Fragen und Antworten zum Fall der Arctic Sunrise

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Fragen und Antworten zum Fall der Arctic Sunrise
Rechtsanwälte Günther
Partnerschaft
Michael Günther *
Hans-Gerd Heidel * 1
Dr. Ulrich Wollenteit * 2
Martin Hack LL.M. (Stockholm) * 2
Clara Goldmann LL.M. (Sydney) *
Dr. Michéle John *
Dr. Dirk Legler LL.M. (Cape Town) *
Dr. Roda Verheyen LL.M. (London) *
Dr. Cathrin Zengerling LL.M. (Ann Arbor)
1
Fachanwalt für Familienrecht
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
* Partner der Partnerschaft
AG Hamburg PR 582
2
Fragen und Antworten zum Fall der
„Arctic Sunrise“
Postfach 130473
20104 Hamburg
Mittelweg 150
20148 Hamburg
Verhandlung am 6.November 2013
vor dem Internationalen Seegerichtshof
Tel.: 040-278494-0
Fax: 040-278494-99
Email: [email protected]
www.rae-guenther.de
04.11.2013
13/0730S/C/rv
Sekretariat: Frau Drzewiecki
Tel.: 040-278494-11
1. Um was geht es bei der Verhandlung vor dem Internationalen Seegerichtshof?
In der mündlichen Verhandlung am 6. November vor dem Internationalen Seegerichtshof (= International Tribunal for the Law of the Sea, ITLOS) geht es
um den Erlass einer einstweiligen Anordnung, den die Niederlande am 21. Oktober 2013 beantragt haben („provisional measures“-Verfahren). Im Einzelnen
soll der Internationale Seegerichtshof (sinngemäß) anordnen, dass Russland
unverzüglich die „Arctic Sunrise“ und deren Besatzung freilässt, alle gerichtlichen und administrativen Verfahren aussetzt und sicherstellt, dass keine weiteren Handlungen unternommen werden, die den Streit verschlimmern oder ausweiten (Request for the Prescription of Provisional Measures under Article
290, Paragraph 5 of the UNCLOS1, 23. October 2013, para 47, abrufbar unter
www.itlos.org, Case No. 22).
1
UNCLOS : UN Convention on the Law of the Sea = Seerechtsübereinkommen, SRÜ
Buslinie 109, Haltestelle Böttgerstraße Fern- und S-Bahnhof Dammtor Parkhaus Brodersweg
Hamburger Sparkasse
BLZ 200 505 50
Kto.-Nr. 1022 250 383
Commerzbank AG
BLZ 200 800 00
Kto.-Nr. 4000 262 00
GLS Bank
BLZ 430 609 67
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Anderkonto: Commerzbank AG, BLZ 200 800 00, Kto.-Nr. 4000 262 02
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-2Das Verfahren des einstweiligen (also Eil-) Rechtsschutzes ist zu unterscheiden
von dem am 4. Oktober 2013 von den Niederlanden in Gang gesetzten Hauptsacheverfahren (Submission of Dispute to Arbitration, 4 October 2013, abrufbar als Annex 1 zum Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz unter
www.itlos.org, Case No. 22). In diesem Schiedsverfahren beantragten die Niederlande, dass das Schiedsgericht feststellt, dass Russland durch das Entern der
„Arctic Sunrise“ und weitere Handlungen das Seerechtsübereinkommen (unter
anderem Freiheit der Schifffahrt, Artikel 58 Abs. 1 und Artikel 87 Abs. 1a
SRÜ), Völkergewohnheitsrecht und den Internationalen Pakt über bürgerliche
und politische Rechte (Recht auf Freiheit und Sicherheit, Artikel 9 Zivilpakt;
Recht auf Freizügigkeit, Artikel 12 Abs. 2 Zivilpakt) verletzt hat. Weiter soll
das Schiedsgericht unter anderem feststellen, dass diese Rechtsverletzungen
völkerrechtswidriges Handeln („internationally wrongful acts“) darstellen, für
die Russland international verantwortlich ist und die Niederlande zu entschädigen hat.
