projektraum viktor bucher: Sissi Farassat – Return to Sender Es ist

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projektraum viktor bucher: Sissi Farassat – Return to Sender Es ist
projektraum viktor bucher: Sissi Farassat – Return to Sender
Es ist was es ist
Vielschichtig sind die Medien und Materialien, die Sissi Farassat in ihren Arbeiten benutzt:
die bekannten Paillettenbilder, Leuchtkisten, verfremdete Fotos, Collagen, voll gezeichnetes
Einwickelpapier von Orangen – und schließlich jene Serie von Postkarten, die der
Ausstellung den Titel gibt.
Diese im Verlauf eines New York Aufenthalts 1993 verfassten Karten hat Sissi Farassat an
sich selbst gesendet, dabei stand erstmals die Sprache als Medium im Vordergrund. Die
Karten enthalten die typischen banalen Wendungen, „Das Wetter ist heute unglaublich“,
haben teilweise Tagebuch-Charakter, beinhalten aber auch fragmentarische Notizen:
„Vollmond, Neumond, Halbmond, Mondfinsternis“. Wo sie nicht mit Schriftzeichen gefüllt
sind, finden sich gezeichnete Insekten, Striche, Gekritzel, aufgeklebte Portraitfotos,
ausgeschnittene Bilder u.ä. Die anachronistische Gewohnheit des Schreibens von
Ansichtskarten wird so selbstreflexiv eingesetzt, im Kontext der Ausstellung als Kunst
rezipiert, aber nicht ökonomisch verwertet, da die Karten nicht zu kaufen sind.
Gibt es etwas Gemeinsames in all diesen Arbeiten?
Das Motiv ist fast ausschließlich die Künstlerin selbst, manchmal auch Familienmitglieder
oder Freunde – immer in alltäglichen Situationen, so auch am Friedhof, am Grab eines
Verwandten sieht man zwei Flöten-spielende kleine Mädchen. Selbstporträts und
Frauenkörper, Rückbezüglichkeit, ein Oszillieren zwischen privatem Einblick, Alltag und
distanziertem Blick, ein Beharren auf dem Individuellen. Auch sind alle Werke nachträglich
manuell bearbeitet. Bestickt mit kleinteiligen Pailletten, versehen mit zahllosen Zierrändern,
die einzelne Passfotos umgeben und einfassen, die vollgeräumten Ansichtskarten – sie
erinnern an byzantinische Mosaikarbeiten, an orientalische Teppichbilder und Knüpfmuster.
Das in ihren Arbeiten immer wieder wesentliche Element des Konzeptuellen ist hier nicht
erfahrbar, dies erschließt sich über Hintergrundinformationen und Lektüre, wird in dieser
Ausstellung jedoch nicht sichtbar gemacht.
Jedenfalls: Es ist was es ist. Sissi Farassat unbefangen über Sissi Farassat und ihre
jeweilige Umgebung, Familie, Lebenswelt. Nicht mehr und nicht weniger.
(1020 Wien, Praterstraße 13, bis 7. November 2006)
www.projektraum.at
alice schmatzberger