Auswirkungen und Ablauf der Verbraucherinsolvenz

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Auswirkungen und Ablauf der Verbraucherinsolvenz
in Kooperation mit dem Finanzportal biallo.de
Von Birgit Müller
10/15
Schneller schuldenfrei
Auswirkungen und Ablauf der Verbraucherinsolvenz
Wer sich überschuldet hat, muss nicht ein Leben lang verschuldet bleiben. Dank der 1999
eingeführten Verbraucherinsolvenz, häufig auch
Privatinsolvenz genannt, kann der Schuldner in
der Regel nach sechs Jahren wieder bei null
anfangen. Seit dem 01. Juli 2014 geht es sogar
noch schneller. Ein Schuldenschnitt wird bei
Erfüllung bestimmter Auflagen sogar schon
nach fünf oder drei Jahren genehmigt. Bis es so
weit ist, muss eine häufig unterschätzte Durststrecke mit erheblichen Einschränkungen und
Auswirkungen für den gesamten Alltag überstanden werden. Wie Verbraucher erkennen
können ob sie überschuldet sind, welche Anlaufstellen es gibt und welche Auflagen für die
verkürzte Insolvenz erfüllt werden müssen, lesen Sie in unserem Thema der Woche „Schneller schuldenfrei“.
1. Wann bin ich überschuldet?
Wie hoch muss ein Berg sein, dass er zum
Schuldenberg wird? Die Summe ist in diesem
Fall relativ. Überschuldet hat sich eine Person
dann, wenn deren Ausgaben höher sind, als
ihre Einnahmen. Das ist dann der Fall, wenn
zum Beispiel Darlehensraten an die Bank oder
den Versandhändler nicht mehr bezahlt werden
können und der Dispositionskredit auf dem Girokonto bis zum Anschlag und darüber in Anspruch genommen ist, so dass Rechnungen
nicht mehr bezahlt werden können. Statt weiterer Zahlungsaufforderungen der Gläubiger flattern Mahnungen in den Briefkasten.
Überschuldung liegt also vor, wenn der Lebensunterhalt nicht mehr aus Einkommen,
Sparguthaben und vorhandenen Kreditlinien
bezahlt werden kann. Nichts geht mehr, weder
am Bankschalter noch am Geldautomaten. Dabei müssen es nicht unbedingt große Kredite
sein, die in die Schuldenfalle führen. Häufig
sind es die vielen kleinen Ratenzahlungen und
Zahlungsverpflichtungen, die zur Zahlungsunfähigkeit führen.
Viele Schuldner versuchen in dieser Situation,
mit neuen Krediten aus dem Dilemma zu kommen. „Meist ohne den gewünschten Erfolg“,
sagt Dorothee Buhl, Schuldnerberaterin beim
Caritasverband in Berlin. Dafür aber mit einer
noch unberechenbareren und höheren Schuldensumme, die demjenigen oder derjenigen
über den Kopf wächst. „Meist läuft das Fass
über, wenn zur Diskrepanz von Soll und Haben
auf dem Kontoauszug noch der Jobverlust, eine
längere Krankheit oder eine Scheidung und der
Wegfall eines Einkommens hinzukommt“, sagt
Jan Heckmann, Anwalt aus Berlin für Insolvenzrecht.
Laut Schuldner Atlas der Wirtschaftsforschung
Creditreform verschulden sich immer mehr Privathaushalte in Deutschland, der „Schuldenstress“ erreichte neue Höchststände. Zudem
geht es um immer größere Summen. Teure
Flachbildfernsehgeräte,
Autos, Computer,
Tablets und ein kostspieliger Lebensunterhalt
tragen sehr häufig dazu bei, dass der Wert und
Grad
der
Verschuldung
steigt.
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2. Welche Auswirkungen hat eine Überschuldung?