2. Welche Erfolgsaussichten hat der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz der niederländischen Regierung?
Die Erfolgsaussichten sind schwer vorherzusagen.
Unsere rechtliche Analyse ergibt aber, dass der Seegerichtshof die Freilassung
der „Arctic Sunrise“ und der Besatzung anordnen muss.
Inhaltlich ergibt sich dies daraus, dass die Maßnahmen Russlands ohne
Rechtsgrundlage im Völkerrecht und zudem unverhältnismäßig sind. Russland
hatte kein Recht, das unter niederländischer Flagge fahrende Schiff in seiner
AWZ (Ausschließliche Wirtschaftszone) zu zwingen, in einen russischen Hafen zu fahren und dann die Besatzung zu inhaftieren. Das SRÜ und Gewohnheitsrecht legen die ausschließliche Zuständigkeit des Flaggenstaates im Hinblick auf Rechtsausübung und die Freiheit der Schifffahrt auf der Hohen
See/AWZ eindeutig fest. Ausnahmen sind im SRÜ eng formuliert und lediglich
dann gegeben, wenn etwa ein Schiff das Meer verschmutzt oder illegalen
Fischfang betreibt (Artikel 110 und 73 SRÜ). Diese Bedingungen waren bei
der „Arctic Sunrise“ nicht erfüllt. Zu keinem Zeitpunkt konnten die Aktivitäten
der „Arctic Sunrise“ rechtlich als Piraterie interpretiert werden, was rechtlich
eine Festnahme von Schiff und Besatzung hätte rechtfertigen können.
Die fortgesetzte Inhaftierung der Besatzung verstößt zudem gegen Menschenrechte. Weitere und detailliertere Argumente enthält die von Greenpeace International vorgelegte inhaltliche Stellungnahme (amicus curae brief2).
2
Dieser ist einsehbar unter: http://www.greenpeace.org/international/en/news/features/legalexperts-on-arctic-sunrise/
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-3Der Internationale Seegerichtshof hat bereits in zahlreichen Verfahren auf Antrag von Flaggenstaaten die Freilassung von Schiffen und Besatzung angeordnet, die von Kuሷstenstaaten festgehalten worden waren. Russland war in der
Vergangenheit in drei dieser Eilverfahren („prompt release“-Verfahren) vor
dem Internationalen Seegerichtshof selbst Partei (Fälle Nr. 11, 14 und 15). Im
Fall Nr. 11 (Volga Case) erstritt Russland erfolgreich die sofortige Freilassung
des Schiffes „Volga“ und seiner Besatzung. Die „Volga“ war von australischen
Behörden wegen illegalen Fischfangs in der australischen AWZ festgehalten
worden. Im Fall Nr. 14 (Hoshimaru Case) ordnete der Seegerichtshof auf Antrag Japans gegen Russland die sofortige Freilassung des Schiffes „Hoshimaru“
und seiner Besatzung gegen Zahlung einer Kaution an. Hier hatten russische
Behörden das Schiff wegen illegalen Fischfangs in der russischen AWZ beschlagnahmt und die Besatzung verhaftet. Russland entließ Besatzung und
Schiff am Tag der Zahlung der Kaution (Presseerklärung ITLOS/Press 114).
Das Verfahren der „Arctic Sunrise“ ist kein solches sogenanntes „prompt release“-Verfahren, diesem jedoch hinsichtlich des Antrags auf unverzügliche
Freilassung sehr ähnlich.
3. Wann ist mit einem Beschluss über den Antrag der Niederlande auf
einstweiligen Rechtsschutz zu rechnen?
Die Verfahrensvorschriften des Seegerichtshofs nennen keine bestimmte Frist
zur Bescheidung eines Antrags. Allerdings soll die Anhörung zum frühestmöglichen Termin stattfinden (Artikel 90 Abs. 2 ITLOS Rules of the Tribunal). In
der Vergangenheit hat der Seegerichtshof über Anträge auf einstweiligen
Rechtsschutz („provisional measures“-Verfahren) innerhalb von drei bis maximal vier Wochen entschieden. Die Entscheidung sollte damit bis zum 21.
