.11.1999.
»sissi farassats richtige fehler«, christian muhr,
in: eikon intern. zeitschr. für fotografie & medienkunst heft 26/27, februar 1999.
michael maile
sissi farassat – seht her, seht meine wunden!
wer fotografiert, zeigt sein inneres.
leuchtkästen sind uns vor allem aus der werbung
vertraut. mit ihnen soll etwas gezeigt werden. ein
leuchtkasten zeigt jedoch nichts von sich, er lässt
nur anderes erleuchten. auch unter ungünstigen
lichtverhältnissen, nämlich in der nacht, soll unsere aufmerksamkeit auf das präsentierte gelenkt
werden. an frei zugänglichen orten in der öffentlichkeit platziert und selbst aus einer großen distanz wahrnehmbar sind sie ständig präsent.
bei sissi farassat ist alles anders.
bei ihr ist der leuchtkasten ein dunkler kasten.
erst der betrachter bringt – wenn er denn möchte
– das bild zum leuchten, das bild erscheint erst
auf anforderung. sie zeigt uns intime, heimliche
szenen, erzählt von wünschen. wir befinden uns
auf einmal in der situation des voyeurs. wir beobachten eine auf dem bett liegende frau in einer
haltung, die ausdrückt: komm näher. wir kommen
näher – und das bild verschwindet. farassat zwingt
uns, abstand zu halten: wer zu nah herantritt, für
den verschwindet das bild. nur wer distanz wahrt,
sieht. sie schafft eine direkte beziehung zwischen
dem betrachtenden und dem objekt. sie zeigt dem
betrachter eine klare grenze, an der seine neugierde zu enden hat. das spannung erweckende
bild nutzt sie als lockvogel, um dem betrachter
sich seines eigenen voyeurismus bewusst werden zu lassen.
sissi farassat bestickt fotografien mit glänzenden, farbigen pailetten. großflächig überzieht sie
den fotografischen papierabzug mit den kleinen
plättchen aus metall oder kunststoff, aus transparentem oder eingefärbtem material. einzelne bildareale spart sie aus und lässt dort das fotografische bild erkennbar, meistens sind es körper und
gesichter. teilweise lassen die pailetten eine
räumliche situation erahnen oder greifen bildinhalte auf. durch die verwendung von transparentem
material mit unterschiedlicher farbigkeit verdeckt
oder betont sie den hintergrund. in anderen beispielen eliminiert farassat alles, was einen hinweis auf räumliche merkmale vorspielen könnte,
schafft eine homogene fläche.
es sind aber immer grob auflösende »bilder«,
die sie – bedingt durch die größe der pailetten –
uns präsentiert. manchmal wirken im gegensatz
dazu die fotografischen bildelemente fast verloren
und erdrückt. in anderen beispielen wie etwa in
‚rio 1’ bilden hintergrund und personendarstellung
ein harmonisches, irritierendes ganzes, fast so,
als ob der dargestellte vor einem theatervorhang
steht, der mit pailetten bestickt ist. der größe der
pailetten stellt farassat als kontrast die feine auflösung des fotopapieres gegenüber. das fast
malerisch wirkende bild der fotografierten jungen
frau in ‚grün’ wird durch die grobe auflösung der
pailettenumgebung in einen unruhigen zustand
versetzt.
je nachdem, wie man sich als betrachter dem
foto gegenüber verhält, bewegt, fängt das bild an
zu flimmern, es entsteht ein eindruck von lebendigkeit durch die sich verändernden lichtspiegelungen. versucht man üblicherweise die lichtreflexionen auf der hochglanzoberfläche des fotoabzugs zu vermeiden, etwa durch eine günstige aufhängung und lichtregie, spielen die pailettenbilder
von sissi farassat mit eben dieser lichtreflexion,
nutzen die lichtsituation als bestandteil des bildes. zwischen den abgebildeten personen und
der sie umgebenden glitzerwelt entsteht eine
mehrdeutige, ungewöhnliche spannung. diesem
nach aussen gerichteten effekt des glanzes und
des schönen scheins sind die teilweise intimen
und verletzbaren personendarstellungen gegenüber gestellt.