Die verheerenden Folgen einer Überschuldung
lassen nicht lange auf sich warten. Erst kündigt
die Bank zum Beispiel den Dispositionskredit
auf dem Girokonto. Weitere Kontoüberziehungen werden nicht geduldet, das Einkommen –
soweit vorhanden – zahlt vorrangig das Soll auf
dem Konto zurück. An Bargeld kommt der Kontoinhaber nur noch mit Genehmigung in der
Filiale. Zudem werden die Girocards gesperrt.
Wer das Plastik jetzt in den Geldautomaten
steckt, erhält die Karte nicht mehr zurück – sie
wird eingezogen. Lediglich eine Kontokarte
ohne Abhebefunktion zum Ziehen der Kontoauszüge ist jetzt noch drin. Gleiches gilt für
Kreditkarten.
Laufende Kreditverpflichtungen, wie Ratenkredite, Autokredite oder Baufinanzierungen, werden von der Bank ebenfalls gekündigt und fällig
gestellt. Heißt: Kann der Kreditnehmer seine
Raten nicht mehr bezahlen, hätte die Bank ihr
Geld am liebsten sofort in einer Summe zurück.
Ansonsten greift die Bank eben auf die Sicherheiten zurück. Freilich wurden diese genau für
diesen Fall bei der Bank hinterlegt und im Kreditvertrag schriftlich fixiert. Grundschulden für
das Haus oder die Eigentumswohnung zum
Beispiel wurden für die Bank beim Grundbuchamt eingetragen. Bei einem Autokredit wurde
der Kfz-Brief an das Geldhaus abgegeben oder
es wurde Sparguthaben verpfändet. Tritt der
Fall ein, wird die Bank das Auto verkaufen oder
noch schlimmer, das Haus oder die Eigentumswohnung zwangsversteigern. Auch Bürgschaften, zum Beispiel der Großeltern, werden
jetzt für die Rückzahlung in Anspruch genommen.
Männer sind deutlich häufiger verschuldet als Frauen
3. Wo finden Schuldner Beratungsstellen?
Häufig resignieren Schuldner, „weil es ihnen
unangenehm und peinlich ist“, weiß Schuldnerberaterin Buhl. Briefe und Mahnungen werden
ungeöffnet in die Schublade gesteckt. Den
Kopf, in den Sand zu stecken, macht die Sach-
lage aber noch schlimmer. Zudem scheuen
viele Schuldner den Gang zu Beratungsstellen
oder warten damit viel zu lange. In Deutschland
verteilt gibt es jedoch über 1.000 Schuldnerund Insolvenzberatungsstellen, die Betroffenen
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helfen, ihre finanzielle Lage zu entwirren und
wieder in den Griff zu bekommen.
3.1. Städte und Gemeinden. Dazu zählen zum
Beispiel Anlaufstellen vieler Städte und Gemeinden. Meist sind die Ansprechpartner auf
den Webseiten der Städte und Gemeinden unter dem Punkt „Soziales“ zu finden.
3.2. Gemeinnützige Anlaufstellen. Auch bei
der Caritas, dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche, beim Roten Kreuz, dem
Deutschen Paritätische Wohlfahrtsverband, der
Arbeiterwohlfahrt und den Verbraucherzentralen gibt es Schuldnerberatungsstellen. Häufig
werden neben der telefonischen Beratung auch
Online-Schuldnerberatungen via Chat angeboten. Der Service ist dort meist kostenlos. Das
Schuldenproblem wird zudem von der sozialpädagogischen Seite her angegangen. „Für uns
ist es wichtig, dass der Schuldner mitarbeitet“,
sagt Buhl, um in der Zukunft Schuldenprobleme
vermeiden zu können. Briefe, Anträge und Aufstellungen werden gemeinsam mit dem Berater
ausgefüllt.
Zwar gibt es wöchentliche Sprechstunden, bis
jedoch ein Termin für den Insolvenzantrag zustande kommt, dauert es „in Berlin derzeit bis
zu sechs Monate“, sagt die Expertin.