November 2013 vorliegen.
4.
a) Welche Folgen hätte ein Beschluss, der der niederländischen Regierung Recht gibt?
Falls der Seegerichtshof dem Antrag der Niederlande folgt und die Freilassung
der „Arctic Sunrise“ und deren Besatzung verfügt, ist Russland völkerrechtlich
verpflichtet, der Anordnung nachzukommen (Artikel 290 Abs. 6 SRÜ). Die
Entscheidung des Seegerichtshofs ist endgültig, es gibt keine Berufungs- oder
Revisionsinstanz. Der Seegerichtshof kann, anders als etwa nationale Gerichte,
seine Entscheidungen jedoch nicht mit Zwangsmaßnahmen vollstrecken. Das
eingeleitete Schiedsverfahren zur Hauptsache würde daneben fortgesetzt werden, da eine einstweilige Anordnung nur eine vorläufige Entscheidung ist.
b) Was bedeutet es für Schiff und Crew von Greenpeace, wenn dem An-
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-4trag nicht stattgegeben wird?
Wenn der Seegerichtshof die beantragte Anordnung nicht erlässt, können die
Niederlande auf der Basis von neuem Sachvortrag erneut den Erlass von „provisional measures“ beantragen (Artikel 92 ITLOS Rules). Daneben läuft das
Schiedsverfahren in der Hauptsache mit den entsprechenden Anträgen weiter.
5. Russland hat erklärt, ein Urteil des Seegerichtshofes in dieser Angelegenheit nicht anzuerkennen. Wie kann das sein - ist Russland als Vertragsstaat nicht verpflichtet dazu?
Vorweg: Der Internationale Seegerichtshof kann auch dann, wenn Russland
weiterhin die Teilnahme am Verfahren verweigert, also auch nicht zur Anhörung erscheint, das Verfahren fortsetzen. Voraussetzung ist nur, dass sich der
Seegerichtshof für zuständig hält. In diesem Fall würde er auf Grundlage des
Vortrags der Niederlande zu Tatsachen und Recht über den Antrag auf Freilassung entscheiden (Artikel 28 des Statuts des Internationalen Seegerichtshofs).
Russland begründet seine Weigerung an der Teilnahme am Schiedsverfahren
und auch am Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Internationalen Seegerichtshof mit einer Erklärung, die es bei der Ratifizierung3 des Seerechtsübereinkommens am 26. Februar 1997 abgegeben hat (Stellungnahme
Russlands vom 22. Oktober 2013, abrufbar unter www.itlos.org, Case No. 22).
Eine solche Ausnahmeerklärung ist nach Art. 298 SRÜ erlaubt und setzt den
Grundsatz um, dass Staaten sich nur freiwillig und ggf. auch mit Ausnahmen
einer internationalen Gerichtsbarkeit unterwerfen müssen. Genau dieser
Grundsatz ist eines der Hauptprobleme im Völkerrecht.
Nach dieser Erklärung unterwirft sich Russland bei bestimmten Streitigkeiten
nicht den Streitbeilegungsmechanismen des Seerechtsübereinkommens, also
auch nicht dem Seegerichtshof. Die Niederlande argumentieren, dass der Fall
der „Arctic Sunrise“ von diesen ausgenommenen Verfahren nicht erfasst werde, ein Schiedsgericht und der Internationale Seegerichtshof also zuständig
sind, über die Anträge der Niederlande zu entscheiden.
6. Welche Position vertritt Russland, und was sagen Sie dazu?
Eine Stellungnahme ist hier etwas kompliziert: Russland erklärte bei der Ratifizierung des Seerechtsübereinkommens, dass es „in Übereinstimmung mit
Artikel 298 SRÜ“ Streitbeilegungsverfahren, die rechtsverbindliche Entscheidungen zur Folge haben – dazu gehören das „provisional measures“-Verfahren
und das Schiedsverfahren – in bestimmten Streitfällen nicht anerkennt. Zu die3
Ratifizierung = Die völkerrechtlich verbindliche Erklärung des Abschlusses eines völkerrechtlichen Vertrages durch die Vertragsparteien, normalerweise durch das jeweilige Staatsoberhaupt.