wer mit hochglanzbildern umgeht, kennt deren
empfindliche oberfläche. allein schon die vorstellung, diese oberfläche mit nadelstichen zu traktieren, erzeugt ein beklemmendes gefühl. aber:
schönheit muss leiden. die bildhaften vorstellungen um das ‚schöne’ zeugen davon: spritzen,
schneiden, pumpen, saugen, nähen – alles tätigkeiten, die erstmal schmerzen verursachen. das
schöne bild verdeckt diese verletzungen, die erst
durch einen blick hinter die kulissen offenbart
werden. ein blick auf die rückseite der fotos zeigt
das muster der einstiche, zeigt die spuren der
schönheit. sissi farassat nutzt diese malträtierte
rückseite des fotografischen bildes. rückseiten
waren schon immer für das verständnis eines bildes relevant, waren schon immer ‚bedeutungstragende’ flächen. jeder kennt diese erfahrung, wenn
er eine abgebildete person auf einem foto oder
die dargestellte situation durch einen text auf der
rückseite fixieren möchte für spätere zeiten und
um mögliche missverständnisse zu vermeiden.
sissi farassat inszeniert sich und befreundete
personen immer wieder neu in ihren bildern. sich
selbst inszenieren heisst auch: sich selbst behaupten – und dies tut sissi farassat in zweierlei
hinsicht. einerseits ist jedes bild eine behauptung
im sinne einer aussage: so bin ich, ich bins, schau
mich an, so sollt ihr mich sehen oder: so ist er.
andererseits meint behaupten auch: standhalten,
sich behaupten, grenzen zeigen. sissi farassat
schmückt ihre hauptdarsteller mit den symbolen
und insignien der werbewelt wie leuchtkästen
und glitzer, grellen farben und malerischen effekten. sie zeigt uns aber auch eindrucksvoll die
grenzen dieser öffentlich dargestellten intimität
und die verborgenen narben der schönheit, seht
her, seht meine wunden!
ausgestellte exponate (mai 2003)
lfd. nr.
titel
jahr
format
preis in euro
1
2
3
sissi liegt mit bewegungssensor
it´s wonderful, 2-teilig aus kupfer
laura und mohammed
2002
2001
1999
30 x 44 cm
33 x 20 cm
60 x 40 cm
1.500 e
1.800 e
2.000 e
4
sioseh 1,3-19 inkl. sammelbox
sioseh'19 und 14, 15, 16, 18 (einzelhefte)
5
6
7
8
9
10
it’s wonderful 1
it’s wonderful 2
aufwachen 1
aufwachen 2
aufwachen 3
aufwachen 4
2001
2001
2003
2003
2003
2003
ca. din a 5
ca. din a 5
13 x 18 cm
13 x 18 cm
13 x 18 cm
13 x 18 cm
11
12
13
14
wieder ich 1
wieder ich 2
torte/geist
leopoldmuseum
2002
2002
2002
1999
44
44
44
44
x
x
x
x
64
64
64
64
15
16
17
18
19
20
beine
rio 1
chinesin
model
livia
grün
2003
1999
2000
2002
2002
2002
52
52
78
30
30
52
x
x
x
x
x
x
78
78
52
44
44
78
21
22
23
24
25
26
27
livia gelb
barfrau
palme
schleier
traum
frau im wald
o.t.
2001
2001
2001
2001
2001
2001
2001
ca.
ca.
ca.
ca.
ca.
ca.
ca.
din
din
din
din
din
din
din
28
plakatserie in leinenmappe
lim.3 stück
1.000 e
je 10,90 e
250
250
250
250
250
250
e
e
e
e
e
e
cm
cm
cm
cm
900
900
900
1.300
e
e
e
e
cm
cm
cm
cm
cm
cm
3.500
2.500
2.500
1.900
1.900
3.000
e
e
e
e
e
e
250
250
250
250
250
250
250
e
e
e
e
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a
a
a
a
a
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a
5
5
5
5
5
5
5
580 e
lichtbildkunst
die reihe »lichtbildkunst«
dokumentiert aktuelle fotografische haltungen und
lotet die möglichkeiten und
grenzen des mediums fotografie aus. in regelmäßigen
abständen werden fotografische arbeiten zeitgenössischer künstlerinnen und
künstler gezeigt.
die ausstellungen finden statt
in den räumen der firma
schwenk gmbh & co. kg in
unterensingen.
konzeption und organisation
michael maile, nürtingen
gestaltungskonzeption und
produktionsüberwachung
ina ludwig, stuttgart
kontakt
michael maile, nürtingen
fon (01 70) 35 31 763
[email protected]
© maile 2003
dank
pit aurenz
matthias franz
monika krichenbauer &
christian fritsche
ina ludwig
gülsen und gerhard schwenk
beate steinhilber
paul steinhilber & björn früh

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