Bis zum Gesprächstermin sollten Schuldner
also die Zeit sinnvoll nutzen: Dazu gehört es
zum Beispiel, die Unterlagen zu ordnen, Rechnungen nach Datum abzuheften und die Forderungen, Inkassoschreiben und Pfändungsbeschlüsse aller Gläubiger vollständig zusammenzutragen. Zudem sollten die Einnahmen
und Ausgaben in einem Haushaltsbuch aufgelistet werden und für den Berater alle vorhandenen Vermögensverhältnisse – vom Sparbuch
bis zum Kfz – aufgeschlüsselt werden.
Mit Eingabe der Postleitzahl finden Schuldner
gute Adressen auf www.meine-schulden.de von
der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung, die vom Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend unterstützt werden.
3.3. Rechtsanwalt. Schuldner, die keine langen Wartezeiten in Kauf nehmen wollen, können auch zu einem Anwalt gehen, der sich auf
Insolvenzrecht spezialisiert hat. „Häufig kommen auch Schuldner zu uns, die zum Beispiel
aufgrund ihrer Selbstständigkeit abgelehnt wurden“, sagt Heckmann von der gleichnamigen
Kanzlei. Die Beratung ist bequemer und wenn
pfändbares Einkommen vorhanden ist, geht es
sogar schneller. Dafür wird eine Gebühr fällig.
Die Erstberatung kostet zum Beispiel bis zu 190
Euro plus Umsatzsteuer. Wer nur wenig Einkommen hat, Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld
II bezieht, kann jedoch beim Amtsgericht des
Wohnortes einen Beratungshilfeschein beantragen, damit die Kosten übernommen werden.
„Der Schuldner kann uns einfach einen Karton
mit allen Unterlagen überreichen und wir kümmern uns um alles Weitere“, sagt der Experte.
3.4. Steuerberater. Da Schuldnerberatungen
zunehmen, haben sich mittlerweile sogar ein
paar wenige Steuerberater auf die Insolvenzberatung spezialisiert und können Schuldenbereinigungspläne, also eine Übersicht aller Schulden, erstellen.
4. Wie läuft die Insolvenz ab?
Wer sich als Schuldner dazu überwunden hat,
sich Hilfe zu holen und einen Termin ergattert
hat,
ist
bereits
auf
gutem
Weg.
4.1. Außergerichtlicher Einigungsversuch
und Schuldenbereinigungsplan. Bevor ein
Antrag auf Schuldenerlass gestellt werden
kann, muss der Versuch gestartet werden, die
Sache außergerichtlich zu klären. Dafür werden
alle Gläubiger kontaktiert. Es ist also wichtig,
dass kein Anspruchsberechtigter vergessen
wird. Sonst kann es passieren, dass die spätere
Restschuldbefreiung abgelehnt wird.
„Ziel ist die Vermeidung des Insolvenzantrags
und die Vereinbarung einer Rückzahlung“, sagt
Caritasschuldnerberaterin Buhl. „Für die Gläubiger kann die Zustimmung durchaus Sinn machen, da keine Gerichtskosten und Gebühren
für den Insolvenzverwalter anfallen und somit
mehr Geld für sie übrig bleibt“, sagt die Schuldnerberaterin.
„Wir versuchen zudem, dass ein Teil der Schulden erlassen wird, zum Beispiel durch eine
Einmalzahlung aus dem Familienkreis des
Schuldners an die Gläubiger“, sagt Anwalt
Heckmann. Beispiel: Wenn ein Gläubiger mit
30.000 Euro Forderung noch 3.000 Euro erhal-
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ten könnte, kommt es vor, dass er auf die
27.000 Euro Restschulden verzichtet.
Damit der außergerichtliche Einigungsversuch
klappt, müssen alle Gläubiger zustimmen. Stellt
sich nur ein Gläubiger quer, ist der Versuch
gescheitert. Eine „Bescheinigung über das
Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs“ wird ausgestellt, die nur sechs Monate
gültig ist.