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-5sen Streitfällen zählen nach der Erklärung Russlands „disputes concerning lawenforcement activities in regard to the exercise of sovereign rights or jurisdiction“ also Streitigkeiten über Maßnahmen der Rechtsdurchsetzung bezogen auf
die Ausübung souveräner Rechte oder Zuständigkeiten.
Artikel 298 SRÜ räumt den Staaten tatsächlich das Recht ein, zu erklären, dass
sie sich in bestimmten, von dem Seerechtsübereinkommen vorgegebenen
Streitfällen, den rechtsverbindlichen Streitbeilegungsverfahren nicht unterwerfen. Diese ausschließbaren Streitfälle sind abschließend in Artikel 298 SRÜ
aufgezählt. Die Ausnahme, auf die sich Russland in seiner Erklärung beruft,
lautet eigentlich wie folgt:
„disputes concerning law enforcement activities in regard to the exercise of sovereign rights or jurisdiction excluded from the jurisdiction of
a court or tribunal under article 297, paragraph 2 or 3“ (Artikel 298
Abs. 1b SRÜ)
Art. 297 Absatz 2 und 3 beziehen sich ausdrücklich und nur auf Streitigkeiten
im Hinblick auf Forschung („Disputes concerning the interpretation or application of the provisions of this Convention with regard to marine scientific research“) und Fischerei (Disputes concerning the interpretation or application of
the provisions of this Convention with regard to fisheries).
Russland „unterschlägt“ dies in seiner Erklärung. Um Sachverhalte im Hinblick auf Forschung oder Fischerei geht es im Fall der „Arctic Sunrise“ eindeutig nicht.
Die Niederlande argumentieren richtig, dass die Erklärung Russlands insoweit
unwirksam ist, wie sie über den von Artikel 298 Abs. 1b SRÜ gesteckten
Rahmen hinausgeht. Im Fall der „Arctic Sunrise“ kann sich Russland damit
nicht erfolgreich auf seine Erklärung bei der Ratifizierung berufen.
Im Ergebnis ist daher das Schiedsgericht für das Hauptsacheverfahren zuständig und der Seegerichtshof für das „provisional measure“-Verfahren.
Gestützt wird diese Argumentation zusätzlich dadurch, dass das Seerechtsübereinkommen ausdrücklich regelt, dass Staaten keine Vorbehalte anmelden dürfen, die nicht ausdrücklich im SRÜ vorgesehen sind (Artikel 309 SRÜ). Die
Niederlande wiederum haben bei ihrer Ratifizierung erklärt, dass sie jeder Erklärung anderer Staaten widersprechen, die die Rechtswirkung des SRÜ einschränken oder modifizieren. Sie widersprachen also der zu weit gehenden
Ausnahmeerklärung Russlands.
Diese Position vertreten inzwischen auch namhafte Seerechtler, wie etwa Prof.
Doris König, Präsidentin der Bucerius Law School in Hamburg.
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7. Welche Rolle spielt Greenpeace bei der Verhandlung? Haben Sie Anwälte vor Ort?
Greenpeace hat bisher formell keine Rolle im Verfahren. Greenpeace International hat einen Vermerk angefertigt, in dem der Ablauf des Geschehens vom
18. September bis 17. Oktober 2013 detailliert dokumentiert ist. Diesen Vermerk haben die Niederlande als Annex zu ihrem Antrag mit in das Schiedsverfahren (Hauptsacheverfahren) und auch in das „provisional measures“Verfahren eingebracht. Greenpeace International hat zudem eine rechtlichinhaltliche Stellungnahme in das „provisional measures“-Verfahren eingebracht (amicus curae brief4). Das ist in den Verfahrensvorschriften des Seegerichtshof zwar nicht explizit vorgesehen. Der Seegerichtshof hat aber in einem
Beratungsverfahren (ITLOS Case No. 17) bereits eine Stellungnahme von
Greenpeace International und dem WWF angenommen und auf seiner Internetseite zum entsprechenden Verfahren veröffentlicht. Im Hauptsacheverfahren
könnten beteiligte Greenpeace-Aktivisten als Zeugen vernommen werden.