4.2. Gerichtlicher Einigungsversuch. Nur bei
Aussicht auf Erfolg, also wenn die Mehrheit der
Gläubiger in Summe und Anzahl bereits beim
außergerichtlichen Einigungsversuch zugestimmt haben, schreibt das Gericht die Gläubiger erneut an. Sind wieder die Mehrheit in Anzahl und Summe einverstanden, wird der
Schuldenbereinigungsplan festgesetzt. Dieser
legt fest, wie viel der Schulden überhaupt zurückgezahlt werden müssen. Scheitert aber
auch dieser Versuch, wird das Insolvenzverfahren eröffnet.

Auto: Wird das KfZ nicht für den täglichen Weg zur Arbeit benötigt, wird das
Auto vom Insolvenzverwalter verkauft.
„Oder ein Gutachten wird erstellt und
der Schuldner kann es in Raten wieder
zurückkaufen“, sagt Heckmann.

Altersvorsorge: Lebens- und Rentenversicherungen werden gekündigt. „Dies
kann der Versicherte umgehen, indem
er frühzeitig schriftlich auf sein Kündigungsrecht verzichtet. Zusätzlich muss
er darauf bestehen, sich das Geld im
Rentenalter monatlich auszahlen zu lassen und nicht in einer Summe“, sagt der
Anwalt
aus
Berlin.

Riester: Auch das Geld auf dem staatlich geförderten Riestervertrag ist unter
Umständen pfändbar. Hat der Sparer
versäumt, zum Beispiel über einen
Dauerzulagenantrag, seine Förderung
zu bestellen, kann das Guthaben gepfändet werden. Wurde hingegen die
Zulage gezahlt, ist das Vermögen geschützt, wenn es sich um einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag handelt.
Ob es sich um einen solchen unpfändbaren Vertrag handelt, müsse immer im
Einzelfall geklärt werden, sind sich beide Schuldnerberater einig. In der Auszahlphase der Riester-Rente jedoch
zählt die Rentenzahlung aus dem Vertrag als Einkommen und ist nicht geschützt.

Einkommen: Natürlich wird auch das
Einkommen gepfändet. Dazu gehört Arbeitseinkommen, Rente, Pension, Arbeitslosengeld I und II. „Wer Harz IV
Empfänger ist, kann sich von den Kosten des Gerichts und des Insolvenzverwalters befreien lassen“, sagt Buhl. Die
Gebühren von mindestens 2.000 Euro
können aber bis zu vier Jahre nach Abschluss des Insolvenzverfahrens vom
Gericht zurückgefordert werden.
4.3. Insolvenzverfahren. Mit dem Beschluss
des Gerichts zur Eröffnung des Verfahrens
werden die Gläubiger öffentlich dazu aufgefordert, ihre Forderungen anzumelden. Öffentlich
bedeutet, dass der Name samt Adresse auf
www.insolvenzbekanntmachungen.de bekannt
gegeben wird. Jeder kann dies also einsehen.
Somit erfahren spätestens jetzt unter Umständen auch Neugierige Nachbarn von der Insolvenz.
Ein vom Gericht bestellter Insolvenzverwalter,
meist eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt, versucht nun alles zu Geld zu machen,
was der Schuldner noch auf der hohen Kante
hat:
Beispiele:

Eigentum: Ist das Haus noch nicht abbezahlt, entscheidet die finanzierende
Bank, ob es versteigert werden muss.
Im Falle der Versteigerung muss der
Schuldner zudem meist ausziehen und
kann nicht davon ausgehen, dass der
neue Eigentümer an ihn vermietet. Ist
das Haus abbezahlt, versucht der Insolvenzverwalter das Eigentum auf dem
freien Markt ganz normal zu verkaufen.
„Wobei niemand einen Insolvenzantrag
stellen würde, wenn das Eigentum zu
100 Prozent abbezahlt ist“, sagt Buhl.
Pfändungsfreigrenzen: Wie hoch der
Freibetrag ist, richtet sich nach der
Pfändungstabelle (Paragraph 850c Zivilprozessordnung). Die Pfändungsfreigrenze von 1.049,99 Euro erhöht sich,
wenn zum Beispiel leibliche Kinder im
Haushalt leben oder es einen Ehegatten
ohne Einkommen gibt. Auch wenn an
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den geschiedenen Ehepartner Unterhalt
nachweislich vom Girokonto gezahlt
wird, erhöht sich die Freigrenze.
Pfändungsfreigrenzen bei Unterhaltspflicht:
 1 Person
1.439,99 Euro
 2 Personen 1.659,99 Euro
 3 Personen 1.879,99 Euro
 4 Personen 2.099,99 Euro
Wenn der Verdienst eines Schuldners höher ist
als die für ihn maßgebliche Pfändungsfreigrenze, verbleibt vom Mehrbetrag ebenfalls ein bestimmter Anteil. Dabei gilt: Je höher die Zahl
der Unterhaltsberechtigten, desto mehr bleibt
pfändungsfrei. Ab einem Betrag von 3.203,67
Euro ist jedoch alles pfändbar.
4.5. Unpfändbar. Nicht gepfändet werden kann
zum Beispiel Weihnachtsgeld bis zu Hälfte des
Arbeitseinkommens, aber maximal 500 Euro.
Urlaubsgeld ist ebenfalls frei (Paragraph 850a
Unpfändbare Bezüge Zivilprozessordnung).
4.6. Diese Schulden wird man nicht los:





Bußgelder
Geldstrafen
Schadensersatzforderungen
Schulden, die während des Insolvenzverfahrens hinzukommen
Schulden aus vorsätzlichen Straftaten
5. Wie lange dauert die Insolvenz?
Im Anschluss an die Insolvenzphase beginnt
die sogenannte Wohlverhaltensperiode. Im Regelfall dauern beide Phasen zusammen sechs
Jahre. Wer gewisse Auflagen erfüllt, kann auch
schon nach drei Jahren schuldenfrei sein:
5.1. Schuldenfrei nach sechs Jahren: In der
Wohlverhaltensperiode muss der Schuldner
den pfändbaren Teil seines Einkommens abgeben und jeden zumutbaren Job annehmen. Ein
Arbeitsplatzwechsel muss dem Insolvenzverwalter oder der Insolvenzverwalterin mitgeteilt
werden, genauso wie ein Umzug. Wer erbt, darf
dieses Geld ebenfalls nur zur Hälfte behalten.
Einen Lottogewinn oder Schenkungen von
Verwandten dürfen Schuldner hingegen zu 100
Prozent behalten und müssen davon in der
Wohlverhaltensperiode keinen Cent abgeben.
Während des Insolvenzverfahrens wäre dieses
Geld weg gewesen.
Wer gegen die Auflagen und Verpflichtungen
verstößt, wird von dem Verfahren ausgeschlossen und bleibt auf seinem Schuldenberg sitzen.
Ein neuer Antrag darf dann erst wieder frühestens nach drei Jahren gestellt werden, im
schlechtesten Fall erst nach zehn Jahren.
5.2. Schuldenfrei nach fünf Jahren: Seit dem
01. Juli 2014 gelten zudem unter bestimmten
Auflagen verkürzte Zeiten. Schafft der Schuldner es, innerhalb von fünf Jahren die gesamten
Verfahrenskosten zu zahlen, kann die Restschuldbefreiung bereits nach fünf Jahren beantragt werden.
5.3. Schuldenfrei nach drei Jahren: Schuldner, die nicht nur die Verfahrenskosten, sondern auch 35 Prozent der Gläubigerforderungen innerhalb von nur drei Jahren zurückbezahlen, können bereits nach drei Jahren schuldenfrei sein und den Antrag auf Restschuldbefreiung stellen. „Nur die wenigsten Schuldner werden dies schaffen“, sagt Buhl. „Wer so viel Geld
hat, würde erst überhaupt nicht in die Insolvenz
gehen“, sagt Heckmann.