Jasper Teulings, Leiter des GP International Legal Team und Rechtsanwalt
Daniel Simons von Greenpeace International werden als Beobachter an dem
hearing teilnehmen. Auch die Greenpeace Deutschland Anwälte Michael Günther, Dr. Roda Verheyen und Dr. Cathrin Zengerling werden als Beobachter
teilnehmen.
8. Gab es in der Vergangenheit vergleichbare Fälle?
Wie oben unter Frage 2 dargestellt, hat der Seegerichtshof in einigen „prompt
release“-Verfahren die Freilassung von Schiffen und Crew angeordnet. Russland war im Fall Nr. 14 (Hoshimaru Case) Adressat einer solchen Anordnung
und hat Schiff und Crew am Tag der Zahlung der Kaution freigelassen. Der
Seegerichtshof hat auch in einigen Verfahren „provisional measures“ angeordnet. In keinem dieser Fälle ging es um einen der Greenpeace-Aktion unmittelbar vergleichbaren Sachverhalt.
In den „prompt release“-Fällen hatten alle Schiffe unstreitig in den Außenwirtschaftszonen illegal Fisch gefangen. Im Gegensatz zum Fall der „Arctic Sunrise“ wurden dort tatsächlich Meeresressourcen, deren primäre Nutzung nach
dem Seerechtsübereinkommen dem Küstenstaat zusteht, geschädigt. Wenn der
Seegerichtshof die Freilassung von Schiff und Crew anordnen kann, die Küstenstaaten zustehende Meeresressourcen geschädigt haben, muss er erst recht
die Freilassung der „Arctic Sunrise“ und ihrer Crew anordnen können.
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Dieser ist einsehbar unter: http://www.greenpeace.org/international/en/news/features/legalexperts-on-arctic-sunrise/
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-7Die Greenpeace Aktivisten haben lediglich versucht, ein Plakat an der Ölplattform anzubringen. Die Aktion war umfassend friedlich, die Ölplattform wurde
in keiner Weise beschädigt. Die Festnahme und Verhaftung der Aktivisten war
und ist völlig unverhältnismäßig. Die Greenpeace Aktion diente gerade auch
dem Zweck den Küstenstaat Russland auf seine Meeresschutzpflichten nach
dem SRÜ in der AWZ aufmerksam zu machen.
9. Gibt es auch Klagen zu diesem Fall vor anderen internationalen Gerichten, z.B. dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, bzw.
planen sie solche Schritte?
Es gibt bisher keine weiteren Klagen. Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte werden aber geprüft. Sollte das Hauptsacheverfahren
ergeben, dass Russland sich völkerrechtswidrig verhalten hat, werden Schadenersatzansprüche auch durch die Besatzungsmitglieder gestellt und gerichtlich verfolgt werden.
10. Können andere Vertragsstaaten wie Deutschland Einfluss auf das Verfahren nehmen?
Grundsätzlich können dritte Parteien am Verfahren teilnehmen, wenn sie ein
rechtliches Interesse nachweisen können (intervention, Artikel 31 ITLOS Statut, Artikel 99 ITLOS Rules). Da keine deutschen Staatsbürger an Board der
„Arctic Sunrise“ waren, wird Deutschland eine solche Rolle im Verfahren
wohl nicht einnehmen können, obwohl Greenpeace Deutschland dies im Hinblick auf die Bedeutung des Falles für die Menschenrechte (Freiheit, Sicherheit, Freizügigkeit und Meinungsfreiheit) für richtig halten würde. Die Nationalstaaten der inhaftierten Besatzungsmitglieder können ein rechtliches Interesse nachweisen und könnten als „third party“ intervenieren.
Alle Vertragsstaaten können versuchen, politisch bzw. diplomatisch Einfluss
auf Russland zu nehmen.
Rechtsanwältin
Dr. Cathrin Zengerling
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