5.4. Auflagen. In dieser Zeit ist es fast unmöglich neue Kredite aufzunehmen. Selbst, wenn
es sich dabei nur um eine kurze Ratenzahlung
für eine neue Waschmaschine handelt. Denn
würde man in dieser Zeit einen neuen Kredit bei
der Bank oder Sparkasse anfragen oder im
Shop einen neuen Handyvertrag abschließen
wollen, leuchten beim Verkäufer rote Lampen
auf. Jedes Geldhaus, jeder Versandhändler,
Mobilfunkanbieter und neue Vermieter checken
den Antragsteller der vor ihnen steht bei der
Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine
Kreditsicherung). Bei der Auskunftei mit Sitz in
Wiesbaden gilt die Privatinsolvenz mit zu den
schlechtesten Merkmalen, die man haben kann.
Somit ist es während des Verfahrens meist
auch aussichtslos, neue Verträge abzuschließen oder einen neuen Vermieter von seiner
Zahlungsfähigkeit zu überzeugen.
5.5. Insolvenzplanverfahren. Verbessert sich
die finanzielle Einkommenssituation überraschenderweise, kann man ein Insolvenzplanverfahren einleiten. Dann wird erneut versucht,
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eine Einigung mit den Gläubigern herzustellen.
Stimmen diese zu, wird die Ratenzahlung vereinbart und die Insolvenz zurückgenommen.
5.6. Restschuldbefreiung. Wer sich an alle
Vereinbarungen hält und den pfändbaren Betrag zuverlässig an die Gläubiger zahlt, kann
beim Gericht nach der jeweiligen Wohlverhaltensperiode den sogenannten Restschuldbefreiungsantrag stellen. Der Startschuss für den
Neuanfang. „Falls jedoch bis zu einem Jahr
nach der Restschuldbefreiung auffällt, dass der
Schuldner zum Beispiel schwarz gearbeitet hat,
wird diese widerrufen“, sagt Buhl.
7. Schützt das Pfändungsschutzkonto Guthaben bei Insolvenz?
Auch wenn sich Onlinebanken häufig quer stellen, „jeder hat ein Recht, dass sein bestehendes Konto in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt wird“, sagt die Schuldnerberaterin. Viele Insolvenzverwalter würden sogar auf den
Abschluss bestehen. Denn auf dem P-Konto
sind das Einkommen, das Kindergeld und die
die Sozialleistungen vor einer Pfändung geschützt – bis zu einem Betrag von 1.045,04
Euro pro Monat. Wer verheiratet ist, Kinder hat
oder Unterhalt zahlt, bekommt einen höheren
Freibetrag. Dabei wird das P-Konto wie ein
normales Girokonto geführt, allerdings nur im
Guthaben. Dispositionskredite und Kreditkarten
sind selten drin. „Wobei zum Beispiel Sparkassen Dispositionskredite auf P-Kontos einrichten,
was wir sehr kritisch sehen“, sagt Buhl. Auch
die anfangs horrende Gebühr, für den vermeintlichen Mehraufwand der Banker, wurde gesetzlich verboten (BGH, Az. XI ZR 145/12).
Hier finden Sie Informationen und Hilfestellungen sowie Ansprechpartner:
Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung mit Informationsseiten und Ansprechpartnern in
ganz Deutschland: http://www.meine-schulden.de/
Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen: http://www.gesetze-im-internet.de/zpo/__850c.html
Forum Schuldnerberatung e.V., Am Dorf 13/1, 69124 Heidelberg:
www.forum-schuldnerberatung.de
Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. (BAG-SB), Friedrichsplatz 10, 34117 Kassel
Telefon: 0 561/77 10 93
Telefax: 0 561/71 11 26
www.bag-sb.de
Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatung der Verbände (AGSBV), Carstensteenstrasse 58,
12205 Berlin
Telefon: 030/85404238
Telefax: 030/85404450
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Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin,
Telefon: 0 30/25 800-0
Telefax: 0 30/25 800-218
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Das „Thema der Woche“ ist ein Service der Verbraucher-Redaktion Biallo & Team GmbH, Bahnhofstraße 25, 86938 Schondorf. Sie können uns erreichen unter [email protected] oder per Telefon:
08192/93379-0. Weitere Infos unter www.biallo.de
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